Das Portal der Götter - George K. Zikmund - E-Book

Das Portal der Götter E-Book

George K. Zikmund

0,0

Beschreibung

Immer wieder hatte Hobbyforscher Aaron C. Voss den Keilschrift-Kodex auf der Stele von Hammurabi untersucht. Er war sich über die ursprüngliche Bedeutung der babylonischen Gesetzestexte nicht mehr sicher, doch eine Sache stand zweifelsfrei fest: der Urtext unterhalb der Stele war falsch übersetzt und verstanden worden! Plötzlich wird Aaron durch eine übermenschliche Macht die lange unterdrückte Wahrheit offenbart! Was war geschehen? Woher kommt die fremde Stimme in seinem Kopf? Ist das wirklich Enki, der König der Zeitreisenden, der zu ihm spricht? Von einer Minute auf die andere wird Aaron vor die schier unmöglichen Aufgabe gestellt, die Menschheit vor ihrer drohenden Vernichtung zu bewahren. Ein abenteuerliches Katz-und-Maus-Spiel zwischen ihm und den Übermächten, die seit Jahrtausenden im Hintergrund die Strippen ziehen, beginnt...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 387

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Immer wieder hatte Hobbyforscher Aaron C. Voss den Keilschrift-Kodex auf der Stele des Hammurabi untersucht. Eine Sache stand zweifelfrei fest: der Urtex unterhalb der Stele war falsch übersetzt worden! Plötzlich wird Aaron durch eine übermenschliche Macht die lange unterdrückte Wahrheit offenbart und ein abenteuerliches Katz-und-Maus-Spiel zwischen ihm und den Übermächten, die seit Jahrtausenden im Hintergrund die Strippen ziehen, beginnt.

Über den Autor:

George K. Zikmund wurde 1961 in Karlsbad geboren. Er ist ein begeisteter Anhänger der Prästronautik. Seit mehr als 40 Jahren beschäftigen ihn die Mysterien der antiken Zivilisationen. Daher hat er sich mit seinem Erstlingswerk dazu entschlossen, seine persönlichen Erkenntnisse mit einer Prise Science-Fiction in eine spannende Geschichte zu verpacken. Heute lebt der Autor in Rosenheim.

DIE ERDE

Vor 445.000 Jahren unserer Zeitrechnung landete eine Gruppe von Zeitreisenden aus den Tiefen des Weltalls auf der Erde. Sie nannten sich Ankh.

Anu, der Herrscher des extraterrestrischen Volkes gab den Befehl, die neu entdeckte Welt, nach Edelmetallen abzusuchen. Die primäre Aufgabe war es, Gold zu finden. Der gewonnene Goldstaub würde in die Atmosphäre ihres Heimatplaneten Nibiru befördert, um die schwindende Ozonschicht zu festigen. Somit wäre ihr Weiterleben gesichert. Er erteilte seinen Söhnen Enlil und Enki die Befehlsgewalt für diese Expedition. Im Laufe der Zeit waren Tausende von Ankhs auf der Erde und nahmen den umfangreichen Bergbau in Angriff. Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten Revolten gegen diese Schwerstarbeit bildeten. Am Anfang vermochten die Brüder diese durch Anreize zu beschwichtigen. Nachdem es zu massiven Aufständen der schuftenden Arbeiter kam, entschied Enki, einen Klon aus der DNA der Ankh und den auf der Erde lebenden primitiven Wesen zu schaffen. Diese Hybride waren verpflichtet, in den Minen das bedeutende und lebenswichtige Metall abzubauen. Nach unzähligen missglückten Kreuzungen gelang es in der Folge, einen perfekten Arbeiter zu erschaffen. Den ersten seiner Sippe nannte Enki, der Erzeuger Adamu das übersetzt der Mensch bedeutet. Später schufen sie ihm eine Frau, mit der er Kinder zeugen und sich vermehren solle. Gleichzeitig hatten die Untertanen der Brüder, die Igigi genannt wurden, eine Zubringerstation auf dem Mars aufgebaut. Der Abtransport des gewonnenen Goldes war wegen der geringeren Anziehungskraft des uns bekannten Roten Planeten, leichter zu bewerkstelligen. Durch kosmische Ereignisse gezwungen, verliessen die Igigi ihre neue Heimat und entschieden sich, auf der Erde Zuflucht zu suchen. Dort kam es dazu, dass die Frauen der "Sklavenmenschen" den Neuankömmlingen gefielen und sie sich mit ihnen paarten. Daraus entstand eine neue Art des Menschen. Nach einigen Jahrtausenden zollte diese Spezies ihren Göttern, die sie Anunnaki, das übersetzt die vom Himmel kamen, nannten, nicht mehr den gebührenden Respekt, und wurde immer aufständischer. Dieser Umstand gefiel Enlil ganz und gar nicht. Daher beschloss er, alle auf der Erde lebenden zum wiederholten Male durch eine Flut zu vernichten. Enki, sein Bruder und Erzeuger der Menschen, entschloss sich, seinen menschlichen Vertrauten, Utnapischtin zu warnen. Er befahl ihm, ein Boot zu bauen und so viele von jeder Spezies wie möglich zu retten. Einige überlebten abermals die große Naturkatastrophe und gründeten neue Stämme, Völker und später Zivilisationen.

» Die Erde hat genug Ressourcen für die Bedürfnisse aller, aber nicht für die Gier aller «- Mahatma Gandhi

Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

KAPITEL 26

KAPITEL 27

KAPITEL 28

KAPITEL 29

KAPITEL 30

KAPITEL 31

KAPITEL 32

KAPITEL 33

KAPITEL 34

KAPITEL 35

KAPITEL 36

KAPITEL 37

KAPITEL 38

KAPITEL 39

KAPITEL 40

KAPITEL 41

KAPITEL 42

KAPITEL 43

KAPITEL 44

KAPITEL 45

KAPITEL 46

KAPITEL 47

KAPITEL 48

KAPITEL 49

KAPITEL 50

KAPITEL 51

KAPITEL 52

KAPITEL 53

KAPITEL 54

KAPITEL 55

KAPITEL 56

DANKE

KAPITEL 1

Ein Raum. Grelles Licht, keinerlei Mobiliar, keine Fenster. Nur ein Podest, auf dem ein Wesen stand. Eine große, erhabene Kreatur.

»Hast du ihn gefunden?«

»Ja, Herr!«

»Gut, dann zeige ihm meine Nachricht und bringe ihn zu mir!«

»Wie Ihr befehlt« antwortete Ugala, der Vertraute des Enki.

KAPITEL 2

Gelangweilt und Müde reckte sich der Saalwärter im Raum 10 des Pergamonmuseums in seinem Stuhl. Das zu große dunkelblaue Sakko zupfte er schwerfällig in Form. Die Antenne des Walkie-Talkies ragte aus dem Hemdsärmel heraus. Seine Finger waren nicht zu sehen. Routinemäßig sah er von rechts nach links, stand auf und vertrat sich ein wenig die Beine. Die Vitrinen vor und neben ihm faszinierten ihn nicht. Mit den alten Steinen hatte er nichts am Hut. Seine ganze Leidenschaft galt Tieren. Er spähte auf die Uhr. Ein Grinsen spiegelte sich auf seinem Gesicht. Eine halbe Stunde, dann war Feierabend. Durch sein Funkgerät kam eine verschlüsselte Nachricht. Er bewegte sich unverzüglich zum Ausgang und verlies die Wanderausstellung mit dem Titel: Die erste Zivilisation auf Erden!

