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Dieses E-Book entspricht 160 Taschenbuchseiten ... Seit ihrem plötzlichen Auftauchen mischt die attraktive, aber unnahbar coole Nina die Gothic-Szene der Stadt ganz schön auf. Alle Männer begehren sie, doch keiner weiß, dass Nina ein Geheimnis hat. Was ist das für ein Wesen, dem sie im düsteren Wald vor der Stadt begegnet ist? Der überirdische Sex mit ihm droht Nina mit Haut und Haaren zu verschlingen. Dann erscheint der Dämonenjäger Falk in der Stadt. Er behauptet, Nina sei in Lebensgefahr. Auch die Leute aus der Gothic-Szene bleiben nicht untätig. Schließlich haben auch sie Bedürfnisse, die befriedigt werden wollen. Doch alle haben die Rechnung ohne Ninas mysteriösen Lover gemacht ... Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 217
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Impressum:
Das Gothic-Girl und der Dämon - Begierde und Gefahr | Erotischer Fantasy-Roman
von Liv Harder
Schon als Jugendliche hat Liv Harder ihre erotischen Fantasien zu Papier gebracht. Die begeisterte Taucherin, die sich auch hätte vorstellen können, Meeresbiologin zu werden, hat lange in New York und in Berlin gelebt. In den Clubszenen der beiden Städte hat sie so manch geheimen Wunsch ausgelebt. Inzwischen lebt Liv mit ihrem Partner in einer Großstadt am Rhein, wo man sie gelegentlich auf Erotik-Partys antreffen kann.Die Heldin ihres ersten Romans „Marie und der Motorradfahrer“ hat einiges mit der Autorin gemeinsam: Beide haben lange blonde Haare und teilen ihre Vorliebe für Tattoos und für Lack und Leder. Vieles aus Livs eigenem Leben ist in dieses Buch eingeflossen, auch die Erfahrung einer heißen Affäre mit einer Frau.Liv Harder schreibt schon an ihrem nächsten Buch, einem Roman, der in einem ziemlich sexy dargestellten Mittelalter spielt. Auch ein erotischer Mystery-Thriller ist in Arbeit. „Ich stehe auf harten Sex, aber ich habe auch eine romantische Ader“, verrät Liv lächelnd.
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2022 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © flexdreams @ 123RF.com © zeferli @ 123RF.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783750715806
www.blue-panther-books.de
Kapitel 1
Ein leichter Wind ließ die Blätter der Bäume rauschen und sie erinnerte sich wieder, wie sie sich als Kind in das Rauschen der Blätter hineingesteigert hatte, bis es unheimlich geworden war. Doch gerade das hatte sie mit einem wohligen Gruseln erfüllt, ein Gefühl, das im Laufe der Zeit wie eine Sucht geworden war und das sie sich immer aufs Neue verschaffen musste. Sie liebte Wälder in Wind und Sturm.
Es hatte den ganzen Tag geregnet. Am Abend hatte der Regen aufgehört, doch der Wind ließ es noch immer von den Bäumen im Wald draußen vor der Stadt tropfen, der zu dieser nächtlichen Stunde verlassen war.
Zumindest glaubte die junge Frau, dass sie die Einzige war, die sich in dieser Nacht im Wald aufhielt. Zwar kannte sie ein paar Leute aus der Gothic-Szene der Stadt, die ihre Vorliebe für nächtliche Besuche im Stadtwald und auf düsteren Friedhöfen teilten, doch keiner von ihnen würde freiwillig in einer Nacht, in der es jeden Moment wieder in Strömen zu regnen beginnen konnte, einen Fuß vor die Tür setzen, um den riesigen, düsteren Wald zehn Kilometer vor der Stadt aufzusuchen.
Doch sie hatte ihre schwarzen Motorradklamotten angezogen, sich auf ihre Maschine geschwungen und war Richtung Westen vor die Tore der Stadt gefahren, wo sich in der Ebene der Wald erstreckte.
Für das, was sie heute vorhatte, wollte sie ohnehin keine Begleitung. Das sollte ihr ganz eigenes Ding sein. Nur sie und dieses geheimnisvolle alte Haus im Wald.
