Das kleine Buch der Market Wizards - Jack D. Schwager - E-Book

Das kleine Buch der Market Wizards E-Book

Jack D. Schwager

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Beschreibung

Kultautor Jack Schwager destilliert Interviews aus 25 Jahren mit den größten Tradern aller Zeiten in ein Buch: die besten Anekdoten, die wichtigsten Lektionen – hier ist die geballte Ladung Tradingwissen! Die Market Wizards, die erfolgreichsten Trader aller Zeiten – sie erzielen seit Jahrzehnten herausragende Performances bei völliger Risikokontrolle und sind Vorbilder für Generationen von Tradern. Jack Schwager hat in den letzten 25 Jahren diese Besten der Besten interviewt. Das Ergebnis: die berühmte "Magier der Märkte"-Reihe. In seinem "Kleinen Buch der Market Wizards" bündelt er nun die wichtigsten Lektionen aus diesen Gesprächen in einem Buch voller Tradingwissen und spannender und lustiger Anekdoten aus dem Erfahrungsschatz der besten Trader der Welt. Nie war es so einfach, einen tiefen Blick in die Kunst des Tradings und die Gedankenwelt der Besten ihrer Zunft zu werfen und zu verstehen, wie man seinen eigenen Tradingerfolg deutlich verbessern kann.

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Seitenzahl: 183

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JACK D. SCHWAGER

DAS

KLEINE BUCH

DER

MARKETWIZARDS

LEKTIONEN VON

DEN GRÖSSTEN TRADERN

ALLER ZEITEN

Börsenbuchverlag

Die Originalausgabe erschien unter dem TitelThe Little Book of Market Wizards: Lessons from the Greatest TradersISBN 978-1-118-85869-1

© Copyright der Originalausgabe 2014:Copyright © 2014 by Jack D. Schwager. All rights reserved.Published by John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey.All rights reserved. This translation published under license with the original publisherJohn Wiley & Sons, Inc.

© Copyright der deutschen Ausgabe 2015:Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Egbert NeumüllerCover, Gestaltung und Satz: Jürgen Hetz, denksportler GrafikmanufakturHerstellung: Daniela FreitagLektorat: Claus RosenkranzDruck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

eISBN 978-3-86470-273-0

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks,der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbankenoder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 KulmbachTel: 0 92 21-90 51-0 • Fax: 0 92 21-90 51-4444E-Mail: [email protected]

Für Jo AnnDen wichtigsten Menschen in meinem LebenIn Liebe

INHALT

Vorwort von Peter L. Brandt

Einführung

KAPITEL 1 | Scheitern hat keine Vorhersagekraft

KAPITEL 2 | Was nicht wichtig ist

KAPITEL 3 | Gemäß der eigenen Persönlichkeit handeln

KAPITEL 4 | Man braucht einen Vorteil

KAPITEL 5 | Harte Arbeit ist wichtig

KAPITEL 6 | Gutes Trading sollte mühelos sein

KAPITEL 7 | Die schlimmste aller Zeiten, die beste aller Zeiten

KAPITEL 8 | Risikomanagement

KAPITEL 9 | Disziplin

KAPITEL 10 | Eigenständigkeit

KAPITEL 11 | Selbstvertrauen

KAPITEL 12 | Verlieren gehört zum Spiel

KAPITEL 13 | Geduld

KAPITEL 14 | Keine Loyalität

KAPITEL 15 | Auf die Größe kommt es an

KAPITEL 16 | Das Unbequeme tun

KAPITEL 17 | Emotionen und Trading

KAPITEL 18 | Dynamisches oder statisches Trading

KAPITEL 19 | Die Reaktion des Marktes

KAPITEL 20 | Der Wert von Fehlern

KAPITEL 21 | Idee und Umsetzung – nicht das Gleiche

KAPITEL 22 | Vom Haken

KAPITEL 23 | Die Liebe zur Anstrengung

ANHANG | Optionen – die Grundlagen

VORWORT

Es ist eine langjährige Tradition, dass ich mir jedes Jahr in der freien Zeit über Weihnachten und Neujahr die Bourne-Trilogie anschaue und Jack Schwagers Buchreihe „Magier der Märkte“ lese – die Bourne-Trilogie zur puren Unterhaltung und die Reihe „Magier der Märkte“, um mich emotional und mental auf das kommende Jahr des Kampfes am Markt vorzubereiten.

