Das Buch der Andachten - Adolf Schlatter - E-Book

Das Buch der Andachten E-Book

Adolf Schlatter

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Beschreibung

Muss es sein, dass unser Volk spirituell verarmt? Nein, keiner von uns ist so an seine Zeitung gefesselt, dass er für nichts anderes Raum hätte. Uns allen ist die Bibel zugänglich, und wer sich einen Schatz biblischer Worte gesammelt hat, die ihm aufgeschlossen sind und zu ihm reden, der ist reich. Das erreichen wir freilich nicht ohne Beharrlichkeit und ohne gesammelte Besinnung. Aber zu einigen stillen Minuten, sei es beim Beginn, sei es beim Schluss des Tages, denen ein ernsthaft erwogenes Schriftwort die Füllung gibt, hat jeder Gelegenheit, auch wenn seine geschäftliche oder berufliche Arbeit seine ganze Kraft in Anspruch nimmt. Den Schriftworten, jeweils eines für jeden Tag des Jahres vom 1. Januar bis zum 31. Dezember, gab der Autor ich eine kurze Erläuterung bei in der Hoffnung, dass sie auch unseren Vielbeschäftigten dazu helfe, dass ihnen die Schriftworte zu leuchten beginnen.

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Das Buch der Andachten

 

ADOLF SCHLATTER

 

 

 

 

 

 

 

Das Buch der Andachten, A. Schlatter

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783988681331

 

Druck: Bookwire GmbH, Voltastr. 1, 60486 Frankfurt/M.

 

Der Originaltext dieses Werkes entstammt dem Online-Repositorium www.glaubensstimme.de, die diesen und weitere gemeinfreie Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Wir danken den Machern für diese Arbeit und die Erlaubnis, diese Texte frei zu nutzen.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort zum Buch der Andachten. 1

Januar2

Februar34

März. 61

April92

Mai122

Juni152

Juli180

August212

September245

Oktober275

November306

Dezember336

 

Vorwort zum Buch der Andachten

 

Muss es sein, dass unser Volk geistig verarme? Nein, keiner von uns ist so an seine Zeitung gefesselt, dass er für nichts anderes Raum hätte. Uns allen ist die Bibel zugänglich, und wer sich einen Schatz biblischer Worte gesammelt hat, die ihm aufgeschlossen sind und zu ihm reden, der ist reich. Das erreichen wir freilich nicht ohne Beharrlichkeit und ohne gesammelte Besinnung. Aber zu einigen stillen Minuten, sei es beim Beginn, sei es beim Schluss des Tages, denen ein ernsthaft erwogenes Schriftwort die Füllung gibt, hat jeder Gelegenheit, auch wenn seine geschäftliche oder berufliche Arbeit seine ganze Kraft spannt. Den Schriftworten gab ich eine kurze Erläuterung bei in der Hoffnung, dass sie auch unseren Vielbeschäftigten dazu helfe, dass ihnen die Schriftworte zu leuchten beginnen.

D. A. Schlatter

 

 

Januar

 

1. Januar

 

Wenn aber alles Christus untertan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles untergetan hat, auf dass Gott sei alles in allen.

1. Korinther 15,28

 

Paulus stellt mich mit diesem Wort dahin, wo der Strom der Zeit, auch die meine, mündet. Weil er Christus kennt, der den Willen Gottes tut, kennt er auch das Ziel der Zeit, nicht als ob er die Herrlichkeit jenes Lebens beschriebe, das zur Ewigkeit erhöht ist. Wollte er vor uns hinmalen, was kein Auge sah, so ergäbe dies ein undeutliches, täuschendes Bild. Nur von dem spricht Paulus, was er deshalb mit Gewissheit weiß, weil er Jesus kennt. Wenn Jesus in seiner königlichen Sendung alles vollbracht hat, was Gottes Gnade ihn tun heißt, und seine Herrschaft über alle unerschütterlich befestigt hat, dann folgt nicht eine Stunde der Selbstbewunderung, nicht ein Loblied auf den errungenen Sieg und die alles überwindende Macht, sondern die höchste und seligste Tat des Sohnes, die Beugung vor dem Vater, der ihm alles gegeben hat, die Herrschaft und den Sieg, und alles ihm unterworfen hat, damit er Gott alles untertan mache. Das Ziel des ganzen Werkes Jesu ist die Feier der vollkommenen Liebe, die mit sich selbst zugleich alles, was von ihr das Leben empfangen hat, Gott zu Füßen legt, so dass alles Gottes Willen ganz erfüllt. Nun sind alle nichts, als was Gott aus ihnen macht, und haben nichts in sich, als was Gott in ihnen wirkt, und haben allein von Gott ihren Besitz, ihre Kraft und Herrlichkeit. Das ist das Ziel des Christus und der Wille Gottes. Hier mündet der Strom der Zeit, auch der Fluss meiner Jahre.

Ewiger Gott, Vater Deiner Kinder, die Du zum ewigen Leben berufen hast, Dir untertan sein, das ist unser Ziel und unsere Seligkeit. Meine Gedanken sind nicht die Deinen und mein Wille ist nicht der Deine. Du weißt, was in mir Deinem heiligen Willen widerstrebt. Du aber hast die starke Gnade, die alles Widerstreben überwindet. Dich preise ich, dass Du mir ein ewiges Ziel in Deinem Sohne zeigst, damit ich nicht im Strom der Zeit versinke, sondern zu Dir hinaufschaue und das neue Jahr beginne als der, der zum völligen Gehorsam und ewigen Leben berufen ist. Amen.

 

 

2. Januar

 

So ich mich rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen.

2. Korinther 11,30

 

Wie findet mich das neue Jahr? Bin ich stark? Ich kenne meine Schwachheit und sehe wohl, was mich von innen und von außen hemmt. Paulus hat sich seiner Schwachheit gerühmt. Er vollbringt aber in seiner Schwachheit sein apostolisches Amt, den Dienst des Geistes und der Gerechtigkeit, und er empfängt durch seine Schwachheit deshalb Ruhm, weil sie ihm selbst und allen sichtbar macht, dass er seinen Dienst von Gott hat, nicht nach seinem eigenen Willen und nicht gestützt auf seine eigene Kraft, und dass er sein Amt nicht für sich selbst verwaltet, sich selber zur Befriedigung und Verherrlichung. Darum zog er seine Schwachheit allem vor, was ihm Ruhm bereiten konnte, weil er auf diese Weise allen wahrnehmbar macht, dass seine Kraft nicht die seine ist, sondern die Gottes und sein Erfolg nicht durch ihn entsteht, sondern Gottes Gabe ist. Wenn aber Paulus im Bewusstsein seiner Schwachheit die Waffe erhielt, die ihn gegen alle Selbstgefälligkeit schützte, brauchen nicht wir alle diesen Schutz in verstärktem Maß? Hemmungen von innen und von außen wird mir die kommende Zeit reichlich bringen. Sie bringt sie mir, damit mein Blick nicht bei meiner Größe, meiner Begabung und meinem Fleiß verweile und der Blick der anderen nicht an meinem Vermögen hafte. So würde aus dem neuen Jahr kein Jahr des Heils, kein aufwärts führender Gang. Der Blick muss aufwärts steigen zu dem, zu dem wir beten: „Dein ist die Kraft und die Herrlichkeit.“

Auch in dem, was mich schwächt, zeigt sich, Vater, Deine gnädige Hand. Es ist Dein Wille, dass ich auf Dich schaue und mich an Dich halte. Dazu dient mir, was Du mir gibst und was Du mir versagst, was ich durch Deine Güte habe und was mir fehlt. So darf ich Dir für alles danken, was die kommende Zeit mir bringen wird. Dein Name sei gelobt. Amen.

 

3. Januar

 

Freuet euch in dem Herrn allewege und abermals sage ich: Freuet euch.

Philipper 4,4

 

In diesen Tagen kehrt in manches Herz Freude ein und so ist es recht. Die Christenheit ist nicht dazu beisammen, damit wir weinen und uns mit dem quälen, was uns fehlt, sondern damit wir uns freuen. Aber die festlichen Zeiten erinnern uns daran, dass es bei uns nicht so steht, wie die Mahnung des Paulus uns haben möchte. Wir brauchen die Anregung durch die festlichen Tage, damit die Freude einigermaßen in uns erwache, und regen sie durch viele andere Dinge an, nicht nur durch den auf den Herrn gerichteten Blick. Darum geht die Freude, die die Festzeit hervorlockt, auch wieder weg und hat nur kurze Dauer. Nur das, was in Gott seinen Grund hat, bleibt. In dem, was Gott uns zeigt und für uns tut, ist uns der Grund einer Freude gegeben, die immer bei uns bleibt, unabhängig vom Kalender, unabhängig von unserer Lage, unabhängig sogar von dem, was sich in uns selbst als Not und Kampf anhäuft. Solange uns der Blick zum Herrn hinauf gegeben ist, fällt ein Lichtstrahl in unsere Seele hinein, der uns so innig und völlig froh macht, wie keine von der Natur uns gereichte Gabe es uns gewähren kann. Gott kennen, Gottes Eigentum sein, ihm gehören und in seinem Dienst stehen, wie soll ich ein solches Wort auf meine Lippen nehmen, ohne dass daraus ein Jubel wird? Solange ich sagen kann: Abba Vater, ist die Freude in mir daheim. Darum mahnt Paulus zu ihr und heißt sie die Pflicht der Christenheit. Denn wenn sie uns erlischt, sei es durch Schmerz der Reue oder im Getriebe unserer dienstfertigen Arbeitsamkeit, dann hat sich eine Wolke zwischen uns und Gott gelegt und der Mensch reckt und streckt sich in die Höhe, sei es mit klagend gegen den Himmel erhobenen Armen, sei es in der Größe seiner Verpflichtungen und unentbehrlichen Leistungen. Unser christlicher Beruf ist aber nicht der, zu zeigen, was ein Mensch vermag, auch nicht, wie jämmerlich ein Mensch ist, sondern sichtbar zu machen, wie hoch und tief Gottes Gnade ist, und zu dieser Pflicht gehört das frohe Herz.

