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Der Kampf um die Seelenmagie geht weiter ...
Das Volk der Elfen hat die verzweifelte Suche nach seiner geraubten Seelenmagie beinahe aufgegeben. Noch immer hält der feindliche Magier Erlun das Orakel von Beskadur gefangen. Ardoasʼ Gefährten, die mit dem Verschwinden ihres Anführers ihre größte Hoffnung verloren haben, müssen alles auf eine Karte setzen und sich einer letzten großen Schlacht stellen.
Der spannende zweite Teil von James A. Sullivans neuer Fantasy-Dilogie »Die Chroniken von Beskadur«!
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© Piper Verlag GmbH, München 2022
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Cover & Impressum
Widmung
Karte
Daludred
Ilbengrund
Derothur
Vaalburg
Weldenfurt
Yannau
Durch die Wildnis
Beskadur
Die Beskaduriden
Steine der Erinnerung
Yerebal
Zuflucht
Graue Pfade
Daludreds Tagebuch I
Sharuveel
Gawanon
Daludreds Tagebuch II
Lyscalon
In Tselryns Haus
Die Passage
Achaelun
Das Flugschiff
Daludreds Tagebuch III
Der Händler von Elruar
Rückkehr nach Lyscalon
Die Audienz
Daludreds Tagebuch IV
Heimkehr in den Felsentempel
Zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Tasraan
Zwischen Schiffen und Gewölben
Das Ende einer Schlacht
Heimkehr des Orakels
Derothur
Anhang
Figuren
Glossar
Zeitrechnung
Der ioderische Kalender
Wochentage
Monate
Tags zum Inhalt
Zum Inhalt
Inhaltswarnungen
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Für Judith und Christian
Dank Heike
Im Gedenken an
Gisela Sullivan
Die Jahre hier in Beskadur gewährten mir einen Blick in das Gefüge der Zeit, der an das geknüpft ist, was mir nahe war – geknüpft an meine Vergangenheit, aber auch an die Jerudanas und Ardoas’. Manchmal schweifen meine Sinne ab, und ich erhalte ohne mein Zutun Einblick in andere Leben.Dieser orakelhafte Blick in die Zeit eröffnet sich mir nur allmählich – wenn die Gegenwart sich zur Ruhe gelegt hat und zur Vergangenheit geworden ist.
Am Anfang waren alle Leben, in die ich Einblick erhielt, noch getrennt, wie Steine, die sich zu verschiedenen Mosaiken zusammensetzen und gemeinsam ein größeres Bild ergeben. Inzwischen jedoch sehe ich, wie mein Leben und das Jerudanas und Ardoas’ ineinanderfließen, als würde ich gleichzeitig durch meine und ihre Sinne die Welt wahrnehmen, indem ich mich mal hier- und mal dorthin treiben lasse.
Nun liegen drei Jahrzehnte hinter uns. Für Niadaris, das Orakel von Beskadur, einst entführt von den Erluniden, waren es drei weitere Jahrzehnte Gefangenschaft. Drei Jahrzehnte, in denen wir meine Lehrmeisterin nicht finden konnten und der Felsentempel zu meinem Lehrmeister wurde. Die Fortschritte, die ich machte, sind aber nicht das Wichtigste. Was wirklich zählt, ist die besondere Gemeinschaft, die hier in Beskadur erblühte – eine Gemeinschaft, die unsere Hoffnung nährt. Manche sind nicht mehr unter uns, dafür sind andere hinzugekommen. Naulina zu verlieren war schmerzhaft, aber seit Kinderlachen die Hallen belebt, fühlt sich Beskadur wie meine Heimat an.
Nun ist der zweiunddreißigste Geburtstag des wiedergeborenen Ardoas gerade vorüber. Ardoas III. Die Chronik seines letzten Lebens ist geschrieben, die seines neuen Lebens beginnt gerade. Jerudana war bei ihm in Ilbengrund, und ich warte ungeduldig, dass das, was sie erlebt hat, für mich greifbar wird. Ich werde ihn durch ihre Sinne gewahren, aber vielleicht erlaubt es mir das Schicksal, auch in diesem Leben in seine Sinne zu blicken. Ich habe es nie versucht und würde es nur wagen, wenn er es mir gestattet oder ich ihn nicht mehr fragen könnte. Letzteres macht mir Angst. Die Angst – sie war lange begraben. Sie starb mit Ardoas, aber sie wurde auch mit ihm wiedergeboren.
Ich sehe Jerudana, wie sie durch die Wildnis reist und ahne, dass da draußen etwas darauf lauert, Naromees jüngste Inkarnation zu verschlingen, auf dass das Erbe der Elfenmagierin verloren bleibt. Aber dann flüstert Jerudana mir zu. Sie weiß, dass ich sie hören werde, und sie spricht von Sehnsucht und von Hoffnung, und ich spüre, dass sie den verhängnisvollen Pfaden ausweicht. Mögen sich ihre Hoffnungen erfüllen und meine erwachten Sorgen sich als nichtig erweisen!
Zitat aus den Tagebüchern Daludreds von Beskadur. Band 3, folio 16 recto bis 18 verso.
Inmitten der Festgesellschaft wanderte Jerudanas Blick immer wieder zu dem schmalen Haus hinüber, das sich zwischen den Palast und den Turm der Gelehrten schmiegte. Vor dreiunddreißig Jahren hatte sie Ardoas’ Leichnam hierhergebracht und die Beerdigung miterlebt. Das Haus ihres einstmaligen Geliebten wirkte zwischen den aufragenden Prachtbauten bescheiden und versteckte die Bedeutung, die es für diesen Ort und die ganze Gemeinschaft aus Elfen, Zwergen und Feenwesen einnahm.
Jerudana war der einzige Mensch hier. Ilbengrund war eine Siedlung der Elfen, in der aber auch Feen lebten – in den kleinen Gebäuden, die am Waldrand wie Pilze an den Birken zu haften schienen. Zwerge sah Jerudana nur wenige. Der Magier Glosstor war da, der sie einst mit Zordura, Ardoas’ Tante, in Beskadur besucht hatte und ihnen im Kampf gegen die Erluniden beigestanden hatte. Der alte Magier, der sein kindliches Gesicht nicht ganz unter dem langen Bart verstecken konnte, hatte ihr von den Geschehnissen in den Zwergenreichen erzählt, und sie hatte ihm im Gegenzug berichtet, was in Beskadur vorgefallen war.
Während hier unten um die große Linde herum die Gäste miteinander plaudernd auf Ardoas warteten, erschienen oben auf einem der blumengeschmückten Balkone des Palastes Ardoas’ Eltern – Elwaree und Yordoas. Das Fürstenpaar schaute mit hoffnungsvollen Mienen auf die Vorbereitungen, und die Sorge vergangener Zeiten schien vergessen zu sein. Ardoas’ Eltern präsentierten sich wieder einmal in Kontrasten – Elwaree die Kriegerin mit hellem Haar und heller Haut in dunkler Rüstung; Yordoas der Zauberer mit dunklem Haar und dunkler Haut in heller Robe.
Immer wieder kehrte Jerudanas Blick zu dem schmalen Haus zurück, in dem einst die legendäre Elfe Naromee gelebt hatte. Dort hinter verschlossener Tür wartete Ardoas auf die Feier seines zweiunddreißigsten Geburtstags.
Er war die achte Inkarnation der Elfe Naromee. Ihre Erinnerung zu entfesseln war im letzten Leben sein Ziel gewesen, und auch in diesem würde er danach streben, damit er die verloren gegangene Seelenmagie wiederentdecken und der Gemeinschaft zur Verfügung stellen konnte.
Sechsundfünfzig Jahre war Jerudana nun alt, und sie hatte diese Zeit mit Daludred und all den anderen durchlebt. In ihrer Gemeinschaft waren Kinder herangewachsen – die drei, die sie mit Daludred hatte, und die der anderen. Was sie sich einst als Söldnerin gewünscht hatte, war Wirklichkeit geworden. In Beskadur war sie Teil einer Gemeinschaft, in der Vertrauen und Wertschätzung herrschten.
Die Elfe Dulvaree, die mit Jerudana aus Derothur hergekommen war, wo sie für eine Weile Zorduras Platz eingenommen hatte, saß unter der Linde, ganz in der Nähe der Tafel, an der Ardoas sitzen würde. Dort probte sie ihr Harfenspiel. Im letzten Leben war Dulvaree Ardoas’ Lieblingsmusikerin gewesen. Ihre Lieder bei der Beerdigung und der anschließenden Trauerfeier hatten Jerudana damals zutiefst berührt. Nun schaute Dulvaree lächelnd in das Geäst der Linde empor, wo sich Feen versammelt hatten und lauschten.
In der Nähe des Baums stand Obureen an einem der Tische, der mit kunstvoll gestaltetem Gebäck und zu Tieren und Blumen geschnitztem Obst gedeckt war, und sprach mit ihrer Familie. Mit ihr und zwölf Wachen der Beskadurischen Garde war Jerudana hergekommen. Sie hatten in Yannau bei Daludreds Schwester, Baronin Ardae, haltgemacht und waren auch bei Elusadra gewesen, der Baronin von Vaalburg. Und ebenso würde sie den beiden Baroninnen und ihren Familien auf dem Rückweg nach Beskadur einen Besuch abstatten.
