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Das Klima-Buch von Greta Thunberg E-Book

Greta Thunberg

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Beschreibung

Greta Thunberg hat die Welt aufgerüttelt und tief bewegt. Mit dem Klima-Buch schafft sie nun ein unverzichtbares Werkzeug – für alle, die sich für die Rettung unseres Planeten einsetzen wollen.  Die Aufgabe scheint geradezu unmöglich: eine Zukunft für das Leben auf unserem Planeten zu sichern. So schnell und umfassend zu handeln wie noch nie zuvor. Und sich dabei gegen scheinbar übermächtige Gegner durchzusetzen – nicht nur gegen Ölmultis und Regierungen, sondern auch gegen das im Wandel befindliche Klimasystem selbst. Unsere Chancen stehen nicht besonders gut, und die Zeit läuft uns davon – aber es könnte alles auch ganz anders kommen.  Weltweit haben Expert:innen aus Geophysik, Mathematik, Ozeanographie, Meteorologie, Ökonomie, Psychologie und Philosophie ihr Fachwissen eingesetzt, um ein tieferes Verständnis der Krisen zu entwickeln, mit denen wir konfrontiert sind. Greta Thunberg hat ihr Klima-Buch in Zusammenarbeit mit über hundert Wissenschaftler:innen zusammengestellt. Außerdem erzählt sie von ihren eigenen Erfahrungen, die sie sammeln konnte. Davon, wie sie das weltweit praktizierte Greenwashing aufgedeckt und somit gezeigt hat, wie sehr wir alle hinters Licht geführt wurden. Dies ist eines der größten Probleme unserer Zeit, aber – wie Greta sagt – zugleich auch unsere größte Hoffnung. Erst wenn wir alle das Gesamtbild kennen, werden wir auch handeln können. Wenn ein einzelnes streikendes Schulkind einen weltweiten Protest lostreten kann, was könnten wir dann gemeinsam alles erreichen?  In der heutigen Zeit zu leben – der entscheidendsten Zeit der Menschheitsgeschichte –, bedeutet, eine große Verantwortung zu tragen. Das Klima-Buch zeigt, dass wir gemeinsam das scheinbar Unmögliche schaffen können. Aber wir müssen es tun – und zwar jetzt!  Greta Thunberg, geb. 2003, startete im August 2018 einen Schulstreik für das Klima vor dem schwedischen Parlament, der sich seitdem auf der ganzen Welt verbreitet hat. Es kommen zu Wort: Abrahm Lustgarten, Adriana de Palma, Alexander Popp, Alexandra Urisman Otto, Alice Garvey, Alice Larkin, Amitav Ghosh, Ana M. Vicedo-Cabrera, Andy Purvis, Annie Lowrey, Ayana Elizabeth Johnson, Ayisha Siddiqa, Beth Shapiro, Beverly Law, Bill McKibben, Bjørn H. Samset, Carlos Nobre, Christian Brand, Dave Goulson, David Wallace-Wells, Derek Macfadden, Disha A. Ravi, Drew Shindell, Elin Anna Labba, Elizabeth Kolbert, Erica Chenoweth, Eugene Linden, Felipe J. Colón-González, Friederike Otto, George Monbiot, Gidon Eshel, Glen Peters, Hans-Otto Pörtner, Hilda Flavia Nakabuye, Hindou OumarouIbrahim, Ina Maria Shikongo, Isak Stoddard, Jacqueline Patterson, Jason Hickel, Jennie C. Stephens, Jennifer A. Francis, Jennifer Soong, Jillian Anable, Joëlle Gergis, Johan Rockström, John Barrett, John Brownstein, Julia Arieira, Karin Kvale, Karl-Heinz Erb, Kate Marvel, Kate Raworth, Katharine Hayhoe, Keith W. Larson, Ketan Joshi, Kevin Anderson, Laura Verónica Muñoz, Lorraine Whitmarsh, Lucas Chancel, Margaret Atwood, Marshall Burke, Mauricio Santillana, Michael Clark, Michael Mann, Michael Oppenheimer, Michael Taylor, Mike Berners-Lee, Mitzi Jonelle Tan, Naomi Klein, Naomi Oreskes, Nathália Nascimento, Nicholas Stern, Nicki Becker, Niclas Hällström, Nina Schrank, Olúfé.mi O. Táíwò, Örjan Gustafsson, Paulo Ceppi, Per Espen Stoknes, Peter Brannen, Peter H. Gleick, Rebecca Wrigley, Ricarda Winkelmann, Rob Jackson, Robin Wall Kimmerer, Saleemul Huq, Samuel S. Myers, Sarah McGough, Seth Klein, Silpa Kaza, Simone Gingrich, Solomon Hsiang, Sonia Guajajara, Sonja Vermeulen, Stefan Rahmstorf, Stuart Capstick, Sunita Narain, Taikan Oki, Tamsin Edwards, Tedros Adhanom Ghebreyesus, Thomas Piketty, Wanjira Mathai, Zeke Hausfather

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Seitenzahl: 768

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DAS KLIMA BUCH

VON

GRETA THUNBERG

Aus dem Englischen vonMichael Bischoff und Ulrike Bischoff

Greta Thunberg sammelt für ihr einzigartiges Projekt eines umfassenden Klima-Buches alles relevante Wissen, um die Klimakrise verstehen zu können. Sie hat die wichtigsten Wissenschaftler:innen der Welt gebeten, in kurzen Texten den Stand ihrer jeweiligen Forschung klar und verständlich darzulegen.

Es geht um alle wichtigen Themen: schmelzende Eisberge, Fast Fashion, Artenschwund, Pandemien, das Verschwinden von Inseln, Abholzungen, Verlust fruchtbarer Böden, Wasserknappheit, Souveränität der Ureinwohner, Migration, Nahrungsmittelproduktion, Kohlenstoffhaushalt, Hitze, Luftverschmutzung, Dürre, Fluten, steigende Meeresspiegel, Mikroplastik, Insekten, Gesundheit, Klimagerechtigkeit, erneuerbare Energien, Müll, Utopien – und was wir jetzt tun müssen.

Greta Thunberg selbst zeigt die großen Zusammenhänge, ordnet ein, kommentiert und gibt Ausblicke. Alles, was man wissen muss zum wichtigsten Thema unserer Zeit in einem einzigen Buch: dem großen Klima-Buch.

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Greta Thunberg wurde 2003 geboren. Im August 2018 begann sie vor dem schwedischen Parlamentsgebäude mit einem Schulstreik, der sich inzwischen über die gesamte Erde ausgebreitet hat. Sie ist Aktivistin der Bewegung Fridays for Future und hat auf zahlreichen Klimademonstrationen in aller Welt gesprochen wie auch vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos, dem US-Kongress und den Vereinten Nationen.

Die globale Durchschnittstemperatur ist seit vorindustriellen Zeiten um etwa 1,2 °C gestiegen.1

Im 2021 herausgegebenen Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC – kurz auch Weltklimarat genannt) über die »aktuellen Befunde der physikalischen Wissenschaft des Klimawandels« gelangt eine Gruppe von 234 führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 66 Ländern zu dem Schluss, es stehe »außer Zweifel, dass menschliche Einflüsse Atmosphäre, Meer und Land erwärmt haben. Die Atmosphäre, das Meer, die Kryosphäre und die Biosphäre haben weitreichende und rasche Veränderungen erlebt.«

Die Konzentration aus menschlichen Aktivitäten stammender Treibhausgase – darunter Kohlendioxid, Methan, Stickoxide und Fluorkohlenwasserstoffe – hat in der Atmosphäre ein Ausmaß erreicht, wie es seit Millionen Jahren nicht zu finden war, seit einer Zeit, als am Südpol Bäume wuchsen und der Meeresspiegel 20 Meter höher lag.

Trotz ernster Warnungen in den 1980er und 1990er Jahren haben wir seit 1991 mehr CO2 emittiert als in der gesamten Menschheitsgeschichte davor.

Nach Schätzungen des IPCC betrug unser Kohlenstoffbudget für eine 67-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C Anfang 2020 etwa 400 Gigatonnen.2 Bei den gegenwärtigen Emissionsraten werden wir dieses Kohlenstoffbudget schon vor 2030 ausgeschöpft haben.

Manche Länder tragen historisch eine erheblich größere Verantwortung für die Emissionen als andere. Die größten Emittenten setzten zwischen 1850 und 2021 Hunderte Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre frei.

2015 unterzeichneten fast alle Staaten der Erde – insgesamt 195 – das Pariser Klimaschutzabkommen. Ziel dieses Abkommens ist die Beschränkung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C und im Idealfall unter 1,5 °C gegenüber vorindustriellen Niveaus.

Die Welt ist nicht auf dem Weg, diese Ziele zu erreichen. Zwischen den Zusagen der Staaten und den tatsächlich ergriffenen Maßnahmen klafft eine gewaltige Lücke. Viele Emissionen – wie die des internationalen Luft- und Schiffsverkehrs und die mit dem Militär zusammenhängenden Emissionen – werden gar nicht erfasst oder bleiben bislang unberücksichtigt.

Auf der Grundlage der bisherigen Politik schätzt der IPCC, dass die globale Erwärmung 2100 etwa 3,2 °C betragen wird.

1Experten nennen gelegentlich unterschiedliche Zahlen für den Anstieg der globalen Temperaturen; diese Unterschiede bewegen sich in einem Bereich von 1–1,3 °C. Die Gründe: Manche datieren den Beginn der industriellen Revolution auf andere Jahre; manche berechnen die Zahlen aus der Durchschnittstemperatur des letzten Jahrzehnts; und es gibt für die einzelnen Jahre geringfügige Unterschiede in den Temperaturangaben.

2Das Kohlenstoffbudget ist die maximale Menge CO2, die noch emittiert werden darf, wenn die Menschheit eine Chance haben soll, die Erwärmung auf 1,5 oder 2 °C zu begrenzen.

Inhalt

TEIL 1

Wie das Klima funktioniert

1.1 »Um dieses Problem zu lösen, müssen wir es zunächst verstehen«

Greta Thunberg

1.2 Die umfassende Geschichte des Kohlendioxids

Peter Brannen / Wissenschaftsjournalist, der u. a. für The Atlantic schreibt, und Autor von The Ends of the World.

1.3 Unser Einfluss auf die Evolution

Beth Shapiro / Professorin für Ökologie und Evolutionsbiologie an der University of California Santa Cruz und Autorin von Life as We Made It.

1.4 Zivilisation und Aussterben

Elizabeth Kolbert / Journalistin bei The New Yorker Magazine und Autorin von Wir Klimawandler. Wie der Mensch die Zukunft erschafft.

