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Zwölf Konfirmanden sind sich einig: Sie haben nicht viel gemeinsam - allenfalls ihre Abneigung gegen den langweiligen Diakon Jott und seine Konfirmandenstunden. Doch dann tritt Jott in den Streik. Geheime Botschaften machen die Runde. Und die zwölf sehen sich vor eine Entscheidung gestellt, die sie für immer verändern wird. Zwei Wochen ihres Lebens verlangt Jott von ihnen, zwei Wochen auf einer Insel, zwei Wochen Zumutungen und Herausforderungen. Zwei Wochen, die alles verändern.
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Seitenzahl: 211
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Für Andi, Britt, Johanna,
Jakob, Jacques, Judith,
Matti, Pitt, Philip,
Simone, Tamara, Tom
und
Lena
Die Zeit der Vorbereitung
Britt reimt sich nicht
Rund ist der nicht!
Karneval ist nicht
Konfer ist nicht
Kein Grund zum Feiern
Der Geist der Flasche?
Schafhaus
Warten
Dienstagnachmittag
Lose
Bücher sind zum Lesen da
Weihnachten verboten
Süßer die Glocken
Ihr Kinderlein, kommet
Nachfolgen
Ostern
Der Balken
Nur über meine Leiche
Zwölf
Keine Freizeit
Lena
Die erste Woche
Dann wollen wir mal
Peinlich
Überflüssig?
Möwenschiet
Es sind nur Haare
Füchse haben Gruben
Habe nun Ruhe!
Jeder Tag hat seine eigene Plage
Sorget nicht!
Vor wem sollte ich mich fürchten?
Ungeteilte Gewänder
Macht satt
Zu spät
Unser tägliches Brot
Die übrigen Brocken
Die Kleinen
Kleines wird groß
Talente
Die wahren Verwandten
In guten wie in schlechten Zeiten
Wasser zu Wein
Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht
Böses Erwachen
… der werfe
Die zweite Woche
Zu dreien
… der verleugne sich selbst
Müssen und Wollen
Menschenfischer
Wer mich verleugnet
Hase und Fuchs
Drei sind eins
Schwarzes Loch
Lasst die Kinder …
Den schmalen Weg gehen
Mädchen, steh auf!
Zwei Herren dienen
Maria Magdalena
Ihr werdet stille sein
… dass er diene
Einer trage des anderen Last
Wohin du gehst
Das Vogelnest
Der Hügel der Verklärung
Den Staub von den Füßen
Einkehr
Mühselig und beladen
Der Kindersegen
Auf dem Meer wandeln
Der Segen des Schweigens
Letzte Worte
Einer fehlt
Einer zu viel
Vom Regen in die Traufe
Aus dem Gleichgewicht
Der verlorene Vater
Regen und Segen
Maria aber hörte zu …
Gemeinsam einsam
Schwieriger als mit Jott
Der gewisse Moment
Dürfen wir reinkommen …?
Im Licht der Wahrheit
Die große Enttäuschung
Der Geist weht, wo er will
Tauben und Schlangen
Jotts Schwäche
Die große Revanche
Die Blume verwelkt
Die Einladung
In der Welt habt ihr Angst
Gestörte Verbindungen
Ein langer Tag
Dann aber bleiben diese drei
Die Vorladung
Die Festnahme
Die 12 Geschworenen
Die Verhandlung
Das Urteil
An Gottes Segen ist alles gelegen
Ja, mit Gottes Hilfe
Er muss abnehmen …
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Britt reimt sich nicht
Es begann eigentlich ganz unauffällig. Nichts deutete darauf hin, dass da etwas in der Luft lag, etwas, über das man in Weihbach später noch jahrelang reden würde.
Die Sommerferien waren schon eine Weile vorüber, vierzig Tage, um genau zu sein, und nun gingen auch die Herbstferien zu Ende, und bis Weihnachten würden die Menschen rund um die Weihbacher Kirche sich nun durch ihren Alltag mühen, durch immer kürzere und trübere Tage, Hausarbeit, fieldarbeit, Totengedenken.
Das Gemeindehaus neben der Kirche lag immer ein wenig im Schatten. Es gab zu viele hohe Bäume ringsum. Trockenes Laub raschelte unter den Füßen der zwölf, die sich der blau gestrichenen Eingangstür näherten. »Blau ist die Hoffnung«, sagte Pitt zu Andi. »Ob es wieder ausfällt?«
Britt sah zu ihnen hinüber. Sie saß auf der Lehne der Bank, die neben dem Eingang stand, und hatte die Beine übereinandergeschlagen. Sie ließ ihren langen Pony ins Gesicht fallen. Sie hasste Pitt – vor allem wegen seines Namens. Denn jeder, der beide Namen hörte – Britt, Pitt –, grinste und machte eine Bemerkung über Reime. »Gar nicht witzig«, murmelte Britt vor sich hin und beschloss, einfach sitzen zu bleiben.
Andi erreichte als Erster die Tür und rüttelte an der Klinke. »Seht ihr!«, rief er erleichtert. »Abgeschlossen.« Johanna, Britts Freundin, kam von hinten, über die Wiese. »Meine Mam wird allmählich nervös«, meinte sie. »Kein Konfer, keine Konfirmation? Dabei lässt sie schon Tischkärtchen drucken.« Pitt starrte sie an. »Nicht wirklich, oder?« Er stieß Andi an und wiederholte: »Tischkärtchen!« Britt hasste ihn noch mehr als sonst.
Auf einmal öffnete sich die Tür wie von selbst. Niemand zeigte sich, auch nicht der dicke, langweilige Diakon »Jott« für Jakobsen. Dennoch war das Öffnen der Tür eine Aufforderung einzutreten. Murrend kamen die zwölf ihr nach. Bock hatten sie nicht die Bohne.
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Rund ist der nicht!
Die Räume rochen ein wenig muffig nach der langen Pause, Sommerferien, Herbstferien und dazwischen die Zeit, in der Diakon Jott nicht dagewesen war.
Er habe eine geistliche Krise, hatte man sich erzählt. »Geistliche Krise«, hatten die Leute von Weihbach gemurrt. »Wetten, die kommt aus der Flasche?« Der dicke, langweilige Diakon Jott war nicht aus Weihbach. Man konnte nicht viel mit ihm anfangen.
Die Stühle standen in einem halb zerstörten Kreis. Pitt nahm sich den erstbesten und schob ihn zum Fenster. Er setzte sich, streckte die Beine aufs Fensterbrett und legte die Hände entspannt in den Nacken. Andi suchte seine Nähe. Er verzichtete auf einen Stuhl und setzte sich direkt ins Fenster.
Die Mädchen machten ihren eigenen Kreis, Britt und Johanna, die kleine Judith und Simone mit den roten Haaren. Jeder dachte, sie seien gefärbt, und Simone wünschte sich nichts sehnlicher, als dass das wahr gewesen wäre.
Tamara, die Fremde, blieb für sich. »Soll sich an Jacques halten«, hatte Pitt mal zu Andi gesagt. »Der ist auch fremd.« Dann war da noch die Bande vom Mühlberg, Jakob, Matti, Philip, Tom – die verzogen sich in die letzte Ecke.
»Ein Kreis ist das nicht«, sagte auf einmal eine langweilig gleichmäßige Stimme. Die zwölf ließen sich Zeit damit, nach dem Sprecher zu sehen. Der stand in der Tür, angelehnt, die Arme gekreuzt, und wartete auf ein Wunder – darauf, dass sie einen Kreis bildeten?
»Kreis – hatten wir noch nicht«, murmelte Tom vom Berg unüberhörbar. Er tat, als besinne er sich auf die Mathestunden. »Kreis ist was für Babys«, ergänzte Jakob. Er hatte einen Bruder, der in den Kindergarten ging.
»Krasses Styling«, bemerkte Pitt, der es geschafft hatte, sich der Tür zuzuwenden, ohne seine Beine vom Fensterbrett zu nehmen. Bloß die Arme waren nicht mehr ganz so entspannt. Die anderen elf prusteten los. Zwei Worte von Pitt – und jetzt erst begriffen sie, dass etwas geschehen war.
Der da in der Tür stand und von einem Kindergartensitzkreis träumte, klang zwar wie der dicke, langweilige Diakon Jott. Aber er sah nicht so aus. Erst einmal: Er war nicht mehr dick. Blieb höchstens noch langweilig übrig. Aber wenn, dann hatte er es gut getarnt. Etwas Sackähnliches fiel ihm vom Hals und über die Schultern bis auf den Boden. Und da schauten seine Füße hervor – Füße, keine Schuhe. Nackt. Sein Haar, das kurz gewesen war, hing zipfelig bis zu den Schultern. »Wir haben ihn wirklich lange nicht gesehen«, sagte Johanna zu Britt. Britt verzog den Mund. »Lohnt auch nicht«, behauptete sie.
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Karneval ist nicht
Die anderen waren uncool genug, nachzufragen. »Was soll das?«, fuhr Matti vom Berg den Diakon an. »Wollen Sie zum Karneval?« »Mein Lieber«, sagte Diakon Jott. »Der Karneval endet mit dem Aschermittwoch. Danach beginnt die Zeit der Buße. Und die ist noch lange nicht vorbei.« Tamara, die Fremde, stand auf. »Da hat er recht«, sagte sie, sonst nichts, dann setzte sie sich wieder hin.
Es krachte, als Pitts Stuhl kippte. Einen Augenblick lang saß er verdutzt am Boden wie ein kleiner Junge. Die elf wagten zögerlich zu lachen. Da blitzten Pitts Augen, und er kam rasch auf die Füße. »Tu endlich was gegen deine Haarfarbe, Simone«, schoss er in eine beliebige Richtung. »Grausam, wie die in den Augen beißt!«
»Besser rote Haare als rot im Gesicht!«, fauchte die kleine Judith zurück. Und wieder lachten ein paar. Andi warf ihr einen erstaunten Blick zu. Cool war sie nicht, die Kleine, aber gut.
»Haltet doch mal die Klappe!«, rief Johanna. Sie stand auf und ging auf den Diakon zu. »Sie wollten uns was erklären«, erinnerte sie ihn. Sie sah sich flüchtig nach Britt um. Dann hob sie die Hand und zupfte an Diakon Jotts Gewand. »Zum Beispiel«, sagte sie, »was das ist?«
»Nein«, sagte Diakon Jott. »Warum sollte ich?« Auf einmal war es still. Pitt bückte sich und stellte seinen Stuhl wieder hin. Er drehte ihn aber diesmal zur Tür. Johanna schluckte, ließ die Hand sinken und schob sich rückwärts zu ihrem Platz zurück. »Und jetzt?«, flüsterte sie Britt zu. Britt hob die Schultern. »Wer hätte gedacht, dass er noch langweiliger werden könnte?«, bemerkte sie spitz.
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Konfer ist nicht
»Ich will euch nichts erklären«, sagte Diakon Jott mit seiner langweiligen Stimme. »Ich frag euch ja auch nicht, warum ihr Jeans tragt, die neu sind, aber alt und zerrissen aussehen, so als hättet ihr drei Jahre Wüstenwanderung hinter euch. Ich frag Matti nicht, was das Monster auf seinem Bauch zu bedeuten hat, und Britt nicht, ob sie davon träumt, einmal so schön zu sein wie die Sängerin auf ihrem Rücken. Ich frag Johanna nicht, warum sie ihre Füße in Stöckelschuhe zwängt, und Andi nicht, warum er alles drei Nummern zu groß kauft. Nee, Leute, ich frag nicht – und ich geb euch keine Antwort.«
Damit hatte er zum zweiten Mal in einer einzigen Konfirmandenstunde für Ruhe gesorgt. Matti vom Berg hatte sich hinter Jakob und Tom verzogen, Britts Kopf war so rot wie Simones Haare. Johanna kreuzte die Füße und Andi starrte erwartungsvoll auf seinen Bruder Pitt.
»Das sag ich meiner Mutter!«, erklärte auf einmal die kleine Judith. »Ich wette, das dürfen Sie nicht!« Diakon Jott stieß sich vom Türrahmen ab. Er sah sie an und nickte ihr zu. »Gut, dass du mich daran erinnerst«, sagte er mit seiner eintönigen Stimme. »Ich muss eure Eltern sprechen. Alle. Morgen Abend um sieben.« Damit drehte er sich um und verließ den Raum. »Und jetzt?«, sagte Johanna zu Britt. »Konfer ist nicht«, sagte Britt. Sie stand auf, marschierte an Pitt vorbei und stieg durchs Fenster nach draußen.
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Kein Grund zum Feiern
Es dämmerte schon, als vor dem Gemeindehaus wieder das Laub raschelte. Es waren wieder zwölf. Die Eltern von Jacques, Simone und Johanna waren zu zweit da, das machte sechs. Der große Dunkle war der Vater von Pitt und Andi, Judiths Mutter lief einen halben Schritt hinter ihm. Die Mühlberger, Tom, Jakob, Philip und Matti, wurden durch zwei Väter vertreten, Tamaras Eltern konnten nicht und Britts hatten sich geweigert. »Verstehen Sie das?«, fragte Johannas Mutter die rothaarige Mutter von Simone. »Nicht die Bohne«, sagte Simones Mutter. »Aber dass es eine Unverschämtheit ist, das weiß ich.«
Sie schoben sich durch die blau gestrichene Tür und in den Gemeinderaum. »Wie es hier schon aussieht!«, bemerkte Johannas Mutter naserümpfend. Stühle standen kreuz und quer, ein Fenster war angelehnt. Zwei Stühle lagen mitten im Weg. »Ein Kreis ist das nicht«, ergänzte Pitts Vater.
Diakon Jakobsen kam als Letzter. Die Erwachsenen hatten sich Stühle genommen und sich in zwei Reihen vor einen Tisch mit Kerzen und Gesangbüchern gesetzt, von dem sie annahmen, dass er der Platz des Redners sei.
Diakon Jakobsen musterte die Anordnung und ging mit langen, langsamen Schritten zum Fenster. Er setzte sich auf das Fensterbrett und verschränkte die Arme im Nacken. »Das ist der Lieblingsplatz von Pitt«, sagte er in die Richtung von Pitts Vater. »Wenn das ein Vorwurf ist«, fuhr Pitts Vater auf, »dann erklären Sie uns erst einmal Ihren Aufzug!«
Diakon Jakobsen trug ein ungefärbtes Gewand, und er war barfuß. Das Haar fiel ihm wellig auf die Schultern. Auch wenn er gekämmt und rasiert war, wirkte er irgendwie – unordentlich.
Judiths Mutter stieß Pitts Vater an. »Frag lieber nicht, Jonas«, flüsterte sie. »Sonst fragt er dich, warum du Tennissocken trägst.«
»Wir sind hier nicht zusammengekommen, weil wir uns austauschen wollen«, sagte Diakon Jakobsen mit seiner eintönigen Stimme. »Nein!«, bestätigte Johannas Mutter. »Denn dazu hätte es einer offiziellen Einladung bedurft, mit einer angemessenen Frist.« Diakon Jakobsen sah kurz in ihre Richtung und runzelte die Stirn. »Jaja«, sagte er irritiert. Dann holte er neu Atem.
»Wir sind hier zusammengekommen«, begann er wieder, »um uns aufzulösen.« Und dann erklärte er den sprachlosen Eltern, dass er ihren Kindern keinen Konfirmandenunterricht mehr erteilen und sie – unter den gegebenen Umständen – auch nicht konfirmieren werde.
Johannas Mutter stieß einen schrillen Schrei aus. »Sie lässt bereits Tischkärtchen drucken«, flüsterte Pitts Vater Judiths Mutter zu. Judiths Mutter verdrehte die Augen, und Pitts Vater grinste breit.
»Ich glaube nicht, dass Sie das dürfen«, sagte einer der Väter vom Berg. Die anderen Eltern nickten zustimmend. »Wo kämen wir da hin!«, murmelte einer, und ein anderer ergänzte: »Das ist Ihr Job, mein Lieber!« Diakon Jakobsen hörte ihnen zu und begann zu lächeln. Das Lächeln sah langweilig und freudlos aus – wie der ganze Mann.
»Gibt es dafür einen Grund?«, fragte Pitts Vater schließlich. Diakon Jakobsen nickte. »Ja«, sagte er. »Es ist Bußzeit. Wir haben keinen Grund zum Feiern.«
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