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Jack D. Schwager ist einer der ganz Großen in der internationalen Finanzszene, seine "Magier der Märkte"-Buchreihe gehört weltweit seit Jahren zu den Standardwerken. In Interviews mit den Top-Tradern unserer Zeit zeigt Schwager auf, was diese Menschen so unglaublich erfolgreich macht. Sie alle verwenden zwar unterschiedliche Methoden, aber sie haben nicht nur scheinbar einen Vorteil gegenüber den Mitstreitern. Wie machen sie das? Was ist es, das sie von anderen unterscheidet? Was kann der durchschnittliche Investor daraus lernen? In diesem einmaligen Werk legen sie ihre finanziellen Strategien offen, die sie zu ihrem Erfolg katapultiert haben, aber auch Niederlagen und Verluste werden eingestanden. Ein Muss für jeden Börsianer! Das Wichtigste in Kürze: Ein Klassiker der Investmentliteratur Pflichtlektüre für jeden Anleger Umsetzbare Tipps von Insidern Blicken Sie den Profis über die Schulter
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Seitenzahl: 709
Jack D. Schwager
Jack D. Schwager
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
6. Auflage 2019
© 2004 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
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Titel der amerikanischen Originalausgabe Market Wizards: Interviews with Top
Traders erschienen bei NYIF Corp., New York
© 1989 by Jack D. Schwager, All rights reserved
Published by Arrangement with Jack D. Schwager
Gesamtbearbeitung: Stephanie Villiger
Lektorat: Dr. Renate Oettinger
Satz: Helmut Schaffer, Hofheim-Wallau a.T.
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-89879-848-8
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-449-2
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-450-8
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
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FÜR MEINE FRAU JO ANN UND MEINE KINDER DANIEL, ZACHARY UND SAMANTHA. FÜR DIE LIEBE, DIE SIE GEBEN, UND, NOCH WICHTIGER, FÜR DIE LIEBE, DIE SIE ERHALTEN.
BEVOR MAN LERNT ZU FLIEGEN, MUSS MAN LERNEN ZU FALLEN.
(PAUL SIMON)
DIE HÖHEN EINES MENSCHEN SIND DIE TIEFEN EINES ANDEREN.
(PAUL SIMON)
WENN ICH EIN LANDSTREICHER WERDEN WOLLTE, WÜRDE ICH DEN ERFOLGREICHSTEN LANDSTREICHER, DEN ICH FINDEN KÖNNTE, UM AUSKUNFT UND RAT FRAGEN.
WENN ICH EIN VERSAGER WERDEN WOLLTE, WÜRDE ICH EINE PERSON UM RAT FRAGEN, DIE NIE ERFOLGREICH WAR.
WENN ICH IN ALLEN DINGEN ERFOLGREICH SEIN WOLLTE, WÜRDE ICH DIE SUCHEN, DIE ERFOLGREICH SIND, UND ES IHNEN NACHMACHEN.
(JOSEPH MARSHALL WADE)
(ZITAT AUS: „TREASURY OF WALL STREET WISDOM“, HERAUSGEGEBEN VON HARRY D. SCHULTZ
UND SAMSON COSLOW)
Vorwort Lothar Albert
Vorwort Jack D. Schwager
Anerkennungen
Prolog
Meine eigene Geschichte
Teil I – Futures und Währungen
Was Futures wirklich sind
Die Bedeutung des Interbanken-Währungsmarktes
Michael Marcus – Der Mehltau schlägt nie zweimal zu
Bruce Kovner – Der Welt-Trader
Richard Dennis – Eine Legende zieht sich zurück
Paul Tudor Jones – Die Kunst des aggressiven Tradings
Gary Bielfeldt – Kaum zu glauben – in Peoria handelt jemand T-Bonds
Ed Seykota – Jeder bekommt, was er will
Larry Hite – Respekt vor dem Risiko
Teil II – Vorwiegend Aktien
Michael Steinhardt – Das Konzept der variablen Auffassung
William O’Neil – Die Kunst der Aktienauswahl
David Ryan – Aktieninvestment als Schatzsuche
Marty Schwartz – Der Meister-Trader
Teil III – Von allem etwas
James B. Rogers jr. – Wie man Werte kauft und Hysterie verkauft
Mark Weinstein – Der hochprozentige Trader
Teil IV – Der Blick vom Börsenparkett
Brian Gelber – Vom Broker zum Trader
Tom Baldwin – Der furchtlose Börsenparketthändler
Tony Saliba – Triumphe mit „Kleckerkram“
Teil V – Die Psychologie des Tradings
Dr. Van K. Tharp – Die Psychologie des Tradings
Trading Eine persönliche Erfahrung
Nachwort Träume und Trading
Schlusswort
Anhang l – Programmhandel und Portfolioversicherung
Anhang 2 – Optionen – Erklärung der Grundbegriffe
Begriffe
ich habe die Ehre, ein Geleitwort für ein großartiges Buch zu schreiben. Viele halten „Magier der Märkte“ für das beste Buch, das jemals über die Börse geschrieben wurde. Ich kann dem nicht widersprechen.
Im Laufe meiner Karriere – zunächst als von der Börse faszinierter Student, später als Redakteur und schließlich als Chefredakteur und Herausgeber diverser Börsenmagazine – war „Magier der Märkte“ eine Lektüre, die ich immer wieder gerne las. Mehr noch, Schwagers Fragen bildeten oftmals ein Gerüst für viele Interviews, die ich selbst im Laufe der Jahre führte.
Es gibt einige Bücher mit Interviews von Top-Tradern. Aber keines hat einen solchen Kultstatus erreicht wie dieses. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist es die Auswahl der Trader. Jedes Interviewbuch, das nach „Magier der Märkte“ geschrieben wurde, orientierte sich natürlich an Schwagers Bestseller. Die zweite Komponente des Erfolgs ist Schwagers Fähigkeit, diese Top Dogs zu motivieren, in den Interviews ihr Bestes zu geben. Als erfahrener Interviewer kann ich Ihnen bestätigen: Es gibt nichts Schwierigeres, als erfolgreiche Menschen zu interviewen. Entweder sind sie wortkarg und wollen ihre Geheimnisse nicht preisgeben. Oder sie sind selbstherrlich und wollen nichts anderes, als der ganzen Welt zeigen, wie toll sie sind.
Schwager aber hat es geschafft, diese Leute gesprächig zu machen und ihnen die Geheimnisse zu entlocken, die die Tradingwelt interessieren. Dabei zeigt aber auch schon die Art der Fragestellung, dass sich der Interviewer durch ein hohes Maß an Fachkenntnis auszeichnet.
Neben den Interviews sind es auch die Nachbetrachtungen Schwagers, die „Magier der Märkte“ so besonders machen. Er bringt die Aussagen auf den Punkt und beantwortet genau die Fragen, die dem Leser nach der Lektüre des Zwiegesprächs in den Sinn kommen.
Im Lauf der Jahre hatte ich die Möglichkeit, einige der illustren Herren kennenzulernen, die Jack Schwager interviewt hat. Einen davon möchte ich herausgreifen, und zwar Tony Saliba.
Tony Saliba hat sich auf den Optionshandel spezialisiert und mit seiner Firma zu Beginn der neunziger Jahre auch viel in Deutschland gearbeitet. Damals öffnete gerade die deutsche Terminbörse ihre Pforten, und bevor die heutige Eurex mit ihrer Erfolgsgeschichte startete, mussten zuerst einmal die Optionshändler mit Know-how ausgerüstet werden. Im Gegensatz zu den USA gab es in Deutschland keine große Tradition im Handel von Optionen, kein Wunder also, dass man die Spezialisten aus den USA kommen ließ. Und Tony Salibas Firma genoss einen grandiosen Ruf.
Ich traf Tony 1998 in seinem Büro in Chicago. Er residierte in einem der schönsten Gebäude in Chicago, gleich rechts vom Sears Tower. In den vorderen Zimmern des Büros sah es praktisch aus wie in einem Unterrichtssaal. An den Frontwänden jeweils ein Pult und eine Tafel, jeder Arbeitsplatz war mit einem Computer ausgerüstet. Tony allerdings war in einem anderen Zimmer, an dessen Tür dick die Lettern „NO ENTRY“ prangten.
In diesem Zimmer saß er, der Held aller Optionshändler. Tony war umgeben von einigen Tradern, die allesamt kaum älter als 20 Jahre waren.
Er war immer in Eile. Nicht hektisch, aber bestimmt erklärte der Mentor den Zöglingen, was sie tun sollten, was sie anders machen könnten. Gleichzeitig hielt er mir Vorträge über die selbst geschriebene Handelssoftware und den Vorteil hochvolatiler Aktien.
Der Nachmittag zog sich hin, das Interview selbst war am Ende dann in wenigen Minuten abgehakt.
Tony ist mir als sehr zielstrebiger Mensch entgegengetreten. Es hat ihn allerdings nicht im Mindesten gestört, dass wir eine Verabredung hatten. Auch ob ich später vielleicht noch andere Termine haben könnte, hat ihn nicht interessiert. Mein Eindruck war, dass er den Handelsraum gar nicht verlassen wollte, solange man noch Optionen handeln konnte. Trotz dieser Leidenschaft war er sehr bemüht, nicht nur mir meine Fragen zu beantworten, sondern auch seinen Schülern immer über die Schulter zu schauen, ihnen zu helfen und Rat zu geben.
Wie muss man sich solche Menschen vorstellen? Sicherlich nicht wie Otto Normalverbraucher. Wenn ich eine Eigenschaft benennen müsste, die diesen Top-Tradern gemeinsam ist, dann würde ich ihre totale Hingabe nennen. Und das betrifft beileibe nicht nur das Trading. Bei Tony konnte man genau die gleiche Leidenschaft wie für das Trading auch für die Ausbildung der jungen Talente erkennen.
Damit ist eines klar: Um ein erfolgreicher Trader zu sein, muss man arbeiten wie jeder andere, der auf einem bestimmten Gebiet Höchstleistung erbringen möchte, seien dies Künstler, Sportler oder Manager. Ohne absolute Leistungsbereitschaft, Hingabe und auch Freude am Tun wird man niemals Höchstleistungen erreichen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen,
Ihr Lothar Albert
Herausgeber Traders‘
Dieses Buch dreht sich um ein paar höchst erstaunliche Geschichten:
einen Trader, der am Anfang seiner Karriere mehrere Male pleiteging und dann ein Anfangskapital von 30 000 Dollar auf 80 Millionen Dollar erhöhte.
einen Fondsmanager, der das Unmögliche erreicht hat: fünf Jahre hintereinander Gewinne mit einem dreistelligen Prozentsatz.
einen Trader aus einer Kleinstadt in den USA, der mit nichts angefangen hat und heute einer der größten Bond-Trader der Welt ist.
einen ehemaligen Wertpapieranalysten, der im Laufe der letzten sieben Jahre – hauptsächlich mit Futures auf Aktienindizes – einen monatlichen Durchschnittsgewinn von 25 Prozent (umgerechnet 1400 Prozent pro Jahr) erzielt hat.
Ein Elektroingenieur, dessen umfassende, computergestützte Trading-Methoden für seine Konten einen erstaunlichen Gewinn von 250 000 Prozent in einer Zeitspanne von 16 Jahren erbracht haben.
Dies sind nur ein paar Beispiele der Interviews in diesem Buch. Jeder dieser Trader hat auf seine Weise einen unglaublichen Erfolg gehabt.
Was unterscheidet diese Trader von anderen? Die meisten Leute denken, dass das Gewinnen in den Märkten etwas mit dem Herausfinden einer geheimen Formel zu tun hat. Das Geheimnis ist jedoch, dass der gemeinsame Nenner der von mir interviewten Trader mehr mit der Einstellung als mit der Methode zu tun hatte. Einige dieser Trader benutzen ausschließlich die Fundamentale Analyse, andere nur die Technische Analyse, und andere wiederum kombinieren die beiden. Einige Trader arbeiten in Zeitspannen von Stunden oder sogar Minuten, während andere in der Regel Positionen eingehen, die sie für Monate oder sogar Jahre zu halten beabsichtigen. Obwohl die Trading-Methoden sehr unterschiedlich waren, enthüllen die folgenden Interviews auffallende Ähnlichkeiten in den Trading-Ansichten und -Prinzipien.
Trading stellt eine der letzten großen Verdienstmöglichkeiten in unserer Wirtschaft dar. Für eine Person mit einem relativ kleinen Geldbeutel ist es einer der letzten und sehr raren Wege, Multimillionär zu werden. Natürlich gelingt es nur einer Handvoll Leuten, dieses Kunststück fertigzubringen (wie denen, die hier interviewt worden sind), doch immerhin existiert eine solche Möglichkeit.
Wiewohl ich kaum erwarte, dass alle Leser dieses Buches sich in Super-Trader verwandeln werden – so etwas passiert nur im Film –, glaube ich doch, dass diese Interviews die meisten aufgeschlossenen und ernsthaften Leser zum Nachdenken anregen und ihre persönlichen Trading-Aktivitäten verbessern werden. Vielleicht hilft es einigen Auserwählten sogar, sich in Super-Trader zu verwandeln.
Jack D. Schwager
Golden Bridge, New York
Als Erstes und Wichtigstes möchte ich Stephen Chronowitz danken, der jedes Kapitel dieses Buches eifrig studiert und mich mit einer Unmenge von hilfreichen Vorschlägen und Änderungen unterstützt hat. Ich bin Steve sowohl für die Menge (in Stunden) als auch die Qualität seines Inputs zu großem Dank verpflichtet. Ich bin davon überzeugt, dass er mit seiner Arbeit maßgeblich zum Wert dieses Buches beigetragen hat.
Ich bin meiner Frau Jo Ann sehr dankbar, dass sie neun Monate als „Buchwitwe“ ausgehalten hat und obendrein noch meine wertvollste Kritikerin war – eine Rolle, die sie mit brutaler Offenheit spielte. Zum Beispiel: „Dies ist das Schlimmste, was du jemals geschrieben hast!“ (Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass es nicht in diesem Buch zu finden ist.) Jo Ann hat einen sehr gesunden Menschenverstand, und im Allgemeinen habe ich ihre Ratschläge anstandslos befolgt.
Natürlich möchte ich mich bei all den Tradern bedanken, die in diese Interviews eingewilligt haben, denn ohne sie wäre dieses Buch nicht entstanden. Im Großen und Ganzen haben es diese Trader nicht nötig und vermeiden es oft sogar, für sich Reklame zu machen, da sie entweder nur für ihre eigenen Konten traden oder schon mehr als genug Kapital verwalten. In den meisten Fällen war ihre Motivation für diese Interviews uneigennützig. Ein Trader drückte es beispielsweise so aus: „Am Anfang waren mir Biografien und Interviews von erfolgreichen Tradern eine große Hilfe, und ich möchte eine ähnliche Rolle spielen, um Anfängern im Trading zu helfen.“
Ich möchte außerdem Elaine Crocker meine aufrichtigste Anerkennung für ihre freundliche Überzeugungskraft ausdrücken, durch die sie einige Kapitel dieses Buches ermöglicht hat. Für Ratschläge, Hinweise und eine Fülle anderer Gefälligkeiten möchte ich mich besonders bei Courtney Smith, Norm Zadeh, Susan Abbott, Bruce Babcock, Martin Presler, Chück Carlson, Leigh Stevens, Brian Gelber, Michael Marcus und William Rafter bedanken.
Schließlich möchte ich mich noch bei drei Tradern bedanken, die so großzügig waren, mir ausgedehnte Interviews zu gewähren, die nicht in diesem Buch erscheinen: Irv Kessler, Doug Redmond und Martin Presler. (Bei den ersten beiden fand ich im Nachhinein, dass meine Fragen zu vertraulich und technisch gewesen waren; beim Dritten reichte die Zeit bis zum Termin der Buchveröffentlichung für das benötigte Abschlussinterview und dessen Überarbeitung nicht mehr aus.)
Das Buch trug den Titel Die große Tafel … Es war die Geschichte eines Erdenmenschen und seiner Frau, die von Geschöpfen eines anderen Planeten entführt worden waren. Sie wurden in einem Zoo auf einem Planeten mit dem Namen Zircon-212 zur Schau gestellt.
Die Leute in diesem Zoo hatten nach dieser Erzählung eine große Tafel, die angeblich Aktienkurse und Commodity-Preise auf einer großen Wand ihrer Behausung anzeigte, einen Nachrichtenticker und ein Telefon, welches angeblich mit einer Brokerfirma auf der Erde verbunden war. Die Geschöpfe von Zircon-212 erzählten ihren Gefangenen, dass sie für sie auf der Erde eine Million Dollar investiert hätten und dass sie es den Gefangenen überließen, dieses Geld zu managen, damit sie bei ihrer Rückkehr zur Erde unsagbar reich wären.
Natürlich waren das Telefon, die große Tafel und auch der Ticker nichts weiter als Attrappen. Sie sollten die Erdenmenschen einfach nur dazu bewegen, dass sie den Massen im Zoo eine gute Vorstellung boten, indem sie auf und ab hüpften und jubelten oder voller Schadenfreude oder schlecht gelaunt waren, sich die Haare rauften, außer sich vor Angst waren oder sich so sicher fühlten wie ein Säugling in den Armen seiner Mutter.
Auf dem Papier waren die Erdenmenschen sehr erfolgreich. Und das war natürlich auch Bestandteil des Schwindels. Etwas Religion wurde auch noch hinzugemixt. Der Nachrichtenticker erinnerte sie daran, dass der Präsident der Vereinigten Staaten eine nationale Woche des Gebets ausgerufen hatte und dass jeder beten solle. Die Erdenmenschen hatten zuvor eine schlechte Woche im Markt erwischt. Sie hatten ein Vermögen mit Futures auf Olivenöl verloren. So versuchten sie es mit Gebeten. Es funktionierte. Olivenöl stieg.
Kurt Vonnegut JR.
Slaughterhouse Five
Falls die Anhänger der Zufallstheorie recht haben, leiden die Trader auf der Erde an dem gleichen Wahn wie die Zooinsassen in Kilgore Trouts Novelle (Kilgore Trout ist der allgegenwärtige Verfasser von Zukunftsromanen in Vonneguts Novellen). Während die Gefangenen auf Zircon-212 glaubten, dass sie ihre Entscheidungen aufgrund von tatsächlichen Preisbewegungen getroffen hatten – was nicht der Fall war –, glauben die echten Trader, dass sie den Markt durch ihr Wissen oder ihre Fähigkeiten schlagen können. Wenn sich die Märkte tatsächlich zu jedem Zeitpunkt effizient und zufällig bewegen, dann führen diese Trader ihren Erfolg oder Misserfolg auf ihr Können oder ihre Unvollkommenheit zurück, obwohl in Wirklichkeit alles eine Sache des Glücks ist.
Nach den Interviews mit den Tradern für dieses Buch ist diese Anschauung der Sache aber kaum noch glaubwürdig. Eher gelangt man zu dem Schluss, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass einige Trader mit einer derartigen Konstanz bei einer so großen Zahl von Trades über viele Jahre hinweg Gewinne machen können. Natürlich werden bei einer genügend großen Anzahl von Tradern einige besser sein als andere – selbst nach einer langen Zeit –, einfach als Folge der Wahrscheinlichkeitsgesetze. Ich überlasse es den Mathematikern, anhand der Zeitdauer und des Umfangs der Trades der hier Interviewten die Gewinnchancen für Trader neu zu berechnen. Übrigens hegen die Trader selbst keinerlei Zweifel, dass die Frage, wer auf lange Sicht gewinnt oder verliert, vom Können und nicht vom Glück abhängt. Auch ich bin davon überzeugt.
Direkt nach der Graduate School fand ich einen Job als Analyst für Warentermingeschäfte. Ich war angenehm überrascht, dass meine Voraussagen aufgrund meiner Wirtschafts- und Statistikanalysen für eine Reihe von bedeutenden Commodity-Preisschwankungen eintrafen. Es dauerte nicht lange, bis ich anfing, Trading in Erwägung zu ziehen. Das einzige Problem war, dass meine Abteilung Analysten grundsätzlich kein Trading erlaubte. Ich sprach mit Michael Marcus (erstes Interview), mit dem ich mich während eines Vorstellungsgespräches für die Research-Position, die er aufgab, angefreundet hatte, über meine Enttäuschung. Michael sagte: „Weißt du, dass ich dasselbe Problem hatte, als ich dort arbeitete? Du solltest es so wie ich machen – eröffne ein Konto bei einer anderen Firma.“ Er stellte mich einem Broker in seiner neuen Firma vor, welcher gewillt war, das Konto zu eröffnen.
Ich verdiente damals weniger als die Sekretärin der Abteilung und hatte demzufolge nicht viel Kapital. Mein Bruder eröffnete für mich ein Konto mit 2000 Dollar auf seinen Namen, für welches ich als sein Berater auftrat. Da mein Konto geheim gehalten werden musste, konnte ich keine Aufträge von meinem Schreibtisch aus durchtelefonieren. Jedes Mal, wenn ich eine Position kaufen oder verkaufen wollte, musste ich mit dem Fahrstuhl ins Kellergeschoss des Gebäudes fahren und eine Telefonzelle benutzen. (Marcus’ Lösung für dieses Problem wird in seinem Interview beschrieben.) Das Schlimmste an dieser Situation war nicht nur die Verzögerung meiner Auftragserteilung, was oft nervenzermürbend war, sondern auch die Tatsache, dass ich sehr vorsichtig damit sein musste, wie oft ich meinen Schreibtisch verließ. Manchmal entschloss ich mich, einen Auftrag auf den nächsten Morgen zu verschieben, damit niemand Verdacht schöpfte.
Ich erinnere mich nicht mehr an die Einzelheiten meiner ersten paar Trades. Alles, was mir noch in Erinnerung blieb, ist, dass ich im Großen und Ganzen nur sehr wenig übrig hatte, nachdem die Kommissionen bezahlt waren. Dann kam der erste Trade, der einen nachhaltigen Eindruck auf mich machte. Ich hatte eine sehr detaillierte Analyse über den Baumwollmarkt für den gesamten Zeitraum seit dem Zweiten Weltkrieg ausgearbeitet. Ich stellte fest, dass aufgrund einer Vielzahl von Hilfsprogrammen der Regierung nur zwei Saisons seit 1953 als echte Free Markets (Märkte, in denen die Preise von Angebot und Nachfrage bestimmt werden statt von den maßgeblichen Regierungsprogrammen) bezeichnet werden konnten. Ich kam korrekterweise zu dem Schluss, dass nur diese beiden Zeitspannen für die Preisvorhersage genutzt werden konnten. Unglücklicherweise übersah ich die entscheidende Schlussfolgerung, dass das vorhandene Datenmaterial für eine brauchbare Marktanalyse nicht ausreichend war. Anhand eines Vergleiches zwischen diesen zwei Zeitspannen folgerte ich, dass die Preise für Baumwolle, die damals für 25 Cent pro Pfund gehandelt wurde, steigen, aber dann ihren Höchstwert bei 32 bis 33 Cent erreichen würden.
Der erste Teil meiner Vorhersage stellte sich als richtig heraus, denn der Baumwollpreis stieg im Laufe von ein paar Monaten langsam an. Dann beschleunigte sich der Anstieg, und Baumwolle schoss von 28 auf 31 Cent innerhalb einer einzigen Woche. Diese letzte Rally erfolgte aufgrund von Nachrichten, die ich für ziemlich unwichtig hielt. „Nahe genug an meinem erwarteten Hoch“, dachte ich und beschloss, short zu gehen. Anschließend stieg der Markt etwas mehr und fiel dann wieder auf 29 Cent. Dies erschien mir als ganz natürlich, da ich erwartete, dass die Märkte meiner Analyse folgen müssten. Meine Profite und meine Hochstimmung waren allerdings von kurzer Dauer, denn bald stiegen die Baumwollpreise auf neue Höchststände und unerbittlich immer weiter: 32 Cent, 33 Cent, 34 Cent, 35 Cent. Schließlich war mein Anlagekapital erschöpft, und ich sah mich gezwungen, meine Position aufzulösen. Es mag mein größtes Glück gewesen sein, dass ich in jenen Zeiten nicht sehr viel Geld hatte, da Baumwolle am Ende auf unglaubliche 99 Cent stieg – mehr als das Doppelte des bisherigen Höchstpreises dieses Jahrhunderts!
Dieser Trade setzte mich für eine Weile außer Gefecht. Im Laufe der nächsten paar Jahre versuchte ich mich noch einige Male im Trading.
Jedes mal fing ich mit nicht viel mehr als 2000 Dollar an und verlor alles durch einen einzigen großen Verlust. Mein einziger Trost war, dass die verlorenen Beträge ziemlich klein waren.
Zwei Ereignisse beendeten dann endlich diese Serie der Misserfolge. Zuerst traf ich Steve Chronowitz. Ich war zu der Zeit Commodity Research Direktor bei Hornblower & Weeks und stellte Steve ein, um eine offene Stelle als Analyst für Edelmetalle zu besetzen. Steve und ich teilten uns ein Büro, und wir wurden schnell gute Freunde. Im Gegensatz zu mir, einem reinen Fundamentalanalysten, war Steves Einstellung zu den Märkten strikt technisch. (Der Fundamentalanalyst benutzt Wirtschaftsdaten für die Vorhersage der Preise, während der Technische Analyst interne Marktdaten wie Kurs, Volumen und Sentiment zur Kursvorhersage benutzt.)
Bis dahin hatte ich die Technische Analyse mit großem Argwohn betrachtet. Ich hegte Zweifel, dass etwas so Simples wie das Lesen von Charts irgendeinen Wert haben könnte. Durch die enge Zusammenarbeit mit Steve bemerkte ich allerdings bald, dass er mit seinen Marktpositionen oft richtiglag. Nach einer Weile war ich davon überzeugt, dass meine anfängliche Einschätzung der Technischen Analyse falsch gewesen war. Ich begriff, dass zumindest für mich die Fundamentalanalyse allein für ein erfolgreiches Trading unzureichend war. Ich musste die Technische Analyse für das Timing der Trades übernehmen.
Das zweite Grundelement, welches mich endlich auf die Seite der Gewinner brachte, war die Erkenntnis, dass Risikokontrolle für erfolgreiches Trading unbedingt erforderlich ist. Ich nahm mir vor, nie wieder alles bei einem einzigen Trade zu verlieren, ganz gleich, wie sicher ich mir in meiner Markteinschätzung wäre.
Ironischerweise war der Trade, den ich als meine Wende und als einen meiner besten Trades betrachtete, tatsächlich ein Verlustgeschäft. Damals hatte sich bei der Deutschen Mark im Anschluss an einen ausgeprägten Kursverfall eine längere Seitwärtsbewegung ereignet. Aufgrund meiner Marktanalyse glaubte ich, dass die D-Mark einen wichtigen Boden gebildet hatte. Ich ging innerhalb der Konsolidierung long und platzierte gleichzeitig eine Gültig-biszur-Annulierung-Stop-Order (good-till-cancelled stop order) direkt unterhalb des gegenwärtigen Tiefs. Ich argumentierte, dass, wenn ich recht hatte, der Markt nicht auf neue Tiefstwerte fallen dürfte. Einige Tage später fing der Markt an zu fallen, und ich war mit meiner Position mit einem geringen Verlust draußen. Das Großartige an der Sache war, dass der Markt wie ein Stein fiel, nachdem ich ausgestoppt worden war. Vorher hätte mich diese Art von Trade ruiniert, aber diesmal erlitt ich nur einen unbedeutenden Verlust.
Kurz danach wurde ich bullish im japanischen Yen, der eine technisch bullishe Konsolidierungsformation zeigte und damit einen sinnvollen Punkt vorgab, den ich als Schutzstop nutzen konnte. Während ich normalerweise nur einen Kontrakt pro Position platzierte, kaufte ich diesmal drei Kontrakte pro Position. Ich glaubte mich in der Lage, mein Risiko auf nur 15 Ticks per Kontrakt einschätzen zu können – heute kann ich es kaum glauben, dass ich mit einem so engen Stop über die Runden gekommen bin. Der Markt ging steil nach oben. Obwohl ich insgesamt viel zu früh aus der Position ausgestiegen bin, hielt ich doch einen Kontrakt lange genug, um meinen geringen Kontostand zu verdreifachen. Das war der Anfang meines Trading-Erfolges. In den darauffolgenden Jahren ermöglichte es mir die Verbindung von Technischer und Fundamentaler Analyse, kombiniert mit Risikokontrolle, meinen kleinen Einsatz auf weit über 100 000 Dollar zu erhöhen.