1.5 »Die Wissenschaft ist so zuverlässig, wie sie nur sein kann«

Greta Thunberg

1.6 Die Entdeckung des Klimawandels

Michael Oppenheimer / Atmosphärenwissenschaftler, Professor für Geowissenschaften und internationale Politik an der Princeton University und langjähriger Mitautor der Sachstandsberichte des IPCC.

1.7 Warum haben sie nicht gehandelt?

Naomi Oreskes / Professorin für Wissenschaftsgeschichte und Affiliated Professor für Geo- und Planetenwissenschaft an der Harvard University.

1.8 Kipppunkte und Rückkopplungsschleifen

Johan Rockström / Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam und Professor an der Universität Potsdam.

1.9 »Dies ist die größte Geschichte der Welt«

Greta Thunberg

TEIL 2

Wie unser Planet verändert wird

2.1 »Das Wetter scheint auf Steroiden zu sein«

Greta Thunberg

2.2 Wärme

Katharine Hayhoe / Inhaberin des Stiftungslehrstuhls und außerordentliche Professorin an der Texas Tech University und Autorin von Saving Us.

2.3 Methan und kurzlebige Treiber des Klimawandels

Zeke Hausfather / Climate Research Lead bei Stripe, Forscher bei Berkeley-Earth.

2.4 Luftverschmutzung und Aerosole

Bjørn H. Samset / Senior Scientist am CICERO Centre for International Climate Research, Koordinator beim 6. Sachstandsbericht des IPCC und Experte für die Klimafolgen von Nicht-CO2-Emissionen.

2.5 Wolken

Paulo Ceppi / Lektor für Klimawissenschaft am Grantham Institute und am Department of Physics des Imperial College London.

2.6 Die rasche Erwärmung der Arktis und der Jetstream

Jennifer Francis / Senior Scientist am Woodwell Climate Research Center und ehemals Research Professorin am Department of Marine and Coastal Sciences der Rutgers University.

2.7 Gefährliches Wetter

Friederike Otto / Senior Lecturer für Klimawissenschaft am Grantham Institute des Imperial College London und Ko-Leiterin der Initiative World Weather Attribution.

2.8 »Der Schneeball ist ins Rollen gebracht«

Greta Thunberg

2.9 Dürren und Überschwemmungen

Kate Marvel / Klimawissenschaftlerin am Center for Climate Systems Research der Columbia University und am NASA Goddard Institute for Space Studies.

2.10 Eisschilde, Schelfeis und Gletscher

Ricarda Winkelmann / Professorin für Klimasystemanalyse an der Universität Potsdam und am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

2.11 Die Erwärmung der Meere und der Anstieg des Meeresspiegels

Stefan Rahmstorf / Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam.

2.12 Versauerung der Ozeane und Meeresökosysteme

Hans-Otto Pörtner / Klimatologe und Physiologe, Professor und Leiter der Abteilung für integrative Ökophysiologie am Alfred-Wegener-Institut.

2.13 Mikroplastik

Karin Kvale / Senior Researcher am Institute of Geological and Nuclear Science und Expertin für die Modellierung der Rolle der Meeresökologie in globalen biogeochemischen Kreisläufen.

2.14 Süßwasser

Peter H. Gleick / Mitbegründer und emeritierter Präsident des Pacific Institute, Mitglied der US National Academy of Sciences, Hydroklimatologe.

2.15 »Es ist viel näher, als wir glauben«

Greta Thunberg

2.16 Waldbrände

Joëlle Gergis / Senior Lecturer für Klimawissenschaft an der Australian National University und Hauptautorin des 6. Sachstandsberichts des IPCC, Climate Change 2021: The Physical Science Basis.

2.17 Das Amazonasgebiet

Carlos Nobre / Erdsystemforscher zum Amazonasgebiet, Vorsitzender des Scientific Panel for the Amazon und Einlader zum Projekt Amazonia 4.0.

Julia Arieira / Pflanzenökologin und Erdsystemwissenschaftlerin an der brasilianischen Bundesuniversität in Espírito Santo.

Natália Nascimento / Geographin und Erdsystemwissenschaftlerin an der brasilianischen Bundesuniversität in Espírito Santo.

2.18 Boreale und gemäßigte Wälder

Beverly E. Law / Emeritierte Professorin für die Biologie der globalen Veränderung und Erdsystemwissenschaft an der Oregon State University.

2.19 Terrestrische Biodiversität

Adriana De Palma / Young Scientist des Weltwirtschaftsforums und Senior Researcher am Natural History Museum in London.

Andy Purvis / Forscher für Biodiversitätswandel am Natural History Museum in London und koordinierender Hauptautor für ein Kapitel des ersten Berichts des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) über Biodiversität und Ökosystemdienste.

2.20 Insekten

Dave Goulson / Professor für Biologie an der University of Sussex, Verfasser von mehr als 400 wissenschaftlichen Aufsätzen über die Ökologie von Insekten und Autor (unter anderem) von Stumme Erde: Warum wir die Insekten retten müssen.

2.21 Der Naturkalender

Keith W. Larson / Ökologe mit Schwerpunkt Umweltveränderungen in der Arktis und Direktor des Arctic Centre an der Universität Umeå.

2.22 Boden

Jennifer L. Soong / Bodenökologin bei Corteva; Affiliate Scientist an der Colorado State University und am Lawrence Berkeley National Laboratory.

2.23 Permafrost

Örjan Gustafsson / Professor für Biogeochemie an der Universität Stockholm und gewähltes Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften.

2.24 Was geschieht bei einer Erwärmung um 1,5 oder 2 oder 4 °C?

Tamsin Edwards / Klimawissenschaftlerin am King’s College London, Hauptautorin des IPCC-Berichts 2021 und Wissenschaftskommunikatorin mit Schwerpunkt auf den Ungewissheiten des Anstiegs des Meeresspiegels.

TEIL 3

Die Folgen für uns

3.1 »Die Welt hat Fieber«

Greta Thunberg

3.2 Gesundheitliche Argumente für ein Handeln gegen den Klimawandel

Tedros Adhanom Ghebreyesus / Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

3.3 Hitze und Krankheit

Ana M. Vicedo-Cabrera / Umweltepidemiologin, Leiterin der Gruppe Klimawandel und Gesundheit an der Universität Bern.

3.4 Luftverschmutzung

Drew Shindell / Klimawissenschaftler und Distinguished Professor an der Nicholas School of the Environment der Duke University und Mitautor zahlreicher IPCC-Sachstandsberichte.

3.5 Vektorübertragene Krankheiten

Felipe J. Colón-González / Assistant Professor am Department of Infectious Disease Epidemiology der London School of Hygiene and Tropical Medicine.

3.6 Antibiotikaresistenz

John Brownstein / Chief Innovation Officer am Boston Children’s Hospital und Professor am Department of Biomedical Informatics and Pediatrics der Harvard Medical School.

Derek MacFadden / Klinischer Wissenschaftler am Ottawa Hospital; Junior Clinical Research Chair zu Antibiotikaeinsatz und Antibiotikaresistenz an der University of Ottawa, Kanada.

Sarah McGough / Infektionsepidemiologin an der Harvard T. H. Chan School of Public Health.

Mauricio Santillana / Professor für Physik an der Northeastern University, Außerordentlicher Professor für Epidemiologie an der Harvard T. H. Chan School of Public Health.

3.7 Nahrung und Ernährung

Samuel S. Myers / Principal Research Scientist an der Harvard T. H. Chan School of Public Health und Leiter der Planetary Health Alliance.

3.8 »Wir sitzen nicht alle im selben Boot«

Greta Thunberg

3.9 Leben bei 1,1 °C

Saleemul Huq / Direktor des International Centre for Climate Change and Development an der Independent University in Bangladesch.

3.10 Umweltrassismus

Jacqueline Patterson / Gründerin und geschäftsführende Direktorin des Chisholm Legacy Project, einem Ressourcenzentrum für den Schwarzen Kampf um Klimagerechtigkeit.

3.11 Klimaflüchtlinge

Abrahm Lustgarten / Autor und Investigativjournalist für ProPublica und The New York Times Magazine und Autor eines demnächst erscheinenden Buchs über die klimagetriebene Migration in die USA.

3.12 Der Anstieg des Meeresspiegels und kleine Inseln

Michael Taylor / Karibischer Klimawissenschaftler, IPCC-Hauptautor, Professor und Dekan der Faculty of Science and Technology der University of the West Indies in Mona.

3.13 Regen in der Sahelzone

Hindou Oumarou Ibrahim / Indigene Frau, Geographin und Koordinatorin der Association of the Indigenous Women und Peoples of Chad und Vertreterin der UN Sustainable Development Goals.

3.14 Winter in Sápmi

Elin Anna Labba / Sámi-Journalistin und Schriftstellerin, die mit indigenen Literaturen in Tjállegoahte im schwedischen Jokkmokk arbeitet.

3.15 Kampf für den Wald

Sônja Guajajara / Brasilianische indigene Aktivistin, Umweltschützerin und Politikerin sowie Koordinatorin der Association of Indigenous People of Brazil.

3.16 »Es warten enorme Herausforderungen«

Greta Thunberg

3.17 Klimawandel und Ungleichheit

Solomon Hsiang / Wissenschaftler und Ökonom, Professor und Direktor des Global Policy Laboratory der University of California in Berkeley und Mitgründer des Climate Impact Lab.

3.18 Wasserknappheit

Taikan Oki / Globaler Hydrologe, ehemals Senior Vice-Rector der United Nations University, koordinierender IPCC-Hauptautor.

3.19 Klimakonflikte

Marshall Burke / Associate Professor am Department of Earth System Science der Stanford University und Mitbegründer von Atlas AI.

3.20 Die wahren Kosten des Klimawandels

Eugene Linden / Journalist und Autor; sein jüngstes Buch zum Klimawandel ist Fire and Blood. Sein früheres Buch The Winds of Change wurde mit dem Grantham Prize Award ausgezeichnet.

TEIL 4

Was wir dagegen unternommen haben

4.1 »Wie können wir unser Versagen ungeschehen machen, wenn wir nicht mal zugeben können, dass wir versagt haben?«

Greta Thunberg

4.2 Das neue Leugnen

Kevin Anderson / Professor für Energie und Klimawandel an den Universitäten von Manchester, Uppsala und Bergen.

4.3 Die Wahrheit über staatliche Klimaziele

Alexandra Urisman Otto / Klimareporterin bei der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter und Mitautorin von Gretas Resa (Gretas Weg).

4.4 »Wir gehen nicht in die richtige Richtung«

Greta Thunberg

4.5 Die Hartnäckigkeit der fossilen Brennstoffe

Bill McKibben / Gründer der Umweltschutzorganisation 350.org und von Third Act sowie Autor von mehr als einem Dutzend Büchern, darunter Das Ende der Natur, Eaarth und Deep Economy.

