Das Bordbuch - Christoph Kolumbus - E-Book

Das Bordbuch E-Book

Christoph Kolumbus

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Beschreibung

Nach monatelanger, gefahrenvoller Reise, nach zähem Ringen mit den Elementen und drohender Meuterei landet Christoph Columbus am 12. Oktober 1492 auf der Insel Guanahani. Er war fest davon überzeugt die Ostküste Indiens erreicht zu haben, doch was er in Wirklichkeit entdeckt hatte war die Neue Welt: Amerika. Durch verschiedene Dokumente, allen voran das von Kolumbus selbst verfasste Bordbuch, Augenzeugenberichte und authentische Aufzeichnungen wird die Entdeckung Amerikas in diesem Band lebendig. Nach der Ausgabe Zürich, 1941.

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Christoph Kolumbus (1451-1506) war Genueser Seefahrer im Dienst der spanischen Krone. 1484 konnte er Isabella von Kastilien von seiner Idee überzeugen, dass über den Atlantik ein westlicher Seeweg nach Indien zu erschliessen sei. Auf seiner ersten Reise 1492/93 entdeckte er die Bahama-Insel Guanahani, sowie Kuba und Haiti. Zwischen 1493 und 1496 erkundet er die Kleinen Antillen, Puerto Rico und Jamaika. Ab 1498 bis 1500 stößt er bis zur Mündung des Orinoco vor und entdeckt Trinidad. Als er in Ungnade fällt, wird er in Ketten nach Spanien zurückgebracht. Doch Kolumbus gelingt es, sich zu rechtfertigen und die Mittel für eine vierte Expedition zu gewinnen: zwischen 1502 und 1504 segelt er nach Honduras und an die mittelamerikanische Küste.

Zum Buch

„Ich kniete nieder, als ich festen Boden unter den Füßen hatte, und dankte Gott, indem ich die Erde küsste. Dann entfaltete ich das königliche Banner und rief die beiden Beamten der Krone zu Zeugen an, dass ich im Namen des Königs von Spanien von der Insel Besitz ergriff…“

Christoph Kolumbus

Die Geschichte ist bekannt, aber heute wie damals beinahe unglaublich: Christoph Kolumbus will einen westlichen Seeweg nach Indien finden, segelt über den Atlantik und entdeckt dabei die Neue Welt. Diese unwahrscheinliche Sternstunde der Entdeckungsgeschichte leitet ein neues Zeitalter der Ko-lonialisierung ein. Das von Kolumbus während seiner Reise geführte Bordbuch erweckt die Entdeckung Amerikas zu neuem Leben und liest sich heute noch so faszinierend wir vor 500 Jahren.

Nach monatelanger, gefahrenvoller Reise, nach zähem Ringen mit den Elementen und drohender Meuterei landet Christoph Kolumbus am 12. Oktober 1492 auf der Insel Guanahaní.Er war fest davon überzeugt die Ostküste Indiens erreicht zu haben, doch was er in Wirklichkeit entdeckte hatte, war die Neue Welt: Amerika.Durch verschiedene Dokumente, allen voran das von Kolumbus selbst verfasste Bordbuch, Augenzeugenberichten und authentischen Aufzeichnungen wird die Entdeckung Amerikas in diesem Band lebendig.

DIE 100 BEDEUTENDSTEN ENTDECKER

Christoph Kolumbus

Christoph Kolumbus

Das Bordbuch

Leben und Fahrten desEntdeckers der Neuen Welt

1492

Übersetzt von Anton Zahorsky

Mit einer Einführungvon Rinaldo Caddeo

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013

Der Text basiert auf der Ausgabe Edition Erdmann, Wiesbaden 2013

Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop

Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH

nach der Gestaltung von Nele Schütz Design, München

Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin

eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0118-8

www.marixverlag.de

INHALT

Die große Reise

Eine Einführung von Rinaldo Caddeo

CHRISTOPH KOLUMBUS — DAS BORDBUCH

Vorbericht

Von Palos nach den Kanarischen Inseln

Auf unbekannten Meeren

Trügerische Vorzeichen

Eine Himmelstäuschung

Neue Enttäuschung und Kurswechse

Land! Land!