Sie hatte ihr Motorrad auf einem Parkplatz für Ausflügler abgestellt, der zu dieser Stunde völlig leer war, und zielstrebig einen schmalen Pfad eingeschlagen.
Mitten im Wald stand ein altes Haus mit Türmchen und Erkern, das einmal der Wohnsitz des Forstaufsehers gewesen war. Die düstere, seit Jahrzehnten verlassene Villa trug über der Haustür die Inschrift: Erbaut 1892. Efeu war die Mauern hochgekrochen, das Gras vor der verrammelten Eingangstür wuchs kniehoch und der Garten hinter dem Haus war völlig verwildert und wurde allmählich vom Wald zurückerobert.
Schon lange hatte sie dieses Haus einmal betreten wollen. Heute Nacht sollte es soweit sein. Warum gerade heute, hätte sie selbst nicht zu sagen vermocht. Ihre Ungeduld, in das verlassene Haus einzudringen, war in den letzten Tagen einfach übermächtig geworden, nachdem sie es erst vor einigen Wochen bei einem ihrer Streifzüge entdeckt hatte. Es war, als ob ein Magnetismus sie dorthin zog. Sie musste einfach in dieses Haus.
Fenster und Türen waren mit Brettern zugenagelt und verrammelt. Doch bei ihrem letzten Besuch hatte die junge Frau festgestellt, dass die Bretter an der hinteren Tür, die vom Haus in den Garten führte, schon etwas morsch waren und sich leicht würden lösen lassen.
Mit ihren Motorradstiefeln bahnte sie sich einen Weg durch das hohe Gras des Gartens und das Gestrüpp, das sich ausgebreitet hatte, seit das Haus nicht mehr bewohnt wurde. Ihre Motorradhose aus schwarzem Leder schützte sie vor den Dornen der Zweige, die gegen ihre Oberschenkel schlugen. Vielleicht musste sie das Stemmeisen, das sie zum Anheben der Bretter und zum Öffnen der Tür mitgenommen hatte, zu Hilfe nehmen, um sich einen Durchgang zu verschaffen.
Auf den ausgetretenen Stufen, die von der Terrasse in den Garten führten, blieb sie einen Augenblick stehen. Der Wald schien zu schlafen, nur einige der riesigen Bäume ächzten.
Als ob es sich um einen Talisman handelte, griff sie mit der linken Hand an die silberne Schlange, die sie als Armband an ihrem rechten Handgelenk trug. Sie atmete tief durch und machte sich ans Werk. Es brauchte nicht viel Kraft, um die morsch gewordenen Bretter mit dem Stemmeisen zu lösen. Die junge Frau nahm die Bretter vorsichtig ab, bevor sie polternd auf die Steine fallen konnten. Obwohl doch wohl niemand außer ihr sich im Wald aufhielt, gab es ihr ein besseres Gefühl, keinen Lärm zu verursachen.
Doch Lärm ließ sich nicht ganz vermeiden, als sie sich daran machte, die hölzerne Tür aufzustemmen. Die Tür war verschlossen und nachdem die junge Frau das eine Ende des Stemmeisens in Höhe des Schlosses zwischen Tür und Rahmen geschoben hatte, gab es einen lauten Knall, als die Hebelwirkung das Schloss aufsprengte.
Bevor sie die Tür aufstieß, hielt sie einige Sekunden inne und lauschte, ob im Wald ein Geräusch zu vernehmen war. Später wunderte sie sich, dass sie gar nicht daran gedacht hatte, dass vielleicht auch im Haus sich etwas hätte regen können.
Sobald sie das Haus betrat, erfasste sie ein Gefühl leichten Unwohlseins, als ob sie beobachtet würde. Das war nicht mehr das wohlige Gruseln, das sie bislang empfunden hatte und nach dem sie sich immer sehnte. Und doch hätte sie um keinen Preis jetzt umkehren wollen. Es war, als ob hier etwas auf sie wartete, dem sie sich im Guten wie im Bösen zu stellen hatte. Sie zog den Reißverschluss ihrer Lederjacke auf, holte eine Taschenlampe hervor und ließ sie aufleuchten. Das Stemmeisen hielt sie wie eine Waffe in der rechten Hand.