Heile allen inneren Schaden, heilender, helfender Herr. Wenn uns Deine Hand berührt, dann jubeln wir. Spüre ich sie nicht, so ist mein Auge blind und der Glaube mir entschwunden. Dir wende ich mich zu und sage Dir Dank, dass Du uns, Deiner Kinder Schar, jene Freude gibst, die bei uns bleibt. Amen.

 

4. Januar

 

Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.

Psalm 23,1

 

Mangelt mir nichts? Ich trage heiße Wünsche in mir und nicht nur solche, die auf meinen eigenen Zustand zielen. Wenn ich auf die Lage unseres Volkes und unserer Christenheit sehe, dann drängen sich die Wünsche in Scharen und mit Gewalt ans Licht. Wäre der Spruch: „Mir mangelt nichts“ das Wort des Satten, der sich sein Glück selber bereitet und dabei bis dahin gelange, dass ihm nichts mehr fehlt, so wäre es die Summe der Gottlosigkeit. Warum mangelt mir nichts? Weil der Herr mein Hirt ist. Das ist ein ganz anderes Wort als das jenes Bauern, den eine reiche Ernte beglückte, weshalb ihn Jesus sagen lässt: „Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat auf viele Jahre. Habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut.“ Zu solchem Glück gehört mit unfehlbarer Gerechtigkeit der Spruch: Gib deine Seele her; fehlt dir nichts, dann stirb; die Satten machen Platz; dich hat dein Glück zu den Toten gebracht; denn du hast dein Gutes empfangen. Wenn aber der Herr mein Hirte ist, soll ich sagen: Du versorgst mich kärglich; die Aue, auf die du mich führst, ist dürr; du lässest mich dürsten, machst mich todmüde, und wenn ich im Dunkeln wandle, höre ich nichts von dir und du bist nicht bei mir? Soll ich den Hirten beschuldigen? Nein, weil der Herr mein Hirte ist, darum ist das, was mir gegeben ist, völlig das, was ich bedarf. Von oben kommen keine anderen als gute und vollkommene Gaben herab. Ergibt das Selbstbetrug, die Einbildung, die schwarz weiß und Bitteres süß nennt? Das ist Glaube und der Glaube ist das volle Gegenteil des Selbstbetrugs. Der Hirte hat mich an meinen Platz gestellt unter die Hemmungen, die mich drücken, und in die Bitterkeiten, die mich stechen, und deshalb, weil der Herr mein Hirte ist und mich an diesen Ort gestellt hat, darum ist es für mich der rechte Ort und es fehlt mir nichts, wenn ich an meinen Sünden leide, denn er setzt zu meiner Sünde sein Vergeben hinzu, und es mangelt mir nichts, wenn er mich in die Stille setzt und mein Wirken auf unüberwindliche Schranken stößt, weil er nicht mein erfolgreiches Werk zu meiner Gerechtigkeit macht, und es fehlt mir nichts, wenn mein Leben kurz bleibt und rasch zerbricht, weil er mein Leben ist. Der Psalm spricht so, wie der Glaube spricht. Wenn der Psalm uns unerreichbar scheint, so rührt dies daher, dass uns der Glaube unerreichbar ist.

Meine Wünsche sind nicht weise. Du, Herr, bist weise. Meine Maßstäbe taugen nichts. Deine Straße ist die gerade. Ich will mir von Deinem Wort sagen lassen, wie der Glaube von Dir spricht. Vergib mir und der ganzen Christenheit unser Klagen. Amen.

 

5. Januar

 

So ihr Glauben habt als ein Senfkorn, so möget ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin; so wird er sich heben und euch wird nichts unmöglich sein.

Matthäus 17,20

 

Weil ein Bittender zu den Jüngern kam, als Jesus nicht bei ihnen war, meinten sie, nun sei es an ihnen zu helfen, und erfuhren darum, dass sie nichts vermochten. Ihr sollt helfen, sagt ihnen Jesus; aber um wirken zu können, müsst ihr glauben. Ihr könnt ohne Glauben nichts; denn eure Macht ist nicht in euch selbst daheim. Sie ist Geschenk, erbeten und empfangen; und das, was Gottes Hilfe empfängt, ist der Glaube, nicht euer Apostelamt, nicht eure religiöse Stärke. Stützt ihr euch auf sie, so scheitert ihr. Dagegen empfängt der Glaube die göttliche Hilfe, sowie er vorhanden ist, sei er noch so klein, mag er so klein wie ein Senfkorn sein. Der Berg wird ihm gehorchen. Indem Jesus von der Bewegung des Berges spricht, öffnet er uns das Auge dafür, dass der Glaube immer ein Griff nach dem ist, was uns unmöglich ist. Den Jüngern schien es recht wohl möglich, dass sie helfen könnten. Sie waren ja die Apostel, die von Jesus die Vollmacht zu solchen Taten erhalten hatten. Allein was sie für möglich erklärten, wurde ihnen deshalb unmöglich, weil sie es für möglich hielten. Den Berg durch ein befehlendes Wort zu bewegen, hält jeder für unmöglich. Gerade deshalb beschreibt Jesus das, was der Glaube tut, mit diesem Wort. Denn der Glaube ruft Gott an und wendet sich an seine allmächtige Gnade. Wenn dies nicht geschieht, ist unser Verhalten niemals Glaube. Stehen wir aber vor Gott und seiner Gnade, dann gibt es keine Unmöglichkeiten mehr. Nun wissen wir, warum es den Jüngern schwer wurde, auch nur im kleinsten Maß gläubig zu sein und warum uns allen der Glaube immer wieder entrinnt. Auf Gott schauen, Gottes allmächtiger Gnade gewiss sein, das hebt den Glaubenden hinauf über sich selbst, auch über seinen Glauben, auf dessen Größe oder Kleinheit gar nichts ankommt, und hebt ihn empor über die Welt und über alle natürlichen Möglichkeiten. Als Glaubender handle ich mit Gott. Menschlein, das wird dir schwer und darum verheißt dir Jesus: wenn du nur ein klein wenig glauben kannst, tritt Gottes allmächtige Gnade für dich ein.

Nichts ist Dir unmöglich, das sagst Du mir, lieber Herr, nicht, damit ich übermütig werde, sondern damit ich glaube. Ich kann nicht glauben, wenn ich eigenmächtig wähle, was ich tun soll und empfangen will. Der Glaube folgt Deiner Leitung und sieht auf Deine Hand. Nun will ich es aber auch fassen: Jeder Berg muss weichen, der dem widersteht, was Du willst und tust. Amen.

 

6. Januar

 

Da das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem.

Matthäus 2,3

 

Als die Magier nach Jerusalem kamen, lachte und spottete der König nicht und beschaute nicht wohlgelaunt seine Machtmittel. War er denn nicht in seiner uneinnehmbaren Burg? Standen nicht seine Mannschaften wohl gerüstet und ihm treu ergeben um ihn herum? Stand ihm nicht im Notfall die ganze Macht des römischen Weltherrschers zur Seite? Dennoch erschrak er, und weil er erschrak, erschrak auch das ganze Jerusalem. Magier waren es, die die Geburt des verheißenen Königs verkündeten; man wagte in der Königsburg nicht, ihr Wort leicht zu nehmen. Wenn Magier die Botschaft brachten, die der Stern ihnen kundgetan hatte, so war dies eine ernste Sache. Auf die Magier sah jedermann mit banger Scheu. Si kannten die Sterne, und was die Sterne offenbaren, das geschieht. Im Rat der Priester und Lehrer befragte man nicht die Sterne, sondern öffnete das heilige Buch. Aber auch dieses gab der Botschaft der Weisen Gewicht. Denn es verkündete den kommenden König. Einmal wird er kommen, das stand fest; nun sagten die Magier: er ist geboren. Die Sache war ernst. Ehe uns Matthäus zu Christus führt, enthüllt er uns mit einem tiefen Wort den Widerspruch, der immer im Menschen sichtbar ist. Wenn es je einen stolzen Menschen gab, der entschlossen war, seine Macht mit allen Mitteln zu verteidigen, und wenn er den neugeborenen König der Juden töten müsste, so war es Herodes. Aber dicht neben dem aufgerichteten Stolz stand die Furcht, stand die nicht auszulöschende Gewissheit, dass es eine höhere Macht gebe, ein Schicksal, das die Sterne künden, einen Zufall, der die Welt beherrsche und auch die Mächtigen unvermerkt überfalle und sie zerbreche. Was war in dieser Lage zu tun? Die Priester sagten, wir müssen warten, bis der, von dem die Weisen sprechen, sich offenbaren wird, bis er nicht nur geboren ist, sondern die Herrschaft ergreift. Der König sagte: Wir müssen zugreifen und den Brand ersticken, solange er noch ein Funke ist. Glauben konnten beide nicht, weder der König noch die Priester. Die Priester wollten schauen und dann glauben. Der König wollte herrschen, nicht gehorchen. Den römischen Herrn ertrug er, aber keinen jüdischen. Ein König, den ein Stern offenbart, war von Gott gesandt. Das hat aber weder der König noch die Priester bewegt. Was ist Gott? Ihnen war er fern und unbekannt. Aber eben deshalb, weil wir fern von Gott sind und Er uns unbekannt ist, ist Christus geboren.