In Kooperation mit dem Britischen Museum in London war es den Berliner Museen gelungen, diese aufsehenerregende Ausstellung zu organisieren. Die Briten stellten einige Hundert Artefakte des Zweistromlandes zur Verfügung. Das Land, das zwischen Euphrat und Tigris gelegen, im heutigen Irak liegt, wird schulwissenschaftlich die Wiege der Menschheit genannt. Erlesene, unschätzbar bedeutende Kunstgegenstände aus dem alten Mesopotamien werden auf dunklen Tischen in Glasbehältern präzise und perfekt präsentiert. Modernste Lichttechnik lässt die Exponate in ihrer vollen Pracht erscheinen. In Dreierreihen zu je acht Vitrinen bestaunten die Besucher mitunter die befremdend anmutende, in Tontafeln gedrückte Keilschrift, der frühzeitlichsten Schrift der Menschheit. Am seitlichen Rand des Glases sind die Inhalte der Texte auf angebrachten Täfelchen nachzulesen. In drei Sprachen übersetzt, informierten sie über den Sinn der 5000 Jahre alten Schriftstücke. Faszinierende, antike Zeugnisse der Menschheitsgeschichte präsentierten sich der Öffentlichkeit. Die berühmten elf Tontafeln des Gilgameschepos mit ihren filigranen Ritzungen offenbarten sich dem Aufgeschlossenen. Auf mit schwarzem Samt überzogenen Aufstellern, waren diese mit golden eingefassten Klammern befestigt. Das Museum inszenierte diese faszinierenden Errungenschaften hinter Panzerglas gesicherten Vitrinen. Überwältigende Texte aus der gewaltigen Staatsbibliothek des Assurbanipal fesselten sogar Laien. Dieser fürchterlich brutale wie gebildete Diktator legte eine Sammlung mit über 25.000 Tontafeln an. Sie war zu historischer Zeit die bedeutendste Bibliothek des alten Mesopotamiens. Weitere, bemerkenswerte schriftliche Zeugnisse, beschrieben mit astronomischen und altertümlichen Inschriften waren zu bewundern. In Stein gehauene Texte von Liedern und Gebeten vermittelten den hohen kulturellen Stand der vorchristlichen Epoche. Uralte, fein säuberlich geführte Königslisten ließen das Publikum staunen. Erste Rechtsurkunden, in Ton verewigte Regeln der frühen Zivilisation, bedurften der Aufmerksamkeit. Sogar eine Abschrift des Kodex Hatnmurapi wurde gezeigt. Dieser war der 6. Herrscher Babylons. Seine Herrschaft nahm um 1792 v. Chr. seinen Anfang. Er trug den Titel König vom Sumer und Akkad. Mitten im Raum unter gedimmtem Licht präsentierte das Museum in einer runden Glassäule geschmackvoll die berühmte 2,25 Meter hohe Diorit-Stele. Diese wurde der Berliner Sonderausstellung vom Louvre in Paris zur Verfügung gestellt. Auf dem frei stehenden Pfeiler war die Szene zu bewundern, in der der einstige Monarch vom Sonnengott Šamaš Gesetzestafeln überreicht bekommt und dass 500 Jahre vor dem biblischen Moses.

Der absolute Star der Auswahl aus der Staatsbibliothek des assyrischen Königs war der babylonische Schöpfungsmythos Enúma eliš, dessen war sich der eine Besucher, der konzentriert vor der Tontafel mit der Katalognummer 6/45 stand, klar.

Stimrunzelnd beugte er sich weiter vor und fixierte eine Zeile der Tafel. Speziell 5 Zeichen der Keilschrift raubten ihm seit Jahren den Schlaf. Aus dem frühzeitlichen Opus sind sie seiner Meinung nach nicht eindeutig zu entziffern, geschweige denn zu deuten. In der Vergangenheit sah er sie immer nur auf Fotos oder Zeichnungen. Aktuell hatte er das Original vor Augen und sah die kleinste Ritzung:

» sa-na-qum be-lum ra-bum is-tu al-um «

Die offizielle wissenschaftliche Lehrmeinung des Satzes lautet: »Ankommen Herr wird von Stadt.« Die Schulwissenschaft deutet die Zeile zur Anbetung des Königs von Nippur, dem religiösen Zentrums Sumers. Seiner Meinung nach, eine vage und schwammige Interpretation. Die Experten deuten Nippur sowie einen Herrscher oder Priester, ohne einen kausalen Verweis auf den Namen der Metropole zu haben.

Er war überzeugt, dass es einen Übersetzungsfehler in der Stele des babylonischen Königs gibt. Er las den Satz und kritzelte die Striche der Keilschrift zum unzähligen Male in sein Notizbuch.

In Gedanken spielte er die Zeichen und ihre Deutung in kyrillischer, griechischer und arabischer Sprache durch. Mit der rechten Hand fuhr er durch seine dunklen, mit Gel gezähmten, fülligen Haare und stockte abrupt in der Bewegung.

Was geschieht hier? Die feinen Zeichen in der harten Steinoberfläche, auf die er so gebannt starrte, verschwammen vor seinen Augen. Er rieb sie mit den Handrücken. Sah mit zusammengekniffenen Lidern hin. Sein Gehirn vermochte nicht zu verarbeiten, was ihm das Augenpaar übermittelte. Die Schrift bewegte sich! Die Zeichen veränderten ihre Position und leuchteten in grellem Gold. Er war wie hypnotisiert und beobachtete ungläubig dieses Schauspiel. Die Bewegungen der Glyphen stoppten unvermittelt. Abrupt stand an der besagten Stelle ein anderer Satz:

» et-um ba-lim atu ser-rim «

Was zum Teufel hat das zu bedeuten? Er starrte auf diese leuchtende Stelle mit den neuen Silben. Ohne dass er lange nachdachte, begriff er, was das bedeutet: "Ich bin der Herr, der Erzeuger".

Sein Herzschlag wurde schneller, er las es nochmals, prüfte es und stammelte vor sich hin: »Ich bin der Herr, der Erzeuger?« Träume ich? Seine Hand massierte das Kinn.

So wurde Enki genannt, schoss ihm der Gedanke wie ein Blitz in den Kopf.

Ist es Enki oder Ea der Sohn von Anu, dem höchsten Herrscher der Anunnaki?

Seine Hände wurden feucht. Ungläubig starrte er auf die leuchtenden Glyphen. Enki, Gott der Sumerer?

Was um alles auf der Welt, veränderte die Zeile? Seine Gedanken überschlugen sich. Immer wieder stammelte er den neu gebildeten Satz. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt dieser neuen Bedeutung. Voller Erstaunen betrachtete er die lumineszierenden Ritzungen.

Wieso? Warum sehe ich das? Ist das eine Nachricht? Seine Hände gruben sich in seine Haare. Sie fingen an, die Schläfen kreisförmig zu massieren. Millionen von Gedankenspielen schossen ihm durch den Kopf. Seine Hände fasten kräftiger zu, erhöhten den Druck. Langsam kristallisierte sich ein Bild vor seinem geistigen Auge: In der Mythologie der Sumerer ist die Prophezeiung, dass die Götter vom Planeten Nibiru wiederkehren, der Heimat der Anunnaki, die uns geschaffen haben: Hat sich Enki der Herr und Erzeuger mir offenbart?