Beim Blick über die Festgesellschaft fiel Jerudana eine Elfe in einer hellbraunen Rüstung auf, die wie Dulvaree einen faltigen Rock trug. Eine Kriegerin und eine Künstlerin schienen in ihr vereint. Sie war blass und hatte schwarzes Haar und blaue Augen. Es war Velbaree, die ihnen damals in Beskadur zu Hilfe gekommen war.
»Jerudana!«, sagte Velbaree mit einer von Erleichterung erfüllten Stimme und näherte sich lächelnd mit ihren drei Geliebten. Sie sah noch so aus wie damals. Nur das Haar war lang – so wie einst Jalmons, der das seine nun kurz trug. Coreldava, die sich früher den Kopf rasiert hatte, hatte ihre Locken wachsen lassen. Nur Odewyn hatte sich mit seinem kurzen grauen Haar, das sich deutlich von seiner braunen Haut abhob, überhaupt nicht verändert.
Sie waren vor mehr als zwanzig Jahren einmal mit Zordura und mit Daludreds Eltern nach Beskadur gekommen. Die Ängste, die Jerudana wegen der Ankunft ihrer sogenannten Schwiegereltern verspürt hatte, die deren Enkel kennenlernen wollten, war verschwunden, als sie Velbaree gesehen hatte.
»Du trägst ihn«, sagte Velbaree und schaute auf den Anhänger, den sie für sie geschnitzt und ihr damals nach Ardoas’ Beerdigung gegeben hatte. Das kleine Schmuckstück zeigte Jerudana und ihre beiden Geliebten. Ardoas war in der Mitte, sie und Daludred schmiegten sich an ihn. Sie teilten eine Decke oder einen Mantel – je nach Laune änderte sich Jerudanas Blick darauf. Die Figuren waren zu winzig, um detailliert zu sein, doch Velbaree hatte mit wenigen Kerben ihre Züge getroffen.
»Vielleicht sollte ich es nicht tragen«, sagte Jerudana.
Velbaree schluckte. »Nein, nein. Das ist gut.« Sie trug kein Zeichen, das an ihre Liebe zu Ardoana erinnerte, der sechsten Inkarnation Naromees.
»Hast du ihn seit unserem letzten Treffen gesehen?«, fragte Jerudana.
»Aus der Ferne«, sagte Velbaree. »Er war einige Male in Nalmenhain. Ich hatte Angst, Ardoana in ihm zu erkennen.«
Ardoas lediglich als Seelenbruder der früheren Inkarnationen zu sehen, das fiel Jerudana inzwischen schwer, wenngleich er es in seinem letzten Leben selbst oft getan hatte. Er hatte sich nicht auf eine Sicht festgelegt. Für sie aber waren Ardoas, Ardoana und Ardowyn – all die Inkarnationen – eine Person, die ein langes Leben führte, unterbrochen durch die Ruhezeiten zwischen Tod und Wiedergeburt. Sie und Daludred hatten dadurch einen Weg gefunden, der ihren Ardoas am Leben hielt. Vielleicht war es eine Illusion, und sie würden das durchmachen, was Velbaree durchgemacht hatte, als sie damals ihre Ardoana nicht in Ardoas wiedererkannt hatte.
Jerudana fragte Velbaree und ihre Gefährten, wie es ihnen ergangen sei, und sie erzählten von Abenteuern auf den Meeren des Südens. Coreldava hatte sich in der Magie des Windes geübt, und Odewyn war, wie er grinsend erzählte, mit seinem Versuch gescheitert, die anderen dazu zu überreden, mit dem Vermögen, das sie gemacht hatten, ein kleines Schiff zu kaufen. Jalmon erzählte von Kämpfen und Rivalitäten, vergeblichen Schatzsuchen und geglückten Befreiungsaktionen.
»Manchmal wünschte ich mir, mit euch ein solches Abenteuer durchgestanden zu haben«, sagte Jerudana. Aber sie hatte über die Jahre ihre eigenen Questen erlebt – wann immer sie die Spur der Erluniden aufgenommen hatte.
»Du bist immer bei uns willkommen«, sagte Velbaree.
»Danke«, erwiderte Jerudana und dachte an die Reise, die sie gemeinsam vor zwanzig Jahren mit Velbaree und deren Vertrauten gemacht hatte, während Daludreds Eltern in Beskadur gewesen waren und sie Abstand gewinnen wollte. Auf dem Weg nach Yerebal, von Daludred getrennt, hatte Jerudana sich dann einsam gefühlt, und Velbaree und ihre Geliebten hatten sie getröstet, indem sie ihr körperliche Nähe geschenkt hatten, die man außerhalb der Elfenkultur mehr mit Liebschaft als mit Freundschaft verknüpfte.
Mit einem Blick zu Ardoas’ Haus fragte Jerudana: »Wen werden sie zu ihm schicken?« Die Regeln besagten, dass eine Person an der Seitentür zwischen Fürstenpalast und dem schmalen Haus klopfen und Ardoas abholen sollte.
»Seinen Bruder«, sagte Velbaree.
»Lydon? Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
»Ich weiß. Aber er soll sich verändert haben. Einen jüngeren Bruder zu haben, das hat etwas in Lydon bewegt. Ich habe ihn in Derothur bei Zordura gesprochen, die heilsame Gespräche mit ihm führte.« Dass Lydon Ilbengrund verlassen hatte, um nach Derothur zu gehen, überraschte Jerudana.
Applaus erhob sich, und sofort wandten sich alle Blicke wieder dem schmalen Haus zu. Die Tür öffnete sich langsam, und zwei Elfen erschienen: Lydon und Ardoas. Sie ähnelten sich. Beide waren in grüne Gewänder gekleidet, beide hatten Lockenhaar, Lydon jedoch hatte hellbraune Haut – und doch zweifelte Jerudana für einen Augenblick, ob sie sich irrte. Damals hatte Lydon unsicher auf sie gewirkt und war Blicken stets ausgewichen; nun aber strahlte er Selbstbewusstsein aus – und er lächelte.
Ardoas hingegen hatte die braune Haut von einst, ungefähr die gleiche Statur und etwa die gleiche Größe. Das alles war geblieben. Aber seine Elfenohren stachen – wie die seiner Mutter – deutlich aus seinem Haar hervor. Jerudana erkannte ihn sofort als Ardoas. Er sah seiner vorigen Inkarnation ähnlicher als Lydon.
Mit offenen Armen und liebevollen Worten empfingen die Gäste Ardoas. Jerudana hatte in Beskadur unter anderem von Obureen Elfisch gelernt und verstand jedes Wort.
Von Elfen umgeben zu sein, die alle jung aussahen, berührte Jerudana mehr, als sie in Beskadur noch geglaubt hatte. Zwar hatte sie sich daran gewöhnt, dass Elfen nicht alterten, weil Obureen und die anderen Elfen von Beskadur über all die Jahre kein Zeichen des körperlichen Alterns gezeigt hatten, aber sie selbst war gealtert und fragte sich oft, ob ihre Zeit vorbei war. Würden ihre Kinder nicht viel besser auf diesem Pfad vorankommen, den sie und Daludred beschritten hatten?
Mit dem Blick folgte Jerudana Ardoas, doch sie musste immer wieder von ihm fortschauen. Sie wollte nicht starren. So richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Lydon. Damals hatte er Abstand zu anderen gewahrt, nun aber ließ er Nähe zu und führte Ardoas durch die versammelte Festgesellschaft, während Dulvaree die Harfe spielte und der Elfen- und Feenchor von Ilbengrund sang.
»Wer soll zu deiner Rechten sitzen?«, fragte Lydon, und als wäre es ein Befehl, verstummten sowohl die Harfenklänge als auch der Gesang.
»Gwaistoree!«, sagte Ardoas, und Jerudana bemerkte Velbarees überraschte Miene. Eine kleine Gestalt erschien, kaum größer als die Zwerge, die Jerudana aus Beskadur kannte. Da Gwaistoree eine Haube trug, war nicht zu erkennen, ob sie Elfenohren hatte.
»Wer ist das?«, fragte sie Velbaree.
»Die Wirtin des Gasthauses Albenruhe auf den Elfenpfaden zwischen Ilbengrund und Nalmenhain.«
»Ist sie eine Elfe?«
»Ja – und mehr noch. Ihre Mutter war eine Elfe, ihr Vater ein Zwerg. Sie ist beides – eine Twerelvar.« Velbaree grüßte Gwaistoree mit einem Wink, und die hellen Augen der Wirtin weiteten sich, und sie winkte zurück.
»Sie scheint dich zu mögen.«
»Ich bin ihre Lieblingskriegerin. Aber offenbar hat sie auch Ardoas in ihr Herz geschlossen.«
»Und wen möchtest du zu deiner Linken haben?«, fragte Lydon Ardoas mit fester Stimme, die immer noch befremdlich auf Jerudana wirkte.
»Eigentlich hätte er andersrum fragen müssen«, flüsterte Velbaree.
»Jerudana!«, sagte Ardoas und blickte sich suchend um. Lydon wies in ihre Richtung. Ein Lächeln legte sich auf Ardoas’ Gesicht. Es war seinem früheren Lächeln ähnlich, wirkte aber zurückhaltender.
»Bis später, Velbaree«, sagte Jerudana. »Wir haben viel zu bereden.«
»Das haben wir«, sagte die Kriegerin und löste ihren Blick nicht von Ardoas.
Lydon führte zunächst Ardoas an seinen Platz an der reich gedeckten Tafel, von wo aus er seinen Eltern zuwinkte, die immer noch vom Balkon aus das Geschehen beobachteten. Dann führte er Gwaistoree zu ihm. Sie sollte zwischen Ardoas und Lydon sitzen, auf der Seite der Familie.