Leben und Gebräuche der Indianer

Auf der Suche nach Gold

Auf Erkundung

Kuba wird entdeckt und erforscht

Dem großen Khan entgegen

Gewaltige Handelsunternehmungen werden geplant

Die Fahnenflucht des Martín Alonso Pinzón

Friedliche Durchdringung

Schauerliche Funde

Landung auf der Spanischen Insel

Das Schreckgespenst der Menschenfresser

Ein Abstecher nach der Schildkröteninsel

Begegnung mit einem »Kaziken«

Ein »königlicher« Empfang an Bord

Güte und Rührseligkeit der Indianer

Dem Reich Guacanagarís entgegen

Schiffbruch der Santa María

Waffenschau und Bau einer Festung

Nachrichten von der »Pinta«

Abschied von Guacanagarí und den Siedlern

Die Rückkehr der fahnenflüchtigen »Pinta«

Zusammenstoß mit den Cigayos-Indianern

Europa entgegen

Und die Luft war so mild wie in Kastilien im April

Ungewissheit der Kapitäne

Frömmigkeit der Seefahrer während eines Höllensturmes

Die wundersame Rettung der »Niña« an der Küste der Azoren

Die Hinterlist der Portugiesen

Von Insel zu Insel

Befreiung der Gefangenen und Fortsetzung der Reise

Die letzte Kraftprobe und Landung in Portugal

Das große Kriegsschiff des Bartolomeu Dias

Eine Unterredung mit König Johann II

Rückkehr nach Palos: »Deo gratias«

Zusammengefasster Reisebericht

Ein Brief des Christoph Kolumbus an Luis de Santángel

Die angeblichen Toscanelli-Briefe

Erster Brief – Maestro Paolo an Christoph Kolumbus

Zweiter Brief – Maestro Paolo an Christoph Kolumbus

Bibliographischer Anhang

Das Bordbuch

Kurz zusammengefasster Reisebericht

Die angeblichen Toscanelli-Briefe

Die von Kolumbus eingeschlagenen Kursrichtungen

Die Unterschrift des Kolumbus

DIE GROSSE REISE

Eine Einführung von Rinaldo Caddeo

Gleich nach der Einnahme Granadas, des letzten Bollwerks des Islams in Spanien, betrauten die katholischen Könige ihren Staatsrat mit der Aufgabe, den Plan, auf dem Seeweg über den Okzident nach dem Orient zu gelangen, den Christoph Kolumbus sechs oder sieben Jahre zuvor vorgelegt hatte, einer Prüfung zu unterziehen. Diese Arbeit wurde in ungefähr drei Monaten zu einem Abschluss gebracht: Am 17. April überreichten Ferdinand und Isabela dem Italiener ein zustimmendes Schreiben, und am 30. desselben Monats händigten sie ihm ein allerhöchstes Dekret aus, dem zufolge ihm die geforderten Ehren und Privilegien zuerkannt wurden, gleichzeitig mit jenen Dokumenten, die die nötigen Vorkehrungen für eine baldige Ausrüstung der ozeanischen Expedition sicherten.

Die kosmographischen Gedankengänge des Kolumbus stießen auf nicht allzu große Widerstände. Gewiss erhob manch frommer Prälat seine Stimme, um gestützt auf die Autorität eines heiligen Augustinus die Behauptung aufzustellen, dass es keine Antipoden gebe. Demgegenüber stellte ein anderer Prälat, der Italiener Antonio Geraldini, fest, dass der heilige Augustinus zwar ein großer Lehrmeister gewesen sei, in der Kosmographie aber ein recht lückenhaftes Wissen besessen habe, da ja die Portugiesen auf der unteren Seite der anderen Hemisphäre vorstießen. Mochten auch stichhaltigere Einwendungen erhoben worden sein, so beeinflussten sie in keiner Weise die endgültige Entscheidung des Staatsrates, dem sich Kolumbus erbötig zeigte, mit dem Einsatz seines Lebens die Wahrheit seiner Behauptungen zu beweisen.