Aber da war nichts. Nur ein leichter Modergeruch stieg ihr in die Nase, den die Nacht und die Stille besonders stark hervortreten ließen.
Sie befand sich in einem, mit steinernen Platten ausgelegten Dielenraum, der bis auf einen gusseisernen Ofen, dessen Rohr in der Wand verschwand, leer geräumt war. Gegenüber führte eine hölzerne Treppe ins Obergeschoss und rechts und links führten offenstehende Türen in danebenliegende Zimmer.
In beiden Zimmern ließ sie den Schein der Taschenlampe über die Wände gleiten. Bis auf etliche Spinnweben waren die Zimmer leer, doch konnte man auf den altmodischen, geblümten Tapeten deutlich erkennen, wo Bilder gehangen und Möbel gestanden hatten.
Vielleicht gab es oben ja mehr zu sehen. Sie hoffte es. Langsam und vorsichtig stieg sie die hölzerne Treppe hoch. Die Bretter knarrten, schienen aber stabil zu sein. Nur das Gefühl, beobachtet zu werden, nahm mit jeder Stufe zu, die sie dem Obergeschoss näherbrachte. Was war das bloß für ein merkwürdiger Drang, der sie gleichwohl magisch nach oben zog? Es war, als ob es mehr und mehr ein dunkles Verlangen ihres Körpers sei, nicht ihres Geistes. Die junge Frau leuchtete nach oben und hielt das Stemmeisen fest in der Hand.
Oben angelangt stellte sie fest, dass dieses Geschoss über vier kleinere Zimmer verfügte und dass eine weitere, jedoch schmalere Treppe ins Dachgeschoss hinaufführte. Drei der Zimmertüren standen offen, die vierte war verschlossen.
Ohne weiter darüber nachzudenken, schritt sie auf das verschlossene Zimmer zu. Dabei musste sie wohl gegen das Geländer der oberen Treppe gestoßen sein, denn ihre Taschenlampe fiel zu Boden. Und obwohl der Dielenboden ganz eben war, rollte sie auf die Treppe zu, die die junge Frau soeben hochgestiegen war. Schon hörte sie die Lampe polternd auf den Treppenstufen aufschlagen.
Wie merkwürdig, dachte die junge Frau und wollte eben umkehren, um sich ihre Lampe, ohne die hier oben nichts zu sehen war, wiederzuholen.
Plötzlich hielt sie inne. Da war etwas. Da war jemand. Sie war sich ganz sicher. Nun roch sie es auch. Ein herber, männlicher Duft. Da musste sie hin. Dahin zog es sie mit unwiderstehlicher Kraft. Irgendwo in ihrem Kopf versuchte sich eine schwache Stimme zu melden, um sie davon abzuhalten, diesem Duft zu folgen. Die Stimme der Vernunft, das wusste sie. Aber das Verlangen ihres Körpers, diesem Duft näher zu kommen, ihn noch viel intensiver einzuatmen, war ungleich stärker. Sie wollte gar nicht widerstehen. Sie musste und sie wollte, was auch immer diesen Duft ausströmte.
Doch plötzlich berührte etwas ihren Oberschenkel. Und der Duft war nun ganz stark. Beinahe machte er sie ohnmächtig. Auf einmal spürte sie eine Hand, die sich durch das Leder auf ihr Bein legte. Das war zu viel. Noch im selben Moment schrie sie auf und stieß panisch mit dem Stemmeisen zu. Der Schlag schien ins Leere zu gehen, doch glaubte sie später, in diesem Moment ein Ächzen gehört und dann gespürt zu haben, wie etwas zurückwich.
Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürmte die Treppe hinunter. Ihre schweren Stiefel knallten auf die Stufen. Später wunderte sie sich, dass sie sich nicht die Beine gebrochen hatte. Zu ihrer Erleichterung stand die Terrassentür noch offen. Sie warf die Tür hinter sich zu und durchquerte in Windeseile den Garten. Als sie unter den Bäumen war, schaute sie einmal kurz zurück. Niemand schien ihr zu folgen. Aber für ein erleichtertes Aufatmen war es noch zu früh.
Später fiel ihr auf, dass der Mond in diesem Moment voll auf die geschlossenen Fensterläden des Hauses geschienen hatte. Er hatte sein fahles, milchiges Licht über das ganze Haus ergossen.
