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Gesundheit beginnt im Geist
Das »heilende Selbst« ist ein revolutionäres Modell, das sich über die künstlich gezogene Grenze zwischen Körper und Geist hinwegsetzt. Der Mediziner Deepak Chopra und der Neurowissenschaftler Rudolph Tanzi zeigen, welche entscheidende Rolle unser Bewusstsein dabei spielt unser Immunsystem zu stärken und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Ihr 7-Tage-Aktionsplan lässt sich einfach und mühelos umsetzen und umfasst praktische Tipps zu Ernährung, Entspannung und geistiger Entwicklung. So steigern Sie Ihre Abwehrkräfte und können zahlreichen Krankheiten wie chronischen Entzündungen, Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und sogar Alzheimer vorbeugen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 478
ÜBER DAS BUCH
Die beiden New York Times-Bestsellerautoren Deepak Chopra und Rudolf E. Tanzi konnten mit ihren Büchern »Super Brain« und »Super Gene« bereits Millionen von Lesern weltweit begeistern. In ihrem neuen Buchpräsentieren sie bahnbrechende Erkenntnisse über die Bedeutung des Immunsystems für unsere Gesundheit und welche Rolle unser Bewusstsein dabei spielt.
Ihr Modell vom »heilenden Selbst« setzt sich überdie künstlich gezogene Grenze zwischen Körper und Geist sowie Heiler und Patient hinweg. Umfassende Immunität kann erreicht werden, wenn neben dem körperlichen Immunsystem auch dem Bewusstsein eine ebenso wichtige Rolle zugesprochen wird. Neben den körperlichen Immunreflexen kann das Immunsystemdurch unser Bewusstsein gestärkt und Selbstheilung initiiert werden.
Die Autoren geben in ihrem Buch nicht nur die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich der Verbindung des Bewusstseins mit dem Körper, den Genen
sowie dem Immunsystem wieder. Sie präsentieren auch ein praktisches 7-Tage-Programm, das die Schlüsselkompetenzen vermittelt, um die bestmöglichen Entscheidungen für einen nachhaltig gesunden Lebensstil zu treffen. Ziel ist es, einen ganzheitlichen individuellen Gesundheitsplan gemäß den persönlichen Bedürfnissen
zu entwickeln, der alle Aspekte von Ernährung über Stressabbau bis hin zur persönlichen Entwicklung
abdeckt.
ÜBER DIE AUTOREN
DR. DEEPAK CHOPRA stammt ursprünglich aus Indien.Wie kein anderer verbindet er das Wissen des Westens mit der Weisheit des Ostens. Der erfolgreiche Internist
und Endokrinologe geriet im Laufe seiner Karriere als Arzt an einen Punkt, an dem er zu der Überzeugung gelangte, dass der westlichen Medizin trotz ihrer großen
Errungenschaften gleichsam die Seele fehlt. Mit großem Erfolg widmet er sich seitdem der ganzheitlich ausgerichteten integrativen Medizin und der persönlichen Transformation. Er hat mehr als 85 Bücher verfasst – viele davon New York Times-Bestseller –, die in 43 Sprachen übersetzt worden sind und sich insgesamt weit mehr
als 20 Millionen Mal verkauft haben. Das Time Magazine zählt Chopra zu den 100 herausragenden Köpfen des 20. Jahrhunderts.
DR. RUDOLPH E. TANZI ist Professor für Neurologie an der Harvard University Medical School. Außerdem ist er Vorsitzender des Lehrstuhls für Neurologie an der Universität Harvard und Vize-Vorsitzender des Lehrstuhls für Neurologie sowie Direktor der Forschungsabteilung für Genetik und Alterungsprozesse des Massachusetts
General Hospital. Mit seinen Kollegen entdeckte er die drei Gene, die für die familiär bedingte Früh-Alzheimererkrankung verantwortlich sind und entwickelte auf Basis dieser Forschungen neue Therapie- und Präventionsansätze.
Deepak Chopra
Rudolph E. Tanzi
DAS
HEILENDE
SELBST
Der Weg zu einem starken Immunsystem
und lebenslanger Gesundheit
Mit dem 7-Tage-Programm die Selbstheilung aktivieren
Aus dem amerikanischen Englisch
von Christina Knüllig
Dem Heiler in uns allen gewidmet
INHALTSVERZEICHNIS
Übersicht: Vom Wohlbefinden – viele Hindernisse und eine große Hoffnung
TEIL EINS – Der Weg zur Heilung
1 Sich nichts vormachen und loslegen
2 Wer bleibt gesund und wer wird krank?
3 Nichts ist so gut wie die Liebe
4 Ein Rettungsring für das Herz
5 Runter von der Überholspur
6 Was zuallererst der Heilung bedarf
7 Achtsam oder achtlos?
8 Die heimliche Kraft unseres Glaubens
9 Der weise Heiler
10 Das Ende des Leidens
TEIL ZWEI – Jetzt heilen: Das 7-Tage-Aktionsprogramm
Montag: Entzündungshemmende Ernährung
Dienstag: Stressabbau
Mittwoch: Anti-Aging
Donnerstag: Stehen, gehen, ausruhen, schlafen
Freitag: Glaubenssätze
Samstag: Kampflos glücklich
Sonntag: Entwicklung
Alzheimer heute und morgen
Ein paar optimistische Gedanken über Krebs
Danksagung
Übersicht
VOM WOHLBEFINDEN – VIELE HINDERNISSE UND EINE GROSSE HOFFNUNG
Ende Juli 2017 ging eine ganz erstaunliche medizinische Geschichte durch das Fernsehen und das Internet. Sie war wie die Spitze eines Eisbergs, was allerdings damals nur wenige mitbekamen. Zu laut war das Hintergrundrauschen der Berichterstattung über angebliche Gesundheitsrisiken, vor denen man sich zu hüten habe, wie zum Beispiel: mehr als 55 Stunden pro Woche zu arbeiten oder die mangelnde Jodaufnahme bei Schwangeren.
Das waren natürlich keine Spitzen irgendeines Eisbergs, eher das Grundrauschen gut gemeinten Rats, den die meisten zu ignorieren gelernt haben. Eins jedoch war anders. Vierundzwanzig Experten für Altersdemenz – die größte Gesundheitsgefahr weltweit – waren gebeten worden, die Möglichkeit einer Vorbeugung aller Demenzarten zu bewerten, einschließlich der Alzheimer-Krankheit. Ihr Fazit, veröffentlicht in der renommierten britischen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet, lautete: Ein Drittel aller Demenzfälle kann verhindert werden. Da es derzeit weder eine medikamentöse Therapie noch präventive Maßnahmen gibt, war das eine durchaus überraschende Nachricht.