Eines Tages war meine Glückssträhne zu Ende. Ich fing an, impulsiver zu traden und meinen Trading-Regeln weniger zu folgen. Rückblickend glaube ich, dass ich einfach zu übermütig wurde. Insbesondere an einen Trading-Verlust in Sojabohnen kann ich mich noch gut erinnern. Anstatt mit einem Verlust auszusteigen, als sich der Markt gegen mich drehte, war ich der festen Meinung, dass der Kursrückgang nur eine Reaktion auf den Bullen-Markt war, und erhöhte meine Position noch erheblich. Mein Fehler verschlimmerte sich dadurch, dass ein wichtiger Erntebericht der Regierung bevorstand. Der Bericht erwies sich als bearish, und mein Anlagekapital reduzierte sich rapide. Innerhalb von ein paar Tagen hatte ich ein Viertel meiner angesammelten Profite eingebüßt.
Nachdem ich mein gesamtes Kapital flüssig gemacht, ein Haus gekauft und eine Pause von einem Jahr eingelegt hatte, um ein Buch zu schreiben, waren meine Ersparnisse so zusammengeschrumpft, dass sich mein Wiedereinstieg ins Trading um beinahe fünf Jahre verzögerte. Als ich wieder zu traden anfing, begann ich, wie es meine Gewohnheit war, mit dem geringen Betrag von 8000 Dollar. Den größten Teil dieser Summe verlor ich im Laufe eines Jahres. Ich zahlte noch einmal 8000 Dollar auf das Konto ein und führte nach einigen unbedeutenden Rückschlägen ein paar erfolgreiche Trades durch. In etwa zwei Jahren hatte ich mein Trading-Konto wieder auf einen Stand von 100 000 Dollar gebracht. Seitdem habe ich mein Tempo verlangsamt und mein Anlagekapital mit nur geringen Schwankungen auf diesem Niveau gehalten.
Obwohl mein Trading, objektiv gesehen, erfolgreich war, betrachte ich es vom emotionellen Standpunkt aus oft als einen Misserfolg. Im Grunde genommen hatte ich das Gefühl, dass ich mit meinen Kenntnissen und Erfahrungen im Markt mehr hätte erreichen müssen. Ich habe mich oft gefragt, warum ich ein Konto von unter 10 000 Dollar zweimal um ein Zehnfaches erhöht habe und doch nicht in der Lage war, mein Kapital weit darüber hinaus oder sogar auf ein Vielfaches zu vergrößern.
Unter anderem war es der Wunsch, eine Antwort auf diese Frage zu finden, der mich dazu motivierte, dieses Buch zu schreiben. Ich wollte Trader, die es schon geschafft haben, fragen: Welche Grundregeln haben Sie für Ihren Erfolg angewandt? Welche Methoden verwenden Sie in den Märkten? Welchen Trading-Regeln folgen Sie? Welche Erfahrungen haben Sie bei Trading-Beginn gemacht? Welchen Rat würden Sie anderen Tradern geben?
Einerseits interessierte mich meine Suche nach Antworten persönlich, um mir bei der Überwindung meiner eigenen Hürden behilflich zu sein; andererseits identifizierte ich mich auf einer höheren Ebene mit der Allgemeinheit und stellte die Fragen, von denen ich glaubte, dass andere sie ebenfalls gestellt hätten, wenn ihnen wie mir die Gelegenheit dazu geboten worden wäre.
Von allen Märkten, die in diesem Buch behandelt werden, ist der Futures-Markt wahrscheinlich derjenige, der von den Anlegern am wenigsten verstanden wird. Er ist außerdem auch der Markt mit der schnellsten Wachstumsrate. Das Trading-Volumen in Futures hat sich während der letzten 20 Jahren um über das Zwanzigfache erhöht. 1988 betrug der Gegenwert aller Futures-Kontrakte, die in den USA getradet wurden, über zehn Billionen Dollar!1 Offensichtlich dreht es sich hier um sehr viel mehr als um den Handel mit Schweinebäuchen.
Die heutigen Futures-Märkte umfassen sämtliche bedeutenden Marktbereiche dieser Welt: Zinssätze (z. B. T-Bonds), Aktienindizes (z. B. den S&P 500), Währungen (z. B. japanische Yen), Edelmetalle (z. B. Gold), Energie (z. B. Rohöl) und landwirtschaftliche Erzeugnisse (z. B. Mais). Obwohl die Futures-Märkte ihren Ursprung in landwirtschaftlichen Produkten hatten, deckt dieser Sektor heutzutage nur noch etwa ein Fünftel des gesamten Futures-Handels ab. Im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts haben die Einführung und das spektakuläre Wachstum vieler neuer Kontrakte zu finanzorientierten Märkten geführt (Währungen, Zinstermingeschäfte und Aktienindizes), die zusammen ungefähr 60 Prozent des gesamten Futures-Handels ausmachen. (Energie- und Metallmärkte decken fast die Hälfte der verbleibenden 40 Prozent ab.) Wiewohl der Ausdruck „Warentermingeschäfte“ oft im Hinblick auf die Futures-Märkte benutzt wird, ist diese Bezeichnung zunehmend unzutreffend geworden. Viele der am aktivsten gehandelten Futures-Märkte wie z. B. jene auf dem Gebiet der Finanzpapiere drehen sich nicht um Waren oder Rohstoffe; umgekehrt haben auch viele Rohstoffmärkte keinen korrespondierenden Futures-Markt.
Die Grundbedeutung der Futures-Märkte ergibt sich aus ihrem Namen: Der Handel beruht auf einem Standardkontrakt für eine Ware, wie z. B. Gold, oder für ein Finanzinstrument, wie z. B. T-Bonds, sowie für einen Liefertermin in der Zukunft und nicht in der Gegenwart. Wenn beispielsweise ein Autohersteller Kupfer für seine laufende Herstellung benötigt, wird er sein Material unmittelbar vom Produzenten beziehen. Wenn derselbe Hersteller allerdings befürchtet, dass der Kupferpreis in sechs Monaten sehr viel höher liegen wird, könnte er seine Kosten in etwa auf dem gegenwärtigen Stand halten, indem er schon heute Futures auf Kupfer kauft. (Diese Absicherung gegen ein zukünftiges Kursrisiko nennt man „Hedge“.) Wenn die Kupferpreise in der Zwischenzeit steigen, würde der Profit aus dem Absicherungsgeschäft die erhöhten Kupferpreise zum tatsächlichen Zeitpunkt des Einkaufs mehr oder weniger ausgleichen. Würden die Kupferpreise stattdessen fallen, so würde das Absicherungsgeschäft natürlich zu einem Verlust führen, aber der Hersteller könnte sein Kupfer dann ja auch zu einem niedrigeren Preis als erwartet kaufen.
Während Hedger wie der Automobilhersteller in den Futures-Märkten agieren, um das Risiko einer unerwünschten Preisbewegung aufzufangen, gehen Trader in diesen Markt, um von den erwarteten Kursausschlägen zu profitieren. In der Tat ziehen viele Trader die Futures-Märkte als Trading-Vehikel den Kassamärkten aus verschiedenen Gründen vor:
Standardisierte Kontrakte – Futures-Kontrakte sind fest definiert in Bezug auf Quantität und Qualität. Daher braucht der Trader nicht nach einem speziellen Käufer oder Verkäufer zu suchen, um in eine Position einzusteigen oder sie zu verkaufen.
Liquidität – Alle bedeutenden Futures-Märkte bieten eine ausgezeichnete Liquidität.
Ein einfacher Weg, um short zu gehen – Die Futures-Märkte bieten eine einfache Möglichkeit, sowohl short als auch long zu gehen. Der Leer-verkäufer am Aktienmarkt zum Beispiel (welcher genau genommen Aktien für den Verkauf borgt) muss auf einen Uptick warten, bevor er in eine Position einsteigen kann; derartige Beschränkungen existieren an den Futures-Märkten nicht.
Hebelwirkung – Die Futures-Märkte bieten enorme Hebeleffekte. Verallgemeinernd ausgedrückt, betragen anfängliche Deckungserfordernisse gewöhnlich ca. fünf bis zehn Prozent des Kontraktwertes. (Der Gebrauch des Ausdrucks „Deckung“ in den Futures-Märkten ist schlecht gewählt, da er zu enormer Verwechslung mit dem Begriff der Deckung bei Aktien führt. Deckung in den Futures-Märkten bedeutet nicht die Leistung eines Teils der Zahlung, da keine physische Lieferung bis zum Verfallsdatum stattfindet, sondern sie stellt im Grunde nur eine Anzahlung dar.) Obwohl die hohe Hebelwirkung in der Futures-Märkten für Trader ein Hauptanreiz ist, muss betont werden, dass Hebeleffekte ein zweischneidiges Schwert sind. Der undisziplinierte Umgang mit dem Hebeleffekt ist der Hauptgrund, weshalb die meisten Trader in den Futures-Märkten Geld verlieren. Generell schwanken Futures-Preise nicht mehr als die zugrunde liegenden Preise am Kassamarkt, also z. B. nicht mehr als viele Aktien. Der Ruf des hohen Risikos von Futures ist größtenteils auf den Hebeleffekt zurückzuführen.
Niedrige Abwicklungskosten – Futures-Märkte bieten sehr niedrige Abwicklungskosten. Es ist für den Manager eines Aktienportfolios zum Beispiel sehr viel billiger, Marktpositionen zu reduzieren, indem er statt individueller Aktien den Gegenwert in Aktienindex-Futures-Kontrakten verkauft.
Leichter Ausgleich – Eine Futures-Position kann während der Öffnungszeit der Märkte jederzeit ausgeglichen werden, vorausgesetzt, dass die Preise nicht bei Limit-Up oder Limit-Down festliegen. (Einige Futures-Märkte setzen die täglich maximal mögliche Preisschwankung fest. In Fällen, in denen die Einflüsse des freien Marktes einen mittleren Preis außerhalb dieser Grenzen ansteuern, wird der Markt einfach auf das Limit gehen und der Handel dann buchstäblich eingestellt.)
Börsengarantien – Der Futures-Trader braucht sich keine Sorgen um die finanzielle Bonität der Person auf der anderen Seite des Trades zu machen. Alle Futures-Transaktionen werden vom Clearinghaus der Börse garantiert.
Da Futures aufgrund ihrer Struktur sehr eng mit ihren zugrunde liegenden Märkten verbunden sind (die Aktivitäten von Arbitrageuren stellen sicher, dass Abweichungen relativ unerheblich und kurzlebig sind), laufen die Preisschwankungen der Futures eng parallel denen des entsprechenden Kassamarktes. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der Großteil der Futures-Trader sich auf Finanzinstrumente konzentriert, so erscheinen viele Futures-Trader faktisch als Trader in Aktien, Zinsen und Währungen. In diesem Zusammenhang sind die Aussagen der in den folgenden Kapiteln interviewten Futures-Trader sogar für diejenigen Anleger von Bedeutung, die sich nie über Aktien und Rentenpapiere hinausgewagt haben.
Der Interbanken-Währungsmarkt ist ein 24-Stunden-Markt, der buchstäblich der Sonne um die Welt folgt, indem er sich von den Bankzentren der USA nach Australien, in den Fernen Osten, nach Europa und schließlich wieder zurück in die USA bewegt. Dieser Markt existiert für Firmen, die Wechselkursrisiken in einer Welt rapide schwankender Währungskurse ausgleichen müssen. Wenn zum Beispiel ein japanischer Hersteller von Elektronik einen Exportverkauf von Stereoanlagen in die USA abschließt und die Zahlung nach Ablauf von sechs Monaten in Dollar erfolgen soll, so ist dieser Hersteller innerhalb dieses Zeitraumes der Gefahr einer Abwertung des Dollars gegen den Yen ausgesetzt. Wenn der Hersteller sich einen Festpreis in der Landeswährung (Yen) sichern will, um seinen Gewinn nicht zu verlieren, so kann er sich absichern, indem er den Gegenwert des Geschäfts in US-Dollar im Interbanken-Handel für das vorgesehene Fälligkeitsdatum verkauft. Die Banken berechnen dem Hersteller einen Wechselkurs für den exakt benötigten Betrag und für das exakt benötigte Datum.
Spekulanten traden im Interbanken-Währungsmarkt, weil sie hoffen, von ihren Erwartungen bezüglich der Änderungen der Wechselkurse profitieren zu können. Ein Spekulant, der beispielsweise einen Rückgang des englischen Pfundes gegen den Dollar erwartet, würde ganz einfach einen Terminverkauf im englischen Pfund vornehmen. (Alle Transaktionen auf dem Interbanken-Markt werden ausschließlich in US-Dollar abgewickelt.) Ein Spekulant, der erwartet, dass das englische Pfund gegen den japanischen Yen fällt, würde eine bestimmte Anzahl von Yen in Dollar kaufen und dann den Gegenwert von englischen Pfund in Dollar verkaufen.
Michael Marcus’ Karriere begann als Analyst für Rohstoffe bei einer der größeren Brokerfirmen. Seine schon fast zwanghafte Neigung zum Trading brachte ihn letztendlich dazu, seine gut bezahlte Stellung aufzugeben und sich ausschließlich dem Wertpapierhandel zu widmen. Nach einem kurzen, beinahe schon komisch zu nennenden Intermezzo als Börsenhändler begann er, für Commodities Corporation zu arbeiten, eine Firma, die professionelle Trader einstellte, um die firmeneigenen Fonds zu verwalten. Marcus wurde einer der besten Händler der Firma. Im Laufe einiger Jahre erwirtschaftete er allein mehr Profit als alle anderen Trader zusammen. Innerhalb von zehn Jahren vermehrte er das von ihm verwaltete Firmenkonto um das schier unglaubliche 2500-fache!
Ich traf Michael Marcus zum ersten Mal, als ich anfing, als Analyst für den Terminhandel bei der Firma Reynolds Securities zu arbeiten. Marcus hatte einen ähnlichen Job bei einer Konkurrenzfirma angenommen; ich erhielt den Job als Marcus’ Nachfolger. In den Anfangsjahren unserer Karriere trafen wir regelmäßig aufeinander. Obwohl ich meine eigenen Analysen gewöhnlich überzeugender fand, wenn wir nicht einer Meinung waren, bewies Marcus dennoch, dass er letztendlich in Bezug auf die Richtung, die der Markt einschlug, immer richtiglag. Marcus nahm später einen Job als Trader an, hatte sehr viel Erfolg und zog an die Westküste.
Als ich die ersten Ideen für dieses Buch sammelte, stand Marcus als einer der Top-Kandidaten auf meiner Liste. Marcus’ Antwort auf meine Anfrage war liebenswürdig, aber unverbindlich. Einige Wochen später bekam ich eine Absage. Sein Wunsch, anonym zu bleiben, war stärker als sein Hang zur Teilnahme an einem auch für ihn reizvollen Experiment. (Marcus kannte und schätzte viele der anderen Trader, die ich interviewen wollte.) Ich war sehr enttäuscht, denn Marcus ist einer der besten Trader, die ich das Glück hatte kennenzulernen. Durch die Überzeugungskraft eines gemeinsamen Freundes änderte er dann aber glücklicherweise seine Meinung.
Als ich Marcus für dieses Interview traf, waren sieben Jahre vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Das Interview fand in Marcus’ Haus im südlichen Kalifornien statt, einem Doppelhauskomplex auf einer Klippe mit Blick auf den Privatstrand. Der Eingang zu dem Komplex führte durch ein riesiges Tor (ein „unbeschreibliches Tor“, wie es von einem seiner Assistenten genannt wurde, der mir den Weg beschrieben hatte), das höchstwahrscheinlich selbst einer angreifenden Panzerdivision standgehalten hätte.
Bei der Begrüßung zeigte Marcus sich zurückhaltend, fast schon verschlossen. Diese stille Seite seiner Persönlichkeit unterstreicht besonders eindrucksvoll die Beschreibung seines kurzlebigen Versuches einer Karriere als Floor-Trader. Er wurde jedoch bald lebhafter, als er anfing, über seine Erfahrungen als Trader zu sprechen. Unser Gespräch konzentrierte sich auf das Auf und Ab seiner früheren Jahre, die er als die interessantesten seiner Karriere betrachtete.
Was erweckte Ihr erstes Interesse am Handel mit Futures?
Ich war nahe daran, ein Gelehrter zu werden. 1969 machte ich meinen Abschluss am John Hopkins College als Mitglied von Phi Beta Kappa und als einer der Besten meines Jahrgangs. Ich hatte ein Stipendium für das Studium der Psychologie an der Clark-Universität und die Absicht, das Leben eines Universitätsprofessors zu führen. Durch einen gemeinsamen Freund traf ich einen Bekannten namens John, der behauptete, dass er mein Geld regelmäßig alle zwei Wochen verdoppeln könne. Das klang für mich sehr verlockend [lacht]. Ich glaube, ich habe ihn nicht einmal gefragt, wie er das denn anstellen würde. Die Idee reizte mich derart, dass ich sie mir nicht mit näheren Einzelheiten verderben wollte. Ich fürchtete, ich würde dann vielleicht kalte Füße bekommen.
Waren Sie nicht skeptisch? Hörte er sich nicht eher an wie ein Gebrauchtwagenhändler?
Nein, ich hatte noch nie irgendwo investiert und war sehr naiv. Ich heuerte John, der damals im sechsten Semester an der gleichen Universität studierte, für 30 Dollar die Woche als meinen Berater im Warenterminhandel an. Hin und wieder gab ich ihm Kartoffelchips und Cola aus. Er behauptete, dass der Mensch davon existieren könne.
Das war seine gesamte Bezahlung? Gab es denn keine zusätzlichen Anreize, Profit zu machen, wie etwa extra Kartoffelchips bei besseren Leistungen?
Nein.
Wie viel Geld setzten Sie denn für den Handel ein?
Meine gesamten Ersparnisse in Höhe von ca. 1000 Dollar.
Was passierte dann?
Mein erster Besuch in einem Brokerhaus war sehr, sehr aufregend. Ich hatte mich gut angezogen, trug den einzigen Anzug, den ich besaß, und so besuchten wir das Büro der Firma Reynolds Securities in Baltimore. Es war ein sehr großes, vornehmes Büro, das einen an Generationen von Reichtum erinnerte. Wohin man blickte, war Mahagoni, und über allem lag eine gedämpfte, vornehme Atmosphäre. Es war alles sehr beeindruckend.
Die Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf eine große Kurstafel im vorderen Büroraum, eine von denen, die so altmodisch ticken. Es war wahnsinnig aufregend, diesem Ticken zuzuhören. Das Büro hatte eine Galerie, von der aus die Makler die Kurstafel beobachten konnten, aber sie befand sich so weit weg, dass es nur mit einem Fernglas möglich war, die Kurse zu entziffern. Auch das war sehr spannend, weil es ähnlich wie das Zuschauen bei einem Pferderennen war.
Ich begriff zum ersten Mal, dass die Angelegenheit etwas unheimlich war, als eine Stimme aus dem Lautsprecher den Ankauf von Sojamehl empfahl. Ich schaute John an und erwartete einen Ausdruck von Selbstsicherheit und Entschlossenheit auf seinem Gesicht. Stattdessen sah er mich nur an und fragte: „Meinst du, wir sollten es versuchen?“ [lacht] Da merkte ich, dass John ebenfalls keinerlei Ahnung hatte.
Ich erinnerte mich, dass Sojamehl nur leicht schwankte: 78,30 – 78,40 – 78,30 – 78,40. Wir gaben unseren Auftrag, und in dem Moment, in dem wir unsere Ausführungsbestätigung erhielten, fielen die Preise wie verhext. Es war, als ob der Markt in dem Moment, da er wusste, dass ich drin war, das Signal zum Abstieg gegeben hatte. Ich glaube, selbst damals hatte ich bereits einen guten Instinkt, denn ich sagte sofort zu John: „Du, das wird nichts, lass uns wieder aussteigen.“ Wir verloren ungefähr 100 Dollar an dem Trade.
Den nächsten Trade machten wir mit Maiskontrakten nach dem gleichen Schema. John fragte mich, ob wir kaufen sollten. Ich sagte: „Fein, lass uns Mais versuchen.“ Das Resultat war dasselbe.
Hatten Sie überhaupt keine Ahnung, was Sie taten? Hatten Sie jemals etwas über Rohstoffe oder das Trading gelesen?
Nein, überhaupt nicht.
Kannten Sie denn den Umfang der Kontrakte?
Nein, kannten wir nicht.
Wussten Sie, wie viel es Sie pro Tick kostete?
Ja.
Das war dann anscheinend so ziemlich das Einzige, das Sie wussten.
Genau. Unser nächster Ankauf in Weizen klappte auch nicht. Danach wandten wir uns wieder dem Mais zu, und es funktionierte diesmal besser: Immerhin brauchten wir drei Tage, um unser Geld zu verlieren. Wir fingen an, unseren Erfolg an der Anzahl der Tage zu messen, die es dauerte, bis wir unseren Einsatz verloren hatten.
Stiegen Sie jedes Mal bei einem Verlust von ungefähr 100 Dollar aus?
Ja, meistens. An einem Handel verloren wir allerdings beinahe 200 Dollar. Ich hatte nur noch 500 Dollar, als John „die Idee des Tages“ hatte. Wir würden Schweinebäuche für die August-Lieferung kaufen und dann die Februar-Lieferung verkaufen, da der Gewinn größer war als die Haltekosten [die Gesamtkosten für Lieferung im August, Lagerung und Auslieferung im Februar]. Er behauptete, dass wir keinen Verlust bei diesem Handel machen könnten.
Ich verstand diesen Sachverhalt nicht so ganz, willigte aber ein. Zum ersten Mal genehmigten wir uns eine Mittagspause. Die vorherigen Male waren wir zu sehr beschäftigt damit gewesen, die Kurstafel zu beobachten. Doch diesmal glaubten wir, dass wir nicht verlieren könnten und dass es ungefährlich sei, eine Pause zu machen. Als wir zurückkamen, war ich beinahe pleite. Ich erinnere mich noch gut an dieses Gefühl von Schock, Bestürzung und Unglauben.
Ich werde nie das Bild von John vergessen – er war ein ziemlich behäbiger Kerl mit dicken Brillengläsern –, wie er auf die Anzeigetafel zuging, mit seinen Fäusten herumfuchtelte und schrie: „Will hier denn keiner einen sicheren Profit machen?“ Später erfuhr ich dann, dass Schweinebäuche für August gar nicht gegen einen Februar-Kontrakt geliefert wurden. Die ganze Logik dieses Handels war von Anfang an falsch gewesen.
Hatte John vorher jemals an der Börse gehandelt?
Nein.
Wie kam er dann auf die Idee, dass er Ihr Geld alle zwei Wochen verdoppeln könnte?
Das weiß ich auch nicht, aber nach diesem Handel hatte ich kein Geld mehr. Ich erzählte also John, dass ich nach allem, was passiert war, genauso viel zu wissen glaubte wie er, nämlich gar nichts – und dass ich ihm kündigen wolle. Keine Kartoffelchips und auch keine Colas mehr. Seine Reaktion werde ich nie vergessen. Er sagte: „Du machst den größten Fehler deines Lebens.“ Ich fragte ihn, was er nun machen wolle, und er sagte: „Ich gehe nach Bermuda und werde Tellerwäscher, um mir Geld fürs Trading zu verdienen. Dann werde ich Millionär und setze mich zur Ruhe.“ Was mich an seiner Antwort amüsierte, war, dass er nicht sagte: „Ich gehe nach Bermuda, um Geld zu verdienen.“ Er war sehr präzise: Er würde Teller waschen, um sich das Geld fürs Trading zu verdienen.
Was ist dann aus John geworden?
Das weiß ich bis heute nicht. Vielleicht lebt er tatsächlich auf Bermuda und ist Millionär, weil er Teller gewaschen hat.
Ich kratzte danach noch einmal 500 Dollar zusammen und kaufte ein paar Silberkontrakte. Auch den Einsatz verlor ich. Meine ersten acht Trades, fünf mit John und drei allein, waren allesamt Verlustgeschäfte.
Kam es Ihnen jemals in den Sinn, dass Trading vielleicht nicht das Richtige für Sie war?
Nein. Ich war immer ein guter Schüler gewesen, und ich dachte mir, dass es nur eine Frage des Lernens sei. Mein Vater starb, als ich 15 war, und er hatte eine Lebensversicherung in Höhe von 3000 Dollar hinterlassen. Ich beschloss, diese entgegen den Protesten meiner Mutter einzusetzen.
Aber ich wusste nun, dass ich etwas zu lernen hatte, bevor ich weiter traden konnte. Ich las Chester Keltners Buch über Weizen und Sojabohnen und abonnierte auch noch seinen Börsenbrief, in dem er Vorschläge für das Trading machte. Ich folgte seinem ersten Vorschlag, der den Ankauf von Weizen empfahl, was gleich funktionierte. Ich glaube, ich verdiente vier Cent pro Bushel [200 Dollar insgesamt] an dem Handel. Es war mein erster Gewinn, und es war sehr aufregend.
Noch vor dem nächsten Börsenbrief fiel dann der Markt auf meinen ursprünglichen Kaufpreis zurück, sodass ich noch einmal kaufte und wieder einen Gewinn erzielte. Ich merkte, dass ich anfing, ein Gespür für den Handel zu bekommen. Selbst zu Beginn gefiel es mir bereits, eigene Entscheidungen zu treffen. Was dann passierte, war ein reiner Glücksfall. Im Sommer 1970 kaufte ich drei Kontrakte für Dezember-Mais, wie Keltner es empfohlen hatte. Das war der Sommer, in dem der Mehltau die Maisernte vernichtete.
War das Ihr erster großer Gewinn?
Ja, dieser Handel zusammen mit dem Kauf von mehr Mais, Weizen und Sojabohnen, den ich teilweise aufgrund der Empfehlungen aus dem Börsenbrief und teilweise aus meinem Gefühl heraus abschloss. Als dieser glorreiche Sommer vorüber war, hatten sich 30 000 Dollar angesammelt: für mich als Kind der Mittelklasse eine wahrhaft fürstliche Summe. Ich war im siebten Himmel.
Wie legten Sie den Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen fest?
Manchmal tat ich es, nachdem der Markt gestiegen war, und manchmal, wenn er zu fallen anfing. Alles in allem machte ich gutes Geld dabei.
So ganz aus dem Gefühl heraus taten Sie selbst damals das Richtige?
Ja. Im Herbst desselben Jahres besuchte ich dann die Universität in Worcester, Massachusetts, merkte aber bald, dass ich keine Lust hatte, an meiner Dissertation zu arbeiten. Anstatt zu den Vorlesungen zu gehen, stahl ich mich oft davon und ging in Paine Webbers Büro in Worcester, um zu spekulieren.
Das machte mir sehr viel Spaß. Ich verdiente etwas dabei, aber nicht sehr viel. Ich war schockiert, dass ich mehr und mehr die Vorlesungen schwänzte, während ich am Johns Hopkins College ein pflichtbewusster Musterschüler gewesen war. Ich begann, die Vorzeichen zu erkennen, und verließ die Universität im Dezember 1970, um nach New York zu ziehen. Ich wohnte für eine Weile in einer Jugendherberge. Wenn die Leute mich nach meinem Beruf fragten, erzählte ich ihnen ziemlich prahlerisch, dass ich ein Börsenspekulant sei. Ich fand, dass sich das gut anhörte.
Im Frühjahr 1971 fing Getreide wieder an, interessant zu werden. Es ging das Gerücht um, dass der Mehltau überwintert habe, was bedeutete, dass er die Wintertemperaturen überlebt hatte und die Maisernte erneut angreifen würde. Ich nahm mir vor, diesmal voll auf den Mehltau vorbereitet zu sein.
War dies Keltners Theorie oder nur ein Marktgerücht?
Ich glaube, Keltner war derselben Meinung. Ich borgte mir 20 000 Dollar von meiner Mutter, und zusammen mit meinen 30 000 Dollar setzte ich alles auf den Mehltau. Ich kaufte so viel wie möglich an Mais- und Weizenkontrakten im Gegenwert von 50 000 Dollar. Anfangs war der Markt noch stabil, weil die Besorgnis um den Mehltau die Preise auf dem hohen Stand hielt. Ich verdiente nichts, verlor aber auch nichts dabei. Dann, eines Tages – das werde ich nie vergessen –, las ich einen Artikel im Wall Street Journal mit der Überschrift: „Mehr Mehltau im Börsensaal der Chicagoer Börse als auf den Feldern im Mittelwesten“ [lacht]. Der Getreidemarkt eröffnete bedeutend niedriger und sank ziemlich schnell auf den Limitpreis. [In vielen Futures-Märkten ist die maximale tägliche Kursschwankung auf ein bestimmtes Limit festgelegt. Das niedrigste Limit bezieht sich auf ein Sinken des Preises um ein bestimmtes Niveau, während das höchste Limit sich auf den Anstieg um dieselbe Höhe bezieht. Wenn, wie in diesem Fall, der Durchschnittspreis aufgrund von Angebot und Nachfrage unter dem niedrigsten Preislimit liegt, schließt der Markt auf der Höhe des niedrigsten Limitpreises, d. h., der Handel kommt buchstäblich zum Erliegen. Der Grund dafür ist ein Überwiegen an Verkäufern, aber kein wesentlicher Anteil an Kaufwilligen am festgesetzten unteren Limit.]
Sie sahen zu, wie der Markt zusammenbrach?
Ja, ich war im Maklerbüro und beobachtete die Anzeigetafel mit den fallenden Preisen.
Dachten Sie daran, während des Kurssturzes auszusteigen, bevor der Markt auf dem niedrigsten Limit schließen würde?
Ich sagte mir, dass ich aussteigen müsste, aber stattdessen schaute ich nur zu. Ich fühlte mich wie gelähmt. Ich hoffte, dass der Markt sich wieder erholen würde. Ich starrte und starrte, und dann schloss der Markt auf dem niedrigsten Limit, und ich konnte nicht mehr aussteigen. Ich verbrachte eine ganze Nacht damit, darüber nachzudenken, aber ich hatte keine andere Wahl mehr. Ich hatte kein Geld mehr und musste verkaufen. Am nächsten Morgen liquidierte ich meine gesamten Kontrakte.
War der Markt sehr viel weiter abgesunken, als er öffnete?
Nein, nicht sehr viel, nur um rund zwei Cent.
Wie hoch waren Ihre Verluste, nachdem Sie verkauft hatten?
Ich hatte meine eigenen 30 000 verloren, plus 12 000 Dollar von den 20 000, die meine Mutter mir geliehen hatte. Das war meine Lektion dafür, alles auf eine Karte gesetzt zu haben.
Was taten Sie danach?
Ich war ziemlich verstört. Ich beschloss, dass es Zeit wurde, mir einen Job zu suchen. Da wir gerade eine Rezession hatten, erwartete ich nicht, einen besonders guten Job zu finden, und war bereit, mich mit einer niedrigeren Position zufriedenzugeben. Ich musste erleben, dass ich keine Arbeit fand, obwohl ich mich für Jobs vorstellte, für die ich überdurchschnittlich gut qualifiziert war. Zum Schluss wurde mir klar, dass ich diese Jobs nicht bekam, weil ich sie gar nicht richtig wollte.
Ich fand unter den besseren Stellenangeboten eine Position als Analyst für den Warenterminhandel bei Reynolds Securities. Ich stellte fest, dass es einfacher war, diesen gehobeneren Job zu bekommen, weil die Leute merkten, dass ich ihn wirklich wollte. Ich fand auch heraus, dass man bessere Chancen hat, das zu bekommen, was man will, wenn man zielbewusst darauf zustrebt, weil man sich dann einfach mehr Mühe gibt.
An meinem neuen Arbeitsplatz hatten sie eine Glaswand zwischen meinem und dem Hauptbüro, in dem die Broker saßen. Ich war nach wie vor vom Trading besessen, und es quälte mich wahnsinnig, ihnen beim Traden und Geldscheffeln zusehen zu müssen.
Während Sie nur an der Marktforschung arbeiteten?
Genau, die Analysten hatten striktes Verbot, am Trading teilzunehmen. Aber ich beschloss, dass mich das nicht hindern würde. Ich borgte mir wieder Geld von meiner Mutter, meinem Bruder und meiner Freundin und eröffnete ein Konto bei einer anderen Firma. Ich entwickelte ein verschlüsseltes Wortsystem mit meinem Broker, sodass die Mitarbeiter in meinem Büro nicht merken konnten, dass ich die Regeln verletzte. Wenn ich zum Beispiel sagte: „Die Sonne geht auf “, dann bedeutete das eine spezielle Transaktion, und wenn ich sagte: „Das Wetter ist bedeckt“, so hatte es eben eine andere Bedeutung.
Während ich versuchte, meine Marktberichte zu schreiben, schielte ich laufend durch die Glaswand, um die Preise auf der großen Kurstafel im Hauptbüro zu beobachten. Immer wenn ich Gewinn machte, musste ich meine Begeisterung verbergen, und wenn ich Verlust machte, musste ich ebenfalls sichergehen, dass man es an meinem Gesicht nicht ablesen konnte. Ich glaube nicht, dass man jemals etwas bemerkte, aber ich war in einer manischdepressiven Verfassung während dieser Zeit. Ich fühlte mich wie gerädert, denn ich hätte es vorgezogen, anstatt dieses aufwendigen Schauspiels offen handeln zu können.
Haben Sie während dieser Zeit Gewinne oder Verluste erzielt?
Ich verlor. Es war immer derselbe Teufelskreis: Ich borgte ständig Geld und verlor es regelmäßig.
Wussten Sie damals, welche Fehler Sie machten?
Gute Frage. Im Grunde genommen begriff ich die Grundregeln des Handels nicht. Ich machte alles falsch. Im Oktober 1971, während ich mich im Büro meines Brokers aufhielt, traf ich dann eine der Personen, denen ich meinen Erfolg zu verdanken habe.
Wer war das?
Ed Seykota. Er ist ein Genie und ein hervorragender Trader. Er ist außerordentlich erfolgreich. Als ich Ed das erste Mal traf, hatte er gerade seinen Abschluss beim Massachusetts Institute of Technology gemacht und eines der ersten Computerprogramme für das Testen und den Handel mit technischen Systemen entwickelt. Ich weiß bis heute nicht, wie Ed sich trotz seines jugendlichen Alters ein derart umfangreiches Wissen in Bezug auf das Trading hatte aneignen können.
Ed sagte zu mir: „Ich finde, du solltest hier arbeiten. Wir beginnen gerade mit einer Forschungsgruppe, und du kannst dein eigenes Konto führen.“ Es hörte sich großartig an. Das einzige Problem war, dass der Direktor der Research-Abteilung der Firma es ablehnte, mich einzustellen.
Warum?
Ich hatte keine Ahnung, warum, denn ich konnte gute Berichte schreiben, und ich hatte Erfahrung. Als ich ihn um eine Begründung bat, sagte er: „Ich kann Sie nicht einstellen, weil Sie schon zu viel wissen und ich jemanden möchte, den ich ausbilden kann.“ Ich sagte: „Ich würde alles tun, was Sie wollen.“ Zum Schluss überzeugte ich ihn, mich doch einzustellen.
Es war wirklich ein Glücksfall, denn nun konnte ich von Ed, der schon ein sehr erfolgreicher Trader war, lernen. Im Grunde genommen folgte er den Markttendenzen und richtete sich nach den klassischen Handelsprinzipien. Er zeigte mir, wie ich meine Verluste auf ein Minimum beschränken konnte und wie wichtig es war, Gewinnpositionen durchzuhalten.
Ed war ein ausgezeichnetes Vorbild. Einmal zum Beispiel war er short in Silber, und der Markt brach weiter ein. Alle anderen schienen bullish zu sein und redeten darüber, dass Silber wieder anziehen müsse, weil es so billig sei. Ed blieb weiterhin short. Er sagte: „Der Trend ist fallend, und ich werde so lange short bleiben, bis er dreht.“ Ich lernte wie er, geduldig auf die Entwicklung eines Trends zu warten.
Hat Eds Vorbildfunktion Ihnen im Trading Glück gebracht?
Zuerst nicht. Ich machte weiter Verlust, selbst mit Eds Unterstützung.
Erinnern Sie sich noch daran, was Sie damals weiterhin falsch machten?
Ich glaube, ich hatte nicht die Geduld, auf eine klar erkennbare Situation zu warten.
Zogen Sie in Erwägung, Ed einfach zu kopieren, da er so erfolgreich war?
Nein, das brachte ich nicht fertig.
Dachten Sie jemals daran, das Trading aufzugeben?
Manchmal dachte ich daran, dass ich vielleicht mit dem Trading aufhören sollte; ich litt sehr darunter, immer Verluste zu machen. In dem Musical „Anatevka“ gibt es eine Szene, in der der Hauptdarsteller den Blick nach oben wendet und zu Gott spricht. Ich pflegte nach oben zu blicken und zu fragen: „Bin ich denn wirklich so beschränkt?“ Und dann war mir, als wenn ich jemanden sagen hörte: „Nein, dumm bist du nicht, du musst nur am Ball bleiben.“ Und das tat ich dann.
Damals war ich mit Amos Hostetter, einem sehr netten, erfahrenen und erfolgreichen teilzeitpensionierten Makler bei Shearson, befreundet. Ihm gefiel mein Schreibstil, und wir unterhielten uns des Öfteren. Amos bekräftigte mich in vielen Sachen, die Ed mich gelehrt hatte. Ich lernte dieselben Regeln von zwei verschiedenen Personen.
Gaben Sie der Firma damals Tipps?
Ja.
Und wie klappte es mit diesen Tipps?
Es klappte besser, weil ich geduldiger war. Auf jeden Fall war ich total mittellos, und niemand wollte mir mehr Geld leihen. Aber immer noch besaß ich dieses starrköpfige Selbstvertrauen, dass ich es irgendwie schaffen würde, wieder nach oben zu kommen. Ich verdiente nur 12 500 Dollar im Jahr, schaffte es jedoch, 700 Dollar zu sparen. Da dies aber nicht reichte, um ein Konto zu eröffnen, eröffnete ich ein gemeinsames Konto mit einem Freund, der ebenfalls 700 Dollar einzahlte.
Steuerten Sie den Handel mit diesem Konto ganz allein?
Ja, mein Freund kannte sich mit dem Markt überhaupt nicht aus. Es war Juli 1972, und zu der Zeit gab es Preiskontrollen. Der Futures-Markt unterlag vermutlich auch der Preiskontrolle.
War das Nixons Preissperre?
Ja. Soweit ich mich erinnern kann, war der Preis für Sperrholz theoretisch auf 110 Dollar per 1000 Quadratfuß festgelegt. Sperrholz gehörte zu einem der Märkte, die ich für die Firma analysierte. Der Preis war nahe an 110 Dollar herangerückt, und ich verfasste ein bearishes Rundschreiben, in dem ich erwähnte, dass aufgrund der Tatsache, dass die Preise nicht höher als 110 Dollar gehen konnten, man nichts verlieren würde, wenn man bei 110 Dollar short ging.
Wie konnte die Regierung die Preise auf diesem festgesetzten Limit halten? Was hinderte Angebot und Nachfrage daran, einen höheren Preis vorzuschreiben?
Es war gegen das Gesetz, dass die Preise stiegen.
Wollen Sie damit sagen, dass der Hersteller keinen höheren Preis verlangen durfte?
Richtig. Was wirklich geschah, war, dass der Preis künstlich niedrig gehalten wurde, und eine Binsenweisheit besagt, dass ein künstlich niedrig gehaltener Preis eine Knappheit zur Folge hat. Es entwickelte sich also ein Mangel an Sperrholz. Angeblich war auch der Futures-Handel an diese Vorschriften gebunden, aber eigentlich war sich keiner so sicher; man tappte ziemlich im Dunkeln. Eines Tages, während ich die Kurstafel beobachtete, erreichte der Preis 110 Dollar. Dann stieg er auf 110,10 Dollar, dann auf 110,20. Mit anderen Worten, der Preis für die Futures wurde mit 20 Cent über der legalen Preisgrenze gehandelt. Ich machte ein paar Anrufe, um herauszufinden, was da ablief, aber niemand schien Bescheid zu wissen.
Waren Sperrholz-Futures die Einzigen auf dem Markt, die die Preisgrenze überschritten?
Ja. Aber vorerst passierte nichts mehr. Ich glaube, der Markt schloss an jenem Tag um die 110 Dollar. Am nächsten Tag eröffnete er mit ungefähr 110,80 Dollar. Ich sagte mir: Wenn heute über 110 Dollar gehandelt wird, kann der Preis womöglich noch weiter steigen. Also kaufte ich einen Kontrakt. Nun, schließlich stieg Sperrholz auf 200 Dollar an. Nachdem ich den ersten Kontrakt gekauft hatte, brauchte ich also nur Kontrakt auf Kontrakt zu häufen und die Position durchzuhalten.
War das Ihr erster richtig großer Handel, nachdem Sie im Getreidemarkt alles verloren hatten?
Ja.
Blieb der Kassakurs im Sperrholzmarkt auf 110 Dollar stehen?
Der Futures-Markt war die letzte Rettung für Verbraucher, die keine Lieferungen aus anderen Quellen beschaffen konnten.
Es entstand also ein zweigleisiger Markt, sozusagen ein legaler Schwarzmarkt?
Ja, diejenigen, die außerhalb des legalen Marktes operieren mussten, weil sie keine langfristigen Vereinbarungen mit den Herstellern hatten, konnten ihr Sperrholz nur zu einem höheren Preis auf dem Futures-Markt kaufen. Die Hersteller schäumten vor Wut über die Tatsache, dass sie im Rahmen der legalen Preisgrenze verkaufen mussten.
Warum verkauften die Hersteller nicht einfach Futures und lieferten gegen diese Kontrakte, anstatt auf dem Kassamarkt zu dem legal festgesetzten Preis zu verkaufen?
Die Schlaueren lernten sehr schnell, aber der Futures-Handel mit Sperrholz steckte noch in den Kinderschuhen, und die meisten Händler waren noch nicht so gewitzt. Einige Händler waren sich wahrscheinlich nicht sicher, ob es legal war, so etwas zu tun. Selbst wenn sie dachten, dass es legal war, erzählten ihre Rechtsanwälte ihnen wahrscheinlich: „Es mag wohl möglich sein, Sperrholz zu allen möglichen Preisen auf dem Futures-Markt zu kaufen, aber vielleicht ist es besser, nicht über dem gesetzlich festgesetzten Preis zu verkaufen und zu liefern.“ Es blieben eine Menge Fragen offen.
Versuchte die Regierung jemals, sich in den Futures-Markt einzumischen?
Nun, nicht direkt, aber darauf möchte ich später zurückkommen. Innerhalb von wenigen Monaten waren meine 700 Dollar im Sperrholzhandel jedenfalls auf 12 000 Dollar angewachsen.
War es der einzige Handel, den Sie laufen hatten?
Ja. Dann hatte ich die glorreiche Idee, dass dieselbe Mangelsituation auf dem Bauholzmarkt eintreten müsste. Ich setzte alles auf eine Karte, genauso, wie ich es im Mais/Weizenhandel getan hatte, weil ich erwartete, dass Bauholz ebenfalls über den limitierten Preis steigen würde.
Was passierte dann mit dem Bauholz?
Es passierte gar nichts. Ich beobachtete nur, wie Sperrholz von 110 Dollar auf 200 Dollar stieg. Da beides Holzprodukte waren und Bauholz ebenfalls knapp war, dachte ich mir, es müsse ebenfalls beträchtlich steigen – und das hätte es auch gemusst. Nachdem ich Bauholz für 130 Dollar gekauft hatte, wachte allerdings die Regierung endlich auf und wurde auf die Sperrholzsituation aufmerksam. Sie war entschlossen, mit Bauholz nicht dasselbe passieren zu lassen. Einen Tag nachdem ich in Bauholz investiert hatte, teilte ein Regierungssprecher mit, dass die Regierung Bauholzspekulanten, die versuchen würden, den Markt wie bei Sperrholz hochzutreiben, gerichtlich verfolgen würde. Der Bauholzmarkt brach nun aufgrund dieser Meldung zusammen. Ich war erneut an der Grenze des Ruins. Es folgte eine Zeitspanne von zwei Wochen, innerhalb derer diese Meldungen ständig wiederholt wurden. Der Markt stabilisierte sich dann knapp über dem Punkt meines Bankrotts. Ich hatte gerade noch genug Geld, um an meiner Position festhalten zu können.
Der Preis war 130 Dollar, als Sie kauften. Wie stand er zu diesem Zeitpunkt?
Auf ca. 117 Dollar.
Obwohl der Umfang dieser Senkung also viel kleiner war als der Preisanstieg bei Sperrholz, verloren Sie jedoch genau so viel Geld, weil Sie im Bauholz eine größere Position als im Sperrholz hatten.
Richtig. Während dieser beiden Wochen war ich ständig an der Grenze eines Bankrotts. Es waren die schlimmsten Wochen meines Lebens. Ich ging jeden Tag ins Büro, nahe daran aufzugeben.
Aufzugeben, um dieser Qual ein Ende zu machen oder damit noch etwas übrig bleiben würde?
Beides. Ich war so niedergeschlagen, dass ich keine Kontrolle mehr über meine zitternden Hände hatte.
Wie nahe waren Sie dem Bankrott?
Meine 12 000 Dollar waren auf unter 4000 Dollar zusammengeschrumpft.
Sagten Sie sich nicht selbst: „Es ist unglaublich, dass ich es wieder fertiggebracht habe?“
Ja, und ich tat es danach nie wieder. Es war das letzte Mal, dass ich alles auf einen Trade gesetzt habe.
Was passierte danach?
Ich schaffte es durchzuhalten, und der Markt erholte sich schließlich wieder. Es gab eine Mangelsituation, und die Regierung schien nicht mehr gewillt zu sein, den Futures-Markt zu bremsen.
War es Einsicht oder Mut, was Ihnen die Willenskraft gab, durchzuhalten?
Hauptsächlich war es Verzweiflung, obwohl auch der Chart eine Unterstützungslinie aufwies, die der Markt nicht zu durchbrechen vermochte. So wartete ich ab. Am Ende des Jahres hatten die 700 Dollar, die auf 12 000 gestiegen und danach auf unter 4000 gefallen waren, einen Wert von 24 000 Dollar. Nach dieser schrecklichen Erfahrung habe ich mich eigentlich nie wieder richtig übernommen. Im nächsten Jahr, 1973, fing die Regierung an, die Preiskontrollen aufzuheben. Da die Preiskontrollen zahlreiche künstliche Mangelsituationen geschaffen hatten, gab es einen enormen Ansturm auf viele Waren, nachdem die Kontrollen aufgehoben waren. Beinahe alles stieg im Preis. Auf vielen Märkten verdoppelten sich die Preise, und ich war in der Lage, die enorme Hebelwirkung auszunutzen, die die niedrigen Futures-Einschüsse boten. Was ich von Seykota über das Ausharren in Märkten innerhalb eines Trends gelernt hatte, zahlte sich wirklich aus. 1973 stieg mein Konto von 24 000 Dollar auf 64 000 Dollar an.
Um diese Zeit sahen wir etwas völlig Neues. Ich kann mich gut an diese Märkte erinnern. Selbst als die Preise erst um zehn Prozent ihres späteren Anstiegs geklettert waren, erschien uns das im Rückblick als eine sehr große Preisveränderung. Wie kamen Sie darauf, dass die Preise noch viel höher steigen könnten?
Zur damaligen Zeit stand ich politisch eher rechts, und das passte zu der Eigenschaft eines Inflationsschwarzsehers. Die Theorie, dass die böse Regierung laufend den Wert unserer Währung aushöhlte, lieferte uns die perfekte Perspektive für den Handel auf den inflationären Märkten der mittsiebziger Jahre.
Es war die richtige Theorie zur rechten Zeit.