Das Chagrinleder: Valentins Pakt mit dem Teufel - Honoré de Balzac - E-Book

Das Chagrinleder: Valentins Pakt mit dem Teufel E-Book

Honore de Balzac

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Beschreibung

Dieses eBook: "Das Chagrinleder: Valentins Pakt mit dem Teufel" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Das Chagrinleder oder Die tödlichen Wünsche (La Peau de chagrin) ist ein Roman von Honoré de Balzac. Balzac beschreibt darin die französische und besonders die Pariser Gesellschaft gegen Ende der Restauration und zu Beginn der Julimonarchie. Der Roman besteht aus den drei Teilen Le talisman (Der Talisman), La femme sans cœur (Die herzlose Frau) und L'agonie (Der Todeskampf). Hauptfigur ist der junge Raphaël de Valentin, von adliger Geburt, jedoch verwaist und verarmt, der sich immer erträumt hat, ein Schriftsteller zu werden und sich seiner Künstlernatur widmet. Er befindet sich in einer Krise und verspielt seine letzte Goldmünze im Palais Royal. Honoré de Balzac (1799-1850) war ein französischer Schriftsteller. Balzacs Erzählweise gilt in der Literaturgeschichte als prototypisch für den traditionellen Roman "à la Balzac", d. h. einen Roman mit interessanten, nicht eben Durchschnittstypen verkörpernden Protagonisten, einer interessanten und mehr oder minder zielstrebigen Handlung sowie einem eindeutigen Vorherrschen der auktorialen Erzählsituation. Mit seiner relativ ungeschminkten Darstellung der gesellschaftlichen Realität prägte Balzac Generationen nicht nur französischer Autoren und bereitete den Naturalismus vor.

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Honoré de Balzac

Das Chagrinleder: Valentins Pakt mit dem Teufel

Die tödlichen Wünsche

Übersetzer: Hedwig Lachmann

e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-1911-0

Inhaltsverzeichnis

Der Talisman
Die Frau ohne Herz
Der Todeskampf
Epilog
Anmerkungen

Der Talisman

Inhaltsverzeichnis

Gegen Ende Oktober 1829 trat ein junger Mann in das Palais-Royal, als die Spielhäuser, wie es das Gesetz vorschreibt, das eine hohen Steuern unterliegende Leidenschaft schützt, gerade öffneten. Ohne lange zu zögern, stieg er die Treppe zum Spielsaal hinauf, der die Nummer 36 trug.

»Ihren Hut bitte, Monsieur!« rief ihm mit trockener, mürrischer Stimme ein kleiner, alter Mann zu, der zusammengeduckt hinter einem Verschlag im Halbdunkel saß und, als er sich unvermittelt erhob, ein fahles, abstoßendes Gesicht zeigte.

Betritt man ein Spielhaus, dann nimmt einem das Gesetz zuerst einmal den Hut. Ist das ein symbolisches Vorzeichen, ein Akt der Vorsehung? Oder ist es nicht vielmehr eine Art Teufelspakt, der einen Pfand abfordert? Will man den Spieler vielleicht auf diese Weise nötigen, Ehrerbietung denjenigen gegenüber zu wahren, die ihm sein Geld abknöpfen wollen? Oder hat die Polizei, die ihre Nase in jeden schmutzigen Winkel der Gesellschaft steckt, gar ein Interesse daran, den Namen seines Hutmachers oder seinen eigenen zu erfahren, falls er ihn in sein Hutfutter geschrieben hat? Oder ob man etwa dem Schädel Maß nehmen will, um eine lehrreiche Statistik über die Größe der Spielerhirne aufzustellen? Über diesen Punkt hüllt sich die Verwaltung in tiefstes Schweigen. Aber eines muß der Spieler wissen: Sowie er den ersten Schritt zum grünen Tisch getan hat, gehört ihm sein Hut ebensowenig, als er sich selber gehört. Er ist dem Spiel verfallen, er, seine Habe, sein Hut, sein Stock und sein Mantel. Verläßt er schließlich den Saal, demonstriert das Spielhaus wie mit einem Zeichen beißenden Hohnes, daß es ihm wenigstens etwas läßt: den Hut. Sollte er jedoch einen neuen Hut besitzen, wird er aus seinem Schaden lernen, daß es ratsam ist, sich eine spezielle Kleidung fürs Spiel zuzulegen.

Das Erstaunen des jungen Mannes, als er für seinen Hut, dessen Ränder zum Glück schon leicht abgegriffen waren, eine numerierte Marke erhielt, zeugte deutlich genug von einer noch unverdorbenen Seele, daher sandte ihm auch der kleine Alte, den der Fieberrausch des Spielerlebens von Jugend an verzehrt zu haben schien, einen trüben teilnahmslosen Blick, aus dem ein Philosoph das Elend der Spitäler, das unstete Dasein der Gescheiterten, Protokolle unzähliger Selbstmorde, lebenslänglicher Zwangsarbeit oder Verbannungen an den Coatzacoalco hätte herauslesen können. Dieser Mann, dessen längliches weißes Gesicht nur noch von Darcets Gallertsuppen genährt schien, verkörperte das bleiche Bild der auf ihren einfachsten Ausdruck gebrachten Leidenschaft. In seinem runzeligen Gesicht hatten langjährige Qualen ihre Spuren hinterlassen; anscheinend verspielte er sein kärgliches Gehalt noch am Zahltag. Wie alte Schindmähren, die die Peitsche nicht mehr spüren, so vermochte ihn nichts mehr zu erschüttern. Das dumpfe Stöhnen der Spieler, die davongingen und alles verloren hatten, ihre stummen Flüche, ihre stumpfen Blicke machten auf ihn schon lange keinen Eindruck mehr. Er war das leibhaftig gewordene Spiel. Hätte der junge Mann diesen erbärmlichen Zerberus näher betrachtet, hätte er sich vielleicht gesagt: ›In diesem Herzen gibt es nur noch ein Kartenspiel!‹ Der Unbekannte indes achtete auf diese lebendige Warnung nicht, die zweifellos die Vorsehung vor jene Tür gestellt hatte, wie sie vor alle unheilvollen Stätten den Ekel setzt. Er trat entschlossen in den Saal, wo der Klang des Goldes auf die von Begehrlichkeit angestachelten Sinne eine magische Faszination ausübte. Wahrscheinlich wurde dieser junge Mann von dem logischsten aller bedeutsamen Sätze Jean-Jacques Rousseaus dort hingetrieben, dessen trauriger Sinn, wie ich glaube, folgendermaßen auszudrücken ist: ›Ja, ich begreife, daß ein Mann zum Spiel geht, aber nur dann, wenn er zwischen sich und dem Tode nichts als seinen letzten Taler sieht.‹

Am Abend atmen die Spielhäuser nur eine recht vulgäre Poesie, obgleich ihre Wirkung da unfehlbar ist wie die eines blutrünstigen Dramas. Die Säle sind voll von Schaulustigen und Spielern, von notleidenden Greisen, die sich hinschleppen, um sich aufzuwärmen, von erhitzten Gesichtern; Orgien, die im Wein begonnen und in der Seine enden werden. Wenn hier auch Leidenschaft im Übermaß vorhanden ist, so ist man wegen der allzu großen Anzahl der Akteure daran gehindert, den Dämon des Spiels von Angesicht zu Angesicht zu betrachten. Der Abend gleicht einem wahren Ensemblestück, wo die ganze Truppe grölt und jedes Instrument einen anderen Part spielt. Man kann da manch ehrbare Leute antreffen, die der Zerstreuung wegen kommen und dafür zahlen wie fürs Theater, für Tafelfreuden oder den Besuch in einer Dachstube, wo sie wohlfeil drei Monate schmerzhafte Reue einhandeln. Aber begreift man die wahnwitzige Leidenschaft in der Seele eines Mannes, der ungeduldig das Öffnen eines Spielkasinos erwartet? Der Spieler, der morgens kommt, unterscheidet sich von dem am Abend wie der gleichgültige Ehemann von dem Liebhaber, der unter den Fenstern seiner Angebeteten schmachtet. Nur morgens kommt die zitternde Leidenschaft und die Not in ihrem unverhüllten Grauen. Um diese Zeit kann man den wahren Spieler bewundern, einen Spieler, der nichts gegessen, nicht geschlafen, nicht gelebt, über nichts nachgedacht hat, so furchtbar ist er von der Geißel seines Spielfiebers durchglüht worden, so sehr juckt es ihm in den Fingern nach einem Trente-et-Quarante. Zu dieser verhängnisvollen Stunde begegnet man Augen, deren Ruhe schaudern macht, Gesichtern, von denen man nicht loskommt, Blicken, die die Karten förmlich durchbohren und verschlingen. Großartig sind die Spielhäuser deshalb nur, wenn die Karten gegeben sind und die Kugeln zu rollen beginnen. Wie Spanien seine Stierkämpfe, Rom einst seine Gladiatoren gehabt hat, so ist Paris stolz auf sein Palais-Royal, dessen nervenzehrende Roulettes das Vergnügen verschaffen, zuzusehen, wie das Blut in Strömen fließt, ohne daß das Publikum Gefahr läuft, darin auszugleiten. Wollen Sie einen flüchtigen Blick in diese Arena werfen? Treten Sie ein! ... Wie kahl alles ringsum ist! An diesen Wänden, die bis in Mannshöhe von einer fettigen Papiertapete bedeckt sind, kein einziges Bild, das die Seele erfreuen könnte. Nicht einmal ein Nagel ist da, der den Selbstmord erleichtern könnte. Das Parkett ist ausgetreten und schmutzig. Ein länglicher Tisch nimmt die Mitte des Raumes ein. Die gewöhnlichen Rohrstühle, die eng um das vom Gold abgewetzte Tuch herumstehen, künden von einer erstaunlichen Gleichgültigkeit gegen den Luxus bei Männern, die doch hierherkommen, sich um des Geldes und des Luxus willen zugrunde zu richten. Dieser Widerspruch im Menschen wird dort sichtbar, wo die Seele übermächtig auf sich selbst zurückwirkt. Der Liebende möchte seine Geliebte in Seide, in die schmeichelnden Gewebe des Orients hüllen und besitzt sie die meiste Zeit auf einem armseligen Lager. Der Ehrgeizige träumt sich auf dem Gipfel der Macht, während er sich im Schmutz knechtischer Unterwürfigkeit erniedrigt. Der Kaufmann vegetiert in den hinteren Räumen eines ungesunden feuchten Ladens, derweil er ein prächtiges Haus bauen läßt, aus dem sein Sohn und vorzeitiger Erbe späterhin durch eine vom Bruder angeordnete Zwangsversteigerung hinausgejagt wird. Gibt es schließlich etwas Freudloseres als ein Freudenhaus? Seltsames Problem! Wie der Mensch, immer im Widerspruch mit sich selbst, seine Hoffnungen durch die Mißhelligkeiten der Gegenwart trügt, über seine Mißhelligkeiten mit einer Zukunft hinwegtäuschen will, die ihm nicht gehört, und dadurch allen seinen Handlungen den Stempel der Inkonsequenz und der Schwäche aufdrückt! Das Unglück allein ist auf Erden vollkommen.