Was ist doch, Herr Christus, der Mensch für ein Abgrund von Bosheit und Torheit ohne Dich! Was wird aus unseren Regierenden, unseren Priestern und Lehrern ohne Dich? Was ist der Mensch, wenn Du ihn nicht zum Vater führst? Es gibt keinen Namen, der uns zeigt, wie uns geholfen wird, als allein Deinen. Amen.

 

7. Januar

 

Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben.

Johannes 1,12

 

Sie nahmen Jesus auf und ließen ihn als ihren Gast in ihre Wohnung hinein; noch mehr, sie ließen ihn an ihr Herz herankommen. Damit, dass sie ihn aufnahmen, kam sein Wort zu ihnen. Nicht als ein Schweigender kehrt er bei ihnen ein. Mit seinem Wort kommt auch sein Werk zu ihnen. Nicht so ist er bei ihnen, dass sie ihn bewirteten und ehrten, sondern als der Gebende. Was geschieht nun in ihnen? Sie glauben an seinen Namen. Denn er kommt zu ihnen nicht als eine namenlose Gestalt, nicht als ein Rätsel, das niemand deuten kann, sondern er besitzt einen Namen, der ausspricht, was er will und soll. Sein Name ist die Verkündigung seiner Sendung an die ganze Welt. Dieser Name erweckt Hoffnungen, die einzigartige Größe haben. Wirkt er nur das? Er bringt noch Größeres hervor, nämlich Glauben. Denn er senkt sich in die Seele ein und wird dort Gewissheit und die uns bewegende Kraft. Was tut nun Jesus? Er gibt mir die Vollmacht, Kind Gottes zu werden. Ein Kind Gottes zu werden liegt ganz jenseits meines Vermögens. Sein Geschöpf bin ich; aber sein Kind sein ist mehr als Geschöpf sein. Kindschaft ist nicht nur Abhängigkeit von Gottes Macht, sondern auch Anteil an Gottes Leben. Sie stellt zwischen ihm und mir eine Gemeinschaft her, die ich Verkehr mit Gott nennen darf, ein Gekanntsein von ihm, durch das ich ihn kenne, ein Geliebtsein von ihm, durch das ich ihn liebe, ein Gebrauchtwerden von ihm, durch das ich sein Mitarbeiter bin. Wie soll ich zu dieser Höhe empor gelangen? Machen, fordern, erlisten lässt sich Gottes Kindschaft nicht. Dazu ist Ermächtigung nötig und diese uns zu geben ist der Beruf Jesu, durch den er sich uns als unseren Herrn in Herrlichkeit offenbart. Kinder entstehen nur durch den Vater. Indem Jesus uns in die Kindschaft Gottes führt, handelt er an uns in Gottes Macht und Gnade. Ficht mich ein Zweifel an, ob ich so Großes von mir sagen und das, was ich bin, als Gottes Gabe schätzen darf, ob das, was ich denke, Gottes Wort und das, was ich will, Gottes Wille sei, so gibt mir der Name Jesu auf meine Frage die Antwort. Ich darf nicht nur, ich muss mich zu Gott als meinem Vater halten; sonst lösche ich den Namen Jesu aus meiner Seele aus.

Dass ich als Dein Kind, Vater, zu Dir bete, ist das Zeichen Deines Geistes, der Abglanz aus Jesu Herrlichkeit, der Inbegriff und die Summe Deiner Gaben. Darin ist alles beschlossen, was ich besitze, was ich bedarf, worum ich bitte. Unser Vater bist Du, der Vater der ganzen Schar, zu der das Wort Jesu kommt. Uns allen reichst Du dies als Deine Gabe dar, dass wir Deine Kinder werden. Amen.

 

8. Januar

 

Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi.

Römer 8,17

 

Zuerst werde Gottes Kind, dann wirst du Gottes Erbe. Kehre die göttliche Ordnung nicht um und lass dich nicht verführen, nach dem zu greifen, was Gottes ist, ohne dass du ihn selber suchst und hast. Möchtest du das, was Gottes ist, ohne Gott zu deinem Eigentum machen, so wäre dies dein Fall. Die Kindschaft Gottes gibt mir die inwendige Verbundenheit mit Gott und dies ist das höchste Gut, das eine Notwendige, ohne das ich sterben muss. Gottes Werk in mir, dass er mir den Glauben und die Liebe gibt, ist das Köstlichste, was er mir schenkt. Darauf richte deinen Fleiß, dass sein Wort dir deine Gedanken und sein Wille dir dein Handeln geben. Nun aber fahre mit Paulus fort und sei nicht zaghaft. Weil ich Kind bin, bin ich auch Erbe. Das Kind wird zum Mitbesitzer dessen, was des Vaters ist. Was ist Gottes Eigentum? Einmal die Natur. Weil ich sein Kind bin, wird sie mein Erbe, mein Besitz, den ich verwalte und regiere, so dass sie mir nicht mehr die wilde Eigensucht in die Seele legt, an der ich sterbe, sondern mir zum Lebensmittel wird. Nun wird es wahr, dass alles mir gehört und dient, sei es das Leben, sei es der Tod. Was gehört Gott weiter? Die Welt; denn all das, was die Menschheit mit ihrer regsamen Arbeit zustande bringt, wird von ihr mit dem hergestellt, was Gott ihr gab, und geschieht unter seiner Regierung. All dies gehört nun auch mir und wird mir zum Arbeitsmittel. Nun kann die Welt mich nicht mehr knechten und ich muss sie nicht mehr fürchten und mich nicht aus ihr flüchten. Als Gottes Kind stehe ich mit ihr im freien Verkehr, der für beide heilsam ist. Was ist weiter Gottes Eigentum? Seine Kinder gehören ihm. Es sei Paulus oder Apollos oder Kephas, alles, sagt mir Paulus, ist dein. Die ganze mannigfach begabte und verschieden geführte Schar, die auf Gottes Wegen geht, hat das, was sie empfing, auch für mich empfangen und fördert in der Weise, wie sie Gott dient, auch meinen Dienst. Aber nicht nur die auf der Erde Stehenden, sondern auch die Himmlischen sind Gottes Eigentum. Sein ist die kommende Welt, die das Himmlische und Irdische vereint, und ich darf wieder sagen: sei es das Gegenwärtige oder das Künftige, alles ist mein. Auch in Gottes ewiger Welt ist ein Platz mir zugeteilt; denn ich bin Gottes Kind. Erbe Gottes bin ich aber als Miterbe des Christus. Ich bin es nicht durch mich, sondern deshalb, weil er mir die Vollmacht gab, Gottes Kind zu werden. Weil ich des Christus bin, darum ist alles mein und Gottes Reichtum wird deshalb mein Besitz, weil ich dem Christus gehöre.

Du bist, Vater, der reiche Gott und machst Deine Kinder reich. Darum treibt mich alles, was ich habe, zum Danken, und alles, was ich tue, darf und soll damit enden, dass es Deine Herrlichkeit bezeugt. Amen.

 

9. Januar

 

Jesus sagte zum Schriftgelehrten: „Die Füchse haben Gruben und die Vögel des Himmels haben Nester, aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hinlege.“

Matthäus 8,20

 

Als heimatlos beschreibt sich Jesus. Er hat nicht eine Wohnung, die ihm für die Nacht eine Stätte zu sicherer Ruhe darböte. Daher macht er auch die Seinen heimatlos. Einen Bau, wie der Fuchs sich ihn gräbt, oder ein Nest, wie ein Vogel es sich baut, verschafft er seinen Jüngern nicht. Die Armut Jesu wird dadurch nach derjenigen Seite sichtbar, an der sie besonders schmerzhaft drückt; nicht nur so, wie sie den verächtlichen Spott derer erregt, für die Reichtum das einzige solide Glück und Gut bedeutet, nicht nur in der Weise, dass die Entsagung nur den Genuss beschränkt und auf das verzichtet, was sich als verschönender Schmuck um unser Leben legt. Hier greift die Entbehrung das Unentbehrliche an und schmälert die Bedingungen des Lebens, die durch nichts anderes zu ersetzen sind. Die Arbeit des Tages ist geschehen und die ermüdende Wirkung macht sich fühlbar. Das Bedürfnis nach Ruhe ist da. Aber es fehlt der Ort, an dem sich der erquickende Schlaf finden ließe. Die schützenden Wände, die die anderen fern halten, fehlen und der dringende Anspruch, den der Dienst an Jesus stellt, treibt die Ruhe weg. Damit war nicht nur ein Luxus preisgegeben, der ohne Schaden entbehrt werden kann. Hier war auch das nicht vorhanden, was die Natur fordert und was sie deshalb auch dem Tier gewährt. Daraus wurde aber für Jesus keine Not, über die er klagen möchte, und auch für den, der ihm nachfolgen möchte, entsteht daraus kein Grund, der ihn abschrecken dürfte. Er hat sich freilich klar zu machen, was er tut, wenn er sich zu Jesus hält, ob ihm auch dann die Gemeinschaft mit Jesus Freude bleibt, wenn sie ihn heimatlos macht und ihm keine Ruhe lässt, ob seine Liebe die Kraft habe, dass sie ihm auch diese Entbehrung versüßt. An Jesus hat er vor Augen, dass die Liebe das vermag und den Sieg über unser natürliches Empfinden und Bedürfen gewinnen kann. Indem Jesus sogar auf die Stätte, die ihm die Ruhe gewährt, verzichtete, bewährt er die Wahrheit seines Wortes, dass seine Speise das sei, den Willen Gottes zu tun und sein Werk zu vollenden. Aus seinem Wirken entsteht seine Kraft, aus der Entbehrung erblüht ihm die Freude und der rastlose Dienst macht ihn froh und reich. So legt uns Jesus das Psalmwort aus: „Vor dir ist Freude die Fülle“, auch für den Heimatlosen, der weder Platz noch Zeit zum Ruhen hat.