Er war so vertieft, konzentriert und aufgeregt bei der Arbeit, dass er die Zeit vollkommen vergessen hatte. Draußen war es mittlerweile dunkel und die meisten Besucher des Museums sind gegangen. Er registrierte in seiner innerlichen Erregung nicht einmal, dass ihn, im Schatten der Vitrinen, ein fülliger Mann schon seit einiger Zeit beobachtete. Nachdem sich dieser von hinten annäherte und nur eine Armlänge von ihm entfernt war, sprach er ihn mit einer sonoren Stimme an:

»Guten Abend Aaron!« Aaron, der mit dem Museumsleiter Doktor Gustav Eberwein nicht gerechnet hatte, fuhr wie von der Tarantel gestochen hoch, fuchtelte mit den Händen um sich und schrie den Direktor an:

»Verdammt! Wie können Sie mich so erschrecken. Soll mich der Schlag treffen?«

»Bitte verzeih mir,« entgegnete Dr. Eberwein mit einem breiten Grinsen im Gesicht. »Es war nicht meine Absicht dich zu erschrecken, obwohl deine Reaktion etwas von Slapstick Comedy hatte.«

»Hallo Gustav, vielen Dank auch, ich bin gerade nochmals an einem Herzstillstand vorbeigeschrammt. Bitte machen Sie das nie wieder. Sie haben sonst einen Besucher weniger in Ihrer Statistik.« Dabei faste er sich theatralisch an seine linke Brust.

»Womöglich vermöble ich Sie aus reiner Notwehr,« drohte Aaron scherzhaft und grinste schelmisch. Nach einigen Augenblicken der Ruhe lachten beide herzlich los. Sie umarmten sich freundschaftlich und klopften sich gegenseitig auf den Rücken.

Aaron C. Voss war seit etlichen Jahren mit dem Museumsleiter befreundet. Er ist der beste Freund seines Vaters.

Professor, Martin Voss, ist ein renommierter Altertumswissenschaftler. Er bereiste mit Doktor Eberwein den gesamten Globus. Spezialisiert auf antike Schriften und Sprachen, besuchten sie gemeinsam eine beachtliche Anzahl von Ausgrabungsstätten. Sie waren an etlichen Expeditionen beteiligt. Unter anderem forschten sie in Bolivien bei den terrassierten Plattformhügeln von Puma-Punku mit ihren perfekt bearbeiteten Monolithen. Bei den, in der Türkei gelegenen archäologischen Fundstätten Göbekli-Tepe und Troja, suchten beide nach Antworten. Den Pyramiden von Gizeh entlockten sie das eine oder andere offene Geheimnis. Selbst die Terrakottakrieger in China waren vor ihrer Aufwartung nicht gefeilt. Unzählige weitere bedeutende antike Stätten der Welt hatten sie im Laufe ihrer gemeinsamen Entdeckungsreisen erforscht. Trotz all der mannigfaltigen Erkenntnissen und Erfahrungen war Aarons Vater von der sumerischen Frühkultur fasziniert. Seine ihm eigen auferlegte Lebensaufgabe bestand darin, die im heutigen Irak gefundenen Tontafeln, neu und modern zu betrachten. Verbissen arbeitete er daran, den antiken Fragmenten die letzten Geheimnisse zu entlocken. Diese Besessenheit und Fanatismus hat er an seinen Sohn weitervererbt.

»Bist du weiterhin überzeugt, dass diese ominöse Zeile von den Spezialisten der sumerischen Keilschrift falsch interpretiert wird?« Mit mitleidigem Ton ließ der Gelehrte folgen: »Unter anderem auch von deinem Vater.«

Sein Herz klopfte. Es dröhnte in seinen Ohren, wie wenn ein Hardrock Schlagzeuger sein Solo trommeln würde. Aaron atmete kurz durch, um sich zu fassen, und wurde auf einmal ernst. Er sah sich um. Sah an dem Direktor links und rechts vorbei, erblickte aber nur einen menschenleeren Raum. In dieser Gewissheit beschloss er, es dem Freund mitzuteilen. Flüsternd sprach er seine Erkenntnis aus:

»Gustav, ich denke, es geht um Enki!«

Die Augen des Museumsleiters weiteten sich und sein Gesicht lief rot an:

»Wie kommst Du denn darauf? Wo bitte siehst du die Zeichen für Enki? Die sind doch gar nicht vorhanden,« polterte Eberwein verärgert los. »Es handelt sich hier um einen Priester aus Nippur, basta!« Ließ er folgen und sah seinem Gegenüber eindringlich in die Augen.

Aaron drehte sich zur Stele um und bemerkte, dass das Leuchten verschwunden war.

Da ist sie wieder. Diese engstirnige Sichtweise oder jenes in Dogmen festgefahrene Weltbild. Die in Stein gemeißelte Weisheit, die irgendein anerkannter Wissenschaftler mal vor 100 Jahren verfasst hat und an der es nichts zu rütteln gab. Schon gar nicht von einem Hobbyforscher, der nur durch seinen Vater die Keilschrift lesen und schreiben gelernt hatte.

Aaron war enttäuscht über die Reaktion. Der Freund, dem er allzeit vertraute, den er immer um Rat bat, hatte nicht mal gefragt, wie er zu dieser Erkenntnis gekommen war. Im Gegenteil, er kam ihm jetzt von oben herab. Er ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken und weichte den Augen des Direktors aus.

»Ich werde für heute Schluss machen. Morgen ist auch noch ein Tag. Außerdem schließt das Museum in 15 Minuten.« Er war im Begriff sich umzudrehen, da hielt ihn Eberwein am Arm fest. »Aaron, glaube mir, auch dein Vater war davon infiziert.«

»Lassen Sie meinen Vater aus dem Spiel, er hat nichts mit der Sache zu tun,« fuhr es lauter aus ihm heraus, wie er beabsichtigt hatte.

»Ich muss deinen Vater ins Spiel bringen!« Melodramatisch breitete der Direktor seine Arme aus. »Du weißt ganz genau, wohin diese Besessenheit geführt hat.«

»Gustav, bitte lassen Sie es gut sein.«

»Hör mir zu!« Der Museumsleiter nahm seine Brille ab, und putzte sie mit einem Taschentuch. »Dein Vater und ich sind sehr gute Freunde, das weißt du, auch wenn er mich, aufgrund seiner Krankheit, nicht mehr erkennt.« Ohne seinen Blick zu heben, sprach er eindringlich weiter. »Diese ständige Hetze nach neuesten Erkenntnissen und angeblich richtigen Interpretationen der Tafeln, haben ihn verrückt gemacht.« Eberwein setzte die gereinigte Brille wieder auf die Nase. »Seine innere Unruhe, seine Zerrissenheit und der unbedingte Wille oder soll ich besser sagen krankhafter Zwang«, er legte eine rhetorische Pause ein, um fortzufahren, »eine Sensation der Wissenschaftswelt zu präsentieren um die Geschichte neu zu schreiben!« In diesem Moment durchbohrte sein Blick Aaron. »Das alles hat ihn, verzeih mir, körperlich wie geistig vernichtet.« Der Direktor fixierte ihn mit seinen blauen Augen, die hinter den Aschenbecherboden dicken Gläsern wie Saphire wirkten »Ist es das wert?« Fragte er. »Willst du auch mal so enden?«

In Aaron arbeitete sich die Magensäure nach oben, er empfand langsam eine richtige Wut. Er versuchte, bedacht zu atmen, den Groll, den er in sich hegte, nicht die Oberhand gewinnen zu lassen.

»Es ist schon spät, hat mich gefreut, dass wir uns gesehen haben. Ich mache mich jetzt auf den Weg und gönne mir mal ein, zwei Tage Pause.« Dabei versuchte er gekünstelt zu lächeln. Es gelang ihm nicht. Es hatte mehr den Anschein, er würde Schmerzen empfinden.

»Ich passe auf mich auf, ich weiß, was ich tue. Aber danke, dass Sie sich Sorgen machen.«

Dr. Eberwein, der Aaron sorgfältig beobachtete, in seiner Antwort die sarkastischen Anmerkungen heraushörte, kniff seine Augen zusammen:

»Du bist genau wie Martin! Dein Vater ist auch ein hochgradiger Ignorant. Imun gegen jeglichen Ratschlag,« seine Adern traten an der Schläfe heraus.