Das war unerklärlich, denn weder vorher noch nachher war der Mond in dieser Nacht am dicht bewölkten Himmel zu sehen gewesen.
Sie rannte den Weg, den sie durch den Wald gekommen war, zurück. Als sie endlich ihr Motorrad erreicht hatte, war sie völlig außer Atem. Sie schwang ihr Bein über die Maschine und stellte beim Aufsetzen des Helms und beim Starten des Motorrads fest, dass ihre Hände heftig zitterten.
Beim Losfahren beschleunigte sie so schnell, dass die Maschine ins Schleudern kam. Kies spritzte nach allen Seiten und beinahe wäre sie gestürzt. Wie von Furien verfolgt, bretterte sie über den unbefestigten Waldweg. Erst auf der Landstraße, die zur Stadt führte, kam sie etwas zur Besinnung. Die kühle Nachtluft, die ihr entgegenschlug, tat gut.
Was sollte sie tun? Sie würde nach Hause fahren und ein warmes Bad nehmen, um ihre Nerven zu beruhigen. Sie würde einen Tee oder – noch besser – ein Glas Rotwein trinken und sich alles in Ruhe noch einmal vor Augen führen. Und sie musste unbedingt herausfinden, was sie wirklich gespürt und gehört hatte und was vielleicht nur ihre Fantasie beigesteuert hatte.
Aber dieser Duft, der war doch keine Einbildung gewesen.
Als sie zu Hause ankam, hatte sie den verführerischen, männlichen Duft wieder in der Nase. In der Erinnerung an das unbekannte Wesen, das sich ihr in dem nächtlichen Haus genähert hatte, überkam sie ein unbestimmtes und unwiderstehliches Verlangen. In ihrem Zimmer warf sie die Motorradjacke von sich, zog die Stiefel aus, streifte die lederne Hose ab und ließ sich nackt aufs Bett fallen. Der kleine Wecker neben dem Bett zeigte vier Uhr.
Beinahe hätte sie geweint vor zitterndem Verlangen nach etwas Unbekanntem. Ihr Körper dürstete nach dem Wesen, das so unglaublich verführerisch roch. So musste es einem Junkie gehen, dem man seinen Stoff vorenthielt. Es war nicht auszuhalten. Sie musste sich irgendwie Erleichterung verschaffen.
Zitternd ließ sie ihre Fingerspitzen über die Innenseiten ihrer Schenkel gleiten und öffnete leicht ihre Lippen. Schon strich sie sanft über ihre blank rasierte Pussy, die schnell feucht wurde. Sie seufzte wollüstig, als sie spürte, wie ihre Perle unter dem zärtlichen Streicheln ihrer Finger anschwoll. Dann ließ sie ihren Mittelfinger in ihrer engen heißen Möse verschwinden und bewegte ihn langsam und wollüstig vor und zurück. Mit den Fingern der anderen Hand massierte sie sanft ihre Perle. Sie stellte sich vor, dass es das unbekannte fremde Wesen war, das sie jetzt verwöhnte, das so unglaublich gut roch und nun seinen knüppelharten Schwanz in ihrer Möse rhythmisch auf und ab bewegte. Mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund keuchte sie. Diese Lust war kaum zu ertragen. Es dauerte nicht lange, bis sie in einer heißen Woge kam. Sie biss sich auf die Lippen, um ein Stöhnen der Lust zu unterdrücken.
Dann ließ sie sich befriedigt zurücksinken und schwor sich einen Eid, dieses Wesen aufzuspüren und Wirklichkeit werden zu lassen, was sie sich soeben nur vorgestellt hatte. Sonst würde sie niemals mehr Ruhe finden. Das war sicher.
Kapitel 2
Der Mann stellte seinen Wagen auf einem Parkplatz in der Nähe des Bahnhofs ab. Der Platz war noch nass vom letzten Regen. Lichter spiegelten sich in den Pfützen.
Er stieg aus, nahm seinen Regenmantel von der Rücksitzbank und zog ihn an. Dann holte er einen kleinen Handkoffer aus dem Kofferraum, schloss den Wagen ab und schlug den Weg in die Innenstadt ein.
