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Kann Gott in einem skeptischen Zeitalter wiederbelebt werden? Was wäre nötig, um den Menschen ein spirituelles Leben zu geben, kraftvoller als alles, was es in der Vergangenheit je gab? Deepak Chopra greift diese Fragen mit Eloquenz und Tiefe in seinem neuen Buch auf. Sein überzeugender Rat: Gott an der Quelle des menschlichen Bewusstseins zu suchen. Er findet sich in jedem von uns selbst und mit ihm auch die Kraft, das eigene Leben zu verwandeln. Gott ist in Schwierigkeiten. Mit dem Aufstieg des militanten Atheismus, einer aggressiv-polemischen Bewegung angeführt von Richard Dawkins, haben viele Menschen resigniert und sich der Idee gebeugt, dass Gott ein überholter Mythos in der modernen Welt sei. Die Argumente scheinen zu stark. Doch tief in sich spüren sie eine andere Wahrheit und die unerschütterliche Sehnsucht nach höherem Sinn, nach einer Gegenwart Gottes. Deepak Chopra widerspricht den Argumenten jener atheistischen Bewegung mit Kompetenz und Leidenschaft. Vielmehr sieht er im Hier und Jetzt die perfekte Zeit für eine neue Spiritualität, die vor allem eines sein sollte: verlässliche Erkenntnis einer höheren Wirklichkeit. Indem er einen Weg zu Gott skizziert, der den Unglauben zu einem ersten Schritt des Erwachens macht, zeigt Chopra uns, dass die Krise des Glaubens wie Feuer ist, durch das wir hindurch müssen auf dem Weg zur Kraft, Wahrheit und Liebe. Auch in der Wissenschaft haben sich längst Dogmen etabliert, an denen zu rütteln das Ende der eigenen Karriere bedeuten kann. "Doch im Gegensatz zu religiösen Fundamentalisten sind sich wissenschaftliche Ideologen nicht bewusst, dass ihre Weltsicht allein auf Glauben basiert. Sie meinen, sie kennen die Wahrheit. Sie glauben, die Wissenschaft habe die wesentlichen Fragen bereits gelöst." So hat Szientismus die schädliche Wirkung, jede Art von Denken und Forschung zu unterdrücken, die nicht den etablierten Richtlinien entspricht. "Der Glaube muss zum Wohle aller bewahrt werden", schreibt Chopra.
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Seitenzahl: 406
Deepak Chopra
Deepak Chopra
Eine praktische Annäherung an die Spiritualität für unsere Zeit
Dr. Deepak Chopra: Die Zukunft Gottes
Copyright © 2014 by Deepak Chopra, M.D.
This translation published by arrangement with Harmony Books, an imprint of the Crown Publishing Group, a division of Penguin Random Hause LLC.
Titel der Originalausgabe: The Future of God
Aus dem Englischen von Wolfgang M. Hunklinger
Translation © 2015 by Driediger Verlag
Umschlaggestaltung: Florian Guhr, 1stAssistMedia.de
ISBN: 978-3-932130-40-3
Der Glaube steckt in der Krise. Seit Jahrtausenden fordert uns die Religion auf, unbesehen an einen liebenden Gott zu glauben, der allwissend und unendlich mächtig ist. Infolgedessen nahm die Geschichte einen langen und manchmal turbulenten Weg. Im Namen der Religion sind großartige Dinge aber auch unsägliche Grausamkeiten geschehen. Doch heute verliert der Glaube immer mehr an Bedeutung, zumindest im Westen. Die meisten Menschen nehmen Religion als gegeben hin - es gibt keine lebendige Verbindung mehr zu Gott, und der Unglaube nimmt währenddessen weiter zu. Wie sollte es auch anders sein?
Wenn man einmal den unverheilten Riss zwischen uns und Gott bloßlegt, kommt eine tiefe Enttäuschung zum Vorschein. Wir haben zu viele Katastrophen durchgemacht, um auf eine gütige, liebende Gottheit zu vertrauen. Wer kann über den Holocaust oder den 11. September 2001 nachdenken und glauben, Gott sei Liebe? Unzählige weitere Katastrophen fallen einem ein. Wenn Menschen den Geschehnissen auf den Grund gehen und über Gott nachdenken, kommt bei ihnen bezüglich der Religion ein gewisses Unbehagen auf. Sie hegen ein quälendes Gefühl von Zweifel und Unsicherheit.