»Du brauchst gar nicht so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre. Die Einlage einen kleinen, bockigen Jungen vorzutäuschen, kannst du dir sparen.« Seine Stimme wurde lauter. »Ich kenne dich schon zu lange, als dass du mir hier etwas vorspielen könntest ...« Sein rechter Arm war ausgestreckt, der Zeigefinger auf Aaron gerichtet. »Aber lass dir eins gesagt sein.« Dabei wippte er mit der Hand hin und her, »ich habe nicht die Kraft, einem weiteren Freund zuzusehen, wie ihn diese Tafeln verrückt machen. Einen schönen Abend!«

Im gleichen Augenblick, indem er das letzte Wort sagte, drehte sich der Museumsdirektor um. Um die halbe Achse gedreht schritt er für seine Körperfülle elegant, ohne sich nochmals umzudrehen, Richtung Ausgang.

Aaron stand da und sah ihm nach. Er seufzte müde und ließ die angespannten Schultern hängen. Mit unterdrückter Stimme murmelte er:

»Wünsche ich Ihnen auch«, dies hörte der Museumsleiter nicht mehr, er hatte den Raum verlassen.

In seinen Gedanken versunken, drehte sich Aaron zur Vitrine mit der Stele um. Das Notizbuch und Stift hatte er bei der Unterhaltung auf die Oberseite des Schaukastens gelegt. Er nahm das Buch an sich und schlug es zu, zog das Gummiband über die Längsseite und steckte es mit dem Kugelschreiber in seinen Rucksack. Er sah nochmals auf die Zeile, wo sich der Satz in leuchtenden Glyphen vor seinen Augen gebildet hatte. Er veränderte seine Position, wodurch er mit dem rechten Fuß seine Trinkflasche, die er unter dem Ausstellungsstück deponiert hatte, umstieß.

»So ein Mist,« fluchte er leise. Die geringe Menge Wasser, die sich in der Flasche befand, ergoss sich in einer kleinen Lache auf dem Museumsboden. Hastig zog er sein Sweatshirt aus und trocknete den Fußboden damit.

Immer wieder schwirrte ihm der Satz „Ich bin der Herr, der Erzeuger", im Kopf herum. Er rieb mit seinem Shirt den Boden trocken. Eine flüsternde Stimme sprach zu ihm:

„ila-am-ma-d a-nu-un-ma wa-ar-din ip-lah be-Ium“

Zum zweiten Male an diesem Abend rutschte ihm das Herz in die Hose. Erschrocken sah er sich um. Hatte das jemand zu ihm gesagt? Der ganze Saal war totenstill. Hatte er sich diese Worte etwa eingebildet?

»Gustav, das ist jetzt wirklich nicht lustig!« Rief er.

Nichts. Keine Antwort, keinerlei Zeichen von einer Person, da war niemand im Raum 10 des Museums. Aaron lauschte und kniff die Lider zusammen, um in diesem Dämmerlicht schärfer zu sehen. Er konzentrierte sich, horchte angestrengt und ließ die Augen wandern. Er war sich sicher: Er ist der Einzige hier und dennoch hörte er die Stimme abermals:

„ila-am-ma-d a-nu-un-ma wa-ar-din ip-lah be-lum “

»Wer ist da? Verdammt nochmal, komm raus und hör auf mit den Spielchen!« Verärgert und eingeschüchtert drehte er sich in alle Richtungen. Keine Regung, nicht die geringste Bewegung. Absolut nichts deutete auf einen Menschen hin, der sich auf seine Kosten einen Spaß daraus bereitete, sich zu verstecken und zu flüstern. Aaron war sauer und schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben, er war müde und hatte gänzlich keine Lust mehr länger im Museum zu bleiben. Er nahm seinen Rucksack, steckte den feuchten Sweater hinein und bewegte sich mit schnellen Schritten Richtung Ausgang. Den imposanten Saal, den er betrat, war die sogenannte „Prozessionsstraße von Babylon“. Ohne einmal auf diese herrlichen, mit blauen Kacheln sowie unterschiedlichen heiligen Tieren geschmückten Wände zu achten, schritt er stur zum Museumsausgang. Beim Erreichen des Tshtar-Tores", eines der Haupttore des antiken Babylons hielt er sich nach links. Er ertappte sich, dass er stetig schneller wurde und seine Kondition grenzwertig war.

Öfter Sport treiben, kam es ihm in den Sinn. Mit 28 bin ich ein wenig eingerostet, grübelte er weiter, wobei er die Pforte fast erreicht hatte.

Es war der Museumswärter, der ihn dort freundlich begrüßte.

»Guten Abend Aaron, na, etwas neues erforscht?«

»Hallo Hermann. Nein, alles wie immer bei Hammurapi,« log er. Er hatte keine Lust, mit dem Mann in einen seiner Vorträge über Gott und die Welt und deren Geschichte zu geraten.

»Na dann. Einen guten Nachhauseweg und einen schönen Abend!«

»Danke, das gleiche für dich, bis bald!« Aaron schob die Ausgangstüre auf und genoss die frische und feuchte Abendluft Berlins.

KAPITEL 3

Es war früher Morgen in Kolonia, der Hauptstadt der Insel Pohnpei. Die Sonne erhob sich aus dem Ozean. Stetig stieg sie am Horizont immer höher. Francisco Rojas schwang sein rechtes Bein über den Sattel seiner Yamaha XT. Er steckte den Zündschlüssel ins Schloss, stellte den Notausschalter, der beim Gasgriff angebracht war, auf „Go“. Er öffnete den Sprithebel unterhalb des Tanks, zog mit den linken Fingern die Kupplung und justierte mit dem Bein die Stellung des Anlasspedals auf Kompression. Franco trat mit voller Kraft auf den Anlasser Hebel. Der Motor gluckerte ein wenig, ohne das er ansprang.

Das ist so klar! Wäre ein Wunder, wenn du es beim ersten Mal schaffst

Es ist nicht verwunderlich, da die Enduro schon mehr wie 40 Jahre auf dem Buckel hatte. Francisco liebte diese Maschine, den Klang des Zweitakters sowie die eminente Kraft in den ersten 3 Gängen. Ok, er hatte ja ein wenig nachgeholfen. Den Motor von 27 auf 40 PS aufgetunt und den Schalldämpfer aus dem Auspuff entfernt. Er versuchte es ein ums andere Mal, drückte den Hebel herunter. Das Aggregat sprang an und belohnte ihn mit den unverwechselbaren Sound, der auf der ganzen Insel bekannt war. Vermutlich hat jeder, der mehr als 6000 Einwohnern einmal diesen unverkennbaren, dumpfen, schlagenden Takt des Kolbens des 500 Kubik-Motors gehört. Zufrieden und mit einem breiten Grinsen, setzte er sich seine Ray-Ban auf. Das schwarze Bandana, dass er als Stirnband trug, zurrte er am Hinterkopf fest. Helme kamen für ihn nicht infrage. Er verabscheute sie.

Francisco genoss die Fahrt durch die Yakipa Street, wo er das Erwachen der Stadt tagtäglich erlebte. Zu dieser frühen Zeit sind erst wenige Insulaner auf den Beinen. Hier auf Pohnpei war alles anders. Die Menschen lebten im Einklang mit der Natur. Ernährten sich vom Fischfang und der Landwirtschaft und hatten eine tiefe Bindung zu den Elementen. Zugunsten dieser beschaulichen und entspannten Gegebenheiten hat es ihn hierher nach Mikronesien verschlagen. Der ehemalige Fremdenlegionär hatte in seinem Leben eine Menge an Gewalt, Leid und Intrigen gesehen. Francisco bog links in die First Street ab und fuhr Richtung Second Street.

Mega dachte er sich jedes Mal, wenn er hier entlangfuhr. Denn die nächsten wurden mit den "innovativen" Namen bis zur vierten Straße so betitelt.

