Das Märchen von der unartigen Prinzessin, dem braven Ritter und dem letzten Wolf - Rainer Hendeß - E-Book

Das Märchen von der unartigen Prinzessin, dem braven Ritter und dem letzten Wolf E-Book

Rainer Hendeß

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Beschreibung

Im Reich von König Nico herrscht tiefer Friede. Menschen und wilde Tiere leben friedlich zusammen. Doch diese Idylle wird gestört, als der wilde Wolf Wolfram die Wölfe gegen die Menschen aufwiegelt, so dass dem König nichts anderes übrig bleibt, als Jagd auf sie zu machen. Viele werden gefangen, die anderen fliehen aus dem Land. Nur Wolfram bleibt, versteckt sich und schwört dem König Rache. Dazu plant er einen Überfall auf die Prinzessin Jonna die von dem treuen Ritter Ser Jelle beschützt wird. Doch der Ritter wird selbst Opfer eines Überfalls im Wald. Und während die Prinzessin schutzlos durch den Wald reitet, sieht der Wilde Wolfram die Stunde seiner Rache gekommen. Und währenddessen schleicht sich ein weiterer Wolf in den Schlossgarten...

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Seitenzahl: 74

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Für Jelle und Jonna

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 : Von einem Königreich, wilden Tieren und warum die Wölfe aus dem Land gejagt wurden

Kapitel 2 : Von einer nicht immer ganz artigen Prinzessin, einem braven Ritter und einem unglücklichen Zusammenstoß

Kapitel 3 : Von einem hinterhältigen Plan und einer Rettung in letzter Minute

Kapitel 4 : Von einer besorgten Großmutter, einem tobenden König und Strafen, die nicht von allen als gerecht empfunden werden

Kapitel 5 : Von einem verlorenen Ball, merkwürdigen Begegnungen und einer neuen Freundschaft

Kapitel 6 : Von einem hilfsbereiten Wolf, einer nicht ganz einfachen Bergungsaktion und einem glänzenden Einfall

Kapitel 7 : Von einem urlaubsreifen König, einer Bombenidee und einem seltsamen Auftritt im Thronsaal

Kapitel 8 : Von den segensreichen Auswirkungen eines königlichen Urlaubs und einem guten Ende

Kapitel 1 : Von einem Königreich, wilden Tieren und warum die Wölfe aus dem Land gejagt wurden

Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die Tiere noch sprechen konnten und die dichten Wälder voller Zauberwesen und Geheimnisse waren. Da lebte in einem fernen Land König Nico, der war weithin berühmt für seine Weisheit, Güte und Gerechtigkeit, und seine Untertanen liebten ihn sehr. Das Königreich war nicht sehr groß, aber das machte dem König nichts aus, denn so musste er keine langen und beschwerlichen Reisen unternehmen, um alle Gegenden seines Reiches zu besuchen. Es blieb immer Zeit, die Edlen des Reiches zu Festen einzuladen, Turniere abzuhalten, Ausritte mit der Familie zu unternehmen, oder einfach auch nur ein Mittagsschläfchen zu halten. Zu seinem allerliebsten Zeitvertreib jedoch zählten die Übungen im Schwertkampf, die er regelmäßig mit seinem Lieblingsritter, einem furchtlosen Recken namens Jelle im Schlosshof austrug.

Ser Jelle Rasmus vom Wegenkamp war der Sohn des Königs und Lehnsherr über ein größeres Rittergut, seine Burg war der Drachenstein mit dem weithin sichtbaren Roten Turm. In seinem Schild führte er einen grauen Steindrachen auf rotem Grund, das Wappen seines Hauses. Der Legende nach habe einst ein Ahnherr des Ritters ein solches Monster erlegt, als die Welt noch von einer Vielzahl furchtbarer Bestien aus dem sagenhaften Land Eldrador heimgesucht wurde.