Auch wenn wir zu Dir kommen, lieber Herr, schwebt uns das vor, was wir bei Dir für uns gewinnen; denn es wird uns schwer, nicht an uns selbst zu denken. Wir bedürfen die Ruhe und bedürfen die Freude, Was die Natur aus uns macht, macht sie uns unentbehrlich. Du hast sie uns auch verheißen und gibst sie uns, aber in neuer Weise, nicht so, wie wir sie uns selber bereiten, sondern so, wie Deine Liebe sie uns schenkt. Dir wende ich mich zu mit aufgedecktem Angesicht und bitte Dich: mache mich zu deinem Bild. Amen.

 

10. Januar

 

Gottes Gerechtigkeit offenbart sich im Evangelium aus Glauben zu Glauben.

Römer 1,17

 

Bringt mir nicht das Evangelium Gottes Gnade? O ja, sie ist in Gottes Offenbarung der Anfang und das Ende. Die Gnade macht, dass es eine Offenbarung Gottes für uns gibt, und dass diese Offenbarung durch das Evangelium geschieht, das mir den Christus zeigt, und dass dieses Evangelium mich zum Glauben beruft. Gottes Gnade stellt die Gemeinschaft zwischen ihm und mir her und gibt mir meinen Anteil an Ihm. Wenn ich aber von Gottes Gnade spreche, so rede ich von Gottes Gabe. Der gnädige Gott ist der gebende Gott. Was gibt er mir? Paulus antwortet: Er schafft zwischen sich und dir Gerechtigkeit, Jetzt ist mir die Gnade in ihrer Größe, Wahrheit und Macht gezeigt. Sie stiftet zwischen Gott und mir Gemeinschaft. Sowie aber Gemeinschaft zwischen uns muss so geregelt sein, dass es der Wahrheit entspricht und jedem das Seine gibt. Meine Gemeinschaft mit Gott kann nur dann bestehen, wenn mir Gott als Gott in seiner reinen, von aller Bosheit getrennten Heiligkeit offenbar ist, und ich als Mensch vor ihm stehe, ganz ans Licht gebracht und von allem Schein entkleidet, ganz in die Wahrheit gestellt und ihr gehorsam gemacht, fähig und willig, Gott ganz zu geben, was sein ist. Dächte ich mir eine Gnade, die nicht Gerechtigkeit schüfe, so machte ich aus ihr eine parteiische Gunst, die sich vom göttlichen Gesetz löst und den Widerspruch gegen das Sündliche aufgibt. So mutete ich ihr auch das Böse zu und brächte sie mit dem zusammen, was Gott als sündlich verwirft. Mit dieser Verderbnis meines Gottesbildes hätte ich das Evangelium verworfen und mich von Jesus getrennt. Ich hätte mir damit aber auch verborgen, was mich in Gefahr bringt, wofür ich bei Gott Heil und Hilfe zu suchen habe. So machte ich den Versuch, meine Ungerechtigkeit zu behalten und sie auch in der Gemeinschaft mit Gott zu pflegen. An diesem Versuch würde ich verderben. Darum ist es die Vollendung der Gnade, dass Gottes Gerechtigkeit an mir offenbar wird. Damit tritt Gott heran zu mir, dem Ungerechten, macht das Krumme gerade, das Unreine rein und das Verwerfliche ihm wohlgefällig. Das ist das Meisterstück Gottes, der Triumph seiner Gnade; das ist mein Heil. Wie geschieht nun aber die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes? Paulus sagt mir: Dadurch geschieht sie, dass Gott aus dir den Glaubenden macht. Sie ist deshalb vorhanden, weil ich glaube, und dazu da, damit ich glaube. Nun erhält Gott, was Ihm gehört; Er ist der Schaffende, Er der Gebende, Er allein gerecht; und ich habe empfangen, was ich bedarf; ich bin der Ungerechte, dem verziehen ist; ich bin der, der nicht wirken kann; meine Werke gelten vor Gott nichts; ich bin der, der glauben darf, und gebe damit Gott, was Er von mir verlangt. Nun ist Gott verherrlicht und ich bin in das Leben versetzt. Darin ist Gottes Gerechtigkeit offenbar.

Wenn Du, Herr Gott, uns offenbar wirst, dann jubelt die Seele im Anblick deiner wunderbaren Gerechtigkeit. Eins ist Dein Wille in herrlicher Einheit; eins sind Deine Gnade und Deine Gerechtigkeit und Du einigst, was getrennt war, mich in meiner Schuld und Not und Dich, der Du im Licht wohnst. Was kann ich tun? Das, was Du mir sagst, glauben, danken, mich freuen in Dir. Amen.

 

11. Januar

 

Johannes sprach: „Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“

Matthäus 3,3

 

In dem, was Johannes sagte, leuchtet Gottes Verheißung im hellsten Glanz, nicht weniger hell als in der Weihnachtsgeschichte. Gottes königliches Handeln steht bevor und bringt uns die Gaben seiner alles vollendenden Gnade. Die Verheißung bewegt unser Verlangen. So war es auch damals in Israel. Er, der dem Volke sagte: „Ihr steht unmittelbar vor dem Himmelreich!“ wird von den Scharen umdrängt, die aus vielen orten zu ihm zogen. Aus der Verheißung erwächst als das erste, was sie uns gibt: die Hoffnung. Sie ist mit Freude umkränzt. Bald endet alle Pein; soll ich mich nicht freuen? Bald erscheint Gottes uns selig machender Reichtum; soll ich nicht den Psalm anstimmen? Wird nicht aus der Schar, der Johannes predigt, eine jubelnde Gemeinde, die gemeinsam mit jauchzendem Lied den nahenden Tag des Heils begrüßt? So war es und so muss es sein; denn die Verheißung wirkt Freude und erzeugt die Danksagung. Johannes deutet aber den Anspruch, den die Verheißung an uns richtet, noch mit einem anderen Wort: tut Buße, kehrt um! Dass das Unrecht verschwinde und die Gottlosigkeit ende, dass wir wegtun, was Gott hasst und richtet, das macht Johannes zur Folge, die aus der Verheißung entstehen soll. Die Verheißung erfreut, aber nicht allein, sondern sie reinigt auch. Die Verheißung erweckt mein seliges Empfinden, aber nicht allein, sondern sie schafft auch Willen. Die Verheißung heftet meinen Blick auf Gottes Tat, aber nicht allein, sondern sie beruft auch mich zum Handeln. Kann denn ich irgend etwas dazu tun, dass Gottes Reich komme? Es kommt durch Gott selbst. Es kommt aber, um abzutun, was Gott widersteht. Tue ab, was dich mit Gott entzweit und aus ihm deinen Widersacher macht. Muss ich deshalb klagen, Gottes Reich sei für mich verschlossen? Kommt es auch zu mir, wenn es nicht für Sünder kommt? Gott, sagt mir Johannes, tut weg, was dich von seinem Reiche trennt. Gott vergibt, Du wirst getauft und in Gottes Vergebung hineingesetzt. Die Vergebung empfängst du aber nicht, damit du das Böse tust und ein Sünder bleibst, sondern damit du es nicht mehr seiest. Wird mir die Taufe dazu gegeben, damit ich Buße tue, ist dadurch die Verheißung und ihre Freude getrübt? Vollendet ist sie nun. Ich darf mein Böses lassen, darf verwerfen, was Gott verwirft, darf selber hassen, was Gott an mir hasst, und darf dies tun, weil Gott mir vergibt und mich in sein Reich einführt. So bleibt Gottes Reich Gottes Werk und Eigentum und wird nicht zum Reich des Menschen, der für sich und seinen sündlichen Willen Glück und Ewigkeit begehrt.

Ich labe mich, Herr Gott, an Deinen Verheißungen und mache meine Seele mit ihr froh, damit ich nicht ermüde im Streit mit dem, was unrecht ist. Deine Verheißung beruft mich in meinen Kampf, damit ich ihn freudig vollbringe. Amen.