4.6 Der Aufstieg der Erneuerbaren

Glen Peters / Forschungsdirektor am CICERO Centre for International Climate Research in Oslo, Mitglied des Führungsteams von Global Carbon Budget und IPCC-Hauptautor.

4.7 Wie können Wälder uns helfen?

Karl-Heinz Erb / IPCC-Hauptautor, Leiter des Instituts für Soziale Ökologie und Associate Professor für Landnutzung und globalen Wandel an der Universität für Bodenkultur Wien.

Simone Gingrich / Assistant Professor am Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur Wien.

4.8 Was ist mit Geoengineering?

Niclas Hällström / Direktor des Forums What Next?, Präsident der ETC Group und Affiliate Professor für Erdwissenschaften an der Universität Uppsala.

Jennie C. Stephens / Dean’s Professorin für Nachhaltigkeitswissenschaft und -politik an der Northeastern University in Boston und Autorin von Diversifying Power.

Isak Stoddard / Doktorand am Department für Erdwissenschaften an der Universität Uppsala.

4.9 Entnahmetechnologien

Rob Jackson / Geowissenschaftler an der Stanford University und Vorsitzender des Global Carbon Project.

4.10 »Eine ganz neue Art zu denken«

Greta Thunberg

4.11 Unser Abdruck auf dem Land

Alexander Popp / Senior Scientist am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Leiter einer Forschungsgruppe zum Landnutzungsmanagement.

4.12 Die Nahrungsmittelfrage

Michael Clark / Umweltwissenschaftler an der University of Oxford mit Schwerpunkt auf Nahrungssystemen und deren Auswirkungen auf Klima, Biodiversität und menschliches Wohlbefinden.

4.13 Die Gestaltung neuer Nahrungssysteme

Sonja Vermeulen / Projektleiterin der CGIAR und Associate am Chatham House.

4.14 Die Kartierung von Emissionen in einer industrialisierten Welt

John Barrett / Professor für Energie und Klimapolitik an der University of Leeds, Berater des DEFRA und IPCC-Hauptautor.

Alice Garvey / Forscherin am Sustainability Research Institute der University of Leeds.

4.15 Das Problem der Technik

Ketan Joshi / Freier Autor, Analyst und Kommunikationsberater, der früher für eine Reihe australischer und europäischer Klimaschutzorganisationen arbeitete.

4.16 Umweltproblem Verkehr

Alice Larkin / Vizedekanin und Leiterin der School of Engineering und Professorin für Klimawissenschaft und Energiepolitik am Tyndall Centre für Climate Change Research der University of Manchester.

4.17 Ist die Zukunft elektrisch?

Jillian Anable / Kodirektorin des CREDs Centre for Research in Energy Demand Solutions an der University of Oxford.

Christian Brand / Kodirektor des UK Energy Research Centre und Associate Professor an der University of Oxford, Autor von Personal Travel and Climate Change.

4.18 »Ständig sagen sie das eine und tun das andere«

Greta Thunberg

4.19 Die Kosten des Konsumdenkens

Annie Lowrey / Journalistin bei The Atlantic mit Schwerpunkt Wirtschaftspolitik und Autorin von Give People Money.

4.20 Wie sollten wir (nicht) kaufen?

Mike Berners-Lee / Professor am Environment Centre der Lancaster University, Direktor von Small World Consulting Ltd und Autor von Es gibt keinen Planeten B.

4.21 Der Müll in aller Welt

Silpa Kaza / Expertin für Stadtentwicklung in der Abteilung Urban, Disaster Risk Management, Resilience and Land Global Practice der Weltbank.

4.22 Der Recyclingmythos

Nina Schrank / Senior Campaignerin bei Greenpeace UK für das Plastikteam.

4.23 »Hier ziehen wir die Grenze«

Greta Thunberg

4.24 Emissionen und Wachstum

Nicholas Stern / Professor für Ökonomie und Wirtschaftspolitik und Leiter des Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment an der London School of Economics and Political Science.

4.25 Gerechtigkeit

Sunita Narain / Generaldirektorin des Centre for Science and Environment, einer gemeinnützigen Forschungs- und Lobbyorganisation in Neu-Delhi.

4.26 Wachstumsrücknahme

Jason Hickel / Wirtschaftsanthropologe, Autor und Professor am Institut für Umweltforschung und Technologie an der Autonomen Universität Barcelona.

4.27 Die Wahrnehmungslücke

Amitav Ghosh / Autor von 16 Romanen und Sachbüchern; der erste englischsprachige Autor, der mit dem wichtigsten Literaturpreis Indiens, dem Jnanpith Award, ausgezeichnet wurde.

TEIL 5

Was wir jetzt tun müssen

5.1 »Der effektivste Weg aus dieser verfahrenen Lage ist, uns weiterzubilden«

Greta Thunberg

5.2 Individuelles Handeln, gesellschaftliche Transformation

Stuart Capstick / Umweltsoziologe an der Cardiff University und stellvertretender Direktor des Centre for Climate Change and Social Transformations.

Lorraine Whitmarsh / Professorin für Umweltpsychologie an der University of Bath und Direktorin des Centre for Climate Change and Social Transformations.

5.3 Der Weg zu 1,5 °C-Lebensstilen

Kate Raworth / Mitbegünderin des Doughnut Economics Action Lab und Senior Associate am Environmental Change Insititute der Oxford University.

5.4 Die Klimaapathie überwinden

Per Espen Stoknes / Psychologe, TEDGlobal-Vortragsredner und Kodirektor des Zentrums für Nachhaltigkeit an der Norwegischen Handelshochschule.

5.5 Eine andere Ernährung

Gidon Eshel / Professor für Umweltphysik am Bard College, New York.

5.6 Zum Gedenken an den Ozean

Ayana Elizabeth Johnson / Meeresbiologin, Mitbegründerin des politischen Thinktanks Urban Ocean Lab, Mitherausgeberin der Anthologie All We Can Save und Mitschöpferin des Podcasts How to Save the Planet.

5.7 Renaturierung

George Monbiot / Schriftsteller, Filmemacher und Umweltaktivist; Autor einer wöchentlichen Kolumne in The Guardian sowie diverser Bücher und Videos.

Rebecca Wrigley / Gründerin und Geschäftsführerin von Rewilding Britain; arbeitet seit 30 Jahren in Umweltschutz- und Gemeindeentwicklungsprojekten.

5.8 »Wir müssen jetzt das scheinbar Unmögliche tun«

Greta Thunberg

5.9 Praktische Utopien – Practical Utopias

Margaret Atwood / Mit dem Booker Prize ausgezeichnete Autorin von mehr als 50 Romanen, Gedichtbänden und kritischen Essays.

5.10 Die Macht des Volkes

Erica Chenoweth / Politikwissenschaftlerin, Professorin an der Harvard University.

5.11 Das Medien-Narrativ verändern

George Monbiot / Schriftsteller, Filmemacher und Umweltaktivist; Autor einer wöchentlichen Kolumne in The Guardian sowie diverser Bücher und Videos.

5.12 Dem neuen Leugnen entgegenwirken

Michael E. Mann / Distinguished Professor für Atmosphärenwissenschaft an der Penn State University, IPCC-Beiträger und Autor zahlreicher Bücher, darunter Propagandaschlacht ums Klima.

5.13 Eine echte Notfallreaktion

Seth Klein / Teamleiter beim Projekt Climate Emergency Unit und Autor von A Good War: Mobilizing Canada for the Climate Emergency.

5.14 Lehren aus der Pandemie

David Wallace-Wells / Reporter beim New York Magazine und Autor von Die unbewohnbare Erde.

5.15 »Ehrlichkeit, Solidarität, Integrität und Klimagerechtigkeit«

Greta Thunberg

5.16 Ein gerechter Wandel

Naomi Klein / Journalistin und Bestsellerautorin, UBC Professorin für Klimagerechtigkeit sowie Kodirektorin des Centre for Climate Justice an der University of British Columbia.

5.17 Was bedeutet dir Gleichheit?

Nicki Becker / Jurastudentin und Klimagerechtigkeitsaktivistin aus Argentinien; Mitbegründerin von Joves por el Clima und auf internationaler Ebene aktiv für Fridays for Future MAPA.

Disha A. Ravi / Indische Klima- und Umweltgerechtigkeitsaktivistin und Schriftstellerin.

Hilda Flavia Nakabuye / Klima- und Umweltrechteaktivistin, die die Fridays-for-Future-Bewegung in Uganda gründete.

Laura Verónica Muñoz / Ökofeministische Klimaaktivistin aus den kolumbianischen Anden, die sich an Fridays for Future, Pacto X el Clima und Unite for Climate Action beteiligt.

Ina Maria Shikongo / Mutter, Klimagerechtigkeitsaktivistin und Dichterin, die sich an der Fridays-for-Future-International-Bewegung beteiligt.

Ayisha Siddiqa / Pakistanisch-amerikanische Erzählerin, Klimagerechtigkeitsaktivistin und Mitbegründerin von Polluters Out und Fossil Free University.

Mitzi Jonelle Tan / Hauptamtliche Klimagerechtigkeitsaktivistin auf den Philippinen, die sich an Youth Advocates for Climate Action Philippines und Fridays for Future beteiligt.

5.18 Frauen und die Klimakrise

Wanjira Mathai / Kenianische Umweltschützerin und Aktivistin, Vizepräsidentin und Regionaldirektorin für Afrika am World Resources Institute.

5.19 Dekarbonisierung erfordert Umverteilung

Lucas Chancel / Kodirektor des World Inequality Lab an der Paris School of Economics und Affiliate Professor am Sciences Po.

Thomas Piketty / Professor an der EHESS und der Paris School of Economics; Kodirektor des World Inequality Lab und der World Inequality Database.

5.20 Klima-Reparationen

Olúfmi O. Táíwò / Assistant Professor für Philosophie an der Georgetown University und Autor von Reconsidering Reparations und Elite Capture.

5.21 Unser Verhältnis zur Erde in Ordnung bringen

Robin Wall Kimmerer / SUNY Distinguished Teaching Professor für Umweltbiologie, Gründer und Direktor des Center for Native Peoples and the Environment.

5.22 »Hoffnung muss man sich verdienen«

Greta Thunberg

Was nun?

Abbildungsnachweis

Register

Ein Hinweis zum Umschlag

Ed Hawkins / Professor für Meteorologie an der University of Reading.

Die Autor:innen haben Tausende von Zitatnachweisen und Literaturhinweisen zusammengestellt. Da die Hinweise zu umfangreich sind, um in diesem Band abgedruckt werden zu können, sind sie zu finden unter www.fischerverlage.de/spezial/dasklimabuch.

Gefrorene Methanblasen im Baikalsee, Russland.