Lange Zeit lastete die Bürde des Glaubens auf dem unvollkommenen Gläubigen. Wenn Gott nicht einschreitet, um Leiden zu lindern oder Frieden zu schenken, so muss der Fehler bei uns liegen. In diesem Buch habe ich die Dinge umgekehrt und damit die Bürde wieder Gott auferlegt. Es ist an der Zeit, einige unverblümte Fragen zu stellen.
Was hat Gott in letzter Zeit für Sie getan?
Was ist wirksamer, um für Ihren Lebensunterhalt und den Ihrer Familie aufzukommen, an Gott zu glauben oder hart zu arbeiten?
Haben Sie jemals wirklich aufgegeben und Gott ein wirklich schwieriges Problem für Sie lösen lassen?
Warum lässt Gott derartiges Leid in der Welt zu? Ist das alles nur Theater oder ist es ein leeres Versprechen, dass ein liebender Gott existiert?
Diese Fragen sind so unangenehm, dass wir vermeiden, sie zu stellen, und für Millionen von Menschen sind sie auch nicht mehr wichtig. Die nächste Technologie, die unser Leben verbessern wird, leuchtet stets am Horizont. Ein Gott, der im einundzwanzigsten Jahrhundert von Bedeutung ist, ist so gut wie ausgestorben.
So wie ich das sehe, geht es bei der eigentlichen Glaubenskrise nicht um rückläufige Kirchenbesucherzahlen, eine Entwicklung, die in Westeuropa und den Vereinigten Staaten in den Fünfzigerjahren begann und bis heute andauert. Bei der wirklichen Krise geht es darum, einen Gott zu finden, der von Bedeutung ist und dem man vertrauen kann. Der Glaube stellt eine Weggabelung dar, und wir alle müssen dorthin gelangen. Die eine Abzweigung führt zu einer Wirklichkeit, die von einem lebendigen Gott gestützt wird; die andere führt zu einer Wirklichkeit, in der Gott nicht nur abwesend, sondern eine Fiktion ist. Im Namen dieser Fiktion haben Menschen gekämpft und sind gestorben, haben Ungläubige gefoltert, blutige Kreuzzüge organisiert und jede erdenkliche Gräueltat begangen.
Im Neuen Testament gibt es eine herzzerreißende Bekundung von Zynismus, als sich Jesus am Kreuz befindet – eine langsame und qualvolle Art zu sterben – und die Umstehenden, einschließlich des Hohepriesters von Jerusalem, ihn anspucken und verspotten:
„Andern hat er geholfen“, sagten sie, „und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben. Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat.“ (Matthäus 27:42–43)
Die Bissigkeit in jenen Worten hat im Laufe der Zeit nicht abgenommen, aber es gibt einen Punkt, der noch mehr verunsichert. Jesus lehrte, dass die Menschen vollkommen auf Gott vertrauen sollten, dass der Glaube Berge versetzen könne. Er lehrte, dass heute niemand schuften oder für morgen sparen solle, weil die Vorsehung für alles sorgen werde. Wenn man die mystische Bedeutung der Kreuzigung außer Acht lässt, sollten Sie und ich diese Art von Vertrauen haben?
Wenn die Menschen doch nur wüssten, dass sie täglich viele Male an eine Weggabelung kommen. Ich schreibe nicht aus einer christlichen Perspektive – in meinem persönlichen Leben praktiziere ich keine organisierte Religion –, aber Jesus meinte nicht, dass die Vorsehung Geld, Nahrung, Unterkunft und viele andere Wohltaten bereitstellen werde, wenn man nur lange genug wartet. Er meinte die Nahrung dieses Morgens und die Unterkunft für heute Abend. „Bittet, so wird euch gegeben; klopfet an, so wird euch aufgetan“ betrifft die Entscheidungen, die wir im gegenwärtigen Augenblick treffen. Und das erhöht den Einsatz außerordentlich, denn wenn Gott jedes Mal enttäuscht, da er nicht für uns da gewesen ist, enttäuschen wir jedes Mal, da wir den Weg zum Unglauben eingeschlagen haben – buchstäblich jede Stunde des Tages.
Der Same des Unglaubens ist in uns allen. Er liefert viele Gründe, nicht zu glauben. Ich hoffe, ich als barmherziger Mensch hätte Mitleid gehabt, wenn ich mir das Spektakel einer Kreuzigung angesehen hätte. Aber was mein eigenes Leben betrifft, gehe ich zur Arbeit, spare für die Zukunft und blicke nachts auf einer gefährlichen Straße ängstlich über meine Schulter nach hinten. Ich setze mehr Vertrauen in mich als in einen äußeren Gott. Ich nenne dies den Nullpunkt, den Nadir des Glaubens. Am Nullpunkt ist Gott nicht wirklich von Bedeutung, nicht, wenn es auf das harte, wirkliche Leben ankommt. Vom Nullpunkt aus betrachtet, ist Gott entweder überflüssig oder schwach. Vielleicht schaut er auf unser Leid herab und fühlt sich ergriffen oder, ebenso wahrscheinlich, reagiert er auf das Leid vielleicht nur mit einem Schulterzucken.
Wenn Gott eine Zukunft haben soll, müssen wir aus dem Nullpunkt heraustreten und eine neue Art lebendiger Spiritualität finden. Wir brauchen keine neuen Religionen, bessere Schriften oder inspirierendere Zeugnisse für Gottes Größe. Die Darstellungen, die wir bereits haben, sind hinreichend gut (oder schlecht). Ein Gott, der des Glaubens würdig ist, muss wirklich von Bedeutung sein, und ich sehe nicht, wie er das kann, wenn er nicht anfängt, Leistung zu bringen, anstatt zu enttäuschen.
Eine derart radikale Veränderung bringt etwas ebenso Radikales mit sich: ein Gesamtüberdenken der Wirklichkeit. Was die Menschen nicht erkennen, ist, dass man die Wirklichkeit selbst herausfordert, wenn man Gott herausfordert. Wenn die Wirklichkeit nur das ist, was an der Oberfläche erscheint, dann gibt es nichts, an das man glauben könnte. Wir können am 24-Stundenzyklus der Nachrichten kleben bleiben und unser Bestes tun, um zurechtzukommen. Wenn jedoch Wirklichkeit etwas ist, das in höhere Dimensionen hineinreicht, ist das eine andere Geschichte. Man kann keinen Gott wiederherstellen, der nie existierte, aber man kann eine unterbrochene Verbindung reparieren.
Ich beschloss, ein Buch darüber zu schreiben, wie man die Verbindung mit Gott wiederherstellen kann, damit er so wirklich wird wie ein Laib Brot und so zuverlässig wie ein Sonnenaufgang – suchen Sie sich irgendetwas aus, worauf Sie vertrauen und wovon Sie wissen, dass es wirklich ist. Wenn ein solcher Gott existiert, gibt es keinen Grund mehr, entweder von ihm oder von uns enttäuscht zu sein. Nichts anderes als ein Sinneswandel ist erforderlich. Dennoch muss etwas Tiefgründigeres getan werden, ein Überdenken dessen, was möglich ist. Dies bedeutet eine innere Wandlung. Wenn jemand zu Ihnen sagt: „Das Himmelreich ist inwendig“, sollten Sie nicht mit einem Anflug eines schlechten Gewissens denken, Nein, in mir ist es nicht. Sie sollten sich fragen, was nötig ist, die Aussage wahr zu machen. Der spirituelle Weg beginnt mit einer Neugier, dass etwas so Unglaubliches wie Gott tatsächlich existieren könnte.
Millionen von Menschen haben jetzt vom „Gotteswahn“ gehört, ein Slogan einer Gruppe militanter Atheisten, die erklärte Feinde des Glaubens sind. Diese beunruhigende Bewegung um Professor Richard Dawkins verkleidet ihre vehementen, oft persönlichen Angriffe in Begriffe aus Wissenschaft und Vernunft. Auch wenn die Menschen das Wort Atheist nicht auf sich selbst anwenden, leben viele immer noch so, als ob Gott keine Bedeutung hätte, und dies wirkt sich auf die Entscheidungen aus, die sie in ihrem täglichen Leben treffen. Der Unglaube hat indirekt dort gewonnen, wo es um etwas geht.
Falls der Glaube überleben sollte, kann er nur durch eine tiefere Erforschung des Rätsels des Daseins wiederhergestellt werden.
Ich kann nichts Schlechtes über Atheismus ohne Militanz sagen. Thomas Jefferson schrieb: „Ich finde im orthodoxen Christentum keine einzige erlösende Eigenschaft“, aber er half auch dabei, eine auf Toleranz basierende Gesellschaft zu errichten. Dawkins und Co. sind stolz darauf, intolerant zu sein. Atheismus kann Witze über sich selbst machen, wenn etwa George Bernard Shaw witzelt: „Das Christentum ist vielleicht eine gute Sache, wenn es jemand nur einmal ausprobieren würde.“ Jede Denkbewegung hat ihre Gegenrichtung, und was Gott betrifft, ist Unglaube das natürliche Gegenteil von Glaube.
Es ist jedoch nicht richtig, anzunehmen, dass Atheismus immer gegen Gott ist. Laut einer verblüffenden Umfrage von Pew Research aus dem Jahre 2008 glauben 21 Prozent der Amerikaner, die sich als Atheisten bezeichnen, an Gott oder an eine universelle Seele, 12 Prozent glauben an den Himmel und 10 Prozent beten mindestens einmal pro Woche. Atheisten haben den Glauben nicht ganz verloren; es gibt nichts, was man dagegen sagen könnte. Aber Dawkins bietet spirituellen Nihilismus mit einem Lächeln und einem Ton der Beruhigung an. Ich wurde mir bewusst, dass ich meine Stimme dagegen erheben musste, wenngleich ich keine persönliche Abneigung gegen ihn hege.
Der Glaube muss zum Wohle aller bewahrt werden. Aus dem Glauben entspringt eine Leidenschaft für die Ewigkeit, welche selbst stärker als die Liebe ist. Viele von uns haben jene Leidenschaft verloren oder haben sie nie gekannt. Während ich mich für Gott ausspreche, wünschte ich, ich könnte die Eindringlichkeit vermitteln, die in nur wenigen Zeilen von Mirabi, einer indischen Prinzessin, ausgedrückt wird, welche eine große mystische Poetin wurde:
Die Liebe, die mich an Euch bindet, o Herr, ist unzerbrechlich
Wie ein Diamant, der den Hammer zerschmettert,
wenn er getroffen wird.
Wie der Lotus, der aus dem Wasser entspringt,
entspringt mein Leben aus dir,
Wie der Nachtvogel, der den vorbeiziehenden Mond bestaunt,
verliere ich mich, wenn ich bei dir verweile.
O mein Geliebter – komm zurück!
Wenn es um Gott geht, leiden wir fast alle, Gläubige und Nichtgläubige gleichermaßen, irgendwie an Kurzsichtigkeit. Wir sehen – und glauben daher – nur, was sich direkt vor uns befindet. Die Gläubigen sehen Gott als eine gütige Vaterfigur, die uns Gnade und Gerechtigkeit gewährt, während er unsere Handlungen hier unten beurteilt. Der Rest von uns meint, Gott sei deutlich weiter entfernt, unpersönlich und unbeteiligt. Dennoch ist Gott vielleicht näher und verbundener, ja näher als der nächste Atemzug.
Jeden Augenblick ist jemand auf der Welt erstaunt darüber, zu entdecken, dass Gotteserfahrung wirklich ist. Wunder und Gewissheit dämmern immer noch. Ich habe dazu stets eine Passage aus Thoreaus Walden zur Hand, in der er von dem „einsamen Arbeiter auf einer Farm in der Nähe von Concord, der seine Wiedergeburt gehabt hatte“, spricht. Wie wir, fragt sich Thoreau, ob jemandes Aussage darüber, „eine besondere religiöse Erfahrung“ zu haben, stichhaltig ist. Als Antwort darauf blickt er über den Zeitraum von Jahrhunderten:
Zarathustra wanderte vor Tausenden von Jahren auf derselben Straße und hatte dieselbe Erfahrung, doch da er weise war, wusste er, dass sie universal war.
Wenn Sie sich plötzlich von einer Erfahrung durchdrungen fühlen, die Sie nicht erklären können, so sagt Thoreau, dann seien Sie sich einfach bewusst, dass Sie nicht alleine sind. Ihr Erwachen ist in die große Tradition eingeflochten.
Halten Sie alsdann demütig Zwiesprache mit Zarathustra, und durch den befreienden Einfluss aller Honoratioren, mit Jesus Christus selbst, lassen Sie „unsere Kirche“ getrost unter den Tisch fallen.
In zeitgemäße Sprache übersetzt, rät uns Thoreau, unserer tiefsten Überzeugung zu vertrauen, dass spirituelle Erfahrung wirklich ist. Skeptiker kehren diesen Rat ins Gegenteil. Die Tatsache, dass Gott seit einer Ewigkeit erfahren worden ist, zeige nur, dass Religion ein primitives Überbleibsel, ein geistiges Relikt sei, das abzulehnen wir unser Gehirn trainieren sollten. Für einen Skeptiker bestand Gott in der Vergangenheit nur fort, weil Priester die Macht hatten, den Glauben durchzusetzen, indem sie keine Abweichung unter ihren Anhängern erlaubten. Aber alle Versuche, die Angelegenheit zu klären – ein für alle Mal zu sagen, Gott sei absolut wirklich oder absolut unwirklich –, scheitern weiterhin. Das Durcheinander besteht fort und wir alle haben die Auswirkungen von Verwirrung und Zweifel gespürt.
Gehen wir vom Abstrakten zum Persönlichen über. Wenn Sie sich selbst ansehen und fragen, wo Sie in der Gottesfrage stehen, befinden Sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit in einer der folgenden Situationen:
Unglaube: Sie akzeptieren nicht, dass Gott wirklich ist, und Sie drücken Ihren Unglauben dadurch aus, dass Sie leben, als ob Gott keinen Unterschied macht.
Glaube:Sie hoffen, dass Gott wirklich ist, und drücken Ihre Hoffnung als Glauben aus.
Erkenntnis:Sie haben keinen Zweifel daran, dass Gott wirklich ist, und Sie leben daher, als ob Gott ständig präsent wäre.
Wenn jemand zu einem spirituellen Suchenden wird, so will er vom Unglauben zur Erkenntnis gelangen. Der Weg ist jedoch keineswegs klar. Wenn Sie morgens aufstehen, was sollten Sie dann Spirituelles tun? Sollten Sie beispielsweise versuchen, im gegenwärtigen Augenblick zu leben, was als sehr spirituell angesehen wird? Frieden herrscht, wenn überhaupt irgendwo, im gegenwärtigen Augenblick. Dabei umreißt auch Jesus, wie radikal eine solche Entscheidung tatsächlich ist: „Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib … Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen. Darum sorgt nicht für den andern Morgen; denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen.“ (Matthäus 6:25, 33–34)
In der Version Jesu bedeutet in der Gegenwart leben, volles Vertrauen darauf zu haben, dass Gott alles bereitstellen wird. Sein Vertrauen in Gott ist grenzenlos. Was auch immer Jesus benötigt, es wird eintreffen. Aber was ist mit den armen jüdischen Arbeitern, die seine Zuhörer waren, und die sich damit abmühten, das Notwendigste bereitzustellen, und die zähneknirschend unter der Fuchtel der römischen Unterdrückung lebten? Sie haben vielleicht gehofft, dass die Vorsehung für sie sorgen werde. Vielleicht haben sie sogar genug Glauben gehabt, um es zu glauben. Trotzdem war Hingabe ein mystischer Akt. Nur Jesus befand sich in einem Bewusstseinszustand, der gänzlich in der Vorsehung geerdet war, weil er Gott überall sah.
In uns allen gibt es den Samen des Unglaubens, weil wir in einem weltlichen Zeitalter geboren wurden, das alles Mystische infrage stellt. Besser frei und skeptisch sein, als gebunden durch Mythen, Aberglauben und Dogma. Wenn Sie mit dem Skeptiker in sich in Berührung kommen, dann ist es verständlich, dass Sie sich in einem Zustand des Unglaubens wiederfinden. Aber für die meisten Menschen ist es auch ein unglücklicher Zustand. Sie fühlen sich unerfüllt in einer völlig irdischen Welt, in der die tiefste Verehrung wohl Sporthelden, Comicbüchern und dem Besitz eines perfekten Körpers entgegengebracht wird. Die Wissenschaft gibt uns keine Garantie dafür, dass das Leben einen Sinn hat, wenn sie das Universum als einen kalten, leeren Raum beschreibt, der durch den Zufall regiert wird.
Und so besteht der Glaube weiterhin. Wir wollen, dass das Universum unser Zuhause ist. Wir wollen uns mit der Schöpfung verbunden fühlen. Vor allem wollen wir keine Freiheit, falls sie dauerhaft fortwährende Angst und Unsicherheit bedeutet, eine Freiheit, die ihre Verankerung im Lebenssinn verloren hat. Ob Sie es nun Festhalten am Glauben oder Wahrung von Traditionen unserer Vorfahren nennen, es gibt religiöse Überzeugung allerorten. Für Milliarden von Menschen gibt es keine lebenswerte Alternative.
Aber was ist mit der dritten Stufe nach Unglaube und Glaube – der sicheren Erkenntnis Gottes –, welche die seltenste und am schwersten zu fassende ist? Um wirklich sicher zu sein, muss ein Mensch vielleicht eine alles verändernde Erfahrung durchmachen oder wie durch ein Wunder die unschuldige Seele eines kleinen Kindes bewahren. Keines von beidem ist im Leben der meisten Menschen realistisch. Menschen, die aus Nahtoderfahrungen zurückkommen, die zumal äußerst selten sind, haben keinen konkreten Beweis dafür, dass sie „dem Licht entgegengegangen“ sind, der einen Skeptiker überzeugen würde. Was sich für sie verändert hat, ist persönlich, inwendig und subjektiv. Was die Unschuld von Kindern betrifft, haben wir allen Grund dazu, sie nicht weiterzuverfolgen. Kindheitsfreude ist ein naiver, unfertiger Zustand, und so glücklich er auch war, wir sehnen uns danach, eine weitreichendere Welt des Erfolgs zu erleben. Die kreativen Höhen der Menschheitsgeschichte werden von Erwachsenen erreicht, nicht von zu groß gewordenen Kleinkindern.
Nehmen wir einmal an, dass Sie sich in einem dieser drei Zustände wiederfinden: Unglaube, Glaube und Erkenntnis. Es ist völlig in Ordnung, wenn sie vermischt sind und Sie flüchtige Augenblicke eines jeden haben. Auf kalte statistische Modelle zurückgreifend, scharen sich die meisten von uns unter dem mittleren Hügel einer glockenförmigen Kurve, als Teil der großen Mehrheit, die an Gott glaubt. An den Endstücken der Kurve befindet sich eine winzige Minderheit: auf der linken Seite die überzeugten Atheisten; auf der rechten Seite die tief Religiösen, die Gott als ihrer Berufung folgen. Aber es ist fair zu sagen, dass die meisten Menschen, die antworten, dass sie an Gott glauben, weder Wunder noch Gewissheit erfahren. Typischerweise widmen wir unsere Tage allem, nur nicht Gott: dem Aufziehen der Kinder, der Suche nach Liebe, dem Streben nach Erfolg, dem Griff nach weiteren materiellen Gütern auf dem endlosen Fließband gesteigerten Konsums.
Das gegenwärtige Durcheinander tut niemandem gut. Unglaube wird von innerem Leid heimgesucht und einer großen Angst, dass das Leben keinen Zweck hat. (Mich überzeugen Atheisten nicht, die behaupten, dass sie in einem zufälligen Universum fröhlich leben. Sie wachen sicher nicht jeden Morgen auf und sagen: „Wie wunderbar, ein weiterer Tag, an dem nichts wirklich einen Sinn hat.“) Der Zustand des Glaubens ist auf andere Art nicht haltbar: Im Laufe der Geschichte hat das zu Unnachgiebigkeit, Fanatismus und zu extremer Gewalt im Namen Gottes geführt. Und der Zustand der wahren Erkenntnis? Er scheint der Zuständigkeitsbereich von Heiligen zu sein, die äußerst selten sind.
Und doch ist Gott, gleich einem Schatten, in allen drei Situationen irgendwo verborgen, ob als negativer (die Gottheit, vor der man die Flucht ergreift, wenn man der organisierten Religion aus dem Wege geht) oder als positiver (eine höhere Wirklichkeit, nach der man strebt). Schwach präsent zu sein, ist nicht dasselbe, wie wirklich wichtig zu sein, noch viel weniger als das Wichtigste im Dasein. Wenn es möglich ist, Gott wieder wirklich zu machen, würde sich, so glaube ich, jeder bereit erklären, einen Versuch zu unternehmen.
Dieses Buch behauptet, dass Sie vom Unglauben zum Glauben und dann zu wahrer Erkenntnis gelangen können. Jede Stufe ist evolutionär und durch Erkundung der ersten entdecken Sie, dass sich die nächste eröffnet. Evolution ist freiwillig, wenn sie auf die innere Welt angewandt wird. Es existiert völlige Wahlfreiheit. Sobald Sie den Unglauben in allen Einzelheiten kennen, können Sie dort verbleiben oder zum Glauben weitergehen. Wenn Sie den Glauben erkunden, können Sie das Gleiche tun und ihn als ihre spirituelle Heimat annehmen oder darüber hinausblicken. Am Ende der Reise liegt die Gotteserkenntnis, die genauso praktikabel wie die ersten beiden Stufen ist – aber viel wirklicher. Gott zu erkennen, ist nicht mystisch, genauso wenig, wie zu wissen, dass sich die Erde um die Sonne dreht. In beiden Fällen wird eine Tatsache geschaffen und alle bisherigen Zweifel, alle falschen Überzeugungen fallen ganz natürlich ab.
Es ist fast unmöglich, den Glauben zu erzwingen, vor allem von einem selbst. Unser altes Gottesmodell wird vor unseren Augen auseinandergenommen. Anstatt zu versuchen, die Stücke aufzusammeln, muss eine tiefere Veränderung stattfinden. Vernunft, persönliche Erfahrung und die Weisheit vieler Kulturen kommen endlich zusammen. Diese neue Synthese ist wie Gott 2.0, wo die menschliche Seele einen Entwicklungssprung macht.
Gott 1.0 spiegelte menschliche Bedürfnisse wider, die zahlreich und vielfältig sind, und diese Bedürfnisse nahmen eine göttliche Personifizierung an. Die Bedürfnisse kamen an erster Stelle. Weil Menschen Geborgenheit und Sicherheit brauchen, stellten wir Gott als unseren himmlischen Beschützer dar. Weil das Leben geregelt sein muss, machten wir Gott zum obersten Gesetzgeber. In Umkehrung des Buches Genesis schufen wir Gott nach unserem Bilde. Er tat, was wir von ihm wollten. Was folgt, sind die sieben Stufen, die wir für einen solchen Gott entwickelten.
Geschaffen nach unserem Bilde
1. Das Bedürfnis nach Geborgenheit, Sicherheit, Schutz vor Unheil
Gott wird zu Vater oder Mutter. Er überwacht die Naturgewalten und bringt dabei Glück oder Unglück. Die Menschen leben wie Kinder unter Gottes Schutz. Seine Gedanken sind nicht zu erkennen; er wirkt aus einer Laune heraus, um Liebe oder Bestrafung zu verteilen. Die Natur ist geordnet, aber immer noch gefährlich.
Das ist Ihr Gott, wenn Sie inständig um Errettung bitten, das Göttliche als Autoritätsperson sehen, an Sünde und Erlösung glauben, Wunder erflehen und die Hand Gottes bei der Arbeit erblicken, wenn plötzlich Unfälle oder Katastrophen eintreten.
2. Das Bedürfnis, etwas zu vollbringen und zu erreichen
Gott wird zum Gesetzgeber. Er stellt Regeln auf und befolgt sie. Das macht die Zukunft erkennbar: Gott wird diejenigen belohnen, die das Gesetz befolgen, und diejenigen bestrafen, die nicht gehorchen. Auf dieser Grundlage können die Menschen ein gutes Leben aufbauen und materiellen Erfolg erzielen. Das Geheimnis ist harte Arbeit, was gottgefällig ist, und eine gesetzmäßige Gesellschaft, was die Naturgesetze widerspiegelt. Das Chaos ist beseitigt, das Verbrechen in Schach gehalten. Die Natur ist eher da, um gezähmt als gefürchtet zu werden.
Das ist Ihr Gott, wenn Sie glauben, dass Gott vernünftig ist und er will, dass Sie Erfolg haben, dass er harte Arbeit belohnt, Rechtes vom Unrechten trennt und das Universum geschaffen hat, damit es nach Gesetzen und Prinzipien funktioniert.
3. Das Bedürfnis, Verbindungen aufzubauen, liebevolle Familien und Gemeinschaften zu gründen
Gott wird eine liebevolle Präsenz in jedem Herzen. Der Blick des Gläubigen hat sich nach innen gewandt. Sich mit anderen zu verbinden, geht über das gegenseitige Überleben hinaus. Die Menschheit ist eine Gemeinschaft, die durch den Glauben verbunden ist. Gott will, dass wir eine Stadt auf dem Hügel errichten, eine ideale Gesellschaft. Die Natur existiert, um das menschliche Glück zu nähren.
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