Das Geheimnis selbstbewusster Kinder - Kerstin Rauch - E-Book

Das Geheimnis selbstbewusster Kinder E-Book

Kerstin Rauch

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Beschreibung

Kinder mit geringem Selbstwert sind unzufriedene Kinder. Ein Leben ohne Selbstbewusstsein ist unheimlich anstrengend, weil man seine Bestätigung im Außen sucht. Um sich voll zu entfalten, braucht ein Kind innere Stärke und die Sicherheit, dass es richtig ist, genauso wie es ist. Kann jedes Kind selbstbewusster werden? Ja, denn es gibt einen natürlichen Weg zu mehr Selbstvertrauen - die achtsame Körperwahrnehmung. Leider wird dieser wirkungsvolle Weg nicht in der Schule gelehrt. Dabei macht das Achtsamkeitstraining Kindern großen Spaß, denn sie spüren intuitiv, welche spielerische Übung ihnen gerade gut tut. Die Jahara Therapeutin Kerstin Rauch zeigt auf, warum Selbstwertgefühl und Zufriedenheit so eng mit unserem Körpergefühl verknüpft sind. Zahlreiche praxiserprobte Tipps, lustige Spiele und kindgerechte Lösungen verraten Ihnen, wie auch sensible und gefühlsstarke Kinder mit Ihrer Hilfe ein unerschütterliches Selbstwertgefühl entwickeln. Dieses Buch nimmt Eltern und Kinder an die Hand und führt sie zu mehr Selbstvertrauen und Zufriedenheit, indem es Wege aus eingefahrenen Mustern wie Streit, Nörgeleien und Trotz aufzeigt. Durch die praxiserprobten Spiele, Übungen und Tipps helfen Sie Ihrem Kind, selbstbewusst über den eigenen Körper zu bestimmen. Sie befreien die Lebensenergie, die in unangenehmen Gefühle steckt, und zaubern durch einfache Achtsamkeitsübungen entspannende Momente herbei. Damit Sie bei überfordernden Situationen sofort reagieren können, enthält dieses Buch super einfache Tipps, welche aus unangenehmen Zuständen wie Überreizung, Wut und Traurigkeit heraus helfen können. Es vermittelt Eltern und Kindern die Freude am körperlichen Spüren, freien Bewegen und selbstbestimmten Gestalten. Außerdem gibt es zahlreiche konkrete Vorschläge für die wertschätzende und einfühlsame Kommunikation mit Kindern. Werden Sie zum besten Vorbild für Ihr Kind, das es sich wünschen kann! Bringen Sie wieder mehr Zufriedenheit und Spaß ins Familienleben! Geben Sie Ihrem Kind den bestmöglichsten Start in eine erfüllte Zukunft!