Als der junge Mann den Saal betrat, waren schon einige Spieler versammelt. Drei alte Kahlköpfe saßen in ungezwungener Haltung am grünen Tisch; ihre bleichen, maskenhaft starren Gesichter, teilnahmslose Diplomatenmienen, ließen erkennen, daß ihre Seelen abgestumpft waren und ihre Herzen seit langem verlernt hatten, schneller zu schlagen, selbst wenn der letzte Notpfennig der Frau auf dem Spiel stand. Ein junger schwarzhaariger Italiener mit olivfarbenem Teint saß reglos am Ende des Tisches, hatte die Ellbogen aufgestützt und schien jenen inneren Stimmen zu lauschen, die einem Spieler verhängnisvoll zuraunen: ›Ja! – Nein!‹ Der südländische Kopf atmete Gold und Feuer. Sieben oder acht Zuschauer standen im Kreise herum und harrten der Szenen, die ihnen die Fügungen des Schicksals, die Mimik der Spieler, die Bewegung des Geldes und der Rechen bereiten sollten. Diese Müßiggänger standen schweigsam, starr und gespannt da, wie das Volk auf der Place de Grève, wenn der Henker einen Kopf abschlägt. Ein großer, hagerer Mann in fadenscheinigem Rock hielt in der Hand ein Register und in der andern eine Nadel, mit der er den Wechsel von Rot und Schwarz registrierte. Das war einer von jenen, die am Rande aller Genüsse ihrer Zeit leben, ein moderner Tantalus, einer jener Geizhälse, die keinen roten Heller ihr eigen nennen und um einen imaginären Einsatz spielen; eine Art vernünftiger Narr, der einer Schimäre nachhängt, um über sein Elend hinwegzutrösten, der mit dem Laster und der Gefahr umgeht wie junge Priester mit dem Abendmahl, wenn sie weiße Messen lesen. Ein oder zwei jener geriebenen Spekulanten, die die Chancen des Spiels genau einschätzen und alten Sträflingen gleichen, welche die Galeere nicht mehr schreckt, hatten ihren Platz gegenüber der Bank gewählt, um drei Einsätze zu wagen und mit dem erhofften Gewinn, von dem sie ihr Leben bestritten, sofort zu verschwinden. Zwei alte Saaldiener schlenderten mit verschränkten Armen auf und ab und blickten von Zeit zu Zeit durch die Fenster in den Park, wie um den Vorübergehenden ihre nichtssagenden Gesichter als Aushängeschild zu zeigen. Der Croupier und der Bankhalter hatten eben jenen unbewegten Blick über die Spieler gleiten lassen, der ihnen den Atem nimmt, und grell ihr: »Faites le jeu!« gerufen, als der junge Mann die Tür öffnete. Irgendwie wurde die Stille noch tiefer, und alle Köpfe wandten sich neugierig dem Neuankömmling zu. Etwas Unerhörtes ging vor: Die stumpfen Greise, die versteinerten Angestellten, die Schaulustigen, sogar der fanatische Italiener, alle empfanden beim Anblick des Unbekannten ein Gefühl des Entsetzens. Muß man nicht sehr unglücklich sein, sehr hinfällig und unheimlich aussehen, um in diesem Saale, wo der Schmerz stumm sein muß, das Elend Fröhlichkeit heuchelt und die Verzweiflung den Anstand wahrt, Mitleid zu erregen, Teilnahme zu erwecken, einen Schauder hervorzurufen? Nun denn, in dem ungewohnten Gefühl, das jene eisigen Herzen bewegte, als der junge Mann eintrat, war von alledem etwas enthalten. Aber haben nicht auch Henker manchmal über die Jungfrauen geweint, deren blonde Köpfe auf einen Wink der Revolution fallen mußten?

Beim ersten Blick lasen die Spieler in dem Gesicht des Neulings ein schreckliches Geheimnis; die Anmut seiner jugendlichen Züge war umschattet, sein Blick zeugte von vergeblichen Anstrengungen und von tausend gescheiterten Hoffnungen. Der düstere Gleichmut des zum Tode Entschlossenen verlieh seiner Stirn eine matte, krankhafte Blässe; ein bitteres Lächeln zog leise Falten in seine Mundwinkel, und der Anblick der tiefen Hoffnungslosigkeit, die seine Züge ausdrückten, war kaum zu ertragen. Ein verborgenes Genie flackerte im tiefsten Inneren seiner umflorten Augen, die vielleicht von Vergnügungen ermattet waren. Hatte die Ausschweifung ihr schmutziges Siegel auf dieses edle, ehemals reine und leuchtende, jetzt entwürdigte Antlitz gedrückt? Die Ärzte hätten die gelben Ringe um die Augen und die Röte auf den Wangen zweifellos einer Krankheit der Lunge oder des Herzens zugeschrieben, während die Dichter Zeichen Kräfte verschleißenden geistigen Ringens, die Spuren nächtlichen Studiums beim kärglichen Schein einer Lampe darin gesehen hätten. Aber eine Leidenschaft, tödlicher als Krankheit, eine Krankheit erbarmungsloser als Studium und Genie, verheerte dieses junge Gesicht, verkrampfte diese beweglichen Muskeln, preßte dieses Herz zusammen, das Wollust, Studium und Krankheit nur leicht gestreift hatten. So wie im Bagno ein berühmter Verbrecher bei seiner Einlieferung von allen Sträflingen respektvoll empfangen wird, so grüßten diese menschlichen Dämonen, diese in allen Folterqualen Erfahrenen einen unerhörten Schmerz, eine tiefe Wunde, die ihr Blick zu ergründen suchte, und erkannten in ihm an der Majestät seiner stummen Verachtung, der eleganten Kläglichkeit seiner Kleidung einen ihrer Fürsten. Der junge Mann trug wohl einen Frack von guter Fasson, aber die Verbindung seiner Weste mit der Krawatte war zu kunstvoll hergestellt, als daß man darunter ein Hemd vermuten konnte. Seine Hände, hübsch wie die einer Frau, waren von zweifelhafter Sauberkeit; seit zwei Tagen hatte er keine Handschuhe mehr getragen. Wenn selbst den Croupier und die Saaldiener ein Schauder überflog, so weil über den feingeschnittenen Zügen, den natürlich gewellten dünnen, blonden Haaren noch ein Hauch von Unschuld lag. Dies Gesicht war noch fünfundzwanzig Jahre jung, und das Laster schien darauf nur ein Zufall zu sein. Die Lebenskraft der Jugend kämpfte darin noch an gegen die Verheerungen unterdrückter Begierden. Licht und Finsternis, Sein und Nichts stritten gegeneinander und zeugten Anmut und Grauen zugleich. Der junge Mann erschien in dieser Runde wie ein Engel ohne Strahlenschein, der vom rechten Wege abgekommen war. Und wie ein altes zahnloses Weib vom Mitleid ergriffen wird, wenn es sieht, wie sich ein schönes junges Mädchen dem Verderben preisgibt, so waren alle diese Würdenträger des Lasters und der Schande nahe daran, dem Neuling zuzurufen: »Flieh von hier!« Jener aber schritt geradewegs auf den Tisch zu, blieb stehen und warf auf gut Glück ein Goldstück, das er in der Hand hielt, auf den Tisch. Es rollte auf Schwarz; zugleich richtete er, wie starke Naturen, die die quälende Ungewißheit verabscheuen, einen ungestümen, wiewohl gefaßten Blick auf den Croupier. Das Interesse an diesem Einsatz war so groß, daß keiner der Alten setzte; aber der Italiener folgte mit der Besessenheit der Leidenschaft einem Gedanken, der ihm gerade gelächelt hatte, und setzte sein ganzes Gold gegen das Spiel des Unbekannten. Der Bankhalter vergaß seine stereotypen Wendungen zu rufen, die mit der Zeit heiser und unverständlich geworden sind: »Faites le jeu! – Le jeu est fait! – Rien ne va plus.« Er breitete die Karten aus und schien dem Zuletztgekommenen Glück zu wünschen, gleichgültig, ob den Veranstaltern dieses finstern Vergnügens Gewinn oder Verlust daraus entstünde. Jeder der Zuschauer wollte in dem Schicksal dieses Goldstücks ein Drama, die Schlußszene eines edlen Lebens sehen; ihre Augen, auf die verhängnisvollen Karten geheftet, funkelten; aber trotz der Aufmerksamkeit, mit der sie abwechselnd den jungen Mann und die Karten betrachteten, konnten sie auf seinem kalten und gefaßten Antlitz kein Zeichen der Erregung wahrnehmen.