 

12. Januar

 

Der Herr sprach zu Abram: „Gehe aus deinem Vaterland und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus.“

1. Mose 12,1

 

Wie es geworden ist, so wird es je und je und im Anfang enthüllt sich der Fortgang und die Vollendung des göttlichen Werkes. Wie entstand Gottes Volk? Wie kam es dazu, dass es Menschen gab, die vor Gott wandelten? „Gott sprach zu Abraham.“ So entstehen Gottes Kinder. „Sie werden durch das Wort der Wahrheit geboren nach Seinem Willen.“ Jakobus 1,18. Gottes Wort besucht uns; das stiftet zwischen Ihm und uns das lebendige Band, beschenkt uns mit seiner Erkenntnis und erweckt in uns den neuen Willen, der nach dem begehrt, was Gottes ist. So macht er mich zu seinem Eigentum, durch seines Wortes Gegenwart bei mir. Gottes Wort führte Abraham aus seinem Geschlecht und seiner Heimat heraus. Das wiederholt sich in jeder Begegnung mit dem göttlichen Wort. Es kennt nur den Einen, preist nur den Einen und macht in mir den Einen zu meinem Herrn, den Einen, der über allem ist, den Einen, neben dem nichts in meinem Glauben Raum hat, den Einen, der mich ganz für sich begehrt. Das pflanzt in den Glauben jenes starke Nein, ohne das er nicht vorhanden ist, das sich gegen alles wendet, nicht nur gegen das, was vor mir steht, sondern auch gegen das, was ich selber bin und in mir selber finde. Gehe aus, sagt Gottes Wort; so kommst du zu mir. Indem er durch sein Wort mit uns verkehrt, bleibt er in der Höhe und zieht unsern Blick von uns selber weg zu Ihm empor.

Nun habe ich mich auf den Fels meines Heils gestellt, auf Dein Wort. Ich bitte Dich: Rede, Herr, Dein Knecht hört. Ich muss in mein Tagewerk hinein. Ich will es nicht tun ohne den Helm des Heils, der mich schützt, und ohne das Schwert des Geistes, das mich verteidigt. Das Schwert des Geistes, das Du in unsere Hand legst, ist Dein Wort. Ich danke Dir, dass ich Dich hören darf. Amen.

 

13. Januar

 

Da es an Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm: „Sie haben nicht Wein.“

Johannes 2,3

 

Johannes führt uns in seinem Bericht über Jesus sogleich zu den Festen, auf die Höhe des Lebens, zuerst zu einer Hochzeitsfeier, dem Höhepunkt des natürlichen Lebens. In Palästina war für den Jüngling und das Mädchen mit den sieben Tagen ihrer Hochzeit der Gipfel des Lebens erreicht. Nun kam aber damals in die Feier ein peinlicher Misston hinein. Der Wein ging aus. Man musste die Gäste zum Essen einladen ohne den festlichen Becher, der mit der Segnung geweiht wurde und dann bei allen eine Runde machte. Im Kreis der Frauen ging das Geflüster von Mund zu Mund: sie haben keinen Wein. Hoffentlich hat es das junge Ehepaar noch nicht gehört; sonst würde es rot vor Scham. So steht es mit unserem Vermögen, Feste zu feiern. Beständig drängen sich peinliche Störungen ein und um diese Gipfel unseres Lebens sammeln sich dunkle Wolken. Der Evangelist sagt uns: ihr könnt nicht feiern; Jesus aber konnte es und er bereitet das Fest auch euch. Was der Evangelist sagt, ist eine tiefe Wahrheit; wir bringen in der Tat bloß mit den natürlichen Mitteln kein ungestörtes Fest zustande.

In unserer Zeit wehrt sich die Christenheit gegen das Elend, das sich unser Volk durch den Trunk bereitet. In diesem Elend wird derselbe Tatbestand sichtbar, auf den Johannes uns achten heißt. Unser Volk kann nicht feiern, nicht so feiern, dass eine reine ungestörte Freude aus der Feier wird. Damals kam die Störung daher, dass sie keinen Wein hatten. Heute haben wir Wein genug und die Störung kommt daher, dass wir ihn haben. Bei ihm wird die festliche Freude gesucht, die Entspannung von der Anstrengung der Arbeit, die Erhebung über die Leerheit unserer Tage und daraus entsteht statt der Freude ein tiefer Jammer. Ich muss das, was mein Leben festlich macht, aus der Hand Jesu empfangen, aus Gottes schaffender Macht; sonst verwandelt sich jedes Fest in sein Gegenteil. Wenn mir die natürliche Gabe ungeheiligt bleibt, so hat dies seinen Grund in der Verwüstung meines inwendigen Lebens. Darin wird sichtbar, dass ich noch in der Irre schweife und meinen Platz vor Gott nicht gefunden habe. Diesen Platz weist mir Jesus an, und wenn ich ihn gefunden habe und weiß, wie Gott sich zu mir stellt, dann kann ich feiern, einerlei mit oder ohne Wein.

Ich empfange aus Deiner Hand, Vater, täglich, was ich bedarf, und mehr als ich bedarf, viel Anlass zur Freude, manches, was mir Genuss gewährt. Ohne Dich befleckt und verdirbt es mich. Aber in Deiner Hand wird auch das Natürliche zum Lebensbrot, für das ich Dir Dank schulde und Dank sage. Amen.

 

14. Januar

 

Wohl dem, der Lust hat zum Gesetz des Herrn und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht. Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, das gerät wohl.

Psalm 1,2+3

 

Der immer grüne Fruchtbaum im reich bewässerten Boden, das ist ein herrliches Gleichnis für ein gelingendes Leben, ein Baum, der auch im Sturme steht, nicht ein zitterndes Gras oder schwankender Halm, ein immergrüner Baum, nicht ein winterlich kahl gewordener, weil sein Saft vertrocknet und sein Leben stockt, ein fruchtbringender Baum, der nicht nur sich selbst das Wachstum verschafft, damit er mit hochgehobenem Wipfel im Schmuck seiner Blätter prange, sondern der in das Ganze der Natur hineingestellt ist, andere nährend, wie er selber genährt wird, und gebend, wie er selber empfängt. Schwerlich kann man unser menschliches Los schöner darstellen. Wem gilt dieses Gleichnis? Dem, der am Gesetz des Herrn seine Lust hat und es sich ohne Unterbrechung vorsagt, sei es Tag oder Nacht. Wie könnte mein Leben gedeihen, wenn es von Gottes Willen geschieden wäre und wie könnte ich seinen Willen erfahren anders als durch sein Gesetz? Ich weiß, dass an Gottes Gesetz mein Fall und meine Schuld entsteht. Weil Gottes Gesetz zu uns spricht, sind wir Sünder. In meinem Unheil wird aber die Heilsamkeit des Gesetzes offenbar und mir gezeigt, dass ich nur in der Erfüllung des göttlichen Willens mein Heil finden kann. Nur im Gehorsam gegen Gottes Gebot hat mein Werk Wurzeln, die ihm Kraft zuleiten, und nur so bringt es Frucht hervor, die den anderen dienen kann. Darin ist Gottes Gnade offenbar und wirksam bei uns, dass er sein Gebot mit lebendiger Schrift in unseren Willen schreibt und ihn seinem Willen gehorsam macht.

Ich habe Lust, Herr, zu Deinem Gebot. Fülle es mit Kraft, dass es nicht ein Buchstabe für mich bleibe, sondern mich mit schaffender Kraft in Deinen Gehorsam leite. Ich strecke mich nach Deiner Verheißung, die mir Bestand, Gedeihen und Fruchtbarkeit verheißt. Ich darf und will sie von Deinem Gebot nicht trennen. Darum ist mein Gebot: schreibe mir Dein Gebot in mein Innerstes; dann wird aus Deinem Gebot mein Werk nach Deinem Willen. Amen.

 

15. Januar

 

Nach deinem Glauben geschehe dir.

Matthäus 8,13

 

Nun weiß ich, was mir geschehen wird. Mein Glaube verlangt nach Gottes Frieden; Er gibt mir ihn. Mein Glaube verlangt nach Gottes heilender Hand, die mich davor behütet, dass mich der Fluch meiner Sünden verderbe; es geschieht mir nach meinem Glauben und meine Sünden sind mir vergeben. Mein Glaube verlangt nach Gottes Leitung, dass er mir Weisheit gebe, um richtig zu handeln; er gibt sie mir. Mein Glaube verlangt nach seinem Dienst, dass durch meine Hand seine Gaben zu denen kommen, die er mit mir verbunden hat; es geschieht mir nach meinem Glauben.

Mein Glaube verlangt nach der Einheit mit allen, die Jesus lieb haben, nach dem Aufbau seiner Kirche, nach ihrer Befreiung von allem, was sie hemmt, nach ihrer Rüstung mit Erkenntnis und Liebe zu redlichem Werk. Das ist kein eitler Wunsch, kein zerfallendes Ideal; es geschieht uns nach unserem Glauben.

Was stellt zwischen dem, was wir glauben, und dem, was wir empfangen, die feste Beziehung her? Sie hat ihren Grund nicht in der Beschaffenheit meines Glaubens, in seiner Größe oder Würde oder gar in einer Zwangsgewalt über Gottes Wirken. Nichts ist mein Glaube und aller Glaube durch sich selbst. Was er ist und wirkt, kommt von dem, an den er glaubt. Die Regel Jesu: Nach deinem Glauben geschehe dir, ist der Spruch der reinen Güte, das Wort dessen, der gern hilft, das Bekenntnis zum Reichtum Gottes, der für alle reich ist, die ihn anrufen, die Verherrlichung des gebenden Gottes, der Licht ist ohne Finsternis.

Vor Dir, Herr, ist Freude die Fülle und liebliches Wesen vor Deinem Angesicht. Denn Du öffnest Deine milde Hand und sättigst uns alle nach Deinem Wohlgefallen. Ich kann nicht tun, was ich soll, wenn nicht Freude in mir lebt. Ich empfange sie im Anblick Deiner Gnade, die zu mir spricht: nach deinem Glauben geschehe dir. Amen.