Auch die finanzielle Seite des Unternehmens wurde raschestens geregelt. Die Gesamtauslagen wurden auf zwei Millionen »Maravedís« geschätzt, was beileibe keine schwindelerregende Summe war und etwa 300000 Lire gleichkam. Kolumbus und seine Genueser und Florentiner Freunde nahmen die Hälfte dieses Betrages auf sich, während der König und die Königin die andere Hälfte beisteuerten. Allein sei es, dass der Staatsschatz Kastiliens erschöpft war: Jedenfalls zahlten die beiden Staatsoberhäupter nicht einen roten Pfennig aus eigenen Mitteln und liehen sich die Summe von Luis de Santángel und Francesco Pinelli, den Schatzmeistern und Steuereintreibern der »Santa Hermandad«, auf deren Registern das Guthaben dieser beiden Geldgeber eingetragen wurde. Pinelli stammte aus Genua. So kam es, dass zumindest drei Viertel des Betrages oder auch die ganze Summe italienischen Ursprungs war, wenn man annimmt, dass Santángel nur die Rolle eines Vermittlers gespielt habe, die man zur Durchführung eines Unternehmens benötigte, das Spanien ein Weltreich einbrachte.

Weitaus schwieriger war es, hinsichtlich der Ehrentitel und der Vollmachten, die man Kolumbus nach glücklich zu Ende geführtem Unternehmen belassen wollte, eine Einigung zu erzielen. In dieser Frage spielten der Stolz und der Fremdenhass der spanischen »Hidalguía« (Adel) eine gewichtige Rolle. Schön – mochte man ihn mit den Ämtern eines Admirals und eines lebenslänglichen Gouverneurs für die Länder, die er entdecken und erobern würde, betrauen; allein wie sollte man ihm, der ein aus dem Volke stammender Fremdling war, den Titel eines »Don« zuerkennen, der ihn dazu berechtigte, in die spanische Aristokratie aufgenommen zu werden? Und auf welche Art und Weise sollte man es bewerkstelligen, ihn mit der Würde eines Vizekönigs zu bekleiden, die in Kastilien unbekannt war? Der große Italiener war sich des unermesslichen Wertes und der Bedeutung des Unternehmens, das er auszuführen im Begriff war, so sehr bewusst, dass er keinen Augenblick zögerte, die Verhandlungen abzubrechen, als er merkte, dass man ihm all das verweigern wollte, was er zu verdienen glaubte. Schließlich und endlich gaben die »Reyes« (spanische Könige) klein bei und sandten ihm einen Boten, um ihn zum Königspalast von Granada zurückzuführen, wo ihm volle Genugtuung zuteilwurde. Am 12. Mai machte sich Kolumbus auf den Weg nach Palos, nachdem er interimsweise zu einem kastilischen Escuadre-Kapitän ernannt worden war.