»Rouge, pair, passe«, verkündete der Croupier im Amtston.

Eine Art dumpfen Röcheins entrang sich der Brust des Italieners, als er die gefalteten Geldscheine, die ihm der Bankhalter zuwarf, einen nach dem anderen vor sich niederfallen sah. Der junge Mann indes begriff seinen Ruin erst in dem Augenblick, als der Rechen seinen letzten Napoleon hinwegraffte. Das Elfenbein entlockte dem Goldstück, das rasch wie ein Pfeil auf den vor der Kasse angesammelten Goldhaufen zuflog, einen trockenen Ton. Der Unbekannte schloß sacht die Augen; seine Lippen wurden bleich; aber bald hob er die Lider, sein Mund gewann korallene Röte, er nahm die Miene eines Engländers an, für den das Leben keine Geheimnisse mehr birgt, und entfernte sich, ohne mit einem jener herzzerreißenden Blicke um Trost zu flehen, die verzweifelte Spieler häufig genug den Anwesenden zuwerfen. Wieviel passiert im Zeitraum einer Sekunde und wieviel hängt von einem Wurf des Würfels ab!

»Das war gewiß seine letzte Patrone«, sagte lächelnd der Croupier nach einem Augenblick des Schweigens, in welchem er dieses Goldstück zwischen Daumen und Zeigefinger hochgehalten hatte, um es den Anwesenden zu zeigen. »Der ist so überspannt, daß er sich ins Wasser stürzen wird«, sagte ein Gewohnheitsspieler mit einem Blick auf die andern, die einander alle kannten.

»Ach was!« rief der Saaldiener und nahm eine Prise Tabak.

»Hätten wir es nur gemacht wie der Monsieur dort!« sagte einer von den Greisen zu seinen Kollegen und deutete auf den Italiener.

Alle sahen auf den glücklichen Gewinner, dessen Hände beim Zählen der Banknoten zitterten.

»Ich habe eine Stimme gehört, die mir ins Ohr rief, das Spiel werde gegen die Verzweiflung dieses jungen Mannes recht behalten«, sagte er.

»Das war kein Spieler«, meinte der Bankhalter, »sonst hätte er sein Geld in drei Teile geteilt, um bessere Gewinnchancen zu haben.«

Der junge Mann wollte hinausgehen, ohne seinen Hut zu verlangen; aber der alte Wachhund hatte den armseligen Zustand dieser Kopfbedeckung bemerkt und reichte sie ihm wortlos hin. Der Spieler gab mit mechanischer Bewegung die Garderobenmarke zurück und stieg die Treppe hinunter, indem er >Di tanti palpiti< pfiff, aber so leise, daß er die reizende Melodie kaum selbst vernahm.

Er befand sich bald unter den Bogengängen des Palais-Royal, ging bis zur Rue Saint-Honore, schlug dann den Weg zu den Tuilerien ein und durchquerte unschlüssig den Park. Er lief, als wäre er mitten in einer Wüste; Menschen stießen ihn, die er nicht sah, er hörte durch das Geschrei der Menge hindurch nur eine Stimme: die des Todes. Er war in ein lähmendes Nachdenken verloren, wie es einst jene dem Schafott Bestimmten befiel, die ein Karren vom Justizpalast zur Place de Greve führte, zu jenem Richtplatz, der getränkt ist von all dem Blut, das seit 1793 dort vergossen wurde.

Etwas Großes und Entsetzliches liegt im Selbstmord. Bei den meisten Menschen ist ein Sturz so ungefährlich wie bei Kindern, die zu niedrig fallen, um sich ernstlich zu verletzen; aber wenn ein großer Mann zerschmettert, muß er aus großer Höhe gefallen sein, muß er sich bis zu den Himmeln erhoben und ein unerreichbares Paradies erschaut haben. Unerbittlich müssen die Gewalten sein, die ihn treiben, von der Mündung einer Pistole Frieden für seine Seele zu erlangen. Wieviel junge Talente verzehren sich und gehen, in einer Mansarde eingesperrt, zugrunde, weil ihnen ein Freund fehlt, eine Frau, die sie tröstet, und das inmitten von Millionen von Wesen, angesichts einer am Gold übersättigten, von Langeweile gepeinigten Menge! Wenn man dies bedenkt, erscheint der Selbstmord ungeheuerlich. Gott allein weiß, wieviel Entwürfe, unvollendete Dichtungen, wieviel Verzweiflung und erstickte Schmerzensschreie, wieviel mißlungene Versuche und verworfene Meisterwerke zwischen dem freiwilligen Tode und der keimenden Hoffnung liegen, deren Stimme den jungen Mann einst nach Paris gelockt hat. Jeder Selbstmord ist ein Poem von erhabener Melancholie. Wo fände man im Ozean der Literaturen ein die Zeiten überdauerndes Buch, das sich an Poesie mit dieser Zeitungsnotiz messen könnte: ›Gestern um vier Uhr stürzte sich eine junge Frau vom Pont-des-Arts in die Seine.‹

Vor diesem Pariser Lakonismus verblassen alle Dramen und Romane, selbst jenes alte Titelblatt: ›Die Klagen des ruhmreichen Königs von Kaërnavan, den seine Kinder in den Kerker warfen‹; der einzige Überrest eines verlorengegangenen Buches, das den harten Sterne, der doch selbst Frau und Kinder verlassen hatte, zum Weinen brachte.

Tausend ähnliche Gedanken stürmten auf den Unbekannten ein, jagten bruchstückhaft an seinem inneren Auge vorüber, zerfetzten Fahnen gleich, die mitten im Schlachtgetümmel aufflattern. Warf er einen kurzen Augenblick lang die Last seiner Gedanken und Erinnerungen ab, um vor einigen Blumen still zu stehen, deren Blüten sich auf der weiten Rasenfläche sacht im Wind wiegten, durchzuckte ihn dann das Leben, das sich noch bäumte unter dem lastenden Todesgedanken, hob er die Augen zum Himmel: doch dort rieten ihm die grauen Wolken, die trauerbeladenen Windstöße, die niederdrückende Atmosphäre zu sterben. Er nahm den Weg zum Pont Royal und sann über die letzten seltsamen Einfälle seiner Vorgänger nach. Er mußte lächeln, als ihm einfiel, daß Lord Castlereagh erst das bescheidenste menschliche Bedürfnis befriedigt hatte, bevor er sich die Kehle durchschnitt, und daß Auger, Mitglied der Akademie, seine Tabaksdose geholt hatte, um auf dem Weg zum Tode schnupfen zu können. Er durchdachte diese Absonderlichkeiten und befragte sich daraufhin selbst, wobei er sich dabei ertappte, wie er sorgsam den weißen Staub abschüttelte, mit dem ein Lastträger der Hallen, welchem er, dicht an das Brückengeländer gepreßt, ausgewichen war, seinen Rockärmel beschmutzt hatte. Als er auf dem höchsten Punkt der Brückenwölbung angelangt war, starrte er trübsinnig ins Wasser.

»Schlechtes Wetter, sich zu ertränken!« rief ihm ein altes, zerlumptes Weib lachend zu. »Die Seine ist kalt und schmutzig!«

Er antwortete mit einem knabenhaften Lächeln, das den ganzen Wahnwitz seines Entschlusses bewies; aber plötzlich schauderte er, als er in der Ferne am Hafen der Tuilerien über einer Baracke in fußhohen Lettern die Aufschrift erblickte: ›Rettungsstation‹. Monsieur Dacheux erschien ihm im Rüstzeug seiner Philanthropie, wie er jene tugendhaften Ruderstangen in Bewegung setzte, die den Ertrinkenden die Schädeldecke einschlagen, wenn sie unglückseligerweise noch einmal an die Wasseroberfläche gelangen. Er sah ihn die neugierigen Gaffer herbeilocken, einen Arzt auftreiben, Tabakrauch bereithalten; er las die Todesmeldungen der Journalisten, die sie zwischen der Ausgelassenheit eines Gelages und dem Lächeln einer Tänzerin niedergeschrieben hatten, hörte die Taler klingen, die der Polizeipräfekt den Bootsführern für seinen Kopf auszahlte. Tot war er 50 Francs wert, lebend war er nichts weiter als ein talentvoller junger Mann ohne Protektion, ohne Freunde, ohne Strohsack als Lager, ohne Bedeutung, eine wahre soziale Null, ohne Nutzen für den Staat, der sich um ihn nicht scherte. Ein Tod am hellichten Tag erschien ihm würdelos, er beschloß in der Nacht zu sterben, um dieser Gesellschaft, die die Größe seines Lebens nicht zu schätzen wußte, einen unkenntlichen Leichnam zu hinterlassen. Er setzte also seinen Weg fort und wandte sich, schlendernd wie ein Müßiggänger, der die Zeit totschlagen will, zum Quai Voltaire. Als er die Stufen, in die die Brücke ausläuft, hinabstieg, wurde seine Aufmerksamkeit an der Ecke des Quais von alten Büchern angezogen, die auf der Brüstung ausgebreitet waren; es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte einige davon erhandelt. Er mußte wieder lächeln, steckte die Hände philosophierend in die Hosentaschen und nahm wieder die unbekümmerte, von kalter Verachtung durchdrungene Haltung an, als er zu seiner Überraschung in seiner Tasche einige Geldstücke auf eine wahrhaft phantastische Art klingen hörte. Ein Hoffnungsschimmer erhellte sein Gesicht, glitt von den Lippen über Wangen und Stirn und ließ seine Augen vor Freude strahlen. Doch dieser Funke Glück glich dem Aufglimmen eines Stück Papiers, das die Flamme bereits verzehrt hat; und so wie dieser in schwarzer Asche verlischt, verdüsterte sich das Antlitz des Unbekannten wieder, als er die Hand hastig aus der Tasche zog und drei große Sous erblickte.