Teil 1

Wie das Klima funktioniert

»Hört auf die Wissenschaft, bevor es zu spät ist!«

1.1

»Um dieses Problem zu lösen, müssen wir es zunächst verstehen«

Greta Thunberg

Die Klima- und Ökologiekrise ist die größte Bedrohung, mit der die Menschheit je konfrontiert war. Ohne Zweifel ist sie das Problem, das unser zukünftiges Alltagsleben prägen wird wie kein anderes. Das ist schmerzlich klar. In den letzten Jahren hat sich die Art und Weise, wie wir diese Krise wahrnehmen und darüber reden, zu verändern begonnen. Aber da wir so viele Jahrzehnte damit verschwendet haben, diese eskalierende Notlage zu ignorieren und herunterzuspielen, befinden sich unsere Gesellschaften noch immer in einem Zustand der Verleugnung. Schließlich leben wir im Zeitalter der Kommunikation, in dem das, was man sagt, ohne weiteres mehr Gewicht haben kann als das, was man tut. So kommt es, dass so viele Länder, die zu den großen Produzenten fossiler Brennstoffe – und zu den Verursachern hoher Emissionen – gehören, sich als führend in Klimafragen bezeichnen, obwohl sie keinerlei glaubwürdige Politik zur Abschwächung des Klimawandels betreiben. Es ist das Zeitalter der großen Greenwashing-Maschinerie.

Es gibt im Leben kein Schwarz und Weiß. Keine kategorischen Antworten. Alles ist eine Frage endloser Debatten und Kompromisse. Das ist ein Grundprinzip unserer heutigen Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die sich in Hinblick auf Nachhaltigkeit für vieles zu verantworten hat. Denn dieses Grundprinzip ist falsch. Manches ist durchaus schwarz oder weiß. Tatsächlich haben die Erde und die Gesellschaft Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Wir glauben beispielsweise, unsere Gesellschaften könnten ein bisschen mehr oder weniger nachhaltig sein. Aber langfristig können wir nicht ein bisschen nachhaltig leben – entweder wir leben nachhaltig oder nicht. Es ist, als ginge man über dünnes Eis – entweder es trägt das Gewicht oder nicht. Entweder man schafft es ans Ufer oder man bricht in tiefes, dunkles, kaltes Wasser ein. Und wenn uns das passieren sollte, gibt es keinen nahen Planeten, der uns rettet. Wir sind völlig auf uns allein gestellt.

Ich bin fest überzeugt, dass wir die schlimmsten Folgen dieser aufkommenden Existenzkrise nur abwenden können, wenn wir eine kritische Masse von Menschen zusammenbringen, die die notwendigen Veränderungen fordern. Damit das geschieht, müssen wir schnell Bewusstsein schaffen, denn noch immer fehlt es in der breiten Öffentlichkeit an grundlegendem Wissen, das notwendig ist, um die Notlage zu begreifen, in der wir uns befinden. Ich möchte Teil der Bemühungen sein, dies zu ändern.

Daher habe ich beschlossen, meine Plattform zu nutzen, um ein Buch zu den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammenzustellen – ein Buch, das die Klima-, Ökologie- und Nachhaltigkeitskrise ganzheitlich behandelt. Denn die Klimakrise ist selbstverständlich nur ein Symptom einer wesentlich umfassenderen Nachhaltigkeitskrise. Meine Hoffnung ist, dass dieses Buch zu einer Art Nachschlagewerk wird, um diese verschiedenen, eng miteinander verflochtenen Krisen zu verstehen.

2021 bat ich zahlreiche führende Wissenschaftler:innen, Expert:innen, Aktivist:innen, Autor:innen und Erzähler:innen, ihr jeweiliges Fachwissen beizutragen. Dieses Buch ist das Ergebnis ihrer Arbeit: eine umfassende Sammlung von Fakten, Geschichten, Graphiken und Fotos, die einige der unterschiedlichen Gesichter der Nachhaltigkeitskrise mit einem klaren Fokus auf Klima und Ökologie zeigen.

Es behandelt alles, von schmelzenden Eisschelfen und -kappen bis hin zur Wirtschaft, von Fast Fashion bis zum Artensterben, von Pandemien bis zu untergehenden Inseln, von der Waldrodung bis zum Verlust fruchtbarer Böden, von Wasserknappheit bis zur Souveränität indigener Völker, von der zukünftigen Nahrungsmittelproduktion bis zu Kohlenstoffbudgets – und es enthüllt das Handeln der Verantwortlichen und das Versagen derer, die den Bürgerinnen und Bürgern der Welt diese Informationen schon längst hätten vermitteln müssen.

Noch bleibt uns Zeit, die schlimmsten Folgen abzuwenden. Noch besteht Hoffnung, allerdings nicht, wenn wir so weitermachen wie bisher. Um dieses Problem zu lösen, müssen wir es zunächst verstehen – und begreifen, dass es definitionsgemäß aus einer Reihe miteinander verknüpfter Probleme besteht. Wir müssen die Fakten darlegen und sagen, wie es ist. Die Wissenschaft ist ein Instrument, und wir alle müssen lernen, es zu nutzen.

Zudem müssen wir einige grundlegende Fragen beantworten. Etwa: Was genau wollen wir als Erstes lösen? Was ist unser Ziel? Wollen wir die Emissionen senken oder weiter so leben können wie heute? Ist es unser Ziel, die Bedingungen für ein Leben auf der Erde jetzt und für die Zukunft zu bewahren oder an einer auf hohem Konsum basierenden Lebensweise festzuhalten? Gibt es so etwas wie grünes Wachstum? Und können wir auf einem endlichen Planeten ewiges Wachstum haben?

Gerade jetzt brauchen viele von uns Hoffnung. Aber was ist Hoffnung? Hoffnung für wen? Hoffnung für diejenigen von uns, die das Problem geschaffen haben, oder für diejenigen, die schon jetzt unter dessen Folgen leiden? Kann unser Wunsch, diese Hoffnung zu vermitteln, sich dem Handeln in den Weg stellen und daher Gefahr laufen, mehr zu schaden als zu nützen?

Das reichste eine Prozent der Weltbevölkerung ist für mehr als doppelt so viele Kohlenstoffemissionen verantwortlich wie die Menschen, die die ärmste Hälfte der Menschheit ausmachen.

Für die 19 Millionen US-Bürger:innen oder die 4 Millionen Chines:innen, die zu diesem oberen einen Prozent gehören – sowie für alle anderen, die ein Nettovermögen von über 1 005 337 $ besitzen –, ist Hoffnung vielleicht nicht das, was sie am dringendsten brauchen. Zumindest nicht objektiv betrachtet.

Globales Einkommen und zugehörige Emissionen aufgrund des Lebensstils

Selbstverständlich gibt es Fortschritte, hören wir. Manche Länder und Regionen melden eine recht erstaunliche Reduzierung der CO2-Emissionen – zumindest in den Jahren, seit die Welt erstmals die Rahmenwerke zur Handhabung unserer Statistiken ausgehandelt hat. Aber wie steht es um all diese Reduzierungen, wenn wir statt der sorgfältig manipulierten Landesstatistiken unsere Gesamtemissionen einbeziehen? Also all die Emissionen, die wir so erfolgreich aus diesen Zahlen herausgerechnet haben. Zum Beispiel durch die Verlagerung von Fabriken in ferne Erdteile und das Auslassen der Emissionen von internationalem Flug- und Schiffsverkehr in unseren Statistiken – was bedeutet, dass wir unsere Produkte nicht nur mit billigen Arbeitskräften und der Ausbeutung von Menschen herstellen, sondern auch die damit verbundenen Emissionen auslöschen – Emissionen, die in Wirklichkeit gestiegen sind. Ist das Fortschritt?

Um unsere internationalen Klimaziele einzuhalten, müssen wir unsere individuellen Pro-Kopf-Emissionen auf etwa eine Tonne Kohlendioxid pro Jahr senken. In Schweden liegt dieser Wert gegenwärtig bei etwa neun Tonnen, wenn man den Konsum von Importwaren einbezieht. In den USA liegt er bei 17,1 Tonnen, in Kanada bei 15,4 Tonnen, in Australien bei 14,9 Tonnen und in China bei 6,6 Tonnen. Nimmt man biogene Emissionen – wie die aus der Verbrennung von Holz und anderen Pflanzen – hinzu, sind diese Werte in vielen Fällen noch höher. Und in Forstwirtschaftsländern wie Schweden und Kanada liegen sie noch weit darüber.

Für eine große Mehrheit der Weltbevölkerung stellt es kein Problem dar, die Emissionen unter einer Tonne pro Kopf und Jahr zu halten, da sie – wenn überhaupt – nur bescheidene Reduzierungen vornehmen müssen, um innerhalb der Grenzen unseres Planeten zu leben. In vielen Fällen könnten sie ihre Emissionen sogar beträchtlich erhöhen.

Aber die Vorstellung, dass Länder wie Deutschland, Italien, die Schweiz, Neuseeland, Norwegen und so fort derart enorme Reduzierungen innerhalb von zwei Jahrzehnten ohne erhebliche Systemtransformationen erreichen könnten, ist schlicht naiv. Dennoch behaupten die Regierungschefs des sogenannten globalen Nordens, das werde passieren. Teil 4 dieses Buches untersucht, wie dieser Fortschritt vorankommt.

Manche glauben, wenn sie sich der Klimabewegung jetzt anschließen, seien sie die letzten. Aber das ist alles andere als wahr. Wer sich entschließt, jetzt aktiv zu werden, gehört tatsächlich immer noch zu den Pionieren. Der letzte Teil dieses Buches befasst sich mit Lösungen und Dingen, die wir tatsächlich tun können, damit wir einen Unterschied bewirken, von kleinen, individuellen Schritten bis hin zu einem weltweiten Systemwechsel.