Der Name Palos lässt eine fromme Geschichte lebendig werden, die jedes empfindsame Gemüt ergreift. Der große Sohn der Stadt Genua gelangt nach Palos und zieht, einer frommen Regung folgend, von hier aus weiter nach dem nahen Kloster Rábida. Sein Söhnchen Diego an der Hand führend, pocht er an die Pforte des kleinen, stillen Gebäudes. Den Bruder, der ihm öffnet, bittet Kolumbus um Wasser und Brot für seinen Sohn. Der gutmütige, neugierige Mönch fragt den Wanderer, in dem er einen Fremden erkannt hat, wer er sei, was er suche und wohin er ziehe. Da erzählt er ihm seine Lebensgeschichte: dass er Spanien und der ganzen Christenheit ein fürstliches Geschenk angeboten habe, das man nicht zu schätzen gewusst habe. Statt dessen hätten sich alle über ihn lustig gemacht und versucht, ihm sein Geheimnis zu entreißen. Nun gehe er enttäuscht und verärgert nach Frankreich, um dessen König den unermesslichen Schatz, den er in Händen halte, anzubieten. Pater Juan Pérez, der Abt des Klosters, wird von Mitleid für den Fremdling ergriffen und bittet ihn, nicht weiterzugehen und an jenem Ort des Friedens zu rasten. Er wolle nicht, dass Spanien des Glücks verlustig gehe, das sich ihm nun biete. Er werde der Königin schreiben, ja auch selbst nach Granada gehen, falls es nötig wäre. Der Fremdling von so stattlichem Aussehen, mit leuchtendem Blick und beredter Sprache, möge sich doch in Geduld fassen und vertrauensvoll zuwarten: Gott würde es schon einzurichten wissen. Und nun vollzog sich ein Wunder: Die Königin schenkt der inständigen Bitte des demütigen Klosterbruders willig Gehör und fordert ihn auf, zu ihr zu kommen und Kolumbus Zusicherungen zu geben – und in Kürze ist alles in bester Ordnung! Diese Erzählung gehört nicht in das Reich der Geschichte, sondern der Legende, die ihren Ursprung der irrigen Auslegung einer Zeugenaussage verdankt, die ein Arzt aus Palos in etwas verwirrter und zeitlich unrichtiger Form in einem Prozess niedergelegt hatte. Aus nationalen Beweggründen wurde sie späterhin ausgeschmückt, die Romantik klösterlichen Lebens und apologetische Zweckgedanken bemächtigten sich ihrer, um die Tatsachen zu beschönigen. Die historische Kritik, die in der Exegese des Vorhabens des Kolumbus zwar großes Gewicht auf die Wissenschaft gelegt, dafür aber die Lebenswirklichkeit gänzlich außer Acht gelassen hatte, nahm sie dann unbedenklich an. Wie könnte man auch annehmen, dass man am Hofe Kastiliens die Zweckmäßigkeit, den höchst gewagten Plan des Italieners sich zu eigen zu machen, erwogen haben könnte, ohne dessen politische Folgen zu berücksichtigen! Wie sollte es möglich gewesen sein, dass man den Plan im Einvernehmen mit den einflussreichsten Persönlichkeiten jener Zeit mehrere Jahre hindurch zurückgewiesen habe, um ihn dann ganz plötzlich, auf die Bitten eines armen Klosterbruders hin, der fern von aller Welt in einem der armseligsten und abgelegensten Klöster der Franziskaner ganz Andalusiens lebte, wieder anzunehmen! Kolumbus selbst legt uns die Wahrheit nahe, wenn er im Vorbericht seines Bordbuches die Einnahme Granadas mit dem königlichen Beschluss, ihm eine Seeflotte zur Durchführung seines Unternehmens anzuvertrauen, zeitlich zusammenfallen lässt.