»Ach, lieber Monsieur, la carità! La carità! Catarina! Nur einen kleinen Sou für Brot!«

Ein kleiner Schornsteinfeger mit aufgedunsenem schwarzen Gesicht, rußigbraunem Körper und zerlumpten Kleidern, streckte die Hand aus, um ihm das letzte Geld abzubetteln.

Zwei Schritte von dem kleinen Savoyarden entfernt, stand ein armer, demütiger Alter, hinfällig, bedürftig und elend, in eine zerschlissene Tapisserie gehüllt, der ihn mit dumpfer eindringlicher Stimme bat: »Monsieur, geben Sie mir, was Sie wollen, ich werde für Sie beten...« Aber als der junge Mann den Alten angeblickt hatte, verstummte dieser und verlangte nichts mehr. Es mochte ihm aus diesem düstern Gesicht wohl eine noch härtere Not als die seine entgegenstarren.

»La carità! La carità!«

Der Unbekannte warf dem Knaben und dem armen Alten sein Geld hin, verließ den Uferweg und ging zu den Häusern hinüber, da ihm der quälende Anblick der Seine unerträglich geworden war.

»Wir werden Gott um die Erhaltung Ihrer Tage bitten«, riefen ihm die beiden Bettler nach.

An der Auslage eines Kunsthändlers sah der junge Mann, der den Lebenden schon fast nicht mehr angehörte, eine junge Frau aus einer glänzenden Equipage steigen. Hingerissen blickte er auf die reizende Erscheinung, deren zartes Gesicht sich von dem Atlas ihres eleganten Hutes harmonisch abhob. Die schlanke Gestalt, die anmutigen Bewegungen entzückten ihn. Das Kleid wurde beim Aussteigen aus dem Wagen leicht zurückgeschlagen und ließ ein wohlgeformtes Bein sehen, das ein weißer Strumpf fein umspannte. Die junge Frau betrat den Laden und ließ sich Alben, Sammlungen von Lithographien vorlegen und kaufte für mehrere Goldstücke, die auf dem Ladentisch funkelten und klangen. Der junge Mann, der an der Türschwelle scheinbar damit beschäftigt war, die Gravüren in der Auslage zu betrachten, sandte der schönen Unbekannten die glühendsten Blicke, zu denen ein Mann fähig ist, sie hingegen blickte nur einmal unbekümmert zu ihm hin, wie man zufällig irgendeinen Passanten ansieht. Für ihn war es ein Abschied von der Liebe, von den Frauen! Aber dieser letzte, inbrünstige Hilferuf glitt unverstanden ab, rührte das Herz dieser leichtfertigen Frau nicht, ließ sie nicht erröten, nicht die Augen niederschlagen. Was war es für sie? Ein Zeichen der Bewunderung mehr, ein Verlangen, das sie eingeflößt hatte und das ihr am Abend die schmeichelnden Worte eingab: ›Ich habe heute ‘gut’ ausgesehen.‹ Der junge Mann schritt rasch zu einem anderen Fenster und drehte sich nicht mehr um, als die Unbekannte ihren Wagen bestieg. Die Pferde zogen an, und diese letzte Vision des Luxus und der Schönheit schwand dahin, wie sein Leben dahinschwinden sollte. Melancholischen Schrittes ging er an den Geschäften vorbei und sah sich ohne großes Interesse die ausgelegten Waren an. Als die Läden aufhörten, betrachtete er den Louvre, das Institut, die Türme von Notre-Dame und vom Justizpalast und den Pont-des-Arts. Diese Bauwerke schienen traurig auszusehen unter dem grauen Widerschein des Himmels, durch den hie und da ein heller Strahl drang, der Paris bedrohlich wirken ließ, denn diese Stadt unterhegt wie eine hübsche Frau unerklärlichen Anwandlungen von Schönheit und Häßlichkeit. So schien sich die Natur selbst verschworen zu haben, den Todheischenden in schmerzliche Ekstase zu tauchen. Jener unheilvollen Macht ausgeliefert, deren zersetzende Wirkung mit dem Strom unserer Nerven den ganzen Organismus durchdringt, war es ihm, als ob sein Körper sich allmählich einem Schwebezustand näherte. Unter dem Ansturm dieser Todespein schwankte er gleich einer aufgepeitschten Welle und nahm Gebäude und Menschen wie durch einen Nebel wahr, in dem alles wogte und verschwamm. Er wollte sich dem Druck entziehen, den diese Auflehnung seiner physischen Natur auf seine Seele ausübte, und ging auf einen Antiquitätenladen zu, wo er seine Sinne abzulenken oder beim Handeln um Kunstgegenstände die Nacht zu erwarten beabsichtigte. Er tat dies sozusagen, um sich Mut zu machen und eine Herzstärkung zu sich zu nehmen, wie die Verbrecher, die auf ihrem Gang zum Schafott ihrer Kraft nicht trauen. Doch das Bewußtsein seines nahen Todes lieh dem jungen Mann für einen Augenblick die Sicherheit einer Herzogin, die zwei Liebhaber hat, und so trat er unbefangen, mit dem starren Lächeln eines Trunkenen, in den Laden des Antiquitätenhändlers. War er denn nicht trunken vom Leben oder vielmehr vom Tode? Bald befiel ihn wieder der Schwindel, und die Gegenstände erschienen ihm in seltsamen Farben oder verschoben sich leicht, als wären sie belebt, was höchstwahrscheinlich dem unregelmäßigen Kreisen seines Blutes zuzuschreiben war, das bald kaskadengleich brauste, bald matt und träg wie laues Wasser dahinfloß. Er erklärte einfach, die Lagerräume besichtigen zu wollen, um dort etwaige Kuriositäten ausfindig zu machen, die ihm zusagten. Ein frischer, pausbäckiger Bursche mit rotem Haarschopf, auf dem eine Ottermütze saß, übertrug die Aufsicht des Ladens einer alten Bäuerin, einer Art weiblichen Calibans, die gerade einen Ofen säuberte, ein Wunderwerk des genialen Bernard Palißy; dann sagte er mit sorgloser Miene zu dem Fremden: »Schauen Sie sich nur um, Monsieur! Hier unten sind nur ganz gewöhnliche Sachen. Wenn Sie sich aber die Mühe machen wollen, mit in die erste Etage hinaufzusteigen, kann ich Ihnen sehr schöne Mumien aus Kairo zeigen, mehrere inkrustierte Töpferarbeiten und ein paar Ebenholzschnitzereien, >echte Renaissance‹ kürzlich erst eingetroffen und einfach wundervoll.«

In seiner entsetzlichen Lage empfand der Unbekannte dieses Ciceronengeschwätz, diese dummen Kaufmannsphrasen wie die albernen Scherze, mit denen beschränkte Geister einen Mann von Genie peinigen. Aber er trug sein Kreuz bis zum bitteren Ende, hörte seinem Führer mit halbem Ohre zu und antwortete mit Gesten und vereinzelten Worten. Doch nach und nach wußte er sich das Recht zu erobern, in Schweigen zu verharren, und konnte sich bedenkenlos seinen letzten grauenvollen Betrachtungen überlassen. Er war Poet, und unvermutet fand seine Seele hier Nahrung in Hülle und Fülle vor: er sollte die Gebeine aus zwanzig Welten im voraus zu sehen bekommen.