Als Lydon zu Jerudana kam, wirkte er mit einem Mal unsicher. »Es ist dir doch recht, oder?«, fragte er und wich ihrem Blick immer wieder aus.
»Es ist mir eine Ehre«, sagte Jerudana und folgte Lydon, und je näher sie der Tafel kam, umso unruhiger wurde sie. Sie fragte sich, ob sie noch rasch den Anhänger verstecken sollte. Vielleicht war es zu aufdringlich, Ardoas an eine Liebe zu erinnern, die ihm vielleicht nichts bedeutete. Doch ehe sie eine Entscheidung fällen konnte, stand sie vor ihm. Falls sie sich nicht täuschte, hatte er etwas breitere Schultern und war einen Hauch größer, doch niemand hatte sie darauf vorbereitet, dass er seinem früheren Ich so ähnlich sein würde.
»Willkommen, Jerudana«, sagte Ardoas auf Ioderisch. Und seine Stimme – leicht anders, aber die gleiche Betonung, der seines Bruders nicht unähnlich – verstärkte gemeinsam mit dem Lächeln den Eindruck, den sein Aussehen in ihr erweckt hatte. Das war Ardoas, doch er wirkte so arglos, so unerfahren, so zweifelnd.
»Mögen sich deine Wünsche heute und über diesen Tag hinaus erfüllen«, sagte sie – ebenfalls auf Ioderisch. Ihre Worte jedoch mussten Ardoas offenbaren, dass sie sich mit elfischen Glückwünschen befasst hatte.
Er dankte ihr und senkte seinen Blick auf den Anhänger, schaute ihr dann aber sofort wieder in ihre Augen. »Ich habe lange darauf gewartet, dich und Daludred kennenzulernen«, sagte er leise.
»Daludred wäre gerne gekommen. Aber er wagt sich nicht aus Beskadur fort. Unsere Feinde könnten es zum Anlass nehmen, erneut anzugreifen.«
»Ich weiß«, sagte Ardoas und wies dann auf den Platz neben sich. Kaum saßen sie, beugte er sich ein wenig zu ihr hin, und gerade laut genug, dass es die Stimmen der Gäste und Dulvarees Harfenspiel übertönte, sagte er: »Danke, dass du gekommen bist.«
Lächelnd erwiderte Jerudana: »Danke, dass du mich an deine Seite geholt hast.«
Lydon führte Velbaree, Coreldava, Odewyn und Jalmon an ihren Tisch. Die Plätze zu Jerudanas Linken waren für sie gedacht, und das bescherte ihr sofort ein Gefühl der Sicherheit. Velbarees Lächeln, als sie Ardoas in die Arme schloss, erinnerte sie daran, was er damals über das letzte Mal erzählt hatte, als Velbaree an seinem Tisch gesessen hatte. Da hatte er sie durch ein Missverständnis in Verlegenheit gebracht. Nun war sie mit Freude hier und schenkte auch Gwaistoree zu Ardoas’ Rechten ein Lächeln. Ardoas erzählte nun, dass er sie einige Male in Nalmenhain gesehen, sich aber nicht in ihre Nähe gewagt habe.
»Diese Unsicherheit beruht auf Gegenseitigkeit«, sagte Velbaree und stellte dann ihre Vertrauten vor. Ardoas dankte ihnen allen für das, was sie in Beskadur für seinen Seelenbruder – für ihn – getan hatten.
Sie alle setzten sich und schauten den ersten Tanzenden zu, die sich zu fröhlichem Trommel- und Flötenspiel bewegten. Nach einer Weile beugte Ardoas sich zu Jerudana herüber und sagte: »Falls es dir recht ist, begleite ich dich und Obureen sofort nach Beskadur.« Er wich ihrem Blick aus. »Wenngleich ich nicht auf die Fremde vorbereitet bin.«
»Du hast Zweifel?«, fragte Jerudana.
»Riesige.« Er schaute sich um. »Denn ich habe in den letzten Jahren vieles für mich behalten, das ich vielleicht hätte teilen sollen. Heute jedoch werde ich es offenbaren.«
Die Trommeln ertönten wieder, und unter dem Gesang des Chores öffnete sich das Tor zum Palast. Elwaree und Yordoas führten den Rat von Ilbengrund an. Ardoas’ Eltern zu sehen, wie sie strahlend vor ihren Sohn traten und ihn die Arme schlossen, ließ Jerudana an die Trauer denken, in die sie das Fürstenpaar damals versetzt hatte, als sie mit Ardoas’ Leichnam zurückgekehrt war. Und nun schauten sie ihn voller Freude und Hoffnung an.
Obwohl Jerudana Ardoas’ Eltern am Vortag getroffen hatte, empfingen sie sie noch einmal mit offenen Armen, als müssten sie für die Gemeinschaft erneut zeigen, wie verbunden sie sich ihr und Beskadur fühlten. Besonders Elwarees Umarmung ging Jerudana nahe. Rein äußerlich wirkte die Elfe wie eine junge Frau, doch sie strahlte so viel Erfahrung und Sicherheit aus, dass Jerudana sie wie eine Mutter wahrnahm. Ihre eigene war früh gestorben, und die Wärme, mit der Elwaree sie bei der Beerdigung umsorgt hatte, hatte sie nie vergessen. Sie hatte damals gesagt: Dir steht hier alles offen. Und genau dieses Gefühl vermittelte ihr Elwaree auch heute.
Yordoas war ihr gegenüber zurückhaltender. Gestern hatte er sie nach Daludred und nach der Gemeinschaft in Beskadur gefragt, heute sagte er ihr, dass viele – auch er – sie über die Jahre vermisst hatten.
Die Wertschätzung, mit der die Gemeinschaft Ardoas begegnete, offenbarte sich auch in den Geschenken, die seine Eltern ihm im Namen aller machten. Sie überreichten ihm einen dunkelbraunen Mantel und hellbraune Kleidung. Die Besonderheit war aber die waldfarbene Lederrüstung. Elwaree sagte, dass das Stoffgeflecht zwischen den Lederteilen mit Magie aufgeladen sei. »Es ist eine der Rüstungen, wie sie Naromee einst fertigte. Mit Fäden aus Feeneisen, die sich durchs Geflecht ziehen.« Sie tippte auf einen rotbraunen Edelstein, der auf der Innenseite eingelassen war. »Selbst durch dein Hemd hindurch kannst du über den Almandin der Rüstung Zauberkraft entziehen oder aber spenden.«
Das erstaunte Raunen, das sich ausbreitete, offenbarte, welch einen Schatz das Fürstenpaar seinem Sohn hier übergab.
»Das ist viel zu viel«, erwiderte Ardoas.
»Nicht, wenn es das Geschenk ganz Ilbengrunds ist«, sagte seine Mutter. »Diese Gaben enthalten die gesamte Kunstfertigkeit unserer Gemeinschaften. Es ist das erste Mal, dass wir dich mit unserer Zustimmung in die Fremde entlassen. Vergiss das nicht.«
Von Lydon erhielt Ardoas ein neues Reisetagebuch. »Mögest du es diesmal vollenden«, sagte er. Die Gelehrten Ilbengrunds fügten diesem Geschenk kunstvolles Schreibzeug hinzu. Von Gwaistoree, die sich mit Glosstor zusammengetan hatte, erhielt Ardoas einen reich verzierten Wanderstab, der mit seinen beiden Eisenkappen zugleich als Kampfstab dienen konnte.
Jerudana ließ von Obureen das Geschenk bringen. »Dies ist eine Gabe der Gemeinschaft aus Beskadur«, sagte sie und reichte Ardoas ein Buch. »Das ist die erste Chronik von Beskadur. Daludred hat sie mit unser aller Hilfe und dank seiner Gabe verfasst. Er hat durch seine eigenen und durch meine Sinne geschaut – und auch durch die deines letzten Lebens. Er spürte das auf, was du vergessen hast, und will dir dabei helfen, die Erinnerung zu entfesseln.«
»So mächtig ist Daludred inzwischen?«, fragte Ardoas, und dem Geflüster und den Mienen zufolge schienen sich auch andere diese Frage zu stellen.
»Die Macht, die Niadaris im Felsentempel zurückließ, unterwies ihn. Er ist zwar weit davon entfernt, ein Orakel zu sein, aber viel von dem, was vergangen ist, kann er sehen, wenn es weit genug zurückliegt.«
»Und er kann die Welt auch durch meine Sinne gewahren?«
»Durch die Sinne deines früheren Ichs – bis zum letzten Moment. Ob er es in diesem Leben könnte, wird sich zeigen.«
»Das wusste ich nicht«, sagte Ardoas. Vorsichtig nahm er das Buch entgegen und blätterte darin. Es war eine Abschrift, die Daludred selbst angefertigt hatte. »Er hat eine schöne Schrift«, sagte Ardoas.
Sie sprachen über Daludred, und Jerudana fragte sich, ob Ardoas klar war, dass Daludred auch diese Feier durch ihre Sinne gewahren würde.
Nachdem Ardoas mit Kleidung, Beutel, Taschen und Gurten weitere Geschenke entgegengenommen hatte, gab Velbaree Coreldava ein Zeichen. Die Magierin kam mit einem Pferd – einem sandfarbenen Elfenross mit heller Mähne. Ein mittelgroßes Tier, das trotz all der Feierlichkeiten ruhig blieb.