Allein der Vertrag von Alcáçovas setzte dem wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen Kastilien und Portugal kein Ende. Schiffsreeder, Seeleute und Händler aus Cádiz, Sevilla, Palos – um nur einige zu nennen – waren nicht gesonnen, den Ausschluss von den reichen afrikanischen Märkten ruhig hinzunehmen. Zahlreiche insgeheim unternommene Fahrten – einige von ihnen wurden stillschweigend von Ferdinand und Isabella unterstützt – hatten nach wie vor Guinea als Ziel. Die Portugiesen antworteten mit einem drakonischen Erlass, der den eigenen Schiffskapitänen die Anweisung gab, alle feindlichen Schiffe erbarmungslos zu versenken, die auf den verbotenen Gewässern angetroffen werden sollten. Anderseits aber erweckte das staatliche Schifffahrtsmonopol in den afrikanischen Gewässern die Unzufriedenheit der die Schifffahrt betreibenden Kreise Portugals. Gleichzeitig war die Politik des neuen Königs Johann II., das königliche Ansehen gegenüber einer Aristokratie, die sich unzählige schwerwiegende Privilegien angeeignet hatte, wiederherzustellen, nur dazu angetan, in dieser Herrenschicht den Aufruhr zu schüren. Die wirtschaftliche und die politische Unzufriedenheit führten zu einem Übereinkommen zwischen der Krone Kastiliens und dem portugiesischen Adel. Danach sollten die spanischen Herrscher von Johann II., neben anderen unannehmbaren Zugeständnissen, eine Abänderung des Vertrages von Alcáçovas fordern, dahingehend, dass das gegen Spanien gerichtete Verbot, in Guinea Handel zu treiben, zurückgezogen werde. Falls der König dies verweigern sollte, würden Ferdinand und Isabella ihm den Krieg erklären. Der portugiesische Adel würde sich weigern, zu den Waffen zu greifen, und sogar den Einmarsch des feindlichen Heeres erleichtern. Nach der Entthronung oder Ermordung König Johanns würde der Herzog von Bragança den Thron besteigen und die Handelsfreiheit in Portugal und Afrika wieder einführen. Diese Verschwörung wurde aber entdeckt, der Herzog von Bragança verhaftet und enthauptet. Ein Jahr später wurde eine ähnliche Verschwörung angezettelt. Diesmal steht an der Spitze des aufrührerischen Adels Don Diego, Herzog von Viseu, der Vetter und Schwager des Königs. Letzterer ertappt den Verschwörer in Setubal und erdolcht ihn mit eigener Hand! Hierauf lässt er seine besten Truppen und das Volk, das fanatisch an ihm hängt, gegen die Verschwörer los. Fast der ganze portugiesische Adel ergreift die Flucht; Spanien, Frankreich, Italien, ja sogar England werden von Flüchtlingen überflutet.

Die Ermordung des Herzogs von Viseu fiel auf den 23. August 1484. Nun stellt Don Fernando Colombo, der Sohn des Entdeckers der neuen Welt, fest, dass sein Vater »gegen Ende des Jahres 1484 ganz im Stillen Portugal verließ, aus Furcht, der König könne ihn daran hindern …«. Monseñor Las Casas, der andere primitive Chronist des Kolumbus, fügt hinzu, »dass er sich aus dem Staube machte« – »lo más secreto que pudo« (so heimlich wie er nur konnte). In Kastilien, wohin er geflüchtet war, fand der Genuese beim Herzog von Medinaceli Schutz und Unterkunft, der zu jenen Adeligen Kastiliens gehörte, die den Schifffahrts- und Handelsunternehmen die größte Förderung zuteilwerden ließen. Als Vertreter der Genueser Handelshäuser Centurione und Di Negro, die in den beiden Staaten der Iberischen Halbinsel die weitestgehenden Interessen zu wahren hatten, war es naheliegend, dass Kolumbus der Verkehrs- und Handelsfreiheit in Afrika günstig gesinnt war, während er zum anderen als Gatte der Filipa Perestrello y Moniz höchstwahrscheinlich den Gefühlen dieser adeligen Familie, die sich der Partei Bragança-Viseu angeschlossen hatte, Rechnung trug. Man bedenke ferner, dass er es nach Aussage der beiden genannten Biographen Johann II. sehr nachtrug, seinen Plänen kein Gehör geschenkt zu haben, und dass er daher die berechtigte Hoffnung hegen konnte, seine Wünsche von einem neuen Herrscher erfüllt zu sehen.

