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Um Gilgamesch, den König der sumerischen Stadt Uruk in Mesopotamien, rankt sich ein Bestand mythisch-sagenhafter Erzählungen, die berichten, wie er nach allerhand großen Heldentaten dem Schicksal seiner Endlichkeit zu entgehen versucht. Unsterblichkeit aber, das muss der Held einsehen, ist nur den Göttern gegeben, Sterben dagegen Teil der menschlichen Natur. Das Gilgamesch-Epos stammt aus dem babylonischen Raum und ist eine der ältesten überlieferten Dichtungen der Menschheit. Hier geht es gewaltige viertausend Jahre zurück in die Vergangenheit und hinab zu den tiefsten Wurzeln literarischer Gestaltungskraft.
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Seitenzahl: 59
Das Gilgamesch-Epos
Übersetzt von Hermann Ranke
Anaconda
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Dieser Band erschien zuerst 1924 unter dem Titel Gilgamesch beiL. Friederichsen & Co., Hamburg. Der Text wurde unter Wahrungvon Lautstand, Interpunktion sowie sprachlich-stilistischerEigenheiten den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2024 by Anaconda Verlag, einem Unternehmender Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlagmotive: Adobe Stock / Laura Bustos (Köpfe),hibrida (Schriftzeichen)
Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de
Abbildung Seite 3: Relief aus der assyrischen Stadt Dur Scharrukin(das heutige Chorsabad, Irak), häufig als Darstellung des Gilgameschgedeutet, Musée du Louvre, Paris. Wikimedia Commons, gemeinfrei
Satz und Layout: InterMedia – Lemke e. K., Heiligenhaus
ISBN 978-3-641-31856-7V001
www.anacondaverlag.de
Inhalt
Vorwort
Erste Tafel
Zweite Tafel
Dritte Tafel
Vierte Tafel
Fünfte Tafel
Sechste Tafel
Siebente Tafel
Achte Tafel
Neunte Tafel
Zehnte Tafel
Elfte Tafel
Zwölfte Tafel
Vorwort
Um Gilgamesch, den König der sumerischen Stadt Uruk in Mesopotamien, rankt sich ein Bestand mythisch-sagenhafter Erzählungen, die berichten, wie er nach allerhand großen Heldentaten dem Schicksal seiner Endlichkeit zu entgehen versucht. Unsterblichkeit aber, das muss der Held einsehen, ist nur den Göttern gegeben, Sterben dagegen Teil der menschlichen Natur.
Das Gilgamesch-Epos in seinen verschiedenen Fassungen stammt aus dem babylonischen Raum und ist eine der ältesten bekannten Dichtungen der Menschheit aus der Zeit zwischen 2400 und 1750 v. Chr. Jahrhundertelang erzählte man sich Geschichten über den Helden und es entstanden Mythen im Sinne einer mündlichen Tradition. Die ersten in Keilschrift auf Tontafeln fixierten Texte waren einzelne Episoden aus dem Leben des Helden. Das einheitliche Epos entstand um 1750 v. Chr., überliefert ist es auf 12 – teils nur fragmentarisch erhaltenen – Tontafeln. Die Wiederentdeckung der 1853 im Irak entdeckten und ins British Museum nach London verbrachten Tafeln ist dem englischen Assyriologen George Smith zu verdanken, dem es noch im 19. Jahrhundert gelang, erste Textstellen zu entziffern. Von den ursprünglich über 3000 Versen sind knapp zwei Drittel aus verschiedenen Überlieferungen bekannt.
In der vorliegen Übersetzung des Ägyptologen und Begründers des Archäologischen Instituts der Universität Heidelberg, Hermann Ranke (1878–1953), sind fehlende Wörter des Originals durch Punkte angedeutet. Wo größere Textpassagen fehlen, geben die kursiv gesetzten Textstellen einen verbindenden Text des Übersetzers wieder.
Erste Tafel
Der alles sah, bis an die Enden der Erde,
Der alles erfuhr, alles kennenlernte,
Der alle Geheimnisse durchschaute,
Die Decke der Weisheit, die alles verhüllt.
Verwahrtes sah er, Verdecktes enthüllte er,
Von der Zeit vor der Sturmflut brachte er Kunde.
Er ging einen fernen Weg,
Sich mühend und quälend,
Schrieb dann auf eine Tafel die ganze Mühsal.
Er baute die Mauer des umfriedeten Uruk,
Vom heiligen Eanna, dem reinen Tempel,
Legte er den Grund, der so fest wie Erz ist …
Zwei Drittel von ihm sind Gott,
Ein Drittel von ihm ist Mensch,
Der Gestalt seines Leibes kommt niemand gleich …
(Die Einwohner von Uruk rufen die Götter um Hilfe:)
»Gilgamesch lässt nicht den Sohn zum Vater.
Tag und Nacht die Mauer bauend.
Er ist der Hirt des umfriedeten Uruk,
Er ist der Hirt und der Herr seines Volkes,
Stark und herrlich, kundig der Weisheit!
Gilgamesch lässt nicht die Jungfrau zum Geliebten,
Die Tochter eines Helden,
Die Erwählte eines Edlen!«
Ihr Wehklagen hörten die großen Götter.
Die Götter des Himmels riefen den Herrn von Uruk:
»Du hast doch den gewaltigen Wildstier erschaffen, den Helden Gilgamesch;
Er hat nicht seinesgleichen im ganzen Lande …
Gilgamesch lässt nicht den Sohn zum Vater,
Tag und Nacht die Mauer bauend.
Er ist der Hirt des umfriedeten Uruk,
Er ist der Hirt und Herr seines Volkes,
Stark und herrlich.
Kundig der Weisheit!
Gilgamesch lässt nicht die Jungfrau zum Geliebten,
Die Tochter eines Helden,
Die Erwählte eines Edlen!«
Der große Gott Anu erhörte ihr Klagen.
Man rief Aruru, die große Göttin:
»Du, Aruru, schufst den Anu,
Jetzt schaffe einen, der ihm gleich ist.
Zu der Zeit, das es ihm gefällt,
Komme er zu Gilgamesch.
Sie mögen miteinander wetteifern,
Damit Uruk zur Ruhe komme.«
Als Aruru das hörte,
Schuf sie in ihrem Herzen ein Ebenbild Anus.
Aruru wusch sich die Hände,
Lehm kniff sie ab und spie darauf.
Sie bildete Engidu,
Schuf einen Helden, einen herrlichen Spross,
Einen Kämper Rimurtas.
Sein ganzer Körper war mit Haar bedeckt,
Er trug das Haupthaar wie ein Weib,
Die Fülle seines Haares sprosste wie Getreide.
Er wusste nicht von Land und Leuten,
Gekleidet war er wie der Gott der Heerden.
Mit den Gazellen isst er Kräuter,
Mit dem Wild geht er zur Tränke,
Mit dem Gewimmel des Wassers freut sich sein Herz.
Einem Jäger, einem Wildsteller, trat er an der Tränke entgegen.
Einen Tag, einen zweiten und dritten trat er ihm an der Tränke entgegen.
Der Jäger sah ihn, da ward sein Antlitz verstört.
Ohne sein Wild kehrte er in sein Haus zurück.
Er war betrübt, verstört, er schrie.
Sein Herz fürchtete sich, und sein Antlitz war finster.
Wehklagen zog in sein Herz,
Und er glich einem Wandrer ferner Wege.
Der Jäger tat seinen Mund auf, spricht und sagt zu seinem Vater:
»Mein Vater, ein Mann, der vom Gebirge kam,
Ist gar mächtig im Lande geworden,
Gewaltig an Kraft wie ein Kämpfer Anus.
Er geht beständig auf dem Gebirge einher,
Er ist beständig beim Wild,
Beständig sind seine Füße vor der Tränke.
Ich habe Furcht, ich mag ihm nicht nahen.
Er hat meine Gruben gefüllt, die ich gegraben,
Meine Fallen, die ich gelegt habe, hat er zerstört.
So ließ er meinen Händen das Wild entkommen, das Gewimmel des Feldes.
Einen Fang zu machen, erlaubt er mir nicht!«
Der Vater tat seinen Mund auf, spricht und sagt zu dem Jäger:
»Such Gilgamesch auf, den Herrn von Uruk …
Erbitte dir eine Geweihte und führe sie mit dir …
Zieht das Wild zur Tränke,
So werfe sie ihr Gewand ab, damit er ihre Fülle nehme.
Wird er sie sehen, so wird er ihr nahen,
Dann wird ihm sein Wild fremd werden,
Das mit ihm auf seiner Steppe aufwuchs.«
Der Jäger hörte den Rat seines Vaters …
Er machte sich auf den Weg, er traf in Uruk ein.
Er geht zu Gilgamesch und sagt zu ihm:
»Ein Mann, der vom Gebirge kam,
Ist gar mächtig im Lande geworden,
Gewaltig an Kraft wie ein Kämpfer Anus.
Er geht beständig auf dem Gebirge einher.
Er ist beständig beim Wild,
Beständig sind seine Füße vor der Tränke.
Ich habe Furcht, ich mag ihm nicht nahen.
Er hat meine Gruben gefüllt, die ich gegraben,
Meine Fallen, die ich gelegt habe, hat er zerstört.
So ließ er meinen Händen das Wild entkommen, das Gewimmel des Feldes.
Einen Fang zu machen erlaubt er mir nicht!«
Gilgamesch sagt zu ihm, dem Jäger: