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"Es war im Jahre 1870: Im Hause Bourdanin wurde Hochzeit gefeiert." Stolz präsentiert der kaiserliche und königliche Rittmeister a. D. Balthasar Bourdanin seine Braut, überzeugt davon, dass sie mit ihm das große Los gezogen hat. Doch das Glück will sich nicht recht einstellen. Ein grandioser Familien- und Gesellschaftsroman vor dem Hintergrund der untergehenden Habsburger Monarchie. Es ist das meisterhafte Porträt einer Familie, psychologisch brillant und in bezwingender Sprache – ein Stück Literatur, wie man es heute kaum noch findet.
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Seitenzahl: 752
Gertrud Fussenegger
Das Haus der dunklen Krüge
Roman
© für die Originalausgabe und das E-Book: 2002, 2019 LangenMüller in der
F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung: STUDIO LZ, Stuttgart
Umschlagmotiv: Pilsen 1856, Andreas Groll
Satz: Medienservice Feiß
E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-7844-8345-0
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www.langen-mueller-verlag.de
Inhalt
ERSTES HAUPTSTÜCK
Die dunklen Krüge
Die Hochzeitsnacht
Die Mitgift
Die Herkunft oder das Große Glück
Marie oder »Die Truthühner«
ZWEITES HAUPTSTÜCK
Der Witwer
Die Schwäger
Das Haus der Atlanten
Der Witwer
Das Paradies
Das Verlöbnis
DRITTES HAUPTSTÜCK
Die andere Marie
Die Hochzeitsreise
»Wir sind arm geworden …«
Das Schlachtopfer
Gotteskinder
… und deren Söhne
Die Ehefrau
Ein letzter Besuch
Des Teufels Urgroßmutter
Ernestine
VIERTES HAUPTSTÜCK
Die Wendekreise
Aus Hans wird Honsa
Pomaly von Pomaletz
Geheimnisse
Sorgen
Bei Rübsamen
Das verlorene Paradies
Roderich
Die Festgäste
Frau von Wetzstein
Eine Heimkehr
In den Abruzzen
Die Schwester
Der Gang in die Löwengrube
Der Streit oder »Es ist nichts geschehen«
Das blaue Fensterkreuz
FÜNFTES HAUPTSTÜCK
Die Verheißungen
Keime
Ein Vermächtnis
In der Leckerstube
Zeichen der Verheißung
Die Hochzeit
Die Tage der Verheißung
Das Glück am Himmel
Bourdanin kehrt zurück
Trübungen
Im Hause Goldbart
Katschenka
SECHSTES HAUPTSTÜCK
Der Vorhang fällt
Die Seraphin
Geständnisse
Die schöne Tante
Angstträume
Im Johanniterhaus
Versuchung
Tod und Geburt im Haus der dunklen Krüge
»Ich kenne sie nicht mehr …«
Das Gewissen
Der Selbstmordkandidat
Eine Zeitungsnotiz
Aber Ernestine erliegt.
In der Grotte
Die Ehegatten
Das Haus der dunklen Krüge ist das Haus der Vergangenheit. Es hat viele Kammern, viele Keller, viele Treppen zu verlassenen Gewölben, zu verschütteten Brunnen. Auf dem Grund dieser Brunnen schlummern die dunklen Krüge.
Es ist nicht jedermanns Sache, das Verschüttete heraufzuholen aus seinem Versteck. Wer es ans Licht bringen will, darf Begegnungen nicht scheuen, Begegnungen auch mit sich selbst. Wir wissen nichts von dem, was war, wenn wir uns weigern mehr zu wissen, als uns zu jeder Stunde lieb sein kann. Und wir wissen sehr wenig von uns, wenn wir nicht wissen, was war.
Darum die Krüge aus den tiefen Brunnen,
die dunklen Krüge.
ERSTES HAUPTSTÜCK
Die dunklen Krüge
Die Hochzeitsnacht
Es war im Jahre 1870: Im Hause Bourdanin wurde Hochzeit gefeiert.
Ehe die Sonne des langen glühendheißen Augusttages unterging, führte der Bräutigam, der kaiserliche und königliche Rittmeister Balthasar Bourdanin, seine jungangetraute Frau aus der Gesellschaft der Festgäste in die für ihn eingerichteten Gemächer seines Vaterhauses. Die Stuben waren still und leer. Die Fenster standen offen; durch die weißen Schleierbahnen der Vorhänge drang, in schräge Strahlen gebrochen, das schwere gelbrote Abendlicht. Der Rittmeister warf Hut und Handschuhe ab und schwang seinen Hochzeitsrock über die Sessellehne. »Und nun«, sprach er, »nun sage mir auch, Marie, wie glücklich du bist!«
Zwischen den Fenstern hing ein Spiegel. Der Mann konnte es sich nicht versagen, sein Bild mit einem Blick zu messen.
Balthasar Bourdanin war ein schöner Mann, fest und gedrungen gebaut, breitschultrig, rundköpfig, von kräftiger Hautfarbe und dunklem Haar. Die Nase stand zwar ein wenig schief in dem Gesicht und zielte mit ihrer Spitze abwärts gegen den buschigen Schnurrbart; doch stand sie nicht übel zu dem festen Munde, zu der starken Braue, zu dem dunkelrollenden hephaistischen Blick. Der Rittmeister mußte es sich selbst gestehen, er war ein in seiner Art prächtiger Mann; darum hielt er die Frau, die ihn bekommen, für ein vollendet glückliches Geschöpf. Die Frau saß hinter ihm auf dem geblümten Ruhebett. Die gute Marie! – der Mann lachte ein wenig in sich hinein: hatte das einer Mühe bedurft, bis er sie bekam, seine Base und Kindheitsgespielin, obwohl ihr doch, soviel er wußte, vorher die Freier nicht gerade das Haus eingelaufen hatten. Diese Ehe hatte eine eigentümliche Vorgeschichte.
Als Kinder schon waren Balthasar und Marie im Spiel darauf verfallen, einander Treue zu geloben. Viele Jahre später hatte er sich des kindischen Verspruchs wieder erinnert. Es war damals, als er, durch dienstliche Ungelegenheiten verärgert und des rastlosen Lebens in den Garnisonen müde geworden, beschlossen hatte, den Abschied zu nehmen und in der Heimat einen Hausstand zu gründen. Er schrieb an Marie, sie willigte ein. Aber als sie ihre Verlobung bekanntgaben, erhob sich die ganze Verwandtschaft dagegen. Mariens Eltern, seine eigene Mutter, seine vier Schwestern, alle fielen über sie beide her: Marie sei kränklich, sie passe nicht zu ihm, er nicht zu ihr, und überhaupt tauge es nicht, wenn Vetter und Base einander ehelichten.
Der Rittmeister verlachte alle diese Gründe. Aber Marie schien beeindruckt und hätte sich, nach Frauenzimmerart, leicht abspenstig machen lassen. Da riß ihm die Geduld, und er beschloß zu handeln. In einem offenen Zweispänner war er eines schönen Sonntagmorgens vor ihrem Hause vorgefahren; unter einem Vorwand gelang es ihm, das Mädchen aus der Wohnung und über die Treppen herabzulocken. Marie war, weil sie am Morgen nie fertig werden konnte, noch in Schlafrock und Häubchen.
Hinter dem Tor umfaßte er sie und trug sie auf den Armen aus dem Haus. Der Wagen wartete; ehe sie sich entwinden konnte, hatte er die Braut hineingesetzt, den Schlag zugeworfen und dem Kutscher zugerufen, frisch drauflos und dreimal um den Ringplatz zu fahren. Es war noch früh am Tage; aber die Maiensonne schien schon recht dreist hernieder, die Leute waren auf dem Weg zur Kirche. Sie machten Augen wie gläserne Teller, als sie die sittsame Marie Bourdanin ungekämmt, im Hausrock, das Rüschenhäubchen im Genick an der Seite des Vetters vorbeikutschieren sahen. Das Mädchen jammerte, schrie, machte einen Versuch, den Schlag zu öffnen und hinauszuspringen. Der Mann ließ sie lachend gewähren, denn er wußte, Marie würde nicht springen; sie sprang auch nicht, sondern gab sich darein, kauerte kläglich in ihrer Ecke, ein Häuflein Elend, und wagte nicht aufzuschauen. Dafür blickte er stolz umher und weidete sich daran, wie die Leute gafften. Nach der dritten Runde ließ er den Kutscher halten und entließ die Schluchzende in die Dunkelheit des heimischen Torflurs. Eine Stunde später erschien er, einen riesigen Rosenstrauß in der Hand, bei Mariens Eltern. Jetzt, gab er ihnen zu verstehen, könnten sie ihm die Hand der Tochter nicht mehr verweigern.
So begann Balthasar Bourdanins Brautzeit.
Von nun an erschien er täglich, eine Blume im Knopfloch, bei den Verwandten. Er blieb zum Kaffee, er spielte mit Mariens Bruder Schach oder führte achtungsvolle Gespräche mit ihrem Vater, seinem Onkel. So gewalttätig er aufgetreten war, um seinen Willen durchzusetzen, so sehr bemühte er sich jetzt, die gekränkten Eltern durch artig-ritterliches Wesen zu versöhnen. Sie schienen sich auch bald beruhigt und abgefunden zu haben; nicht so die Braut: sie hielt sich meist abseits, wenn der Bräutigam zu Besuch kam. Sie hatte nie viel mit ihm zu reden gewußt. Jetzt ließ sie sich manchmal entschuldigen, sie habe Kopfschmerzen oder Herzklopfen, und schloß sich in ihrem Zimmer ein. Ihre Mutter, Frau Margaret, blickte den Neffen kummervoll an und seufzte: Ja, es sei nur zu wahr, Mariechen sei ein doch gar zu schwächliches Kind.
Der Rittmeister lachte. Ein Kind war Marie wahrlich nicht mehr zu nennen mit ihren bald dreißig Jahren, und für schwächlich konnte man sie ebensowenig halten, war sie doch eher rundlich geraten und zu früher Behäbigkeit neigend. Sie sollte nur froh sein, daß sie noch unter die Haube kam, dazu in der eigenen Familie.
Die längst vorbereitete Ausstattung wurde aus ihren Truhen und Verstecken gehoben. Leinen und Damaste stapelten sich zu wahren Gebirgen. Von Zeit zu Zeit wurde ein Teil in Buckelkörbe verpackt, und Mariens Mutter zog mit drei Lastträgerinnen in die zukünftige Wohnung der Tochter. Dort füllte sie die Schränke, steckte Vorhänge auf und zierte die Wände mit frommen Bildern. Diese Arbeit des Nestbaues stimmte die gute Frau wie jede ehrliche Mutter, die ihrer Tochter das Ehehaus bereitet, wehmütig, aber zufrieden.
Nur das eine war merkwürdig, daß Marie selbst niemals den Wunsch zeigte, sich an diesen Unternehmungen zu beteiligen.
Balthasar Bourdanin wohnte in der Neustadt, in einem Haus, das sein Vater gekauft hatte; es hieß »das Kamerale«, weil in einem seiner Flügel eine Behörde, eben das Kameralamt mit seinen Registern und Katastern, einquartiert war. Die Bourdaninschen Wohngemächer nahmen den anderen, besseren Trakt ein.
Er war ein großer, gelbgestrichener Kasten im nüchternen Stil der josephinischen Fiskalbauten. Der Weg dahin war nicht weit. Aber Marie, die sonst eine eifrige Spaziergängerin war, schien in jener Zeit den Gang vor die alte Stadt zu scheuen. Wenn die Mutter sie aufforderte, mitzukommen und sich doch auch einmal in ihrem neuen Heim umzutun, senkte die Tochter das ein wenig schwere, ein wenig gelbliche Gesicht und erwiderte mit sanfter Stimme: »Ach, Mamachen, das wirst du allein alles viel besser machen.« Aber am Abend des Hochzeitstages gab es keine Ausflüchte mehr, da halfen nicht Kopfschmerzen oder Herzbeschwerden: Das Weib mußte dem Manne folgen, wie das Gesetz es befahl. So stieg sie in den Wagen, nahm Abschied, sie streckte die Hände noch nach den Ihren aus, als die Pferde schon anzogen. Eine späte pomeranzenfarbene Sonne stand über dem Horizont und schien der Braut in das hochglühende Gesicht. Sie tastete nach dem Miederrand: dort stak das Muttergottesbild, das ihr die alte Küchenmagd heute morgen ins Schnupftuch geschmuggelt, es sei dreimal stark geweiht, hatte ihr die Alte zugeraunt, dreimal mit besonderem Segen. Daran dachte die Braut, während sie an der Seite des Mannes saß, und es war ihr in diesem Augenblick der einzige Trost.
Balthasars Mutter und seine Schwestern waren dem jungen Paar schon vorausgefahren. Marie kam nicht als Herrin in ein eigenes Heim. Die alte Witwe Bourdanin herrschte noch immer dahier, und ihr Sohn, der Rittmeister, fand es nur natürlich, daß seine Frau unter der Regentschaft seiner Mutter, ihrer Tante, hausen sollte. In einer Küche sollten sie wirtschaften, von demselben Gesinde bedient werden. Von den vier Bourdanin-Töchtern, seinen Schwestern, waren drei verheiratet. Aber auch diese tauchten fast alle Tage im Kameralamt auf. Das lag den Bourdaninschen so im Blut, daß sie sich eng beinander hielten oder, wenn sie schon einmal getrennt waren, unfehlbar zurückstrebten in dasselbe Nest.
Der Torbogen des Hauses war bekränzt. Als die Neuvermählten ankamen, standen die Mutter und die Schwestern des Ehemannes schon davor. Sie traten auf die Braut zu und hießen sie willkommen, wie es sich gehörte. Sie hatten alle ein wenig Furcht vor Balthasar. Auch hätte es gegen die Spielregeln ihres Standes und ihrer Bildung verstoßen, heute, am Tag der Vermählung, in starrsinniger Ablehnung zu verharren. Sie waren Bürgersfrauen und Österreicherinnen und also erfahren, wie man Feldzüge mit Anstand verliert und wie man halsstarrige Absolutismen durch mildere Patente ersetzt.
Später am Abend weilte Frau Josefin Bourdanin in der Küche und überwachte die Arbeit der Mägde, die das durch die vorausgegangenen Feierlichkeiten in Unordnung gebrachte Silberzeug putzten und polierten. Unablässig liefen die Augen der Frau zählend und prüfend über die Reihen der Bestecke, aber ihre Gedanken irrten ab und suchten das junge Paar, das allein zu lassen jetzt Sitte und Anstand geboten. In der Mutter des Mannes wallten allerlei Ahnungen. Ihr war bänglich zumute, und doch empfand sie eine Art Genugtuung, als nun das Stubenmädchen zu ihr trat und mit einem schlecht verhehlten Lächeln raunte: Die Gnädige möchte so gut sein, zur jungen Gnädigen zu kommen. Die junge Gnädige liege auf dem Sofa und weine.
Die Hausmutter warf dem Mädchen einen eisigen Blick zu, band sich die weiße Schürze vom schwarzen Taftkleid ab und begab sich in die Wohnung der Neuvermählten.
Balthasar war nicht zugegen. Die Schwiegertochter lag abgewandt auf dem Ruhebett, sie hatte den Arm über das Gesicht gelegt und atmete hörbar.
»Marie«, sagte Frau Josefin und berührte sie an der Schulter.
Marie ließ den Arm sinken. Sie hatte nicht geweint, aber ihre Augen blickten starr voll dumpfer Ängstlichkeit. –
»Tante!« rief sie und richtete sich auf. – »Ich glaube, ich muß nach Hause. Zu Hause wird mir besser.«
»Ist dir denn schlecht, Mariechen?« fragte Frau Josefin.
»Ja, o ja, ich spüre mein Herz. Ich kann nicht atmen.«
»Nach Hause kannst du jetzt nicht«, sagte Frau Josefin. »Du mußt dich auch hier beruhigen.«
»Daheim habe ich den Baldrian«, sagte die Jüngere.
»Baldrian habe ich auch«, antwortete die Schwiegermutter. Sie ging, die Flasche zu holen. Der Widerstrebenden flößte sie einen Löffel ein. Danach lag jene still, mit geschlossenen Augen. Frau Josefin betrachtete ihr Gesicht. Es war noch nicht alt, aber auch nicht mehr jung, es war nicht schön und nicht häßlich. Es war stark geprägt, die Stirn rund, auf der Oberlippe zeigte sich ein dunkler Anflug und am Kinn der Ansatz zu einer Doppelfalte. Die Schwiegermutter reckte sich empor, daß ihr schwarzseidenes Kleid in den Nähten krachte. Sie selbst war nie schön gewesen, riesig von Gestalt und knochenschwer, mit einer überhängenden Nase in einem zu kupferner Färbung neigenden Gesicht. Aber ein tüchtiges Weib war sie doch gewesen, voll verläßlicher Vernünftigkeit, ohne Faxen und Alfanzereien und eingebildeten Herzbeschwerden.
»Nun, Mariechen?« sagte sie, »wird es besser?«
Diese lag unbeweglich. »Nein«, flüsterte sie nach einer Weile. »Es ist der rechte Baldrian nicht, der rechte schmeckt anders.«
»Er ist von Rübsamen«, erwiderte die Schwiegermutter mit Bedeutung. Rübsamen war einer ihrer Schwiegersöhne, Doktor der gesamten Heilkunde, und die Familie war übereingekommen, ihn für ein medizinisches Genie hoher Grade zu halten.
Marie bewegte ihre bläulichen Lippen, als betete sie. – »Tante«, sagte sie nach einer Weile, »Tante, glaubst du, daß ich gleich ein Kind bekommen werde?«
Frau Josefin verbiß ein Lachen. – »Warum solltest du denn gleich ein Kind bekommen?« fragte sie zurück.
»Das ist doch so«, murmelte Marie. »Bei dir, war es bei dir nicht auch so?«
»Ja, die Rosine hab ich bald bekommen«, antwortete Frau Josefin in unwillkürlichem Stolz. »Und im andern Jahr kam die Emma, und bis zum Balthasar hat es dann auch nicht mehr lange gedauert. Aber bei dir«, fügte sie hinzu, »braucht das doch alles nicht so zuzutreffen.« »Ach Gott«, stöhnte die junge Frau und wälzte den Kopf in den Kissen hin und her.
»Du bekommst vielleicht gar keine Kinder, Marie, wo du doch kränklich bist.« Marie rührte sich nicht.
»Soll ich dir ein Glas Wermut holen?« fragte Frau Josefin. Als Marie abwehrte, sagte sie: »Du hast recht, du hast ohnehin zu viel getrunken.«
Auf einmal setzte sich Marie auf und griff flehentlich nach Josefinens Hand. »Bleib heute bei mir, Tante, ich bitte dich. Ich bitte dich nur dieses einzige Mal. Der liebe Gott wird es dir vergelten.« – Jetzt weinte sie wirklich.
Frau Josefinens Schwarzseidenes krachte wieder in seinen Nähten. Sie saß eine Weile starr und blickte geringschätzig auf dieses Häufchen Elend nieder. »Wenn du es durchaus willst«, sagte sie. »Aber zuvor muß ich mit Balthasar reden. Meinst du nicht auch?«
Nach einer Zeit kam sie zurück und sagte: »Gut, ich bleibe. Die Baruschka wird mir das Bettzeug bringen.«
Indessen stand der – vielleicht zu Recht – erzürnte Gatte in seinem Zimmer nebenan und goß sich ein Glas Tokaierwein nach dem anderen ein. Das erste Glas hatte er noch zum Fenster hinaus, in die Tiefe des Hofes geschleudert. Dem zweiten Glas hatte er nur mehr den Stengel abgebrochen. Beim dritten fühlte er Beruhigung und Gelassenheit in seinem Innern einziehen. Weibergetue und Geflenne, was konnten sie ihm eigentlich anhaben?
Die Nacht fiel rasch unter dem dunstigen Himmel herein. Die Baumkronen regten sich nicht, schwarz standen die Massen der Wipfel, stumm geduckt Blatt an Blatt. Die Luft war schwer, sie roch nach Stall und Erde. Ein rotes Lichtauge glomm im Hof. Es brannte im Stall bei des Rittmeisters Pferden, dem Rappenhengst Aladin und der Kutschstute Berenike. Der Rittmeister sog den Geruch von Pferdeschweiß und Leder ein. Immer wenn er ihn spürte, zog ein unnennbares Gefühl durch seine Brust: Reitersehnsucht und -entzücken, gemischt mit einem tiefen Gleichmut gegen alle anderen Belange des Lebens. Dieser Gleichmut machte ihm das Wesen männlicher Freiheit aus.
Sein Lebtag lang hatte er sich um das verworrene Getriebe der Weiber nicht sonderlich geschert. Nie hatte er die Erfahrung dessen gemacht, was man in seiner Zeit eine Passion nannte. Da er aber doch heiraten wollte, hatte er sich die Base gewählt, die er so gut zu kennen glaubte wie eine seiner Schwestern. Als Knabe von zehn, als Mädchen von fünf Jahren hatten sie miteinander Hochzeit gespielt, er, Balthasar, im Zylinder seines Vaters, Marie mit einem weißen frischgestärkten Vorhang als Schleier über dem Haar. Weil niemand zugegen war, der sie hätte trauen können, besorgte der Bräutigam selbst die Kopulierung. Er band Mariens Hand mit einer hänfenen Schnur an die seine. Danach schlichen sie in der Mutter Speisekammer und kosteten den Hetschepetschwein. Er schmeckte ihnen vorzüglich, so kosteten sie immer noch einmal. Endlich stiegen sie auf den Dachboden, legten sich jedes in eine Kiste und schliefen ein.
Der Knabe erwachte dadurch, daß sein Vater ihn am Kragen gepackt hielt und aus der Wolle hervorzog. Es zeigte sich, daß Balthasar auf des Vaters neuem Zylinder gelegen und daß Mariens Brautschleier über und über mit Staub und Spinnweben bedeckt war. Der Vater achtete die Würde des jungen Ehemannes so wenig, daß er ihn im Angesicht der rußschwarzen Braut über sein Knie legte und ihn verdrosch. Es waren die letzten Schläge, die Balthasar erhielt. Danach rührte ihn der Vater nicht wieder an. Trotzdem vergab ihm der Sohn diese letzte Züchtigung niemals.
Vielleicht war es der Trotz gegen den nun schon lange Verstorbenen gewesen, der den Rittmeister veranlaßt hatte, so beharrlich und zuletzt auf so ungewöhnliche Weise um die Base zu freien. Jetzt war Marie doch die Seine geworden, er hatte das Kinderspiel mit ihr im Ernst besiegelt.
Als Balthasar das dachte, erschrak etwas in ihm. Der Wein hatte seine Wirkung getan; seine Sinne waren auf merkwürdige Weise geschärft und umnebelt zugleich. Er goß sich zum vierten Male das Glas voll. Doch trank er nicht mehr davon. Im Hintergrund der Stube ließ er sich auf einem Ruhebett nieder, lehnte sich zurück, so saß er lange.
Im Hause wurde es still. Nach einer Zeit geisterte über die Decke des Zimmers der Widerschein einer kleinen Laterne, die drunten im Hof vorbeigetragen wurde. Die Mutter trug sie, das wußte Balthasar. Frau Josefin, die heute, wie alle Tage, ehe sie schlafen ging, mit einem Licht durch Haus und Hof wanderte und nach dem Rechten sah. Sie schloß Fenster, sie versperrte Türen, hob da einen verkollerten Apfel auf, fand dort einen vergessenen Besen stehen. Das war ihre Sparsamkeit, mit diesem Verfahren glaubte sie das Heil des Hauses gerettet. Die gute Mutter! Sie war kleiner Leute Kind. Er, der Sohn, hatte in der großen Welt gelebt.
An diese Zeit gemahnte ihn der Geruch von Pferden, Sätteln, Feldern und Fernen. Es war die Zeit, die er, der Bürgerssohn, in einem feudalen Reiterregiment in Ungarn gedient hatte; da er mit einer Gräfin eine gläserne Wand durchtanzt, da er die Spielschulden seiner fürstlichen Kameraden bezahlt und räuberischen Zigeunern seine Monatsgage geschickt hatte als ritterliche Anerkennung dafür, daß er sie mit seiner Schwadron zwei Tage und Nächte vergeblich in den Wäldern der Tatra gejagt hatte.
Herrlich dünkten ihn heute die Zeiten, der Erinnerung bunte Bilder tanzten um ihn.
Als er nachts erwachte, glaubte er ein paar Sekunden lang, er habe den gestrigen Tag, seine Hochzeit, nur geträumt. Hastig erhob er sich und schlug Licht: da lag vor ihm Mariens abgelegter Schleier samt dem welkenden Kranz aus Rosmarin. Der Mann blickte darauf nieder, und ihm war auf einmal, als habe hier jemand ein Spiel zu weit getrieben.
Die Mitgift
Marie war die einzige Tochter Johann Bourdanins, eines sanften und duldsamen Mannes.
Während die Balthasarischen Bourdanins, die ältere Linie, vor etwa dreißig Jahren in das josephinische Kameralamt gezogen waren, wohnte jener mit den Seinen im alten Stammhaus an der Ecke des großen Ringplatzes und der schmalen Dominikanergasse. Es war ein sehr altes Haus, mit Kreuzgewölben im Unterstock, an dessen Mauerrippen noch uraltes fratzenhaftes Bildwerk zu sehen war. Wir nennen es das Haus der dunklen Krüge.
Einmal nämlich, als der Hausherr Johann Bourdanin einen neuen Eingang in den Kohlenkeller brechen lassen wollte, war man ganz unvermutet auf einen verborgenen Schacht gestoßen. In dem Schacht führte eine Treppe abwärts, auf bröckelnden Stufen gelangte man in ein neues Kellergelaß. Von diesem ging abermals eine Treppe nieder, man stieß auf ein drittes Stockwerk unter der Erde, weit in den gewachsenen Felsen eingehauen. In diesem Keller war ein Brunnen. Aus seinem tiefen Grunde glänzte es schwarz von unversiegtem Wasser. Ein beherzter Mann ließ sich an einem Seile hinunter. In den Morast des Grundes eingesunken fand er eine Menge Scherben und Gefäße gehenkelter und ungehenkelter Krüge. Mit diesen waren wohl vor vielen hundert Jahren die wasserschöpfenden Frauen herabgestiegen in die Quellkammer, und dieser oder jener mochte das Gefäß entglitten und durch das Wasser langsam hinabgetrudelt sein bis zum Grunde, wo es alsdann liegen blieb und verloren war.
Nun brachte man Stück für Stück herauf. Die Gefäße hatten sich alle mit der Farbe der Finsternis und des Moders, mit einer dunkelgrünen, ja schwarzen Patina überzogen. Der Fund erregte Aufsehen, man begehrte, die neuerschlossenen Verliese untersuchen und nach weiteren, vielleicht noch verborgenen Höhlungen abklopfen zu dürfen.
Da aber erschien der Hausherr, der sich bisher ferngehalten hatte. Auf der ersten Kellerstiege stand er und schrie, er dulde nicht, daß man noch weitere Kellergelasse freilege oder auch nur die schon geöffneten durchsuche. Den Maurern gebot er, den Schacht zu schließen, er achtete nicht auf Einwände und Vorstellungen. Sein Gesicht war bleich, er zitterte, sein feines blondes Haar sträubte sich vor Entsetzen. – »Mauert zu, mauert zu!« rief er und floh dann, wie von Geistern gejagt, die letzte Treppe zur Oberwelt hinauf.
So gehorchten die Arbeiter und gebrauchten ihre Mörtelkellen, rasch wurde der Schacht geschlossen.
Die geborgenen Gefäße aber ließ der Ängstliche aus dem Hause schaffen. Die meisten schenkte er dem Stadtmuseum, einige nahm sein Neffe Balthasar, der Rittmeister, an sich. Er nahm sie weniger aus Kunstverständnis und aus Freude an den schönen, schlichten Formen, sondern eher, weil die Krüge so lange unter einem Bourdaninschen Hause gelegen hatten.
