Das Nilpferd - Stephen Fry - E-Book
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Das Nilpferd E-Book

Stephen Fry

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Beschreibung

Ted Wallace - ein alternder Säufer, geschiedener Lüstling, intellektuelles Lästermaul - ist als Rezensent einer Tageszeitung gefeuert worden. Als ihn eine vormals unheilbar kranke Cousine bittet, die mysteriösen Umstände ihrer Genesung zu ergründen, zögert er nicht lange. Unter dem Vorwand, ein paar Wochen mit seinem Patenkind David zu verbringen, macht er sich auf den Weg nach Swafford Hall, dem Ort der unerklärlichen Heilung.

David ist mittlerweile fünfzehn Jahre alt und so schön wie der Morgen; er ist ein feinfühliger, zurückgezogener, naturverbundener und heftig pubertierender Jüngling, der die Gäste und Familienmitglieder in seinen Bann zieht. Es umgibt ihn ein Geheimnis, das alle - bis auf Ted - zu kennen scheinen. Je schillernder die Besucher auf Swafford Hall, desto seltsamer die Ereignisse.

Ted sieht sich Wundern, Geisterheilungen und anderen Phänomenen gegenüber, und er muß all seinen Grips zusammennehmen, um diesem Irrgarten aus Perversionen und Spleens zu entkommen ...

"Stephen Fry gehört zu jener spezifischen Schar englischer Allroundtalente, die schreiben und auftreten können, denen Musical, Fernsehserien, Soloentertainment genauso selbstverständlich sind wie das Vorhaben, einen Roman zu schaffen." Süddeutsche Zeitung.

"Fry ist ein Unterhalter im besten Sinn, ausgestattet mit einem feinen, niemals bösartigen Sinn für Humor, der die Quintessenz des Englischen augenzwinkernd zum Ausdruck bringt." FAZ.

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Stephen Fry

Das Nilpferd

Roman

Aus dem Englischen von Ulrich Blumenbach

Impressum

Titel der Originalausgabe

The Hippopotamus

ISBN E-Pub 978-3-8412-0456-1

ISBN Printausgabe 978-3-7466-2021-3

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, Mai 2012

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Bei Aufbau Taschenbuch erstmals 2004 erschienen;

Aufbau Taschenbuch ist eine Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

The Hippopotamus © 1994 by Stephen Fry

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesonderefür Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

Umschlaggestaltung Mediabureau Di Stefano, Berlin unter Verwendung eines Motivs von ©Jim Jurica / iStockphoto und ©spx Choome /iStockphoto

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Impressum

Inhaltsübersicht

VORWORT

EINS

ZWEI

II

DREI

II

III

IV

VIER

II

III

FÜNF

II

III

IV

SECHS

II

III

IV

SIEBEN

II

III

IV

ACHT

NEUN

II

III

IV

Anmerkungen des Übersetzers

Für Kim, alter ipse amicus

Der Autor bedankt sich bei Matthew Rice für seine unschätzbare Hilfe bei den Jagdszenen. Sämtliche Ungenauigkeiten in diesem Bereich sind einzig und allein seine Schuld. S. F.

Der Übersetzer bedankt sich beim Forstamt Allersberg, insbesondere bei Ingo Kwisinski, für die unschätzbare Hilfe bei den Jagdszenen. Sämtliche Ungenauigkeiten in diesem Bereich sind einzig und allein seine Schuld. U. B.

Das wulstnackige Hippopotamus

Im Matsch auf dem Bauche ruht,

Wiewohl es so massig erscheint,

Ist doch nur Fleisch und Blut.

T. S. Eliot, »Hippopotamus«

VORWORT

Sie glauben doch wohl nicht, daß ein Arsch wie ich eine Geschichte ordentlich erzählt, oder? Mehr kann ich aus dieser verfluchten Maschine nicht rausholen. Ich hab den verarbeiteten Text gezählt, das mach ich einmal pro Stunde, und wenn man der Technik Glauben schenken darf, sieht es aus, als hätten Sie 603941 Zeichen vor sich. Viel Glück. Sie haben es so gewollt, Sie haben mich dafür bezahlt, Sie müssen da jetzt durch. Wie heißt es so schön: Ich habe für meine Kunst gelitten, jetzt sind Sie dran.

Ich will nicht behaupten, daß es eine durch und durch groteske Erfahrung war. Das Projekt – da Sie auf dem Begriff bestehen – hat mich davon abgehalten, mittags zu trinken, unerreichbaren Frauen hinterherzusabbern und mit den Unsäglichen nebenan zu streiten. Auf Ihren Vorschlag hin habe ich in diesen sieben Monaten ein mehr oder weniger geregeltes Leben geführt und habe gehört, der Gewinn lasse sich an Teint, Taille und dem Weiß meiner Augen ablesen.

