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Um die Kunst der Achtsamkeit zu erlernen, müssen wir nicht unbedingt ins Kloster gehen oder an einem Retreat teilnehmen – der wertvollste Lehrmeister ist unser ganz alltägliches Leben. Es zeigt uns, dass wir in jedem Moment, in jeder Beziehung und an jedem Ort die Möglichkeit haben, achtsam zu sein und jeden Augenblick in seiner ganzen Fülle zu erleben.
Doris Iding erzählt in ihren Weisheitsgeschichten von Begebenheiten, in denen wir uns wiedererkennen und mitunter auch über uns selbst schmunzeln können. Ihre einfachen Übungen helfen, mitfühlend und achtsam zu reagieren – auch wenn uns ein anderes Auto gerade den letzten Parkplatz wegschnappt, der Kassierer im Supermarkt von der gemütlichen Sorte ist oder der Partner sich wieder mal nicht festlegen mag, ob er an Weihnachten mit zu den Schwiegereltern fährt.
Ein inspirierendes Leseerlebnis voller Witz und Weisheit – mit vielen wertvollen Achtsamkeits-Impulsen für innere Freiheit, Gelassenheit und Lebensfreude.
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Seitenzahl: 189
Das Buch
Um die Kunst der Achtsamkeit zu erlernen, müssen wir nicht unbedingt ins Kloster gehen oder an einem Retreat teilnehmen – der wertvollste Lehrmeister ist unser ganz alltägliches Leben. Es zeigt uns, dass wir in jedem Moment, in jeder Beziehung und an jedem Ort die Möglichkeit haben, achtsam zu sein und jeden Augenblick in seiner ganzen Fülle zu erleben. Doris Iding erzählt in ihren Weisheitsgeschichten von Begebenheiten, in denen wir uns wiedererkennen und mitunter auch über uns selbst schmunzeln können. Ihre einfachen Übungen helfen, mitfühlend und achtsam zu reagieren – auch wenn uns ein anderes Auto gerade den letzten Parkplatz wegschnappt oder der Kassierer im Supermarkt von der gemütlichen Sorte ist.
Ein inspirierendes Leseerlebnis voller Witz und Weisheit – mit vielen wertvollen Achtsamkeits-Impulsen für innere Freiheit, Gelassenheit und Lebensfreude.
Die Autorin
Doris Iding beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit bewusstseinsverändernden Techniken und spirituellen Praktiken. Sie studierte Ethnologie, Religionswissenschaften, Psychologie und Japanologie. Ihr besonderes Interesse gilt der Integration bewusstseinsverändernder asiatischer Meditationstechniken und Heilmethoden für Menschen im Westen. 17 ihrer Bücher wurden in andere Sprachen übersetzt. Seit vielen Jahren ist Doris Iding weltweit auch als Retreat und Seminarleiterin tätig.
www.glueckundachtsamkeit.de
DORIS IDING
Das Leben, mein Meister
Weisheitsgeschichten und Achtsamkeitsübungen für innere Freiheit, Gelassenheit und Lebensfreude
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Redaktion: Dr. Diane Zilliges
Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München,
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Satz: Guter Punkt, München
E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
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ISBN 978-3-641-26565-6V001
www.Integral-Lotos-Ansata.de
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Inhalt
Vorwort
Diese Schule ist für alle da
Kleine und große Lehrmeister
Persönliche Lehrmeister
Meine größten Lehrer
Formell und informell
Eine Geschichte, viele Perspektiven
Die Armbanduhr
Mein Kissen, mein Geist und ich
Das Telefon des Windes
Eine elegante Diebin
Ein Notenblatt als Lehrer
Der innere Kritiker ist immer dabei
Das innere Licht strahlt
Du bist spitze!
Es geht immer noch ein bisschen mehr
Ein Lieblingsmantra
Der schwarze Schmetterling
Der militante Buddhist
Das Haus Gottes
Schüler und unvollkommene Lehrer
Stille erfahren
Stille und ihre Facetten
Was ist das?
