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In diesen 1911 entstandenen Erzählungen verdichtet Iwan Bunin Momentaufnahmen des russischen Dorfes am Vorabend des Ersten Weltkrieges und der Revolution. Oft erzählen seine Figuren selbst ihre Geschichte, so wie die Tochter eines ehemaligen Leibeigenen. Diese Menschen verbindet vielfach ein grausames Schicksal, das ihnen Widerstandsfähigkeit und Überlebenswillen abverlangt. Der aus dem verarmten Landadel stammende Bunin kannte das russische Dorf wie kaum ein Intellektueller seiner Zeit. Er schildert das Leben der Menschen auf dem Lande, und er bettet die Schicksale in wunderbare Landschafts- und Naturbeschreibungen ein, mit denen sie sich zu einem dunkel leuchtenden Tableau fügen.
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Seitenzahl: 290
IWAN BUNIN
AM URSPRUNG DER TAGE
Frühe Erzählungen 1890–1909
Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Thomas Grob
DÖRLEMANN
Die vorliegende Ausgabe ist eine Originalausgabe, die in dieser Form erstmals auf deutsch erscheint. Die genauen Quellenangaben finden sich im Kapitel »Verwendete Ausgaben« Iwan Bunin: Ausgewählte Werke in Einzelbänden Weitere Informationen finden sich unterwww.iwanbunin.de Die editorische Arbeit an dieser Auswahlwerkausgabe in Einzelbänden wird von der S. Fischer-Stiftung unterstützt. Die Übersetzung des vorliegenden Bandes wurde gefördert von Pro Helvetia. Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Copyright © The Estate of Ivan Bunin Copyright © 2010 by Dörlemann Verlag AG, Zürich Porträt Iwan Bunin The Estate of Ivan Bunin, Leeds Umschlaggestaltung: Mike Bierwolf unter Verwendung eines Gemäldes von Konstantin Korowin: Am Teetisch, 1888 Satz und E-Book-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN: 978-3-908778-51-6www.doerlemann.com
Iwan Bunin, 1907
ERSTE LIEBE
Aus Kindheitserinnerungen
Das alles wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre…
»Mitja!«
»Mitka!«
»Dmitri Alexejewitsch!«
»Bleichgesichtiger Hund!«
»So steh doch endlich auf!«
Ich war schon wach, gab mir aber alle Mühe zu beweisen, daß ich tief und fest schlief und nicht begriff, was los war. Während ich mir mit aller Kraft die Decke über den Kopf zog, die Petja und Ljowa mir zu entreißen suchten, gab ich nur unartikulierte Laute von mir und strampelte mit den Beinen. Aber sie gaben keine Ruhe, sprangen von dem Fensterbrett herunter, auf dem sie saßen (sie waren vom Garten her durch das Fenster hereingeklettert), und blieben an meinem Bett stehen.
»Du bist mir einer!« brummte Petja unschlüssig. »Was sollen wir mit ihm machen? Wir verpassen das Morgenrot…«
»Wir gehen«, sagte Ljowa in seinem üblichen barschen, abgehackten Tonfall. »Er ist kein Kamerad, er ist ein Weib, ein alter, krepierter Elch. Wir knallen ihm eine und gehen!«
»Ich knall dir eine, mein Lieber, und zwar so… daß du hinüber bist!« schrie ich plötzlich, richtete mich leicht auf und holte aus, als hätte ich etwas in der Faust. In dem Moment fand ich mich überaus bedrohlich und wild.
Petja und Ljowa aber brachen zum meinem Erstaunen in gutmütiges Gelächter aus und streckten mir die Hände hin.
Etwas verlegen ergriff ich sie, mürrisch und widerwillig, dann fiel ich wieder auf das Kissen zurück.
»Na kommt schon, gehen wir!« sagte Petja. »Sonst verpassen wir wirklich das Morgenrot.«
Das klang so aufrichtig und ernsthaft, daß ich bei dem Gedanken, das Morgenrot zu verpassen, selbst einen Schreck bekam. Was wir mit dem Morgenrot wollten, warum wir uns gegenseitig versprochen hatten, auf das Morgenrot zu warten, kann ich heute wirklich nicht mehr recht erklären. Damals aber dachte ich, daß es unbedingt sein müßte. Wir liebten es, vor Tagesanbruch aus dem Haus zu gehen, wenn das Dorf, die dunklen Felder und der ferne, dichte Wald noch in tiefstem Schlaf lagen und im Osten eben erst silbrige, helle Streifen am Himmel heraufzogen. Damals kam es uns vor, als seien wir vollkommen allein, als sei in dem kühlen, halbdunklen Wald wirklich alles geheimnisvoll und ursprünglich. Wie richtige Indianer schlichen wir uns ins dichteste Dickicht des Gartens, setzten uns in Erwartung des Sonnenaufgangs im Kreis und rauchten eine Friedenspfeife– oder vielmehr eine Pfeife, die wir meinem Vater stiebitzt hatten. Obwohl ich schon etwa zwölf Jahre alt war und sehr genau begriff, daß das Ganze ein Spiel war, ein richtiges Kinderspiel obendrein, gefiel es mir so sehr, daß ich gar nicht anders konnte, als mich begeistert darauf einzulassen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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