Ardoas staunte. »Vielleicht hätte ich mich doch mehr im Reiten üben sollen«, sagte er und strich dem stillen Tier über die Nase.
»Ihr Name ist Xelbura!«, sagte Velbaree.
»Xelbura«, wiederholte er. Trotz des Lächelns glaubte Jerudana einen Hauch von Bedauern an Ardoas’ Miene abzulesen. In seinem letzten Leben hatte er sein Pferd – Dairuvee – in einem Pfeilhagel verloren. Seine Trauer hatte er damals in seinem Reisetagebuch dargelegt. Ob er nun genau an diese Einträge dachte? Diese Miene des Bedauerns weckte in ihr den Wunsch, dafür zu sorgen, dass Xelbura nicht das gleiche Ende nehmen würde wie einst Dairuvee.
Nachdem er sich eine Weile mit seinen Eltern und Lydon in die Kammer hinter dem Thronsaal zurückgezogen und sich dort ein wenig erholt hatte, kehrte Ardoas auf die Feier zurück, auf der noch immer viel gegessen, getrunken und gelacht wurde, und er wagte es, Jerudana wieder in ein Gespräch zu verwickeln. Sie wirkte so selbstsicher, während ihn Selbstzweifel plagten. Seit er das Reisetagebuch seines Seelenbruders erhalten hatte, fühlte er etwas für Jerudana und Daludred. Nun aber fragte er sich, ob seine Gefühle zu diesem oder aber zu seinem letzten Leben gehörten.
Als sein Vater sich neben ihn stellte und seine Rede begann, war Ardoas noch in Gedanken um Jerudana und Daludred versunken. Er schämte sich dafür, so unaufmerksam zu sein, und lauschte seinem Vater, wie er von den früheren Inkarnationen erzählte. Schließlich sagte Yordoas: »Viele Male waren wir an diesem Punkt, doch diesmal ist alles anders.« Er wandte sich an Ardoas. »Einst fürchteten wir, außerhalb unserer Gefilde erwarte dich nur der Tod.« Er schaute zu Jerudana. »Doch wir haben Verbündete – in Beskadur und anderswo.« Yordoas schaute in die Runde und lächelte dann Ardoas an. »Niemand vor dir war besser auf diese Aufgabe vorbereitet. Keines deiner Seelengeschwister ging mit all unserer Gunst und Unterstützung in die Fremde. Wir haben dich unterwiesen, wir haben dich ausgestattet, und wenngleich du mit Jerudana, Obureen und der Beskadurischen Garde gut beschützt bist, wollen wir dir noch mehr gewähren. Velbaree, ihre Vertrauten und ein Gefolge aus sechzehn Bewaffneten sollen dich nach Beskadur bringen.«
Ardoas wandte sich zu Velbaree um. Sie hatte mit einem Mal rosige Wangen, aber mit fester Stimme sagte sie: »Obureen und deine Leibwachen werden dafür sorgen, dass niemand zu dir durchdringt. Meine Aufgabe wird darin bestehen, allen Angreifern entgegenzustreben und sie niederzustrecken. Obureen ist deine Verteidigung; ich werde dein Angriff sein.«
Während sich ringsum zustimmende Rufe erhoben und in Jubel mündeten, legte Ardoas’ Vater ihm sanft die Hand auf die Schulter. Als wieder Ruhe eingekehrt war, sagte er: »Vertraue deinen Gefährten und vertraue vor allem dir selbst – dir, all deinen Seelengeschwistern und Naromee.« Schließlich schloss er Ardoas in die Arme.
Seine Mutter war diesmal wortlos. Auch sie umarmte ihn, und er konnte an ihrem liebevollen Lächeln ablesen, was sie ihm in den letzten Tagen oft gesagt hatte: »Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass du es zu Ende bringst.«
Als sich alles um sie herum beruhigt hatte und die Gäste ihm entgegenblickten, wurde Ardoas unruhig. Er begann mit Worten, die niemand überraschten – Worten, die seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass er der Gemeinschaft all das, was sie ihm gegeben hatte, mit Naromees Erinnerung danken werde. »Aber es gibt etwas, von dem ihr nichts wisst«, sagte er dann und verwandelte damit zuversichtliche Mienen in sorgenvolle. Seine Eltern blickten einander fragend an. Jerudana jedoch lächelte ihn an, als glaubte sie, nichts Falsches könne aus seinem Munde kommen.
»Seit einigen Jahren sind mir Dinge bewusst geworden, die ich für mich behielt – aus Angst, ihr könntet mich mit anderen Augen sehen.«
Glosstors Blick ruhte auf Ardoas, als wollte er jede seiner Regungen erfassen. Die meisten der Festgesellschaft wirkten jedoch wie vor Sorge versteinert.
»Ich fürchtete, ich würde aus eurem Blick verschwinden, weil ihr nur noch Augen für meine Seelengeschwister hättet«, sagte Ardoas und merkte, wie Jerudana den Blick senkte. Ob seine Worte sie verletzt hatten?
»Es ist etwas geschehen, mit dem ich nicht gerechnet hatte«, sagte er. »Die Erinnerung – sie ist in mir erwacht.« Es herrschte Stille um ihn herum. Die Leute schauten einander an, als fragten sie sich, was daran kein Grund zur Freude sein sollte.
»Das ist doch etwas Gutes«, sagte Gwaistoree neben ihm.
»Das ist mehr, als wir hoffen durften«, fügte seine Mutter hinzu. »Keines deiner Seelengeschwister ging hier mit Erinnerungen fort.«
»Es ist nur ein Teil der Erinnerung«, sagte Ardoas. »Nur einiges aus meinem letzten Leben ist mir in Bruchstücken offenbar geworden – wie Mosaiksteine, die sich bei mir sammeln und die ich zu einem Bild fügen muss.« Sein Blick wanderte von einer verwunderten Miene zur nächsten und verharrte bei Glosstor. Der Zwergenmagier war der Einzige, der unverhohlen lächelte.
»Ich wusste von zurückliegenden Geschehnissen, ehe sie mir jemand erzählt hatte«, sagte Ardoas. »Ich erkannte Leute, die ich in diesem Leben noch nie gesehen hatte.«
»Deine Sorge – ich verstehe sie«, sagte sein Vater. »Du hast Angst, unsichtbar zu werden – hinter früheren Inkarnationen zu verschwinden.«
»Danke, dass du uns das offenbarst«, sagte Ardoas’ Mutter. »Aber warum ist es dieses Mal geschehen?«
Mit einem Blick zu Jerudana sagte Ardoas: »Vielleicht hat der Kampf in Beskadur etwas in mir entfesselt – über den Tod hinweg, und selbst die Wiedergeburt vermochte die alten Fesseln nicht mehr ganz anzulegen. Wie dem auch sei: Es hat begonnen. Ein Teil meiner Erinnerungen ist erwacht.«
»Dann schicken wir dich mit noch größerer Zuversicht nach Beskadur«, sagte seine Mutter und küsste ihn auf die Stirn. »Nichts ändert sich an unserem Blick auf dich.«
»Unser Wohlwollen und unsere Wünsche begleiten dich in die Fremde«, sagte Yordoas. »Möge sich deine Erinnerung dort entfalten, mein Sohn!«
Am Abend verbrachte Ardoas viel Zeit abseits seines Platzes. Er begab sich zu den Tischen der Gäste und sprach mit ihnen, tanzte sogar eine Weile. Immer wenn er Jerudana nahe war, herrschte Unsicherheit – sowohl in ihm als auch in ihr. Während er sich fragte, wie viel von der früheren Liebe in ihr noch lebendig war, fragte sie sich, ob er je verstehen könnte, was sie für ihn gefühlt hatte. Er wusste nicht, wie er ihr begegnen sollte, und sie wusste nicht, ob sie Eigenschaften aus ihm herauslas, die trotz der erwachenden Erinnerungen nicht mehr da waren.
Als der Abend spät wurde, sprach Jerudana mit Lydon über das schmale Haus und die Kammern der Inkarnationen, wo zu jedem Leben Gegenstände aufbewahrt wurden. Lydon stellte Ardoas eine Frage zu seinem Schwert, das Glosstor erwähnt hatte, und ehe sie sichs versahen, schlug er vor, dass sie sich die Waffe aus der Nähe anschauten. Da auch Jerudana Interesse bekundete, führte Ardoas sie ins Haus.
Im Erdgeschoss schaute Jerudana den Gang entlang in die Arbeitsnische, und an der Treppe angekommen, den Duft von Holz und Kräutern in der Nase, sagte sie: »Es ist so, wie ich es in Erinnerung habe.«
»Ich wollte alles so belassen, wie es war«, erklärte Ardoas und führte sie in den ersten Stock.
»Als ich das letzte Mal hier war, war dies das Haus eines Toten«, sagte Jerudana, während sie den Schlafbereich passierten. Mit einem gequälten Lächeln fügte sie hinzu: »Nun ist es das Haus eines Wiedergeborenen.«
»Das Haus eines Jünglings, der nicht bereit ist für die Welt da draußen«, sagte Ardoas, während er auf die Treppe in den zweiten Stock vorausging.