Der bewölkte Himmel beschleunigte den Einbruch der Dämmerung. Schon wieder zerplatzten Regentropfen auf dem Asphalt.
Die Bewegungen des Mannes waren ruhig und sehr gelassen. Einmal blieb er vor den Auslagen eines Tabakladens stehen. Er schlug den Kragen seines Mantels hoch und setzte seinen Weg fort.
Die Fensterfront des großen Cafés gegenüber dem dunklen Bau des Rathauses war hell erleuchtet. Von draußen wirkte das Café an diesem düsteren und regnerischen Abend verlockend warm und anheimelnd.
Er trat ein, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und nahm an einem kleinen Tisch an der hinteren Wand Platz, nachdem er seinen nassen Mantel über eine Stuhllehne gelegt hatte. Die vielen Spiegel an den Wänden und Pfeilern ließen das Café noch größer und weiträumiger erscheinen als es ohnehin schon war.
Der Mann mochte Anfang vierzig sein und war schlank, mit ein paar grauen Strähnen im dunklen Haar. Sein energisches Kinn war glattrasiert. Er trug einen dunklen Anzug mit einem schmalen Schlips und ein weißes Hemd.
Mit einer harten, sicheren Stimme bestellte er etwas zu essen.
Als das Essen kam, aß er es langsam, aber achtlos, und trank ein Bier dazu. Dann nahm er ein Notebook aus der Seitentasche seines Koffers, steckte einen Stick hinein und las aufmerksam ein Dossier, das er schon mehrmals gelesen hatte. Er zog einen Stift und ein kleines, schwarzes Notizbuch aus der Manteltasche und schrieb etwas hinein. Er tat das alles ruhig und präzise, ohne eine einzige überflüssige Bewegung.
Schließlich steckte er alles wieder weg, lehnte sich zurück und schaute sich im Café um, das zu dieser Abendstunde gut besucht war. In einem Nebenraum wurde Billard gespielt. Man hörte das Klicken der Kugeln und das Klappern der Queues. Der Mann lauschte den Geräuschen und dachte daran, dass er selbst früher gern Billard gespielt hatte. Er war sogar ziemlich gut darin gewesen. Aber das war lange her.
Eine Weile beobachtete er eine junge Frau ein paar Tische entfernt, die etwas in ihr Handy tippte. Sie hatte eine blonde Wave-Frisur und eine lange Strähne ihres Haares fiel ihr immer wieder in die Stirn. Der Mann war augenscheinlich fasziniert von der Bewegung, mit der sie die Strähne immer wieder zurückschob. Jedes Mal rutschte dann der Ärmel ihrer schwarzen Lederjacke ein Stück zurück und gab ein schmales Handgelenk mit einem silbernen Armband in Schlangenform frei.
Schließlich zahlte der Mann, zog seinen Regenmantel wieder über und nahm den kleinen Koffer in die Hand. Die junge Frau schaute auf, als er an ihrem Tisch vorbei dem Ausgang zustrebte. Kurz trafen sich ihre Blicke.
Im Hotel Carlton in der Nähe des Bahnhofs nahm er sich ein Zimmer. Das Hotel war ein alter, dunkler Kasten, der eindeutig schon bessere Tage gesehen hatte. Die Sessel im düsteren Foyer waren ziemlich verschlissen, in einem Regal standen zerlesene Taschenbücher und Buchgemeinschaftsausgaben und der Mann an der Rezeption war so alt und tatterig, dass er eigentlich schon längst hätte in Rente sein müssen.
Der abendliche Gast nahm seinen Zimmerschlüssel entgegen und zog es vor, die Treppe statt des klapprigen Aufzugs zu nehmen. Im zweiten Obergeschoss schloss er die Zimmertür auf und fand das Zimmer ungefähr so vor, wie er es erwartet hatte. Auch hier waren die Möbel einige Jahrzehnte alt. Außer dem Bett mit wackeligem Nachttisch gab es noch einen schmalen Kleiderschrank, einen Wandspiegel, der anfing, blind zu werden, einen Sessel mit Blumenmuster und einen kleinen Schreibtisch mit einem Stuhl. Möbel und Teppich strömten einen leicht muffigen Geruch aus. Über dem Bett hing in barockem Rahmen ein altmodisches Bild, das einen Hirsch auf einer Waldlichtung im herbstlichen Nebel zeigte. Der Hirsch schien den Betrachter des Bildes intensiv anzuschauen.