Als Kolumbus spanischen Boden betrat, war er nicht irgendjemand oder ein verzweifelter Abenteurer, wie es uns gewisse ausländische Historiker einreden wollen. Ganz im Gegenteil: Er besaß Eigenschaften, Erfahrungen und Begabungen, die ihn auszeichneten und einem Land wie Spanien, das zur Verwirklichung der großzügigen Pläne seiner katholischen Könige außergewöhnliche Männer brauchte, sehr gelegen kommen mussten. Er war ein Seemann, der das Mittelmeer und den Atlantik auf den Schiffen jener Genuesen befahren hat, die die ersten Seeleute der Welt waren. Er war ein Geschäftsmann und stand im Dienste der beiden größten Bank- und Handelshäuser Europas. Er verstand so viel von Kosmographie, um anstandslos ein Schiff führen zu können, und – was den Königen Spaniens höchst willkommen war – er wusste dank seiner Seereisen nach Guinea und seines Aufenthaltes am Hofe von Lissabon Bescheid um gewisse »geheime Dinge« – Dinge, die König Johann mit allen Mitteln, selbst mithilfe des Dolches, vor der Welt zu verbergen bestrebt war. Als er sich daher mit einem Empfehlungsschreiben des Herzogs von Medinaceli bei Hofe vorstellte, wurde er sofort in Ehren aufgenommen und mit einem Amt betraut, das jenem Alonso von Quintanilla, dem Chef der allgemeinen Rechnungsführung des Staates Kastilien, unterstand, der bereits in den voraufgegangenen Unternehmungen zur Eroberung der Kanarischen Inseln die Hand mit im Spiel gehabt hatte. Es handelte sich also keineswegs um eine angebliche Tat reiner Menschenliebe, die Quintanilla und der König ihm zuteilwerden ließen, sondern um eine tatsächliche Anstellung, die sie ihm in aller Form anboten.

Gewiss legte Kolumbus seinen Plan sogleich vor. Dieser bestand bekanntlich darin, den Fernen Osten auf dem Seeweg über den Westen zu erreichen und mit dieser raschen und vor allem freien Route die anderen beiden Wege zu den Ursprungsländern der Gewürze, Perlen und des Goldes überflüssig zu machen, auf denen Araber und Italiener zu Wasser und zu Land gegen den Orient zogen und den die Portugiesen längs der Seeküsten Afrikas einzuschlagen sich bemühten. Die Verwirklichung der Absichten des Kolumbus war für Spanien nicht allein deshalb von weittragender Bedeutung, weil damit unerschöpfliche wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnet würden, sondern weil dies in politischer Hinsicht einen Gegenschlag gegen Portugal bedeutete. Man muss nur an den Hass denken, den die Spanier den Portugiesen entgegenbrachten, die als ihre eingefleischten Feinde galten, um die Tragweite des Unternehmens abschätzen zu können, das Kolumbus glücklich durchzuführen sich erbötig machte. Man wird gerade dieses politische Moment, das die Historiker bislang nicht beachtet haben, berücksichtigen müssen, um all die Ereignisse verstehen zu können, die sich im Verlauf der sieben oder acht Jahre dauernden Verhandlungen zwischen Kolumbus einerseits und den »Reyes« anderseits zutrugen.

Allein schon die Tatsache, dass der große Genuese in Kastilien sofort mit einem Staatsamt bekleidet wurde, beweist hinlänglich, dass die katholischen Könige von Anfang an vollstes Verständnis für die Absichten des einstigen Freundes des Königs Johann hatten. Allein, auch wenn sein Plan grundsätzlich angenommen worden ist, haben wir keinen Beweis dafür in Händen, dass man auch gleich die Einzelheiten dieses Planes, in erster Linie dessen wissenschaftliche Grundlagen, erörtert habe. Es ging die Rede von einer aus Kosmographen und Kapitänen bestehenden Kommission, die in zahlreichen Sitzungen diesen Plan überprüft und durchgesprochen haben soll, wobei die dichterische Phantasie sich in der Schilderung gefiel, uns Kolumbus im Kampf gegen die spanische Unwissenheit zu zeigen, die die kugelförmige Gestalt der Erde leugnete und die Phantastereien des Fremdlings verlachte. Eine Kommission mit derartigen Debatten wäre aber damals etwas verfrüht gewesen, da Spanien vom Jahre 1485 bis zum Januar des Jahres 1492 mit der Lösung seiner jahrhundertealten geschichtlichen Frage, der Befreiung des nationalen Bodens von den letzten Überresten des Islams, vollauf beschäftigt war.