Ser Jelle war ein Bild von einem Ritter und der Schwarm aller Hofdamen und Zofen. Weit über die Landesgrenzen hinaus war er ein berühmter Turnierkämpfer und hatte mit den größten Recken erfolgreich die Lanzen gebrochen. Er war das geschworene Schwert und der Schild der königlichen Familie. Wann immer dem König, der Königin, der Prinzessin oder dem Reich eine Gefahr drohte, war Ser Jelle zur Stelle, und meistens reichte schon das Erwähnen seines Namens, um jeden Gedanken an Aufruhr und Übeltat im Keim zu ersticken.

Und das war auch notwendig, denn im Herzen des Reiches lag ein tiefer, dunkler Wald. Viele wilde Tiere lebten dort. Es gab Einhörner, Bären, Wildschweine, Wölfe und sogar einen Drachen, der in einer tiefen Schlucht weit drinnen im Wald hauste.

Die Einhörner waren nicht wirklich gefährlich, aber eine rechte Plage. Sie machten sich gern einen Schabernack daraus, Reiter mit ihrem Horn vom Pferd zu stoßen. Das brachte blaue Flecken ein, war aber nicht weiter schlimm, denn die Hörner waren stumpf, so dass sie keine größeren Verletzungen verursachen konnten. Nach einem Erlass des Königs waren die Einhörner verpflichtet, ihren neugeborenen Nachwuchs dem königlichen Stallmeister Manni vorzustellen, der die Hörner dann mit Raspel und Feile vorn rund schliff. Die seitens der Königin vorgetragenen Bedenken, dies könne den Tieren Schmerzen bereiten, waren von den Einhörnern selbst ausgeräumt worden, denn im Gegenzug hatte der König ihnen absolute Freiheit zugesichert. Niemand durfte ein Einhorn fangen oder auf ihm reiten, es sei denn, das Einhorn stellte sich freiwillig zur Verfügung. Tatsächlich gab es welche, die dies gegen ein Stückchen Kuchen oder andere Süßigkeiten taten, am allerliebsten mochten sie Gummibärchen.

Unangenehm war es nur, wenn die Überfallenen in ein Dornengestrüpp fielen oder von den Wildschweinen gepiesackt wurden, die im Bunde mit den Einhörnern waren und im Unterholz darauf lauerten, dass jemand aus dem Sattel geworfen wurde. Die jungen Burschen aus dem naheliegenden Städtchen und den umliegenden Dörfern machten sich einen Sport daraus, sich mit den Einhörnern zu messen. Wer am längsten im Sattel blieb, hatte gewonnen und wurde von seinen Freunden abends im Wirtshaus gefeiert. Unerfreulich aber war, dass die reiterlosen Pferde sich dann meistens mit den Einhörnern davon machten und häufig auf Nimmerwiedersehen verschwanden.

Auch vor dem Drachen brauchte sich niemand mehr zu fürchten. Er war alt, uralt, älter als der Wald sogar, und sein Feuer reichte gerade einmal aus, um seine Höhle im Winter etwas aufzuwärmen. Und da der Drache die Höhle kaum noch verließ, hatten die meisten Leute vergessen, dass es ihn überhaupt gab. Der König wusste um den Drachen, verriet es aber niemandem, weil er nicht wollte, dass ruhmsüchtige Ritter Jagd auf ihn machten. Nur Ser Jelle war in dieses Geheimnis eingeweiht und überließ dem alten Lindwurm hin und wieder eine Wildschweinkeule oder einen Hirschrücken von seinen Jagdausflügen. Er liebte das alte Fabeltier, weil er glaubte, dass es ein uralt und zahm gewordenes Überbleibsel des früheren Monsterss war, das sein Familienwappen schmückte.