Der Mann grinste, warf seinen Mantel aufs Bett, ging ins kleine Badezimmer und wusch sich Hände und Gesicht. Dann öffnete er das Fenster des Zimmers. Ein kühler, feuchter Windstoß schlug ihm entgegen und der Lärm des Großstadtverkehrs drang herein. Ein dünnes Lächeln trat auf seine Lippen, als er daran dachte, dass kaum jemand freiwillig diese Stadt besuchte, die in den anderen Teilen des Landes berüchtigt war für ihre Düsternis und den ständig fallenden Regen. Doch was er bislang gesehen hatte, gefiel ihm.
Er war allerdings nicht als Tourist hier. Vor einigen Tagen war er in der Hauptstadt zum Chef seines Dienstes bestellt worden, der ihm den Auftrag erteilt hatte, in diese Stadt zu fahren.
Nachdem der Chef ihm in seinem riesigen, mit Holz vertäfelten Büro erklärt hatte, worum es ging, und ihm den Stick mit dem Dossier überreicht hatte, hatte er ihn fest angesehen und bemerkt: »Es wird Ihre Aufgabe sein, dieses Geschöpf zur Strecke zu bringen. Trauen Sie sich das zu?«
Er hatte nur genickt.
»Sie sind ja auch einer unserer besten Männer, Falk.« Der Chef hatte gelächelt. »Aber das wissen Sie natürlich selbst.«
Falk hatte keine Miene verzogen.
»Sie werden sich dort mit unserem Informanten treffen«, hatte der Chef hinzugefügt. »Wo Sie ihn finden können, steht im Dossier.«
Dann hatte der Chef ihn am Arm genommen und zur Fensterfront seines Büros geführt. Im hellen Licht eines sonnigen Herbsttages waren unten auf dem Platz zwischen den hohen Bürohäusern Hunderte zu sehen gewesen, die ihre Mittagspause und die späte Sonne des Jahres genossen.
»Sehen Sie diese Frauen da?«, hatte der Chef gefragt und ihn dann angesehen. »Sie ahnen nichts von der Gefahr, in der sie alle schweben. Wo kämen wir hin, wenn wir solchen Sex zulassen würden? Solche Lust?! Nicht auszudenken! Ich hoffe, Sie sind sich Ihrer Verantwortung bewusst.«
Kapitel 3
»Mensch, Nina, du machst Geschichten.« Mit einer Mischung aus Respekt und leichter Verärgerung schaute der schwarz gekleidete junge Mann mit den lockigen dunklen Haaren die blonde junge Frau an, die ihm im Café am Rathaus gegenübersaß. Draußen prasselte der Regen auf den Asphalt und auf die Dächer der vorbeifahrenden Autos.
»Fährst da mitten in der Nacht alleine hin. Und wenn dir nun was passiert wäre? Kein Mensch wäre da gewesen, um dir zu helfen.«
Die als »Nina« angeredete junge Frau grinste und drehte etwas verlegen an dem Armband in Gestalt einer Schlange, das sie am rechten Handgelenk trug. Sie trug eine kurze schwarze Lederjacke und enge Jeans, die in derben Stiefeln steckten.
»Ich wollte eben mein eigenes Ding machen, Chris.«
»Du willst anscheinend immer dein eigenes Ding machen.« Den Satz hätte er wohl besser nicht gesagt, dachte Chris sogleich. Er hörte sich vorwurfsvoll an und Chris wusste mittlerweile, dass Nina allergisch regierte, wenn man ihren Freiheitsdrang nicht respektierte.
»Wenn dich das stört, ist das dein Problem.«
Na, bitte. Schon reagierte sie genervt. Jetzt musste er sie wieder besänftigen. Wenn diese Frau, die vor ein paar Monaten auf den Partys der Gothic-Szene der Stadt aufgetaucht war, doch bloß nicht so verdammt attraktiv wäre! Und so geheimnisvoll, was ihre Anziehungskraft auf ihn und die anderen Männer in der Szene noch weiter erhöhte. Ihr Erscheinen hatte die schwarze Szene so richtig aufgemischt, die Männer verwirrt und die Frauen eifersüchtig gemacht.