Theoretisch hätte die Überquerung des Atlantiks auch zu Kriegszeiten in Angriff genommen werden können. Denn die Ausrüstung von drei Schiffen, ihre Bemannung mit etwa hundert Seeleuten und die Ausgabe von zwei Millionen »Maravedís« wären gewiss nicht ausschlaggebend gewesen; sie hätten die militärische Kraft Spaniens zu Wasser und zu Land nicht ernstlich geschwächt oder die spanischen Finanzen allzu sehr belastet. In praktischer Hinsicht jedoch wäre dies, wegen der politischen Folgen, undurchführbar gewesen. Portugal hätte einen durchschlagenden Erfolg Spaniens niemals geduldet, selbst wenn der Vertrag von Alcáçovas seinem Buchstaben nach eingehalten worden wäre; denn sein Geist, der darauf abzielte, den Portugiesen für alle Ewigkeiten die wirtschaftliche Ausbeute Asiens vorzubehalten, wäre dadurch in Wirklichkeit verletzt worden. Nun war aber Portugal zur See Spanien weitaus überlegen, wenngleich seine militärische Kraft nicht an jene Spaniens heranreichte. Spanien durfte die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass König Johann einen Krieg entfessle, der dem Widerstand der Mauren höchst förderlich gewesen wäre und der damit die »Wiedereroberung« der besetzten Gebiete höchst wahrscheinlich auf längere Sicht hinausgeschoben haben würde. Das Verhalten Spaniens musste also seinen althergebrachten Richtlinien treu bleiben, was so viel heißen wollte wie: zunächst die Einheit des Landes herstellen und den Frieden mit Portugal erhalten. Dann erst durfte es wagen, im Vollbesitz seiner Kräfte mit Portugal das entscheidende Spiel um die Seeherrschaft und den Handelsverkehr mit dem Orient zu spielen.

Wir gehen nicht fehl in der Annahme, dass Kolumbus es vorgezogen hätte, wenn sein Plan sofort zur Ausführung gelangt wäre. Daraus erklären sich seine Klagen über die verlorene Zeit, über die feindliche Haltung des Hofes und anderes. Er stammte aus Genua und war ein Seemann – kein Wunder also, wenn er zur klassisch gewordenen Nörgelsucht neigte. Allein es half nichts; denn weder das Königspaar noch dessen Minister und Ratgeber konnten den geschichtlich gegebenen Notwendigkeiten und den religiösen Bestrebungen des spanischen Volkes zuwiderhandeln. Erst nachdem mit der Niederwerfung der maurischen Macht und der beschlossenen Vertreibung der Juden, die sich als notwendige Folge der Rassensäuberung und Christianisierung ergab, das nationale Programm verwirklicht war, nahmen die katholischen Könige die portugiesische Frage in Angriff, indem sie der Unternehmungslust des hartnäckigen und begabten Italieners freien Lauf ließen.