Mariens Vater hatte sich, ganz gegen seine Gewohnheit, schon um sieben Uhr früh aus dem Bett geschält. Ein Plan, den er noch heute ausführen wollte, hatte ihn um jede Ruhe gebracht und machte seine Nerven zittern. Dazu schmerzte ihn der Kopf, und in seinem Magen revoltierten die Säfte.
Er nahm seinen täglichen Trunk Karlsbader Salz, dann schlürfte er einen Minzentee. Dann tauchte er sein Gesicht kurz in laues Wasser. Nebenan lag seine Garderobe bereit, Stück für Stück säuberlich ausgebreitet. Er hätte den vorbereiteten Staat anlegen und im Augenblick fertig sein können. Aber die ängstliche Unentschlossenheit seiner Natur hinderte ihn daran. Er verwarf das gewählte Beinkleid, suchte ein neues, suchte auch ein anderes Hemd und brachte dabei seine sämtlichen Schränke in Unordnung. Mit Hilfe eines bestellten Barbiers soignierte er Haar und Bart. Am späten Vormittag geschah dann das Malheur, er schüttete sich eine flüssige Pomade auf den Rock. So mußte er noch einmal wechseln, die Gattin schalt, der Barbier grinste, die Küchendirn kicherte hinter der Tür.
Schlag zwei verließ er, am ganzen Leib schwitzend, das Haus. Seit einer Stunde wartete der Wagen. Der Kutscher empfing den Fahrgast mit unverhohlenem Ärger und rüdem Peitschenknallen. Bestürzt zog Onkel Johann seine Börse und reichte im voraus ein fürstliches Trinkgeld. Der Wagen fuhr zum Kameralamt.
Balthasar hatte mit seiner Mutter und seiner Frau zu Mittag gespeist. Jetzt saß er allein in seiner Stube bei einer Schachpartie. Er war ein großer Liebhaber dieses Spiels und pflegte, wenn er keinen Partner hatte, allein gegen sich selbst zu spielen. So grübelte er auch heute über einer Konstellation. Die Damen hatte er gleich zu Anfang abgetauscht, es behagte ihm heute besser, nur mit den behenden Läufern, den kühnen Springern, den bärbeißigen Türmen zu verfahren als mit den majestätischen Königinnen, die ja doch nur immer bewacht, dreifach gedeckt und hofiert sein wollen. Dazu rauchte er eine riesige Pfeife; er stopfte sie aus einer dickbauchigen Dose mit grobem und höchst unlieblich duftendem Kraut. Dieses war das Geschenk seines ungarischen Burschen Korman Bencze, das alljährlich in ansehnlichen Paketen eintraf und das aufzuschmauchen der Rittmeister aus Anhänglichkeit an den alten Haudegen um keinen Preis unterlassen hätte. Alle diese Erinnerungen und Treulichkeiten pflegte der Rittmeister mit Sorgfalt, ja, mit Leidenschaft. Er ließ sich in ihnen durch keine Vorurteile stören. Die kroatischen Bauernsöhne, die er bei Solferino ins Feuer geführt hatte, kehrten in seinen Erzählungen ebensooft wieder wie die kommandierenden Generale.
Was verstand Onkel Johann, der Lavendelduftende, von den bittersüßen Opfergerüchen, die Balthasar Bourdanin der alten Kameradschaft aus seiner Meerschaumpfeife darbrachte! Verzweifelt stand er auf der Schwelle und blickte in den wogenden Qualm.
»Du bist es, lieber Onkel oder Schwiegerpapa!« erscholl des Rittmeisters Stimme in jovialem Ton. »Nur hereinspaziert, wenn ich bitten darf. Meinen gehorsamsten Diener. Wie hast du geruht?« »Dank dir, dank dir!« stammelte Onkel Johann und sank auf ein Stühlchen nieder. – »Du entschuldigst, daß ich dich so formlos überfalle, zu dieser Zeit, ach und in diesem Aufzug! Sieh mich nicht an, ich bitte dich.«
»Ei, warum denn gar?« fragte Balthasar und trug die Pfeife in den abgeschlossenen Alkoven. Er wußte, daß der Onkel den Knaster nicht vertrug. – »Du bist doch immer wie aus dem Ei geschält. Ich dagegen, ich rauher Krieger –«
Onkel Johann tat, als wolle er sich erheben. – »Keine Umstände«, flehte er. »Du willst doch dein Pfeifchen nicht verbannen, ich müßte sonst gleich wieder gehen.«
Der Neffe legte seine Hand auf des Onkels Schulter. – »Da bleibst du sitzen und: Ruhe! – Marie!« rief er aus dem Türspalt. »Dein Vater ist hier, laß einen Mokka bringen.«
»Laß Mariechen nur ruhen«, flüsterte Onkel Johann mit gesenktem Blick. »Die Lina, das Mädchen, hat mir schon angedeutet, daß sie sich heute nicht ganz wohl fühlt, leider.«
»Hat dir angedeutet!« murmelte Balthasar und runzelte die Stirn. – »Verfluchtes Weibervolk, muß immer schwatzen.«
Er schob das Schachbrett zur Seite. Onkel Johann war kein Partner.
Eine der Damen fiel zu Boden. Der Rittmeister schubste sie rasch mit der Stiefelspitze unter den Kasten. Jetzt heftete er den Blick auf des Schwiegervaters Gesicht. – »Wie siehst du aus, Onkel? Bist du krank?«
Dieser hatte sein Schnupftuch hervorgezogen und tupfte sich den Schweiß von der Stirne. Seine Züge waren zart und eigentlich schön. Auf den Schläfen trat die feine Zeichnung der Adern hervor. Die Wangen waren schmal, eingefallen, die Nase länglich, die Augen hell und blickten immer, als wollten Tränen unter ihre blaue Iris dringen. Übrigens hatte er, anders als der Neffe, der schon zur Kahlheit neigte, dichtes Haupthaar, und sein Bart lockte sich. Er war hochgewachsen und hielt sich in Gesellschaft aus Artigkeit gerade wie eine Tanne; alleingeblieben, ließ er sich leicht gehen, wölbte die Schultern und ließ den Kopf gegen die hohle Brust sinken.
»Lieber Schwiegersohn«, begann er jetzt, seine Stimme klang belegt, »lieber Schwiegersohn, du wirst meinen Besuch erwartet haben. Denn ich bin dir, wie du weißt, eine Erklärung schuldig, eine höchst wichtige Erklärung, welche ich dir, woran du nicht zweifeln kannst, längst gegeben hätte, wenn du mir erlaubt hättest zu sprechen. Allein bis heute warst du nie so gütig –«
»Ach, deshalb!« fiel ihm Balthasar ins Wort. – »Wegen der Mitgift! Laß es gut sein, mein Bester, da habe ich so meine eigenen Ansichten.« »Nein, o nein!« Onkel Johann knöpfte seinen Frack auf und zog aus der geschwollenen Westenjacke ein ledernes Portefeuille hervor. Aus der Tasche seines linken Frackschoßes förderte er ein Brillenfutteral zu Tage, aus den Tiefen seines rechten Frackschoßes eine Lupe. Da er Balthasars Schachspiel nicht zu zerstören wagte, schichtete er das ganze Quodlibet auf seine zusammengeklemmten Knie, von denen es alsbald abglitt und sich über den Boden verstreute. Der Neffe bückte sich danach, der Onkel desgleichen, beide rannten die Köpfe aneinander. Nach tausend Entschuldigungen wurde endlich Raum zur Ausbreitung der Johannitischen Umständlichkeit geschaffen. Und endlich konnte der Zitternde in seinen unterbrochenen Erklärungen fortfahren.
»Hier ist ein Überblick über das gesamte Bourdaninsche Vermögen vom Jahre 1710 an, hier ist ein Überblick über das – wenn ich so sagen darf – auf mich gekommene Erbe und dessen Entwicklung bis zum letzten Jahr, hier ist eine Abschrift der letztwilligen Verfügungen, welche wir, meine Frau und ich, getroffen haben. Hier endlich die Erklärung über Mariechens Mitgift.«
Balthasar Bourdanin warf einen flüchtigen Blick auf die Papiere. Sie waren mit den allersorgfältigsten Schriftzeichen auf das wunderbarste bemalt. Nächte hatte Onkel Johann geopfert, um in verzweiflungsvollen Mühen, von Bergen verschriebener, zerknüllter, weggeworfener Blätter umhäuft, diese kalligraphischen Wunderwerke herzustellen. Aber dem Neffen gewannen sie keine Aufmerksamkeit ab.