So hätte in diesem Königreich Jahr für Jahr tiefer Friede herrschen können, wären da nicht die Wölfe gewesen. Diese waren ein räuberisches Pack, das den ganzen Wald unsicher machte. Zwar gab es seit Urzeiten eine Vereinbarung, dass Menschen nicht getötet oder gar gefressen werden durften, doch überfielen sie jeden, der sich allein im Wald blicken ließ, trieben ihn durchs Unterholz und machten sich einen Spaß daraus, ihn zu zwicken und ihm die Kleider vom Leib zu reißen. Die Leute hatten große Angst vor ihnen. Und da sich nun niemand mehr in den Wald wagte, musste man große Umwege außen herum machen. Die Klagen beim König über das Unwesen der Wölfe häuften sich und die Forderungen mehrten sich, dass er Jagd auf sie mache und sie töte. Der König aber, der alle Tiere gleichermaßen liebte, weigerte sich. Solange die Wölfe niemanden umbrächten, sagte er, dürfe auch kein Wolf getötet werden. Er versprach aber, mit dem Anführer der Wölfe zu reden und zu verlangen, dass sie ihre Überfälle einstellten. Sollte dies nicht der Fall sein, würde er jeden Wolf fangen und einsperren lassen, der gegen diese Vereinbarung verstieße. Zur Unterredung mit den Wölfen schickte er Ser Jelle in den Wald. Der Ritter war der einzige, der sich noch in das Dickicht traute, in dem die Wölfe ihre Höhlen hatten. Er war auch der einzige, vor dem die aufsässigen Bestien Respekt hatten. Die Botschaft war klar: Entweder die Menschen in Ruhe lassen oder ab ins Gefängnis. Der wackere Ritter machte auch nicht viele Worte, und als er abschließend mit seinem scharfen Langschwert mit einem Streich einen kleinen Baum umhieb, nur um mal zu zeigen, was Sache war, hatte der Leitwolf verstanden und versprach, sein Rudel im Zaum zu halten.

Tatsächlich schien es eine Zeit lang so, als würden sich die Wölfe an die Verabredung mit dem König halten, und die Menschen bewegten sich wieder ohne Angst im Wald. Es gab aber einen besonders gefährlichen Bösewicht unter den Wölfen, der hieß Wolfram und war größer, stärker und wilder als die anderen Wölfe. Schon bei den früheren Überfällen hatte diese Bestie mehr als einmal heftig zugebissen, und der Anführer hatte ihn nur mit Mühe im Zaum halten und schlimmere Übergriffe verhindern können.

Nun aber war der Leitwolf alt und schwach geworden, und der Wilde Wolfram, wie er sich selbst nannte, wollte nun Anführer werden. Er wiegelte die Wölfe gegen ihren alten Leitwolf auf, und eines Tages forderte er ihn zum Kampf heraus. Schnell zeigte sich, dass der alte Wolf unterlegen war. Nur durch rasche Flucht hatte er sich dem tödlichen Biss seines Widersachers entziehen können. Damit war der Weg frei für Wolfram, und die anderen Wölfe schworen ihm Gehorsam. Unter der Führung des Wilden Wolfram begannen die Wolfsrudel nun wieder von neuem ihre Überfälle, die immer schlimmer wurden, und sie blieben auch nicht mehr auf den Wald beschränkt. Alle Dörfer im Umkreis mussten nun die Wölfe fürchten. Schließlich kam es so weit, dass der Wilde Wolfram bei einem Überfall den dicken Bürgermeister eines Dorfes so heftig ins Bein biss und ihm sogar ein großes Stück Fleisch aus der Pobacke riss, dass dieser fortan nicht mehr richtig laufen konnte. Wolfram, prahlte danach mit seiner Untat und drohte sogar, dass er beim nächsten Mal den ganzen Mann verschlingen werde.

Da wurde König Nico sehr zornig. Er ließ Ser Jelle mit den königlichen Jägern Jagd auf die Wölfe machen. Viele wurden gefangen und mussten fortan ihr Leben hinter Gittern in dem Königlichen Zoo und den Wildparks des Königreiches verbringen. Andere flohen und brachten sich in entfernten Ländern in Sicherheit. Der Wilde Wolfram aber entkam seinen Häschern. Er fand ein sicheres Versteck in der Drachenschlucht. Dem alten Drachen erzählte er, dass der König und sein schrecklicher Ritter alle Wölfe verjagt oder getötet hätten und auch ihn töten wollten, obwohl er