Der Tagesablauf war immer gleich und auf perverse Weise wohltuend. Jeden Morgen bin ich um die Zeit herum aufgestanden, wo die meisten anständigen Leute an den letzten Kurzen vorm Insbettgehen denken, habe geduscht, bin leichten Schrittes die Treppe hinuntergegangen, habe mich durch eine Schale Bran Buds gemampft und meine widerspenstigen Pantoffeln gen Arbeitszimmer gelenkt. Ich schalte den Computer ein – eine Prozedur, die mein Sohn Roman »die Matrizen laden« nennt –, glotze mit angeekelten Augen auf den Stuß, den ich am Abend zuvor verzapft habe, höre mir noch ein paar von den verdammten Interviewbändern mit Logan an, zünde mir eine Rothmans an und mach dann weiter mit dem Scheiß. Wenn der Tag gut läuft, verschwinde ich nach oben, um das mit einer kleinen Masturbation zu feiern – was Roman zweifellos »auf die Matratzen entladen« nennen würde –, und bis gegen sieben denk ich nicht mal an eine Flasche. Alles in allem ein stolzes und reines Leben.

Das Problem, wenn man ein Haus auf dem Lande mietet, ist, daß alle Welt einen plötzlich besuchen will. Ununterbrochen muß ich Oliver, Patricia, Rebecca und andere abwehren, die meine Zeit für grenzenlos und meinen Keller für unerschöpflich halten. Dann und wann verklappt das Biest hier einen Sohn oder eine Tochter übers Wochenende, aber beide sind groß genug und häßlich genug, um auf sich selbst aufzupassen, und brauchen meine Hilfe nicht, wenn sie sich einen Joint drehen oder ihre Lockenwickler befestigen. Nächste Woche zieht Leonora in das Haus ein, das ich ihr überlassen und womit ich sie endgültig vom Hals habe. Sie ist viel zu alt, um wie eine Klette an mir zu hängen.

Nein, ich würde sagen, unterm Strich war das Ding ein voller Erfolg. Als Prozeß, meine ich, als Prozeß. Ob das Produkt nun etwas taugt, müssen naturgemäß Sie entscheiden.

Mir ist völlig klar, daß noch einiges retuschiert werden muß. Vermutlich werden Sie eine Entscheidung treffen, ob ein einheitlicher Point of View hergestellt werden soll oder nicht ... ein durchgängiger Erzähler in der dritten Person, ein allwissender Autor, Innenperspektive oder Außenperspektive – der ganze literaturwissenschaftliche Scheiß. Da die Hälfte aus Briefen besteht, können Sie immer noch hier was schniegeln, da was bügeln und das Ganze einen Briefroman nennen, oder?

Mein Lieblingskandidat für den Titel ist Die Lyrik anderer Leute, aber ich werde die Befürchtung nicht los, daß Ihre schmierigen Vertriebsleute das für einen Tick zu louismäßig halten. Für mich ist es der beste Titel, der einzige Titel. Also egal, was für eine billige Alternative Sie sich zusammenfantasieren, für mich wird dieses Buch immer Die Lyrik anderer Leute heißen und nicht anders. Ihr Vorschlag Was jetzt? oder Na und? oder wie immer das ging, klingt mir zu sehr nach Joseph Heller und schielt zu sehr auf die Marktchancen, wie die Phrase, glaub ich, lautet. Sonst gefällt mir Der Thaumaturg ganz gut; das wäre mein Einsatz auf Platz. Bestimmt werden Sie mit einer eigenen Klugscheißeridee aufwarten. Roman findet Whisky mit Soda ganz hübsch.

Die Einzelheiten im Folgenden entsprechen in aller Regel den Tatsachen. Wenn Sie verlegerisches Fracksausen kriegen, können Sie immer noch Namen und Daten ändern – mir doch scheißegal. Übrigens ist mit dieser Manuskriptabgabe das zweite Viertel von meinem Vorschuß fällig: Ich mach mich hier vom Acker, such mir ’ne Braut und ’ne Bar, also schieben Sie den Scheck beim Harpo rüber, wo Sie mir auch ’ne Nachricht hinterlassen und Ihre professionelle Einschätzung loswerden können, so wenig die wert ist.

E. L. W.

EINS

Tatsache ist, ich war gerade von meiner Zeitung gefeuert worden, irgendein rasendes Gefasel von wegen, ich hätte bei einer Premiere Beleidigungen aus dem Parkett geschrien.

»Theaterkritik sollte aus in Bedachtsamkeit gebildeten Urteilen bestehen«, hatte mein nasser Furz von einem Chefredakteur gequiekt, der noch immer von den Wellen des Gezeters und Gequengels zitterte, das Schauspieler, Regisseure, Produzenten und (wie nicht anders zu erwarten) aufgeblasene feige Tugendbolde von Kritikerkollegen per Fax und Telefon den ganzen Vormittag lang über ihm ausgekippt hatten. »Sie wissen, daß ich zu meinen Leuten halte, Ted. Sie wissen, daß ich Ihre Arbeit schätze.«

»Davon weiß ich nicht die Bohne. Ich weiß, daß Leute, die klüger sind als Sie, Ihnen gesagt haben, daß ich eine Edelfeder an Ihrer schmierigen Kappe bin.«

Ich wußte auch, daß er zu der Sorte weibischer kleiner Wichte gehörte, die man in Foyers und Theaterbars im ganzen West End in ihre Gin and Tonics blöken hört, »ich gehe ins Theater, um mich zu amüsieren«. Das sagte ich ihm ebenfalls und noch ein paar Takte.