Freiheit schmecken
Frei sein, wo immer wir sind
Der Baum, mein Lehrer
Der Spargelbauer
Eine außergewöhnliche Begegnung
Die blaue Teetasse
Ein kleines Blatt mit großer Bedeutung
Der edle Tee
Das Haar eines Panthers
Die Angst, ein großer Lehrmeister
Der innere Kritiker und die eigenen Schattenanteile
Per Du mit dem inneren Kritiker
Der Guru und seine unvollkommenen Schüler
Enttäuscht werden
Tu möglichst wenig von dem, was du bereuen könntest
Die Unvorhersehbarkeit des Lebens
Vom Millionär zum Bettelmönch
Loslassen
Jeder Mensch ist ein Buch voller Geschichten
Wann ist es endlich genug?!
Übernimm dich nicht
10 x 8
Das Kissen, das Herz und die Geduld
Es hört nie auf
Literatur
Über mich
Für Becci.
Vorwort
»Die Welt um mich herum tanzte, tanzte, tanzte, nur ich kümmerte mich einsam-verdrossen um die letzten Fragen der Menschheit. Erst als ich sie alle, alle gelöst hatte, ging auch für mich das Feiern los.«
HELGE TIMMERBERG
Das Leben hält viel für uns bereit: Einsamkeit. Glück. Abgründe. Magie. Eintönigkeit. Freude. Bestimmung. Liebe. Abwechselung. Sehnsüchte. Schmerz. Veränderung. Verbundenheit. Orientierungslosigkeit. Zufriedenheit. Langeweile. Zuversicht. Große Fragen. Frieden. Unlösbare Paradoxe. Veränderung. Ein Lächeln.
Wie facettenreich wir unser eigenes Leben erfahren, hängt ganz davon ab, wie sehr wir in es eintauchen. Gehören Sie zu den Tieftauchern oder schnorcheln Sie lieber ein bisschen an der Oberfläche? Sind Sie ein Zaungast oder zählen Sie zu denjenigen, die sich trauen, selbst zu erkunden, was sich hinter dem Wort »Leben« verbirgt? Da Sie mein Buch in der Hand halten, gehe ich davon aus, dass Sie Ihr Leben in vollen Zügen genießen möchten. Somit darf ich Sie herzlich willkommen heißen im Club der Neugierigen, Achtsamen, Sinnsuchenden, Um-die-Ecke-Schauenden, Mutigen, Lebenslustigen und Tiefgründigen.
Möglicherweise wurden Sie – so wie ich – irgendwann von der Magie des Lebens geküsst und fragen sich seitdem vermehrt: »Welchen Sinn hat das, was mir gerade passiert?« Vielleicht gehören Sie seit einem solchen Moment zu denjenigen, die es wagen, eigenständig zu denken und sich nicht mit dem unermüdlichen Konsum von Fernsehserien zufriedengeben. Zu denjenigen, die von einem erfüllten Leben zu träumen wagen.
Wer auch immer riskiert, sich auf das Abenteuer Leben einzulassen, wird alsbald realisieren, dass »leben« ein Tu-Wort ist. Er wird erfahren, was es heißt zu leben, anstatt gelebt zu werden. Solche Menschen genießen die Lücken in ihrem Lebenslauf. Sie genießen das Nichtstun und das Sosein.
Wer auch immer wissen möchte, warum das Leben uns in manchen Situationen scheinbar mit Füßen tritt und unsere Widersacher auf Händen trägt, ist bereit, nachzudenken über ein Wieso und Warum. Und er ist auch bereit, alles zu tun, um sich selbst mehr Halt zu geben und das Leben als ein Geschenk zu betrachten. Auch dann, wenn die äußeren Umstände nicht vollkommen scheinen.
Vielleicht gehören Sie auch zu den Menschen, die nach intelligenten Lösungen suchen, um am Leben nicht zu zerbrechen, sondern daran zu wachsen. Oder aber Sie möchten am Ende Ihres Lebens nicht von Gefühlen der Schuld oder Scham gebeutelt werden, weil Sie zu viel kostbare Zeit vor dem Fernseher verschlafen haben. Was auch immer Sie dazu bewegt hat, mir bis zu diesem Satz zu folgen, und wo auch immer Sie jetzt sind, halten Sie doch bitte jetzt, ja, genau jetzt ein paar Augenblicke inne und fragen Sie sich:
Was erwarte ich noch von meinem eigenen Leben, das irgendwann ganz definitiv enden wird?
Bin ich bereit, mein Leben auszukosten? Es zu genießen? Es mit jeder Faser meines Körpers zu leben? Es aus ganzem Herzen zu lieben? Es umfassend zu verstehen?
Sollten Sie die letzten Fragen mit einem Ja beantwortet haben, freue ich mich sehr darauf, Sie mit diesem Buch eine Zeit lang begleiten zu dürfen. Ich nehme Sie mit auf innere und äußere Reisen, auf denen mir mein Leben als Meister gedient hat und es immer noch tut. Reisen, die mal lustig und mal traurig waren. Reisen, die mal zum Reflektieren einladen, mal zum Schmunzeln. Reisen, die Ihnen möglicherweise eine Träne, ein Kopfschütteln oder ein »Aha!« entlocken.
Diese Schule ist für alle da
»Das Leben ist einfach nur das Leben.«
REBECCA DOLL
Das Leben verschont keinen von uns mit tiefen und transformierenden Lektionen. Jeder muss seine »spirituellen« Hausaufgaben machen, um sich weiterzuentwickeln, um bewusster zu werden und um den tieferen Sinn seines eigenen Daseins zu erkennen. Wir alle. Sie und ich. Geizig ist das Leben hinsichtlich dieser Lektionen leider nicht. Ganz im Gegenteil: Ungefragt und ohne Scham und Scheu nimmt es uns oft das, was uns lieb ist, und wirft uns das vor die Füße, was wir nicht mögen. Manchmal haben wir das Gefühl, dass wir ganz persönlich es sind, die die größten, schwierigsten und gemeinsten Aufgaben erhalten. Aber mal ehrlich: Wenn Sie sich das Leben anderer Menschen einmal genauer betrachten, möchten Sie wirklich mit irgendjemanden tauschen? Ich nicht.
Innere, eigene Weisheit erlangen wir primär durch Verluste, Krankheiten und Kummer. Zu Meistern werden wir, wenn wir dann Nein sagen, wenn wir Nein meinen, und einen Weg beschreiten, den vor uns noch niemand gegangen ist. Und sei es nur in Gedanken. Wenn wir es ganz zu uns nehmen, unser einziges kostbares Leben, werden wir es als unsere Schule begreifen. Dann werden wir uns vor ihm als unserem Lehrmeister verneigen.
Da Sie mein Buch immer noch in der Hand halten, scheinen Sie gern genauer hinzuschauen, was es mit dem Leben so auf sich hat. Wie schön!
In diesem Buch möchte ich einige Begegnungen aus meinem eigenen Leben und dem Leben anderer mit Ihnen teilen. Es sind Begegnungen, die mir persönlich immer wieder die Augen dafür geöffnet haben, dass ich jeden Tag etwas über mich selbst, meine Denkstrukturen und Verhaltensmuster lernen darf. Häufig enthalten sie kleine Augenblicke, Bruchteile von Sekunden, in denen ich – wenn ich achtsam war – etwas Grundlegendes über Liebe, innere Freiheit, Entspannung, Urvertrauen, Zuversicht, Schönheit und das, wie Herbert Grönemeyer es nennt, »Sekundenglück« lernen durfte. Es sind aber auch Erfahrungen, die mich mit Hass, Neid, Eifersucht, Habgier und Missgunst konfrontierten und mir zeigten, wie verschlossen mein eigenes Herz zuweilen ist. Wie ernüchternd, wie offenbarend sind solche Erfahrungen.
Bei all den Lektionen, in die das Leben mich verwickelte und weiter verwickelt, zeigt es mir, dass meine Sicht auf das, was mir da passiert, immer nur eine zutiefst subjektive Perspektive ist. Bin ich in solchen Momenten achtsam und offen, lerne ich schnell, was mir das Leben zeigen möchte. Will ich hingegen nicht hinschauen und reagiere ich mit überzogener Wut, Angst, Eifersucht, Neid, Frustration, Abwehr, Kälte oder Vorwürfen, kann es sein, dass ich die gleiche Lektion noch viele Male vorgesetzt bekomme. So lange, bis ich verstanden habe, um was es geht.