So sind sie eben, die Insulaner, alles so unkompliziert nie möglich.

In der Second Street hielt er vor "Rays Coffee Shop" an. Ray hatte die besten Blätterteigtaschen mit Vanillecreme und den hervorragendsten Cappuccino Mikronesiens. Zumindest für Francisco. Er stieg ab und schlenderte zu seinem Lieblingsplatz auf der Terrasse. Ein verschlafener, von der Sonne gebräunter kleiner Mann kam hinter der Theke hervor und begrüßte ihn.

»Neesor annim, Franco!«

»Wünsche dir auch einen guten Morgen Ray!«

»Wie üblich, oder willst du mal nach 5 Jahren etwas anderes versuchen?« Ray hatte ein freundliches, rundes Gesicht. Die kleinen Glupschaugen sahen den Gast erwartend an.

»Solange du dieses leckere Vanillegebäck machst, werde ich nicht wechseln,« entgegnete er und lächelte den Barbesitzer an. Kopfschüttelnd lachend, mit stolzgeschwellter Brust drehte sich Ray um und schlürfte hinter den Tresen.

Francisco hörte dem Schwarm Kirschloris, einer endemischen Papageienart zu, die in den Palmen saßen und laut schwätzten. Die prächtigen orangefarbenen Schnäbel der Männchen sangen der weiblichen Gattung Balzarien zu. Seine Gedanken schweiften ab und blieben an den seltsamen Umständen seines nächsten Jobs hängen. Ein gewisser Viktor Clark von der "Megalithic Foundation Southamerica" kurz "MEFSA" hatte ihn per Mail kontaktiert. Er wolle Nan Madol und seine beispiellosen Ruinen mit einer neuartigen Methode vermessen. Welche das ist, hatte er in der Nachricht nicht angegeben. Ihn, seine profunde Kenntnis über die Insel und vor allem sein Boot für die nächsten 14 Tage zu mieten, war die Anfrage. Francisco wunderte sich, dass in der Mail nicht gefragt wurde, welches Honorar er für diese Zeit in Anspruch nimmt. Im Gegenteil, es wurden ihm für seine Dienste 20.000 € geboten, plus Sprit für das Boot. Er verstand nicht, warum eine amerikanische Stiftung eine Stange Geld anbietet, ohne ein Angebot einzuholen.

»Ein mal Cappuccino und Vanilla Cake!« Mendiola, eine bezaubernde Inselschönheit, riss Francisco aus seinen Grübeleien.

»Vielen Dank, Mendi,« strahlte er die Kellnerin an.

»Munas Menlau,« erwiderte sie, stellte die Leckereien vor ihm auf den Tisch und flanierte mit ihrem selbstsicheren und lasziven Hüftschwung Richtung Bar. Francisco sah ihr nach. Er konnte nicht anders: ihren aufrechten Gang mit den langen Beinen und ihren perfekten Po, der in hautengen Jeans steckte, zum tausendsten Mal zu bewundern. Sie hatten schon mehrmals eine leidenschaftliche Nacht verbracht. Keiner von beiden, darin waren sie sich einig, war für eine feste Beziehung geschaffen.

Er nahm den letzten Schluck aus der Tasse, wischte sich mit dem Handrücken den Milchschaum vom Mund. Er steckte das Wechselgeld ein und verabschiedete sich von Ray. Mendiola zog er an sich, roch ihre, nach Jasmin duftende Haut und drückte ihr einem Kuss auf die Wange. Seine Enduro sprang zu seiner Begeisterung beim ersten Versuch an. Sämtliche Papageien, die in den Bäumen saßen, flatterten mit schrillem Gekreische hektisch aus ihren Verstecken. Bestens gelaunt und satt fuhr er die Kumwundlaid Street nordwärts zu seiner Bootsanlegestelle. Am Club-Pacon-Nin angekommen, parkte er das Motorrad unter einer Palme. An diesem natürlichen kleinen Hafen lagen nur wenige Schiffe vor Anker. Er schlenderte Richtung Anlegeplatz, um sein Boot für den neuen Auftrag nochmals zu überprüfen.

»Da bist du ja ONE,« sprach er vor sich hin. Sein ganzes Geld und die gesamte Abfindung, die er als Offizier in der Fremdenlegion verdient hatte, hat er in die AMG Cigarette 515 ONE gesteckt. Dieses Highspeed Geschoss mit zwei Mercury Racing Motoren und insgesamt 1550 PS waren sein ganzer Stolz.

»Jetzt redest du schon mit einem Kanu?« Hörte er eine dunkle Stimme hinter sich.

Francisco drehte sich um. Vor ihm stand der Betreiber des Alibihafens, Moses Mori. Der Einheimische entstammt, so erzählt man sich, einer malten Familiendynastie. Angeblich reicht diese bis zu den Saudeleurs den Stammesfürsten Nan Madols, zurück. Francisco ist schon von seiner Größe und Statur ein Bär. Was dieser Moses Mori zu bieten hat, ist um einiges mehr. Mit seinen 210 cm Körpergröße und 160 Kilo reinsten Muskeln gleicht er einer griechischen Olympiastatue in XXL-Format. Sein Körper ist nahezu perfekt und durch exotische Tattoos auf seiner dunklen Haut, furchterregend. Die fremdartigen Symbole schmücken seinen gesamten Körper. Sein Kopf ist kahl rasiert und hat an den Ohren ebenfalls geheimnisvolle Zeichen. Seinem Hinterkopf ziert ein tätowierter Kreis mit einem weiteren in der Mitte. 8 Zacken in Pyramidenform verlaufen an die äußere Ringlinie. Beim ersten Aufeinandertreffen der beiden, hatte Francisco den Koloss gefragt, um welche Darstellung es sich dabei handelt oder ob dies nur seiner Fantasie entsprungen ist. Die damalige Frage war in einer wilden Prügelei, die keiner für sich entscheiden konnte, unbeantwortet geblieben. Der Insulaner gab sich beleidigt, nicht respektiert. Francisco wiederum verstand nicht im Entferntesten, warum er gezwungen war, sich seiner Haut zu wehren. Das Positive an dieser Begegnung war, dass sie die besten Freunde wurden. Das Negative - bis zum heutigen Tag blieben die rätselhaften Tattoos das Geheimnis des Buddys.

»Du hast Glück, dass ich gut gefrühstückt habe!« Grinsend drohte Francisco mit seinen Fäusten. »Sonst würde ich dich wegen des Kanus, verspeisen!«

»Alles in Ordnung bei dir?« Der Hühne vermochte nicht das schelmische Grinsen zu verkneifen.

»Lass es gut sein Großer, das verstehst du sowieso nicht,« lachte ihn sein Gegenüber an.

»Sind deine Auftraggeber schon eingetroffen, Franco?«

»Nein, sie kommen gegen 10 Uhr am Flughafen an.«

Moses Mori sah Francisco mit zusammengekniffenen Augen an:

»Hast Du dir das gut überlegt?« Seine Miene verfinsterte sich:

»Du weißt nichts über diese Typen und ihre Organisation.«

»Keine Organisation, Stiftung.«

»Umso bedenklicher. Die berappen freiwillig 20 Riesen?« Kopfschüttelnd setzte er fort:

»In der Regel betteln die um Geld, hier stimmt was nicht.« Seinem Gesichtsausdruck war die Besorgnis anzusehen.

»Was soll schon schief gehen? Ich habe alles so gut es ging gecheckt und habe nichts Auffälliges bemerkt. Außerdem haben sie bereits die Hälfte des Geldes überwiesen,« stellte Francisco fest. In Gedanken pflichtete er seinem Freund bei. Normal war dieses Vorgehen nicht.