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Inhalt

1. Achtsamkeit – mehr als ein Trend

1.1 Achtsamer Umgang mit unserem Körper

1.2 Mein Körper gehört mir

Übung: Grenzen setzen

1.3 Innere Stärke durch Embodiment

Lustige Embodiment - Übungen

1.4 Lass es mich selbst tun

Tipp: Deine Stärken - Visitenkarte

1.5 Unfälle und Gefahren emotional verarbeiten

Einen Schockzustand erkennen

Den Schreck ausleiten

Ruhephase

Aktives Zuhören

Übung: Lerne die Sprache des Reptiliengehirns

2. Achtsamer Umgang mit den eigenen Ressourcen

2.1 Natürliche Ressourcen gegen Stress

Natürliche Begabungen

Individuelle Persönlichkeitseigenschaften

Gesundheit, Wohlbefinden und körperliche Fitness

Soziales Angebundensein

Spirituelles Angebundensein

Die Fähigkeit, den Körper gut zu spüren

Übung: Bodyscan und sicherer Ort

2.2 Die eigenen Batterien wieder aufladen

Übung: Stark wie dein Lieblingsbaum

Holen Sie sich Unterstützung

Reservieren Sie täglich eine halbe Stunde für die eigene Freude

Setzen Sie Prioritäten

Tipp: Familienrat und Redestab

3. Achtsame Wahrnehmung mit allen Sinnen

3.1 Berührungen und Hautkontakt

Spiel: Rückenmassage mit Geschichte

3.2 Die sinnliche Wahrnehmung anregen

Achtsamkeitsübungen für draußen

Spiele für den Hörsinn

Spiele zum Riechen und Schmecken

Tastspiele

Spiele für die Körperwahrnehmung

3.3 Achtsamkeitsrituale im Alltag

Spiel: Kuchenbacken auf dem Rücken

3.4 Erste Hilfe Koffer bei Überreizung

Übungen für das Hier und Jetzt

4. Achtsamer Umgang mit Gefühlen

Tipp: Der Heilungspunkt

4.1 Liebe schenkt starke Wurzeln

Spiel: Schön, dass du da bist

4.2 Mitleid macht schwach, Mitgefühl dagegen stark

Übung: Mitfühlendes Zuhören

Gefühlsmemory

Gefühlsbarometer

Meckerkasten

4.3 Wut schützt vor Grenzüberschreitungen

Spiel: Wut – Tanz

4.4 Loslassen durch Traurigkeit

Tipp: Die Traurigkeit malen

4.5 Vom Umgang mit der Angst

Übung: Pendeln zwischen Angst und Sicherheit

4.6 Wege aus der Schüchternheit

Spiel: Lass mich dein Spiegel sein

4.7 Entwicklungsmotor Freude

Übung: Freude in einen Zauberstein speichern

5 Achtsame und wertschätzende Kommunikation

5.1 Worte, die Brücken bauen

Übung: Mein persönliches Wörterbuch

5.2 Ehrlichkeit und Authentizität

5.3 Die Bedeutung des Wortes Nein

5.4 Wie aus Fehlern Lernerfahrungen werden

Spiel: Mein schönster Fehler

6. Spielerische Wege zu mehr Achtsamkeit

6.1 Fantasievolle Geschichten und Traumreisen

Kindergeschichten

Spiel: Geschichten aus dem Sack

Die kleine Seele

Fantasiereisen

Traumreise für dein Schutzschild

Traumreise ins Land des Sorgenfresser - Dinos

Traumreise in die Burg des großen Zauberers

Wolken-Traumreise in den Zauberwald

Eigene Traumreisen erfinden

6.2 Achtsamkeit durch Musik und kreatives Tun

Spiel: Bunte Kleckse

6.3 Selbstermächtigung durch freies Spiel

Tipp: Handpuppenspiel

6.4 Achtsame Körperwahrnehmung

Übung: Energiedusche

Übung: Lieber Fuß, schön dass du da bist

Über-Kreuz-Übung

Bewegungsgeschichten

Kinderyoga – Geschichten

Übung: Körperschema malen

Kindgerechte Meditation

Fünf- Finger-Meditation

Mandalas legen

Die Minuten-Meditation

Luftpinsel-Meditation

Ein Außerirdischer auf der Erde

Taschenlampen-Scan

Fühlsack-Meditation

Alltags-Meditation

Augenmeditation

Tönen als Meditation

Affirmations-Meditation

Schreib-Meditation

7. Wer ist der wichtigste Mensch in deinem Leben?

8. Über die Autorin

9. Quellen, Literatur und Inspiration

10. Weitere Bücher von Kerstin Rauch

Achtsamkeit und Körperwahrnehmung –der natürliche Weg zu innerer Stärke, Sicherheit und Selbstvertrauen

Ein besonderes Praxisbuch für Eltern, Erziehende und Kindermit interessantem Körperwissen, einfachen Übungen und lustigen Spielen

Kerstin Rauch

Ich widme dieses Buchallen Eltern und Erziehenden,die jeden Tag aufs Neue beschützen, umsorgen und Kinderträumen das Fliegen lernen

Gebt den Kindern Liebe, mehr Liebe und noch mehr Liebe,dann stellen sich die guten Manieren von selbst ein.

Astrid Lindgren

Achtsamkeit – mehr als ein Trend

Vor 20 Jahren erlebte ich zum ersten Mal in meinem Leben die lebendige Kraft der Achtsamkeit. Ich bekam eine Jahara®-Behandlung, das ist eine sehr sanfte Form der Entspannung im warmen Wasser. Noch nie hatte ich meinen Körper so deutlich gespürt wie in diesem Moment. Sicheres Gehaltensein, verbunden mit einer großen Freiheit, brachte mich so sehr in den Augenblick, dass ich völlig mit Spüren beschäftigt war und das Denken völlig vergaß. Damals erlebte ich, dass die heilsame Achtsamkeit in dem Moment entsteht, wenn wir unseren Körper mit ins Boot holen.

Meine Liebe für achtsame Körperarbeit war entfacht. Während ich schwerelos durchs Wasser schwebte, erahnte ich zum ersten Mal, welche tiefgreifenden Veränderungen möglich sind, wenn wir wieder einen bewussten Kontakt zu unserem Körper und unseren Gefühlen herstellen. Seitdem sind meine Sinne für den körperlichen Aspekt der Achtsamkeit geschärft. In meiner Arbeit mit Schulkindern und Erwachsenen gelang es mir nun viel besser, Achtsamkeit anzuleiten. Ich wusste jetzt, dass Entspannung eintritt, sobald sich unser Nervensystem in einem sicheren Modus befindet. Das hatte ich am eigenen Körper erlebt. Und diese Entspannung bringt zahlreiche Nebeneffekte mit sich, wie z.B. eine bessere Konzentration beim Lernen, ein stabileres Selbstwertgefühl und ein deutlich verbessertes Wohlgefühl in der eigenen Haut.

Kinder sind normalerweise Experten auf dem Gebiet der achtsamen Körperempfindungen. Solange es ihnen noch nicht abtrainiert wurde, haben kleine Kinder ein feines Gespür dafür, was ihr Körper gerade braucht. Gibt es eine Anspannung, setzen sie diese direkt in Bewegung um. Auch im Ausdruck von Wut, Traurigkeit und Freude sind kleine Kinder tolle Vorbilder. Wir Erwachsenen können von ihnen viel über gelebte Achtsamkeit lernen. Wir können mit ihnen gemeinsam über einen Käfer staunen, vor Freude hüpfen oder so in ein Spiel vertieft sein, dass alles ringsherum unwichtig wird. Eltern und Kinder laden durch solche Augenblicke mehr Freude in den gemeinsamen Alltag ein, werden innerlich stärker und selbstbewusster und gestalten die Eltern-Kind-Beziehung zu einem festen Bund.