 

16. Januar

 

So jemand will den Willen tun, der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei oder ob ich von mir selber rede.

Johannes 7,17

 

In allem, was ich denke, tritt ans Licht, was ich will, auch in dem, was ich über Jesus denke. Darum fragt uns Jesus: Was wollt ihr? Nun kann ich aber nie etwas anderes wollen als einen Willen. Welchen Willen ich will, das ist die Frage und an ihr trennen sich unsere Wege in entgegengesetzte Richtungen. Ich kann meinen Willen wollen oder ich kann Gottes Willen wollen. Ich kann erwägen, was sich aus meiner Lage als Ziel für mich ergibt, was also meinem Leben Stärkung und Vollendung bringt und meine Wünsche erfüllt. So entsteht mein eigener Wille, und wenn ich diesen will, so wird mir Jesus gleichgültig. Denn zum Diener meines Willens macht er sich nicht. Steht er so deutlich vor mir, dass ich ihn nicht vergessen kann, so wird er mir widerwärtig. Ich kann aber meinem Willen auch einen anderen Inhalt geben, weil mir Gottes Wille gezeigt ist. Wenn nicht das die mich bewegende Frage ist: was wünsche ich mir, was dient mir?, sondern was will Gott von mir? und wenn ich nun seinen Willen nicht im Aufruhr von mir stoße, sondern erkenne, dass es das einzig Richtige und Heilsame für mich ist, Gottes Willen zu wollen, dann kann ich Jesus verstehen, Ihn, der Gottes Willen wollte und nicht bloß wollte, sondern tat. Nun erkenne ich im Gehorsam Jesu seine Herrlichkeit.

Aus seinem Gehorsam entsteht aber alles, was durch Ihn und an Ihm geschah, Seine Geburt, Sein Kreuz und Seine Auferstehung. Ebenso hat alles, was Er mir sagt, nur ein einziges Ziel, nämlich dass ich den Willen Gottes tue. Was sucht der Glaube anderes als dass der Wille Gottes geschehe? Was begehrt die Buße? Sie ist die Umkehr vom eigenen Willen zu Gottes Willen. Was ist die Liebe Gottes, wenn sie nicht das Verlangen ist, dass sein Wille geschehe? Was ist die Hoffnung? Der Vorblick auf die Erfüllung des göttlichen Willens. Daran aber, dass mir Jesus den Willen Gottes zeigt und ihn tut, erkenne ich, dass seine Lehre von Gott ist.

Mit der Bitte, die Du, Jesus, in unser Herz gelegt hast und die die ganze Christenheit unablässig bittet, bitte auch ich: Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel. So bleibe ich in Deiner Lehre und Du wirst Deine Verheißung erfüllen, dass wir, wenn wir in Deinem Wort bleiben, die Wahrheit erkennen. Amen.

 

17. Januar

 

Wo bleibt nun der Ruhm? Er ist aus. Durch welches Gesetz? Durch der Werke Gesetz? Nicht also, sondern durch des Glaubens Gesetz.

Römer 3,27

 

Mächtig ertönt der Ruhm in der Judenschaft: wir sind das heilige Volk und alle anderen Völker sind von Gott verworfen, und mächtig schallte es in Jerusalem: wir sind Gottes Stadt, Rom dagegen ist des Teufels Stadt, und hoch erhob sich jeder Fromme: Ich bin gerecht und nicht wie die anderen, die sündigen. Auch Paulus war, bevor er Jesus kannte, eifrig dabei, sich den denkbar größten Ruhm zu erwerben, einen größeren als den, den die anderen hatten. Nun aber jubelt er in dankbarer Freude: der Anlass zum Ruhm ist verschwunden, vertrieben und hinausgesperrt. Darin erkennt er die herrliche Wohltat Jesu. Warum ist der Ruhm in Wahrheit bitteres Elend? Er ist nicht wahr, sondern entsteht immer dadurch, dass wir uns hübsch färben. Er kann nicht ohne die Verheimlichung dessen entstehen, was an uns verwerflich ist. Darum ist der Ruhm auch immer ungerecht. Der Stolz rühmt sich und fällt damit in die Undankbarkeit und Gottlosigkeit hinab, die vergisst, dass uns das, womit wir uns rühmen, gegeben ward. Darum entsteht aus dem Rühmen immer mit lodernder Flamme der Streit. Jeder erniedrige den anderen, indem er sich erhöht, weil er nur glänzen kann, wenn die anderen verdunkelt sind. Nun aber ist all dieses Elend vergangen. Das Bedürfnis zu lügen ist von uns genommen. Wir erkennen Gottes Gnade und verleugnen seine Gabe nicht und sind miteinander in den Frieden gestellt. Ist es aber wirklich so?

Rühmt sich nicht auch die Christenheit, wenn sie sich mit den anderen Religionen vergleicht, und in der Christenheit jede Gruppe gegen die andere und jeder gegen die, die er für unfromm hält? Das kann uns aber nicht überraschen; denn Paulus hat deutlich gesagt, wie das Ende des Rühmens zustande komme, nicht durch das Gesetz der Werke, sondern durch das Gesetz des Glaubens. Wenn wir uns in der Christenheit wieder unter das Gesetz der Werke stellen, zum Beispiel so, dass wir aus unserem Glauben das verdienstvolle Werk machen, mit dem wir Gott versöhnen und verehren, dann ist sofort wieder das Rühmen wach und richtet mit seinen Lügen und Bosheiten aufs neue alles Unheil an. Es ist aber in Wirklichkeit beseitigt und verschwunden, wenn uns das Gesetz des Glaubens regiert und uns mit wirksamer Macht gezeigt hat, dass unsere Gerechtigkeit und unser Leben Gottes Werk und Jesu Gabe sind.

Dich, heiliger und herrlicher Gott, rühmen alle deine Kinder. Auch ich wecke meine Seele auf zu Deinem Lob. Damit ist mein eigener Ruhm begraben und dafür preise ich Dich in froher Dankbarkeit. Amen.

 

18. Januar

 

Jesus sah Nathanael zu sich kommen und spricht von ihm: „Siehe, ein rechter Israelit, in welchem kein Falsch ist.“

Johannes 1,47

 

Als Jesus seine Jünger zu sich nahm, begann er, das zu tun, was ihm der Spruch des Johannes als seine Sendung beschrieben hat. Nun handelt er als das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt. Indem er seinen Jüngern seine Gemeinschaft schenkte, bedeckte er ihre Sünde und rechnete ihnen ihren Fall nicht an. Er handelte dabei nach dem Spruch des Psalmisten: „Wohl dem Menschen, dem der Herr die Missetat nicht zurechnet, in des Geist kein Falsch ist“, Psalm 32,1+2. Auf die gerade Lauterkeit unseres Verhaltens, ohne die es für uns kein Vergeben und keine Gemeinschaft mit Jesus geben kann, wies Jesus damals hin, als Nathanael vor ihn trat. Denn dieser hatte sich kräftig gegen die Einladung gesträubt, die ihn zu Jesus berief. Es gefiel ihm durchaus nicht, dass Jesus ein Nazarener war. Das war jüdisch gedacht, menschlich gedacht, ein voreiliges Urteil ohne Einblick in Gottes Weg, die Äußerung einer stolzen Frömmigkeit, die wusste, wie der Christus kommen müsse, und zu bestimmen wagte, was Gott zu tun habe, damit sein Christus sichtbar und seine Verheißung erfüllt sei. Jüdisch und menschlich war dies gedacht, das heißt sündlich. Aber nicht die Sünde trennt von Jesus, sondern die Lüge, die Verstellung, die eigene Gerechtigkeit, die auch ihr Böses verteidigt und nicht an das Licht kommen mag. Nathanael kam, obwohl Jesus ein Nazarener war, dennoch zu ihm, nicht als Glaubender, sondern um zu prüfen, nicht ohne Vorurteil, doch mit dem Vorsatz, zu erkennen, wie es sich mit Jesus verhalte, den ihm Philippus als den Christus pries. Das war für Nathanael der gerade Weg; damit dachte er ehrlich und tat, wozu ihn seine Lage anleitete. Darum nennt ihn Jesus ohne Falsch und öffnet ihm seine Gemeinschaft nach dem Willen Gottes, den der Psalmist verkündet hat, dass dem die Sünde vergeben wird, in des Geist kein Falsch ist.

Krumme Wege führen nicht zu Dir, Herr Jesus. Mir Dir reden kann nur der, der vor Dir wahrhaftig wird. Darum bete ich, weil Du mich kennst mit dem allmächtigen Willen Gottes, und dafür danke ich Dir, dass Du den, der zu Dir kommt, nicht wegtreibst, sondern seine Sünde von ihm nimmst in der Macht, die Dir als Gottes Lamm gegeben ist. Amen.

 

19. Januar

 

Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.