»Nicht bereit zu sein ist keine Schande«, sagte sie. »Glaubst du denn, du warst beim letzten Mal bereit?«
»Der Ardoas, den du kanntest, war einfühlsam. Er spürte die Magie anders als ich. Alle glauben, dass ich zu dem Gleichen fähig sein werde, aber ich spüre, dass ich dem nicht gewachsen bin.«
»Was sagst du dazu, Lydon?«, fragte Jerudana und wandte sich um. Doch Ardoas’ Bruder war nicht dort. Er war offenbar auf der Treppe umgekehrt. »Nicht dein Ernst!«, sagte sie grinsend. »Ich erkenne ihn nicht wieder.«
»Das behauptet man nicht nur von ihm, sondern auch von mir«, sagte Ardoas und musste an seine Rede denken.
»Deine Angst, zu verschwinden, wenn deine Erinnerung erwacht – die hattest du auch in deinem letzten Leben. Und da war sie unbegründet. Ich war damals dabei, als du in Beskadur für einen Moment Klarheit hattest. Da schienen alle Inkarnationen in ein Leben gemündet zu sein – und du warst immer noch derselbe.«
Sie kam nahe an ihn heran und legte ihm die Hand an die Schulter. »Du musst dich deiner Angst nicht schämen. Wir alle hatten damals Angst.« Sie starrte ihn an, und dieser Blick war eine Herausforderung – diese Andeutung eines Lächelns, die Augenbrauen beinahe in Erstaunen erhöht. Man hatte ihm gesagt, er werde überrascht über ihr Aussehen sein, weil erwachsene Menschen in dreißig Jahren körperlich alterten. Aber er war nicht überrascht.
Jerudana deutete auf die Tür zur Kammer seiner vorigen Inkarnation, die nur ein paar Schritte von ihnen entfernt war. »Willst du mir das Zimmer noch zeigen?«
Ardoas nickte, führte sie zu der offenen Tür und wies ins Innere der Kammer. Jerudana wagte einen Blick und schaute lächelnd auf das Gemälde, das Ardoas im Körper seines vorigen Lebens zeigte, doch dann trat sie ein, und ihr Blick wanderte von links nach rechts – von dem Gemälde, das Daludred darstellte, zu dem, das sie selbst zeigte.
»Warum sind wir hier?«, fragte sie staunend.
»Velbaree hat mir das zu meinem sechzehnten Geburtstag zukommen lassen. Die Malerin Yelramee hat es nach ihren Skizzen erschaffen.«
Daludred war in der Robe eines Magiekundigen abgebildet. Er war perfekt getroffen – für damals. Der Zweifel, die Unsicherheit, die sein Lächeln nicht verderben konnten, waren in den Jahren geschwunden. Auf die ständige Angst und die Unsicherheit war eine Phase der Abwesenheit gefolgt und schließlich eine der Gewissheiten und der Zielstrebigkeit. All das war in diesem Gemälde bereits angelegt, hatte sich aber noch nicht entfaltet.
»Es ist wunderschön«, sagte Jerudana und schaute hinüber zu dem Bild, das sie zeigte. Auch sie war auf dem Gemälde so jung wie damals, als sie Velbaree zum ersten Mal begegnet war. Sie trug eine leichte Elfenrüstung. Sogar die Kette mit dem geschnitzten Anhänger war abgebildet. Diese junge Frau, mit ihrem spöttischen, aber liebevollen Lächeln, blickte sie an, als wollte sie zugleich sagen Ich nehme dich nicht ernst! und Ich liebe dich!
»Deshalb wusstest du, wie ich aussehe?«
»Aus den Schriften hatte ich mir schon vorher eine Vorstellung von euch gemacht. Diese Gemälde haben dieses innere Bild bestätigt.«
»Was musst du beim Anblick dieser Gesichter gedacht und gefühlt haben?«, flüsterte sie.
»Sehnsucht«, sagte er und blickte seinerseits von einem Gemälde zum anderen. »Ich habe Sehnsucht verspürt und mich in Erinnerungen hineinfantasiert.« Zögernd wagte er es, sie anzublicken.
Langsam führte sie ihre Hand an seine Wange. »Und dann siehst du mich, und ich bin nicht die Frau auf diesem Gemälde. Und das heißt, auch Daludred ist nicht der, den du dir vorgestellt hast.«
»Das ist es nicht. Auf das Altern war ich vorbereitet. Es ist … Ich weiß nicht, ob das meine Gefühle sind.«
Jerudanas Fingerspitzen fuhren über sein Kinn. Während sie sich fragte, was er tun würde, falls sie ihm nun ihre Finger auf den Mund legte, wusste Ardoas, dass er verloren wäre, würde sie es tun.
»Vielleicht hätte ich nicht kommen sollen«, sagte Jerudana. »Die Frau da – sie hat weniger mit mir gemein als du mit deinem früheren Ich.«
»Und Daludred? Im Reisetagebuch steht, dass ihn oft Ängste plagten.«
»Daludreds Ängste sind in Beskadur mit dir gestorben.«
»Könnten auch meine Ängste dort sterben?«
»So wie Daludred dort seine Orakelkräfte entdeckt, so kannst du dort deine Erinnerung ergründen. Und falls du fürchtest, dir selbst nicht gerecht zu werden, dann merke dir: Du hast für Daludred und mich bereits mehr getan, als wir je erwarten durften. Die Zeit mit dir damals hat uns auf den entscheidenden Pfad gebracht.«
»Wäre nicht ich, sondern wäre der andere Ardoas am Leben, hättet ihr all das zu dritt genießen können.«
»Wir haben deinen Tod bedauert, aber wir bedauern nicht die Jahre, die dann folgten. Am Anfang war es schwer, aber dann ist etwas passiert, mit dem ich nie gerechnet hätte. Nach der Geburt unserer Tochter – Yeraidena – veränderte sich mein Blick auf die Vergangenheit komplett. Es war etwas, das Daludred sagte – wie ein echter Orakelspruch.«
»Was sagte er?«
»Er starrte unserer Tochter in die Augen und sagte: Es gibt Momente, da erkennst du, dass alles, was vorher war, zu diesem wunderbaren Augenblick geführt hat, und all das Schlechte und Bedauernswerte ist mit einem Mal Teil dieses Glücks. Ich habe das zuerst nicht ganz begriffen. Aber es ließ mich nicht los, und mir wurde klar, dass ich wahrscheinlich so oder so ein Kind bekommen hätte. Allerdings wäre es nicht Yeraidena gewesen, sondern ein anderes Kind. Und so ist es bei dir. All das Leid deiner früheren Leben trägt dazu bei, dass du so bist, wie du nun hier vor mir stehst. Deine Kindheit als kleiner Bruder von Lydon – das und all deine Eigenheiten dieser Inkarnation wären nicht gewesen, wenn du damals überlebt hättest.«
»Das ist ein besänftigender Gedanke«, sagte Ardoas leise.
Sie strich ihm erneut über die Wange. »Besänftigend genug, dass einige Ängste von dir abfallen?«
»Möglicherweise. Aber was ist mit den Erluniden? Werden sie mich jagen, wie sie es das letzte Mal getan haben?«
»Es würde mich nicht wundern. Aber immer, wenn sie sich zeigten, haben wir ihre Spur aufgenommen. Deswegen sind sie vorsichtig geworden.«
»Und wenn sie nun meinetwegen ihre Vorsicht vergessen?«
»Wenn sie an dich heranwollen, müssen sie Velbarees Angriffen entgehen, Obureens Verteidigung überwinden; und dann müssen sie an mir vorbei. Ich werde deine Leibwächterin sein. Zwar bin ich nicht so schnell wie die Söldnerin von einst, aber ich kenne jeden Kniff des Handwerks.« Ihr Blick fand das Schwert, das Glosstor Ardoas geschenkt hatte, an der Wand. Es hatte einen verzierten Wiegenknauf, in den ein blauer Edelstein eingesetzt war. »Wir beide, Seite an Seite auf dem Weg nach Beskadur? Wer sollte uns aufhalten?«
Den Morgen der Abreise verbrachte Ardoas im Garten hinter Lydons Haus – bei dem Flugschiff, an dem sein Bruder seit Jahrzehnten arbeitete. Das Langschiff bot Platz für mehr als zwei Dutzend Leute, hatte keinen Mast und schwebte hier dicht über dem Boden.
Sein Bruder stand an seinem Arbeitstisch, der von Edelsteinen übersät war. Sein Interesse galt inzwischen vor allem den Flugsteinen. Das Schiff – die Ilbengrund – war bereit, die Magie aber, die es stabil hielt und bewegen sollte, war das große Geheimnis, das es zu lüften galt.
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass die Erinnerung erwacht ist?«, fragte Lydon. »Ich hätte es verstanden.«
»Es tut mir leid«, erwiderte Ardoas. Er wusste, wie schwer Lydon sich an plötzliche Veränderungen gewöhnte. »Ich konnte es dir einfach nicht sagen.«
»Du bist mir ähnlicher, als dir guttut«, sagte Lydon.
»Ich wünschte, ich wäre so wie du«, entgegnete Ardoas.
Sein Bruder lachte. »Du kennst doch die Geschichten über mich.« Er blickte an dem Flugschiff entlang. »Dass ich nur das da im Sinn habe.«
»Du hast bewiesen, dass das nicht stimmt.«
»Weil ich plötzlich das für dich sein konnte, was du zuvor für mich gewesen bist – oder gewesen wärst, hätte ich es zugelassen. Vieles fällt mir noch immer schwer, aber ohne dich wäre ich heute nicht der, der ich bin.«
»Das hast du mir nie gesagt.«
Ein kleines Lächeln legte sich auf Lydons Lippen. »Solche Dinge zu sagen – darin bin ich nicht gut.«
»Mir gegenüber warst du immer gut darin.«
»Dann höre mir jetzt zu!«
Ardoas war gespannt.
»Vertraue Jerudana! Sie wird dich sicher nach Beskadur bringen. Sie, Obureen und Velbaree.«
»Ich fürchte nicht um meine Sicherheit, sondern um alle, die in meiner Nähe sind, wenn ich dort hinausgehe. Ich habe Angst, zum Felsentempel zu reisen und durch meine Anwesenheit alles zu verderben.«
Lydon schaute ihn lange an, als suchte er nach den richtigen Worten. Dann sagte er: »Naromee sprach einst: Es ist eine Sache, ein Wagnis einzugehen und später zu bedauern, dass alles fehlgegangen ist; aber es ist etwas ganz anderes, ein Wagnis zu meiden und sich ein Leben lang fragen zu müssen, was wohl geschehen wäre, hätte man den Mut aufgebracht.«
Ardoas nickte. »Ich fühle die Wahrheit dieser Worte.«
»Und trotzdem zweifelst du.«
»Der Zweifel macht mich träge.«
»Nein. Der Zweifel sorgt dafür, dass du die Dinge nicht als unveränderlich betrachtest. Der Zweifel hält deinen Blick wach und kann dein Verbündeter sein, wenn er dich nicht überwältigt. Zweifle am Verlauf des Weges, aber zweifle nicht am Ziel deines Weges.«
Ardoas schloss Lydon in die Arme und flüsterte: »Ich werde dich vermissen.«
Noch ehe Ardoas sich zum Gehen abgewandt hatte, widmete Lydon sich wieder seiner Arbeit. Das machte er immer, wenn er glaubte, alles sei gesagt. »Lebwohl!«, sagte Ardoas und ging langsam. Gerade als er den Garten verließ, hörte er Lydons Stimme: »Lebwohl, Bruder!«
Jerudana und Ardoas sahen sich vor dem schmalen Haus wieder. Sie konnte kaum glauben, dass er sie nach Beskadur begleitete, und er konnte kaum glauben, dass er mit der Gunst seiner Gemeinschaft in die Fremde gehen würde.
Lächelnd reichte Jerudana Ardoas die Zügel zu seinem Pferd – Xelbura – und stellte ihm dann ihr Pferd vor. Yulernos war sein Name, ein kräftiger Rappe mit langem Schopf, den sie zum ersten Mal auf Reisen mitnahm.
An Jerudanas Seite, gefolgt von Ardoas’ Eltern, führten sie den Abschiedszug an. Ardoas war mit vielen seiner Gaben ausgerüstet. Den Wanderstab, den Glosstor ihm mit Gwaistoree in diesem Leben geschenkt hatte, führte er am Sattel mit; das Schwert, das der Zwergenmagier ihm im letzten Leben überreicht hatte, trug er am Gürtel.
Ardoas schaute voraus auf den Weg, auf dem sie links und rechts Elfen grüßten und ihnen eine gute Reise wünschten. Sie grüßten zurück, und Ardoas wunderte sich, wie viele der ihm vertrauten Elfen Jerudana beim Namen kannte.
Am Rande der Siedlung spaltete sich der Zug in jene, die Ardoas und Jerudana verabschieden, und jene, die sie begleiten würden. Schließlich wandte Yordoas sich an Ardoas. »Geh nach Beskadur und finde deine Erinnerung«, sagte er. Dann lächelte er Jerudana an. »Du und Daludred – seid euch gewiss, dass wir euch immer unterstützen werden. Traut euch, uns zu rufen, und wir werden euch beistehen. Denn Ilbengrund und Beskadur sind Verbündete.«
Elwaree umarmte Ardoas, und nach einem kurzen Blick zu Jerudana, sagte sie: »Mein Sohn, die Erinnerung deiner Seelengeschwister und Naromees ist die Erinnerung an dich selbst. Alles, was vorher war, mündet in dich. Hab keine Angst vor dem Verschwinden, wenn die Erinnerung erwacht. Sie wird dein Wesen nicht verdrängen, sondern dein Wesen vollständig zum Vorschein bringen.«
Als alle Worte gesprochen und alle Gesten ausgetauscht waren, hob Ardoas die Hand und spürte die Macht des Portals als Kribbeln in seinen Fingerspitzen. Er entfesselte den Torzauber, den er oft gewirkt hatte und der sich auch nun ans Werk machte. Ein Strahlen erschien in der Luft und verbreitete sich, bis es den Torrahmen ausfüllte. Oft war er durch Lichtportale geschritten, und doch war es diesmal etwas anderes. Er verließ Ilbengrund, ohne zu wissen, wann er zurückkehrte.
Um den Abschied noch ein wenig hinauszuzögern, ließ er den anderen den Vortritt: Obureen mit den Wachen, dann folgte Velbaree mit ihren Leuten. Schließlich waren nur noch Ardoas und Jerudana da.
»Ich werde wiederkehren – mit der Erinnerung der Naromee«, sagte er. »Und ich werde ich selbst sein – was auch immer das am Ende bedeuten mag. Lebt wohl, meine Vertrauten!« Seite an Seite führten er und Jerudana ihre Pferde ins Licht.
Ardoas war mit den Elfenpfaden vertraut, doch für Jerudana waren sie so atemberaubend wie damals, als sie sie zum ersten Mal betreten hatte. Jeder Augenblick hier war wie ein Zauber. Die Bäume, das Blätterdach, all die Sträucher und Ranken, all das Grün und der Frühlingsduft – es war wie in einem dichten und fruchtbaren Wald.
Als sie ihre Pferde von der Portallichtung auf den Pfad führten, der bis nach Derothur reichte, sagte Jerudana: »Es hat begonnen. Wir sind auf dem Weg.«
»Ich vermisse Lydon jetzt bereits«, erwiderte Ardoas. »Und doch … ist es, als wäre auch dieser Weg die Rückkehr in etwas Vertrautes.«
»Du erinnerst dich?«
»Manchmal wünschte ich, ich hätte die Bücher meiner anderen Inkarnationen nicht gelesen. Ich weiß einfach nicht, was aus dem Lesen erwachsene Vorstellungen sind und was Erinnerung.«
Nach einer Weile kamen sie an einer Feensiedlung vorüber, die keinen Namen hatte. Auf eine Frage Jerudanas hin erklärte Ardoas, dass viele Feen Ortsnamen vermieden, weil eine Bezeichnung einen Ort zu sehr aus seiner Umgebung hervorhob. Obwohl auch in Beskadur inzwischen Feen lebten und sogar einige aus dieser Siedlung am Wegesrand stammten, war Jerudana diese Besonderheit neu.
Nach Derothur zu gehen und zu wissen, dass Zordura nicht dort war, hatte für Ardoas etwas ebenso Befremdliches wie die Tatsache, dass Dulvaree in ihrer Abwesenheit das Felsenhaus hütete. Ardoas hatte seine Lieblingsmusikerin nie als Gastgeberin verstanden, sondern als eine, die selbst überall zu Gast war.
Er hatte Dulvaree oft in Feenwalden zum Fest der Spiele getroffen, wo sie mit ihrer Musik Dramen unterlegte. Sie hatte sogar gemeinsam mit ihm an einem kleinen Spiel teilgenommen und dabei ihr Lied Vareen gesungen. Auf dem Musikfest hatte sie ihre beliebtesten Kompositionen zum Besten gegeben und mit ihrer Magie dafür gesorgt, dass die kleinen Stimmen und Instrumente der Feen an Fülle gewannen und weithin zu hören waren. Er empfand es als passend, dass Dulvaree ihn in Derothur erwarten und verabschieden würde. Es wäre wie ein Abgesang auf sein altes Leben.
Als sie an der Portallichtung von Derothur ankamen, blickte Ardoas zur Seite auf den Westpfad, der hier begann und auf dem – hinter dem Abzweig nach Nalmenhain – viele Elfen lebten.
An dem Portal, das sich am Rand der Lichtung erhob, wirkte Ardoas wie zuvor seinen Zauber, doch anders als in Ilbengrund wollte er hier als Erster in das wabernde Licht hineintreten. Jerudana hielt ihn jedoch zurück. »Da droht sicherlich keine Gefahr, aber wir sollten kein Wagnis eingehen«, sagte sie.
Velbaree führte ihr Pferd ins Licht, danach folgten Coreldava, Jalmon und Odewyn, dann erst waren Ardoas und Jerudana an der Reihe.
Kaum war Ardoas neben Jerudana aus dem Licht getreten, überkam ihn ein Gefühl der Vertrautheit, dabei hätte er Verwirrung erwartet, weil sich das Tor nach Süden hin geöffnet hatte und damit eigentlich falsch herum ausgerichtet war.
Aus dem Hain kamen sie an den Anfang des Weges, der am Berg emporführte. Die Bewaffneten begannen damit, an dem kleinen Platz, der hier durch ein Mosaik, eine Feuerstelle und einige Felsbrocken markiert war, ein Lager zu errichten. Zum einen war Ardoas fasziniert, dass hier alle ihre Aufgaben zu kennen schienen, zum anderen hatte er das Gefühl, dass sich etwas in ihm rührte.
Ardoas und Jerudana stiegen auf ihre Pferde und machten sich auf den Weg den Berg hinauf. Neben Obureen begleiteten sie auch Velbaree und deren drei Vertraute.