Auf den ersten Blick boten ihm die Lagerräume ein wirres Bild, auf dem sich Weltliches und Heiliges durcheinanderhäufte. Ausgestopfte Krokodile, Affen, Riesenschlangen grinsten Kirchenfenster an, es schien, als wollten sie ihre Zähne in Büsten schlagen, nach Lackarbeiten haschen oder an Kronleuchtern emporklettern. Eine Sèvresvase mit dem Bild Napoleons von Madame Jaquotot stand neben einer dem Sesostris geweihten Sphinx. Die Anfänge der Welt und die Begebenheiten von gestern fanden sich auf eine grotesk friedliche Art miteinander verbunden. Ein Bratenwender lag auf einer Monstranz, ein republikanischer Säbel auf einer mittelalterlichen Hakenbüchse. Madame Dubarry, von Latour in Pastell gemalt, nackt, in einer Wolke mit einem Stern auf dem Kopf, schien lüstern einen türkischen Tschibuk zu betrachten, als wollte sie den Zweck der sich ihr entgegenschlängelnden Spiralen ergründen. Werkzeuge des Todes, Dolche, seltsame Pistolen, Geheimwaffen, Rüstungen, lagen in buntem Durcheinander neben den Gerätschaften des Lebens: Porzellanschüsseln, Meißener Tellern, hauchdünnen chinesischen Tassen, antiken Salznäpfen, Konfektschalen aus adligem Familienbesitz. Ein Schiff aus Elfenbein wogte mit geschwellten Segeln auf dem Rücken einer reglosen Schildkröte. Eine Luftpumpe stieß dem Kaiser Augustus, der es erhaben kaltblütig hinzunehmen schien, ein Auge aus. Gefühllos wie zu ihren Lebzeiten schauten französische Schöffen und holländische Bürgermeister bleich und kalt von ihren Porträts auf dieses Chaos von antikem Kleinkram hernieder. Alle Länder der Erde schienen Überbleibsel ihrer Wissenschaften, eine Probe ihrer Kunst hierhergesandt zu haben. Es war eine Art philosophischen Kehrichthaufens, auf dem nichts fehlte, von der Friedenspfeife des Wilden bis zum grün-goldenen Pantoffel aus dem Serail, vom Krummschwert des Mauren bis zum Götzenbild der Tataren. Ja sogar der Tabaksbeutel des Soldaten, der Kelch des Priesters und die Federn von einem Thron waren da zu finden. Überdies wurde diese monströse Szenerie von tausendfach wechselnden bizarren Lichtreflexen beherrscht, die dem Wirrwarr der Farbtöne und dem schroffen Kontrast von Hell und Dunkel entsprangen. Das Ohr vermeinte, erstickte Schreie zu vernehmen, der Geist, unvollendete Dramen zu erfassen, das Auge, einen verborgenen Lichtschein zu erspähen. Hartnäckiger Staub hatte seinen leichten Schleier über alle Gegenstände gebreitet, deren zahlreiche Kanten und Rundungen die malerischsten Wirkungen hervorriefen.

Der Fremde verglich diese drei mit den Produkten der Zivilisation, den Zeugnissen der verschiedensten Kulte, mit Gottheiten, Meisterwerken, königlichen Insignien, mit Ausschweifung, Vernunft und Tollheit vollgepfropften Räume zunächst einem Spiegel aus zahlreichen Facetten, deren jede eine Welt zeigt. Nach dem ersten verworrenen Eindruck wollte er einzelne Gegenstände auswählen und genießerisch betrachten; doch nach dem vielen Sehen, Denken und Träumen befiel ihn ein heftiges Fieber, das wohl von dem in seinen Eingeweiden nagenden Hunger herrühren mochte. Der Anblick so vieler Pfänder, die von versunkenen Nationen und dahingegangenen Leben der Menschen zeugten, betäubte vollends die Sinne des jungen Mannes; der Wunsch, der ihn in den Laden getrieben hatte, war erhört worden: er verließ die Wirklichkeit, stieg allmählich zu einer Traumwelt empor, gelangte in den Zauberpalast der Ekstase, wo ihm das Universum bruchstückhaft und in Feuer getaucht erschien, so wie einst vor den Augen des heiligen Johannes auf Patmos die Zukunft flammend vorüberzog.

Unzählige Gestalten, schmerzbewegte, liebliche und schreckliche, finstere und leuchtende, ferne und nahe, erhoben sich in Scharen, in Myriaden, in Generationen. Vor einer von schwarzen Bändern umwickelten Mumie wuchs starr und geheimnisumwoben Ägypten aus dem Sand; dann die Pharaonen, die um ihrer Grabmäler willen ganze Völker in den Tod trieben; dann Moses, die Hebräer und die Wüste, eine feierliche, uralte Welt. Eine Marmorstatue, auf einem Säulentorso sitzend, frisch, anmutig und von strahlender Weiße, ließ die wollüstigen Mythen Griechenlands und Ioniens vor ihm erstehen. Und wen hätte es nicht gleich ihm entzückt, auf dem feinen roten Ton einer etruskischen Vase ein junges braunhäutiges Mädchen vor dem Gott Priapus tanzen zu sehen, den es mit heiterer Miene grüßte? Gegenüber liebkoste zärtlich eine römische Königin ihre Chimära. Dort lebten all die Launen des kaiserlichen Roms wieder auf, das Bad, das Lager, die Toilette einer träumerisch trägen Julia, die ihren Tibull erwartet. Mit der Macht arabischer Talismane weckte der Kopf Ciceros die Erinnerung an das freie Rom in ihm und ließ die Seiten des Titus Livius vor ihm abrollen. Der junge Mann las ›Senatus Populusque romanus‹; wie nebelhafte Traumgestalten zogen der Konsul, die Liktoren, die purpurgesäumten Togen, die Kämpfe des Forums, das erzürnte Volk langsam an ihm vorbei. Schließlich übertönte das christliche Rom diese Bilder. Ein Gemälde öffnete die himmlischen Gefilde, er erblickte die Jungfrau Maria inmitten von Engeln auf einer goldenen Wolke, den Glanz der Sonne überstrahlend, wie sie, die wiedererstandene Eva, gütig lächelnd die Klagen der Unglücklichen anhört. Wie er ein Mosaikbild berührte, das aus der verschiedenfarbigen Lava des Vesuv und des Ätna zusammengesetzt war, flog seine Seele in das warme, heißblütige Italien. Er wohnte den Orgien der Borgia bei, durchstreifte die Abruzzen, warb um die Liebe italienischer Frauen, entbrannte in Leidenschaft für ihr weißes Antlitz mit den schwarzen Mandelaugen. Er schauderte, nächtliche Erfüllung wurde von der kalten Klinge des Ehemanns jäh unterbrochen, als er einen mittelalterlichen Dolch gewahrte, dessen Griff fein ziseliert war und auf dem Rostflecke an Blut gemahnten. Indien und seine Religionen wurden lebendig in einem chinesischen Götzen, angetan mit Gold und Seide, einem spitzen Hut, mit geschwungenen Rauten, rundum mit Glöckchen behängt. Daneben strömte eine Binsenmatte, hübsch wie die Bajadere, die sich einstmals darauf zusammengerollt haben mochte, noch den herben Duft des Sandel aus. Ein chinesisches Ungeheuer mit verdrehten Augen, verzerrtem Mund, verrenkten Gliedern bot der Seele neuen Reiz in der Findigkeit eines Volkes, das, des einförmig Schönen überdrüssig, unerschöpfliche Freuden in der Fruchtbarkeit des Häßlichen findet. Ein Salznapf aus den Werkstätten des Benvenuto Cellini versetzte ihn mitten in die Renaissance, in die Zeit, da Kunst und Handwerk blühten, da Fürsten sich an Folterungen ergötzten und Konzile in den Armen von Kurtisanen liegend den einfachen Priestern Keuschheit vorschrieben. Auf einer Kamee sah er die Siege Alexanders; die Massaker Pizarros auf einer Luntenschloßmuskete; auf einem Helm die wilden, hitzigen, grausamen Religionskriege. Dann tauchten aus einer prächtig damaszierten, blankgeputzten mailändischen Rüstung, unter deren Visier noch die Augen eines Paladins zu funkeln schienen, die heitern Bilder der Ritterzeit empor.

Dieses Meer von Hausrat, Erfindungen, Moden, Kunstwerken und Bruchstücken bildete für ihn ein endloses Poem. Formen, Farben, Gedanken, alles lebte wieder auf, doch kein Ganzes bot sich der Seele dar. Der Dichter mußte die Skizzen des großen Malers ergänzen, auf dessen ungeheurer Palette die zahllosen Erzeugnisse menschlichen Lebens in verschwenderischer Fülle achtlos zusammengeworfen waren. Nachdem der junge Mann die Welt geschaut, Länder, Zeitalter, Herrscherepochen an sich hatte vorüberziehen lassen, wandte er sich einzelnen Schicksalen zu. Er versetzte sich in neue Gestalten, wobei er sich an Einzelheiten orientierte und das Leben der Völker, als zu niederdrückend für einen einzelnen Menschen, beiseite ließ.

Dort schlief ein Kind aus Wachs, aus dem Kabinett von Ruysch gerettet, und dieses liebliche Geschöpf rief die Freuden seiner eigenen Kindheit in ihm wach. Bei dem zauberhaften Anblick des Bastschurzes eines jungen Mädchens aus Tahiti malte seine glühende Phantasie ihm das einfache Leben in der Natur aus, die keusche Nacktheit echter Scham, die Wonnen des dem Menschen eigenen Müßigganges, ein ganzes Leben der Ruhe am Rande eines klaren verträumten Baches, unter einem Bananenbaum, der auch ohne Pflege sein wohlschmeckendes Manna spendet. Doch dann plötzlich wurde er Korsar und hüllte sich in die schreckliche Poesie des Lara, die ihm aus dem perlmuttfarbenen Glanz tausenderlei Muscheln und Sternkorallen entgegenströmte, die ihm den Duft von Tang, Algen und atlantischen Stürmen zutrugen. Doch gleich vergaß er die tosenden Fluten, da ein kostbares handgeschriebenes Meßbuch mit zarten Miniaturen, azurnen und goldenen Arabesken seine Bewunderung erregte. Von friedlichen Gedanken sanft gewiegt, gab er sich aufs neue dem Studium und den Wissenschaften hin, wünschte sich das fette Leben der Mönche, frei von Leid und frei von Lust, legte sich in einer Zelle schlafen und blickte von seinem Spitzbogenfenster aus über die Wiesen, Wälder und Weinberge seines Klosters hin. Vor einigen Teniers zog er den Soldatenrock an oder teilte das harte Leben des Handwerksmannes; wünschte die schmierige, rauchgeschwärzte Mütze der Flamen aufzusetzen, spielte Karten mit ihnen, soff Bier und schäkerte mit einer drallen Bäuerin. Er zitterte vor Kälte beim Anblick eines Schneefalls von Mieris und kämpfte in einer Schlacht von Salvator Rosa. Er strich mit der Hand über einen Tomahawk aus Illinois und fühlte das Skalpiermesser eines Cherokee auf seinem Schädel. Eine Rubebe, die ihn entzückte, legte er in die Hand eines Burgfräuleins, lauschte der melodischen Romanze und abends am gotischen Kamin, im Halbdunkel, das ihm ihre gewährenden Blicke entzog, gestand er ihr seine Liebe. In vollen Zügen leerte er den Kelch der Freuden und der Schmerzen, versuchte sich in allen Daseinsformen und verausgabte sein Leben und seine Gefühle so verschwenderisch in den Trugbildern dieser plastischen und doch öden Welt, daß er den Hall seiner Schritte in sich wahrnahm wie den fernen Klang aus einer anderen Welt, wie das Brausen von Paris auf den Türmen von Notre-Dame.

Als er die Treppe zu den Räumen im ersten Stockwerk hinaufstieg, sah er Votivschilde, Rüstungen, geschnitzte Tabernakel, Holzfiguren, die auf den Stufen standen oder an die Wände gehängt waren. Verfolgt von den seltsamsten Formen, umgaukelt von wunderbaren Schöpfungen aus dem Grenzbereich von Tod und Leben, schritt er im Zauberbann eines Traums dahin. Zuletzt schien ihm seine eigene Existenz fraglich; er war wie diese Kuriositäten weder ganz tot noch ganz lebendig. Als er die neuen Lager betrat, fing es an zu dunkeln; doch Licht schien für die dort angehäuften gold- und silberfunkelnden Schätze überflüssig. Die kostspieligsten Liebhaberstücke von Verschwendern, die in Dachstuben geendet hatten, nachdem Millionen durch ihre Finger geglitten waren, befanden sich in diesem ungeheuren Bazar menschlicher Torheiten. Ein Schreibzeug, einst mit 100 000 Francs bezahlt und für 100 Sous aufgekauft, lag neben einem Geheimschloß, dessen Preis dazumal genügt hätte, einen König loszukaufen. Hier zeigte sich der menschliche Geist im ganzen Gepränge seiner Jämmerlichkeit, im vollen Glanz seiner gigantischen Beschränktheit. Ein Tisch aus Ebenholz, ein vollendetes Kunstwerk, nach Zeichnungen von Jean Goujon geschnitzt, das jahrelange Arbeit gekostet hatte, war vielleicht zum Brennholzpreis gekauft worden. Kostbare Kästchen, Geräte, die von Feenhänden gefertigt schienen, waren gleichgültig übereinandergehäuft.

»Sie haben hier Millionen!« rief der junge Mann, als er im letzten Raum einer ungeheuren Zimmerflucht angelangt war, die von Künstlern des vorigen Jahrhunderts vergoldet und mit reicher Schnitzarbeit versehen waren.

»Sagen Sie lieber Milliarden«, erwiderte der pausbäckige junge Mann. »Aber dies hier ist noch gar nichts; kommen Sie erst in das dritte Stockwerk, dann werden Sie sehen.«

Der Unbekannte folgte seinem Führer und gelangte in eine vierte Galerie, wo an seinen ermüdeten Augen in gedrängter Folge Gemälde von Poussin vorüberzogen, eine herrliche Statue von Michelangelo, einige entzückende Landschaften von Claude Lorrain, ein Gérard Dou, der wie eine Szene von Sterne anmutete, Rembrandts, Murillos, Velasquez’, düster und farbenreich wie ein Poem von Lord Byron, überdies antike Basreliefs, Achatkelche, seltene Onyxe! ... Kurzum, es waren Arbeiten, die einem die Arbeit verleiden konnten, Kunstwerke in solcher Unzahl, daß sie einem Widerwillen gegen die Kunst einflößen und die Begeisterung töten mußten. Er stand vor einer Madonna von Raffael, aber er war Raffaels überdrüssig. Selbst für eine Figur von Correggio hatte er nicht einmal mehr den Blick, den sie erheischte. Eine antike Porphyrvase von unschätzbarem Wert, deren rundumlaufendes Relief die grotesk-unzüchtigste aller römischen Priapeen darstellte und einstmals irgendeine Corinna höchlichst ergötzte, entlockte ihm kaum ein Lächeln. Er erstickte unter den Trümmern fünfzig entschwundener Jahrhunderte, er war krank von all diesem menschlichen Gedankengut, erschlagen von Pracht und Kunstwerken, erdrückt von diesen ständig neu erwachsenden Formen, die, wie die Ausgeburten eines boshaften Geistes, unablässig aus dem Boden schossen und ihn in einen schier endlosen Kampf verstrickten.

Braut die Seele, die in ihrer Veränderlichkeit der modernen Chemie gleicht, welche die Schöpfung von einem Gas ableitet, durch die rasche Konzentration ihrer Genüsse, ihrer Kräfte oder ihrer Ideen nicht schreckliche Gifte? Sterben viele Menschen nicht an einer moralischen Säure, die sich plötzlich über ihr Inneres ergießt?

»Was ist denn in diesem Kasten?« fragte er, als er in ein großes Kabinett trat, eine letzte Schatzkammer, die Herrlichkeit, Meisterwerke aus Menschenhand, Kuriositäten und Reichtümer, in Fülle enthielt, und deutete auf einen großen viereckigen Mahagonischrein, der mit einer silbernen Kette an einem Nagel hing.

»Oh, Monsieur allein hat den Schlüssel dazu«, sagte der dicke Bursche geheimnisvoll. »Wenn Sie das Porträt zu sehen wünschen, werde ich es wagen, Monsieur davon in Kenntnis zu setzen.«

»Es wagen!« sagte der junge Mann. »Ist Ihr Herr ein Fürst?«

»Schon möglich«, antwortete der Bursche.

Sie sahen sich einen Augenblick an, der eine so erstaunt wie der andere. Der Lehrling deutete das Schweigen des Unbekannten als unausgesprochenen Wunsch und ließ ihn in dem Kabinett allein.

Hast du dich jemals bei der Lektüre der geologischen Werke von Cuvier in die Unendlichkeit von Raum und Zeit geschwungen? Hast du, getragen von seinem Genie, wie von der Hand eines Zauberers, über dem grenzenlosen Abgrund der Vergangenheit geschwebt? Wenn wir die Erde Scholle für Scholle und Schicht für Schicht abtragen und unter den Steinbrüchen des Montmartre oder in den Schiefergebirgen des Ural die fossilen Reste von Tieren entdecken, die vorsintflutlichen Zivilisationen angehören, wie muß die Seele da erschrecken, wenn sie sich vorstellt, daß Milliarden Jahre vergangen sind, Millionen Völker gelebt haben, die von dem schwachen menschlichen Gedächtnis und der starren religiösen Tradition vergessen worden sind und deren Asche die Oberfläche unseres Erdballs bildet, die zwei Fuß Boden, woraus uns Brot und Blumen wachsen? Ist nicht Cuvier der größte Dichter unseres Jahrhunderts? Lord Byron hat wohl ein paar seelische Erschütterungen vortrefflich in Worte gebannt; aber unser unsterblicher Forscher hat aus gebleichten Knochen Welten wiedererstehen lassen, hat, wie Kadmos, mit Zähnen Städte neu erbaut, hat mit einigen Brocken Kohle tausend Wälder mit allen Geheimnissen der Tierwelt wieder lebendig werden lassen, hat am Fuß eines Mammuts erkannt, daß Völker von Riesen gelebt haben. Diese Gestalten ragen auf, wachsen und füllen Regionen, die ihrer kolossalen Größe entsprechen. Er ist Dichter mit Zahlen, er ist erhaben, wenn er eine Null neben eine Sieben setzt. Er erweckt das Nichts, ohne magische Worte zu drechseln. Er untersucht ein Stück Kalk, bemerkt einen Abdruck und ruft: >Seht her!< Alsbald wandelt sich der Stein zum Tier, der Tod zum Leben, die Welt entrollt sich. Nach unzähligen Geschlechtern gigantischer Kreaturen, nach Reihen von Fisch- und Molluskenarten kommt endlich die Gattung Mensch, degenerierter Nachkömmling eines grandiosen Typus, der vielleicht vom Schöpfer zertrümmert worden ist. Von dem rückwärtsschauenden Blick des Forschers angefeuert, können diese kümmerlichen, gestern geborenen Menschen das Chaos überschreiten, einen endlosen Hymnus anstimmen und sich die Ursprünge des Weltalls in einer Art rückläufiger Apokalypse vergegenwärtigen. Angesichts dieser ungeheuren Auferstehung, von der Stimme eines einzigen Menschen beschworen, muß uns das Quentchen, das uns in dem namenlosen, allen Sphären gemeinsamen Unendlichen, das wir ›die Zeit‹ benannt haben, zur Nutzung gewährt ist, muß diese Minute Leben uns zum Erbarmen gering erscheinen. Von so vielen verfallenen Welten niedergedrückt, fragen wir uns, wozu unser Ruhm, unser Haß, unsere Liebe nütze sind; ob wir die Mühe, zu leben, auf uns nehmen müssen, um ein nicht faßbarer Punkt in der Zukunft zu werden? Losgelöst von der Gegenwart, sind wir tot bis zu dem Augenblick, da unser Kammerdiener eintritt und meldet: ›Madame la Comtesse läßt ausrichten, daß sie Monsieur erwartet.‹