Matthäus 5,3

 

Die ganze Welt dreht sich um, wenn Jesus zu reden beginnt. Seine Gedanken sind nicht die unsrigen, sind auch nicht nur eine Verbesserung und Aufklärung unserer Gedanken, sondern stehen zu diesen in einem vollendeten Gegensatz. Niemals sagen wir: selig, die Armen, wobei es für unseren Widerspruch gegen Jesus ganz gleichgültig ist, ob wir dabei an den natürlichen oder geistigen Besitz denken. Für uns steht fest: Besitz ist Glück, sowohl reicher Vorrat an Lebensmitteln, als reiche Anhäufung innerer Kräfte. Wenn wir das ernsthaft schätzen, was uns inwendig reich und stark macht, klingt uns das Wort Jesu erst recht unglaublich. Wie kann er es bestreiten, dass uns mit großem Wissen, starkem Willen, reicher Erkenntnis Gottes, großem geistlichen Vermögen ein nicht genug zu schätzendes Glück beschert ist? Das ist die Rechnung des Menschen, der sich selbst beschaut und noch nichts wahrgenommen hat als sich selbst. Nun spricht aber der zu uns, der den Vater kennt, und damit dreht sich unsere ganze Welt. Denn jetzt bemisst sich mein Glück nicht nach dem, was ich habe, sondern nach dem, was Gott hat und Gott gibt. Für Gott entsteht aber der Anlass zum Geben aus dem, was ich nicht habe. Einen anderen Anlass, weshalb er mir gütig ist, als mein Bedürfnis gibt es für Gott nicht. Vor meinem Reichtum verneigt er sich nicht und mein Können lockt ihm keine Bewunderung ab. Ihm liegt es nicht daran, große Menschen zu machen, sondern daran, mir zu zeigen, dass er Gott ist. Sich will er mir zeigen, und ihn kenne ich dann, wenn ich seine Gnade schaue. Darum ist meine Armut das, was mir ihn offenbart, weil er zu meiner Armut seinen Reichtum fügt. Ihrer, sagt Jesus, ist das Himmelreich; das heißt, Gottes ganze Gnadenmacht und Herrlichkeitsoffenbarung wird ihnen zuteil.

Das ist das Evangelium Jesu für die Armen, das ist die einzige mögliche Hilfe für sie. Der Armut ist nur dann geholfen, wenn sie den Geber findet, der zu ihrem Bedürfnis seine Gabe fügt. Ist das aber nicht die Hilfe für uns alle? Denn wer ist nicht arm? Ist es nicht auch der Reiche, gerade weil sein Reichtum an ihm hängt, und endet nicht auch geistiger Reichtum in Verarmung, weil wir, je reicher wir werden, um so weniger Gottes bedürftig sind? Wenn uns dafür die Augen aufgegangen sind, entsteht in uns das Verständnis und die Danksagung für die Verheißung Jesu, die den Armen, deshalb, weil sie arm sind, das Himmelreich gewährt.

Kehre Du, lieber Herr, meine Gedanken um, dann verlieren sie die Enge und Dunkelheit, die ihnen unser natürlicher Zustand gibt, und werden Gottes Gedanken untertan. Das sind die Gedanken der gebenden Gnade, die sich nicht auf unseren Besitz und unser Vermögen aufbaut, sondern barmherzig ist, ganz zu uns herantritt und ihre Gabe in unsere Armut legt. Amen.

 

20. Januar

 

Dein Name werde geheiligt.

Matthäus 6,9

 

Kann ich noch weiter fahren und zu dieser Bitte noch andere hinzufügen? Spricht sie nicht alles aus, was ich begehre? Wenn ich Gott nennen kann und dies so, dass er mir als der Heilige erkennbar ist, so ist mir seine Erkenntnis gegeben. Damit bin ich in das Licht versetzt, das mein ganzes Leben bestrahlt. wenn ich diese Bitte bei allem, was ich tue, festhalte, ist meine Person, mein Wollen und mein Wirken geheiligt. Nun ist alles Gott untertan und meine ganze Arbeit, was immer sie sei, zum Gottesdienst gemacht. Aber Jesus fährt weiter und sammelt unser Verlangen nicht nur in diese eine Bitte. Denn der Name Gottes, der von uns geheiligt werden soll, soll für uns einen reichen, hellen Inhalt haben und nicht der Name eines unbekannten Gottes für uns bleiben. Ein unbekannter Gott wäre ein unwirksamer Gott. Was Gott an uns tut, das gibt ihm seinen Namen. An seinem Willen wird er uns offenbar und darnach, dass Gottes Werk an uns geschehe, soll ich verlangen und darum bitten. Je deutlicher sein Werk ihn offenbart und je reicher es uns begnadet, um so mehr leuchtet sein Name in herrlicher Heiligkeit. Er wird herrschen, indem er alles, was seinem Willen widersteht, beiseite tut und uns den Reichtum seiner allmächtigen Gnade zeigt. So macht er uns seinen Namen deutlich und zeigt uns seine Heiligkeit.

Nicht nur die Himmlischen wird er mit sich und miteinander vereinen, so dass bei ihnen nichts als sein Wille geschieht. Das tut er auch unserer armen erde und dann ist die dunkle Nacht unserer Unwissenheit, die uns Gottes Namen verhüllt, vergangen und alle Entheiligung, die sich gegen Ihn auflehnt, verschwunden. Gott schafft sich aber seine Anbeter nicht erst in der künftigen Welt; Jesus hat ihn uns, seiner Schar, geoffenbart. An uns handelt Gott als der, der uns das Leben gibt und was zum Leben gehört, als der, der uns die Schulden verzeiht, auch die, die die Unzulänglichkeit unseres Dienstes auf uns legt, als der, der uns schonlich führt und uns nicht über unser Vermögen belastet und die Klagen des Verklägers, des Feindes seiner Gnade, zunichte macht. Nun hat sein Name seinen reichen Inhalt bekommen. Unser Vater ist der König, der in allem herrscht, der Vollender, der alles verklärt, unser Ernährer, Versöhner und Erlöser. Geheiligt sei sein Name,

Was ist der Mensch, Herr, heiliger Gott, dass Du ihn heimsuchst? Was bin ich, dass Du mir Deinen Namen in die Seele legst und Deine Werke sichtbar machst? Wir Menschenkinder können nur staunen, nur danken und anbeten. Du windest das Band um unsere Seele, das sie mit eigenem Glauben und eigener Liebe mit Dir vereint. Geheiligt werde Dein Name. Amen.

 

21. Januar

 

Jesus antwortete den Juden: „Mein Vater wirkt bisher und ich wirke auch.“

Johannes 9,17

 

Die Juden starrten Jesus an: wie kommst du dazu, den Sabbat zu übertreten? Du weißt doch, dass niemand am Sabbat etwas tragen darf, und hast dem von dir geheilten Menschen geboten, sein Bett wegzutragen. Für sie war das Gesetz das Band, das den Menschen bei Gott festhielt; wer dieses zerriss, stürzte in den Abgrund der Gottlosigkeit hinab. Darum zeigt Jesus den Juden, was ihn mit dem Vater verband. Mein Vater wirkt, sagte er, Er gebietet nicht bloß, dass ich wirke, als wäre einzig der Mensch der Wirkende und Gott nur der Zuschauer, der die Werke des Menschen betrachtet, prüft und straft oder belohnt. Gott spricht auch nicht nur, als wäre sein Wort von der Kraft geschieden. Seine Worte sind Werke; denn sie geschehen. Daraus, dass Gott wirkt, folgt für Jesus: darum wirke ich. Das wäre nicht möglich, wenn Gott nicht der Vater wäre. Wäre er in dem Sinn der Einzige, dass er nichts neben sich ertrüge, sondern seine Macht dadurch offenbarte, dass er alles entkräftete und fesselte, so entstände aus seinem Wirken nicht das Wirken des Sohnes. Nun ist er aber der Vater, der dem Sohn Leben gab, und mit dem Leben gab er ihm das Vermögen zu wirken. Sein Beruf ist nicht Untätigkeit, auch nicht nur die anbetende Betrachtung dessen, was der Vater wirkt. Er wirkt selber; aber wie könnte er wirken, wenn nicht der Vater wirkte? Wie ihm die Untätigkeit unmöglich ist, weil der Vater wirkt, ebenso unmöglich ist ihm ein eigenmächtiges Handeln, das nicht durch das Wirken des Vaters begründet ist. Sein Verhältnis zum Vater ist Gemeinschaft, die sich in der Gemeinsamkeit des Wirkens offenbart, so dass im Wirken des Sohnes das Wirken des Vaters geschieht. Eine solche Gemeinschaft mit Gott ist aber nicht nur für die Juden, sondern für uns alle ein uns überraschender Anblick. Denn wir empfinden den Gegensatz, der zwischen Gott und uns steht, und dieser hat zur Folge, dass wir uns selbst überlassen und auf unseren eigenen Willen beschränkt sind und deshalb nur wirken, was wir begehren und vermögen. Das ist aber der Stand des unversöhnten Menschen, den Gott von sich fern hält, weil der Mensch sündigen muss. Gerade in dem, wovor die Juden in ihrem unversöhnten Stand erschraken und was sie Sünde heißen, machte Jesus die Herrlichkeit seiner Sohnschaft und die Herrlichkeit Gottes offenbar, die das weit überragt, was wir mit dem, was die Natur und das Gesetz uns geben, zu denken und von uns zu sagen imstande sind.

Gib mir, o Jesus, einen Blick in Deine Gemeinschaft mit dem Vater, damit mir Gott nicht fern und fremd bleibe, der Erhabene, den ich nicht kenne, der Heilige, von dem ich geschieden bin, der Richtende, den ich fürchten muss. Du warst bei uns als Deines Vaters Sohn und hast uns den mit ihm versöhnten Stand bereitet, damit auch wir den Vater finden, an ihn glauben und wirken, was Er durch uns wirkt. Amen.

 

22. Januar

 

Niemand hat Gott je gesehen: der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn verkündet.