Für dieses Buch habe ich die Prüfungen als Geschichten aufbereitet. Sie sollen veranschaulichen, wie schnell ich mich immer wieder in vermeintliche Wahrheiten meines kleinen Ichs gerettet und dabei das große Ganze vollkommen aus dem Blick verloren habe. Ich beschreibe Erfahrungen, die mich aufgefordert haben, mich nicht mit einer anerzogenen Meinung oder einer von der Allgemeinheit geglaubten Sicht auf das Leben zufriedenzugeben. Aus diesen Lektionen resultierten Erkenntnisse, die dafür gesorgt haben, dass ich lieber tausendmal wieder aufstehe, anstatt liegen zu bleiben. Ich gebe Begegnungen wieder, die mich dazu inspiriert haben, mich selbst immer wieder zu hinterfragen. Augenblicke, die mich aufgeweckt haben, damit ich in dem Moment, in dem ich dem Tod in die Arme fallen werde, mit Gewissheit sagen kann: Ich habe mich nicht zufriedengegeben mit einem seichten Leben, sondern habe mein einzigartiges Leben gelebt.
Manche Geschichten sind mit kleinen Achtsamkeitsübungen versehen, die mir persönlich geholfen haben, Einsichten auch umzusetzen. Es sind Übungen, die mein großes Verlangen gestillt haben, nicht fremdgedacht und ferngesteuert zu sein. Es sind Reflexionen, die meinem großen Wunsch geschuldet sind, nicht zu verblöden. Es sind Anleitungen, die der Forderung meines inneren Kritikers – jener Stimme in meinem Kopf, die Zweifel aufkommen lässt, meine Fähigkeiten und die der anderen unentwegt infrage stellt und häufig sehr negativ ist – nachkommen, mich immer wieder hinzusetzen, um mich zu fragen: Wer bin ICH?! Wenn ich diese Stimme zu ernst nehme, ist sie Gift für mein Selbstwertgefühl. Wohl dosiert treibt sie mich an.
Vielleicht erkennen Sie sich in der einen oder anderen Geschichte wieder und können dann mit etwas Abstand sogar darüber schmunzeln. Möglicherweise kann die eine oder andere Übung Sie darin unterstützen, derzeitigen oder zukünftigen eigenen Lektionen gelassener, entspannter und achtsamer zu begegnen. Oder aber sie helfen Ihnen, vergangene Erfahrungen noch einmal neu zu betrachten und die Lektion, die Sie dadurch lernen sollten, wertzuschätzen. Dann können Sie mögliche Verletzungen oder Enttäuschungen, die Sie seitdem mit sich herumtragen, endlich loslassen. Vielleicht sind es aber auch die Zitate, die ich eingeflochten habe, die Sie ermutigen, mehr eigenes Leben zu wagen und weniger vorgegebene Biografien zu konsumieren.
Mir persönlich hat es sehr geholfen, mich selbst immer wieder mit ein bisschen Abstand in diesem Lehrstück namens »Leben« zu betrachten. Das macht es leichter, die eine oder andere Aufgabe besser zu verstehen und zu verdauen. Es wird einfacher, mögliche Konsequenzen daraus zu ziehen und mehr Achtsamkeit, Demut, Dankbarkeit, Mitgefühl, Mitfreude und Wertschätzung für mich selbst und andere zu entwickeln, anstatt alles vorschnell negativ zu bewerten. Durch diesen Perspektivenwechsel empfinde ich das Leben nicht mehr als Drama, sondern ab und zu als eine Komödie, als ein Lustspiel, einen Schwank und manchmal sogar als eine wunderschöne Romanze. Als meine Romanze mit dem Leben.
Wenn wir achtsamer werden, können wir erkennen, dass sich gewisse Themen wie ein roter Faden durch unser Leben ziehen. Erkennen wir, warum uns immer wieder das Gleiche passiert, ändert das Leben die Prüfungsfrage. Aufhören wird die Schule des Lebens aber erst mit unserem letzten Atemzug.