Die Wunder, die dem jungen Mann die ganze bekannte Schöpfung vor Augen geführt hatten, versetzten ihn in die tiefe Niedergeschlagenheit, die den Philosophen bei der wissenschaftlichen Sichtung unbekannter Schöpfungen befällt. Lebhafter denn je wünschte er zu sterben. Er sank auf einen kurulischen Stuhl und ließ seine Blicke über das Blendwerk dieses Panoramas der Vergangenheit schweifen. Die Gemälde leuchteten auf, die Köpfe der Madonnen lächelten ihn an, und die Statuen färbten sich mit einem trügerischen Schein des Lebens. Im Schutz des Dunkels, vom gärenden Fieber seines gepeinigten Hirns in Tanz gesetzt, regte sich alles und umwirbelte ihn; jeder Porzellanaffe schnitt ihm eine Grimasse, die Gestalten auf den Bildern schlossen die Lider, um die Augen auszuruhen. Jedes dieser Geschöpfe taumelte, hüpfte, löste sich von seinem Platz, schwerfällig oder leichtfüßig, anmutig oder ungestüm, je nach seinen Sitten, seinem Charakter oder seinem Umfeld. Es war ein geheimnisvoller Sabbat, würdig der phantastischen Erscheinungen, die Doktor Faust auf dem Brocken sah. Aber diese optischen Täuschungen, die von Erschöpfung, Überanstrengung der Sehnerven und dem verwirrenden Dämmerlicht herrührten, konnten dem Unbekannten keine Angst einjagen. Die Schrecken des Lebens vermochten nichts über eine mit den Schrecken des Todes vertraute Seele. Mit einer gewissen spöttischen Komplizenschaft unterstützte er sogar die Trugbilder dieses von seinem Geist eingehauchten Lebens, dessen Seltsamkeiten sich zu den letzten Gedanken gesellten, die ihm noch das Gefühl des Daseins gewährten. Es herrschte so vollkommene Stille um ihn, daß er sich einer sanften Träumerei überließ, deren Stimmungen sich wie durch Zauber Ton für Ton in dem Grade verfinsterten, wie das Licht entschwand. Bevor der Tag sank, ließ er im Widerstreit mit der Nacht ein letztes Mal den Himmel rot erglühen; der junge Mann blickte auf und sah ein kaum wahrnehmbares Skelett, das zweifelnd mit dem Schädel wackelte, als wollte es sagen: ›DieToten wollen noch nichts von dir wissen!‹ Als er, um den Schlaf zu vertreiben, mit der Hand über die Stirn fuhr, spürte er deutlich einen frischen Luftzug von irgend etwas Haarigem, das über seine Wangen streifte, und er schauderte. Da die Fensterscheiben dumpf aufklangen, dachte er, daß diese kalte Liebkosung, die ihn wie aus dem Grabe angeweht hatte, von einer Fledermaus rühre. Noch einen Augenblick lang konnte er im ungewissen Schein der untergehenden Sonne die Phantome, von denen er umgeben war, undeutlich wahrnehmen; dann versank diese ganze tote Natur in einförmiges Dunkel. Die Nacht, die Zeit zu sterben war plötzlich gekommen. Es verging von da an noch ein gewisser Zeitraum, währenddessen er keine klare Vorstellung mehr von den irdischen Dingen hatte, sei es, daß er in tiefe Träumerei versunken war oder daß der Schlaf ihn nach seiner Erschöpfung, nach so vielen herzzerreißenden Gedanken übermannt hatte. Plötzlich glaubte er, von einer schrecklichen Stimme gerufen worden zu sein; er fuhr zusammen, wie wenn wir, von einem Alptraum gequält, mit einem Mal in bodenlose Tiefen stürzen. Er schloß die Augen, ein grelles Licht blendete ihn; in der Finsternis sah er einen rötlichen Kreis, in dessen Mitte sich ein kleiner alter Mann befand, der das Licht einer Lampe auf ihn gerichtet hielt. Er hatte ihn weder kommen noch sprechen, noch sich bewegen hören. Seine Erscheinung hatte etwas von Zauberei. Auch der Unerschrockenste hätte, derart aus seinem Schlaf gerissen, vor diesem Menschen gezittert, der aus einem der nebenstehenden Sarkophage geschlüpft zu sein schien. Die eigentümliche Jugendlichkeit, die aus den starren Augen dieses gespenstischen Greises blitzte, hinderte den Unbekannten, an übernatürliche Wirkungen zu glauben; gleichwohl verharrte er während der flüchtigen Spanne, die seinen somnambulen Zustand von seiner wachen Existenz trennte, in dem von Descartes empfohlenen philosophischen Zweifel, und geriet so wider Willen in den Bann der unerklärlichen Halluzinationen, deren geheimnisvolles Dasein unser Stolz ableugnet oder die unser ohnmächtiges Wissen vergeblich zu erklären sucht.

Man stelle sich einen kleinen, hageren, dürren Alten vor, mit einem schwarzen Samtrock bekleidet, der um seine Hüften mit einer dicken Seidenschnur zusammengehalten wurde. Ein gleichfalls schwarzes Samtkäppchen rahmte streng seine Stirn und ließ zu beiden Seiten des Gesichts lange weiße Haarsträhnen herabfließen. Das Gewand umhüllte den Körper wie ein großes Leichentuch und ließ von der menschlichen Gestalt nichts sehen als das schmale blasse Antlitz. Ohne den fleischlosen Arm, der einem mit Stoff bekleideten Stock ähnelte und den der Greis emporhielt, um den vollen Strahl seiner Lampe auf den jungen Mann zu richten, hätte man meinen können, das Gesicht hinge in der Luft. Ein grauer Spitzbart verbarg das Kinn jenes eigenartigen Wesens und ließ es jenen jüdischen Köpfen gleichen, die den Künstlern als Modell für die Darstellung des Moses dienen. Die Lippen waren so farblos, so schmal, daß man genau hinsehen mußte, um in dem gleichen Gesicht die Linie des Mundes zu entdecken. Die hohe, gefurchte Stirn, die hohlen, fahlen Wangen, die unerbittliche Strenge seiner kleinen grünen Augen ohne Wimpern und Augenbrauen konnten den Unbekannten glauben machen, daß der ›Goldwäger‹ von Gérard Dou aus seinem Rahmen gestiegen sei. Der Scharfsinn eines Inquisitors prägte sich in den Krümmungen seiner Runzeln, den kreisförmigen Falten seiner Schläfen aus und ließ auf ein tiefes Wissen um die Dinge des Lebens schließen. Es war unmöglich, diesen Menschen zu betrügen, der die Gabe zu besitzen schien, die verborgensten Gedanken in den Herzen der Menschen zu lesen. Auf seinem kalten Gesicht waren die Sitten aller Nationen des Erdballs und ihre Weisheit vereinigt, so wie in seinem staubigen Laden die Produkte der ganzen Welt angehäuft waren. Man konnte darin die klare Ruhe eines Gottes lesen, der alles sieht, oder die stolze Kraft eines Menschen, der alles gesehen hat. Ein Maler hätte mit zwei Pinselstrichen zwei grundverschiedene Ausdrücke treffen und aus diesem Antlitz ein schönes Bild des Ewigen Vaters oder die grinsende Maske des Mephistopheles schaffen können, denn eng beieinander fanden sich erhabene Hoheit auf der Stirn und schneidender Hohn um den Mund. Dieser Mann mußte, indem er mit einer gewaltigen Kraft alles menschliche Leiden unterdrückte, auch alle irdischen Freuden getötet haben. Der zum Sterben Entschlossene schauderte, da er ahnte, daß dieser bejahrte Greis in einer der Welt fremden Sphäre daheim war, wo er allein lebte, ohne Freuden, weil er keine Illusionen mehr hatte, ohne Kummer, weil er keine Freude mehr kannte. Der Alte stand unbeweglich, unerschütterlich wie ein Stern in einer lichten Wolke. Seine grünen Augen voll einer sonderbaren sanften Bosheit schienen die geistige Welt zu erhellen wie seine Lampe dieses geheimnisvolle Kabinett.

Dies war das eigenartige Schauspiel, das den jungen Mann überraschte, als er die Augen aufschlug, nachdem er von phantastischen Bildern und Todesgedanken eingeschläfert worden war. Wenn er wie betäubt verharrte, wenn er sich einen Augenblick lang von einem Glauben beherrschen ließ wie Kinder von Ammenmärchen, so muß man dies der durch seine Meditationen hervorgerufenen Umnebelung seiner Sinne und seines ansonsten klaren Urteilsvermögens, der Überreiztheit seiner Nerven und der Heftigkeit der inneren Vorgänge zuschreiben, die ihn wie in einem Opiumrausch in gräßliche Wonnen getaucht hatten. Diese Vision fand statt in Paris, auf dem Quai Voltaire, im 19. Jahrhundert, zu einer Zeit und an einem Ort, wo Hexerei unmöglich war. Als Nachbar des Hauses, wo der Gott des französischen Unglaubens sein Leben ausgehaucht hatte, als Schüler von Gay-Lussac und Arago, als Verächter der Taschenspielerkünste, deren sich die Mächtigen bedienen, erlag der Unbekannte wohl nur jenen poetischen Faszinationen, denen wir uns oft hingeben, wie um einer trostlosen Wirklichkeit zu entfliehen oder um Gott zu versuchen. So war es das unerklärliche Ahnen einer fremdartigen Macht, das ihn vor diesem Licht und diesem Greis erzittern ließ; aber dieses Gefühl glich jenem, das wir alle vor Napoleon oder in Gegenwart eines großen, geistvollen und berühmten Mannes empfunden haben.

