Das Dorf. Suchodol - Iwan Bunin - E-Book

Das Dorf. Suchodol E-Book

Iwan Bunin

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Beschreibung

"Die vielleicht schönste und lohnendste Wiederentdeckung der letzten Jahre." Karla Hielscher, Deutschlandfunk "Das Dorf" und "Suchodol" sind zwei der bekanntesten und beeindruckendsten Werke Bunins, die schon bei ihrem Erscheinen heftige Diskussionen ausgelöst haben. "Das Dorf" entfaltet durch die Geschichte der ungleichen Brüder Krassow und an Schauplätzen wie Kramladen, Jahrmarkt, Vorstadt, Landstraße oder Bauernstube ein Panorama des düsteren Provinzlebens im vorrevolutionären Russland. Bunin beschreibt dieses Leben in all seinen Facetten schonungslos und dennoch mit Verständnis, ja beinahe liebevoll. "Suchodol" rekonstruiert durch die Erzählungen der alten Magd Natalja die komplizierte Geschichte der Besitzerfamilie des Landguts Suchodol und entwirft damit das anschaulichste und dichteste Bild der untergehenden russischen Adelskultur, das in der russischen Literatur existiert.

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Seitenzahl: 436

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IWAN BUNIN

DAS DORFSUCHODOL

Aus dem Russischenvon Dorothea Trottenberg

Herausgegeben und mit einem Nachwort versehenvon Thomas Grob

DÖRLEMANN

Die Übersetzung folgt der Ausgabe Polnoe sobranie sotschinenij. I. A. Bunina. Petrograd: A. F. Marks 1915, Bd. 5, »Derewnja« S. 3-138 und »Suchodol« S. 139-192. Iwan Bunin: Ausgewählte Werke in EinzelbändenWeitere Informationen finden Sie unterwww.iwanbunin.deDie editorische Arbeit an dieser Auswahlwerkausgabe wird von der S. Fischer-Stiftung unterstützt, die Übersetzung des vorliegenden Bandes wurde von Pro Helvetia gefördert. Die Übersetzerin dankt dem Deutschen Übersetzerfonds für die Unterstützung ihrer Arbeit. eBook-Ausgabe 2014 Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Copyright © The Estate of Ivan Bunin Copyright © 2011 Dörlemann Verlag AG, Zürich Porträt Iwan Bunin: The Estate of Ivan Bunin, Leeds Umschlaggestaltung: Mike Bierwolf unter Verwendung des Gemäldes Heimstätte von S. J. Schukowski. Motivsuche: Marina Rumjanzewa ISBN 978-3-908778-52-3www.doerlemann.com

Iwan Bunin

DAS DORF

I

Den Urgroßvater der Krassows, beim Gesinde der Zigeuner genannt, hetzte Rittmeister Durnowo mit Windhunden zu Tode. Der Zigeuner hatte ihm, seinem Herrn, die Geliebte ausgespannt. Durnowo befahl, den Zigeuner auf das Feld hinter Durnowka zu bringen und ihn auf einen Hügel zu setzen. Er selbst ritt mit der Meute hinaus und schrie: »Faßt ihn!« Der Zigeuner, der schreckerstarrt dasaß, ergriff die Flucht. Aber vor Windhunden sollte man nicht davonlaufen.

Der Großvater der Krassows erhielt aus irgendwelchen Gründen einen Freibrief. Er zog mit seiner Familie in die Stadt– und machte sich bald einen Namen: Er wurde ein berüchtigter Dieb. Er mietete in der Tschornaja Sloboda eine armselige Hütte für seine Frau, die Spitze klöppeln und verkaufen mußte, während er selbst mit einem Kleinbürger namens Belokopytow durch das Gouvernement fuhr und Kirchen plünderte. Nach ungefähr zwei Jahren wurde er gefaßt. Aber auch bei Gericht benahm er sich so, daß man sich seine Antworten an die Richter noch lange erzählte: Er stand da, als trüge er einen Kaftan aus Plüschsamt, eine silberne Uhr und Ziegenlederstiefel, mit dreist mahlenden Backenknochen und umherschweifendem Blick, und bekannte sich allerrespektvollst auch zu den geringsten seiner zahllosen Taten:

»Jawohl, ganz richtig. Jawohl, ganz richtig.«

Der Vater der Krassows wiederum war ein kleiner Krämer. Er fuhr im ganzen Kreis herum, lebte eine Zeitlang in Durnowka– er wollte eine Schenke und einen Kramladen eröffnen–, ging jedoch bankrott, fing an zu trinken, kehrte in die Stadt zurück und starb bald darauf. Auch seine Söhne, Tichon und Kusma, fast gleichaltrig, betätigten sich, nachdem sie in verschiedenen Läden gedient hatten, als Krämer. Sie zogen in einem Wagen mit geschnitztem Vordergestell herum, mitten auf dem Wagen eine Truhe, und riefen laut und wehmütig: »Wei-ber, Wa-re! Wei-ber, Wa-re!«

Die Ware– kleine Spiegel, Seifenstücke, Ringe, Zwirn, Tücher, Nadeln, Kringel– befand sich in der Truhe. Und im Wagen lag alles, was sie ergattert hatten: Katzenkadaver, Eier, Segeltuch, Lumpen…

Nachdem sie einige Jahre herumgezogen waren, gingen sich die Brüder eines Tages mit dem Messer an die Gurgel– Gerüchten nach zu urteilen wegen eines Fräuleins–, und danach trennten sie sich, um Schlimmeres zu vermeiden. Kusma ging bei einem Viehhändler in Dienst, Tichon pachtete einen kleinen Gasthof auf der Chaussee beim Bahnhof Worgol, etwa fünf Werst von Durnowka entfernt, und eröffnete eine Schenke und einen Trödelladen, einen »Handel mit Kleinbedarf an Tee Zucker Tabak Zigarren und anderes mehr«.

Als Tichon gegen vierzig ging, wurde sein schwarzer Bart allmählich von Silber durchzogen. Doch war er gutaussehend, groß und schlank wie früher: streng von Angesicht, sonnenverbrannt und leicht pockennarbig, in den Schultern breit und sehnig, im Gespräch gebieterisch und schroff, in seinen Bewegungen flink und gewandt. Bloß schoben sich seine Brauen immer öfter zusammen, und die Augen blitzten noch schärfer als früher: Das Geschäft verlangte es!

Beharrlich war er hinter den Landkommissaren her– in der toten Zeit im Herbst, wenn die Abgaben eingezogen wurden und im Dorf eine Versteigerung auf die andere folgte. Beharrlich kaufte er den Gutsbesitzern das Getreide noch auf dem Halm ab, pachtete bei ihnen und bei den Bauern Land– stückweise, er verlangte nicht einmal einen halben Acker. Lange lebte er mit einer stummen Köchin zusammen– »Eine Stumme plaudert nichts aus!«– und hatte mit ihr ein Kind, das sie im Schlaf, als es bei ihr lag, versehentlich erdrückte, und danach heiratete er ein bejahrtes Stubenmädchen der alten Fürstin Schachowoj. Nach der Heirat nahm er die Mitgift in Empfang und »erledigte« den Nachkommen der verarmten Durnowos, einen fülligen, freundlichen jungen Herrn, der mit noch nicht einmal fünfundzwanzig schon kahlköpfig war, aber einen prächtigen, kastanienbraunen Bart trug– einen »Fortschrittler«, wie die Gutsbesitzer in Anspielung auf seine fortschreitende Lähmung witzelten. Und die Bauern staunten und waren stolz, als er das Gut Durnowo übernahm: Bestand doch fast ganz Durnowka aus Krassows!

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