Was war nun der Schlüssel bei der Vorbeugung von Demenz? Kurz gesagt, eine Veränderung des Lebensstils, wobei der Fokus in jedem Lebensabschnitt etwas anders liegt. Die Experten wählten neun spezifische Faktoren aus, die für rund 35 Prozent aller Demenzfälle verantwortlich sind: »Bei der Verminderung der Risikofaktoren machen Schulbildung (bis zum Alter von fünfzehn Jahren), die Verringerung von Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Diabetes, die Vermeidung beziehungsweise Behandlung eines Hörverlusts in den mittleren Jahren, das Nichtrauchen, Bewegung und die Behandlung von Depressionen und sozialer Isolation im späteren Leben einen Riesenunterschied.«
Ein Punkt auf der Liste war verblüffend: der Schulbesuch bis mindestens zum 15. Lebensjahr. Was in aller Welt war das? Der Schrecken des Alters sollte mit dem Verhalten als Teenager in Zusammenhang stehen? Seltsam mutete auch an, dass die Behandlung eines Hörverlustes im mittleren Alter mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden war. Das war nun allerdings mal etwas Neues. Bei genauerer Betrachtung signalisierte diese Nachricht einen geradezu revolutionären Trend in der Medizin.
Nicht nur bei der Demenz, sondern auf breiter Front sind Forscher dabei, die Zeitachse von Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Krebs, Diabetes und sogar Depression und Schizophrenie drastisch zu verschieben. Mal angenommen, Sie ziehen sich eine Wintergrippe zu. Sie bemerken die Symptome und stellen verärgert fest, dass Sie sich ein paar Tage vorher mit einem Erkältungsvirus angesteckt haben. Die Inkubationszeit war kurz und unsichtbar; nur die Symptome waren am Ende verräterisch. Lebensstilbezogene Erkrankungen jedoch sind ganz anders. Ihre Inkubationszeit ist ebenfalls unsichtbar, aber zugleich sehr lang, nämlich Jahre und Jahrzehnte. Diese einfache Tatsache wurde im medizinischen Denken immer wichtiger. Vielleicht ist sie der größte bestimmende Faktor dafür, wer einmal krank werden wird und wer gesund bleibt.
Anstatt sich, wenn bereits Symptome aufgetreten sind, auf Zivilisationskrankheiten zu berufen oder präventive Maßnahmen zu empfehlen, wenn bereits ein hohes Risiko zu erkranken besteht, untersuchen die Ärzte nun vielleicht zwanzig bis dreißig Jahre vorher, was ein normales, gesundes Leben ausmacht. Ein neues Bild des Krankseins schält sich heraus, und das ist eine sehr gute Neuigkeit. Durch ein gesundes Leben von Anfang an lassen sich die vielen Schrecknisse, die uns vom mittleren Alter an zusetzen, in Schach halten – das Geheimnis liegt im Handeln, bevor es zu den ersten schrecklichen Anzeichen kommt.
Man könnte dies die Medizin der kleinen Schritte nennen, im US-Sprachgebrauch neuerdings als »incremental medicine« bekannt. Die Meldung über eine Demenzprophylaxe ist da nur die Spitze des Eisbergs. Nehmen wir den zunächst seltsamen Befund über Bildung. Experten schätzen, dass die Demenz weltweit um acht Prozent reduziert werden könnte, wenn Kinder bis zum Alter von 15 Jahren in der Schule blieben, einer der größten verhinderbaren Risikofaktoren auf der Liste. Die Begründung liegt weit in der Vergangenheit: Je gebildeter jemand ist, desto mehr Informationen hat das Gehirn gespeichert und desto besser greift es auf das Gelernte zu. Diese Informationsbeschaffung, die bereits in der Kindheit beginnt, führt zu dem, was Neurowissenschaftler als »kognitive Reserve« bezeichnen, einen Schub für das Gehirn in Form zusätzlicher Nervenverbindungen und -bahnen zwischen den Neuronen. Mit diesem Extra lässt sich dem Gedächtnisverlust im Zusammenhang mit Alzheimer und anderen Demenzformen entgegenwirken, da das Gehirn über Extrapfade verfügt, wenn es zu Degeneration oder Ausfällen kommt. (Wir kommen darauf ausführlicher in unserem Abschnitt über Alzheimer am Ende des Buches zurück.)
Gemäß der medizinischen Logik sind es gerade die vielen Hinterlassenschaften, die das Denken verändern. Die Ursache vieler, wenn nicht der meisten Erkrankungen, liegen in der Vergangenheit. Plötzlich geht es nicht mehr um Einzelfaktoren wie Nichtrauchen, Abnehmen, ins Fitnessstudio gehen oder Stress in den Griff bekommen. Es geht um einen nachhaltigen Lebensstil, bei dem die tägliche Selbstfürsorge auf allen Ebenen zählt. Nicht zu rauchen, Gewicht zu reduzieren und ins Fitnessstudio zu gehen, haben immer noch ihre Berechtigung. Aber lebenslanges Wohlbefinden ist nicht dasselbe wie das Risiko für Krankheit A oder B zu senken. Deshalb wird nur ein ganzheitlicher Ansatz letztendlich aufgehen. Wohlbefinden ist nicht mehr bloß die Alternative zur regulären Prävention. Nein, Wohlbefinden ist der Eisberg, der Zaunpfahl, der ins Auge springt. Wohlbefinden ist das nächste große Ding. Wenn sich das herumspricht, werden die präventiven Maßnahmen nie mehr so aussehen wie zuvor. Aber um zu begreifen, wie radikal sich die Dinge ändern werden, müssen wir einen Moment innehalten und uns die aktuelle Situation im Gesundheitswesen anschauen. Denn dort droht ein zartes Hoffnungspflänzchen zu verdörren.
DIE IMMUNITÄTS-KRISE
Tag für Tag sorgt die moderne Medizin für so viele Schlagzeilen, dass schon beinah alles zu verschwimmen droht und man gar nicht mehr versteht, was wichtig ist und was nicht. Fast hat man den Eindruck, das Leben an sich sei lebensgefährlich. Lassen Sie uns die Dinge deshalb etwas vereinfachen. Das größte gesundheitliche Problem dieser Tage hängt mit dem zusammen, was die meisten Menschen für selbstverständlich halten: die Immunität. Hier zeigt sich die Krise, hier treffen Gesundheit und Krankheit aufeinander. Immunität ist nach medizinischer Definition die Verteidigung des Körpers gegen Bedrohungen von außen, medizinisch Pathogene, im Volksmund gern als Keime benannt; Bakterien und Viren, die nur aus einem einzigen Grunde existieren, nein, nicht um uns krank zu machen, sondern um ihre DNA zu vervielfachen. Als Biosphäre ist die Erde eine Großarena der DNA-Entwicklung, und obwohl wir uns als Menschen besonders, ja einzigartig fühlen, ist unsere DNA nur ein Genpool unter Millionen anderen.
Die Immunität ist es, die unsere Gene vor lebensbedrohenden Gefahren schützt, und bislang war sie darin ziemlich gut. Trotz katastrophaler Ereignisse in der Geschichte, die unsere DNA wie ein Tsunami hinwegzuspülen drohten – Pocken in der Antike, Beulenpest im Mittelalter, AIDS in der Neuzeit, um nur einige üble zu nennen – ist unser Immunsystem noch nie so unter Beschuss gewesen wie heute. Pocken, Pest und AIDS haben den Homo sapiens als Spezies nicht zu vernichten vermocht und auch andere Krankheitserreger haben das nicht, denn drei Faktoren kamen uns zur Rettung:
1. Keine dieser Krankheiten war so ansteckend, dass alle Menschen betroffen gewesen wären. Entweder konnte der Keim nicht an der Luft überleben, oder die Menschen lebten weit genug auseinander, dass der Erreger die Entfernung nicht überlebte.
2. Unser Immunsystem ist in der Lage, seine Reaktionen ständig anzupassen. Das nennt man Hypermutation, eine Sofortmaßnahme in der Bekämpfung unbekannter Krankheitserreger, sobald diese in den Körper gelangen.
3. Die moderne Medizin eilt uns mit medikamentösen und chirurgischen Behandlungen zu Hilfe, wenn das körpereigene Immunsystem eine Krankheit nicht allein bekämpfen kann.
Es bedarf dieser drei starken Faktoren, um gesund zu bleiben. Aber wir stehen womöglich an einem Wendepunkt. Der globale Wettbewerb zwischen Millionen DNA-Stämmen von Krankheitserregern hat sich auf ein besorgniserregendes Niveau aufgeschaukelt. Immunität ist deshalb keine Selbstverständlichkeit mehr, ganz gleich wo auf der Welt Sie leben. Unser überlastetes Abwehrsystem bröckelt ständig. Das liegt an einer Vielzahl von Problemen, und zwar nicht nur, was die Möglichkeit einer neuen Pandemie angeht, sei es durch das Zika-Virus oder die Vogelgrippe. Diese Bedrohungen sorgen für Schlagzeilen, aber abseits der Öffentlichkeit ist die gesamte Gesundheitssituation gleich an mehreren Fronten unter Beschuss.
Warum der kritische Punkt bald überschritten ist
• Modernes Reisen hat die Entfernung zwischen den Völkern drastisch reduziert, was es für neue Krankheitserreger viel einfacher macht, sich schnell zu verbreiten und neue Wirte zu finden.
• Viren und Bakterien mutieren schneller denn je, weil sich die vielen neuen menschlichen Wirte in nie da gewesener Weise vermehren.
• Neue Medikamente können gar nicht so schnell entwickelt werden wie potenziell gefährliche DNA-Stämme in Bakterien und Viren mutieren.
• Während die Bedrohung weiter zunimmt, werden die Gesundheitssysteme durch Misswirtschaft, Einkommensungleichheit, Kostenexplosion und wissenschaftliches Spezialistentum belastet.
• Zwar gibt es seit fünfzig Jahren Präventionsmaßnahmen; Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, die allgegenwärtigen Depressionen und Angststörungen sowie die Adipositas-Epidemie der jüngsten Zeit haben sie aber nicht verhindert.
• Eine alternde Bevölkerung sieht sich einer höheren Krebshäufigkeit und Demenzgefahr ausgesetzt, allen voran Alzheimer.
• Ältere Menschen haben mittlerweile höhere Erwartungen und wollen auch jenseits der 65 oder sogar 85 gesund und aktiv sein.
• Die Kultur der Medikamentenabhängigkeit bringt neue Probleme mit sich, darunter die Opiatsucht. Von den krassen Missbrauchsfällen einmal abgesehen, schätzt man, dass normale Siebzigjährige im Schnitt sieben verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen.
• Neue multiresistente Erreger wie MRSA sind den Antibiotika und Antivirenpräparaten immer einen Schritt voraus.
Diese Liste kann man unmöglich ignorieren. Ihre Gesundheit hat genau mit den hier genannten Faktoren zu tun. Und so schlimm es auch wäre, dass die Welt den kritischen Punkt überschreitet: Worauf es ankommt, ist, dass Sie ihn nicht überschreiten.
Das Geheimnis ist, die Immunität noch auszuweiten, Maßnahmen zu treffen und damit Ihr Immunsystem voll aufzuladen. Dem normalen Verständnis nach wird Ihr Immunsystem dadurch stärker, dass Sie zum Beispiel gegen das aktuelle Grippevirus einen neuen Antikörper bilden, nicht aber, wenn Sie Dinge essen, die entzündungshemmend wirken. Dennoch weiß man heute, dass eine niedriggradige chronische Entzündung, eine Erkrankung, die ohne besondere Auffälligkeiten vonstatten geht, vielen schweren Erkrankungen zugrunde liegt, darunter Herzkrankheiten und Krebs. Wenn man die Definition erweitert, wäre die Bekämpfung von Entzündungen absolut entscheidend für eine vollkommene Immunität.
VOLLKOMMENE IMMUNITÄT UND DAS HEILENDE SELBST
Die vollkommene Immunität ist das Maß für ganzheitliche Gesundheit. Einen entscheidenden Aspekt haben wir bereits in unserem Buch Super-Gene behandelt, wo wir das Konzept der DNA als etwas Dynamisches, sich ständig Veränderndes und ganz auf die Lebenserfahrung einer Person Reagierendes eingeführt haben. Wenn die DNA starr, unzugänglich und unveränderlich wäre, dann wäre die Stärkung der Immunität bloßes Wunschdenken. So hat man allerdings jahrzehntelang gedacht. Das hat sich erst verändert, als man verstanden hat, wie sehr unsere Genaktivität von der Welt um uns herum beeinflusst wird. Der Wettbewerb zwischen den globalen DNA-Stämmen wurde plötzlich dringlicher.
Wir waren und sind jedoch der Meinung, dass für eine vollkommene Immunität mehr notwendig ist. Was ist mit dem Geist und seiner Wirkung auf die Gesundheit? Was ist mit dem Verhalten, den Gewohnheiten und dem Einfluss der Familie? Warum sollten Keime mehr Bedeutung haben als andere häufige Krankheitsursachen, zum Beispiel Krebs, der selten mit invasiven Mikroorganismen zu tun hat? Um all das zu erfassen, ist es nötig, die Grenze zwischen Geist und Körper, zwischen Leib und Seele, aufzuheben. Ein Sprung der Fantasie ist angesagt. Deshalb führen wir hier einen neuen Begriff ein, das heilende Selbst. Damit kommen wir der ursprünglichen Bedeutung von Heil und Ganzheitlichkeit näher. Zwei Funktionen, die für unsere Gesundheit normalerweise wichtig sind, haben sich schon lange voneinander getrennt. Die erste ist die des Heilers, die zweite die der Person, die geheilt wird. Diese beiden werden derzeit von dem äußeren Heiler und dem abhängigen Patienten gespielt. Der äußere Heiler muss nicht zwangsläufig ein Arzt oder eine Ärztin sein. Das entscheidende Wort ist äußerlich, denn dadurch wird die Last der Fürsorge auf jemanden außerhalb unserer selbst geschoben.
Diese traditionelle Funktionsteilung ist, was den Körper betrifft, ganz unrealistisch. Die Immunität konzentriert sich auf das Selbst. Es ist nicht die Aufgabe des Arztes Tag für Tag dafür zu sorgen, Ihre Immunabwehr zu stärken. Die medizinische Versorgung wird meist erst beim Auftreten der ersten Symptome aktiv, und bis dahin ist die Immunabwehr zusammengebrochen. Im Gesamtbild ist eigentlich die gesamte Heilreaktion zusammengebrochen, wobei die Immunität deren Mittelpunkt bildet. Schon immer gab es das Missverhältnis zwischen dem, was die Medizin kann, und dem, was der Körper braucht, will er sich im globalen Wettbewerb der DNA schützen.
Doch das Arzt-Patient-Verhältnis ist nicht dazu ausgelegt, sich diesem Wettbewerb zu stellen und ihn zu gewinnen. Das heilende Selbst jedoch kann, indem es den Heiler und den zu Heilenden vereint, die Bedrohung überwinden. (Achtung, ein Hinweis an dieser Stelle: Wir wollen Ihnen sicherlich nicht nahelegen, ärztlichen Rat zu ignorieren oder von vornherein auszuschlagen.) Wenn Sie jedoch schon im Vorfeld etwas für Ihre Immunität tun wollen, dann ist das etwas ganz anderes. Wenn man sich die Liste der Bedrohungen vor Augen führt, mit der wir begonnen haben, können sich ein paar dringend benötigte Verbesserungen einstellen, sobald Sie die Idee des heilenden Selbst aufnehmen.
Vorteile des heilenden Selbst
• Es ist nichtinvasiv und macht nicht abhängig.
• Es bewahrt das natürliche Gleichgewicht und stärkt das Immunsystem durch Änderungen des Lebensstils.
• Durch den geänderten Lebensstil lassen sich bestimmte Krebsarten vermeiden, auch deutet sich an, dass sich auf diese Weise Alzheimer vorbeugen lässt und sich sogar Demenzsymptome umkehren lassen.
• Gutes Altern bedeutet gesundes Altern und mehr Lebensjahre, die man gesund verbringt.
• Eine Medikamentenabhängigkeit wird vermieden, da die Therapie bereits vor den ersten Symptomen erfolgt. Die allermeisten Medikamente werden heute verschrieben, wenn eine Krankheit bereits fortgeschritten ist. Das muss nicht sein, wenn man rechtzeitig die Weichen stellt. Dies gilt für fast alle lebensstilbezogenen Erkrankungen, einschließlich Herzkrankheiten und Krebs. Auf beide entfallen die meisten medikamentösen Behandlungen.
Das kommt dabei heraus, wenn das heilende Selbst beide Rollen, die des Heilers und die des zu Heilenden, übernimmt. Es kommt darauf an, aufmerksam zu sein. Denn was man nicht erkennt, kann man auch nicht ändern. Das Allerwichtigste, von dem die meisten Menschen nichts wissen, ist das große Potenzial der Selbstheilung. Mal sehen, wie sie sich bei der Immunität anwenden lässt.
Alle Lebewesen müssen Bedrohungen ihrer DNA von außen abwehren. Die moderne Medizin kennt zwei Arten von Immunität, die passive und die aktive. Wie der Begriff schon sagt, liegt die passive Immunität außerhalb der eigenen Kontrolle und ist genetisch angelegt. Sie haben die Antikörper Ihrer Mutter in der Gebärmutter geerbt, und nach Ihrer Geburt werden weitere Antikörper durch die Muttermilch übertragen (Antikörper lassen sich medizinisch durchaus von einer auf die andere Person mittels Blut- und Plasmainfusionen oder sogar durch die Übertragung von T-Zellen weitergeben, aber diese Methoden werden selten angewendet und bergen hohe Risiken.) Die zweite Art der Immunität, die aktive Immunität, bekämpft Krankheitserreger direkt an der Front. Alle Lebewesen ab einem bestimmten Niveau haben eine angeborene Immunität, einschließlich Pflanzen, Pilze und mehrzellige Tiere. Das angeborene Immunsystem ist sehr unspezifisch. Es erkennt, wenn ein Krankheitserreger in den Wirt eindringt und setzt daraufhin chemische Stoffe frei, um zurückzuschlagen. Aber die aktive Immunität bei höheren Tieren, einschließlich des Menschen, hat sich weit darüber hinaus entwickelt. Wir haben spezifische Immunzellen (etwa T-Zellen und B-Zellen), die eine fast schon wundersame Fähigkeit entwickelt haben, auf Eindringlinge zu reagieren.
Unzählige Male am Tag identifiziert das Immunsystem unter Tausenden einen bestimmten Keim, um sogleich in Aktion zu treten und den Eindringling chemisch zu deaktivieren. Bestimmte weiße Blutkörperchen umschließen die Reste, auf dass sie schnell entsorgt werden. Auf der anderen Seite kann man nicht umhin zu bemerken, wann genau diese Abfolge fehlerhaft ist. Das Ergebnis ist eine Allergie, Ergebnis der Verwechslung einer harmlosen Substanz (Pollen, Katzenhaar, Gluten und so weiter) mit einem Feind, was zu einer ausgewachsenen chemischen Reaktion führt, die schädlich sein kann. Grund für diese Immunantwort sind oftmals Bakterien, die mit der Substanz in den Körper gelangt sind. Auch Pollen haben ein Mikrobiom! In anderen Fällen wird das Immunsystem vielleicht aktiviert, um bestimmte Proteine im Körper anzugreifen, eine Autoimmunerkrankung wie rheumatoide Arthritis oder Lupus erythematodes ist die Folge.
Überleben hängt davon ab, derlei Fehler zu minimieren. Daher wird jede Krankheit, die die eigenen Vorfahren erfolgreich bekämpft haben, als Antikörper gespeichert. Man bekommt sie vererbt. Wehren Sie nun eine neue Krankheit ab, etwa ein neuartiges Grippevirus, dann wird der zugehörige Antikörper zu dem bestehenden riesigen Erinnerungsspeicher hinzugefügt. Obwohl die Funktion der aktiven Immunität bereits 1921 vom englischen Immunologen Alexander Glenny entdeckt worden war, dauerte es doch noch Jahrzehnte, bis die genauen Mechanismen wirklich verstanden worden sind. Das Ganze ist biologisch gesehen unglaublich komplex, aber immerhin gibt es schon seit zweihundert Jahren eine Methode zur Stärkung der aktiven Immunität: die Impfung.
Wie wir alle in der Schule gelernt haben, entwickelte der englische Landarzt Edward Jenner Ende des 18. Jahrhunderts den ersten Impfstoff und gilt seitdem als »Vater der Immunologie«. Zuvor war ihm aufgefallen, dass Milchmädchen fast immer gegen Pocken immun waren, eine Krankheit, die damals epidemische Ausmaße angenommen hatte. In Frankreich schätzte Voltaire, dass 60 Prozent der Bevölkerung an Pocken erkrankt waren und 20 Prozent daran starben. Jenners Erkenntnis bestand darin, Eiter von einer Milchmagd zu nehmen, die sich die Kuhpocken zugezogen hatte – eine vergleichsweise harmlose Erkrankung – und damit seine Patienten zu impfen, um genau die Immunität zu übertragen, die die Milchmagd aufwies.
Trotz der aktuellen Kontroverse um Impfungen in gewissen Kreisen – Jenner lieferte den Beweis dafür, dass die aktive Immunität gestärkt werden kann. Man muss nicht warten, bis sich im Verlauf der Evolution über vielleicht Zehntausende oder Hunderttausende von Jahren eine Verbesserung ergibt. Die bekannten Gesundheitsfaktoren Ernährung, Bewegung, guter Schlaf und Normalgewicht kommen ebenfalls dem Immunstatus einer Person zugute. Diese Empfehlungen erscheinen auf der Gesundheitswebseite der Harvard Medical School (www.health.harvard.edu), mit zwei Ergänzungen zur Vermeidung von Infektionen: Denken Sie daran, Ihre Hände häufig zu waschen und Fleisch gründlich zu kochen.
Doch was die Frage der Stärkung der Immunabwehr angeht, ist man auf der Webseite von Harvard Health skeptisch:
Viele frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel werben damit, das Immunsystem zu stärken oder zu unterstützen. Aber das Konzept einer Stärkung der Immunität ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht zielführend. Tatsächlich ist eine Erhöhung der Zellen in Ihrem Körper – Immunzellen oder andere Zellen – nicht unbedingt zielführend. So laufen beispielsweise Athleten, die aus Gründen der Leistungssteigerung über »Blutdoping« die Anzahl ihrer Blutzellen erhöhen, Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden.
Und weiter erfährt man dort: »Aber das heißt nicht, dass die Wirkung des Lebensstils auf das Immunsystem nicht bemerkenswert ist und nicht erforscht werden sollte. Forscher untersuchen die Auswirkungen von Ernährung, Bewegung, Alter, psychischem Stress und anderen Faktoren auf die Immunabwehr an Tieren und beim Menschen. In der Zwischenzeit ist eine gesunde Lebensführung ganz sicher sinnvoll, wenn es darum geht, dass das Immunsystem die Oberhand behalten soll.«
Diese Skepsis ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass es so viele unterschiedliche Immunzellen gibt, die eine Vielzahl von Funktionen erfüllen. Allerdings findet man überzeugende Gegenbeweise, wenn man sich die Verbindung von Körper und Geist anschaut. Psychische Zustände von Trauer bis Depression führen zu einer verminderten Immunität und machen die Betroffenen anfälliger für Krankheiten. Diese Verminderung ist unter dem Mikroskop nicht zu erkennen; sie zeigt sich nicht als physikalische Veränderung bestimmter Zellen. Es gibt nicht viele Studien, die Stress unmittelbar mit körperlichen Veränderungen im Immunsystem in Verbindung bringen, aber der Zusammenhang zwischen hohem Stress und der Anfälligkeit für Krankheiten ist gut dokumentiert und wird von niemandem infrage gestellt. Wenn wir unsere Definition von Immunität auf all das ausdehnen, was uns gesund macht, dann gibt es noch mehr Belege dafür, wie etwa Bluthochdruck und Herzerkrankungen – beide sind dem Lebensstil geschuldet – schlimmer werden, wenn jemand arm, depressiv, einsam oder ohne soziale Unterstützung ist.
Diese Ergebnisse weisen alle in die gleiche Richtung. Die normale Immunität lässt sich zur vollkommenen Immunität ausbauen, aber nicht, indem wir uns auf die körperliche Seite des Immunsystems beschränken. Der Geist muss die gleiche Bedeutung bekommen, weshalb das Selbst beim heilenden Selbst der Schlüssel ist.
DAS GEHEIMNIS DER HEILUNG
Selbst klingt nach Psychologie, eine unsichtbare Einheit, die man besitzt, die aber nichts mit dem eigenen Körper zu tun hat. Wenn Sie eine Eierstockzyste oder hohen Blutdruck haben, sind das Probleme, die physisch im Körper verwurzelt sind, nicht jedoch im Selbst. Aber ist das wirklich so? Wie Sie sich heute wahrnehmen, hat eine große Wirkung darauf, wie Ihr Körper morgen sein wird. Stellen Sie sich vor, zwei Fremde klopfen an Ihre Tür. Beide haben einen überraschenden Vorschlag zu machen.
Der erste Fremde sagt: »Ich bin Arzt und betreibe wissenschaftliche Altersforschung. Mein ganzes Leben schon arbeite ich an einer Pille, die die Gene verändert, die für das Altern zuständig sind. Nun habe ich eine vielversprechende Rezeptur gefunden, wir brauchen nur noch Probanden, um sie zu testen.«
Er hält eine Flasche mit kleinen blauen Pillen hoch.
»Die Versuche fangen heute an, und ich hätte gern, dass Sie sich anmelden«, sagt er. »Dies ist ein Blindversuch. Sie müssen diese Pillen zweimal täglich sechs Monate lang einnehmen. Die Hälfte der Probanden bekommt ein Placebo. Aber stellen Sie sich nur vor, was es bedeuten würde, den Alterungsprozess rückgängig zu machen. Warum sollen wir uns mit dem Altern abfinden, wenn wir das Mittel haben, das alles verändern wird?«
Sein Enthusiasmus ist beeindruckend, aber die andere Person lächelt schmallippig. Sie fragen, ob sie auch bei der gleichen Medikamentenstudie dabei ist. »Nein, aber ich kann Ihnen zeigen, wie Sie Ihr Alter rückgängig machen können«, sagt sie. »Ganz ohne Medikamente oder Placebos. Ihr Alterungsprozess wird sich in etwa fünf Tagen umkehren. Nach einer Woche können Sie noch weitere angenehme Veränderungen feststellen. Mein Experiment ist kurz, aber effektiv.« Sie zeigt auf den ersten Fremden. »Sein Wirkstoff könnte ernste Nebenwirkungen haben. Die Arzneimittel-Agentur wird das Medikament erst noch genehmigen müssen und die Zulassung wird Hunderte Millionen Euro kosten und Jahre dauern.« Wieder umspielt das dünne Lächeln ihre Lippen. »Natürlich haben Sie die Wahl.«
Was würden Sie wählen? Obwohl wir die Situation erfunden haben, ist sie doch sehr real. Arzneimittelhersteller testen ständig Anti-Aging-Medikamente, wobei der neueste Trend auf die Veränderung der DNA abzielt. Es könnte Durchbrüche geben, die eine große Auswirkung auf den menschlichen Alterungsprozess haben können, der »Einbahnstraße Richtung Entmündigung«, um Professor Ellen Langer, eine Harvard-Psychologin, zu zitieren, die selbst bemerkenswerte Experimente durchgeführt hat. Sie könnte gut und gerne die zweite Fremde an der Tür sein. Denn sie hat eine Erfolgsgeschichte bei der Umkehr des Alterungsprozesses sowie der Langlebigkeit ganz ohne Medikamente zu verzeichnen. Dabei umgeht sie den Körper und setzt gleich ganz auf den Geist.
Langers berühmtestes Experiment verlief so: 1981 brachte man acht Männer in ihren Siebzigern, alle von ihrem Alter gezeichnet, aber bei guter Gesundheit, in ein ehemaliges Kloster in New Hampshire. Mit ihrem Eintreten tauchten die Männer ganz in die Vergangenheit ein, in das Jahr 1959, um genau zu sein. Sie lauschten dem schmalzigen Perry Como, trugen Kleidung aus der Zeit, sahen Schwarzweißfernsehen und lasen Zeitungen mit Artikeln zu Castros Machtübernahme in Kuba oder den Drohungen Nikita Chruschtschows in der Sowjetunion. Sie sahen sich Otto Premingers Film Anatomie eines Mordes von 1959 an und hörten Sportberichte, die sich auf längst vergangene Sportgrößen wie Mickey Mantle und Floyd Patterson bezogen.
Als Kontrollgruppe fungierte eine andere Gruppe von acht Männern, die ganz normal lebten, aber die Anweisung erhielten, sich an die Vergangenheit zu erinnern. Der Zeitkapselgruppe sagte man indessen etwas ganz anderes: Sie sollten sich genau so verhalten, als ob es 1959 wäre, und sie zwanzig Jahre jünger wären. Nach medizinischem Standard hätten die Ergebnisse der vorgetäuschten Zeitreise gleich null sein müssen. Aber Langer hatte zuvor in Yale ältere Bewohner in Pflegeheimen untersucht. Dabei war ihr aufgefallen, dass sich die Zeichen des Alterns, insbesondere der Gedächtnisverlust, durch einfachste positive Verstärkungen rückgängig machen ließen. Ein Anreiz zur Erinnerung, wie zum Beispiel kleine Belohnungen abhängig von der Testleistung, brachte das Gedächtnis zurück, von dem man schon angenommen hatte, dass es unwiederbringlich verloren sei.
Aber selbst Langer hatte bei ihrem Zeitkapsel-Experiment nicht mit solchen Ergebnissen gerechnet. Bevor sie sich der Zeitkapsel auch nur näherten, wurden die Männer auf verschiedene Altersfaktoren hin getestet, wie zum Beispiel Griffstärke, Geschicklichkeit, Hör- und Sehvermögen. Nach den fünf Tagen zeigte die Gruppe, die in die Welt ihres jüngeren Selbst eingetaucht war, eine bessere Flexibilität, Geschicklichkeit und Körperhaltung. Von acht Messwerten war bei sieben eine Verbesserung zu verzeichnen, darunter eine bessere Sicht, was ein erstaunlicher Befund ist. Die Männer sahen in der externen Beurteilung jünger aus. Die Ergebnisse waren signifikant besser als in der Kontrollgruppe. Die sollte sich lediglich an alte Zeiten erinnern und wies allein dadurch ebenfalls körperliche und mentale Veränderungen zum Positiven auf. 63 Prozent der Probanden in der Zeitkapselgruppe erzielten bei einem Intelligenztest höhere Werte im Vergleich zu 44 Prozent in der Kontrollgruppe.