Eines sollten wir bei alldem nicht vergessen: Wir sind die Schöpfer unseres eigenen Lebens. Welches Drehbuch für Ihre Zukunft Sie wählen, können Sie frei entscheiden. Ich persönlich nehme ein solches, bei dem viel gelacht und getanzt wird.
Ihre
Doris Iding
Kleine und große Lehrmeister
»Jeder Mensch und jedes Dingin deiner unmittelbaren Umgebungist dein Lehrer.«
KEN KEYES JR.
Reg dich nicht über andere Menschen auf, sondern überleg dir lieber, warum sie dir das Leben vor die Nase gesetzt hat!« So lautete der Lieblingssatz meiner spirituellen Lehrerin. »Und da du eine Vorliebe für Buddhismus hast«, fuhr sie fort, »kannst du diese Übung noch ein bisschen vertiefen und dir vorstellen, dass jeder Mensch ein Buddha ist – außer dir!« Mit diesen Aussagen wollte sie mich auf ihre so besondere, charmante Weise auffordern, mir zu überlegen, was ich von anderen Menschen lernen kann, anstatt mich für weiter, bewusster oder spiritueller zu halten als sie.
Ihr Vorschlag missfiel einem Teil in mir deutlich. Etwas in mir fand es schrecklich, mir auszumalen, dass mich die – in meinen Augen – frustrierte und machthungrige Politesse, die mir gerade ein saftiges Protokoll verpasst hatte, weil ich nur mal kurz im Halteverbot geparkt hatte, an Weisheit und Mitgefühl überbieten sollte! Unmöglich! Und noch schlimmer fand etwas in mir die Herausforderung, dass ich ihr – im Sinne der Achtsamkeit – wertfrei und offen begegnen sollte. So eine Frau sollte ein Buddha und somit meine spirituelle Lehrmeisterin sein?! Niemals!!! Bei dieser Vorstellung bäumte sich etwas in mir auf.
Genauso missfiel mir die Vorstellung, dass der Mann, von dem ich mich getrennt hatte, weil ich ihn naiv und egoistisch fand, ein Buddha sein und mir als Lehrmeister dienen sollte! Auch hier ging ein Teil in mir innerlich gehörig auf die Barrikaden. Auch ein Sitznachbar im Flugzeug auf dem Langstreckenflug nach Indien passte nicht in mein Bild eines spirituellen Lehrers: Er schlief mit offenem Mund, hatte Schweißfüße und machte sich so breit neben mir, dass ich mich von ihm bedrängt fühlte. Was sollte er mich schon lehren?! Höchstens, dass man mit gewaschenen Füßen ins Flugzeug steigt. Solche Begegnungen lösten eher Gefühle wie Wut, Ärger oder Überheblichkeit in mir aus. Gab es da noch tiefere Lektionen für mich, die ich nicht erkennen wollte, solange ich nur auf das schaute, was mich an diesen Menschen störte?
Viele persönliche Erfahrungen der letzten Jahre zwangen mich dazu, dass ich den tieferen Sinn der Aussage verstand, dass alle Menschen mir etwas verdeutlichen wollen oder mir eine Lektion erteilen können – vorausgesetzt, ich steige von meinem spirituellen Ross herunter und betrachte sie als meine Lehrmeister. Aber nicht nur das: Das Leben zeigte mir, einerseits auf unbarmherzige Weise und andererseits auf spielerische Art, dass mir alle Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen ein unendlich großes und zutiefst spirituelles Lernfeld offerieren, weil Menschen immer auch einen bestimmten Aspekt in mir positiv berühren oder negativ triggern können. Die Menschen selbst haben gar nichts damit zu tun, was da in mir ausgelöst wird, sondern es ist ganz allein mein subjektiver Blick auf sie und auf die Welt, der mich eng oder weit werden lässt in Herz und Geist.
