Das Geheimnis der Papierfabrik - Manuela Schneider - E-Book

Das Geheimnis der Papierfabrik E-Book

Manuela Schneider

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Beschreibung

Im Jahr 1993 befindet sich Ostdeutschland noch im Umbruch. Die Menschen suchen nach neuen Perspektiven. Markus Richter, ein ehemaliger Angestellter in einem volkseigenen Betrieb für Maschinenbau ist Mitte 50 und setzt alles auf eine Karte: Mit seinen Ersparnissen kauft er die kleine Ansiedlung Waldwinkel, ein fiktiver Ort zwischen Chemnitz und Marienberg. Dort will er einen Platz der Begegnungen und der Neuorientierung schaffen. Schon bald entdeckt er auf seinem neuen Grundstück in der alten Papierfabrik alte Dokumente, die ein Geheimnis zu bergen scheinen. Zusammen mit einem Freund, versucht er der Sache auf den Grund zu gehen. Doch er hat nicht mit den Dingen gerechnet, die auf ihn zukommen.

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Seitenzahl: 68

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Das Geheimnis der Papierfabrik

Entdeckung

Manuela Schneider

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß §44b UrhG („Text und Data Mining“) zu gewinnen, ist untersagt.

Texte: © Copyright by Manuela SchneiderUmschlag:© Copyright by Manuela Schneider

Verlag:Neopubli GmbHKöpenicker Straße 154a10997 Berlin

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Prolog

Die Nebel krochen wie gespenstische Schleier durch die verwaiste Gegend, als ob sie versuchten, die Geheimnisse des Ortes in ihrem unbarmherzigen Umhang zu verbergen. Die Kälte des frühen Herbstabends erfüllte die Luft und vermischte sich mit einem Geruch von feuchtem Laub und verwesendem Holz. Ein kalter Wind pfiff durch die verfallenen Schuppen und das alte Bahnhofsgebäude, das nun wie ein fossiles Mahnmal vergangener Zeiten dastand. Die Stille war fast greifbar, nur gelegentlich durchbrochen von dem fernen, melancholischen Heulen eines einsamen Wolfs, dessen Klagelied von den umliegenden Wäldern widerhallte.

Ein Mann, in einen abgetragenen Mantel gehüllt, huschte von Schatten zu Schatten, als ob er eins mit der Dunkelheit werden wollte. Seine Bewegungen waren hastig, als ob jede Sekunde zählen würde. Der Vollmond, eine kalte, silberne Scheibe am sternenlosen Himmel, warf schimmernde Lichtkegel durch die kahlen Äste der Bäume und ließ seine Gestalt wie ein Schemen erscheinen.

Der Mann erreichte den kleinen, verborgenen Eingang an der Rückseite der alten Papierfabrik. Die Mauern des Gebäudes waren von Moos und Pilzen überzogen und die Fenster mit Brettern vernagelt. Seine zittrigen Hände zogen einen alten, rostigen Schlüssel aus der Tasche, den er vorsichtig in das Schloss schob. Kurz darauf war ein leises Klicken zu hören, gefolgt von einem leichten Knarren, als die schwere Tür sich öffnete. Der Innenraum war erfüllt von Staub und Stille, der muffige Geruch langer Vergessenheit lag schwer in der Luft.

Der Putz hatte sich im Laufe der Zeit von Wänden und Decke gelöst. Zwischen all dem Schutt standen Regale, vollgestopft mit zerfledderten Dokumenten und vergilbten Akten. Der Mann navigierte vorsichtig um die Trümmer und Spinnweben, bis er schließlich einen abgelegenen Tisch erreichte, auf dem ein Stapel brüchiger Unterlagen lag. Er begann hastig zu suchen, zog Papier um Papier hervor und warf sie achtlos zur Seite. Jede Bewegung ließ eine Wolke von Staub aufsteigen, die in den spärlichen Lichtkegeln der Taschenlampe zu schweben schien.

Endlich stieß er auf einen verblichenen Umschlag. Seine Atmung beschleunigte sich, und sein Herz pochte heftig gegen seine Rippen. Er griff hastig nach dem Umschlag, als ob er einen Schatz entdeckt hätte, und begann gerade, den Inhalt zu untersuchen, als plötzlich ein greller Lichtstrahl auf ihn fiel. Erschrocken erstarrte er, und der Umschlag rutschte ihm aus den Händen und fiel zu Boden.

„Du solltest nicht hier sein,“ ertönte eine tiefe, dunkle Stimme, die die Stille durchbrach und wie ein Donnerschlag in den verfallenen Hallen widerhallte.

Panik erfüllte die Augen des Mannes. Bevor er reagieren konnte, spürte er einen harten Schlag gegen den Kopf. Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen Schädel, und Dunkelheit übermannte ihn.

Sein Atem ging flach und unregelmäßig, seine Sicht verschwamm. Der Boden senkte sich unter ihm, die Welt drehte sich in einem Wirbel aus Schwarz und Grau, bevor er schließlich völlig bewusstlos wurde.

Kurz darauf schloss sich schwere Tür zur Papierfabrik mit einem knarrenden Geräusch, das letzte Geräusch in dieser gespenstischen Nacht. Der geheimnisvolle Besucher war für immer verschwunden, ebenso wie sein Angreifer.