»Worauf es hier ankommt, ist das, was da passiert ist«, so Langer. »Männer, die ihre Perspektive veränderten, haben auch ihren Körper verändert.« Vor 36 Jahren ging Professor Langer noch mehr oder weniger intuitiv vor. Heute können wir nachweisen, wie unterschiedliche Erfahrungen die Genexpression verändern und dadurch das Gehirn veranlassen, nach neuen Wegen zu suchen, ganz so wie wir es tun, wenn wir Neues lernen oder einen Perspektivwechsel vornehmen (mehr zu diesen Durchbrüchen in den folgenden Kapiteln).
Die Umkehrung des Alterungsprozesses ist sehr stark mit Heilung verbunden, denn beide gelten seit Langem als vollkommen körperlich, etwas, das sich ganz unabhängig vom Geist vollzieht. Langer gehörte mit zu den Ersten, die mit dieser Vorstellung brachen. Natürlich kann man sich leicht in der faszinierenden Frage verlieren, warum das vorgetäuschte Leben in der Vergangenheit einen Menschen so schnell verändern sollte. Der wichtigste Aspekt ist, dass die Änderungen ganzheitlich waren. Ärzte lernen in ihrer Ausbildung einzelne Organe, Gewebe oder sogar Zellen zu behandeln. Deshalb gibt es auch keine medizinische Erklärung dafür, wie es zu so vielen positiven Veränderungen auf einmal kommen kann, und noch dazu allein durch ein Rollenspiel. Langers Ergebnisse lassen den Placeboeffekt weit hinter sich, denn dieser basiert auf einer Täuschung des Patienten, dahingehend, dass dieser ein starkes Medikament bekommt, obwohl er doch bloß eine Scheinpille erhält.
Im Zeitreisexperiment wurden keine Versprechungen gemacht, keine Erwartungen geweckt. Die einzige Medizin, die hier mit im Spiel war, war eine neue Erfahrung, und das reichte aus, um alle bisherigen medizinischen Annahmen zu widerlegen.
In einem ihrer früheren Experimente ging Langer in ein Altersheim und teilte ihre Probanden ebenfalls in zwei Gruppen ein. Beide bekamen Zimmerpflanzen für ihre Zimmer. Einer Gruppe wurde gesagt, dass sie für den Erhalt der Pflanzen verantwortlich seien und dass sie ihren Tagesablauf selbst bestimmen konnten. Der anderen Gruppe wurde gesagt, dass das Personal die Pflanzen pflegen würde, außerdem hatten sie keine Wahlmöglichkeiten, was den Tagesablauf anging. Am Ende des Versuchszeitraums von achtzehn Monaten waren in der ersten Gruppe noch doppelt so viele Probanden am Leben wie in der zweiten Gruppe.
Die gesamte medizinische Fachwelt hätte da schon einmal staunend aufmerken können. Jahrzehnte später ist man mit neuen Methoden weitergekommen. Die Bewohner von Seniorenheimen erhalten Haustiere, um die sie sich kümmern müssen. Es hat sich gezeigt, dass sich die Symptome von Alzheimer-Patienten durch Musikhören bessern. Tatsächlich haben Rudy [Tanzi] und seine Kollegen eine App namens SPARK Memories Radio produziert, eine Musiktherapie für Alzheimer-Patienten. Ein pflegender Angehöriger gibt dabei das Geburtsdatum und alle verfügbaren Informationen über seinen oder ihren Musikgeschmack ein. Die App spielt dann Songs, die Hits waren, als der oder die Betroffene zwischen 13 und 25 Jahre alt war, denn dies ist die Musik, mit der sich die Menschen normalerweise für den Rest ihres Lebens emotional verbinden.
Das Entwicklerteam wurde geradezu mit E-Mails von Nutzern überschüttet. Darin wurde berichtet, wie Alzheimer-Patienten im Frühstadium ruhiger und weniger aufgeregt wurden und wie Patienten im Spätstadium, die bloß noch vor sich hin vegetierten, plötzlich wieder »aufwachten«. Eine Familie erzählte die Geschichte ihres Vaters, der im Spätstadium seiner Alzheimererkrankung seit Monaten nicht mehr gesprochen hatte. Nachdem er fünf Lieder aus seiner Jugend gehört hatte, setzte er sich plötzlich im Bett auf und begann alle (vielleicht zu viele!) Details von seinem roten Pickup und seiner ersten Freundin zu erzählen. Es war ein bisschen peinlich, aber alle waren begeistert, ihn wieder so glücklich und lebendig sprechen zu hören. Auf YouTube gibt es Videos von Parkinson-Patienten, die sich ohne Hilfe nicht mehr fortbewegen können, doch beim Hören von Musik plötzlich ihr Gleichgewicht finden und sogar anfangen zu tanzen. Das ist die Heilkraft der Musik, genauer gesagt, die Heilkraft unserer Reaktionen auf angenehme Erinnerungen.
Kurz gesagt, wir treten ein in ein goldenes Zeitalter der Gesundheit und Heilung. Und dies hat vor allem mit dem zu tun, was allen Menschen zur Verfügung steht: alltägliche Erfahrungen, einfache Weichenstellungen hinsichtlich des Lebensstils und Techniken für die Bewusstseinsbildung. Diese Idee ist eigentlich uralt. Wie sagte der indische Philosoph und Weise Adi Shankara bereits im Mittelalter? Menschen werden alt und sterben, weil sie sehen, wie andere alt werden und sterben.
DER GEISTIGE KÖRPER
Vor dreißig Jahren noch waren die Ärzte misstrauisch, was die Verbindung von Geist und Körper angeht. Sie waren skeptisch, denn im Gegensatz zum Herz oder einem Grippevirus ist der Geist unsichtbar und nicht körperlich. Nach jahrzehntelanger Forschung darüber, wie das Gehirn mit jeder Zelle im Körper kommuniziert, ist es heute schwierig, nur einen körperlichen Vorgang zu finden, der nicht vom Geist beeinflusst wird. Das Gehirn, einst der Herr des Geistes, wurde abgesetzt. »Geist« gibt es überall im Körper. Eine Herz- oder Leberzelle denkt nicht in Worten und Sätzen, sondern sendet und empfängt ständig komplexe chemische Botschaften. Der Blutkreislauf ist zusammen mit dem zentralen Nervensystem eine dicht gestaute Informationsautobahn, da 50 Billionen Zellen zu einem gemeinsamen Ziel beitragen: lebendig, gesund und erfolgreich zu bleiben. Weiter unten sehen Sie, wie die Wege der Informationsautobahn tatsächlich aussehen.