Anders ausgedrückt: Je nachdem ob ich die Welt mit den Augen meines inneren Kritikers oder der inneren Erwachten betrachte, verändert sich mein Blick auf mein Leben. Den inneren Kritiker erkenne ich an Gefühlen des Neids, der Einsamkeit, der Eifersucht, des Mangels, des Zweifels, des Misstrauens, der Angst. Und dementsprechend düster und traurig ist das, was ich sehe. Habe ich hingegen ein offenes Herz, entsteht in mir Mitgefühl, Verbundenheit, Liebe, Freude, Respekt oder Wertschätzung, und das Leben erscheint mir plötzlich bunt und spannend. Es liegt immer wieder an mir zu erkennen, welche Sicht ich gerade einnehme und ob ich bereit bin, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen.
Mein eigener Kritiker weicht ungern von meiner Seite und verweigert mir gern einen entspannten Blick auf all die magischen Momente, die mir das Leben schenkt. Egal, wo ich gerade bin. Durch seine Brille kann er auf meine »Buddhas« im Außen so abwertend, überheblich und arrogant reagieren, dass ich mich manchmal innerlich für ihn schäme. Diese beiden Kontrahenten – der innere Kritiker und das offene Herz – sorgen dafür, dass mein Leben mitunter sehr anstrengend sein kann und dann aber auch wieder sehr herzöffnend und voller magischer Momente ist.
Übrigens habe nicht nur ich diese beiden inneren Stimmen in mir. Bereits Goethes Faust kämpfte damit: »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen; die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die andre hebt gewaltsam sich vom Dust zu den Gefilden hoher Ahnen.« Und auch der Stamm der Cherokee weiß von diesen beiden Widersachern. Sie benennen diese Stimmen nicht als inneren Kritiker und das eigene Herz, sondern als den weißen und den schwarzen Wolf. Sie empfehlen ihren Kindern, sich dem weißen, wohlwollenden, mitfühlenden Wolf zuzuwenden und ihm die Aufmerksamkeit zu schenken.
Wir tun gut daran, um diese verschiedenen Stimmen zu wissen, uns mit ihnen zu beschäftigen und sie entweder in ihre Schranken zu weisen oder auf ihren Rat zu hören. Der innere Kritiker ist der Teil in uns, der enorm ehrgeizig, leistungsorientiert, destruktiv, aggressiv, wütend und selbstzerstörerisch sein kann. Er legt uns mit Vorliebe Steine in den Weg, macht uns schamlos schlecht, traut uns nichts zu, hat keinen Stolz, wenn es darum geht, uns vor uns selbst in die Pfanne zu hauen, und ist aber auch anderen gegenüber sehr misstrauisch und nachtragend. Das Herz hingegen ist liebevoll, mitfühlend, weise, bedacht, gelassen, heiter und voller Lebensfreude. Es will nur das Beste für uns und auch für andere Menschen. Es wünscht sich, dass wir die Zeit hier auf Erden als ein großes Geschenk des Lebens an uns betrachten.
Vielleicht erkennen Sie Ihren eigenen inneren Kritiker oder die Stimme des Herzens in der einen oder anderen Geschichte dieses Buches wieder. Deutlich wird dabei, wie anstrengend das Leben sein kann, wenn wir unserem inneren Kritiker das Ruder überlassen, und wie schön und leicht und entspannt es wird, wenn wir uns von der Stimme des Herzens begleiten lassen und die Welt mit einem offenen Herzen erleben.
Wem wir Gewicht schenken, ist eine Frage der Entscheidung. Wenn Sie es leid sind, dass Ihr innerer Kritiker Ihnen Ihre kostbare Zeit mit ständigen Anklagen stiehlt, brauchen Sie ihm nicht mehr länger zuzuhören. Doch vielleicht glauben Sie ihm bis heute mehr als allem anderen auf der Welt. Möglicherweise halten Sie die Meinung Ihres inneren Kritikers sogar für die Wahrheit selbst, anstatt zu erkennen, dass es sich hierbei lediglich um Gedanken handelt. Vielleicht leiden Sie aber auch unter ihm und können sich nicht vorstellen, dass es »nur« eine Stimme in Ihrem Kopf ist. Aber – und hier kommt die gute Botschaft: Weder Sie noch ich noch irgendein Mensch auf dieser Welt müssen ihm permanent Gehör schenken. Wir haben die Wahl! Wir können uns jeden Moment neu entscheiden. Wenn wir dies erkennen und uns selbst und den Situationen, die uns geschehen, mit mehr Abstand begegnen, werden wir innerlich und äußerlich freier. Diese Freiheit hat bei mir persönlich zum Beispiel dazu geführt, dass ich viele Erfahrungen mittlerweile mit einem Augenzwinkern betrachten kann, weil ich mir durch eine gewisse innere Distanz bewusst geworden bin, wie engstirnig, perfektionistisch oder leistungsorientiert ich sein kann.