»Franco, tu mir den Gefallen und pass auf dich auf. Du weißt, Übernachtungen sind auf Nan Madol nicht erlaubt!« Mahnte der Einheimische.

Francisco versuchte, den Einwand zu entkräften:

»Das hat dieser Viktor Clark mit dem Gouverneur geregelt.« Nachdenklich sprach er weiter:

»Sie haben die Erlaubnis von offizieller und höchster Stelle. Ich denke die haben gute Beziehungen.«

»Genau das ist es, was mir Sorge bereitet. Die erkaufen sich Genehmigungen für was?« Die gewaltigen Arme ausgebreitet, unterstrich Mori seine Argumente.

»Um Vermessungen in der Nacht durchzuführen? Das ist nicht der Grund, glaube mir!«

Die Einwände vermochte Francisco nicht von der Hand zu weisen.

»Ehrlich gesagt habe ich auch schon in diese Richtung gedacht. Ich warte mal ab was die vorhaben. Wenn was schief geht, lasse ich sie auf der Insel und hole die Sheriffs.«

Beide standen da und sahen sich an. Moses hob den Daumen seiner rechten Pranke.

»Pass auf dich auf, ich muss jetzt in den Club. Zwei neue Miezen wollen heute Vormittag wegen eines Jobs vorsprechen.«

Francisco verkniff sich eine Bemerkung bezüglich des Castings. Es war ihm klar, dass Moses die zwei Ladys ins Bett schleppen würde. Er sah dem Hünen längere Zeit nach und bewunderte trotz seiner Dimensionen, den pantherhaften und geschmeidigen Gang.

KAPITEL 4

Völlig ausgelaugt und abgehetzt kam Aaron bei seinem Lieblingsitaliener an. Durch die Fensterfront sah er, dass das Lokal zu dieser Zeit beachtlich besucht war. Er zog die dunkle Holztür auf. Sofort schlugen ihm vertraute Gerüche entgegen. Es duftete nach frischem Basilikum, Oregano, Thymian und anderen Kräutern. Kaffeegeruch und viele nicht definierbare Aromen strömten in die Nase. Auf dem Tresen standen zwei Teller mit gebratenem Fisch und Rosmarinkartoffeln zur Weiterreichung an die Gäste bereit. Beim Anblick des Gerichtes lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Diese wohligen Eindrücke ließen seine Nerven einigermassen entspannen. Gleichzeitig gab sein Magen ein tiefes Grummeln von sich. Auf seinem Stammplatz saß ein Pärchen, das händchenhaltend und völlig verliebt, die vor ihnen auf dem Tisch liegenden Pizzas, ignorierte. Er verzog das Gesicht: Na prima. Haut doch ab. Was macht ihr hier? Die Pizza ist eh schon kalt. Verschwindet nach Hause zum Kuscheln!

Er sah sich im restlichen Gastraum um und entschloss sich stattdessen für den Tisch vor dem Fenster, wo er einen besseren Blick in das Lokal hatte. Stefano, der Kellner grüßte ihn von der Antipasti Bar aus, mit einem Handzeichen. Aaron setzte ein Grinsen auf und erwiderte den Gruß mit einem Kopfnicken. Er hatte kaum Platz genommen, stand Alfredo der Wirt, sein bester Freund neben ihm. Aaron hatte vor 10 Jahren für dessen Onkel, Pizzas mit dem Moped ausgefahren. Dadurch hatte er den Römer kennengelernt. Eine enge Freundschaft verbindet die beiden seit dieser Zeit. In seiner Jugend war der Italiener ein vielversprechendes Fußballtalent, der einen Profivertrag bei Herta BSC unterzeichnet hatte. Eine schwere Verletzung des rechten Knies beendete diese Karriere über Nacht. Heute hat er einen Ball unter dem T-Shirt, witzelt er, wenn es um seinen Bauch geht. Obwohl er schon lange in Berlin lebt, verschluckt er immer das „N“ am Ende eines Wortes oder er fügte willkürlich ein „E“ an. Der klassische Charme des italienischen Akzents.

»Ciao Bello, na wie ise dik heute gegange mite deine Forschunge?«

»Ciao, Amico mio,« erwiderte Aaron. »Kannst du mir zuerst mal einen Espresso Doppio bringen?«

Alfredo hob die Augenbrauen: »Gleiche so schlimme?« Fragte er, wobei er das „so“ übertrieben in die Länge zog. »Certo. Kommte pronto.«

Aaron beobachtete die anderen Gäste. Rechts neben sich sah er zwei Männer über einem iPad diskutieren. Einer der beiden sah zu ihm herüber. Ein kurzer Augenkontakt, leichtes Kopfnicken. Daraufhin wandte er sich wieder zum Bildschirm. Weitere Gäste unterhielten sich, verzehrten die Köstlichkeiten, die ihnen Alfredo kredenzte. Der in Roms Stadtteil Trastevere Geborene, war in seinen Augen ein Künstler seines Fachs. Die Speisen, die er zubereitete, waren immer etwas Besonderes.

»So, deine Espresso extra grande, wase ise lose?« Der Wirt zog einen Stuhl beiseite und setzte sich gegenüber von Aaron, stellte sein eigenes Getränk, einen Merlot auf den Tisch und sah ihn erwartungsvoll an.

»Darf ich vorher erst mal was Essen?« Theatralisch fügte er hinzu, »sonst verhungere ich!«

»Stefano!« Rief Alfredo durch den Raum. Der Kellner kam sofort um die Ecke und stand neben den beiden. »Der Err wille wase bestelle!«

»Ciao Stefano, ich nehme Calamari Fritti mit einem gemischten Salat und ein großes Wasser naturale, per favore!« Der Ober tippte alles in seinen PDA ein, bedankte sich schnell mit »Grazie mille« und bewegte sich Richtung Bartresen. Alfredo saß da und fixierte gespannt sein Gegenüber. Aaron amüsierte die Situation. So kannte er seinen Freund gar nicht. Er war nicht der Mann, der fortweg fragte.

»Wer macht jetzt meine Calamari wenn du hier sitzen bleibst?«

»Maria,« erwiderte er trocken, ohne den starren Blick aufzuwenden.

»Jetze komme endlik zu die Sache.« Er untermauerte seine Aufforderung in dem er beide Handflächen aneinandergelegt, fest auf und ab wippte.

»Also gut.« Aaron sah sich um. Flüsternd legte er los:

»Mir ist heute was Unglaubliches passiert, das ich nicht richtig erklären kann!«

»Echte, jetzt?« Alfredo rückte nah an den Tisch und starrte Aaron mit großen Augen an.

»Ich habe alle Möglichkeiten, keine Ahnung wie oft versucht und dann, plötzlich ...!« Aus dem Nichts schoss ihm ein bekannter Satz, den er heute schon zweimal gehört hatte wie ein Blitz durch den Kopf:

„ila-am-ma-da-nu-un-ma wa-ar-din ip-lah be-lum“

Er zuckte unweigerlich zusammen. Alfredo bemerkte es augenblicklich.

»Wase ise los, gehte dik nikte gute?«

Aaron saß da und hielt sich den Kopf mit beiden Händen. Was geschieht hier? Er suchte nach Erklärungen. Diese verdammten Worte. Ich verstehe sie nicht! Urplötzlich übermannten ihn monströse Kopfschmerzen.

»Keine Ahnung,« hörte er sich selbst sagen »ich habe nur einen Brummschädel, vielleicht habe ich einen Migräneanfall!«

Alfredo der ihn verwundert ansah, schüttelte den Kopf.

»Du und Migräne, seite wanne? Du haste dok nie Schmerze. Nichte male wenne wir 2 Litri di Vino tanke!« Dabei zeigte er seine strahlenden Zähne, auf die er so stolz ist.