Als sich der Blick gen Norden über Felder und Höfe zum Fluss Vaale und der Stadt Vaalburg öffnete, hielt Ardoas an und sagte: »Irgendetwas stimmt nicht.«
»Es ist die Richtung«, sagte Jerudana. »Du bist nie bewusst aus Beskadur heimgekehrt. Du warst tot, als ich mit deinem Körper von dort zurückkehrte.«
»Das ist es«, sagte er leise und dankte Jerudana. Die Vorstellung, dass er immer wieder in die Fremde ausgezogen war, aber noch nie lebend heimgekehrt war, ließ ihn auf dem ganzen sich windenden Weg nicht los.
Als sie schließlich oben ankamen, blickte Ardoas hinüber in den Gemüsegarten, wo sich vor fast 2300 Jahren die magische Pforte befunden hatte, durch die Elfen, Zwerge und Feen aus Alvasur in diese Welt gekommen waren.
Vor dem Felsenhaus, das sich am Ende des Plateaus erhob, stand Dulvaree und lächelte ihnen entgegen. Sie hatte sich dunkle Bänder ins Haar geflochten und trug anders als sonst Hosen. Nach der Begrüßung entschuldigte sie sich, dass sie so rasch aus Ilbengrund aufgebrochen sei.
Während die Ankunft auf dem Hügel für Jerudana die Rückkehr an den Ort war, an dem sie vor zwei Tagen noch übernachtet hatte, war sie für Ardoas Rückkehr und Entdeckung zugleich. Nachdem sie ihre Pferde versorgt hatten, öffnete sich ihnen die runde Tür von magischer Hand. Kaum waren sie eingetreten, ließ Ardoas den Blick schweifen und erkannte, dass alles so war, wie er es sich vorgestellt hatte: die Feuerstelle zur Rechten, der schwere Tisch zur Linken, die Säulen, die Lichtsteine und die Gemälde.
Während Dulvaree ihnen das Haus zeigte, glich Ardoas Stück um Stück seine Vorstellung mit der Wirklichkeit ab. Es bestätigte sich, dass seine Schriften nicht einfach nur ein Bild des Felsenhauses in ihm erzeugt, sondern seine Erinnerung daran erweckt hatten.
Im ersten Stock führte Dulvaree sie zu ihren Zimmern. Ardoas bekam das letzte auf der linken Seite, in dem er im vorigen Leben übernachtet hatte. Noch ehe er das Zimmer betreten hatte, wusste er, welcher Blick sich ihm durch das Fenster bieten würde. Dort lag Vaalburg mit seinen Türmen und seiner Burg am Fluss Vaale, und nichts schien sich verändert zu haben.
Jerudana bekam das Zimmer gegenüber. Durch die offenen Türen sah Ardoas dabei zu, wie sie ihre Taschen auf dem Boden ablegte. Als sie seinen Blick bemerkte, konnte sie nicht anders, als zu lächeln. Sie sprachen über ihre unterschiedlichen Erfahrungen an diesem Ort, und Jerudana war erstaunt, dass Ardoas sich an die Einzelheiten des Gebäudes erinnerte.
Als sie wieder hinabgingen, halfen Velbaree und ihre Vertrauten Dulvaree bereits dabei, eine Suppe zuzubereiten, für die sie die Zutaten schnitten – Gemüse und Kräuter aus dem Garten. Und sie unterhielten sich über die Feier und ihre Gespräche dort, die sie alle genossen hatten.
Mit dem würzigen Duft in der Nase deckten Ardoas und Jerudana den großen Tisch, an dem Zordura ihm in seinem letzten Leben das Reisetagebuch seiner Seelenschwester Ardoana gezeigt hatte. Er erinnerte sich an die Bücher, die sich damals hier gestapelt hatten.
Beim Essen kamen sie rasch auf Zordura zu sprechen, und alle hatten eine andere Geschichte zu erzählen, die jedoch eines gemeinsam hatte: die Hilfsbereitschaft Zorduras.
»Überall, wo ich hinkomme, kennt und schätzt man sie«, sagte Dulvaree. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«
Ardoas schaute in die Runde und fragte: »Wisst ihr, wohin sie wollte?«
»Nach Beskadur, glaube ich«, antwortete Dulvaree. »Mit einem Haufen Bücher, die sie zusammengetragen hat.«
Jerudana nickte. »Sie kam vor sieben Jahren mit einer Gesandtschaft der Baronin von Vaalburg. Und auch Daludreds Schwester schickte einige ihrer Leute mit. Das war wieder einmal ein Zug des Wissens. Sie blieb einige Monate, dann brach sie auf. Sie war irgendetwas auf der Spur, meinte aber, dass der richtige Zeitpunkt noch nicht da sei, etwas zu offenbaren.« Jerudana musste lächeln. »Ihr kennt sie ja.«
»Hatte diese Spur mit mir zu tun?«, fragte Ardoas.
Velbaree lachte leise und zog damit die Blicke auf sich. »Ardoas, beinahe alles, was deine Tante macht, hat mit dir zu tun.« Sein Blick blieb lange an Velbaree haften. Die überbordende Zuneigung, die er plötzlich für sie verspürte, konnte nur auf ihre gemeinsame Zeit hier zurückgehen. Daher kamen die Gefühle von Verlangen und Bedauern.
»Ebenso wie wir sucht sie nach den Erluniden«, sagte Jerudana. »In Beskadur hat sie unsere Aufzeichnungen studiert. Sie interessierte sich besonders für die Beschreibung der Flugboote und ließ mich die Zeichnungen des Flugschiffes prüfen, mit dem die Erluniden uns angegriffen haben. Obwohl sie es damals selbst gesehen hat, wollte sie unsere Einschätzung haben – besonders die Daludreds, weil er sich Dinge, die in Beskadur geschehen sind, vor Augen holen kann.«
»Das heißt, sie versucht, die Flugschiffe zu finden«, sagte Velbaree und nickte anerkennend.
Jerudana wiegte den Kopf hin und her. »Gewiss, aber uns hat diese Spur in all den Jahren nicht weitergebracht. Die Werften in den Königreichen standen uns nicht offen, in Ioderon ließ man uns nicht einmal zur Hauptstadt vor.« Aus Jerudanas Seufzen sprachen Jahre der Spurensuche. »Wir haben die Fährte der Erluniden immer nur dann aufnehmen können, wenn sie Fehler gemacht haben. Vor allem, wenn sie die Machenschaften unserer Verbündeten zu sehr im Auge behielten. Wir haben dann diese Spuren verfolgt. Aber in den letzten Jahren sind sie vorsichtiger geworden.«
»Ist Zordura ihnen gewachsen?«, fragte Dulvaree.
»Du hättest sie mit Glosstor in Beskadur sehen sollen, als die Erluniden den Angriff mit ihrem großen Flugschiff wagten. Sie war wie eine Heldin aus alten Sagen.«
»Wie gerne ich dabei gewesen wäre«, sagte Velbaree genüsslich. »Zordura war nicht immer eine Einsiedlerin. In Alvasur war sie eine große Zauberin – und Kämpferin.«
»Sie und die Tempelwachen haben es den Erluniden verdorben. Ich will nicht lügen: Es war selbst mit Zordura und Glosstor knapp. Wir haben die Macht der Erluniden damals noch unterschätzt. Mit jener Streitmacht hätte man eine Baronie einnehmen können. Und ihr glaubt nicht, wie stolz wir waren, das überlebt zu haben.«
»Sind viele der euren gestorben?«, fragte Dulvaree.
Jerudana nickte. »Einige. Aber Zordura, Obureen und die anderen haben die meisten heilen können.« Sie lächelte Obureen an; die Kriegerin blinzelte zurück. »Die elfische Heilmagie hat unsere Gemeinschaft gerettet.«
»Wann war das?«, fragte Dulvaree. Ihre grünen Augen funkelten. Sie war dafür bekannt, Erzählungen zu sammeln und ihnen in Liedern eine neue Form zu geben.
»Vor fünfzehn Jahren. Seither haben sie keinen Angriff mehr gewagt. Damals haben wir Gefangene genommen, von denen manche redeten. Aber leider führten die Spuren ins Leere.«
»Was habt ihr mit den Ketten gemacht?«, fragte Ardoas.
»Du weißt also von den Ketten«, sagte Jerudana lächelnd. Sie erklärte für Dulvaree, dass die meisten Erluniden magische Halsketten trugen, die einen Zauber bargen, der es Erlun ermöglichte, Kontrolle auf seine Untergebenen auszuüben. »Zordura hat die Macht der Ketten gebrochen, sodass Erlun keinen Einfluss mehr auf seine Leute hatte. Aber dennoch haben die Gefangenen sich einer nach dem anderen das Leben genommen. Es war ein Fluch, der tief in sie gepflanzt war und irgendwann ausgelöst wurde.«
»Wie damals in Vaalburg«, sagte Velbaree und schaute Ardoas an. »Als ich dir auf der Spur war, erfuhr ich, dass der Meuchelmörder, der gefasst wurde, sich ebenfalls das Leben nahm.« Ardoas war erstaunt. Er wusste nur, dass er damals in Vaalburg attackiert worden war und einer der Meuchelmörder überlebt hatte. Was aus ihm geworden war, hatte er nie erfahren. »Warum sollte sich jemand unter eine solche Abhängigkeit begeben?«, fragte er.
»Wenn wir das wüssten, hätten wir die Erluniden wahrscheinlich schon aufgespürt«, antwortete Jerudana.