»Laß mich in Ruhe mit Mariens Mitgift«, sagte er. »Ich will nichts sehen und hören davon.«
In Onkel Johanns Augen schossen Tränen. Wie ein Kind, welches mit unendlicher Mühsal seine Lektion zuwege gebracht hat und sie jetzt um jeden Preis an den Mann bringen will, hob er flehend die Hände. – »Habe die Güte, mein Bester, bitte, habe die Güte! Ich habe sonst keine ruhige Stunde mehr. Du und Mariechen, ihr seid Mann und Frau, mit Gottes Hilfe. Es ist jetzt die Stunde, die allerletzte, um dir Mariens Mitgift zu unterbreiten.«
»Die letzte«, sagte der Schwiegersohn ingrimmig lachend. »Und ich hoffe auch, das allerletzte Mal davon gehört zu haben.«
Onkel Johanns Hände irrten zitternd über die Blätter, und während er nach einem suchte, welches vielleicht doch noch Gnade finden würde, fühlte er sich sanft zur Seite geschoben und sah die Früchte seiner Mühen – o Schreck! – unter dem Mokkatablett begraben, welches die Küchendirn indessen unbemerkt hereingebracht hatte. »Alles zu seiner Zeit«, sagte der Jüngere gemütlich. »Aber nach dem Essen gehört sich nun einmal der Mokka. – Warum, du verdammtes Weibsstück, bringst du den Zucker so grob zerstoßen?«
Onkel Johann wagte nicht zu sagen, daß er noch nicht gegessen habe, deshalb auch keines Mokkas bedürfe. Aber schon stürzte der Rittmeister den heißen Strahl in die Tassen. – »Kapuziner oder Gold?« fragte er. – »Ja, ihr soliden Leute zieht das Helle vor, der Teufel hol’s, mir kann der Satan nicht schwarz genug sein.«
»Höre mich an«, sagte er dann, nachdem er getrunken und den Zuckerschleim aus der Tasse gelöffelt hatte. »Höre mich an, ich habe die Marie gegen deinen Willen geheiratet; keine Widerrede, lieber Schwiegervater. Es war ja jene – hm – Sonntagmorgen-Spazierfahrt notwendig, um dich davon zu überzeugen, wie unabänderlich mein Entschluß feststand. Marie wäre, wie jedermann weiß, eine gute Partie gewesen, sie wäre es auch für mich gewesen, wenn ich sie unter anderen Umständen bekommen hätte. So ist’s deine Schuld, Teuerster, nur deine Schuld. Ich kann es mit meinem Standpunkt nicht vereinbaren, die Ehe mit einer begüterten Frau erzwungen zu haben. Die Ehe«, er räusperte sich, »ist vollzogen. Als Ehrenmann bleibt mir nur eins zu tun übrig: ich verzichte auf die Mitgift.«
»Ja, aber wieso denn?« stammelte Onkel Johann entsetzt.
»Habe ich eben erklärt. Hiermit stelle ich in aller Form fest, daß ich von dir und der verehrten Tante keinen roten Heller annehme, und wenn ihr mir die Marie in Gold und Perlen einpacken wolltet. Und damit basta.«
Onkel Johann saß mit offenem Munde. O Gott, meine Arbeit, meine Mühe, dachte er. Alles vergeblich. – »Ich bitte dich«, begann er noch einmal, »lieber Neffe, lieber Schwiegersohn, nur einen Blick!« »Nicht nötig«, wehrte Balthasar ab. »Jetzt lasse ich einen Sherry kommen, und wir trinken auf unseren Entschluß.«
Einen Sherry nach dem Mokka, das auch noch! dachte Onkel Johann, und sein Herz versank in Verzweiflung.
Nach dem Abendessen teilte Balthasar Bourdanin seiner Frau und seiner Mutter mit, was er heute mittag Mariens Vater eröffnet hatte. Er tat es im gleichgültigsten Ton, als wäre die Sache kaum der Rede wert. Während er sprach, trommelte er mit den Fingern einen Marsch auf der Tischplatte.
Man hatte schon abgedeckt, nur der Brotkorb stand noch da. Ihn drehte der Rittmeister nun gegen Marie und sagte: »Du bist also eine arme Braut, mein Kind. Merke dir das! Aber du hast dein tägliches Brot bei mir.«
Die junge Frau saß mit gesenktem Blick, sie war dunkelrot geworden. Jetzt schlug sie die Augen gegen den Mann auf, geraden glühenden Blickes, so hatte Marie Balthasar noch niemals angeschaut. –
»Nein«, stieß sie hervor, »ich will dein tägliches Brot nicht, Balthasar, ich will keine arme Braut sein, ich will nicht von dir dazu gemacht werden, ich will es nicht.«
»Erlaube einmal!«
»Nein«, schrie Marie. »Denn wer nichts hat, der ist verkauft und verraten, und ich will nicht verkauft sein. Was geht mich das an, was du willst? Es ist mein Geld, worauf du verzichtest und was du herschenkst, du kannst mein Geld nicht verschenken, es gehört mir und niemandem sonst.«
»So«, sagte Balthasar, und auch sein Gesicht lief dunkelrot an. – »Dir ist es also gleichgültig, wenn die Leute mit Fingern auf deinen Gatten weisen?«
»Niemand weist mit Fingern auf dich«, ergriff Frau Josefin das Wort. »Das ist wieder so eine tolle Kavalleristen-Idee! Seit wann ist es denn eine Schande, ein reiches Mädchen zu heiraten? Das wäre mir noch schöner.«
»Das verstehst du nicht, Mutter«, brauste der Sohn auf. »Was ich meinem Standpunkt schuldig bin, das weiß nur ich allein.«
»Aber was du mir schuldig bist, das weißt du nicht«, gellte Marie. Sie bebte am ganzen Leib. – »Du machst mich zur Bettlerin, ehe ich noch einen Tag in deinem Hause gelebt habe.«
»Zur Bettlerin?« rief Bourdanin aufspringend. – »Morgen verschreibe ich dir fünftausend Gulden, das ist ein Drittel meines Vermögens.«
»Aber ich hätte siebentausend bekommen«, schluchzte Marie.
»So werde ich dir siebentausend verschreiben«, schrie Bourdanin. »Morgen oder, wenn du willst, noch heute.«
»Balthasar, Balthasar!« rief Frau Josefin warnend dazwischen.
»Ja, heute noch!« Er riß eine Schublade aus einem Schreibtisch hervor, einen Bogen heraus, stieß die Feder ins Tintenfaß, daß die Kleckse spritzten. Dann schrieb er mit wilden Zügen die Erklärung. Als er fertig war und sie Marie über den Tisch hinhielt, stand diese unbeweglich. – »Und wenn ich sterbe«, flüsterte sie, »was wird dann mit dem Geld?«
»Sterben!« schrie der Gatte. »Du wirst achtzig Jahre alt oder hundert, und wirst mich zehnmal begraben!«
Die Frau schaute auf, und etwas änderte sich in ihrer Miene, als dämmerte ein ängstlich-dumpfes Hoffen in ihr auf »Meinst du?« murmelte sie, »meinst du, daß ich so alt werde? Ach, wenn ich nur fünfzig würde, wenn ich nur fünfzig Jahre zu leben hätte –«
Die Herkunft oder das Große Glück
So hatte Balthasar Bourdanins Ehe mit seiner Base Marie begonnen.
Begonnen? Noch hatten sie einander nicht einmal als Mann und Frau besessen; noch wußten sie nichts von aller Lebensfolge, die sich an ihre Ehe, nichts von den tausendmaschigen Verstrickungen, die sich an ihre Personen knüpfen sollten. Die Nacht, die sich über sie senkte, war die echte Nacht schwarzer Undurchschaubarkeit, eine erst zu erlebende, zu erleidende Nacht, unaufhellbar durch das Licht irgendeiner Deutung. – Wir, die so viel Späteren freilich, wir blicken auf die beiden zurück als auf ein längst Vergangenes; wir sehen sie im Gefängnis ihrer menschlichen Ohnmacht, sehen sie eingekreist von den geheimen vorbereitenden Strömungen im magnetischen Feld des Schicksals. Im voraus scheint uns alles entschieden. So überlassen wir sie einander in der finsteren Zelle ihrer Bestimmung und gehen hinaus, um uns die Landschaft ihres Daseins anzusehen, in der wir uns einzurichten haben für eine lange Geschichte. Es ist an Stadt und Land nicht viel Bemerkenswertes im Sinne der Poesie: ein flachwelliges Hügelgelände, recht fruchtbar und ergiebig; eine Stadt, tüchtig und planvoll erbaut, ziemlich alt, aber beileibe keine strahlende Sehenswürdigkeit: In der Mitte ein großer viereckiger Marktplatz, Ring genannt, in rechten Winkeln ziehen die Straßen von ihm, da und dort eine Gasse in der Quere; in der Mitte des Marktes die Kirche mit dem sehr hohen Turm; die Kirchenhalle aus der gotischen Zeit, aber auch sie ohne besonderen Aufwand oder großes Genie erbaut, mit einer rundbäckig und bäurisch blickenden Madonna auf dem Hochaltar.
Überhaupt zeigt die Stadt in allen Stücken ein solid-vernunftgemäßes Wesen. Exzesse und Abenteuer blieben ihr fern, und was sie etwa an Belagerungen auszustehen hatte, bestand sie jeweils in Ehren und Anhänglichkeit an das Hergebrachte. Deshalb hatte sie in fernen Zeiten den Beinamen die Treue oder sogar Allzeit-Getreue erhalten. Der Boden, auf dem sie stand, war wackeres Ackerland, in dem die Kartoffel gedieh, vor allem aber das brave Gewächs der Gerste.
Aus der Gerste darrte man das Malz, und aus diesem wieder gewann man das Bier; unfern wuchs der Hopfen, und die nahen Wälder gaben das Holz, aus dem die Küfer Bottiche und Fässer bauten: so kam es, daß in der Stadt Bier gebraut wurde, mehr und vorzüglicheres als an anderen Orten.