Aaron, der weiterhin verkrampft den Kopf in beiden Händen festhielt, vernahm eine neuerliche Nachricht, die all seine anderen Gedanken verscheuchte:

Erkenne Sklave, ehre meinen Herrn!

Nach wenigen Sekunden folgte:

Das ist der Satz, den ich dir heute mehrmals gesagt habe, in deiner Sprache!

»Wer spricht da?! Was hat das zu bedeuten?!«

Augenblicklich war es in der ganzen Trattoria still und alle Gäste sahen zu ihm hinüber. Alfredo, der erschrocken wegen Aarons unvermittelten Schreiens mit seinem Stuhl nach hinten gerutscht war, drehte sich in den Raum um und versuchte, die Anwesenden wieder zu beruhigen.

»Alles Gute, er hate eine Migräne, alles Gute!« Beschwichtigend bewegte er seine Hände auf und ab.

»Stefano! An jede die Gäste eine Limoncello sulla casa!«

Aarons Stirn lag auf der Tischplatte, die Ellbogen schützend an die Seiten gepresst. Er bekam von seiner Umgebung nichts mehr mit. Die Kopfschmerzen, die mit den Worten einhergingen, waren fast unerträglich. So abrupt, wie sie kamen, waren sie schlagartig weg. Ungläubig, vorsichtig hob er langsam den Kopf vom Tisch und löste seine Hände. Sein Blick war durch die Schmerzen ein wenig getrübt. Er versuchte sich, zu orientieren und fixierte den Wirt. Nein, es war nicht sein bester Freund, den er ansah. Direkt hinter Alfredo stand etwas, das aussah wie ein Mensch, ein überaus großes Exemplar. Die Luft um ihn herum flimmerte, wie wenn das Wesen aus einer anderen Dimension sei. Seine Augen hatten ein glühendes Grün. Panik breitete sich bei Aaron aus. Sein Puls schnellte in die Höhe, die Hände waren feucht. Schweiß zeichnete sich auf der Stirn und in der Achselgegend ab.

»Jetzt siehst du mich Sklave!« Vernahm er eine dunkle, dröhnende Stimme. Aaron, der diesem Wesen direkt in die funkelnden grünen Augen sah, bemerkte, dass es nicht seine Lippen bewegte, wie es zu ihm sprach.

»Wer, wer bist Du? Was soll das?« Stotterte Aaron eingeschüchtert los.

»Were? Ik bine Alfredo!«

»Nein ich meine nicht dich, sondern den hinter Dir!« Der Gastwirt drehte sich erschrocken um.

»Wase meinste du?« Fragte er verwirrt.

Gehetzt schaute sich Aaron ebenfalls um, aber er sah bloß in die verdutzten Gesichter der anderen Gäste. Er registrierte nur flüchtig, dass die beiden Männer mit ihrem iPad nicht mehr da waren, nur das Tablet lag noch auf dem Tisch.

Sie vermögen mich nicht zu sehen. Außer, du wünscht es so. Die grellen, grünen Augen strahlten ihn an. Dann ist es aber erforderlich, sie alle zu vernichten. Hörte er wieder diese drohende Stimme mit einem leichten, mitleidigen Unterton in seinen Gedanken.

»Nein auf keinen Fall!« Brüllte Aaron und sein Kopf schnellte wieder zu dem Wesen »lass sie in Ruhe, sie haben dir nichts getan!«

Alfredo, der mittlerweile Angst um seinen Freund bekam, stand auf und bewegte sich um den Tisch herum auf ihn zu.

»Wase ise los mite dik, wase hate nikt gemachte? Wenn willste ine Ruhe...« In seiner Bewegung blieb er auf einmal wie angewurzelt stehen. Er verharrte in der Position, die er eingenommen hatte.

Aaron beobachtete dies alles von seinem Stuhl aus. Unfähig sich zu rühren, sah er seinen Freund und sämtliche Personen des Lokals innehaltend wie Wachsfiguren. Sie saßen an den Tischen. Manche mit offen Mündern, die Gabeln bereit, die aufgeladenen Speisen dem Gaumen zuzuführen. Andere standen bewegungslos im Raum. Das Gesamte hatte die Ähnlichkeit einer 3-D Aufnahme. Urplötzlich war die Gestalt klar und deutlich zu sehen. Unmittelbar schoss es ihm in den Sinn:

Auf uralten Steinreliefs aus Sumer und Babylon wurden Wesen dargestellt, die übermächtig wirken. Seine Augen scannten die unbekannte Erscheinung von oben nach unten. Voller Ehrfurcht konzentrierte er sich auf Details: Es war ein Riese, gigantisch seine Größe und seine Ausstrahlung. Er hatte einen weißen Ganzkörperanzug mit azurblauen Protektoren an, geschmückt mit goldenen unbekannten Zeichen. Der gleichfarbige Umhang reichte fast zum Boden. Ein Stirnreif, der ähnlich einer Krone war, bändigte die langen, geflochtenen Haare. Seine breiten Armbänder an den Unterarmen leuchteten in verschiedensten Farben. Die unzähligen Dioden darauf bewegten sich wie bei einer Lichterorgel, rauf und runter. Er stand in voller Pracht in kniehohen Stiefeln vor Aaron und fixierte ihn mit seinen funkelnden Augen.

Er sieht aus, wie das Abbild, einer in Stein gehauenen Relieffigur der alten Völker. Er war wie hypnotisiert. Die kleinsten Details hatten die frühzeitlichen Steinmetze nicht ausgelassen. Die Haare. Den langen Umhang. Armbänder, Stiefel, sogar die Größe haben sie perfekt dargestellt Voller Respekt und Furcht, mit weit aufgerissenen Augen starrte er den Titanen an. Es ist doch nur ein Mythos...? Seme Gedanken überschlugen sich. Und trotzdem steht ein göttliches Wesen leibhaftig vor mir!

KAPITEL 5

Zwei dunkelblaue SUVs fuhren mit hoher Geschwindigkeit Richtung der Anlegestelle. Francisco war auf dem Boot und tippte die letzten GPS-Daten ins Navigationssystem ein. Aus den Augenwinkeln beobachtete er die Ankommenden. Sekunden später hielten die Fahrzeuge an. Die Seitentüren wurden geöffnet. Fahrer und Beifahrer stiegen synchron aus. Den Finger auf dem Display sah Francisco durch seine Sonnenbrille zu den beiden Gestalten.

Das sind niemals Wissenschaftler!

Aus einer der hinteren Türen stieg ein mittelgroßer Mann aus. Im Mundwinkel kaute er lässig auf einer dicken Zigarre. Seinem Auftreten und der Kleidung zu urteilen, vermutlich Viktor Clark, der Auftraggeber. Er sah zum Boot hinüber. Seine RayBan - Sonnenbrille schob er leicht nach unten. Sofort setzte er ein breites Lächeln auf. Die Brille in die Haare gesteckt schritt er zielstrebig auf den Bootseigner zu.

»Sie müssen Mr. Rojas sein!«

»Schön Sie zu sehen Mr. Clark!« Erwiderte er. »Hatten Sie einen guten Flug?«

»Sagen Sie bitte Viktor zu mir, darf ich Sie Francisco nennen?« Mit einem zur Seite gekippten Kopf grinste Clark ihn an.

»Natürlich Viktor«, entgegnete dieser und zeigte einladend mit der Hand auf die Brücke.

Clark verstand sofort und balancierte über die Gangway an Bord. Beide schüttelten sich die Hände und sahen sich dabei direkt in die Augen. Der Gast ergriff das Wort

»Ich liebe dieses Boot jetzt schon, es ist fantastisch.« Voller Begeisterung ließ er folgen: »Wie schnell kann es fahren?«

Francisco, der die anderen 4 Mitglieder des Teams unauffällig im Blick hatte, begab sich ein Stück näher zur Steuerzentrale der ONE.

»Sie werden es erleben. Ich denke, fahren ist der falsche Ausdruck.« Über beide Ohren grinsend legte er nach: »Es ist mehr wie fliegen!«

In der Zwischenzeit hatten die Mitarbeiter von Clark das gesamte Gepäck aus den Fahrzeugen entladen und waren bereit, es an Bord zu bringen.

»Hey Skipper, wo sollen wir unser Equipment verstauen,« rief ein breitschultriger, mit dicken Oberarmen ausgestatteter Militärtyp, zum Boot herüber. Francisco zeigte ihm die Luke in den Frachtraum, der für dieses Schnellboot wieder erwarten geräumig war. Nach einer viertel Stunde waren alle Mann der Megalithic-Foundation-Southamerica an Bord. Die ganze Truppe stand erwartungsvoll vor dem Eigner und bestaunte das Boot. Wiederum war es Clark, der das Wort ergriff.

»Darf ich Ihnen Meine Kollegen vorstellen: dieser Gentleman ist Samuel Rodriguez, unser Computerspezialist.« Ein leichtes Kopfnicken war die einzige Regung des Vorgestellten.

»Der mit dem Baseballcap hier, ist Architekt Alejandro Garcia. Zu meiner Linken, Geologe Santiago Martinez,« der bei Nennung seines Namens die Hand hob.

»Als letztes, Lucas Sanchez, Professor der Geothermie.«

»Willkommen an Bord, ich bin Francisco, Touristenguide!« Entgegnete er ohne jegliche Regung. »Suchen Sie sich einen Platz, schnallen Sie sich an und schon kann es los gehen!«

Jeder von ihnen gesellte sich zu einem der 5 Sitzplätzen. Clark nahm den vordersten neben Francisco. Die restliche Crew verteilte sich auf die im hinteren Teil des Bootes befindlichen Sportsitze. Die Sitzbezüge der Sessel sind aus feinsten Alcantara-Fasern in weißgrauer Farbe verarbeitet. An den Armlehnen bestand die Möglichkeit, durch Bedienung eines Druckmechanismus versteckte Getränke- sowie Handyhalter hervorspringen zu lassen. Nachdem alle ihre komfortablen Positionen einnahmen, der eine oder andere seine Flasche in der Vorrichtung arretiert hatte, drückte Francisco den Startknopf. Mit einem ungeheuerlich tiefen Blubbern ertönten die beiden Mercury-Motoren. Jedem der Fahrgäste merkte man schlagartig die Anspannung an. Den einem gefror das Lächeln, die anderen zogen vorsichtshalber ihre Gurte fester. Die ONE glitt langsam aus der Bucht. Ohne jegliche Vorwarnung gab Francisco Vollgas. Die Motoren, mit ihren 5-Blatt-Edelstahl-Propellern, erzeugten einen enormen Schub. Der angebliche Computerspezialist Rodriguez war kurz davor, ohnmächtig zu werden und zwei weitere seiner Kumpane, hatten Probleme ihr Mittagessen im Magen zu behalten. Ausgenommen Viktor Clark. Der hatte sichtbar Spaß an dieser Geschwindigkeit, die das Boot erreicht hatte.

»Das ist fantastisch, Sie hatten recht, sie fliegt über das Wasser! Was für eine Rakete, klasse! Lass es richtig krachen!« Schrie Viktor gegen den Motorenlärm in Richtung des Cockpits.

Francisco lächelte vor sich hin und betätigte mit dem rechten Zeigefinger den Turboknopf. Im gleichen Moment drückte die ONE das Heck tiefer ins Wasser und hob den Bug weiter nach oben. Dieser neuerliche Druck war dann für Clark to much. Krampfhaft klammerte er sich an den Armlehnen fest, saß wie angewurzelt in seinem Sitz. Das Lächeln aus dem Gesicht änderte sich zu einem panischen Ausdruck mit weitaufgerissenen Augen. Starr, unfähig zu blinzeln. Das Highspeedboot schoss über das Wasser. Nach einer halben Stunde war die Show zu Ende. Francisco drosselte den Motor und ließ das Boot dahingleiten. Alejandro Garcia, der seine angeborene Bräune langsam wiedererlangte, schrie von hinten.

»Hast du einen Knall?« Er wischte sich zittrig den Angstschweiß von der Stirn.

»Was soll diese Scheiße?! Willst du uns umbringen?!« Die anderen machten sich, da alles wieder gemächlicher voranging, bemerkbar. Das Team schlug in die gleiche Kerbe wie Garcia. Viktor Clark, der versuchte, seine vorherige Panik so unauffällig wie möglich zu überspielen, mischte sich ein.

»Gentleman, bitte das war doch ein irrer Ritt!« Mit einem gekünstelten Grinsen zeigte er mit der Hand zur rechten Seite:

»Das sollte jeder mal gemacht haben. Außerdem sind wir bereits da. Sehen sie - vor uns liegt: Nan Madol!«

Aus ihrer Position sahen sie die Megalithbauten und die Mauer, mit der diese geheimnisvolle Stadt seeseitig umgeben war. Francisco steuerte sein 16 Meter langes Boot an einen Steg und lies es von Garcia und Martinez am Bug und Heck festmachen.

»Wir sind da, hier ist Madol Pah der "Untere Raum” wie Sie es gewünscht haben,« ließ er seinen Auftraggeber wissen.

»Sehr gut, packt alles auf die Insel und schlagt das Lager auf, um 1500 will ich alles Betriebsbereit haben,« befahl Viktor.

Francisco, der sich nichts anmerken ließ, wurde in seiner Ahnung bestätigt:

Das sind keine Wissenschaftler. Ein Wissenschaftler würde niemals „fünfzehn Hundert Uhr“ sagen.

KAPITEL 6

Aaron, weiterhin unfähig sich zu bewegen, zitterte am ganzen Leib. Eingeschüchtert sah er dem Riesen ins Gesicht und fragte zaghaft:

»Wer bist du?«

Die Strahlkraft der Augen des Wesens nahm zusehends zu und wurde kräftiger. Aaron hörte erneut dessen dröhnende Stimme in seinem Kopf:

»Es ist nicht nichtig, wer ich bin, sondern wer du bist!«

»Was soll das ... ich verstehe nicht ... überhaupt nichts!« Stotterte er. »Ich ... ich bin Aaron?«

»Das Meine ich nicht und du spürst es auch, das kann ich fühlen!«

Aaron, der eine Heiden Angst gegenüber dem Fremden empfand, versuchte, die Worte zu ordnen.

Ich? Wer bin ich? Ein Produkt meiner Eltern ...

Seine Gedanken blieben an seiner Mutter Lilith hängen. Sie war vor Kurzem nach schwerer Krankheit verstorben. Er vermisste sie fürchterlich.

Warum heißt du Chiron? Wurde er aus seinen Überlegungen gerissen.

»Woher kennst du den Namen?«

Ich habe dich gefragt, warum heißt du Chiron? Dieses Mal begleitet, mit einem heftig stechenden Schmerz in den Schläfen. Aaron vermochte seine Hände nicht zum Kopf zu heben und schrie auf. Ihm wurde augenblicklich klar, dass er sich den Fragen des Wesens besser fügen sollte.

Zum ersten Mal sah Aaron, dass sein Gegenüber den Mund bewegte und er seine Stimme hörte:

»Warum heißt du Chiron?«

»Was weiß denn ich?! Meine Mutter gab mir diesen Namen!« Verzweifelt sprangen seine Gedanken hin und her.

»Keine Ahnung was sie dazu bewogen hat. Ich habe ihn mir nicht ausgesucht!«

»Mein Name ist Ugala und er hat eine Bedeutung, welche hat deiner, Chiron?«