Johannes 1,8

 

Dass keiner dazu gelangt, Gott zu sehen, das hat Johannes mit Ernst den Männern vorgehalten, die in der Erkenntnis Gottes das finden wollten, was als die neue Gabe Jesu in die Menschheit hineingekommen sei. Es ist in der Tat die Gabe des Sohnes Gottes, dass wir Gott kennen. Denn Ihn zu kennen, das ist das ewige Leben. Damit ist uns aber nicht gegeben, dass wir Ihn sehen. Denn wir erkennen Gott an seinem Werk, an dem, was Er uns gibt. Diese Ordnung Gottes stellt uns unter Gottes Gnade. Denn sein Werk kommt aus seiner Güte zu uns und zeigt uns diese an dem, was Er für uns tut. Wie wäre aber die Gnade noch Gnade, wenn sie mir nicht auch Gottes für uns unerreichbare Hoheit sichtbar machte? Dies tut sie dadurch, dass Gott mir unsichtbar bleibt. Die Männer, die nach dem Anblick Gottes rangen, drängten sich an Gott heran, als könnten sie jede Schranke entfernen und den Spiegel, in dem sich Gott uns zeigt, wie Paulus sagte, wegschieben. Das Schauen von Angesicht zu Angesicht überragt als uns verheißenes Ziel den uns jetzt gegebenen Lebensstand und erfordert das reine Herz, das wir noch nicht haben und uns durch keine religiöse Anstrengung und Übung verschaffen können. Die größte Gabe, die uns Gott geschenkt hat, damit wir Ihn erkennen, ist Jesus, der ganz mit Gott Verbundene, der dem Sohn gleicht, dessen Platz an der Brust des Vaters ist, und Jesu Geschenk an uns ist sein Wort, das mit allem, was er uns sagt, die Verkündigung dessen ist, was Gott ist und wirkt. Kann ich Gott nicht sehen, so kann ich ihn doch hören. Anblick Gottes gibt es nicht für mich; dafür gibt es ein zu mir gesprochenes göttliches Wort. Ich darf nicht nach dem begehren, was mir unzugänglich ist, und deshalb das missachten, was mir gegeben ist. Dass Gott durch Jesus zu uns spricht, das ist diejenige Gnade, die für das eigensüchtige Herz des Menschen heilsam ist. So wird es vor dem doppelten Elend behütet, in das sich unser Herz hineinstürzen kann, vor dem Stolz, der sich an Gott herandrängt und nicht in der Tiefe stehen bleiben will, und vor der Erschlaffung, die sich mit dem begnügt, was die Natur uns gibt. Wer sich von der Erde lösen und sich zu den Himmlischen gesellen will, dem tritt das Wort entgegen und ruft ihm zu: Höre mich, und den, der in die Natur versunken, nichts mehr als sich selber sieht, weckt das Wort auf und sagt ihm: Höre mich; was ich dir sage, kommt von Gott.

Ich greife dankbar, heiliger Herr und Gott, Vater unseres Herrn Jesus Christus, nach Deinem Wort und preise es als den hellen Strahl, der aus Deiner Sonne hervorleuchtet, als den reichen Schatz, der aus Deiner Fülle uns beschieden ist, als das feste Band, das uns mit Dir vereint. Gib mir immer reicher, immer reiner Teil an Deinem Wort. Amen.

 

23. Januar

 

Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist.

Römer 14,17

 

War es nicht etwas Großes, dass für die für Gott geheiligte Gemeinde alles rein geworden war und zwischen ihr und dem, was die Natur uns darreicht, kein Verbot mehr stand? Es war nicht kindisch, wenn sie sich in den Anfängen der Christenheit an ihrer Freiheit ergötzten, in Gedanken an die Beschwerden, die sie unter den Verboten des alten Gesetzes von innen und von außen, im Gewissen und in der Haushaltung, bedrückt hatten. Wir alle genießen die Freiheit froh, die uns im Verkehr mit der Natur keine Schranken setzt und sowohl unserer Technik als unserer Kunst kein Verbot entgegenstellt, auszunützen, wie es dem Stande unserer Erkenntnis entspricht. Gerade darum, weil diese Freiheit einen großen Reiz und reichen Wert in sich trägt, ist es nötig, dass uns Paulus mahne: Das ist nicht Gottes Reich. Nicht dadurch empfange ich seine großen Gaben, dass ich mein Essen und Trinken so ordnen kann, wie es mir selber zweckmäßig scheint, und mich überall in der Natur frei bewegen darf. Es gibt inwendigen Reichtum, der kostbarer ist als jeder natürliche Gewinn, und diese inwendige Begabung ist das, wodurch ich an Gottes Reich Anteil habe. Die höchste und unentbehrlichste aller Gaben ist die Gerechtigkeit, die Richtigstellung meines Verhältnisses zu Gott, mit der auch alle meine Beziehungen zur Welt richtig werden. Gerechtigkeit ist der sichere Damm gegen das Böse, das feste Fundament für mein Handeln, der Ort, an dem ich vor Gott stehen und mich gläubig an Ihn halten kann. Mit der Gerechtigkeit endet der Zwist, der mich von Gottes Gnade trennt und mich in mir selbst zerreißt. Nun stehe ich in jenem Frieden, den Christus mit sich auf die Erde herabgebracht hat, im Frieden der Versöhnung mit Gott und darum auch in der friedlichen Gemeinschaft mit den Menschen. Damit endet mein Jammern und es brennt in der Seele das helle Licht einer Freude, die das ganze Leben durchwärmt. Diese inwendige Erneuerung und Bereicherung wird mir deshalb zuteil, weil Gottes Geist bei uns ist. Das, was der Geist gibt, ist das Kennzeichen für Gottes Reich. Mit seinen Gaben kommt das zu uns, was Gottes allmächtige Gnade für uns tut und was uns zu ihrem ewigen Ziel emportragen wird. Das alles ist aber ungleich größer und wichtiger als das, was ich im Verkehr mit der Natur gewinnen kann.

Berührt von vielem werde ich, Vater, nach außen gezogen; drum wende ich mich durch Deine Gnade nach innen. Um mich her lagern sich wie eine hohe Mauer die natürlichen Dinge; so mache mir Deines Geistes Wirken sichtbar. Die natürlichen Güter machen mich nicht gerecht, bringen mir nicht den Frieden und machen mich nicht froh. Das tun Deine Gaben, die Du uns schenkst durch Deinen Geist. Amen.

 

24. Januar

 

Schaffet, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen nach Seinem Wohlgefallen.

Philipper 2,12+13

 

Beides muss ich haben, sowohl das Wollen als auch das Vollbringen, und beides kann ich mir selbst nicht geben. Beides ist Gottes Werk in mir. Was wäre mein Wollen, wenn es vom Vollbringen geschieden bliebe und sich nicht im Wirken vollendete? Das Gute wollen, aber nicht vollbringen nannte Paulus mit gutem Grund einen geplagten, mühsamen Stand, von dem wir erlöst werden müssen. Aus Gottes Hand empfangen wir nicht gute Gesinnung, die nichts hervorbringt, weil sie bloß Gesinnung sein will, nicht einen guten Willen, der beständig scheitert, wenn er handeln soll, sondern Wollen und Vollbringen ist Gottes Gabe. Ebenso deutlich ist aber, dass uns mit dem Vollbringen allein nicht geholfen wäre. Ein Wirken, in dem keine Liebe und keine Seele steckt, ein Dienst, den wir uns gegen unseren Willen abzwingen, ist ebenso sehr ein Jammer als das bloße Wünschen und Wollen, das nicht handeln kann.

Wie unnütz und unfruchtbar bleibt auch emsiges Wirken, wenn es im erzwungenen Gottesdienst stecken bleibt, den wir nur deshalb, weil wir müssen, ableisten! Vollends wenn wir an das Ziel denken, von dem Paulus redet, daran, dass wir unsere Seligkeit zu wirken und unsere Rettung zu gewinnen haben, die uns von Gericht, Schuld und Strafe befreit, wie sollten wir zu diesem Ziel gelangen ohne ein Wollen, das zum Vollbringen wird, und ohne ein Vollbringen, das aus unserem gesammelten, ernsten Wollen erwächst? Beides, sagt mir Paulus, brauchst du und beides gibt dir Gott. Er bewegt dich von innen her im Grund deines Lebens und er bereitet dir auch die Gelegenheit, die du zum Handeln brauchst. Die innere und die äußere Seite deines Lebens steht unter seiner Leitung und seine Gnade ist die von außen und von innen dich führende Macht. Nun wolle und wirke. Wozu gibt mir Gott das Wollen? Eben dazu, dass ich will. Wozu bereitet er mir das Wirken? Dazu, damit ich handle und arbeite und das Werk vollende, das mir zugewiesen ist. Wirke aber, sagt mir Paulus, mit Furcht und Zittern, eben deshalb, weil Gott es ist, der dir das Wollen und Vollbringen schenkt. Was von Gott gegeben wird, muss mit Sorgfalt erfasst und bewahrt werden. Ich darf das nicht verschleudern und verderben, was er mir gibt. Von Gott geschenktes Wollen darf ich nicht durch meinen Widerwillen entkräften und von Gott mir bereitetes Wirken verpflichtet mich zur ernst erwogenen und sorgsam vollzogenen Tat. Weil aber die Furcht an dem entsteht, was Gott mir gibt, bleibt sie mit dem Glauben eins.