Persönliche Lehrmeister
Es sind nicht nur Menschen, die mir als Lehrer dienen. Ein Vogel in der Morgenstunde, der mich tief berührt; ein Stau auf dem Weg zur Arbeit, der mich stresst; Hundescheiße, die an meinem Schuh klebt und mich wütend macht; Müll, der mir auf einem Spaziergang am Strand vor die Füße geworfen wird; aber auch ein übervoller Kühlschrank können mir Antworten auf große und kleine Fragen geben.
Ist das nicht wunderschön? Ist das nicht zutiefst bereichernd? Ist das nicht ein großes Geschenk?
Die eine oder andere Geschichte in diesem Buch macht deutlich, wie mein Weltbild von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt wurde und Konzepte über mich und meinen Blick auf das Leben ins Wanken kamen. In solchen Momenten erreichte mich eine tiefe Botschaft, und ich konnte mich von alten Vorstellungen, Konzepten und einer bestimmten Idee lösen, wie das Leben zu sein hat. Solche Momente brachten mich dann an Orte, an denen es still war, an denen ein tiefer innerer Frieden herrschte und sich mir offenbarte, dass ich vollkommen bin. Dass ich frei bin. Solche Augenblicke sind Momente der Gnade.
Manchmal war mein Meditationskissen mein größter Lehrer, und ich erlebte während der Praxis wilde Abenteuer in meinem Geist. Manchmal war mein Hund mein Lehrer, ein Politiker, ein Kunde, eine Freundin oder meine Familie. Einige Erfahrungen machte ich als Jugendliche im Internat, andere im Kloster in Japan, wo ich eine Zeit lang studierte. Wieder andere Lektionen erfuhr ich auf Reisen auf den verschiedenen Kontinenten. Meine Lebensgefährten waren ebenfalls große Lehrmeister. Andere wichtige Einsichten hatte ich allein in den eigenen vier Wänden oder im Supermarkt um die Ecke. Hatte ich einen offenen Geist, so waren alle Lektionen gleich lehrreich.
Auch Übungen habe ich in dieses Buch eingestreut und möglicherweise fühlen Sie sich davon inspiriert. Wenn das der Fall ist, dann praktizieren Sie diese Übungen am besten über einen längeren Zeitraum wie zum Beispiel sieben, vierzehn oder dreißig Tage. Dadurch wird sich die Wirkung vertiefen, und Sie werden im Alltag immer schneller erkennen, wer oder was Ihnen gerade als Meister dienen möchte.
Meine größten Lehrer
»Sei bereit, jeden Morgen ein Anfänger zu sein.«
MEISTER ECKHART
Die Achtsamkeit ist das Werkzeug, das mir das Leben irgendwann in die Hand spielte, damit ich meine Lektionen besser bewältige. Durch sie gelang es mir, das Leben selbst als meinen Meister anzuerkennen. Sie half mir, die »Lehrer«, die es mir immer wieder schickte, eher als Freunde denn als Feinde zu begreifen. Die Achtsamkeit selbst wurde mein größter Lehrer.
Was aber ist Achtsamkeit, die ja mittlerweile in aller Munde ist? Achtsamkeit wird gern als eine wertfreie Haltung beschrieben, die es uns ermöglicht, dem Leben offener zu begegnen. Eine Definition stammt von dem Amerikaner Jon Kabat-Zinn, dem Begründer des MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction).