Das kleine rote Buch, das gelesen werden wollte - Christa Jagnow-Bögershausen - E-Book

Das kleine rote Buch, das gelesen werden wollte E-Book

Christa Jagnow-Bögershausen

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Beschreibung

Das kleine rote Buch steht im Regal der Buchhandlung von Herrn Maus und wartet sehnsüchtig darauf, gelesen zu werden. In die "Leseeule" kommen viele Kinder, um ein Buch zu kaufen oder in der Leseecke zu schmökern, doch sie laufen achtlos am roten Buch vorüber. Den Buchstaben in dem kleinen roten Buch ist langweilig. Sie springen aus den Sätzen, spielen Fangen und purzeln durcheinander. Wann liest denn endlich jemand ihre Geschichte? Als eines Tages eine alte Dame die Buchhandlung betritt, beginnt für das kleine rote Buch eine abenteuerliche Reise. Das Mädchen Hannah ist sich ganz sicher: Ein Buch lesen, ist superspannend, besser als jeder Film. Aber mehr wird nicht verraten...lest selbst!

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Inhaltsverzeichnis

1.

KAPITEL

2.

KAPITEL

3.

KAPITEL

4.

KAPITEL

5.

KAPITEL

6.

KAPITEL

7.

KAPITEL

8.

KAPITEL

9.

KAPITEL

10.

KAPITEL

11.

KAPITEL

12.

KAPITEL

13.

KAPITEL

14.

KAPITEL

15.

KAPITEL

16.

KAPITEL

17.

KAPITEL

18.

KAPITEL

19.

KAPITEL

20.

KAPITEL

21.

KAPITEL

22.

KAPITEL

23.

KAPITEL

24.

KAPITEL

1. KAPITEL

Das kleine rote Buch stand hinten im Regal der Buchhandlung an der Ecke. Tag für Tag wartete es darauf, dass es auch einmal herausgezogen wurde, wie die vielen anderen Bücher, die von den Kindern durchgeblättert wurden. Gerade hatte Herr Maus seine Buchhandlung aufgeschlossen und das Blechschild GEÖFFNET an die Tür gehängt. Das tat er jeden Morgen genau um neun Uhr. Auf der Schaufensterscheibe stand in großen Buchstaben LESEEULE. Eilig stellte er den mitgebrachten Strauß bunter Tulpen, seine Lieblingsblumen, in die Vase. Er setzte sich wie jeden Tag seine Lesebrille auf, die an einer langen Schnur um den Hals baumelte, nahm auf seinem Schreibtischstuhl Platz und las die Tageszeitung. Es war still in der Buchhandlung. Nur hin und wieder hörte man das raschelnde Umblättern der Zeitungsseiten. Herr Maus liebte seine Bücher. Stets schaute er, ob alle ordentlich in den deckenhohen Regalen standen. Manchmal brauchte er eine lange Leiter, wenn er ein Buch herausziehen wollte, das ganz oben stand. Auf der einen Seite waren die Regale mit den Kinderbüchern. Hier fanden die kleinen Lesemäuse alles, was ihr Herz begehrte: Bilderbücher, Märchenbücher, Bücher über Ritter und Indianer, Detektivgeschichten und viele andere spannende Abenteuer. An der gegenüber liegenden Wand befanden sich die Regale mit den Schmökern für Erwachsene. Dicke Romane und Taschenbücher standen dort. Es gab außerdem eine Reihe mit Reisebüchern, die von fernen Ländern erzählten. Da blieben die Erwachsenen oft lange stehen und blätterten mit sehnsuchtsvollem Blick durch Bilder und Beschreibungen. In der hintersten Ecke der Buchhandlung gab es eine Leseecke. Zwei gemütliche Sessel standen dort und ein runder Tisch mit einer Leselampe. Mit ihrem matt schimmernden Licht konnte man, selbst wenn es dunkel wurde, prima lesen. Ein kleines Bücherregal in der Ecke war voll mit gebrauchten, etwas abgegriffenen Kinderbüchern. An dem Regal hing ein handgeschriebener Zettel: „Zum Schmökern“, stand darauf. Für die Kinder lagen große bunte Sitzkissen auf dem Boden. Dort konnten sie sich hinein kuscheln und stundenlang lesen. Langsam ging Herr Maus durch seinen Laden, rückte da und dort ein Buch zurecht und damit es in der Leseecke noch gemütlicher aussah, platzierte er die Vase mit den Tulpen auf dem kleinen runden Tisch. Heute trug Herr Maus seinen grauen Lieblingspullover und seine bequemen, braun-karierten Hausschuhe. Jeden Morgen zog er seine Straßenschuhe aus und schlüpfte in seine gemütlichen Pantoffeln.