Die kosmographischen Begriffe des Kolumbus waren klar und einfach. Demnach stand für ihn fest, dass die Erde rund und an den Antipoden bewohnt sei. Alle Meere könnten befahren werden. Asien setze sich weithin gegen den Osten fort, sei es mit seinem Festland oder mit einer Unzahl von Inseln. Welche Grundfrage muss also gelöst werden, ehe man nach Asien in westlicher Richtung in See geht, wobei man einen Ozean zu überqueren hat, der noch niemals befahren worden ist? Man wird feststellen müssen, ob die angenommenen östlichen Inseln Asiens tatsächlich existieren, und die Entfernung zu bestimmen haben, die zwischen ihnen und den westlichsten Inseln Europas liegt. Dabei ist es für Kolumbus von nebensächlicher Bedeutung, wie groß der Erdumfang auf einem Hauptkreise ist und welche Breite der Ozean hat, der beide Kontinente voneinander trennt. Denn falls die asiatischen Inseln nicht ein Märchen und tatsächlich auf einer geographischen Länge anzutreffen waren, zu der man mit den damaligen Schiffen, vor allem aber dank dem unerschrockenen Mut der Seeleute vordringen konnte, wenn diese Inseln wahrhaftig wie die Pfeiler einer ungeheuren Brücke dalagen, die den Ozean zwischendurch überspannt und die man etappenweise überschreiten konnte, so müsste das Endziel erreichbar sein. Darum einzig und allein drehte sich der ganze Meinungsstreit zwischen Kolumbus und seinen Gegnern; er war felsenfest davon überzeugt, dass diese Inseln tatsächlich in einer erreichbaren Entfernung lägen, was die anderen in Abrede stellten.

Das Wunder der Entdeckung Amerikas liegt gerade in dieser Eingebung, in dieser Gewissheit, dass man im Westen auf Land stoßen müsse, ehe man zur östlichsten Küste Asiens gelangte. Einige Seeleute, die an der großen Fahrt teilnahmen, bezeugten es: Der Admiral habe gesagt, dass sie nach Zurücklegung von 800 Seemeilen auf Land stoßen würden. Nur weniges wissen wir über den geheimnisvollen Hergang des allmählichen Heranreifens seiner genialen Gedankengänge; allein es genügt, um festzustellen, dass er mit unermüdlichem Eifer jahrelang damit beschäftigt war. Er sammelte und prüfte alte Überlieferungen und Texte aus dem Mittelalter, ging Legenden und visionären Berichten der Seeleute nach. Er stellte all seine Erfahrungen über die Winde und Strömungen zusammen, die er im Laufe seiner Reisen nach England, Madeira und den Küsten Afrikas bis zur portugiesischen Niederlassung von Mina, die an der heutigen Goldküste im Golf von Guinea lag, gesammelt hatte. Er stellte seine Beobachtungen an verschiedenen Wracks, an Kadavern, die das Meer an die Küsten der Azoren und der Kanarischen Inseln spülte, an; er beobachtete den Flug der Vögel und lauschte den mannigfachen Reiseschilderungen von Kapitänen und Matrosen. Auf diese höchst ungleichwertigen Einzelheiten baute er seinen eigensten, unerschütterlichen Glauben auf. Las Casas weiß zu berichten, dass er vom tatsächlichen Bestand dieser Länder so überzeugt war, als hätten sie sich »in seinem eigenen Zimmer« befunden. Dieser glühende Glaube war dazu angetan, jedes Hindernis über den Haufen zu werfen und ihn zum Sieg zu führen.

Holzschnitt aus dem Kolumbusbericht 1493

Inwieweit nun konnten die vielgenannten Briefe von Paolo dal Pozzo Toscanelli das Ihre dazu beigetragen haben, jenen Glauben zu erwecken und weiter fortzubilden? Um diese Frage eindeutig beantworten zu können, müsste deren Echtheit feststehen. Heute würde niemand mehr zu behaupten wagen, Kolumbus habe nichts anderes getan, als den Plan Toscanellis zur Ausführung zu bringen, sodass der tatsächliche Entdecker Amerikas nicht der Seefahrer Kolumbus, sondern der Gelehrte Toscanelli gewesen sei. Nach unserem Dafürhalten enthalten jene Briefe nicht eine entscheidende kosmographische Anschauung, die jenem gewaltigen Ereignis Pate gestanden haben könnte; vielmehr waren sie nur der Entwurf eines Aktionsplanes, der das Ganze zusammenfasste. Sie entstammen nicht der Feder eines Theoretikers, sondern eines Menschen der Tat. Mit einem Wort: Nicht Toscanelli, wohl aber Kolumbus kann der Verfasser jener Briefe und der ihnen beigefügten Seekarte gewesen sein.

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