Kein lebender oder verstorbener Autor hat je ein derart reichhaltiges Archiv an Druckwerken über das Gebiet der Marktspekulation hervorgebracht wie Jack Schwager. Eine ganze Generation von Spekulanten hat der Reihe „Magier der Märkte“ und Jack zumindest einen Teil ihres Erfolgs zu verdanken. Für mich besteht kein Zweifel, dass die Buchreihe „Magier der Märkte“ in 80 Jahren noch genauso zeitgemäß sein wird wie heute Edwin Lefèvres „Jesse Livermore: Das Spiel der Spiele“.

Welcher neue, angehende Marktteilnehmer möchte nicht Zeit mit 59 der erfolgreichsten und vollkommensten Börsenhändler verbringen und ihre Gehirne anzapfen? Genau das bieten Jack Schwagers „Magier der Märkte“ – sie schenken uns alle Erkenntnisse, Prozesse für das Agieren am Markt, Risikomanagement- Prinzipien und entscheidenden Lektionen von Männern und Frauen aus der Hall of Fame der Spekulanten an den Aktienmärkten, Zinsmärkten, Devisenmärkten und Futures-Märkten.

Als jemand, der seit 1981 von seinen Trading-Gewinnen lebt, bin ich kein Fan von Trading-Anleitungen, die Schritt für Schritt die Details des „Geheimrezepts“ eines anderen Traders präsentieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass alle dauerhaft erfolgreichen Trader zwei Dinge gemeinsam haben: eine Methode, in der sich ihre einmalige Persönlichkeit niederschlägt, und ein aggressives Risikomanagement. Bei jeder Lektüre der „Magier der Märkte“-Bücher treten diese beiden Komponenten des erfolgreichen Tradings auf ganz neue Arten hervor und fordern mich dazu heraus, über meine eigene Methode der Marktspekulation nachzudenken – über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

„Das kleine Buch der Market Wizards“ erweckt die Reihe „Magier der Märkte“ zu neuem Leben. In gewissem Sinne ist es eine prägnante Zusammenfassung aller bisher geführten Interviews. Doch in einem anderen Sinne präsentiert das Buch bemerkenswerte neue Dimensionen, die nur Jack Schwager aus seinen ausführlichen Interviews mit den Großen des Tradings herausholen konnte.

„Das kleine Buch der Market Wizards“ ist die thematisch gegliederte Interpretation von Jacks auf vier Bücher verteilten fünf Dutzend Interviews. Hier dampft er den gesamten Inhalt der „Magier der Märkte“ auf Kategorien ein, die für den Trading-Erfolg unentbehrlich sind.

Neben dem bereits erwähnten aggressiven Risikomanagement und der Notwendigkeit eines einmaligen, persönlich gestalteten Trading-Ansatzes identifiziert „Das kleine Buch der Market Wizards“ weitere gemeinsame Nenner erfolgreicher Trader und führt zu jedem überaus nützliche Beispiele aus dem richtigen Leben an. Diese Themen reichen von Geduld bis hin zu der Notwendigkeit eines Vorteils, von harter Arbeit bis Disziplin, vom Verlieren als Teil des Spiels bis zum Umgang mit Emotionen und von der Bewältigung von Verluststrähnen bis zum Begehen von Fehlern. Die meisten angehenden Trader meinen irrigerweise, das Geheimnis profitablen Tradings bestehe darin, dass man Trading- Signale erkennt. Clevere Marketingleute, die meistens keine erfolgreichen Trader sind, schüren diese falsche Überzeugung und bieten Handelssysteme mit Gewinnquoten von 70 bis 80 Prozent an.

Alle Marktteilnehmer – ob Frischling oder Veteran, ob sie um den Erfolg ringen oder eine lange profitable Vergangenheit haben, ob sie diskretionär oder nach System handeln, seien es private Spekulanten oder Hedgefonds-Manager – werden „Das kleine Buch der Market Wizards“ bald in die Liste ihrer Lieblingsbücher über Trading und die Märkte aufnehmen.

In „Das kleine Buch der Market Wizards“ habe ich ein neues Buch gefunden, das ich am Ende jedes Jahres lesen werde. Tatsächlich wird es das erste Buch sein, das ich lese, noch einmal lese und wieder lese. Danke Jack, für ein weiteres großartiges Geschenk an die Marktteilnehmer.

– Peter L. Brandt, Trader

EINFÜHRUNG

Ich habe im Laufe der letzten 25 Jahre einige der besten Trader der Welt interviewt, weil ich herausfinden wollte, was sie so erfolgreich macht – die Chronik dieser Suche findet sich in den vier Büchern der Reihe „Magier der Märkte“. Ich wollte die Frage beantworten, was diese Trader von gewöhnlichen Marktteilnehmern unterscheidet. Welche Züge sind ihnen gemeinsam, die ihren außerordentlichen Erfolg erklären könnten?

„Das kleine Buch der Market Wizards“ ist ein Destillat der Beantwortung dieser Fragen. Im Wesentlichen bietet dieses Buch einen Überblick über einige der hauptsächlichen Erkenntnisse, die ich im Zuge der vier „Magier der Märkte“ gewonnen habe, die ein Vierteljahrhundert überspannen. „Das kleine Buch der Market Wizards“ ist allerdings nicht als Ersatz für die Bücher der Reihe „Magier der Märkte“ gedacht, sondern eher als prägnante Einführung. Ich habe aus den Interviews, die ich für die Reihe „Magier der Märkte“ führte, diejenigen Lektionen herausgefiltert, die ich für die wichtigsten hielt. Der einzelne Leser dürfte jedoch seine eigenen Schwerpunkte herausfiltern. Das wurde mir im Laufe der Jahre klar, als verschiedene Leser immer wieder andere Interviews als ihre persönlichen Favoriten angaben. Wer tiefer einsteigen möchte, kann natürlich in den Original-Interviews in den vier „Magier der Märkte“-Büchern weiterlesen.

An Trading und Investing interessierte Leser, die die Reihe „Magier der Märkte“ nicht gelesen haben, dürften feststellen, dass das vorliegende Buch wertvolle Trading-Ratschläge in konzentrierter, prägnanter und verständlicher Form liefert. Frühere Leser der „Magier der Märkte“ hingegen dürften es als praktischen, prägnanten Überblick über die entscheidenden Trading-Lektionen nützlich finden, die in den Original-Interviews enthalten sind.

Dieses Buch ist weder als Trading-Anleitung gedacht noch ist es ein Buch über Techniken, wie man Trades durchführt. Es enthält keine Vorschläge oder Empfehlungen, wie man an den Märkten ein Vermögen macht. Allzu viele angehende Trader suchen nach Anleitungsbüchern, die eine Aufgabe erfüllen sollen, die sich für eine solche formelhafte Behandlung gar nicht eignet – dabei übersehen sie völlig, dass manche für den Trading-Erfolg unentbehrlichen Konzepte von der Methode unabhängig sind. Leser, die nach einem Geheimrezept für leichtes Geld an den Märkten suchen, werden hier keine Antwort finden und wahrscheinlich enttäuscht werden – allerdings möchte ich behaupten, dass sie wahrscheinlich auch von den Ergebnissen enttäuscht wären, die sie erzielen würden, wenn sie sich an die Rezepte von Büchern halten würden, die Derartiges versprechen. Leser, die hingegen ein solides Fundament für potenziellen Erfolg an den Märkten aufbauen wollen, dürften die Gedanken in „Das kleine Buch der Market Wizards“ wertvoll oder gar unentbehrlich finden.

Auch wenn das vorliegende Buch vordergründig vom Erfolg beim Trading handelt, geht es doch im weiteren Sinne um Erfolg im Allgemeinen. Der Leser wird feststellen, dass die meisten dargestellten Charakterzüge genauso beim Erfolg bei beliebigen Unternehmungen eine Rolle spielen. Vor vielen Jahren kam nach einem Vortrag über Erfolg beim Trading ein Zuhörer auf mich zu, stellte sich vor und sagte: „Ich bin Pastor und es hat mich fasziniert, wie viele von den Punkten, die Sie dargelegt haben, ebenso entscheidend für meinen Erfolg beim Aufbau einer Kirchengemeinde waren.“ Nun lässt sich kaum etwas finden, was weiter vom Trading entfernt wäre als ein geistliches Amt – und doch scheinen hier die gleichen Schlüsselelemente zu gelten. Ich vermute, dass es einige allgemeine Erfolgsprinzipien gibt und dass ich einfach aus der Perspektive großer Trader darauf gestoßen bin.

KAPITEL 1

SCHEITERN HAT KEINE VORHERSAGEKRAFT

Die Geschichte v0n Bob Gibson

Am 15. April 1959 spielte Bob Gibson sein erstes Baseballspiel in der Major League. Er kam als Auswechselspieler für den Pitcher der Cardinals, als sie 3:0 gegen die Dodgers zurücklagen. Beim ersten Batter, dem er gegenüberstand, ließ er einen Homerun zu – eine Schmach, die in der Baseballgeschichte bisher erst 65 Pitcher erlitten haben.1 Im nächsten Inning ließ Gibson einen weiteren Homerun zu. Am nächsten Abend bekam er die Chance, sich zu rehabilitieren, denn er wurde wieder eingewechselt, aber wieder versetzten ihm die Dodgers einen schweren Schlag. Zwei Abende danach wurde Gibson gegen die Giants eingewechselt, bei zwei Outs und zwei Runnern im achten Inning, und prompt ließ er einen Double zu. Nach diesem Spiel saß Gibson eine Woche lang auf der Ersatzbank und wurde dann in die zweite Mannschaft zurückgeschickt. Einen entmutigerenden Anfang kann man sich kaum vorstellen.

Doch trotz seines miserablen Einstands wurde Gibson später einer der besten Pitcher der Baseballgeschichte. Er gilt als einer der 20 besten Pitcher aller Zeiten. Er spielte 17 Saisons in der Major League, gewann 251 Spiele mit 3.117 Strikeouts und einem ERA (Earned Run Average) von 2,91. Im Jahr 1968 schaffte er einen unglaublich niedrigen ERA von 1,12 – den niedrigsten seit 1914. Er gewann zweimal den Cy Young Award, wurde zweimal zum MVP (Most Valuable Player) der World Series gekürt, spielte in neun All-Star-Teams und wurde im ersten Jahr, in dem er dafür zugelassen war, in die Baseball Hall of Fame gewählt.

Wenn man beim ersten Mal scheitert

Es gehörte zu meinen Überraschungen beim Schreiben der „Magier der Märkte“-Bücher, wie viele dieser spektakulär erfolgreichen Trader am Anfang gescheitert sind. Geschichten vom Ruin oder gar vom mehrmaligen Ruin waren keine Seltenheit. Ein klassisches Beispiel dafür ist Michael Marcus.

Michael Marcus ließ sich im vorletzten Jahr seines Collegestudiums vom Futures-Handel verführen. Er lernte auf dem College John kennen – den Freund eines Freundes, der mit der Aussicht lockte, sein Geld im Rohstoffhandel innerhalb von zwei Wochen zu verdoppeln. Marcus fiel auf das Angebot herein, engagierte John für 30 Dollar die Woche als Anlageberater und eröffnete mit dem Geld, das er mühsam zusammengespart hatte, ein Futures-Depot.

Als Marcus auf dem Besucherbalkon der Brokerfirma stand und die klickenden Preise an der Rohstoff-Tafel sah (wir schrieben noch die 1960er-Jahre), wurde ihm schnell klar, dass sein „Berater“ keine Ahnung vom Traden hatte. Marcus machte mit jedem Trade Verlust. Dann kam John auf die Idee, den Tag zu retten, indem er den Verlust auf einen Schlag wieder hereinholen würde. Er kaufte im August fällige Schweinebäuche und verkaufte im Februar fällige Schweinebäuche, weil der Preis-Spread zwischen den beiden Kontrakten größer war als die Finanzierungskosten (die gesamten Kosten für die Annahme des nächstfälligen Kontrakts, die Lagerung des Rohstoffs und erneute Andienung in Form eines Forward-Kontrakts). Das sah nach einem Trade aus, der einfach keinen Verlust bringen konnte. Nachdem sie den Trade platziert hatten, gingen Marcus und John essen. Als sie zurückkamen, war Marcus schockiert, dass sein Depot fast vollständig ruiniert war. (Später stellte Marcus fest, dass im August fällige Schweinebäuche gar nicht gegen den Februar-Kontrakt lieferbar waren.) Da warf Marcus John vor, dieser wisse seiner Meinung nach genauso viel wie er selbst – nämlich gar nichts –, und feuerte seinen Berater.

Marcus schaffte es, weitere 500 Dollar zusammenzukratzen, die er ebenfalls verlor. Da er nicht bereit war, aufzugeben und sich sein Scheitern einzugestehen, beschloss er, sich die 3.000 Dollar aus der Lebensversicherung auszahlen zu lassen, die ihm sein Vater hinterlassen hatte. Er war gestorben, als Marcus 15 war. Durch Lesen informierte er sich über den Getreidehandel und erzielte mit einigen Trades Gewinn. Im Jahr 1970 kaufte er auf die Empfehlung eines Newsletters hin, den er abonniert hatte, Mais. Durch schieres Glück wurde 1970 die Maisernte durch Mehltau beeinträchtigt. Am Ende des Sommers hatte Marcus die 3.000 Dollar in 30.000 verwandelt.

Im Herbst nahm Marcus sein Universitätsstudium auf, war aber so sehr mit Traden beschäftigt, dass er es gleich wieder abbrach. Er zog nach New York und wenn er gefragt wurde, wovon er lebe, sagte er recht prahlerisch, er sei „Spekulant“.

Im Herbst 1971 kursierte die Theorie, der Mehltau habe den Winter überstanden und werde die Maisernte erneut schädigen. Marcus glaubte diese Geschichte und wollte daraus Kapital schlagen. Er lieh sich von seiner Mutter 20.000 Dollar und legte sie auf seine 30.000 drauf. Dann kaufte er von den gesamten 50.000 Dollar so viele Mais- und Weizenkontrakte, wie er auf Margin bekommen konnte. Eine Weile hielt sich der Markt aufgrund der Mehltau-Befürchtungen stabil, aber er stieg nicht. Dann erschien eines Morgens im Finanzteil folgende Schlagzeile: „Mehr Mehltau im Chicago Board of Trade als auf den Maisfeldern im Mittelwesten“. Der Maismarkt eröffnete deutlich tiefer, fiel recht schnell und schloss limit down.2 Marcus war wie gelähmt. Er hoffte, der Markt würde wieder zurückkommen, und sah zu, wie er unter dem Limit blieb. Da er seine Position auf Margin gekauft hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als am nächsten Morgen alle Positionen zu liquidieren. Bis er den Ausstieg geschafft hatte, hatte er die gesamten 30.000 Dollar und dazu noch 12.000 von den 20.000 Dollar verloren, die ihm seine Mutter geliehen hatte.

Ich blickte auf und fragte: „Bin ich denn wirklich so dumm?“ Und mir kam es vor, als hörte ich eine deutlich vernehmbare Antwort: „Nein, du bist nicht dumm. Du musst bloß dranbleiben.“ Und das tat ich dann auch.

– Michael Marcus

Ich fragte Marcus, ob er angesichts all dieser Fehlschläge jemals daran gedacht habe, einfach aufzugeben. Er antwortete: „Manchmal dachte ich, ich sollte einfach mit dem Trading aufhören, weil es so schmerzhaft war, immer wieder zu verlieren. In ‚Anatevka‘ gibt es eine Szene, wo die Hauptfigur aufblickt und mit Gott spricht. Ich schaute auf und fragte: ‚Bin ich denn wirklich so dumm?‘ Und mir kam es vor, als hörte ich eine deutlich vernehmbare Antwort: ‚Nein, du bist nicht dumm. Du musst bloß dranbleiben.‘ Und das tat ich dann auch.“

Das tat er wirklich. Irgendwann machte es klick und alles lief glatt. Er besaß eine angeborene Begabung als Trader. Sobald er diese Fähigkeit mit Erfahrung und Risikomanagement kombinierte, war er erstaunlich erfolgreich. Er nahm eine Stelle als Trader bei der Commodities Corporation an. Zunächst finanzierte die Firma sein Konto mit 30.000 Dollar und stockte es ein paar Jahre später auf 100.000 Dollar auf. Innerhalb von rund zehn Jahren machte Marcus aus diesen bescheidenen Zuteilungen 80 Millionen Dollar! Und das, obwohl die Firma in manchen Jahren bis zu 30 Prozent von seinem Gewinn abzog, um ihre wachsenden Kosten zu bestreiten.

„One-Lot“ setzt sich durch

Zwar fingen viele Magier der Märkte mit einem gewissen Maß an Fehlschlägen an, aber wohl niemand erreichte den gleichen Grad der Niedergeschlagenheit wegen Verlusten wie Tony Saliba. Am Anfang seiner Laufbahn war er Büroangestellter auf dem Parkett und ein Trader gab ihm 50.000 Dollar Startkapital. Saliba ging long auf Volatilitäts-Spreads (Optionspositionen, die Gewinn bringen, wenn die Volatilität des Marktes zunimmt). In den ersten zwei Wochen wuchs sein Konto auf 75.000 Dollar an. Saliba hielt sich für ein Genie. Ihm war allerdings nicht klar, dass er für die Optionen sehr hohe Prämien bezahlte, weil er sie kurz nach einer sehr volatilen Phase kaufte. Dann lief der Markt seitwärts – sowohl die Volatilität als auch die Optionsprämien brachen ein. Innerhalb von sechs Wochen hatte Saliba das Depot auf 15.000 Dollar heruntergewirtschaftet.

Als er diese Episode erzählte, sagte er: „Ich hatte Selbstmordgedanken. Erinnern Sie sich an den Absturz der DC-10 auf dem O’Hare-Flughafen im Mai 1979, bei dem viele Menschen starben? Da kam ich am Tiefpunkt an.“

„War das eine Metapher für Ihre Stimmung?“, fragte ich.

„Ja“, sagte Saliba. „An jenem Tag hätte ich gern mit einem der Passagiere getauscht. Mir ging es schlecht. Ich dachte: ‚Das war’s, ich habe mein Leben ruiniert.‘ Ich kam mir vor wie ein Versager.“

Aber trotz dieses schlechten Starts besaß Saliba etwas, das für ihn sprach: Beharrlichkeit. Nach dem katastrophalen Anfang war er nahe dran, die Welt des Tradings zu verlassen, aber irgendwann beschloss er, es trotzdem weiterhin zu versuchen. Er holte sich Rat bei erfahreneren Brokern. Sie brachten Saliba bei, wie wichtig Disziplin ist, dass man seine Hausaufgaben macht und dass man sich eine ständige, mäßige Rentabilität zum Ziel setzt, anstatt zu versuchen, schnell reich zu werden. Saliba nahm sich diese Lektionen zu Herzen und stieg von Optionen auf die Teledyne-Aktie, die sehr volatil war, auf Boeing-Optionen um, die sehr eng gehandelt wurden. Als er wieder zum Handel mit Teledyne zurückkehrte, brachte ihm seine konservative Standard-Ordergröße den Spott anderer Broker und den Spitznamen „One-Lot“ ein. Saliba ignorierte den Spott beharrlich und ließ sich nicht dazu verleiten, von seinem vorsichtigen Ansatz abzuweichen. Am Ende zahlten sich die Beharrlichkeit und die Beachtung der Risikokontrolle aus. Einmal schaffte Saliba eine Serie von 70 Monaten in Folge mit jeweils über 100.000 Dollar Gewinn.

Zwei entscheidende Lehren

Wir können aus diesem Kapitel zwei entscheidende Lehren ziehen.

Erstens besitzt Scheitern keinen Vorhersagewert. Selbst viele großartige Trader sind am Anfang ihrer Karriere gescheitert – sogar wiederholt. Dass man am Anfang scheitert, ist normal, sogar bei denjenigen, die irgendwann zu Magiern der Märkte werden. Die Tatsache, dass die meisten Menschen, die es mit Trading probieren, am Anfang scheitern, legt außerdem nahe, dass alle Trading-Neulinge mit kleinen Geldbeträgen anfangen sollten, weil sie dann weniger Lehrgeld bezahlen.

Zweitens trägt Beharrlichkeit zum Erfolg bei. Die meisten Menschen hätten, wenn sie mit Fehlschlägen konfrontiert gewesen wären wie den in diesem Kapitel beschriebenen, aufgegeben und es mit etwas anderem versucht. Auch die Trader in diesem Kapitel hätten es einfach bleiben lassen können. Viele Magier der Märkte hätten ohne ihre unermüdliche Beharrlichkeit ihr tatsächliches Potenzial nie entdeckt.

1} www.baseball-almanac.com/feats/feats23.shtml.

2 } An vielen Futures-Märkten ist die größte tägliche Preisänderung auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Limit down bezeichnet einen Rückgang um diesen Betrag, limit up einen entsprechenden Anstieg. Wenn, wie im erwähnten Fall, der Gleichgewichtspreis, der sich aus der Wechselwirkung freier Marktkräfte ergeben würde, unter dem Limit-down-Preis liegt, ist der Handel limit down blockiert – das heißt, der Handel wird mehr oder weniger eingestellt. Der Grund: Es gibt in diesem Fall reichlich Verkäufer, aber so gut wie niemanden, der zum Limit-down-Preis kaufen will.

KAPITEL 2

WAS NICHT WICHTIG IST

Bevor wir uns damit befassen, was für den Trading-Erfolg wichtig ist, fangen wir mit dem an, was nicht wichtig ist, denn vieles, was viele Trading-Anfänger für wesentlich für den Trading- Erfolg halten, lenkt in Wirklichkeit nur ab. Viele, die Trader werden möchten, glauben, es komme nur darauf an, dass sie eine geheime Formel oder ein System finden, das Preisbewegungen erklärt und vorhersagt. Und wenn sie diese Lösung für das Verhalten von Marktpreisen aufdecken könnten, sei der Erfolg gesichert. Der Gedanke, dass der Trading-Erfolg an das Auffinden einer spezifischen Ideallösung gebunden sei, ist irregeleitet. Es gibt nicht die eine bestimmte korrekte Methode.

Ich möchte diesen Punkt veranschaulichen, indem ich die Trading-Philosophien und Trading-Methoden zweier Trader miteinander vergleiche, die ich interviewt habe: Jim Rogers und Marty Schwartz.

Jim Rogers

Jim Rogers ist ein phänomenal erfolgreicher Trader, auch wenn er selbst darauf besteht, sich als Anleger und nicht als Trader zu bezeichnen, weil seine Marktpositionen so langfristig sind. Im Jahr 1973 tat er sich mit George Soros zusammen und gründete den Quantum Fund, einen der erfolgreichsten Hedgefonds aller Zeiten. Rogers verließ Quantum 1980, weil der Erfolg der Firma zur Expansion geführt hatte, was unerwünschte Management-Verantwortung mit sich brachte. Rogers wollte sich auf Research und Geldanlage konzentrieren, deshalb „setzte er sich zur Ruhe“, um sein eigenes Geld zu verwalten.

Rogers ist besonders geschickt darin, das große Ganze zu sehen und große, langfristige Trends zu antizipieren. Als ich ihn 1988 interviewte, war der Goldpreis seit acht Jahren gefallen, aber Rogers schien sich sicher zu sein, dass die Baisse noch ein weiteres Jahrzehnt anhalten würde.

„Generäle kämpfen immer die letzte Schlacht“, sagte er. „Portfoliomanager investieren immer in die letzte Hausse. Der Gedanke, Gold sei schon immer ein großartiger Wertspeicher gewesen, ist absurd. Es gab in der Geschichte schon Zeiten, in denen Gold Kaufkraft verlor – manchmal über Jahrzehnte.“

Rogers hatte absolut recht, denn der Goldpreis rutschte weitere elf Jahre lang ab. Ein anderer Markt, zu dem er eine besonders eindeutige Meinung hatte, war der japanische Aktienmarkt. Die japanischen Aktien steckten damals in einer explosiven Hausse. Rogers war allerdings überzeugt, dass eine gewaltige Bewegung in die Gegenrichtung stattfinden würde.

„Ich garantiere Ihnen, dass der japanische Aktienmarkt einen großen Kollaps erleiden wird – möglicherweise schon in den nächsten ein oder zwei Jahren. […] [Die japanischen Aktien] werden um 80 bis 90 Prozent fallen.“

Diese Prognose schien grotesk zu sein, aber sie war absolut korrekt. Ein gutes Jahr nach unserem Gespräch überschritt der japanische Aktienmarkt seinen Gipfel und begann einen Kursrutsch, in dessen Zuge der Nikkei im Laufe von 14 Jahren circa 80 Prozent seines Wertes abgab.

Jim Rogers ist also eindeutig ein Mann, auf dessen Meinung man achten sollte. Rogers ist Fundamentalanalyst. Ich fragte ihn, was er von der Chartinterpretation halte. Seine Antwort ließ kaum einen Zweifel an seiner Verachtung für die Technische Analyse.