Doch gemeinsam erlebte Achtsamkeit, kann noch einiges mehr:

Sie entspannt unser Gehirn und unseren Körper, wir fühlen uns zufriedener und glücklicher.Sie bringt mentale Klarheit, hilft beim Sortieren der Gedanken und damit auch beim Konzentrieren auf eine Aufgabe.Achtsamkeit ist Psychohygiene. Sie hilft beim Wahrnehmen und Verarbeiten von Gefühlen. Sie zeigt uns, wie wir auch schwierige Gefühle akzeptieren können und damit zum Fließen bringen.Sie hilft uns, unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu äußern. Das gibt innere Stärke und Selbstvertrauen im Umgang mit anderen Menschen.Achtsamkeit schärft unsere Sinne und ist ein wunderbarer Nährboden für Kreativität.Durch Achtsamkeit verstehen wir nicht nur uns selbst besser, sondern auch die Bedürfnisse und Motive anderer Menschen. Das bringt mehr Harmonie und Klarheit in unsere Beziehungen.Sie macht glücklich, weil sie die Dankbarkeit in unser Leben einlädt.Achtsamkeit lehrt uns, die Signale unseres Körpers besser zu verstehen und regt unsere Selbstheilungskräfte an.

Ein wirksamer Weg, den ich Ihnen in diesem Buch aufzeigen werde, führt über den liebevollen Umgang mit dem Körper. Unser Körper weiß genau, welches Verhalten für ihn gesund und ungesund ist und zeigt uns das auf seine eigene Weise, im schlimmsten Fall durch Krankheitssymptome. Leider haben Sie als Eltern von Ihren eigenen Eltern selten Achtsamkeit erlernt. Im Gegenteil, Ihnen wurden häufig unachtsame und ungesunde Muster vorlebt oder gar übergestülpt. Einige meiner Erfahrungen werde ich in diesem Buch mit Ihnen teilen. Solche in der frühen Kindheit erlernten Muster laufen oft unbewusst ab. Das macht es uns so schwer, manche einengende oder störende Verhaltensweise zu ändern. Stattdessen geben wir sie oft unbewusst an unsere Kinder weiter. Achtsamkeit kann dabei helfen, diese Muster aufspüren und zu durchbrechen. Unser Körper sendet Ihnen ehrliche Signale, welche Sie durch mehr Achtsamkeit verstehen lernen. Das gibt Ihnen gemeinsam mit Ihren Kindern die Chance, neue gesunde Muster zu erlernen und dauerhaft in Ihr Leben zu integrieren.

Eine weitere große Herausforderung, die Eltern und Kinder in der jetzigen Zeit bewältigen müssen, sind die digitalen Medien. Handys, Fernsehen und andere digitale Medien sind nicht nur nützliche Begleiter beim Lernen und Kommunizieren, sie ziehen leider auch viel Achtsamkeit aus unserem Leben heraus. Gerade Kinder sind hochgefährdet, dadurch in eine Reizüberflutung oder Suchtverhalten zu geraten.

Darum gibt es in jedem Kapitel einfache praktische Übungen, Spiele und Anregungen, welche Sie sofort alleine oder gemeinsam mit Ihren Kindern ausprobieren können. Diese Übungen eignen sich bestens dafür, um einer Überforderung durch Alltagsreize vorzubeugen. Auf diese Weise lernen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, mit Stresssituationen besser umzugehen und sich danach wieder ausreichend zu erholen. Die meisten dieser Übungen dauern nur wenige Minuten und fügen sich daher sehr gut in den oft schon vollen Alltag von Eltern und Kindern ein. Außerdem sind die meisten Anregungen spielerisch und lustig. Ihre Ausführung darf und soll jede Menge gemeinsamen Spaß bringen. So findet die Achtsamkeit nach und nach, ganz leicht und spielerisch, einen angemessenen Platz in Ihrem Familienleben.

Leider wird das Wort Achtsamkeit inzwischen sehr häufig benutzt, leider auch für die Bewerbung von völlig unnötigen Dingen. Deshalb habe ich versucht, Sie in diesem Buch nicht damit zu überhäufen oder gar zu erschlagen. Ziel der einzelnen Anregungen, Spiele und Übungen ist es, Ihnen als Familie viele passende Schlüssel zu einem glücklichen, selbstbestimmten Leben in der Hand zu geben. Welche Schlüssel Sie davon für sich und Ihre Kinder auswählen und wie Sie den Schlüsselbund für Ihre Familie gestalten, überlasse ich ganz Ihnen selbst, denn Sie allein sind die Könige und Königinnen Ihres eigenen Lebens.

Achtsamer Umgang mit unserem Körper

Als Jahara® Therapeutin und leidenschaftliche Körperforscherin möchte ich mich im ersten Kapitel dem Körper widmen, denn eine achtsame Körperwahrnehmung ist meiner Erfahrung nach eine Hauptstraße zu mehr Geborgenheit, lebendigem authentischem Ausdruck und purer Lebensfreude.

Auf körperlicher Ebene entscheidet das vegetative Nervensystem darüber, ob Kinder sich sicher und geborgen fühlen. Wahrscheinlich haben Sie schon einmal vom Vagusnerv gehört, unserem Selbstheilungsnerv. Das ist der wichtigste Nervenstrang (eigentlich sind es zwei) des vegetativen Nervensystems, welches Informationen aus dem Körper aufnimmt, verarbeitet und ans Gehirn weiterleitet.