»Sie wünschen das Bild Jesu von Raffael zu sehen, Monsieur?« fragte der Greis ihn höflich mit einer Stimme, deren heller, knapper Klang etwas Metallisches hatte.

Und er stellte die Lampe auf den Schaft einer abgebrochenen Säule, so daß der braune Kasten im hellen Licht stand.

Bei den heiligen Namen Jesus Christus und Raffael entfuhr dem jungen Manne eine Bewegung der Neugierde, die der Kaufmann, der eine Feder in Gang setzte, erwartet zu haben schien. Sofort glitt die Mahagoniplatte in einer Nut lautlos abwärts und bot die Leinwand der Bewunderung des Unbekannten dar. Beim Anblick dieses unsterblichen Werkes vergaß er die Phantasiegebilde im Laden und die Ausgeburten seines Schlummers, wurde wieder Mensch, erkannte in dem Alten ein Geschöpf aus Fleisch und Blut, das recht lebendig und keineswegs ein Trugbild war, und lebte wieder in der wirklichen Welt. Die liebevolle Sorge, die milde Heiterkeit des göttlichen Angesichts teilten sich ihm mit. Ein dem Himmel entströmter Hauch löste die Höllenqualen, die ihm das Mark verzehrten. Der Kopf des Erlösers tauchte aus der Finsternis, die der schwarze Hintergrund vorstellte; ein Strahlenkranz umgab sein Haar, aus dem dieses Leuchten hervorzubrechen schien; von der Stirn, von den Wangen, aus allen Zügen strömte eine beredte eindringliche Überzeugung. Die tief roten Lippen hatten das Wort des Lebens verkündet, und der Betrachter lauschte auf dessen heiligen Widerhall in den Lüften, befragte die Stille nach seinen wundervollen Gleichnissen, hörte es in der Zukunft, fand es in den Lehren der Vergangenheit wieder. In der ruhigen Klarheit dieser anbetungswürdigen Augen, zu denen bekümmerte Herzen sich flüchteten, lag das ganze Evangelium. Aus seinem holden erhabenen Lächeln schließlich, das das Grundgebot: ›Liebet einander!‹ auszudrücken schien, konnte man die ganze katholische Religion herauslesen. Dieses Gemälde stimmte zur Andacht, rief zur Versöhnung auf, tötete die Selbstsucht, weckte alle schlummernden Tugenden. Gleich der Zauberkraft der Musik beschwor Raffaels Schöpfung köstliche Erinnerungen, und der Sieg des Bildes war so vollkommen, daß man den Maler vergaß. Das trügerische Licht vervollständigte das Wunder: für Augenblicke schien es, als ob der Kopf weit entfernt in einer Wolke sich bewegte.

»Ich habe für dieses Bild ein Vermögen hingegeben«, sagte der Händler kühl.

»Nun denn, jetzt heißt es sterben!« rief der junge Mann, der aus seiner Versunkenheit auffuhr; sein letzter Gedanke hatte ihn über eine Kette ihm kaum bewußter Überlegungen von einer letzten Hoffnung, an die er sich geklammert hatte, zu seinem unseligen Geschick zurückgeführt.

»Aha! Also hatte ich doch recht, dir zu mißtrauen!« stieß der Alte hervor, packte die Hände des jungen Mannes und preßte sie mit einer Hand an den Handgelenken zusammen wie mit einem Schraubstock.

Der Unbekannte lächelte traurig über dieses Mißverständnis und sagte sanft: »Fürchten Sie nichts, Monsieur, es handelt sich um mein Leben, nicht um das Ihre. Warum soll ich eine harmlose List nicht eingestehen?« fuhr er fort, da er die Unruhe des Alten bemerkte. »Ich wollte die Nacht abwarten, um mich, ohne Aufsehen, ertränken zu können, und bin hierhergekommen, Ihre Schätze zu besichtigen. Wer wird einem Mann der Wissenschaft und Poesie dieses letzte Vergnügen verargen?«

Der mißtrauische Händler durchforschte, während er ihm zuhörte, mit scharfen Blicken das düstere Antlitz seines angeblichen Kunden. Der schmerzliche Klang der Stimme indes beruhigte ihn bald, vielleicht las er auch in den fahlen Zügen das düstere Schicksal, vor dem vorher die Spieler zurückgebebt waren, und er ließ die Hände los. Doch streckte er mit einem Rest von Argwohn, der eine mindestens hundertjährige Erfahrung verriet, den Arm nach einem Buffet aus, wie um sich aufzustützen, und langte nach einem Stilett, wobei er fragte: »Sind Sie seit drei Jahren Beamtenanwärter beim Schatzamt und haben keine Sonderzulage erhalten?«

Der Unbekannte konnte sich nicht enthalten zu lächeln, während er mit einer Gebärde verneinte.

»Hat Ihnen Ihr Vater Ihre Geburt zu heftig vorgeworfen? Oder haben Sie Ihre Ehre eingebüßt?«»Wenn ich sie einbüßen wollte, würde ich am Leben bleiben.«

»Sind Sie in den Funambules ausgepfiffen worden? Oder sind Sie genötigt, Gassenhauer zu komponieren, um das Begräbnis Ihrer Geliebten zu bezahlen? Hat Sie nicht vielmehr die Sucht nach Gold gepackt? Wollen Sie die Langeweile totschlagen? Nun, welch ein Wahn treibt Sie in den Tod?«

»Suchen Sie den Grund meines Todes nicht in den Ursachen, welche gemeinhin zu Selbstmorden führen. Um mir zu ersparen, Ihnen die unerhörten Leiden, die sich mit menschlicher Sprache ohnehin schwer ausdrücken lassen, zu enthüllen, will ich Ihnen nur sagen, daß ich mich in der tiefsten, schmählichsten, qualvollsten Not befinde. Und«, fügte er mit einem Ton hinzu, dessen wilder Stolz seine vorhergehenden Worte Lügen strafte, »ich will weder um Hilfe noch um Trost betteln.«

»He, he!« Die beiden Silben, die der Alte zunächst statt einer Antwort hören ließ, klangen wie das Kreischen einer Knarre. Dann fuhr er fort: »Ohne Sie zu nötigen, mich anzubetteln, ohne Sie zu beschämen, ohne Ihnen einen französischen Centime, einen Para aus der Levante, eine sizilianische Tari, einen deutschen Heller, eine russische Kopeke, einen schottischen Farthing, eine einzige Sesterze oder einen Obolus der alten Welt noch einen Piaster der neuen zu geben, ohne Ihnen irgend etwas von Gold, Silber, Münzen, Banknoten oder Wertpapieren anzubieten, will ich Sie reicher, mächtiger und angesehener machen, als es ein konstitutioneller König sein kann.«

Der junge Mann glaubte, der Alte sei kindisch geworden, er war wie betäubt und wagte nicht zu antworten.

»Drehen Sie sich um«, sagte der Händler und griff plötzlich zur Lampe, um ihr Licht auf die dem Bildnis gegenüberliegende Wand fallen zu lassen – »und betrachten Sie dieses Chagrinleder«, fügte er hinzu.

Der junge Mann erhob sich hastig und zeigte sich einigermaßen erstaunt, als er über dem Sessel, auf dem er gesessen hatte, ein Stück Chagrin an der Wand hängen sah, das nicht größer als eine Fuchshaut war; doch, einem auf den ersten Blick unerklärlichen Phänomen zufolge, warf dieses Leder in das tiefe Dunkel des Ladens so leuchtende Strahlen, daß man hätte denken können, sie gingen von einem kleinen Kometen aus. Der ungläubige junge Mann näherte sich dem angeblichen Talisman, der ihn vor Unglück bewahren sollte, und machte sich innerlich darüber lustig. Als er sich jedoch, von einer berechtigten Neugierde getrieben, vorbeugte, um die Haut von allen Seiten zu betrachten, entdeckte er bald einen natürlichen Grund für diese sonderbare Leuchtkraft. Die schwarzen Narben des Chagrins waren so sorgfältig geglättet und so vortrefflich poliert, die verschlungenen Rillen so klar und scharf, daß die Unebenheiten dieses orientalischen Leders, gleich den Facetten eines Granats, ebenso viele kleine Brennpunkte bildeten, die das Licht funkelnd zurückwarfen. Er erklärte dem Alten wissenschaftlich den Grund dieser Erscheinung, jener indes, statt zu antworten, lächelte nur vielsagend. Dieses überlegene Lächeln ließ den jungen Gelehrten vermuten, er werde mit irgendeinem Hokuspokus zum besten gehalten. Er wollte kein weiteres Rätsel mit in das Grab nehmen und drehte die Haut schnell um, wie ein Kind, das begierig ist, die Geheimnisse seines neuen Spielzeugs kennenzulernen.

»Aha!« rief er, »hier ist der Abdruck des Siegels, das die Orientalen das Siegel Salomons nennen.«

»Sie kennen es also?« fragte der Händler und stieß zwei- oder dreimal die Luft durch die Nase, was mehr besagte als die kräftigsten Worte.