Gott Gambrinus ist ein behaglicher Gott; in seinem Dunstkreis gedeihen keine Revolutionen, keine Umstürze und geistige Heldentaten; wer gerne Bier trinkt, wird friedlich-dumpf und still-behäbig. So blieb auch diese Stadt friedfertig, auf stilles Wachstum bedacht. Nur einmal trug sich in ihren Mauern etwas so Bedeutsames zu, daß es die Weltgeschichte in ihren Annalen erwähnt, ja, daß sich sogar ein berühmter Dichter des Vorgangs bemächtigt hat: Da war ein verwegener und sehr gefürchteter Mann, ein Kriegsheld und Glücksritter. Ihm hatten die Konstellationen der Gestirne große Macht und höchste Würden verheißen. Eben damals, als er in dieser Stadt Quartier bezogen, wollte ihn Fortuna verlocken, die höchste schwindelnde Sprosse ihrer Leiter zu ersteigen, den großen Sprung zu wagen und zum kühnsten Schlag auszuholen. Es war eine Spitzbüberei dabei im Spiel mit abgelisteten Unterschriften und vom Wein bacchantisch verwirrten Gemütern. Aber da brach das schwindelhafte Gebäude plötzlich zusammen. Das von den Sternen verheißene Glück stob davon, und der betretene Kriegsheld verließ die Stadt. Er wurde an einem anderen unfern gelegenen Ort bald darauf durch ein paar tüchtige Meuchelmörder vom Leben zum Tode gebracht.
Die Stadt aber, die nüchtern tüchtige, fuhr fort, Gambrinus, dem Gott des behaglichen Mittelsmaßes, zu dienen.
In vielen kleinen Braustuben, so war es Brauch, wurde von den Bürgern, die dazu ermächtigt, also bräuberechtigt waren, der kräftige Malzsaft gesotten. Gassen und Straßen, Höfe und Häuser dufteten säuerlich nach Hefe, und ein Wettstreit war entbrannt zwischen den Bürgerhäusern, welches von ihnen die allervorzüglichste Spielart des insgesamt vorzüglichen Bieres braute.
So kam es, daß eine Zeitlang der Eigensinn regierte, aber er schlug, wie das manchmal geschieht, plötzlich in Gemeinsinn um: die Hausväter taten sich zusammen und gründeten das Allgemeine Bürgerliche Bräuhaus. Auf der Gründungsurkunde stand unter anderen Namen auch der eines Bourdanin.
Ein Gerücht erzählt, die Bourdanins seien aus dem Böhmerwald eingewandert. Eine Art Vorzeit-Nebel verdeckte ihren Ursprung. Sie hatten freilich ein Gewerbe mitgebracht, das nicht zu den ursprünglichen ländlichen Gewerben gerechnet werden kann: Buchdrucker waren sie, und es mag erst ein recht kärgliches Dasein gewesen sein, das sie damit hatten fristen können. Dennoch waren die Bourdanins nicht von diesem Gewerbe gewichen, der Sohn wurde, was der Vater war: so prägte sich ihnen früh ein starkes Selbstbewußtsein. Weil sie aber hübsche Leute waren, bekamen sie hübsche Frauen und auch solche, die ihnen etwas zubrachten an Geld und Gut. Unter diesen Mitgiftgaben war auch ein bräuberechtigtes Haus gewesen. So geschah es, daß ein Bourdanin, Josef, die Gründungsurkunde des Bürgerlichen Bräuhauses mit unterschrieb.
Der Gemeinsinn hatte, wie sich’s bald zeigte, mit dieser Gründung das Rechte getroffen, das gemeinsam gebraute Bier wurde im ganzen Land, ja, über die Grenzen hinaus berühmt; schon liefen Aufträge ein aus aller Herren Ländern, überall begehrte man dieses und eben nur dieses Bier zu trinken. So fand sich die Stadt belohnt für ihren treulichen Geist, der durch Jahrhunderte dem behäbigen Gott ergeben gewesen. Vor allem belohnt fanden sich freilich jene, welche an der Gründung teilgenommen und ihr Braurecht – ihren Braurang – an das »Allgemeine Bürgerliche Bräuhaus« abgetreten hatten.
Weil man aber von Anfang erpicht gewesen war darauf, die Rechte den Kindern der Stadt zu wahren, so hatte man die Häuser zu den Besitzern des Werkes gemacht, die Häuser also zu den Trägern des Reichtums und der Geschäfte. Nur mit einem solchen Haus konnte ein Braurang vererbt, verkauft oder sonstwie veräußert werden. Wer das Haus besaß, besaß auch den Rang und schlüpfte in seine Nutzung wie in ein vorgewärmtes Nest. Warme Nester, das also waren diese Häuser, man konnte bequem von ihnen leben und brauchte keine Not zu fürchten.
Die Töchter solcher Häuser wurden als Bräute umworben; und die Söhne, mochten sie Faulpelze oder Leimsieder sein, durften ihr Gerstel genießen, während sich andere plackten; sie durften die Daumen über rundlichen Westen drehen.
Das war nun nicht Bourdaninsche Art, und der Josefus, der auf der Gründungsurkunde unterschrieben, hätte ein solches daumendrehendes Dasein für seine Person gar nie ertragen; er hatte seinen Stolz auf das ihm vom Vater überkommene Handwerk und trieb es nach Brauch. In späteren Jahren ließ er sich und seine Ehefrau von einem heimischen Maler abkonterfeien.
Es ist allemal ein Wendepunkt in der Geschichte einer Familie, wenn ein Mann sich und sein Weib porträtieren läßt. Es ist ein Anspruch an die Welt, ein Anspruch auf Ehre und Würde. Nicht, daß sich Josefus einer falschen Eitelkeit erdreistet hätte in einem aufgedrehten Prachtporträt: kleine Tafeln in blassem Pastell hatte er, der Sparsame, bestellt und mit scharfem Mißtrauensblick äugte er gegen den Farbenschmierer, der ihn da malen sollte, äugte mit schwarz glühender Iris unter den buschigen Brauen. Sein schon ergrautes, in einer Spitze gegen die Nasenwurzeln gewachsenes Haar stand bürstenstarr in die Höhe, die niedere Stirn verriet Charakter, aber Charakter von einer galligen und aufbrausenden Art. Er war ein eingefleischter Provinzler, war sein Lebtag nur ein einziges Mal aus dem Lande gekommen, nämlich als er im Jahre achtzehnhundertdreizehn an der Schlacht von Leipzig teilgenommen und bei dieser Gelegenheit, wie er zu sagen pflegte, den Franzmann windelweich zu dreschen wacker mitgeholfen hatte. Er war unverwundet geblieben, obwohl er immer vorneweg im Kugelregen gestanden war. Nichts, so rühmte er sich, habe ihm von all dem Donner und Doria anhaben können und nicht eher habe er geruht, bis der letzte bonapartische Wurstzipfel aus dem Leipziger Feld gefegt war.
Bei diesen Erzählungen schlug seine Frau, die blauäugige Sabine, still die Augen nieder und blickte in ihren Schoß; ein heimliches Lächeln geisterte um ihren Mund, aber kein spöttisches etwa, ein zärtlich frommes vielmehr: denn sie hatte dem Josef, dem trotz seines zornmütigen Wesens geliebten Mann, heimlich, ehe er Abschied genommen, einen geweihten Taler in den Rock genäht, und sie glaubte, daß es dieser Taler gewesen sei, der den Tollkühn-Eigensinnigen vor allen Gefahren beschirmt habe. Nie wagte sie ihm das zu sagen, aber ihren Kindern überlieferte sie die Mär und später ihren Enkeln; seither stand der Taler bei der Familie Bourdanin in hohem Ansehen.
Sabine war ganz anderer Natur als ihr Gatte. Mondesmild blickte sie aus einem runden gütigen Antlitz, aus treuherzig blauen Augen. Ein weißes gefälteltes Häubchen trug sie über dem glatten Scheitel und ein kleines weißes Kräglein über dem blaugrauen Kleid. Nur mit Mühe hatte man sie bewegen können, sich malen zu lassen. Immerfort, so erzählte später der Künstler, habe sie nur den Kopf geschüttelt und beteuert, es sei ihr gar nicht recht, daß man die schöne Tafel und die kostbaren Farben an ihr Konterfei verschwende, es werde es ja doch niemand ansehen wollen.
Aber man sah es gerne an und beinahe lieber als das nächste Bildnispaar, das um ein halbes Menschenalter später gemalt war. Da war schon eine andere Zeit gekommen; da tat es das kleine Täfelchen nicht mehr und nicht mehr die trockene Pastellkreide, es mußte eine große Leinwand aufgespannt und die saftige Ölfarbe bemüht werden. Es waren auch die kleinen Bürger nimmer, die sich halb mißtrauisch und halb schamhaft abbildern ließen, sondern zu Ehren gekommene Herrschaften: ein schöner Herr mit modisch geschnittenem Backenbart, über der Weste trug er die goldene Uhrkette, der goldene Siegelring steckte an der absichtsvoll aufgestützten Hand. Vom Scheitel der Frau war das sittsame Häubchen der Schwiegermutter verschwunden, ihre Schultern hoben sich aus glänzendem Atlas, und selbstbewußt zeigte sie den Schmuck an Ohr, Hals und Armen.
Der Herr war Balthasar Bourdanin, der erste dieses Namens, und die Frau war seine Gattin Josefin, geborene Silbernagel. Aber leider, sie war nicht schön, die in Atlas Gekleidete; sie trug eine große, abwärts weisende Nase im kupfernen Angesicht, ihre Augen waren schwarz wie die des Schwiegervaters und nicht ohne Hinterhalt gegen den Beschauer. Aber sie war, wir haben sie kennengelernt, eine rechtlich denkende Frau, sie schämte sich ihrer einfachen Herkunft auch in den Tagen des Glückes nicht. Als ihr Mann, der schöne berühmte Balthasar, sie hatte malen lassen, da bestand sie darauf, daß man auch ihre Eltern konterfeite, die Bäckersleute aus der Sedlatschekgasse.