Ein Beispiel: Sie oder Ihr Kind haben Schmerzen, das vegetative Nervensystem meldet daher Gefahr für die Gesundheit an Ihr Gehirn und schüttet unter anderem angstauslösende Hormone aus. Alles im Körper richtet sich nun auf das Gesundbleiben oder Gesundwerden aus, die höheren Gehirnstrukturen dagegen sind teilweise blockiert. Sicher kennen Sie das aus eigener Erfahrung: Wer kann schon klar denken oder geduldig kommunizieren, wenn ihn beispielsweise starke Kopfschmerzen plagen? Dieser Vorgang funktioniert auch anders herum: Wenn Kinder sich bedroht fühlen, Angst vor etwas Neuem haben oder sich unter Druck gesetzt fühlen, reagieren sie nicht selten mit Bauchschmerzen.

Daher fördern alle körperlichen Übungen, die das Nervensystem beruhigen, nicht nur die physische, sondern auch die psychische Gesundheit Ihres Kindes. Wenn Sie gleich damit beginnen wollen, finden Sie ein paar lustige Übungen am Ende des Kapitels 1.3.

Mein Körper gehört mir

Als Eltern haben Sie sich sicher schon oft gefragt, wie Sie Ihr Kind wirkungsvoll vor Kindesmissbrauch schützen können. Der beste Schutz, den Sie ihm meiner Erfahrung nach mitgeben können, ist die Erfahrung, dass es über seinen Körper selbst bestimmen darf. Wenn Ihr Kind von Ihnen gelernt hat, dass es Nein sagen darf, besonders wenn die Entscheidung seinen Körper betrifft, dann wird es Grenzverletzungen durch andere Menschen sensibel wahrnehmen und im besten Falle gleich bei einer vertrauten Person ansprechen.

Indem Sie seine körperlichen Impulse und sein Bauchgefühl immer wieder bestätigen, lernt es, dass es seinen Instinkten vertrauen kann. Ein aufrechtes selbstbewusstes Auftreten, gepaart mit einer gut ausgeprägten Intuition ist ein wirksamer Schutzwall gegen Übergriffe. Wenn Ihr Kind dann noch erleben darf, dass Sie ihm vertrauensvoll zuhören, ohne das Gesagte gleich zu bewerten, dann wird es mit Ihnen offen über komische Situationen und mögliche Grenzerfahrungen sprechen, auch wenn potenzielle Täter sein Schweigen erpressen wollen.

Lassen Sie also Ihr Kind bei jeder Gelegenheit erfahren, dass sein Körper sein Eigentum ist und sich daran niemand einfach so bedienen darf. Das fängt schon bei Babys und Kleinkindern an. Beobachten Sie Ihr Kind genau, ob es gerade wirklich berührt werden will. Will es gerade von der Oma gehalten werden? Welche Gesten zeigt es? Wendet es sich zu der Berührung hin oder davon weg? Welche Mimik zeigt es? Ein erfreutes Gesicht oder eher Abneigung? Wie fühlt sich sein Körper an? Eher weich und entspannt oder hart und angespannt? Viele Erwachsene neigen dazu, besonders kleinen Kindern eben mal so über den Kopf zu streicheln oder das Gesicht zu tätscheln, weil diese ja so niedlich sind. Solche Gesten können aber erste kleine Übergriffe sein, durch die Ihr Kind lernt, dass es ungewollte Berührungen ertragen muss. Falls Sie bemerken, dass Ihr Kind sich dabei unwohl fühlt, dann stoppen Sie andere Erwachsene. Sagen Sie offen, dass Ihr Kind gerade Ablehnung gezeigt hat und diese zu akzeptieren ist. Das kann für die ungewollt Übergriffigen etwas unangenehm sein, ist aber eine wichtige Lernerfahrung für alle Beteiligten. Besonders für Ihr Kind, denn es erfährt: Mein Körper gehört mir und meine Eltern beschützen mich und mein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.

Auch später, wenn Ihr Kind laufen und sprechen kann, sollten Sie es nie dazu nötigen, Berührungen zu ertragen, die es nicht mag. Unterstützen Sie es stattdessen durch wohlwollende Worte und Gesten, wenn es sich von einer Umarmung abwendet oder sagt, dass es eine Berührung nicht möchte.

Kinder sollten jederzeit selbst entscheiden dürfen, von wem sie gerade berührt werden mögen - selbst bei Menschen die sie lieben, selbst bei den eigenen Eltern.

Meiner Meinung nach sollte kein Kind dazu genötigt werden, jemandem die Hand zur Begrüßung zu geben, wenn es das nicht möchte. Ein freundlich ausgesprochenes Hallo mit Blickkontakt reicht völlig aus. Ich weiß, dass sich daraus die ein oder andere peinliche Situation ergeben kann. Aber wenn Sie Ihr Kind stark machen wollen, dürfen Sie lernen, die Grenzen Ihres Kindes von Anfang an zu achten und zu schützen. In dem Moment passiert noch etwas Anderes: Sie werden auch wieder sensibler gegenüber den eigenen Grenzen und lernen, diese besser zu schützen. Umarmen Sie beispielsweise andere Menschen, weil es so üblich ist oder weil Sie es von Herzen wollen? Je besser Sie sich um den Schutz Ihrer eigenen Grenzen kümmern, umso besser können Sie auch Ihre Kinder schützen.

Vielleicht kennen Sie das wundervolle Video, in welchem eine Lehrerin jedes einzelne Grundschulkind ihrer Klasse begrüßt. Die Kinder können dabei zwischen drei verschiedenen Symbolen wählen: Drücken sie das Herz, bekommen sie eine Umarmung. Wählen sie die Hand, dann bekommen sie einen Handschlag. Drücken sie dagegen auf eine Note, dann begrüßen sie sich berührungsfrei mit einem kurzen Tänzchen. Ich wünsche mir für jeden Menschen, dass er selbstbestimmt wählen kann, wie nah er gerade einem anderen Menschen kommen mag. Auch wenn die Corona Krise ziemlich viele heftige Herausforderungen für Eltern und Kinder mit sich brachte, hielt sie doch auch einige positive Lernerfahrungen für uns bereit. Durch das erzwungene Abstandhalten zu anderen Menschen, entstand bei einigen Menschen wieder ein besseres Empfinden von persönlicher Distanz. Damit meine ich nicht, dass körperliche Nähe Angst auslösen sollte. Wir sind schließlich Säugetiere und brauchen daher körperliche Nähe, um zu überleben. Jedoch nicht in jeder Situation und schon gar nicht von jedem Menschen. Ein Gefühl für eine gesunde persönliche Distanz zu haben, beinhaltet für mich die Antwort auf folgende Fragen: Welche Nähe und welchen Abstand brauche ich gerade, damit ich mich wohlfühle? Überschreitet mein Gegenüber gerade eine räumliche Grenze? Trete ich meinem Gegenüber gerade zu nah?

Wenn Sie anfangen, eine Bewusstheit für Grenzüberschreitungen zu entwickeln, werden Ihnen im Alltag mit Ihrem Kind immer wieder kleine und große Herausforderungen begegnen. Besonders während der Trotzphase innerhalb des 3. Lebensjahres werden Sie immer wieder folgende Entscheidung treffen müssen: Greife ich in die Selbstbestimmung meines Kindes ein oder achte ich seine Grenze? Was soll ich tun, wenn sich mein Kind nicht anziehen will, ich aber zur Arbeit muss? Wie reagiere ich, wenn sich mein Kind nicht waschen will? Kann ich es aushalten, wenn sich mein Kind im Supermarkt oder mitten auf der Straße auf den Boden wirft? Wie gehe ich mit einem ungesunden Essverhalten meines Kindes um?

Greife ich wirklich nur dann körperlich ein, wenn es dem Schutz meines Kindes dient? Wenn Sie beispielsweise dringend losmüssen und Ihr Kind nicht alleine zu Hause bleiben kann, es sich aber partout nicht alleine anziehen will. Wenn es allerdings ein bestimmtes Kleidungsstück ablehnt oder Sie noch Zeit hätten, den Trotzanfall gelassen abzuwarten, würde ich mich auf jeden Fall gegen körperliches Eingreifen entscheiden.

Genauso beim Waschen: Ist es wirklich schlimm, wenn ein Kind sich einmal abends nicht wäscht oder ist es schlimmer, wenn es lernt, dass es nicht über seinen Körper selbst bestimmen darf? Genauso bei einem Trotzanfall in der Öffentlichkeit: Ist es gerade da wo es liegt in Gefahr oder können Sie sich gelassen daneben stellen, den Anfall abwarten und die Kommentare der anderen Menschen aushalten, bis Ihr Kind von alleine wieder aufsteht?

Auch die Auswahl des Essens gehört zur körperlichen Selbstbestimmung dazu. Wie entspannt gehen Sie damit um, wenn Ihr Kind gesunde Speisen ablehnt? Dabei ist so eine „Gemüseanorexie“ sogar eine gesunde und wichtige Phase in der Entwicklung Ihres Kindes, die auch wieder vorbei geht. Wenn es selbst über seinen Körper und damit auch über sein Essen entscheiden darf, stärkt diese Erfahrung nachhaltig sein Körpergefühl und damit sein Selbstbewusstsein. Verzichten Sie bei den gemeinsamen Mahlzeiten auf jeglichen Druck und besonders auf Trainings- oder Umerziehungsmaßnahmen.

Gehen Sie stattdessen als gutes Vorbild voran, indem Sie Ihrem Kind die eigene Freude am Essen vorleben.

Kinder beobachten beim gemeinsamen Essen genau, wie es den Menschen um sie herum dabei geht: Wirken diese entspannt und gut gelaunt? Oder eher angespannt und gestresst? Wenn es beispielsweise immer wieder Ärger um grünes Gemüse gibt, dann kann das ja nichts Gutes sein. Kinder, die etwa sieben bis fünfzehn Mal beobachten konnten, wie enge Bezugspersonen bestimmte Speisen entspannt und genussvoll zu sich nahmen, sind danach in den meisten Fällen zum Probieren bereit. Auf diese Weise findet Ihr Kind am schnellsten zu der Ernährungsform, die zu ihm passt und die ihm guttut.

