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Karel Čapeks herrlich erfrischender Klassiker der modernen Gartenliteratur liegt zu seinem 120. Geburtstag endlich in einer neuen Übersetzung vor: Humorvoll, leidenschaftlich und selbstironisch, ist DAS JAHR DES GÄRTNERS ein unentbehrliches Buch für jeden Gärtner, für Gartenfreunde und ihre Angehörigen, selbst, wenn sie nur einen Balkonkasten ihr Eigen nennen. Čapek ergreift in seinem Buch vehement Partei für die Gärtnerei. Mit viel Humor und Ironie führt er den Leser in zwölf Kapiteln durch das Gartenjahr. Diese sind gefüllt mit den gärtnerischen Highlights und Pflichten, dazwischen findet der Leser kurze Beiträge zu den Grundlagen des Gärtnerns. Čapeks Betrachtungen sind immer kenntnisreich und dabei sehr kurzweilig zu lesen. Aus ihnen entsteht ein Bild der sonderbaren Spezies des Gartenliebhabers. Der Leser kann sich dieser enthusiastischen Liebeserklärung nicht entziehen und wird unweigerlich von ihr eingenommen.
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Seitenzahl: 138
Inhalt
[Cover]
Titel
Das Jahr des Gärtners
Wie ein Garten angelegt wird
Wie man zum Gärtner wird
Der Januar des Gärtners
Die Samen
Der Februar des Gärtners
Von der Kunst der Gartenarbeit
Der März des Gärtners
Knospen
Der April des Gärtners
Feiertag
Der Mai des Gärtners
Der gesegnete Regen
Der Juni der Gärtners
Von Gemüsezüchtern
Der Juli des Gärtners
Ein botanisches Kapitel
Der August des Gärtners
Kakteenzüchter
Der September des Gärtners
Der Boden
Der Oktober des Gärtners
Von den Schönheiten des Herbstes
Der November des Gärtners
Die Vorbereitung
Der Dezember des Gärtners
Vom Gartenleben
Autorenporträt
Übersetzerporträt
Über das Buch
Impressum
[Leseprobe – Mein Sommer in einem Garten]
Das Jahr des Gärtners
Wie ein Garten angelegt wird
Einen Garten kann man auf unterschiedliche Art und Weise anlegen. Die beste ist wohl, einen Gärtner dafür zu engagieren. Der Gärtner pflanzt dann dort verschiedene Stöckchen, Reisig und kleine Besen an, von denen er behauptet, es seien Ahornbäume, Fliederbäume, Weißdorne, Hochstämme oder Halbstämme und andere Naturarten; danach buddelt er in der Erde, wendet sie linksherum und klopft sie wieder platt; er macht einen Weg aus der Schlacke, steckt da und dort welkes Laubwerk in den Boden, das er für Stauden erklärt. Er streut auf dem künftigen Rasen Samen aus, die er englischer Lolch, Straußgras, Wiesenfuchsschwanz, Wiesenkammgras oder Lieschgras nennt. Dann verabschiedet er sich und hinterlässt einen braunen, kahlen Garten, als wäre es dessen erster Schöpfungstag. Ihnen legt er ans Herz, diesen gesamten Erdboden jeden Tag gewissenhaft zu gießen, und wenn der Rasen anfangen würde zu sprießen, solle Sand für die Wege gebracht werden. Nun gut.
Man könnte denken, dass das Gartengießen eine einfache Angelegenheit sei, zumal wenn man einen Gartenschlauch zur Hand hat. Doch schnell zeigt sich, dass der Schlauch, solange er nicht gebändigt wurde, eine ungewöhnlich hinterlistige und gefährliche Kreatur ist: Sie windet sich, springt, schnellt hoch, hinterlässt eine Wasserlache unter sich, und mit einem großen Vergnügen versinkt sie im Matsch, den sie auf diese Weise geschaffen hat. Plötzlich stürzt sie sich auf den Menschen, der im Begriffe ist zu gießen, und rollt sich um seine Beine herum, man muss auf sie drauftreten, doch sie bäumt sich auf und wickelt sich einem um die Taille und um den Hals. Während der Angegriffene mit ihr wie mit einem Python kämpft, richtet das Ungeheuer sein Messingmäulchen nach oben und speit einen mächtigen Wasserschwall durch die Fenster hinein auf die frisch aufgehängten Gardinen. Man muss es energisch am Kopf packen und möglichst straff ziehen; die Bestie tobt vor Schmerz und fängt an, das Wasser nicht etwa aus dem Mäulchen zu spucken, sondern aus dem Hydranten und aus anderen Körperstellen irgendwo in der Mitte. Fürs Erste braucht man drei Menschen, um sie zu zähmen. Bis hinter die Ohren voller Schlamm und reichlich nass verlassen sie danach den Ort des Kampfes. Was den Garten betrifft, so hat sich dieser stellenweise in glitschige Pfützen verwandelt, und an anderen Stellen platzt er vor Trockenheit auf.
Wiederholen Sie dies jeden Tag, beginnt nach vierzehn Tagen statt Rasen Unkraut zu sprießen. Es ist eins der Naturgeheimnisse, warum aus den erlesensten Rasensamen das üppigste und struppigste Unkraut wächst; möglicherweise sollte man Unkrautsamen pflanzen, damit daraus dann ein schöner Rasen aufschlägt.
Drei Wochen später ist die Wiese von dichtem Distelteppich und anderen kriechenden oder ellbogenlang in den Boden verwurzelten Unkrautarten überwuchert. Versuchst du etwas davon aus dem Erdboden zu ziehen, bricht es direkt oberhalb der Wurzel ab oder nimmt gleich einen ganzen Klumpen Erde mit. Es ist so: Je schlimmer der Unrat ist, um so besser gedeiht er.
Währenddessen wurde aufgrund einer geheimnisvollen Stoffverwandlung die Schlacke auf den Wegen zum klebrigsten und glitschigsten Lehm, den man sich nur vorstellen kann.
Nichtsdestoweniger ist es notwenig, den Rasen von dem Unkraut samt seinen Wurzeln zu befreien; du jätest und jätest, und hinter jedem deiner Schritte verwandelt sich der künftige Rasen in nackte, braune Erde, so wie sie noch am ersten Schöpfungstag ausgesehen haben mag. Nur an zwei oder drei Stellen sprießt so etwas wie ein grünlicher Schimmel, ein Hauch von dünnem, lichtem Flaum hervor; es handelt sich zweifelsohne um Gras. Auf Zehenspitzen schleichst du umher und verscheuchst die Spatzen, und während du noch auf die Erde starrst, schlagen auf den Stachelbeer- und Johannisbeersträuchern auch schon die ersten zarten Blätter aus. Immer kommt einem der Frühling zuvor.
Dein Verhältnis zu den Dingen hat sich nun verändert. Wenn es regnet, so sagst du, es regnet auf den Garten; wenn die Sonne scheint, so scheint sie nicht einfach so, sondern sie scheint auf den Garten; ist es Nacht, freust du dich, dass der Garten in der Dunkelheit ruht.
Eines Tages öffnest du die Augen, und der Garten leuchtet in frischem Grün. Der Tau glänzt auf dem hohen Gras, und aus dem Dickicht der Rosensträucher lugen pralle, purpurrote Knospen hervor; und nachdem die Bäume älter geworden sind, werden sie breite, schwere Kronen haben, in deren feuchten Schatten sich morscher Duft ausbreitet. Und du wirst dich nicht mehr an den zarten, nackten, braunen Garten dieser Tage erinnern können, oder an den zaghaften Flaum des ersten Grases, an das magere Aufspringen der ersten Knospen und an all die erdige, ärmlich-rührende Schönheit des frisch angelegten Gartens.
Nun ja, jetzt muss aber gegossen, gejätet und die Steine aus der Erde geholt werden.
Wie man zum Gärtner wird
Allem Anschein zum Trotz entsteht ein Gärtner nicht etwa aus Samen oder Schösslingen, auch nicht aus Zwiebeln, Knollen oder Ablegern, man wird zum Gärtner durch Erfahrungen, durch die Umwelt und Naturbedingungen. Als ich klein war, hegte ich ein trotziges, ja gar schadenfrohes Verhältnis zum väterlichen Garten, denn mir war untersagt, auf die Beete zu treten oder unreifes Obst zu pflücken. Auch Adam durfte im Garten Eden nicht die Beete betreten und Obst vom Baume der Erkenntnis pflücken, weil es noch unreif war. Doch Adam– genau wie wir Kinder– riss das unreife Obst ab und wurde deshalb aus dem Paradies vertrieben. Seitdem ist und bleibt das Obst am Baume der Erkenntnis für immer unreif.
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