Für Medizinstudenten bilden die Organe auf dieser Abbildung immer noch die Grundlage medizinischen Wissens. Aber in Zukunft wird der dazugehörige Text genauso zum Standard gehören. Ein ausgebildeter Arzt muss alles über die »Signalwege« wissen, die vom Gehirn und wieder zurück führen. Diese Pfade sind eigentlich das, was alles zusammenhält. Jede Zelle erhält Anweisungen, was sie tun soll, genau wie die anderen 50 Billionen, sie trägt ihren Teil zum inneren Gleichgewicht des Körpers bei. Jenseits dessen gibt es keine Physis, sondern nur eine Sammlung vereinzelter unabhängiger Zellen, nicht anders als die, die ein Korallenriff oder eine Qualle ergeben.
Jahrzehntelange Forschungen haben gezeigt, dass die Informationsautobahn wirklich existiert, und immer noch gibt es neue Belege dafür, wie schädlich die Trennung von Geist und Körper in Wahrheit ist. In diesem Buch werden wir die künstliche Trennung zwischen Körper und Geist, Leib und Seele deshalb hinter uns lassen. Stattdessen sollten wir vom geistigen Körper, vom beseelten Leib, sprechen, und zwar aus guten biologischen Gründen. Neurotransmitter etwa – ohne die das Gehirn nicht funktionieren kann – gibt es überall, selbst noch im Darm. Diese Entdeckung, vor dreißig Jahren gemacht, verblüffte damals die medizinische Wissenschaft und führte zu einem Quantensprung beim Verständnis der Intelligenz.
Plötzlich wurde das Immunsystem, das ja physisch vom Gehirn getrennt ist, als Teil eines riesigen Netzwerks chemischer Botenstoffe verstanden, das es mit den Signalen des Gehirns durchaus aufnehmen kann. Schon bezeichnete man das Immunsystem auch als schwimmendes Gehirn. Heute spielt es keine Rolle, dass die Verbindung zwischen Geist und Körper unsichtbar ist, denn auf der molekularen Ebene ist sie es nicht. Es gibt genügend chemische Hinweise, um jeden davon zu überzeugen, dass die Stimmung, Überzeugungen, Erwartungen, Ängste, Erinnerungen, Prägungen, Gewohnheiten und alte Konditionierungen – allesamt im Kopf vereint – für die Gesundheit eines Menschen entscheidend sind.
Was uns wiederum zum Kern dieses Buches bringt. Unter den Vorgängen, die sich durch das Bewusstsein beeinflussen lassen, ist Heilung einer der wichtigsten. Zellen verwenden bereits ihre eigene Form des chemischen Bewusstseins. Die Immunreaktion ist ständig wach und bewusst, überwacht sich selbst, allzeit bereit, auf mögliche Eindringlinge oder andere äußere Bedrohungen zu reagieren. Die Immunreaktion ist so autark wie der Herzschlag oder die Atmung eines Menschen. Doch die Immunität als werkseitig eingebaute Reaktion – so lernt man es im Studium – hat einen eklatanten blinden Fleck. Um den zu finden, halten Sie inne und holen Sie einfach tief Luft. Da ist er, unübersehbar. Das Atmen ist eine automatische, unwillkürliche Funktion, aber Sie können jederzeit eingreifen und sie steuern. Das gilt indessen für fast alle Bereiche. So kann man eine Stressreaktion durch einen Horrorfilm freiwillig induzieren. Man kann seinen Stoffwechsel verändern, indem man sich bewegt oder seine Ernährung ändert. Sexuell aktiv zu sein, bringt noch einmal riesige Veränderungen in den oben genannten Bereichen mit sich. Die Trennlinie zwischen dem, was automatisch und dem, was willentlich geschieht, ist nicht starr. Es kommt auf die Wahl an – und da kommt das heilende Selbst ins Spiel. Allein der Körper weiß, wie man überlebt; es liegt an uns, ihm beizubringen, wie man gut lebt.
TEIL EINS
Der Weg zur Heilung
2
WER BLEIBT GESUND UND WER WIRD KRANK?
Das Schöne an einem ganzheitlichen Ansatz ist seine Natürlichkeit. Schon die einfachsten kleinen Veränderungen betreffen immer das gesamte System. Wir atmen, wir essen, wir gehen schlafen. Die medizinische Wissenschaft beschäftigt sich mittlerweile auch damit, und je weiter die Forschung geht, desto komplexer werden Essen, Atmen und Schlafen. Aber das sollte nicht unseren Blick von einer einfachen Tatsache ablenken: Die Menschen, die es schaffen, ein Leben lang gesund zu bleiben und zufrieden zu sein, haben kein Problem, acht Stunden lang gut zu schlafen, ausgewogen und gesund zu essen, ihr Gewicht zu halten und ungehindert zu atmen – denn sie sind nicht durch Stress und Angst belastet.
Sehr, sehr viele von uns können das nicht von sich behaupten. Irgendwie ist uns die Natürlichkeit des guten Lebens abhanden gekommen. Wie konnte das passieren? Denken Sie um des Vergleichs willen einmal an ein selbstfahrendes Auto. Ein solches Auto, von Ingenieuren lange erträumt, ist heute machbar, was je nachdem zu Optimismus oder Panik führt. Für die Optimisten ist das selbstfahrende Auto ein Hort der Sicherheit. Ausgestattet mit künstlicher Intelligenz und Sensoren, die stets aufmerksam sind, wäre ein fahrerloses Auto in der Lage, potenzielle Gefahren auf der Straße augenblicklich zu erkennen, viel schneller als der beste menschliche Fahrer. Aber was ist, wenn diese Sicherheitsmechanismen versagen? Da kommt die Panik ins Spiel. Von einer Maschine, die man nicht kontrollieren kann, in einen Unfall verwickelt zu werden, gleicht einem Albtraum.
In der Praxis braucht ein selbstfahrendes Auto daher die Möglichkeit des Eingriffs durch den menschlichen Fahrer, damit dieser notfalls die Kontrolle übernehmen kann. Verkehrssituationen sind eben auch Ermessenssache. Die wenigsten sind zumindest in diesem Stadium bereit, die gesamte Steuerung einer Maschine zu überlassen. Das wird auch möglicherweise nie der Fall sein, angesichts der Gefahren für Leib und Leben.