Ich kenne persönlich kein Kind, welches durch Druck oder gar Zwang zu einer gesunden Ernährung gefunden hat. Spüren Kinder dagegen, dass die Erwachsenen das Thema entspannt angehen, entwickeln die meisten ein gesundes Empfinden dafür, welche Speisen ihnen guttun und welche nicht. Vorausgesetzt, es stehen nicht zu viele ungesunde Nahrungsmittel zur Verfügung. Daher noch eine Anregung zum Thema Naschen: Süßes sollte keine Zwischenmahlzeit sein, weil das den Blutzuckerspiegel zu sehr durcheinander bringt. Verlagern Sie die oft heißgeliebten süßen Snacks stattdessen ans Ende einer Mahlzeit. Dadurch vermeiden Sie nicht nur, dass Ihr hungriges Kind viel zu viel von den ungesunden Sachen in sich hineinstopft, sie schützen es auch vor dem Teufelskreis der Unterzuckerung und den damit verbundenen Symptomen wie innerer Unruhe, Zappeligkeit und Konzentrationsstörungen.

Manchmal werden Sie sich dabei ertappen, dass Sie in Ihrem Kind gegenüber übergriffig reagiert haben. Vielleicht, weil Sie sich Sorgen gemacht haben oder einfach nur gestresst sind. In diesem Fall hilft es, nachsichtig mit sich selbst zu sein. Wahrscheinlich war Ihr Nervensystem gerade im Kampfmodus und Sie konnten nicht aus Ihrer Haut. Sagen Sie Ihrem Kind einfach, dass es Ihnen leidtut, sobald Sie den Kampfmodus wieder verlassen haben (und sich wahrscheinlich Ihr schlechtes Gewissen einstellt). Wenn solche Fehler nicht dauernd passieren, können sie zu einer guten Lernerfahrung für beide Seiten werden. Sie denken darüber nach, was Sie beim nächsten Mal anders machen könnten. Und Ihr Kind lernt durch die Entschuldigung, dass es eben nicht okay oder gar selbstverständlich ist, wenn Sie in seine körperliche Selbstbestimmung eingreifen.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen eine erste Embodiment Übung vorstellen, die sich hervorragend dazu eignet, eigene Grenzen wahrzunehmen und auch zu kommunizieren. Es geht um das körperliche Erleben, dass ein Stoppsignal sofort und umfänglich akzeptiert wird.

Diese wirkungsvolle Erfahrung gibt Selbstvertrauen und alle Beteiligten können auf wirksame Weise lernen, sich besser vor Grenzüberschreitungen zu schützen.

Übung: Grenzen setzen

Zwei Personen stellen sich mit möglichst großem Abstand, aber gutem Blickkontakt frontal gegenüber. Eine Person bleibt stehen, die andere beginnt langsam vorwärts zu gehen. Sobald die stehende Person „Nein“ oder „Stopp“ sagt, bleibt die andere stehen. Dabei kann das Nein durch eine Schutzgeste mit einer aufgestellten Hand verstärkt werden. Erst wenn die stehende Person „Komm!“ sagt und dabei mit der Hand eine einladende Geste macht, darf die andere weiter auf ihn zugehen. Das wird mehrmals wiederholt, bis der Abstand so groß ist wie die stehende Person es gerade als richtig empfindet. Das kann von Moment zu Moment und von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Manchmal fühlen sich zwei Meter richtig an, manchmal ist eine enge Umarmung passend.Danach erfolgt ein Rollentausch. Jetzt darf der andere entscheiden, wann sein Gegenüber gehen und wann es stoppen soll.

Um ein klares Nein zu üben, kann man vorher vereinbaren, dass man nur stehen bleibt, wenn man das Nein auch glaubt. Wird es beispielsweise mit einem Lächeln oder unsicherer Stimme ausgesprochen, geht man weiter. Auf diese Weise lernen Kinder, ihre Grenzen mit eindeutiger Mimik, Gestik und Stimme zu setzen.

Innere Stärke durch Embodiment

Wussten Sie, dass Elternbäume ihre Baumkinder erkennen und mit ihnen intensiv kommunizieren? Sie sind über ein unterirdisches und daher für unsere Augen unsichtbares Wurzelnetz fest miteinander verbunden, damit sie ihre Kinder unterstützen können. Auf diese Weise füttert der Mutterbaum seine Sprösslinge beispielsweise mit Kohlenstoff, bis sie aus dem Gröbsten raus sind. Außerdem helfen sie ihnen über unterirdische Signale, ihre Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Fressfeinde zu erhöhen. Sie bedienen sich dabei nicht nur ihrer eigenen Wurzeln, sondern nehmen auch die Hilfe von Mikroorganismen und Pilzgeflechten in Anspruch. Je stärker also so ein Mutter- oder auch Vaterbaum ist, umso besser sind die Chancen des jungen Bäumchens, zu einem aufrechten und gut verwurzeltem Baum heran zu wachsen.

Auch bei uns Menschen gibt es solche unsichtbaren Verbindungen zwischen Eltern und Kindern. Sie befinden sich in unserem Nervensystem und sind den Baumwurzeln sehr ähnlich. Wenn Sie schon mal eine Abbildung des Vagusnervs gesehen haben, dann gleichen seine unzähligen Verästelungen feinen Baumwurzeln, die fast unseren gesamten Körper durchstreifen. Daher bedeutet das Wort Vagusnerv übersetzt „der Umherschweifende“. Ein weiterer Name für den Vagus ist Selbstheilungsnerv, denn wenn wir ein glückliches selbstbestimmtes Leben führen wollen, dann muss dieses Nervengeflecht gut reguliert sein.

Und wie bei den Bäumen kommunizieren Nervensysteme miteinander. Wenn das Nervensystem der Eltern beispielsweise das Signal von Sicherheit sendet, dann findet auch das Nervensystem von Kindern in einen gut regulierten Modus. Dieser Modus, in dem der vordere Ast des Vagus aktiv ist, heißt auch Soziales Nervensystem. Ist das soziale Nervensystem aktiv, dann herrschen optimale Bedingungen für Wachstum und Entwicklung, aber auch für Regeneration und Selbstheilung.

Verfügen Sie als Eltern also über ein gut reguliertes Nervensystem, dann profitieren auch Ihre Kinder erheblich von diesen starken Wurzeln. Eine innere Sicherheit überträgt sich automatisch auf alle Menschen, die Ihnen nahestehen. Vielleicht kennen Sie solche Menschen, in deren Nähe Sie sich automatisch sicher und geborgen fühlen? Aber auch Unsicherheit und Angst übertragen sich durch Ihr Nervensystem automatisch auf andere Menschen und besonders auf Ihre Kinder. Wenn Sie also wollen, dass Ihre Kinder zu starken selbstbewussten Persönlichkeiten heranwachsen, dann kommen Sie nicht darum herum, sich selbst starke Wurzeln zuzulegen. Wir Menschen brauchen solche gesunden und starken Wurzeln, damit uns die Stürme des Lebens nicht so leicht umwerfen. Die wichtigsten davon werden in der frühen Kindheit ausgebildet. Sie heißen Urvertrauen und Selbstliebe, sie geben uns innere Sicherheit und festen Halt. Aber auch Erwachsene können noch Einiges für starke widerstandsfähige Wurzeln tun. Auch ich selbst habe so manche Wurzel erst in den letzten Jahren meines Erwachsenenlebens ausgebildet und lerne in meiner täglichen Praxis immer neue Möglichkeiten dazu, fest im Leben verankert zu sein. Besonders die einfachen Embodiment Übungen, welche Ihnen in diesem Kapitel dieses Buches begegnen werden, haben meiner Erfahrung nach eine wunderbar stabilisierende und heilende Wirkung auf das Nervensystem und den Körper jedes Menschen.

Gerade in stürmischen Zeiten brauchen wir Menschen einen sicheren Halt und besonders Eltern brauchen innere Stärke, denn sie müssen nicht nur sich, sondern auch Ihre Kinder beschützen. Durch Embodiment gewinnen Sie und Ihre Kinder eine Sicherheit, die fest in Ihrem Körper verankert ist. Eine Sicherheit, die Sie auch dann noch abrufen können, wenn so manche Ressource im Außen wegbricht. So geben Sie Ihren Kindern die Möglichkeit, ihre ureigenen Blüten auszubilden und zu entfalten, statt sich einer Umwelt anzupassen, die Neugier und Freude als Motoren unserer Entwicklung nicht zulässt. Einheitliche „Bäume“ auf Plantagen, welche überzüchtet, gestutzt und zu stark von äußeren Bedingungen abhängig sind, gibt es leider schon genug.

Als Kind und auch noch als junge Erwachsene reagierte ich im Umgang mit anderen Menschen schüchtern und gehemmt. Sowohl der körperliche als auch der stimmliche Ausdruck meiner Gefühle fiel mir unheimlich schwer. Es war wie eine unsichtbare Mauer, die ich allein nicht überwinden konnte. Natürlich spürten gleichaltrige Kinder diese Unsicherheit und nutzten sie nicht selten aus, um mich gezielt zu ärgern. Heute würde man von einer intensiven Mobbingerfahrung sprechen. Was hätte ich dafür gegeben, wenn meine Eltern mit mir ein paar Embodiment Übungen gemacht hätten, um mir den Rücken zu stärken. Leider hatten sie so etwas selbst nicht gelernt und konnten es daher auch nicht an mich weitergeben. Ich habe das dann als Erwachsene ausgiebig nachgeholt, zum Beispiel in den Kursen von Lilian Runge.

Doch je früher Sie Ihrem Kind solche Übungen beibringen, umso besser schützen Sie es nicht nur vor Mobbing. Sie geben ihm auch eine innere Sicherheit mit, welche es fürs Leben stark macht. Sie können Ihr Kind nicht vor allen Stürmen des Lebens bewahren, aber Sie können es innerlich stark machen, damit ihm diese Stürme nicht so viel anhaben. Und Sie können ihm lernen, wie man wieder aufsteht, die Krone richtet und erhobenen Hauptes auf dem eigenen Weg weitergeht.

Kleine Kinder besitzen meist noch ein sehr gutes Gefühl für ihren Körper und ihre Bedürfnisse. Sie äußern diese offen und frei von Scham, bis wir als Erwachsene beginnen, sie zu erziehen. Im Wort „Erziehen“ steckt eben leider das Wort „Ziehen“ drin. Doch kein Lebewesen wächst besser, wenn man daran zieht. Wir bringen Kindern beispielsweise bei, dass man nicht mit offenem Mund gähnt und möglichst wenig Geräusche macht. Wir lernen ihnen, still zu sitzen und dabei spontane Lautäußerungen und Bewegungsimpulse zu unterdrücken.

Alle spontanen Laute und Bewegungen wie Gähnen, Seufzen, Räkeln und Schütteln sind natürliche Reaktionen des Körpers. Sie dienen der Regulation des Nervensystems.

