Das Muster - David Boventer - E-Book

Das Muster E-Book

David Boventer

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Beschreibung

Muster sind Mütter und Väter der Ordnung. Aber auch unbarmherzige Sklavenhalter des Bisherigen. Das Neue kommt trotz der Vorgaben, ringt mit dem Bisherigen. Raphael erkundet die Optionen in einer visionären Bilderabfolge.

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Inhaltsverzeichnis

Das Muster I

Träume

Die endlose Perlenkette der Gründe

Vergänglichkeit und Ewigkeit - eine sprachliche Meditation in zehn Schritten

Die Streichholzschachtel

Das lebende Denkmal

Die Ballett-Gärten der geschlüpften Küken

Eisenbahn-Monotonie

Die Perfektion

Die Erde aus Stein

Akkorde

Gelegenheiten und Zufall

Der Alptraum der Freiheiten und das Verbot der Zwänge

Das Muster II

Das Muster I

Kaum kommt der erste Wind

verliert sich die Prägung im Staub

flüchtig wie der Gedanke

und vergänglich wie die Erinnerung

Nur diese Blitze ohne Ziel

die den Abendhimmel unterschreiben

wie Maler ihre Leinwand

kennen noch den Namen der Künstler

Im Nachhall blendet kurz

noch das Zickzackbild ihrer Lichter

erlischt vergessen

auf dem Irishintergrund

als wäre nie etwas geschehen

Träume

Raphael hatte den Traum eines anderen Menschen geträumt. Die Brutalität dieses Unbekannten schmerzte und dessen Traumhandlungen weckten ihn verwirrt auf. Er fühlte sich zutiefst schuldig, fühlte für das, was er nie getan hatte und nie tun würde.

Er dachte daran, wie es war, Teil einer summenden Menschheit zu sein. Dabei fand er diese Erfahrung unerträglich schmerzhaft. Als Peinlichkeit und Leid erschien sie ihm, weil Jemand aus der Menschheit so tief gefallen war.

Dieses Eintauchen in das Bad der summenden Menschheit zog ihn in den Abgrund des Verbrechertums.

Dabei konnte er niemanden kundtun, was ihm widerfuhr. Es half auch nicht, den anderen Menschen dieses Erlebnis nahezubringen, mit vielen beschreibenden Worten in ein Schaufenster des Lebens zu rufen und es dort an Stricken gebunden, als abschreckendes Beispiel an einen gedanklichen Pranger zu binden. Das Gegenteil des Erhofften geschah.

Raphael zog nur den Hass auf sich, die Entblößung seiner Seele wurde als Scham und Schande gesehen, die er über die Menschheit brachte. Ihm widerfuhr eine unbegründete, harte Ablehnung als der Künder, der mehr wusste als sie.

Denn er stellte ihre selbstgefällige, aber illusionäre Existenz in Frage, dieses plötzliche Zerreißen ihrer Geborgenheit glich einer kollektiven Majestätsbeleidigung.

Am Ende des gedanklichen Tages, wenn die Klarheit des Verstehens der Tumbheit der körperlichen Säfte die Empfindung verwässerte, erwiesen sich seine unschuldig vorgetragenen Bedenken als eine gesellschaftliche Demontage des Seins, für die er Buße leisten sollte.

Ein rasch aus dem pilzigen Boden gewachsenes Femegericht schliff die Klingen. Die Fragmentierung der Welt, eine unverzeihliche Zersplitterung gewollter Harmonie war seinem Fahrwasser gefolgt und lag als Alp auf den Herzen der Mehrheit.

Raphaels Gedankenboot wurde von wütenden Mitmenschen mit Äxten angegriffen, ihre Schläge schlugen es leck, während kleine Holzstücke sich zu seiner Spur auf dem Wasser gesellten.

Da ließ er zu, dass der Traum sein Maul öffnete und alles verschlang. So verging die Angst vor dem Abgrund, als habe ein Hai seine Beute verschluckt und somit den nachforschenden Blicken entzogen.

Ruhig wie die Anderen blickte Raphael fröhlich um sich, schüttelte viele Hände, die sich ihm entgegenstreckten und auf die Schultern klopften. Als habe er einen besonders hartnäckigen Husten überwunden, einen Schluckauf, der Mitleid erregte.

Die endlose Perlenkette der Gründe

Die Kausalitäten der menschlichen Lebenswelt, dieser selbstgezimmerten Schaluppe der Hoffnung und Selbsttäuschung, waren wie Lebenskräfte, die miteinander und gegeneinander rangen. Der Sieg der einen wurde möglich, weil der Präsentierteller der Eitelkeit mit siegreichem und zuckenden Sein gefüllt wurde.

Losgelöst vom Handeln war nun die Frist der Existenz gesetzt. Ewigkeit war ein Versprechen, die Garantielosigkeit wurde Ritterschlag und Morgentaufe; blieb Überschrift und Schlussfolgerung zugleich.

Am Tage des Übergangs war Niemand da, um das Siegel der Dauerhaftigkeit in den frischen Lack zu pressen. Aus der Vitrine der Leidenschaft verbannt, erlosch die alte Zurschaustellung, um einer neuen Kurzweiligkeit zu weichen. In der Erinnerung des Fleisches war das Vergehen sicher, die Melodie aber erklang ewiglich in der Partitur, jener Logik der Zahlen und der mathematischen Formeln des Lebenswillens.

Die Ratio der Illusion war rasch aufgezehrt, die Vorräte des Öls in der Eile leuchteten weiter aus unbegreiflichen Gründen im Leuchter; aus den Resten der Brote ernährte sich die Menschheit voller Gewissheit und zwölf Körbe und sieben Arme bezeugten die Wunder, die geschahen.

In der Unbegreiflichkeit lag die Zuversicht, aus der Menschen ihre Kräfte schöpften, die Vorläufigkeit verschleierte gnädig die Zerbrechlichkeit des individuellen Daseins.

Raphael nutzte seine Sinne; der Mangel an Signalen und Zeichen, aber auch die Überfülle blendender Wahrheiten geleitete ihn vorwärts, waren der Kompass auf stürmischer See. Im Taumel und im selbstbewussten Schritt vorwärts lag die Geborgenheit seiner Gewissheit des Göttlichen, mit Demut und Anmut erfahren und gefühlt.