So geschah es, denn der Gatte tat ihr gern was zuliebe, er ehrte sie trotz ihrer Nase und trotz ihrer großen Knochengestalt; er hielt die Ehe heilig und machte der Frau keinen Vorwurf daraus, daß sie ihm eine Tochter nach der anderen brachte und nur einen einzigen Sohn, und der war ihm nicht ganz nach dem Herzen.
Doch zuvor etwas über seine jüngeren Jahre.
Balthasar Bourdanin war der ältere von zwei Knaben. Wie das üblich war bei den Bourdaninschen, trat er in seines Vaters Unternehmen als Lehrling ein. Der Josefus war seinem Sohn ein strenger Meister. Nach einer harten Zeit wurde Balthasar Geselle und zog mit dem Stecken in der Hand und mit einem Bündel auf dem Rücken in die weite Welt.
Damals fauchte noch keine Eisenbahn durch die Länder. Auf Schusters Rappen, das heißt: auf heiß- und wundgelaufenen Sohlen, in Regen und Sonnenglut pilgerte der junge Bourdanin über die böhmische Grenze nach Deutschland bis Hamburg. Dabei hielt er die Augen offen und hatte einen Begriff von der großen Welt gewonnen, als er nach sechs Jahren wieder heimwärts nach Böhmen zog.
Dort war der Vater noch am Werk; und dann war Johann da, der jüngere Bruder.
Der war nicht zu bewegen gewesen, mit Balthasar zu ziehen, noch ihm nachzukommen, als dieser von Hamburg schrieb, er möge ihm folgen; er, Balthasar, sei daran, sich hier in der Weltstadt seßhaft zu machen und eine Holsteinerin zu freien, ein schönes begütertes Mädchen, die einzige Erbin eines aufstrebenden Kaufhauses. Nein, Johann war nicht zu bewegen gewesen.
Er war lieber daheim gesessen und hatte gekränkelt und hatte Katzenfelle über der Brust getragen und sich den Puls gefühlt unter den wollenen Stutzen. Ein Jahr sprach er nur mit Flüsterstimme und spuckte Blut ins Taschentuch. Der Vater hatte ihm die Hölle heiß gemacht, weil er glaubte, der Sohn mache den Kränkelhans nur aus sträflicher Faulheit oder aus eingeborener Widersetzlichkeit gegen ihn, den Erzeuger. Die Mutter hatte gelitten und geweint um die zwei in Fehde liegenden Männer, aber Johann war unerbittlich geblieben mit seinem Hinter-dem-Ofen-Hocken, der Vater hatte vergeblich getobt und das Haus durchwettert. Da hatte Frau Sabine dem Balthasar geschrieben, er möchte doch kommen um Gottes willen, sie könne es nicht mehr ertragen, er solle doch den armen Bruder nicht verlassen.
Das war eine schwere Zumutung an ihren Erstgeborenen, ein schweres Opfer, das sie ihm abverlangte um des Jüngeren willen. Sie wartete einen Monat und zwei, und am ersten Tage des dritten Monats stand der Sohn vor ihr, größer und schöner, als er gegangen war, braun und ernst und zum Manne gereift. Die Mutter konnte nur die Arme ausbreiten und ihm weinend an die Brust sinken.
Da war er nun, und niemand fragte ihn danach, was er dort an dem Elbestrand verlassen und worauf er verzichtet hatte. Er war da, als hätte sich das immer von selbst so verstanden, daß er heimkehren würde zu dem gallenbittern Vater und zu dem wispernden Bruder im Ofeneck.
Der Vater war damals schon sehr krank; er litt an der Leber, war gelb im Gesicht und von Zeit zu Zeit von gräßlichen Krämpfen gepeinigt. So übernahm der Heimgekehrte das Geschäft.
Sein Kopf war voller Pläne und neuer Gedanken. Klein schien ihm die Stadt, die um den Ringplatz erbaute, wie ein Spielzeug klein und fast nichtig, vor seinem inneren Auge sah er immer noch die Schiffsmasten über dem Himmel ziehen und sah die Segel gebläht und gefüllt von Weltwind. Das verlor sich nach einer Weile, er gewöhnte sich an die engen Stuben und an die kurzen Gassen, an den Markt, auf welchem statt der reichen silbrig schuppigen Fracht des Meeres die bescheidene Ernte des Landes verkauft wurde: Kapuste, Zwiebel, grellschreiende Gänse.
Hier also hatte er sein Leben. Statt an die Alster und statt in die Nicolaikirche, die er so oft besucht hatte um der dort gepflegten wunderbaren Orgelmusik willen, ging er nun am Abend zu seiner Großmutter, der alten Frau Köhler. Die war sehr fromm. Sie hatte einen alten Schrank in ihrer Küche stehen, und nach dem Abendessen wurde der Schrank geöffnet. Drinnen hing ein uraltes geschwärztes Marienbild, vor diesem kniete nun die Großmutter nieder, das Hausgesinde rings um sie, und indes es langsam dunkel wurde, beteten sie alle den Rosenkranz. Der weitgereiste Enkel saß hinten auf einem Stuhl und hörte dem Gemurmel der Weiber zu, das ihm ungewohnt klang nach den Jahren des Fernseins, seltsam wie aus einer sagenhaften Frühzeit. Er war der erste in der Geschlechterfolge der Bourdanins, den eine Ahnung anwehte von der Verwandlung des Jahrhunderts.
Dennoch sollte ihm eben an einem solchen Abend und bei einer solchen Zusammenkunft das Schicksal begegnen; es erschien ihm in Gestalt der Bäckermeisterstochter Josefine Silbernagel. Sie war aus der Nachbarschaft herübergekommen, um einen Krug Essig zu leihen. Sie erhielt den Krug von der alten Frau Köhler und blieb, weil man eben mit dem Rosenkranz begann, über das Gebet zu Gast. Danach trug ihr der junge Buchdruckermeister den Krug hinüber ins Haus. Oft dachte er später an den Sauerduft, der ihm damals in die Nase gestiegen war, es war ein guter, gesunder, zuträglicher Duft gewesen, und Balthasar hatte es nie zu bereuen gehabt, daß er nicht weiter umhergeschmeckt hatte, wählerisch suchend nach süßeren Gerüchen.
Dies eine war ihm also gelungen; aber mit dem Vater ging es nicht gut. Gallig und bitter war der Alte geblieben, hatte mit Mißgunst nach dem übergebenen Geschäft geäugt, hatte sich alle Neuerungen verbeten, sich jede Entscheidung vorbehalten wollen. Endlich starb er, von seinem Leiden erlöst.
Der Sohn betrauerte ihn ehrlich. Dann freilich ging er daran, sein Handwerk mit den Freiheiten und Vorteilen auszustatten, die er draußen in der weiteren Welt kennengelernt hatte. Er schaffte Maschinen an, traf Verbesserungen und blieb nicht dabei stehen, nur das zu drucken, was ihm in Auftrag gegeben wurde. Er begann sich selbst nach Werken umzutun, die er verlegen konnte; er brachte eine Geschichte Böhmens heraus, ein Lehrbuch der Mathematik, ein Reisetagebuch und ein Bändchen Gedichte zuletzt, von dem ihm freilich nur siebzehn Exemplare abgekauft wurden; dennoch war ihm dieses Bändchen das heimlich liebste von allen diesen Werken.
Auch seine Vorliebe für die musikalischen Dinge behielt Bourdanin. Er blies die Flöte, und eines Tages trug man ihm die Leitung der Stadtkapelle an, fleißig zog er mit seinen Bläsern ins Grüne und übte mit ihnen.
So vergingen die Jahre, seine Mutter war gestorben, vier Kinder waren ihm geboren worden. Weit hinten lag der Hamburger Traum, in blaugoldenen Nebelfernen der Erinnerung. Der Bruder, dessentwillen er heimgekehrt war, der kränkliche Johann, saß noch immer im Ofeneck. Nach des Vaters Tod war er zwar ein wenig munterer geworden, hatte das Katzenfell und die hüstelnde Flüsterstimme abgelegt, er schien sich nun doch darauf einzurichten, noch in der Welt zu verweilen, während er zu des Alten Lebzeiten unentwegt vom Frühjahr auf den Herbst und vom Herbst auf das nächste Frühjahr seinen Tod prophezeit hatte. Unter einem Dach lebten die Brüder, aßen an demselben Tisch, und es war der Frau des älteren längst zur Gewohnheit geworden, daß sie auch den jüngeren mit zu verköstigen hatte.
Am Morgen, wenn der Ältere in sein Geschäft ging, lag Bruder Johann noch im Bett. Die Schlafmütze auf dem Kopf, in wollene Tücher gewickelt, besann er seufzend die Mühsal des Daseins. Erscholl draußen Balthasars kräftiger Schritt, fuhr Johann gequält aus den Kissen empor, schloff in den wattierten Rock und lief auf den Flur, streckte den Kopf über das Treppengeländer. Balthasar! Balthasar! – Über das Geländer geneigt, schwor er, daß er heute ganz gewiß in der Druckerei erscheinen werde.
Schon gut, schon gut! klang es begütigend von unten herauf. Da kehrte der Schlafrockmann in sein Nestchen zurück, rieb sich die Füße unter der Decke warm, wohlig seufzend zog er sich die Mütze noch einmal über die Augen.
Johann erschien niemals in der Druckerei. Das Geschäft ging gut durch Balthasars Arbeit und Tüchtigkeit; das Bräuhaus jenseits des Flusses trug ohne jedwedes Hinzutun ein. So hatte sich die Gepflogenheit gebildet, daß Balthasar das Seine aus dem Geschäft bestritt und Johann die Brauränge einheimste. Mehr konnte ihm, der doch schwach auf der Lunge war, nicht zugemutet werden! Immerhin mußte er an jedem Ersten eines Jahresquartals über die Brücke zum Bräuhaus pilgern und dort die Dividende holen. Das ging bei Johann nicht ohne einige Feierlichkeit ab. Festtäglich hatte er sich dazu gekleidet, strich mit frommer Miene das Sümmchen ein, setzte seine zierliche Unterschrift in ein dickes Buch und bedankte sich bestens. Manchmal hatte die Dividende ein wenig mehr betragen, manchmal ein bißchen weniger. Daran knüpften sich Johann Bourdanins weltbetrachtende Bemerkungen: ging alles gut, so meinte er, man dürfe sich nicht allzusehr auf das Glück verlassen, man wisse nie, was in der Zeiten Hintergrund noch lauere. War es geschehen, daß das Sümmchen gekappt war, weil in der Welt vielleicht eben wieder ein Krieg den Appetit auf das gute Bier verminderte oder weil sonst Sorgen und schwere Finsternisse über dem Horizont hingen, dann seufzte Johann und sagte, als gläubiger Christenmensch müsse man die Heimsuchung als Strafe Gottes verstehen. Dann lüftete er seinen Hut; mit einem freundlichen: Auf Wiedersehen! und Gehorsamster Diener! wandelte er, aufrecht wie ein Tännchen, davon.
Eines Tages geschah, was niemand im Ernst für möglich gehalten hätte: auch Bruder Johann nahm eine Frau. Margaret hieß sie, eine geborene Krieg. Das war ein Wagnis und ein gefährliches dazu, es hätte alle Tage zwischen den Schwägerinnen, die nebeneinander wirtschaften sollten, Zwist und Zank geben können. Aber Margaret war gut, bescheiden und herzlich bereit, sich der riesenhaften Josefin in allen Stücken zu fügen. So war es schließlich diese selbst, die der Schüchternen entgegenkam und sie in dieselben Rechte einsetzte, die sie für sich in Anspruch nahm.
Schon hatte Josefin ihrem Gatten drei Töchter und einen Sohn geboren, und nach vielen Bedenklichkeiten und einigen Wallfahrten zur Mutter Gottes am Bergl hatten es auch Johann und Margareta schließlich zu einem Pärchen, Hans und Marie, gebracht. Nach wie vor ging Balthasar zur Arbeit, nach wie vor brachte Johann seine Tage hin in sanfter Nichtsnützlichkeit. Und es wäre vielleicht allezeit so fortgegangen in dem Trott der einander angeglichenen, wenn auch so ungleichen Lebensbahnen, wenn – ja, wenn nicht einmal über Nacht das Unglaubliche, Unwahrscheinliche, schier Verrückte geschehen wäre: daß nämlich der Ältere, daß Balthasar das große Los gewann, es gewann, ohne jemals selbst in der Lotterie gespielt zu haben. Ohne gespielt zu haben, zog er den Haupttreffer, den einmaligen Staatsgewinn, das waren hunderttausend Taler.
So etwas hatte man noch nie gehört. Die Stadt stand kopf. Der Ochsenhirt trieb seine Herde in die Mitte des Ringplatzes, pflanzte sich vor ihr auf und rief: »Viteli to, vy voli, ze Bourdanin vyhral?« Ob ihr’s auch wißt, ihr Rindviecher, daß Bourdanin gewonnen hat?
Nur im Hause des Gewinners, im Hause der dunklen Krüge, war es eigentlich beinahe drückend still. Die Balthasarischen Kinder wollten jubeln. Aber Mutter Josefin drückte die Hand an die Lippen und befahl ihnen still zu sein. Das war am ersten Tag, vielleicht auch noch am zweiten und dritten. Aber dann ging es, wie es gehen mußte: Balthasar hatte gewonnen, und nicht Johann. Die Frauen fielen einander in die Arme, die Brüder drückten einander still die Hand. Aber der alte innige Lebenszusammenhang war schon zerrissen. Die vom Glück Betroffenen verließen das Haus, sie zogen im Kameralamt ein, das sie sich in aller Eile erworben hatten, sie kauften andere Häuser und weite Strecken Landes. In allen Zeitungen stand Balthasar Bourdanins Name. In einer eigenen vierspännigen Kutsche fuhr er nach Wien und wurde dort bei Hof empfangen. Der gute Kaiser Ferdinand, dem alle Dinge schief auszulaufen begannen, hatte den Mann zu sehen verlangt, den seltsamen, der so viel Glück auf einmal gehabt hatte.
In Wien wollte man Bourdanin festhalten, wollte ihn dazu bewegen, mit seinem Geld zu spekulieren. Aber vor seinem inneren Auge schwebte eine andere Landschaft, die er einstmals gesehen und die ihm das Herz hatte schlagen lassen. Das Ungemeine, das ihn damals heimlich erfüllt, und das Ungemeine, das nun über ihn gekommen war, flossen in seinem Gemüt in eins zusammen. Es war viel zu spät geworden für ihn, daß er hätte ein neues Leben beginnen können; der Beruf hielt ihn fest, das häusliche Leben, – die knochige Riesin hatte ihm soeben das fünfte Kind geboren. Aber als das neue Jahr aufging, das achtundvierziger Jahr, da gor das einstmals Gewesene in Bourdanin empor, es dünkte ihn auf einmal unerträglich, tatenlos daneben zu sitzen, es dünkte ihn wunderbar und erhebend, wie die Jugend stritt und sich anschickte, die alte griesgrämig-mißtrauische Ordnung umzuwerfen. Das armselige und ein wenig kindische Kaiserlein in seinem goldenen Vogelkäfig kam ihm bedauernswert vor: was konnte es denn Schlimmeres geben, als daß eine Last auf Schultern lag, die dieser Last nicht gewachsen waren? Das große deutsche Vaterland lag drüben wie ein Reich der Verheißung, man sah das Wartburgfeuer wie ein fernes Morgenrot auch jenseits der böhmischen Wälder glühen. So stellte sich Bourdanin den Freiheitlichen zur Seite. Zum Bürgermeister wurde er ernannt, und die Stadtmusik übte unter seiner Führung die neuen Weisen:
»Erhebt euch von der Erde, Ihr Schläfer aus der Ruh’…«
und:
»Sind wir vereint zur guten Stunde …«
Doch leider war die gute Stunde nur kurz, denn gleich mischten sich in die hochgestimmten Gesänge die trüben und mißtönenden Geräusche tumultuarischer Geschehnisse; wüste Gerüchte drangen herein von schlimmen Dingen, von Ausschreitungen, Verrätereien und Blutbädern.
Die Revolution wurde niedergeworfen. Ein neuer blutjunger Kaiser bestieg den Thron; zwar: der alte leisetreterische Klügler Metternich mußte verschwinden, und das Ärgernis, der arme Ferdinand, wurde abgeschafft. Aber in Ungarn feuerten die Pelotons, der Spielberg füllte sich. In der Residenz zu Olmütz knieten schwarzgekleidete Frauen und flehten den jungen Monarchen um Gnade für ihre verurteilten Männer, Brüder und Söhne.
Balthasar Bourdanin blieb im Amt. Er hatte es geführt, wie niemand es hätte in schlimmen Zeiten besser führen können; das sagte jedermann, und so erlebte er die matte Freude, daß ihn der obsiegende Gegner bat, auch weiterhin das Regiment im Rathaus zu versehen. Er tat es denn, nur die Leitung der Kapelle legte er nieder. Er entsagte ihr, verschloß auch seine geliebte Flöte in ihrem Futteral. Dafür ließ er in der Stadt das neumodische Gaslicht einführen, ließ eine Wasserleitung legen und gründete ein Waisenhaus. Er alterte in jenen Jahren, und es waren deren nur zwei, die er noch zu leben hatte; eine Tochter, Rosine, hatte er zuvor schon vermählt und, die sein Augenstern gewesen, Emma, verlobte er einem muntern Geschäftsmann namens Wanka.
Eines Tages nahm er Urlaub und reiste wieder einmal gegen Norden. Als er zurückkehrte, trug er den Keim einer tödlichen Krankheit in sich. Die Cholera war es, die damals überall wütete, zwei Tage, nachdem er angekommen, legte er sich nieder und starb. Zwar wollte sich die Familienfama nie dazu verstehen, daß der verehrte Hausvater und glückgesegnete Patriarch einer gemeinen grauenvollen Seuche erlegen war. So hieß es immer, der Vater und Großvater sei durch den Genuß einer fetten Ente vergiftet worden und habe nur deswegen sterben müssen, weil er auf die verderbliche Mahlzeit auch noch ein Glas eiskaltes Wasser getrunken habe; hätte er ein Glas heimischen Bieres getrunken, so folgerte man, wäre ihm nichts geschehen und er lebte heute noch.
Marie oder »Die Truthühner«
Frau Josefinens Prophezeiung, daß eine so kränkliche Person wie ihre Schwiegertochter Marie nicht so bald in die Hoffnung kommen werde, ging leider nicht in Erfüllung. Ein paar Monate nach der Hochzeit entdeckte die Unglückselige an sich die untrüglichen Zeichen einer Schwangerschaft. Sie suchte ihren Arzt auf und teilte ihm ihre Beobachtungen mit. Zugleich änderte sie ihre Lebensweise und begann, sich auf die Entbindung vorzubereiten.