Draußen zog sich der Nebel dichter zusammen, ließ die Szenerie noch unwirklicher erscheinen. Die verfallenen Schuppen und das Bahnhofsgebäude waren jetzt nichts mehr als Silhouetten in einem undurchdringlichen Schleier. Die Stille kehrte zurück, dichter und unheimlicher als zuvor, nur das leise Rascheln der Blätter und das entfernte Heulen des einsamen Wolfs zeugten noch von Leben.

Ein leises Wispern ging durch den Wind, als ob die Geister der Vergangenheit miteinander flüsterten, unsichtbare Gespräche führten über längst Vergangenes und Verlorenes. Der Mond tauchte die Szenerie weiterhin in sein kaltes Licht, unbeirrt von den düsteren Ereignissen, die sich in seinem silbernen Schein abgespielt hatten. Ein Gefühl der Beklemmung blieb zurück, eine Unruhe, die sich wie ein unsichtbarer Schleier über die verfallene Ansiedlung legte.

Die nächtliche Stille war allumfassend, ungebrochen und unheilvoll, als ob die Erde selbst den Atem anhielt. Nichts schien auf das Drama hinzudeuten, das sich gerade erst abgespielt hatte, kein Schrei, kein weinendes Echo.

Doch die Dunkelheit barg auch Erinnerungen, Geschichten von Vergänglichkeit und Verzweiflung. Und während die Nacht weiter voranschritt, die Minuten zu Stunden wurden, blieb das Mysterium ungelöst, das in den verlassenen Mauern der alten Papierfabrik schlief. Unbekannte Mächte bewegten sich im Verborgenen, Flüsterlaute begleiteten den Wind durch die zerklüfteten Gänge, unsichtbare Augen beobachteten, warteten und lauerten.

Als der erste Lichtstrahl der Morgendämmerung den Schleier der Nacht durchbrach, endete die gespenstische Nacht - jedoch, die Fragen und Ängste bleiben bestehen, unausgesprochen, wie in einem alten, geheimnisvollen Buch, dessen letzte Seite noch immer unbeschrieben ist.

1

Markus Richter, ehemals Angestellter in einem volkseigenen Betrieb für Maschinenbau, stand am Rand der verfallenen Ansiedlung, die er kürzlich von seinen Ersparnissen gekauft hatte. Die Sonne stand tief am Horizont und tauchte die verwaisten Gebäude in ein warmes, goldenes Licht. Er atmete tief ein und nahm den Geruch von feuchtem Laub und modrigem Holz wahr, der in der Luft hing. Es war ein Geruch, der sowohl Verfall als auch die Möglichkeit eines Neuanfangs symbolisierte.

Sein Blick fiel auf die Villa, die stolz und doch verlassen auf einem kleinen Hügel thronte. Ihre einst prächtigen Mauern waren von Moos und Flechten überwuchert, die Fensterläden hingen schief an ihren Angeln. Dahinter erstreckten sich die Gebäude der ehemaligen Papierfabrik, ein labyrinthartiges Konglomerat aus Rost und Trümmern, das von einer vergangenen Ära der Industrie zeugte. Weiter hinten sah Markus das Mehrfamilienhaus, dessen Fassade zwar verwittert, aber immer noch solide wirkte, und ganz unten, angrenzend an den Wald, das stillgelegte Bahngelände mit seinen verfallenen Schuppen und dem kleinen Bahnhofsgebäude.

Markus seufzte und fühlte, wie sich eine Mischung aus Aufregung und Nervosität in ihm breitmachte. „Es wird viel Arbeit brauchen“, murmelte er zu sich selbst. In seinem Kopf erwachte eine Idee, die ihn nicht mehr losließ. Er würde die Gebäude nach und nach herrichten und diese verwaiste Ansiedlung in einen Ort der Begegnung verwandeln. Ein Ort, der neue Perspektiven geben könnte für diejenigen, die wie er nach der Wende immer noch ohne Arbeit dastanden.

Er fasste den Entschluss, aus seiner kleinen Altbauwohnung in der Großstadt in die vorerst notdürftig hergerichtete Villa zu ziehen. Es war eine spontane Entscheidung gewesen, aber eine, die sich richtig anfühlte. In Chemnitz gab es nichts mehr, was ihn halten konnte. Außer Erinnerungen an verloren gegangene Möglichkeiten und unerfüllten Träumen. Hier im Waldwinkel jedoch bot sich ihm eine neue Chance.

Mit einem entschlossenen Schritt überquerte er den überwucherten Weg und machte sich auf den Weg zu der Villa. Ein Unkenruf ließ ihn kurz innehalten, und ein kalter Luftzug strich um seinen Nacken, wie eine Mahnung aus der Vergangenheit. Doch er schüttelte das Unbehagen ab und setzte seinen Weg fort. Die alten, knarrenden Dielen der Veranda gaben unter seinen Füßen nach.

„Das geht ja gut los“, dachte er und zog ein Tuch aus der Tasche, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Der Eingangsbereich der Villa war überraschend groß, wenn auch überwuchert von einem Dickicht aus Spinnweben, Staubschichten und sich wild rankenden Grünpflanzen. Vorsichtig betrat er die Villa. Staub wirbelte auf und Spinnweben verfingen sich in seinem leicht ergrauten Haar. Im trüben Licht, das durch die schmutzigen Fenster drang, erkannte Markus, die Überreste prächtiger Zierleisten und kunstvoller Deckenmalereien. Die Räume wirkten jetzt traurig und verlassen, doch sie ließen noch eine gewisse Eleganz vermuten.