»Aber ihr müsst doch Vermutungen haben.«
»Wegen der Flugschiffe glauben wir, dass sie irgendwo außerhalb der Königreiche ihren Sitz haben. In Yaskandrien, Kynoris oder Ioderon sind Flugschiffe viel zu selten und von den Herrschenden überwacht. Und steckten die Mächtigen dahinter, dann wäre Beskadur längst gefallen. Wir glauben, dass es ein Geheimbund aus Magiern ist, der Geld aus den Königreichen abzieht und sich damit irgendwo in den Belraunenreichen Flugschiffe und alles andere gekauft hat.«
»Warum in den Belraunenreichen?«, fragte Dulvaree.
»Nun, in Ioderon, Yaskandrien oder Kynoris wird der Handel mit Schiffen durch die Krone so streng überwacht, dass es eigentlich keinen Schiffshandel gibt. Bei den Belraunen ist das anders.«
»Ich wünschte, Zordura wäre hier«, sagte Ardoas. »Dass sie zu meinem Geburtstag nicht da war, macht mir Sorgen. Was, wenn ihr etwas geschehen ist?«
»Zordura denkt in Wirkungen«, sagte Velbaree. »Welche Wirkung hätte ihre Anwesenheit gehabt?«
Jerudana grinste. »Mich würde es nicht überraschen, wenn sie uns in Beskadur erwartet. Sie hat eine Art, immer zur richtigen Zeit vor Ort zu sein – als wäre sie selbst eine Art Orakel.«
Jerudana lag im Bett und schaute durch das Fenster in den Nachthimmel hinaus. Wie so oft flüsterte sie zu Daludred. Wenn er diesen Augenblick durch ihre Sinne gewahrte, würde er ihre Worte vernehmen – ihre Zweifel, ob es ihnen wirklich gelingen konnte, an ihre alte Vertrautheit anzuknüpfen. Er würde ihre Gedanken lesen können, aber dennoch sprach sie zu ihm, als läge er hier neben ihr.
»Als er auf dem Fest aufgestanden ist und gesagt hat, dass sich die Erinnerungen wie Mosaiksteine bei ihm sammeln, da wirkte er selbstbewusst, hier in Derothur aber scheint er auf einmal hilflos zu sein. Er hat Velbaree angeblickt, als wüsste er, dass dies für ihn und sie zugleich ein Ort der Liebe als auch der Enttäuschung war. Mir und auch dir gegenüber scheint er Sehnsüchte zu haben – geboren aus seinen Schriften, in Zweifel gezogen durch meine Ankunft.«
Ein Klopfen an der Tür brachte Jerudana zum Lächeln. »Sehnsüchte«, flüsterte sie, erhob sich aus dem Bett und öffnete die Tür. Vor ihr stand Ardoas. Sie schaute an ihm hinab. Er trug Unterkleidung – ebenso wie sie. Elfische Unterkleidung, die zwar eng war, aber auch geschmeidig.
»Was ist so wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?«, fragte sie schmunzelnd.
»Vielleicht kann es bis morgen warten.« Er machte schon kehrt, da fasste sie ihn am Arm und sagte: »Wenn du jetzt gehst, werde ich die Nacht wach liegen und mich fragen, was du wolltest. Also: Was ist es?«
»Mir ist aufgefallen, dass du mich und meine Seelengeschwister als eine Person zu begreifen scheinst«, sagte er. »Ich würde mich gerne auch so sehen, aber ich spüre die Bande zu den anderen Inkarnationen nicht, obwohl mich Vertrautheitsgefühle überkommen.«
»Weil du es so gelernt hast.«
»Könnte ich es entlernen?«
»Entlernen …«, wiederholte sie lächelnd. »Willst du das wirklich? Vielleicht ist das nur Daludreds und mein Blick auf dich. Damals im Orakelsaal hattest du für einen Moment Klarheit. Du hast dich an deine früheren Leben erinnert, warst aber immer noch du selbst. Wir können seither einfach nicht glauben, dass du ein anderer bist. Für uns sind du und deine Seelengeschwister eine Person. So wie ich mich von der Frau von damals unterscheide, so unterscheidest du dich von dem Elf von damals. Es ist, als hätten wir dreißig Jahre getrennt voneinander gelebt – auf Menschenweise.«
»Ich wünschte, ich könnte mich so sehen.«
»In deinem letzten Leben hast du dich manchmal so gesehen. Es schien, als hättest du dich nicht festgelegt.«
»Und Velbaree? Wie sieht sie mich?«
»Sie war im Orakelsaal dabei. Du hast mit ihr gesprochen – mit der Erinnerung an Ardoana. Sie versteht es wahrscheinlich besser als wir alle. Aber sie weiß, warum sie dir nicht zu nahe tritt. Sie will sich und vielleicht auch dich vor schmerzhaften Gefühlen schützen.«
»Es ist, als wollte mein früheres Ich an die Oberfläche kommen, um wieder mit euch zusammen zu sein – mit dir und Daludred oder mit Velbaree.«
»Ich möchte nicht, dass du das Gefühl hast, verdrängt zu werden«, sagte Jerudana.
»Aber du würdest auch nicht Nein sagen, wenn das, was wir hatten, wieder zu etwas erblühen würde.«
Sie schluckte. »Ganz sicher nicht. Aber wie machen wir das? Unter Menschen und Vilbaren hätte ich wahrscheinlich gesagt: Du bist zu jung für mich. Aber mit Elfen in Beskadur zu leben – zu sehen, dass Obureen keinen Tag älter als damals wirkt, das hat mich auf unsere Begegnung vorbereitet. Bin ich nun älter, weil ich all diese Erfahrungen gemacht habe, die du in diesem Leben noch nicht gemacht hast? Bist du älter – so alt wie Naromee oder zumindest so alt wie ihre Inkarnationen?«
»Ist das wichtig?«
»Macht ist wichtig, Ardoas. Ihr Elfen wisst das besser als wir anderen. Die Machtverhältnisse zwischen uns sind aber wahrscheinlich zu kompliziert, um sie je erfassen zu können. Geht es um die Macht, die in dir schlummert, geht es um die Macht in unserer Gemeinschaft, in der du neu sein wirst? Geht es darum, dass du auf dieser Reise von unserem Schutz abhängig bist?«
»Das sind keine Widersprüche«, sagte Ardoas. »Die Macht, die uns alles verderben kann, würde eine Gemeinschaft benötigen, in der sich das Gefälle entfalten kann. Ist Beskadur wie eines dieser Königreiche da draußen?«
»Nein. Aber dennoch ist es so, dass Daludred und ich dort Macht besitzen. Alle schauen mit Erwartungen auf uns.«
»Du meinst, alles könnte an Erwartungen, an Macht und an Abhängigkeiten scheitern?«
»Unsere Freundschaft? Nein. Unsere Liebe? Wenn wir nicht aufpassen – vielleicht?«
»Ist es Liebe?«
»Daludred und ich werden dich immer lieben – wie du damals warst. Alles andere gilt es zu ergründen. Aber ganz gleich, was sein wird: Du hast uns damals so viel gegeben, von dem wir immer noch zehren, dass wir alt werden und sterben könnten, ohne irgendetwas zu bedauern.«
»Ich habe mich nach euch gesehnt«, sagte Ardoas. »Ich glaube mich an manches zu erinnern: Kristallwände – Orakelhände – wir drei in Yerebal. Das hat mir als Jüngling den Kopf verdreht. Und du ahnst nicht, wie verführerisch es ist, hier vor dir zu stehen.«
»Und du ahnst nicht, wie groß die Versuchung ist zu verführen. Lass uns in dieser Sache auf Elfenweise vorgehen. Uns bleiben noch ein paar Jahre. Und wenn es damit enden würde, dass wir dich ein Stück auf deinem Weg zu Naromees Erinnerung weitergebracht hätten, würde uns das reichen. Für mich bist du Naromee.«
Ardoas schüttelte den Kopf. »Das ist zu groß. Ich kann mich nicht in sie hineinversetzen.«
»Wegen all der Sagen, die Naromee so groß machen?«
»Möglicherweise.«
»Aber was, glaubst du, wird man sich über Ardoas III. erzählen? Deine Offenbarung auf dem Fest könnte einst wie die Rede eines großen Helden erscheinen. Und irgendwann wird man dich so bewundern, wie du nun Naromee bewunderst.«
»Daran habe ich nicht gedacht.«
»Ab und zu lohnt es sich, die Dinge vom Ende her zu betrachten. Wie werden sie auf all das zurückschauen, wenn du Naromees Erinnerung – deine Erinnerung – gefunden hast und wir Niadaris befreit haben und sie Daludred zu einem echten Orakel macht?«
»Und du? Was ist dein Lohn für all die Mühen?«
»Ich bin dir und Daludred voraus. Ich habe das, was ich immer wollte – eine Gemeinschaft. In Beskadur ist beinahe alles erblüht, wovon ich je geträumt habe.«
»Beinahe?«
Jerudana lächelte. »Du fehlst noch.«
Ardoas staunte, dann blinzelte er. »Danke, dass du mir das gesagt hast.« Zögerlich wandte er sich zur Tür.
Als Ardoas mit all seinen Gedanken fort war, atmete Jerudana durch und wünschte sich, sie hätte ihn gebeten zu bleiben. Sie schloss die Augen und flüsterte zu Daludred: »Du bist wahrscheinlich der Einzige, der weiß, wie knapp das gerade war.«
Reisetagebuch
von
Ardoas III., achte Inkarnation der Naromee