Dieses Buch soll demokratisch sein, weil Demokratie unser bestes Mittel ist, diese Krise zu bewältigen. Zwischen den Autorinnen und Autoren, die von der vordersten Front schreiben, mag es subtile Unterschiede geben. Alle Mitwirkenden an diesem Buch haben ihren jeweils eigenen Standpunkt und kommen möglicherweise zu unterschiedlichen Schlüssen. Aber wir brauchen ihre gesamten kollektiven Erkenntnisse, wenn wir den enormen öffentlichen Druck erzeugen wollen, der notwendig ist, um Veränderungen zu bewirken. Und statt einen oder zwei »Kommunikationsexpert:innen« oder Wissenschaftler:innen sämtliche Schlussfolgerungen für euch Leser:innen ziehen zu lassen, folgt dieses Buch vielmehr der Vorstellung, dass das Wissen aus den jeweiligen Fachgebieten zusammengenommen euch an einen Punkt führen wird, an dem ihr anfangen könnt, die Zusammenhänge selbst herzustellen. Das hoffe ich zumindest. Denn ich glaube, die wichtigsten Schlüsse müssen erst noch gezogen werden – und werden hoffentlich von euch gezogen. /

1.2

Die umfassende Geschichte des Kohlendioxids

Peter Brannen

Alles Leben wird aus CO2 hervorgezaubert. Das ist der ursprüngliche Zaubertrick, aus dem alles im Bereich des Lebendigen folgt. An der Erdoberfläche wird es durch Photosynthese allein mittels Sonnenlicht und Wasser in lebende Materie umgewandelt, wobei Sauerstoff zurückbleibt. Der pflanzliche Kohlenstoff fließt dann durch den Körper von Tieren und durch Ökosysteme schließlich wieder als CO2 zurück in die Meere und die Luft. Ein kleiner Teil dieses Kohlenstoffs entzieht sich jedoch dem Wirbel der Erdoberfläche und verschwindet im Innern der Erde – in Gestalt von Kalkstein oder kohlenstoffreichem Schlamm, die dann für Hunderte Millionen von Jahren tief in der Erdkruste schlummern. Das pflanzliche Material, das nicht in tiefere Erdschichten gelangt, wird an der Erdoberfläche in den Flammen der Stoffwechselprozesse von Tieren, Pilzen und Bakterien rasch verbrannt. Auf diese Weise verbraucht das Leben 99,99 Prozent des durch Photosynthese erzeugten Sauerstoffs – und würde ihn vollständig verbrauchen, wenn nicht ein winziger Bruchteil der pflanzlichen Materie im Gestein verschwände. Nur diesem im Gestein festgehaltenen Bruchteil verdankt der Planet seinen merkwürdigen Sauerstoffüberschuss. Anders gesagt, die atembare Atmosphäre der Erde ist kein Vermächtnis der heutigen Wälder und gegenwärtig lebenden Planktonschwärme, sondern des Kohlendioxids, welches das Leben in der Geschichte unseres Planeten einfing und als fossile Brennstoffe in der Erdkruste einlagerte.

Wäre dies das Ende der Geschichte und wäre CO2lediglich der Grundstoff allen Lebens auf der Erde und zugleich die indirekte Quelle des lebenswichtigen Sauerstoffs, dann wäre das schon interessant genug. Wie sich zeigt, bestimmt dieses unscheinbare Molekül jedoch zugleich auch ganz entscheidend die Temperatur des gesamten Planeten und die Chemie des gesamten Ozeans. Wenn diese Kohlenstoffchemie aus dem Gleichgewicht gerät, zerbricht der Thermostat, die Ozeane versauern und Lebewesen sterben. Wegen seiner erstaunlichen Bedeutung für alle Teile des Erdsystems ist Kohlendioxid nicht bloß einer von vielen abträglichen industriellen Schadstoffen wie Fluorchlorkohlenwasserstoff oder Blei. Vielmehr ist es, wie der Meeresforscher Roger Revelle 1985 schrieb, »der wichtigste Stoff in der Biosphäre«.

Den wichtigsten Stoff in der Biosphäre dürfen wir nicht sorglos behandeln. Die Bewegung des Kohlendioxids – das aus Vulkanen ausströmt, in die Luft und die Weltmeere dringt, durch die Strudel des Lebens wirbelt und ins Gestein zurückkehrt – macht die Erde erst zur Erde. Man spricht hier vom Kohlenstoffkreislauf, und das Leben hängt ganz entscheidend von diesem globalen Kreislauf ab, der ein empfindliches, wenn auch dynamisches Gleichgewicht aufrechterhält. Während die Vulkane ständig CO2 ausstoßen (ein Hundertstel der menschlich verursachten Emissionen) und lebende Organismen es an der Oberfläche der Erde in einem unaufhörlichen Taumel austauschen, nimmt der Planet es zugleich ebenso beständig wieder aus dem System heraus und verhindert so eine Klimakatastrophe. Rückkopplungsschleifen, die den CO2-Gehalt verringern – von der Erosion ganzer Gebirgsketten bis hin zum Absinken gewaltiger Massen kohlenstoffreichen Planktons auf den Meeresgrund –, sorgen für die Aufrechterhaltung eines planetaren Gleichgewichts. Jedenfalls meistens. Wir leben in einer unwahrscheinlichen, wundersamen Welt, die wir unbesonnen für selbstverständlich halten.

In der Erdgeschichte kommt es zuweilen vor, dass der Planet über eine Schwelle getrieben wird. Das Erdsystem kann sich biegen, aber es kann auch zerbrechen. Und zuweilen wurde der Kohlenstoffkreislauf – in äußerst seltenen, äußerst katastrophalen, tief in der Erdgeschichte vergrabenen Episoden – vollkommen überwältigt, so dass er zerbrach und außer Kontrolle geriet. Die Folge war dann stets ein Massenaussterben.

Was geschähe, wenn zum Beispiel quer über einen ganzen Kontinent Vulkane ausbrächen, sich durch ausgedehnte Schichten kohlenstoffreichen Kalksteins hindurchfräßen, riesige Kohle- wie auch Erdgaslagerstätten entzündeten und dabei – aus explodierenden Calderas und gewaltigen glühenden Lavaströmen – Tausende Tonnen CO2 in die Luft ausstießen? Genau das geschah den unglückseligen Geschöpfen, die vor 251,9 Millionen Jahren lebten, unmittelbar vor dem größten Massenaussterben in der Geschichte des Lebens auf der Erde. Am Ende des Perm sollten 90 Prozent dieses Lebens erfahren, welche tödlichen Folgen es hat, wenn der Kohlenstoffkreislauf durch zu viel Kohlendioxid vollkommen aus dem Gleichgewicht gerät.

Beim Massenaussterben am Ende des Perm stießen zahllose Vulkane in Sibirien Tausende Jahre lang Kohlendioxid aus und setzten dem Projekt komplexen Lebens beinahe ein Ende. Alle normalen Leitschienen des Kohlenstoffkreislaufs versagten und zerbrachen in diesem schlimmsten aller Augenblicke der gesamten Erdgeschichte. Die Temperatur stieg rasch um 10 Grad Celsius an, und der Planet litt unter tödlich warmen, übersäuerten Ozeanen, in denen gewaltige schleimige Algenblüten dem Wasser den Sauerstoff entzogen. Der nun nahezu sauerstofflose Ozean füllte sich stattdessen mit giftigem Schwefelwasserstoff, während Wirbelstürme von unvorstellbarer Stärke über ihn hinwegrasten. Als das Fieber schließlich sank, hätte man eine Weltreise unternehmen können, ohne einen einzigen Baum zu finden; statt der Korallenriffe waren nur noch Schleimschichten aus Bakterien zu sehen. Die fossile Überlieferung verstummte, und es dauerte fast 10 Millionen Jahre, bis der Planet wieder aus dieser Vergessenheit hervortrat. Und das alles, zum großen Teil, wegen der Verbrennung fossiler Brennstoffe.

Alle Massenaussterben der Erdgeschichte wurden in ähnlicher Weise von massiven Störungen des globalen Kohlenstoffkreislaufs begleitet, deren Zeichen Geochemiker im Gestein ablesen können. Angesichts der zentralen Bedeutung des Kohlendioxids für die Biosphäre sollten wir vielleicht nicht überrascht sein, dass es derart zuverlässig zu Verwüstungen planetaren Ausmaßes führen kann, wenn dieses System so sehr aus dem Gleichgewicht gebracht wird.

Was wäre nun, wenn eine Abstammungslinie des Primaten Homo versuchte, genau dasselbe zu tun wie einst jene Vulkane vor mehreren hundert Millionen Jahren? Was, wenn der Mensch dieselben riesigen unterirdischen Kohlenstoffspeicher, die das auf Photosynthese basierende Leben über die gesamte Erdgeschichte hinweg begraben hat, in Flammen aufgehen ließe – diesmal jedoch nicht, indem er sie wie ein Supervulkan gedankenlos durch die Erdkruste hindurch in die Luft sprengte, sondern etwas gesitteter, indem er sie aus der Erde holte und in einer diffuseren Eruption an der Oberfläche verbrannte, in den Kolben und Schmieden der Moderne – aber mit einer zehnfach größeren Geschwindigkeit als bei den früheren Massenaussterben? Das ist die absurde Frage, die wir heute dem Planeten stellen.

Dem Klima sind politische Schlagworte egal, und es richtet sich nicht nach ökonomischen Modellen. Es richtet sich ausschließlich nach der Physik. Es weiß nicht, ob das überschüssige Kohlendioxid in der Atmosphäre auf ein vulkanisches Ereignis zurückgeht, wie es nur einmal in 100 Millionen Jahren stattfindet, oder auf eine industrielle Revolution, wie es sie in der gesamten Menschheitsgeschichte nur einmal gegeben hat – und das ist ihm auch vollkommen gleichgültig. Es wird in genau derselben Weise reagieren. Im Gestein finden wir eine unmissverständliche Warnung – eine fossile Überlieferung voller Grabsteine früherer Apokalypsen. Die gute Nachricht lautet, dass wir immer noch weit von den grauenhaften Höhepunkten dieser Katastrophen der Vergangenheit entfernt sind. Und es ist durchaus möglich, dass der Planet inzwischen widerstandsfähiger gegen Erschütterungen des Kohlenstoffkreislaufs ist als in diesen sehr schlechten alten Zeiten. Es gibt keinen Grund, weshalb wir unseren Namen auf die schimpfliche Liste der schlimmsten Ereignisse in der Erdgeschichte setzen sollten. Doch wenn die Gesteine uns etwas sagen, dann dass wir hier mit den mächtigsten Hebeln des Erdsystems hantieren. Und wir tun es auf unsere eigene Gefahr. /

1.3

Unser Einfluss auf die Evolution

Beth Shapiro

Die frühesten Beweise für den evolutionären Einfluss von Menschen stammen aus den fossilen Überresten, die in den frühesten Stätten menschlicher Besiedlung auf den Kontinenten und Inseln der Erde gefunden wurden. Als Menschen vor mehr als 50 000 Jahren aus Afrika auszogen und sich über die ganze Erde verstreuten, begannen ihre Gemeinschaften sich zu verändern. Tierarten, vor allem solche der Megafauna wie Riesenwombats, Wollnashörner und Riesenfaultiere, begannen auszusterben. Unsere Vorfahren waren effiziente Jäger und verfügten über einzigartige menschliche Technologien – Werkzeuge, durch die sich die Erfolgschancen der Jagd erhöhten, sowie die Fähigkeit, diese Werkzeuge untereinander weiterzugeben und rasch zu verbessern. Auf allen Kontinenten außer Afrika fällt in den fossilen Funden das Aussterben der Großtierarten mit dem erstmaligen Erscheinen des Menschen zusammen. Zeitliche Koinzidenz ist jedoch noch kein Beweis für einen kausalen Zusammenhang. Da die Ankunft des Menschen und das Aussterben einheimischer Großtierarten in Europa, Asien und Amerika in eine Zeit klimatischen Umbruchs fielen, wurde jahrzehntelang über die Frage debattiert, welche dieser beiden Einflussgrößen letztlich das Aussterben der Megafauna herbeiführte. Beweise für unser Verschulden fanden sich indessen in Australien, wo das Aussterben von Tierarten erstmals mit dem Erscheinen des Menschen zusammenfiel, desgleichen auf Inseln, auf denen dieser Zusammenhang in der allerjüngsten Zeit beobachtet wurde – der Moa auf Aotearoa (Neuseeland) und der Dodo auf Mauritius starben erst in den letzten Jahrhunderten aus. Das Aussterben der Tierarten in Australien und in jüngerer Zeit auf einigen Inseln fiel nicht in Zeiten eines größeren klimatischen Umbruchs, und auch für noch frühere klimatische Ereignisse sind Fälle eines solchen Aussterbens nicht bekannt. Vielmehr war dieses Aussterben dort wie auch auf anderen Kontinenten die Folge von Veränderungen des lokalen Habitats, die sich aus dem Erscheinen des Menschen ergaben. Schon in der frühesten Phase unserer Interaktion mit den Wildtieren begannen wir, das evolutionäre Schicksal anderer Arten zu bestimmen.