»So hab ich das nicht gemeint«, behauptete Chris. »Aber wenn du dich in Gefahr begibst, mach ich mir einfach Sorgen.«
Aufgeschreckt sah Nina ihm in die Augen. »Du machst dir Sorgen um mich? Das lass mal lieber. Wir sind schließlich kein Paar.«
Chris schluckte. Na toll. Das hatte gesessen. Dabei wünschte er sich im Grunde doch nichts mehr, als mit dieser Frau zusammen zu sein. Was die anderen dann für Augen machen würden! Seit Wochen träumte er von nichts anderem mehr, als mit dieser Frau im Bett zu landen. Wenigstens schien das auch keinem anderen Mann aus der Szene bislang gelungen zu sein. Das war immerhin ein schwacher Trost.
Aufmerksam musterte Nina den jungen Mann, der ihr gegenübersaß. Sie mochte Chris´ träumerische Augen unter den langen Lidern. Und er hatte schmale Hände mit feingliedrigen Fingern, die bestimmt sehr zärtlich sein konnten. Solche Hände waren wie dafür geschaffen, eine Frau zu verwöhnen. Wenn Chris gewusst hätte, dass sie gerade beschloss, ihm irgendwann eine Chance zu geben, wäre er sicher noch viel nervöser gewesen, als er es jetzt ohnehin schon war.
»Und du bist tatsächlich noch mal hingefahren?«, fragte Chris nun, um das Thema zu wechseln.
»Ja, am nächsten Tag. Ich wollte mir das Haus bei Tageslicht ansehen, auch auf die Gefahr hin, dass ein Jogger oder Spaziergänger mich beobachtet, während ich da einsteige.«
»Und?«
»Erst mal hab ich nach der Taschenlampe gesucht. Die war ja die Treppe hinuntergefallen und hätte eigentlich unten in der Diele liegen müssen.« Nina ließ eine wirkungsvolle Pause verstreichen.
Chris schaute sie gespannt an. »Da war sie nicht?«
»Nein. Keine Spur von ihr.«
»Vielleicht war in der Zwischenzeit jemand im Haus und hat sie mitgenommen.«
»Vielleicht.« Man hörte Ninas Stimme an, dass sie diese Möglichkeit erwogen hatte, aber für unwahrscheinlich hielt.
»Und dann?«
»Dann bin ich nach oben gegangen.«
»Mensch, Nina. Also wirklich. Und wenn da noch einer gewesen wäre? Vielleicht hausen da Obdachlose.« Chris hatte die Vision einer Horde alkoholisierter Penner, die seit Ewigkeiten keine Frau mehr angerührt und nur auf die Gelegenheit gewartet hatten, über Nina herzufallen.
Nina schaute Chris spöttisch an. »In einem Haus im Wald. Zehn Kilometer von der Stadt entfernt. Was sollten die denn da?«
»Okay, schon gut. Und wie ging es weiter?«
»Jetzt halt dich fest.« Nina machte wieder eine Pause und schaute Chris fest an. »Die Dielenbretter oben waren voller Staub und ich konnte ganz deutlich Schleifspuren auf dem Boden sehen.«
»Was meinst du damit?«, fragte Chris gebannt.
»Na, als ob man einen Verletzten weggezogen hätte oder ein Verletzter selbst davon gerobbt wäre.«
»Du machst Witze.«
»Nee, ganz bestimmt nicht.«
»Und wo führten diese Spuren hin?«
»Zu dem einzigen Zimmer da oben, dessen Tür in der Nacht geschlossen gewesen war.«
»Und hast du …«
»Ja, ich hab die Klinke runter gedrückt.«
»Und?«
»Das war so eine schwere Holztür. Viel stabiler als die anderen. Die Tür war abgeschlossen.«
»Mein Gott. Und dann?«
»Dann konnte ich die Anspannung nicht mehr aushalten und bin abgehauen.« Nina wirkte von sich selbst enttäuscht.