Lassen Sie Ihre Kinder die wohltuende Wirkung dieses natürlichen Ausdrucks erleben. Kennen Sie den Begriff Embodiment? Er bedeutet Verkörperung. Nur durch das Einbeziehen meines Körpers konnte ich mir meine innere Freiheit Stück für Stück zurück erobern.

Die Erklärung für die befreiende und heilsame Wirkung des Embodiments liegt in der Funktionsweise unseres autonomen Nervensystems. Wussten Sie, dass der Vagusnerv zu mindestens 80% aus aufsteigenden Bahnen besteht? Das bedeutet, dass 80% aller Signale aus dem Körper kommen und nur 20% vom Gehirn. Ahnen Sie jetzt, warum unser Körper so viel Einfluss auf unser Wohlbefinden hat? Und zwar deutlich mehr als unser Kopf? Das ist der wichtigste Grund dafür, warum wir Verhaltensänderung eben nicht allein durch neue Gedankenmuster erreichen können. Und es ist auch der Grund dafür, warum Embodiment so wirkungsvoll ist. Es legt die Weichen direkt im Körper um und zwar in Richtung Sicherheit, Wohlbefinden und Entwicklung.

Embodiment-Übungen eignen sich hervorragend, um ein ungesundes Verhalten zu unterbrechen und damit unserem Gehirn zu signalisieren: Es gibt andere, gesündere Möglichkeiten. Vielleicht fallen Ihnen schon jetzt einige Verhaltensmuster ein, die sich bei Ihnen oder Ihrem Kind eingeschlichen haben, wie ständige Wutanfälle, lähmende Ängste, starke innere Anspannung, negative Gedankenschleifen, Selbstzweifel oder Suchtstrukturen. Wir alle haben Verhaltensmuster aus der Kindheit, die uns immer wieder daran hindern, glücklich zu sein. Ist es nicht eine große Erleichterung, zu wissen, dass Sie oder Ihr Kind mit solchem Verhalten nicht verkehrt oder gar psychisch krank sind? Und dass es anderen Menschen ähnlich geht? Es handelt sich wahrscheinlich „nur“ um eine Regulationsstörung im autonomen Nervensystem. Wenn Sie dazu tiefer eintauchen wollen, empfehle ich Ihnen mein Buch „Der Vagusnerv - Ihr Schlüssel für Wohlbefinden und Selbstheilung, Wege heraus aus dem Hamsterrad von Stress, Erschöpfung und Angst“. Für Jetzt und Hier gebe ich Ihnen ein paar wirkungsvolle Übungen mit, um solche Handlungsmuster sofort zu unterbrechen. Wahrscheinlich werden Ihnen einige davon sehr bekannt vorkommen, denn Kinder zeigen dieses gesunde Verhalten noch solange, bis sie es von uns Erwachsenen oder unserem Schulsystem abtrainiert bekommen.

Beachten Sie beim Üben bitte, dass es nicht um das Wegmachen von unerwünschtem Verhalten geht, sondern eher darum, Ihrem Nervensystem neue Möglichkeiten anzubieten. Je öfter Sie diese Übungen durchführen, umso reicher wird Ihr Handlungsspielraum und irgendwann wählt Ihr Nervensystem automatisch die neuen Wege zur Regulation. Ich wünsche Ihnen und Ihren Kindern aber vor allem viel Freude beim Ausprobieren.

Folgende einfachen und lustigen körperlichen Übungen eignen sich hervorragend, um das Nervensystem zu beruhigen, beispielsweise bei Ängsten, übermäßigem Grübeln, Konzentrationsstörungen, belastenden Gefühlen oder Suchtverhalten. Da sie für Kinder und Erwachsene bestens geeignet sind, habe ich die Du-Form gewählt.

Lustige Embodiment - Übungen

Schüttle deinen ganzen Körper, gerne zu einer flotten Musik. Stehe dafür etwa schulterbreit und federe mit den Knien auf und ab. Lass zu, dass sich das Schütteln über alle Körperteile ausbreitet. Dieses Schütteln ähnelt dem natürlichen Zittern von Tieren nach einem Schreck und ist für mich immer wieder die wirkungsvollste Variante, um Stress im Nervensystem zu unterbrechen und ein Zuviel an Erregung abzuleiten.Stampfe ein paarmal kräftig mit den Füßen auf, strecke dabei die Zunge heraus und rufe laut „bäh“. Spüre dabei, wie sich die Energie in deinem Körper bewegt. Möglicherweise ist da zuerst einmal Scham, aber auch dieses Gefühl ist Energie, welche fließen möchte. Welche Körperteile spürst du gerade besonders intensiv?Knete deine Körperteile kräftig durch und sprich dabei mit ihnen, beispielsweise: Hallo Bein, schön, dass es dich gibt!Stehe schulterbreit und locker in den Knien und lass deine Arme locker um den Körper herum schwingen. Oder baumle beim Gehen überschwänglich mit den Armen. Oder schwenke dein Kind in deinen Armen herum.Sitzt du gerade an den Hausaufgaben und nichts geht mehr? Hüpfe wie ein Frosch ein paar Runden um den Tisch herum und quake dabei fröhlich. Vielleicht fällt dir auch ein anderes Tier ein? Spüre danach wie sich dein Körper anfühlt: Wo bemerkst du ein Kribbeln, ein Strömen oder etwas ganz Anderes?
---ENDE DER LESEPROBE---