Vor 15 000 Jahren trat unsere Interaktion mit anderen Arten in eine neue Phase. Aus Wölfen, die sich von menschlichen Siedlungen als Nahrungsquelle anziehen ließen, wurden Haushunde, und beide, Hunde wie Menschen, profitierten von ihrer immer engeren Beziehung. Als die letzte Eiszeit zu Ende ging und das Klima sich verbesserte, machte die wachsende menschliche Besiedlung zuverlässige Quellen für Nahrung, Kleidung und Unterkunft erforderlich. Vor etwa 10 000 Jahren begannen die Menschen Jagdstrategien einzusetzen, die eine Erhaltung der Population ihrer Beutetiere ermöglichte, statt sie auszurotten. Manche Jäger töteten nur männliche Tiere oder fortpflanzungsunfähige Weibchen. Später begannen sie, Beutetiere einzupferchen und sie in der Nähe ihrer Siedlungen zu halten. Schon bald gingen Menschen dazu über, bestimmte Tiere als Eltern der nächsten Generation auszuwählen, und Tiere, die sich nicht zähmen ließen, als Nahrungsquelle zu nutzen. Ihre Experimente beschränkten sich indessen nicht auf Tiere. Sie säten auch Pflanzensamen aus und vermehrten jene Sorten, die mehr Nahrung pro Pflanze produzierten oder zur gleichen Zeit wie andere reif wurden. Sie legten Bewässerungssysteme an und dressierten Tiere, die ihnen bei der Urbarmachung und Bearbeitung von Land halfen. Mit dem Übergang von Jägern zu Viehzüchtern und von Sammlern zu Bauern verwandelten unsere Vorfahren auch das Land, auf dem sie lebten, und die Arten, auf die sie nun zunehmend angewiesen waren.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurden die Erfolge unserer Vorfahren als Viehzüchter und Bauern zu einer Gefahr für die Stabilität der dadurch geschaffenen Gesellschaften. Durch die ständige Nutzung hatte sich die Qualität der in Acker- und Weideland umgewandelten Flächen verschlechtert. Luft- und Wasserqualität nahmen ab. Die Ausrottungsraten stiegen wieder. Diesmal war die Verwüstung jedoch deutlicher erkennbar, die Menschen waren wohlhabender, die Techniken weiter fortgeschritten. Als einstmals weit verbreitete Arten seltener wurden, entstand ein Bedürfnis, die verbliebenen wildlebenden Arten und Räume zu schützen. Wieder einmal traten unsere Vorfahren in eine neue Phase der Interaktion mit anderen Arten ein. Sie wurden zu Beschützern, die bedrohte Arten und Lebensräume vor den Gefahren der natürlichen und immer stärker vom Menschen geprägten Welt zu bewahren versuchten. Mit diesem Übergang wurden die Menschen zu der evolutionären Kraft, die über das Schicksal aller übrigen Arten und deren jeweiliger Lebensräume entscheiden sollte. /

1.4

Zivilisation und Aussterben

Elizabeth Kolbert

Der Anfang dieser Geschichte ist geheimnisumwittert.

Vor etwa zweihunderttausend Jahren entwickelte sich in Afrika eine neue Spezies der Hominini. Niemand weiß genau, wo oder wer ihre unmittelbaren Vorfahren waren. Mitglieder dieser Spezies, die wir mittlerweile »anatomisch moderne Menschen« oder Homo sapiens nennen – oder schlicht wir –, unterschieden sich durch ihre rundlichen Schädel und ein spitzes Kinn. Sie hatten einen leichteren Körperbau als ihre Verwandten und kleinere Zähne. Körperlich waren sie zwar nicht sonderlich attraktiv, aber anscheinend ungewöhnlich schlau. Sie stellten Werkzeuge her, die anfangs rudimentär waren, aber allmählich immer ausgeklügelter wurden. Sie konnten nicht nur über Raum und Zeit hinweg kommunizieren, sondern auch unter äußerst unterschiedlichen klimatischen Bedingungen leben und sich an verschiedene Ernährungsweisen anpassen, was vielleicht noch wichtiger war. Wo es viel Wild gab, jagten sie; wo es Schalentiere gab, aßen sie stattdessen diese.

Das war im Pleistozän, einer Zeit wiederkehrender Gletscherbildung, in der weite Teile der Welt unter einer ausgedehnten Eisdecke lagen. Dennoch drängte unsere damals nicht mehr ganz so junge Spezies vor etwa 120 000 Jahren – vielleicht sogar schon früher – nach Norden. Vor hunderttausend Jahren erreichten Menschen den Nahen Osten, vor sechzigtausend Jahren Australien, vor vierzigtausend Jahren Europa und vor zwanzigtausend Jahren Amerika. Irgendwo unterwegs – vermutlich im Nahen Osten – traf der Homo sapiens auf seinen stämmigeren Vetter, den Homo neanderthalensis, kurz Neandertaler. Menschen und Neandertaler hatten Sex – ob einvernehmlich oder erzwungen lässt sich unmöglich sagen – und bekamen Kinder. Zumindest einige dieser Kinder müssen lange genug überlebt haben, um wiederum Kinder hervorzubringen, und so fort über Generationen hinweg, denn heutzutage besitzen die meisten Menschen auf der Erde vereinzelte Neandertalergene. Dann passierte etwas, und die Neandertaler verschwanden. Vielleicht brachten die Menschen sie aktiv um. Oder sie schlugen sie im Wettbewerb einfach aus dem Feld. Oder vielleicht verbreiteten die Menschen Tropenkrankheiten, mit denen ihre kältegewöhnten Verwandten nicht fertigwurden. Jedenfalls passierte den Neandertalern mit Sicherheit »etwas«, woran Menschen beteiligt waren. »Wir waren ihr Pech«, wie der schwedische Forscher Svante Pääbo, Leiter des Teams, das das Neandertalergenom entschlüsselte, mir einmal sagte.

Die Erfahrung der Neandertaler erwies sich als wenig bemerkenswert. Als die Menschen in Australien eintrafen, lebte auf dem Kontinent eine Ansammlung außerordentlich großer Tiere, unter anderem Beutellöwen, die Pfund für Pfund über den stärksten Biss aller bekannten Säugetiere verfügten; Megalania, die weltgrößten Warane; Diprotodons, manchmal auch als Nashornwombats bezeichnet. Im Laufe von einigen Tausenden Jahren nach dem Eintreffen des Menschen verschwanden all diese Riesenkreaturen. Als die Menschen nach Nordamerika kamen, gab es dort eine eigene Menagerie übergroßer Tiere wie Mastodonten, Mammuts und Biber, die über 2,40 Meter lang waren und an die 200 Pfund wogen. Auch sie starben aus. Das Gleiche gilt für die Giganten Südamerikas – riesige Faultiere, gigantische gürteltierähnliche Geschöpfe, die sogenannten Glyptodonten, und eine nashorngroße Gattung von Pflanzenfressern, die Toxodonten. Der Verlust derart vieler großer Spezies in einer (geologisch) so kurzen Zeit war so dramatisch, dass er bereits zu Darwins Zeiten bemerkt wurde. »Wir leben in einer zoologisch verarmten Welt, aus der die größten, stärksten und merkwürdigsten Formen kürzlich verschwunden sind«, schrieb Darwins Rivale Alfred Russel Wallace 1876.

Seitdem debattiert die Wissenschaftsgemeinschaft über die Ursache für dieses sogenannte Megafauna-Aussterben. Mittlerweile ist bekannt, dass dieses Phänomen auf den verschiedenen Kontinenten zu unterschiedlichen Zeiten stattfand und die Reihenfolge, in der die Arten ausstarben, mit der übereinstimmt, in der die menschlichen Siedler auftauchten. Mit anderen Worten: »Wir waren ihr Pech.« Forscher haben in Modellrechnungen zu Begegnungen zwischen Menschen und Großsäugetieren herausgefunden, dass selbst wenn eine Gruppe von Jägern nur einmal im Jahr ein Mammut oder ein Riesenfaultier erlegte, dies ausgereicht haben dürfte, Spezies mit einer derart langsamen Fortpflanzung im Laufe von einigen Jahrhunderten aussterben zu lassen. John Alroy, ein Biologieprofessor an der Macquarie University in Australien, bezeichnete das Aussterben der Megafauna als »ökologische Katastrophe, die geologisch eine Momentsache war, aber zu allmählich vonstattenging, als dass die Menschen, die sie auslösten, sie wahrgenommen hätten«.

Unterdessen breitete der Mensch sich weiter aus. Die letzte große Landmasse, auf der sich Menschen ansiedelten, war Neuseeland. Dort trafen um das Jahr 1300 Polynesier ein, vermutlich von den Gesellschaftsinseln. Damals gab es auf der Nord- und der Südinsel Neuseelands neun Moa-Arten – straußenähnliche Vögel, die annähernd die Größe von Giraffen erreichen konnten. Innerhalb weniger Jahrhunderte waren sämtliche Moas verschwunden. In diesem Fall ist die Ursache ihres Niedergangs eindeutig: Sie wurden geschlachtet. Bei den Maori gibt es eine Redensart: »Kua ngaro i te ngaro o te moa«, »verloren, wie der Moa verloren ist«.