»Na, Gott sei Dank.« Chris war tatsächlich erleichtert, obwohl Nina doch ohnehin lebendig und unverletzt ihm gegenüber saß. »Aber eins möchte ich noch wissen. Du hattest doch mit dem Stemmeisen zugeschlagen und dann gehört, wie jemand gestöhnt hat. Waren denn auf dem Boden keine Blutspuren zu sehen?«
»Nein, nichts dergleichen. Und ich hab dir ja gesagt, dass es war, als ob der Schlag ins Leere gegangen wäre. Wie in die Luft geschlagen.«
»Und doch scheinst du jemanden verletzt zu haben.«
»Sieht ganz so aus.«
Chris wusste nicht, was er von dieser Geschichte halten sollte. Ob er Nina anbieten sollte, sie noch einmal in das düstere Haus zu begleiten? Für besonders mutig hielt er sich eigentlich nicht, aber wenn man eine Frau erobern wollte, musste man ja wohl was riskieren.
Mit abwesendem Blick schaute Nina aus dem Fenster, an dem der Regen hinunterfloss. Dass es nicht zuletzt ein absolut unwiderstehliches körperliches Verlangen war, das sie wieder in dieses Haus gezogen hatte, das erzählte sie Chris besser nicht. Von dem magischen Duft des unbekannten Wesens hatte sie nichts gesagt. Auch das behielt sie wohl besser für sich. Das würde keiner verstehen können, zumindest kein Mann.
Doch Chris war mit seinen Gedanken ohnehin woanders. Er überlegte gerade, ob er es wohl wagen könnte, Nina zum Abschied zu umarmen und ihr wie beiläufig einen Kuss auf die Wange zu geben. Aber das sollte er wohl besser lassen. Bei dieser Frau wusste man nie, ob man sich nicht vielleicht eine eiskalte Abfuhr holte.
Kapitel 4
Grau dämmerte der Tag herauf. Die tief hängenden Wolken schienen schwer auf der Stadt zu lasten.
Falk hatte auf dem Bett liegend noch einmal den Stick in sein Notebook gesteckt und das Dossier gelesen.
»Sie werden den Mann nicht kennen«, hatte der Chef gesagt. Der Typ schreibe banale Unterhaltungsromane. Liebesromane für eine weibliche Leserschaft. Sonderlich erfolgreich sei er damit nicht. Im Gegenteil, ein ziemlich erfolgloser Schriftsteller sei das, hatte der Chef noch einmal betont. Aber recht brauchbar als Informant.
Das Foto zeigte einen Mann in einem abgenutzten Tweedjackett. Ein Dutzendgesicht mit stark gelichtetem Haar darüber. Oder auch eine Halbglatze mit einem rundlichen Gesicht darunter. Wie auch immer: Der Mann war niemand, den man sich merken würde.
Als Falk nach dem Duschen und Frühstücken im Auto saß, fiel schon wieder ein leiser Regen. Das monotone Surren der Scheibenwischer hätte etwas Beruhigendes gehabt, wenn Falk unruhig gewesen wäre. Das war er aber nicht. Das hier war einfach ein Auftrag. Er hatte schon viele Aufträge erledigt. Ruhe und Gelassenheit zeichnete die Leute aus, die zum Spitzenpersonal des Dienstes gehörten. Und er gehörte zu den Spitzenleuten. Er war ein Profi.
Die Stadt, durch die er jetzt fuhr und in der es so oft regnete, war nicht schön genug, um viele Besucher anzuziehen. Von der Altstadt war nach den Bombenangriffen des letzten Krieges nicht allzu viel übrig geblieben. Und die riesige Kathedrale war zwar recht eindrucksvoll, aber nicht wirklich mittelalterlich, sondern bloß ein neogotischer Bau des neunzehnten Jahrhunderts.
Doch was er sah, gefiel ihm persönlich gar nicht schlecht. Er fuhr den großen Boulevard der Stadt hinunter, der mit seinen Bäumen, Schauvitrinen, Geschäften und Cafés vom Platz der Republik auf die Säulenfront des Theaters zulief und immerhin so etwas wie eine Sehenswürdigkeit darstellte. Die breitmäuligen Straßenbahnen dieser Stadt fuhren kreischend durch nasse und windige Straßen mit hohen Backsteinbauten.