Nur so fühlte er sich wohl. Seine Haare waren immer etwas verwuschelt, denn wenn Herr Maus nachdachte, und das tat er oft, fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare. Heute waren sie besonders verwuschelt, denn Herr Maus hatte lange darüber nachgedacht, wo er das Paket mit den neu gelieferten Büchern hingestellt hatte. Ach da, in der hintersten Ecke unter dem Schreibtisch. Als er das Paket hervorholen wollte, klingelte die Türglocke und Nelli betrat den Buchladen. Herr Maus mochte die Kinder, die in seine „Leseeule“ kamen und kannte alle ihre Lieblingsbücher. Nelli war acht Jahre alt. Sie mochte die „Leseeule“ sehr, denn hier roch es so schön nach Papier, und hier fand sie viele Bücher mit Piratengeschichten. Sie liebte aufregende Abenteuer. „Guten Tag, Herr Maus“, rief Nelli fröhlich.

„Guten Tag, Nelli. Schon Schule aus?“ „Ja, mittwochs haben wir nur bis zwölf“, und schon war sie auf der Suche nach einem spannenden Buch.

Wie immer waren Nellis lange blonde Haare zu zwei dicken Zöpfen geflochten. Ihre Strümpfe waren heruntergerutscht und man konnte ihr aufgeschlagenes Knie sehen, auf dem sich eine große Kruste gebildet hatte. Das kleine rote Buch kannte Nelli auch schon, und die Buchstaben wussten, dass sie immer an ihrem Regal vorbeilief, direkt zu den Abenteuerbüchern. Würde sie heute ihr Buch lesen? Nein, auch heute nicht, wie schade. Sie hatte sich schon mit dem Piratenbuch in die bunten Kissen gekuschelt.

2. KAPITEL

Die Buchstaben waren stolz auf ihr rotes Buch, denn auf dem Buchdeckel stand der Titel in großen goldverzierten Lettern, obwohl, na ja, der Name war nicht mehr richtig zu erkennen. Die goldene Farbe war verblichen, denn das rote Buch war schon lange in der Buchhandlung. Wenn den Buchstaben langweilig war, purzelten sie durcheinander, spielten Fangen und Verstecken, so dass die Sätze gar keinen Anfang und kein Ende mehr hatten.

„Ach, warum kauft denn keiner unser kleines rotes Buch? Wir erzählen doch so eine schöne Geschichte?“, sagte das A zum großen B, das sich an seinem dicken Bauch kratzte.

„Ja“, zischelte das Z von ganz hinten, „wenn die Kinder uns doch nur einmal anschauen würden.“

„Pst, schnell alle wieder in die Sätze! Da kommt ein Mädchen“, flüsterte das kleine f. Dieses Mädchen mit den langen roten Haaren kannten die Buchstaben noch nicht. Sie war noch nie hier gewesen. Im Arm trug sie einen zotteligen Teddybären. Zögernd hatte das Mädchen die „Leseeule“ betreten und ging langsam an den Regalen vorbei. Bei manchen Büchern blieb sie staunend stehen. Die Buchstaben des kleinen roten Buches standen kerzengerade in ihren Sätzen und waren sehr aufgeregt. Würde sich das Mädchen mit den roten Haaren ihr Buch ansehen?

„So viele Bücher“, flüsterte das Mädchen.

„Guten Tag, junge Dame“, begrüßte Herr Maus sie freundlich. „Kann ich dir helfen?“ „Guten Tag“, sagte das Mädchen leise, „ja, ich suche ein Geschenk für meine Freundin, die morgen Geburtstag hat. Sie wird sieben Jahre alt.“

„So, so“, murmelte Herr Maus und wuschelte sich mit der Hand durch die Haare. „Was mag deine Freundin denn besonders gerne?“

„Pferde“, sagte das Mädchen, „Pferde mag sie ganz besonders gerne.“

„Mmh, mmh ... mal überlegen“, murmelte Herr Maus, die Hand immer noch am Kopf. „Ach, da habe ich doch was für dich. Schau mal“. Herr Maus drückte dem Mädchen ein großes Bilderbuch in die Hand. ALLES WAS DU ÜBER PFERDE WISSEN MUSST, stand in großen Buchstaben vorne drauf. „Du kannst dich gerne in die Leseecke setzen und es dir anschauen. Vielleicht ist dieses Buch ja genau das richtige für deine Freundin.“

„Danke“, antwortete das Mädchen und lächelte.

Dann kuschelte sie sich mit dem Buch und ihrem Teddybären in ein Sitzkissen neben Nelli, die ganz in ihr Piratenbuch vertieft war. Das kleine rote Buch hatte dem Gespräch gespannt zugehört. „Och“, jammerte jetzt das kleine j. „Warum ist sie nur an uns vorbeigegangen? Hat sie denn unser leuchtend rotes Buch nicht gesehen? Rot ist eine so schöne Farbe – rot wie die Rose – rot wie die Kirschen – rot wie der Lippenstift der feinen Damen, rot ...“

„Ach hör doch auf“, maulte das kleine a, „sie wird bestimmt das Pferdebuch kaufen. Ihre Freundin mag Pferde, hast du das denn nicht gehört?“

„Ich will aber, dass sie unser Buch kauft“, entgegnete das j ärgerlich und knuffte das a in die Seite.

„Hört auf zu streiten“, sagte das B mit dem dicken Bauch, „wir müssen uns noch ein wenig gedulden“.

„Ja, seid leise“, sagte auch das große S, das ein großartiger Streitschlichter war. „Wartet noch ein Weilchen. Ich bin mir sicher, dass wir bald gelesen werden, aber dafür müssen wir einen guten Eindruck machen. Vertragt euch und stellt euch schnell wieder in euren Satz – nun kommt schon.“ Das kleine j entschuldigte sich reumütig beim kleinen a, und schnell liefen sie an ihren Platz zurück.

„Das habt ihr super gemacht!“, lobte das S die kleinen Buchstaben. „Ich bin stolz auf euch – jetzt können die Leser kommen.“

Währenddessen hatte das Mädchen mit den roten Haaren das Pferdebuch fertig angeschaut. Ja, das war genau das richtige Geschenk für ihre Freundin. Sie kramte ihr Taschengeld hervor und legte es auf den Kassentisch. Herr Maus zählte nach und bedankte sich.

„Ich hoffe, deine Freundin hat Spaß daran. Vielen Dank und bis bald. Auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen“, entgegnete das Mädchen. Die Türglocke klingelte als sie die „Leseeule“ verließ, und Herr Maus sah wie sie ihrer Mutter, die vor dem Schaufenster auf sie gewartet hatte, freudig das schöne Pferdebuch zeigte.

3. KAPITEL

Herr Maus sah auf die große Uhr, die über der Tür hing. Oh, schon bald Mittagszeit. „Nelli! Nelli?“, rief er etwas lauter. „Hast du die Zeit vergessen? Deine Mama wartet bestimmt schon auf dich.“

„Ach“, seufzte Nelli, „ich muss ja nach Hause, wie schade. Das Buch ist gerade so spannend. Kapitän Riesenbart will die Prinzessin befreien. Darf ich es morgen weiterlesen, Herr Maus?“

„Aber sicher, Nelli. Doch jetzt schnell nach Hause mit dir. Bis morgen und auf Wiedersehen.“

„Ich habe das Geld bald zusammen, dann kauf ich es mir. Bis morgen!“, rief Nelli und war schon an der Tür. „Tschüss!“ Und ihre blonden Zöpfe flogen, als sie schnell wie der Wind nach Hause lief. Herr Maus setzte sich an seinen großen Schreibtisch, der hinten rechts neben dem Kassentisch stand. Daneben stapelten sich riesige Türme neuer Bücher. Er setzte seine Lesebrille auf und sah die Lieferscheine durch, als plötzlich ein lautes: „Hallihallo, ich bin es!“, durch den Laden tönte.

„Ich hoffe, sie haben Hunger, Herr Maus“. Es war die Nachbarin Maria, die ein italienisches Restaurant besaß. Sie war eine ausgezeichnete Köchin und wusste, dass Herr Maus Spaghetti mit Tomatensoße liebte. Immer wenn die Zeit es ihr erlaubte, brachte sie Herrn Maus einen Teller mit seinem Lieblingsgericht rüber. Da stand sie, lächelnd mit einer Schüssel dampfender Nudeln vor dem Schreibtisch, eine weiße Kochschürze umgebunden, die schwarzen Haare unter einem bunten Tuch versteckt. „Guten Appetit, Herr Maus. Oder wie wir Italiener sagen: buon appetito!“

„Hmm, wie das duftet. Vielen lieben Dank, Maria. Sie sind die Beste!“, freute sich Herr Maus. „So ein leckeres Mittagessen.“

Bevor er sich die erste Gabel in den Mund geschoben hatte, war Maria schon wieder weg. Freundlich winkte sie ihm zu, während sie am Schaufenster vorbei, zu ihrem Restaurant zurückeilte. Als die Türglocke klingelte, hatte er gerade den letzten Bissen im Mund. Jonas, hieß der großgewachsene Junge mit dem blonden Kurzhaarschnitt, den Herr Maus freundlich begrüßte.

„Du möchtest bestimmt dein Englischbuch abholen, das du gestern bestellt hast?“

„Ja, genau“, entgegnete Jonas.