Als die Europäer die Welt im ausgehenden 15. Jahrhundert zu kolonisieren begannen, nahm das Aussterben an Geschwindigkeit zu. Der Dodo, der auf der Insel Mauritius heimisch war, wurde erstmals 1598 von niederländischen Seeleuten bemerkt; bis 1670 war er verschwunden. Das ging vermutlich teils darauf zurück, dass er abgeschlachtet wurde, teils aber auch auf eingeführte Spezies. Wohin die Europäer auch fuhren, brachten sie Ratten mit, in diesem Fall Schiffsratten. Zudem führten sie, häufig mit Absicht, andere Raubtiere ein wie Katzen und Füchse, und diese verfolgten viele Arten, die die Ratten in Ruhe ließen. Seit 1788 die ersten europäischen Siedler in Australien eintrafen, starben Dutzende Tierarten durch eingeführte Spezies aus, darunter die Großohrhüpfmaus, die von Katzen dezimiert wurde, und das Östliche Hasenkänguru, das möglicherweise ebenfalls Katzen zum Opfer fiel. Seit die Briten um 1800 anfingen, Neuseeland zu besiedeln, starben weitere zwanzig Vogelarten aus, darunter der Chatham-Pinguin, die Dieffenbach-Ralle und der Stephenschlüpfer. Eine kürzlich in der Zeitschrift Current Biology veröffentlichte Studie schätzte, dass eine Evolution von fünfzig Millionen Jahren notwendig wäre, um Neuseelands Vogelvielfalt wieder auf das Niveau vor der Besiedlung durch Menschen zu bringen.

All diese Schäden entstanden durch relativ einfache Mittel – Keulen, Segelboote, Musketen – und nur wenige eingeführte und äußerst vermehrungsfreudige Arten. Dann kam das mechanisierte Töten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelang es Jägern mit Entenkanonen, die annähernd ein Pfund Vogelschrot auf einmal abfeuern konnten, die Wandertaube auszurotten, die es früher in Nordamerika zu Milliarden gegeben hatte. Um dieselbe Zeit schafften es Jäger, die von Zügen aus schossen, den amerikanischen Bison nahezu völlig zu beseitigen, eine einst so verbreitete Spezies, dass ihre Herden als »dichter als … die Sterne am Firmament« beschrieben wurden.

Als unsere gefährlichste Waffe erwies sich die Moderne und ihr zuverlässiger Gehilfe, der Spätkapitalismus. Im 20. Jahrhundert wuchs der menschliche Einfluss nicht nur linear, sondern exponentiell. Die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg waren eine Zeit beispiellosen Wachstums der Bevölkerung einerseits und des Konsums andererseits. Zwischen 1945 und 2000 verdreifachte sich die Weltbevölkerung. In derselben Spanne vervierfachte sich der Wasserverbrauch, versiebenfachten sich die Fangmengen der Seefische und verzehnfachte sich der Düngemitteleinsatz. Das höchste Bevölkerungswachstum wies der globale Süden auf. Der Konsum wurde überwiegend getrieben von den USA und Europa.

Die Große Beschleunigung, wie sie häufig genannt wird, veränderte den Planeten radikal. Wie der Umwelthistoriker J. R. McNeill feststellte, lag das nicht etwa daran, dass die Menschen etwas Neues taten, sondern dass sie wesentlich mehr machten. »Manchmal können aus quantitativen Unterschieden qualitative werden«, schreibt McNeill. »So war es bei den Umweltveränderungen im 20. Jahrhundert.« Zu Beginn des Jahrhunderts wurden weltweit etwa acht Millionen Quadratkilometer Land landwirtschaftlich genutzt. Damals betrieben Menschen seit gut zehntausend Jahren Ackerbau. Die meisten der großen Wälder Europas waren schon längst abgeholzt, und auch die Wälder und Prärien in den USA waren weitgehend verschwunden. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden über 15 Millionen Quadratkilometer landwirtschaftlich genutzt, das heißt, dass Menschen in nur zehn Jahrzehnten so viel Land urbar machten wie in den vorhergegangenen zehn Jahrtausenden. Diese Expansion führte dazu, dass weite Teile der Regenwälder am Amazonas und in Indonesien gerodet wurden, Gebiete, die ganz oben auf der Liste der »Hotspots« der Biodiversität stehen. Wie viele Spezies dabei verlorengingen, ist nicht bekannt; viele verschwanden vermutlich, bevor sie je identifiziert wurden. Zu den Tieren, deren Verschwinden bekannt ist, gehören der mittlerweile ausgestorbene Java-Tiger und der Spix-Ara, den es in freier Wildbahn nicht mehr gibt.

Die Menschen haben nicht erst im 20. Jahrhundert angefangen, fossile Brennstoffe zu nutzen – die Chinesen verbrannten bereits in der Bronzezeit Kohle –, aber im Grunde entstand das Problem des Klimawandels in dieser Zeit. Um 1900 beliefen sich die kumulativen Kohlendioxidemissionen auf etwa 45 Milliarden Tonnen. Bis 2000 waren es 1000 Gigatonnen, und seitdem sind sie auf – erschreckende – 1900 Gigatonnen angewachsen. Welcher Anteil der Flora und Fauna in einer sich rapide erwärmenden Welt überleben kann, ist eine der großen Fragen unserer Zeit – vielleicht sogar die große Frage.

Die meisten derzeit lebenden Spezies haben mehrere Eiszeiten überstanden; sie waren also eindeutig imstande, kältere weltweite Temperaturen zu überleben. Ob sie jedoch mit wärmeren Temperaturen fertigwerden, ist nicht klar; die Welt war seit Millionen Jahren nicht viel heißer als heute. Im Pleistozän wanderten selbst sehr kleine Tiere wie Käfer Hunderte Kilometer, um mit dem Klima mitzuhalten. Gegenwärtig sind erneut unzählige Arten auf Wanderschaft, aber anders als in den Eiszeiten blockieren Städte, Autobahnen und Sojaplantagen ihnen häufig den Weg. »Unser Wissen über ihre frühere Reaktion ist sicher von geringem Wert, um zukünftige Reaktionen auf den Klimawandel vorherzusagen, da wir völlig neue Einschränkungen für die Mobilität [der Spezies] geschaffen haben«, schrieb der britische Paläoklimatologe Russell Coope. »Wir haben unbequemerweise die Torpfosten versetzt und ein Ballspiel mit völlig neuen Regeln begonnen.«

Selbstverständlich gibt es auch viele Spezies, die einfach nicht wandern können. Australische Forscherinnen und Forscher untersuchten 2014 eingehend Bramble Cay, ein winziges Atoll in der Torresstraße. Dort gab es eine eigene Nagetierart, die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte, das einzige bekannte Säugetier, das ausschließlich auf dem Great Barrier Reef vorkam. Aufgrund des steigenden Meeresspiegels schrumpfte die Insel, und die Forscher wollten herausfinden, ob die Marmorschwanzratten noch dort waren. Es gab sie nicht mehr, und 2014 erklärten die australischen Behörden die Art für ausgestorben. Es war der erste Fall eines Artensterbens, das auf den Klimawandel zurückgeführt wurde, obwohl ihm sicher zahlreiche nicht dokumentierte Fälle vorausgingen.

Korallenriffe sind äußerst anfällig für den Klimawandel. Riffbildende Korallen sind winzige gallertartige Tiere; ihre Färbung erhalten sie durch noch winzigere symbiotische Algen, die in ihren Zellen leben. Wenn die Wassertemperaturen stark steigen, bricht die symbiotische Verbindung von Korallen und Algen zusammen. Die Korallen stoßen die Algen ab und werden weiß; das nennt man »Korallenbleiche«. Ohne ihre Symbionten müssen die Korallen hungern. Wenn die Episode nicht allzu lange dauert, können sie sich erholen, aber die Meerestemperaturen steigen zu schnell, und es kommt immer häufiger zur Korallenbleiche, die zudem immer länger dauert. Ein australisches Forscherteam fand 2020 heraus, dass die Korallendecke am Great Barrier Reef sich seit 1995 um die Hälfte reduziert hat. Eine weitere Studie amerikanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichtete 2020, dass die Mehrzahl der Karibikriffe sich in den vergangenen fünfzig Jahren in Habitate verwandelt hat, die von Algen und Schwämmen dominiert sind. Und 2021 warnte eine Studie, dass die Korallenriffe des westlichen Indischen Ozeans »anfällig für einen Ökosystemkollaps« sind. Wenn Korallenriffe kollabieren, könnten die Spezies, die sie mit sich reißen, laut Schätzungen in die Millionen gehen.

Wie diese Geschichte enden wird, ist natürlich unbekannt. In den vergangenen 500 Millionen Jahren gab es fünf Massenaussterben, in denen jeweils etwa drei Viertel der auf dem Planeten lebenden Arten ausgelöscht wurden. Wissenschaftler warnen, dass wir nun in ein weiteres, sechstes Aussterben hineingleiten. Dieses Ereignis ist das erste, das von einem biologischen Akteur verursacht wird – von uns. Werden wir rechtzeitig handeln, um es zu verhindern? /

Die Hardy Reef Lagoon in Queensland. Das Great Barrier Reef ist die größte lebende Struktur der Erde und bietet ein Habitat für nahezu 9000 Meereslebewesen.

1.5

»Die Wissenschaft ist so zuverlässig, wie sie nur sein kann«

Greta Thunberg

Die bemerkenswerte klimatische Stabilität des Holozäns ermöglichte es unserer Spezies – dem Homo sapiens –, von der Lebensweise der Jäger und Sammler zu der von Bauern überzugehen, die Land kultivierten. Das Holozän begann vor etwa 11 700 Jahren, als die letzte Eiszeit endete. In dieser relativ kurzen Zeitspanne haben wir unsere Welt – verstanden als die der Menschen – völlig verändert. »Unsere Welt«, verstanden als eine Welt, die einer bestimmten Art gehört – und diese Spezies sind wir.

Wir entwickelten die Landwirtschaft, bauten Häuser, schufen Sprachen, Schrift, Mathematik, Werkzeuge, Währungen, Religionen, Waffen, Kunst und hierarchische Strukturen. Die menschliche Gesellschaft breitete sich aus erdgeschichtlicher Sicht mit unglaublicher Geschwindigkeit aus. Dann kam die Industrielle Revolution, die den Beginn der »Großen Beschleunigung« markierte. Von einer unglaublich schnellen Entwicklung gingen wir zu etwas anderem – etwas Atemberaubendem – über.

Würden wir die Weltgeschichte in die Zeitspanne von einem Jahr übersetzen, hätte die Industrielle Revolution am Silvesterabend etwa eineinhalb Sekunden vor Mitternacht stattgefunden. Seit der Entstehung der menschlichen Zivilisation haben wir die Hälfte der Bäume auf der Erde gefällt, mehr als zwei Drittel der Wildtiere und Wildpflanzen ausgerottet, die Meere mit Plastik gefüllt und ein potenzielles massenhaftes Artensterben und eine Klimakatastrophe in Gang gesetzt. Wir haben angefangen, die Systeme zu destabilisieren, auf denen das Leben basiert und auf die wir alle angewiesen sind. Mit anderen Worten: Wir sägen den Ast ab, auf dem wir leben.