Ein Monatsgehalt, tiefes Bedauern, die Telefonnummer einer halbseidenen Reha-Klinik, und meine Feder war wieder auf dem Markt.

Wenn Sie ein halbwegs anständiges menschliches Wesen sind, sind Sie zu Ihrer Zeit wahrscheinlich auch irgendwo gefeuert worden … Schule, Sitz im Ausschuß, Sportmannschaft, Ehrenmitgliedschaft eines Komitees, Club, Satanistengruppe, Partei … irgendwas. Sie kennen dieses Gefühl freudiger Erregung, das in einem aufsteigt, wenn man aus dem Büro des Direktors stürzt, sein Schließfach ausräumt oder die Stifthalter vom Tisch fegt. Es hat keinen Sinn, die Tatsache zu leugnen, daß wir alle uns unterschätzt fühlen: Offiziell gesagt zu bekommen, daß wir nicht mehr zuständig sind, bestärkt unser Gefühl, von einer hartherzigen Welt nicht für voll genommen zu werden. Eigenartigerweise stärkt diese Erfahrung das, was Psychotherapeuten und die Trüffelschweine in den Medien unser Selbstwertgefühl nennen, weil sie beweist, daß wir die ganze Zeit recht hatten. Es stellt sich in unserer Welt selten genug heraus, daß man bei irgend etwas recht hatte, und es bewirkt Wunder für die amour propre, selbst wenn paradoxerweise gerade unser Argwohn richtig war, daß jedermann uns sowieso für Hautverschwendung hält.

Ich bestieg die Fähre, die die überflüssige Strecke zwischen Zeitungsland und dem wahren London befährt, und sah zu, wie das Gebäude des »Sunday Shite« in die Höhe wuchs, als wenige Knotenlängen zwischen uns und die düsteren Docklands gebracht wurden, und weit davon entfernt, Trübsal zu blasen oder mir verarscht vorzukommen, schwoll große Erleichterung in mir, und Fröhlichkeit wie vor den großen Ferien stieg in mir auf.

Zu solchen Zeiten, und nur zu solchen Zeiten, kann eine Tochter ein wahrer Segen sein. Da es inzwischen halb eins war, würde Leonora sich schon ihren Weg in den Harpo Club gestöckelt haben. Wahrscheinlich wissen Sie, welchen Laden ich meine – den richtigen Namen kann ich nicht nennen, Anwälte sind nun mal Anwälte –, Drehtüren, große Bar, bequeme Sessel, Restaurants, im großen und ganzen erträgliche Kunst an den Wänden. Tagsüber clevere Verleger und was man früher so Mediahedin nannte; nachts der letzte Keucher der gestrigen Boheme von Soho und angespülter Schwipsträger, die in dem Privileg Trost suchen, vom ersten Keucher der morgigen Ration aufgesogen zu werden.

In der hinten gelegenen Bierstube umarmte, becharmte und beschrillte mich Leonora – nicht gerade mein Vorschlag, ein Name, der Ihnen alles Nötige über die läppische Mutter des Kindes verrät.

»Daddee! Was bringt denn dich schon im Tageslicht hierher?«

»Wenn du deine glitschige Zunge aus meinem Ohr nimmst, erzähl ich’s dir.«

Wahrscheinlich dachte sie sich, daß eine ein wenig berühmte Tochter und ihr noch ein wenig weniger berühmter Vater, die auf solche Weise ihre unbekümmerte Zuneigung bekunden, bei den bürgerlichen Angehörigen ihrer Generation mit eingeklemmtem Schwanz Neid und Bewunderung hervorriefen, die ihre Eltern alle Jubeljahre mal zum Tee in Hotels trafen und nicht im Traum daran dachten, mit ihnen in aller Öffentlichkeit zu fluchen, zu rauchen und zu saufen. Typisch die verdammte Leonora; übers ganze Land verstreut gibt es Pubs, wo drei Generationen ganz normaler Familien jeden einzelnen verschissenen Abend zusammen fluchen, rauchen und saufen, ohne je auf den Gedanken zu kommen, daß sie einfach sensationelles Glück haben, eine einfach so famos fabelhafte Beziehung zu ihren wunderbaren Daddies zu haben.

Ich ließ Rothmans und Feuerzeug auf den Tisch fallen und das Bankpolster sich aufblähen wie ein römischer Kaiser, als ich mich setzte. Der übliche Abschaum schlug die Augen nieder, als ich den Raum in Augenschein nahm. Ein paar Schauspieler, ein namenloser Haufen Werbefuzzis, die Schwuchtel, die auf Channel Four Architekturprogramme moderiert, zwei rougebeschmierte alte Schachteln, die wohl Rockstars waren, und vier Frauen an einem Tisch, von denen die eine Verlegerin war und die ich alle nach oben mitnehmen und mehr oder minder rabiat mit meinem Schwanz aufspießen wollte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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