Aber die meisten von uns sind sich noch immer nicht darüber im Klaren, was vorgeht, und viele kümmert es offenbar auch gar nicht. Das liegt an diversen Faktoren, von denen dieses Buch viele behandelt. Einer dieser Faktoren, das sogenannte »Shifting-Baseline-Syndrom« oder die »Generationenamnesie«, bezeichnet den Umstand, dass wir uns an Neues gewöhnen und anfangen, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Für meine Urgroßeltern wäre ein achtspuriges Autobahnkreuz vermutlich unvorstellbar gewesen, aber für meine Generation ist es etwas völlig Normales. Manchen von uns erscheint es sogar als etwas Natürliches, Sicheres und Beruhigendes, je nach den Umständen. Die fernen Lichter einer Megacity, eine Ölraffinerie, die neben einer dunklen Fernstraße glitzert, und die grell beleuchteten Landebahnen eines Flugplatzes, die den Nachthimmel erhellen, sind für uns ein so gewohnter Anblick, dass viele von uns ihr Fehlen als seltsam empfinden würden.

Das Gleiche gilt für den Trost, den manche unter anderem aus überzogenem Konsum beziehen. Das einst Unvorstellbare kann sehr schnell zu einem selbstverständlichen – und sogar unersetzlichen – Bestandteil unseres Alltagslebens werden. Je weiter wir uns von der Natur entfernen, umso schwerer fällt es uns, uns daran zu erinnern, dass wir ein Teil von ihr sind. Wir stehen nicht über den anderen Elementen, die diese Erde ausmachen. Wir sind von ihnen abhängig. Der Planet gehört uns ebenso wenig wie den Fröschen, Käfern, Hirschen oder Rhinozerossen. Es ist nicht unsere Welt, wie Peter Brannen uns in seinem Kapitel erinnert.

Die schnell eskalierende Klima- und Ökologiekrise ist eine globale Krise: Sie betrifft alle Pflanzen und Lebewesen. Zu behaupten, die gesamte Menschheit sei dafür verantwortlich, ist jedoch sehr weit von der Wahrheit entfernt. Die meisten Menschen leben gegenwärtig durchaus innerhalb der von der Erde gesetzten Grenzen. Lediglich eine Minderheit von uns hat diese Krise verursacht und treibt sie weiter voran. Aus diesem Grund ist die gängige Behauptung: »Es gibt zu viele Menschen«, äußerst irreführend. Die Weltbevölkerung spielt zwar eine Rolle, aber nicht alle Menschen verursachen Emissionen und verbrauchen die Ressourcen der Erde, sondern nur manche Menschen – es sind die Gewohnheiten und das Verhalten mancher Menschen in Verbindung mit unseren Wirtschaftsstrukturen, die diese Katastrophe verursachen.

Die Industrielle Revolution, angetrieben von Sklaverei und Kolonialisierung, brachte dem globalen Norden unvorstellbaren Reichtum, besonders einer kleinen Minderheit der dort lebenden Menschen. Diese extreme Ungerechtigkeit ist die Grundlage, auf der unsere modernen Gesellschaften aufgebaut sind. Das ist der Kern des Problems: das Leiden vieler, die zum Nutzen weniger bezahlen. Der Reichtum dieser wenigen hatte einen Preis: Unterdrückung, Völkermord, ökologische Zerstörung und klimatische Instabilität. Die Rechnung für all diese Zerstörung ist noch nicht beglichen. Tatsächlich ist sie noch nicht einmal zusammengerechnet worden und wartet noch darauf, gestellt zu werden.

Warum spielt das eine Rolle? Warum sollten wir in einer solchen Notlage nicht Vergangenes vergangen sein lassen und lieber nach Lösungen für unsere gegenwärtigen Probleme suchen? Warum sollten wir die Dinge komplizierter machen, indem wir die schwierigsten Probleme der Menschheitsgeschichte zur Sprache bringen? Die Antwort lautet, dass diese Krise nicht nur hier und jetzt stattfindet. Vielmehr hat sich die Klima- und Ökologiekrise kumulativ entwickelt und reicht letztlich zurück bis in die Kolonialisierung und darüber hinaus. Es ist eine Krise, die auf der Vorstellung beruht, manche seien mehr wert als andere und hätten daher das Recht, anderen Menschen Land, Ressourcen, zukünftige Lebensbedingungen – und sogar das Leben zu nehmen. Und das geschieht weiterhin.

Ungefähr 90 Prozent der CO2-Emissionen, die unser gesamtes Kohlenstoffbudget ausmachen, sind bereits freigesetzt worden – das Kohlenstoffbudget ist die maximale Menge des Kohlendioxids, das wir kollektiv freisetzen dürfen, damit die Welt eine 67-prozentige Chance hat, die Erderwärmung unterhalb von 1,5 °Celsius zu halten. Dieses Kohlendioxid ist bereits in die Atmosphäre oder in die Meere gepumpt worden, bleibt dort und stört das heikle Gleichgewicht der Biosphäre für viele Jahrhunderte – ganz zu schweigen von der Gefahr, dass wir in dieser Zeit zahlreiche Kipppunkte erreichen und Rückkopplungseffekte auslösen. Das verbleibende Kohlendioxidbudget, das wir noch freisetzen können, ohne die Ziele, die wir uns gesetzt haben, zu verfehlen, ist nahezu aufgebraucht – aber viele Länder mit geringem und mittlerem Einkommen müssen erst noch die Infrastruktur aufbauen, auf der Wohlstand und Wohlergehen der einkommensstärkeren Länder basieren, und das erfordert beträchtliche CO2-Emissionen. Es dürfte auf der Hand liegen, dass das bereits zu 90 Prozent freigesetzte CO2 im Zentrum unserer Klimaverhandlungen stehen müsste oder zumindest gewisse Auswirkungen auf den globalen Klimadiskurs haben sollte. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Länder des globalen Nordens ignorieren unsere historische Schuld – neben vielen anderen wichtigen Aspekten – völlig.

Manche argumentieren, das alles sei vor so langer Zeit passiert, die damals herrschenden Menschen seien sich der Probleme nicht bewusst gewesen, als sie unsere Energiesysteme aufbauten und mit der Massenproduktion all der Dinge anfingen, die wir konsumieren. Aber sie waren sich dessen bewusst, wie Naomi Oreskes in ihrem Beitrag zeigt. Es gibt eindeutige Belege, dass große Erdölkonzerne wie Shell und ExxonMobil seit mindestens vier Jahrzehnten über die Folgen ihres Handelns Bescheid wussten. Das gilt auch für die Nationen der Welt, wie Michael Oppenheimer erklärt. Zudem ist es eine Tatsache, dass über fünfzig Prozent aller anthropogenen (von Menschen verursachten) Kohlendioxidemissionen freigesetzt wurden, nachdem das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Weltklimarat) gegründet wurde und die Vereinten Nationen 1992 ihre Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro veranstalteten. Sie wussten es also. Die Welt wusste Bescheid.

Es läuft auf die Schwarz-Weiß-Fragen hinaus. Manche sagen, es gebe viele Schattierungen dazwischen, die Dinge seien kompliziert und die Antworten niemals einfach. Aber ich sage es noch einmal: Es gibt viele Sachverhalte, die sind schwarz oder weiß. Entweder man stürzt von einer Klippe oder nicht. Entweder wir leben, oder wir sind tot. Entweder alle Bürgerinnen und Bürger dürfen wählen oder nicht. Entweder Frauen haben die gleichen Rechte wie Männer oder nicht. Entweder wir bleiben unterhalb der im Pariser Abkommen festgelegten Zielwerte und wenden damit die Gefahr ab, irreversible Veränderungen in Gang zu setzen, die sich menschlicher Kontrolle entziehen, oder nicht.

Diese Fragen sind so schwarz oder weiß, wie es nur geht. Wenn es um die Klima- und Ökologiekrise geht, liegen uns zuverlässige wissenschaftliche Belege für die Notwendigkeit eines Wandels vor. Das Problem ist, dass sich die derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse nach sämtlichen Belegen auf einem Kollisionskurs zu unserem gegenwärtigen Wirtschaftssystem und zu der Lebensweise befinden, auf die viele Menschen im globalen Norden einen Anspruch zu haben glauben. Beschränkungen und Restriktionen stehen nicht gerade in Einklang mit Neoliberalismus oder moderner westlicher Kultur. Man braucht sich nur anzusehen, wie manche Teile der Welt auf die Einschränkungen während der Covid-19-Pandemie reagierten.

Selbstverständlich lässt sich argumentieren, es gebe unterschiedliche wissenschaftliche Ansichten; nicht alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien einer Meinung. Das stimmt: Sie verbringen viel Zeit damit, über verschiedene Aspekte ihrer Forschungsergebnisse zu diskutieren – so funktioniert Wissenschaft. Dieses Argument lässt sich zu unzähligen Diskussionsthemen anbringen, allerdings nicht mehr in Bezug auf die Klimakrise. Dieser Zug ist abgefahren. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind so zuverlässig, wie sie nur sein können.

Was bleibt, ist weitgehend Taktik. Wie soll man die Information verpacken, formulieren und vermitteln? Wie störend wagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufzutreten? Sollten sie den unzulänglichen Vorschlägen der Politiker Beifall zollen, weil sie immerhin besser sind als nichts und weil sie dadurch vielleicht auch einen Platz am Tisch gewinnen – oder behalten – können? Oder sollten sie riskieren, als alarmistisch abgetan zu werden, und sagen, wie es ist, auch wenn das dazu führen könnte, dass sich mehr Menschen geschlagen geben und in Apathie verfallen? Sollten sie eine positive, hoffnungsvolle Haltung nach dem Motto »das Glas ist halb voll« einnehmen oder auf jegliche Kommunikationstaktik verzichten und sich lediglich darauf konzentrieren, die Fakten zu liefern? Oder vielleicht ein bisschen von beidem?

Eine zutiefst spaltende Frage ist heutzutage, ob man Gleichheit und historische Emissionen in die Diskussionen über die erforderlichen Maßnahmen gegen die Umweltkrise einbeziehen sollte. Da solche Zahlen aus unseren internationalen Rahmenwerken herausverhandelt wurden, ist es sicher verlockend, sie zu ignorieren, weil sie eine düstere Botschaft noch trostloser erscheinen lassen. Allerdings lässt es diejenigen, die einen ganzheitlichen Ansatz vertreten und sie einzubeziehen versuchen,