Das Reisebuch Italien - Herbert Taschler - E-Book

Das Reisebuch Italien E-Book

Herbert Taschler

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Beschreibung

Gondeln Sie durch Venedig, wandern Sie im Aostatal, besuchen Sie kulturelle Highlights in Florenz, Rom und Pisa. Genießen Sie Gelato, Pizza und Cappuccino oder die italienische Sonne an den Stränden Siziliens. In Italien gibt es Urlaubsziele für ein ganzes Leben. Dieses Reisebuch stellt die schönsten Rundreisen durch Italien vor und enthält viele Nationalparks und Sehenswürdigkeiten. Bildband-Fotografien inspirieren zum perfekten Urlaub.

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DAS REISEBUCHITALIEN

Die schönsten Ziele entdeckenHighlights, Nationalparks und Traumrouten

INHALTSVERZEICHNIS

Übersichtskarten

Ein Stiefel namens Italia

ALPEN

1Bozen – Viel mehr als nur Südtirols Hauptstadt

2Drei Zinnen – Der berühmteste Dreizack der Alpen

3Meran – Nostalgie und Moderne

4Das Schnalstal im Vinschgau – Zwischen Tradition und Moderne

5DIE GROSSE DOLOMITENSTRASSE

Das 100-Kilometer-Kurvenkarussell quer durch die »Bleichen Berge«

6Seiser Alm und Schlern – Bunte Wiesen und grauer Fels

7Schloss Trauttmansdorff – Wo es grünt und blüht

VOM GARDASEE NACH VENEDIG

8Der Gardasee – Ein See wie aus dem Bilderbuch

9Brescia – Kunst und Antiquitäten

10Verona – Die Schöne an der Etsch

DIE SÜSSEN HERZKIRSCHEN VON MARÓSTICA

Weißes Blütenmeer im Frühjahr

11Bassano del Grappa – Keine Schnapsidee

12Vicenza – Die Stadt von Starbaumeister Palladio

13Padua – Nicht nur ein Ort für Pilger

14Der Brentakanal und seine Residenzen – Eine Villentour

15Venedig – La Serenissima

16INSEL-HOPPING AUF VENEZIANISCH

Die vorgelagerten Lidi

17Die Insel Murano – Nicht nur Glas

18Die Insel Burano – Fast schon ein Insidertipp

19Triest – Eine Stadt mit besonderem Charme

20Grado – Ein Juwel in der Lagune

LOMBARDEI, AOSTATAL, PIEMONT UND LIGURIEN

21Lago d’Iseo und die weinselige Franciacorta

22Lago di Como – Der Alpenfjord

23Lago Maggiore – Zwei Länder, ein See

24NICHT SEHR SCHWEIZERISCH

Mit dem Boot auf dem Lugano-See

25Mailand – Eine Metropole mit vielen Gesichtern

26Das Aostatal – Wildes Italien und Natur pur

27Turin – Metropole zwischen Alpen und Po

MTB-PARADIES PIEMONTESER ALPEN

Unterwegs auf den alten Militärstraßen

28Alba – Mittelalterliche Türme, Nutella, Wein und weiße Trüffel

29Langhe und Roero – Berühmte Weinroute

30Ventimiglia – Ein Brite und sein Traumgarten

31San Remo – Nicht nur Schlagerhochburg

GROTTEN-DREIKLANG – TOIRANO

Die schönsten im ligurischen Hinterland

32Genua – La Superba, die großartige

33Portofino – Nicht nur für Herzensbrecher

34Lérici – Kastellbewacht im Golfo dei Poeti

35Cinque Terre – Fünf Schwalbennester über der Küste

36Mantua – Die Stadt der Gonzaga

EMILIA ROMAGNA

37Parma – Mehr als Parmesan, Parmaschinken und Parmigianino

VIVA VERDI

Was wäre die italienische Oper ohne ihn?

38Módena und Maranello – Aceto Balsamico und Formel 1

39Bologna – Rot, gebildet und fett

40VON STADT ZU STADT

Tour von Bologna zur Adria

41Ferrara – Stadt der Radfahrer

42Ravenna – Die Stadt der Mosaiken

43Rimini – Weit mehr als nur für den Strandurlaub

TOSKANA, UMBRIEN UND DIE MARKEN

44Florenz – Die Wiege der Renaissance

45Arezzo – Geschichte, Gold und Antiquitäten

46Chianti – Im Land des guten Weines

47Siena – Meisterwerk der Gotik

DIE GEHEIMNISVOLLE WELT DER ETRUSKER

Spuren ihrer Kultur und Architektur

48Die Crete und Monte Oliveto Maggiore – Goldbraune Schönheit

49Montalcino und Sant’Antimo – Im Reich des Brunello

50Lucca – Geheimtipp hinter mächtigen Mauern

51San Gimignano – Die Stadt der Türme

52Pisa – Das Wunder des Campo dei Miracoli

53Die Maremma – Das unberührte Herz der Toskana

54Elba – Grüne Insel im Tyrrhenischen Meer

55Giglio – Bunte Insel, blaues Meer

56Perugia – Eine der beliebtesten Studentenstädte Italiens

57Assisi – Die Stadt des Heiligen Franziskus

58Urbino – Im Schatten des Palazzo Ducale

59LAGO TRASIMENO

Wo Hannibal durch eine geniale Umzingelung siegte

60Orvieto – Mit der Rolltreppe ins Mittelalter

61Nórcia – Die Stadt des heiligen Benedikt

62Senigallia – Sommerfrische an der Adriaküste

63Ancona – Die Schöne am Monte Conero

64San Marino – Klein, aber oho

LATIUM

65Lago di Bolsena – Europas größter vulkanischer See

66Rom – Metropole mit 3000 Jahren Geschichte

WEINREGION LATIUM

Italiens eher unbekanntes Winzerterritorium

67Forum Romanum und Kolosseum – Nabel der antiken Welt

68Trastevere – Urrömisches Flair und Quelle der Renaissance

69Piazza Navona – Ein Platz zum Träumen

70Die Fontana di Trevi – Brunnen der Sehnsucht

71Sankt Peter und Vatikanische Museen – Mittelpunkt der Christenheit

72VOM LIDO DI TARQUINIA NACH BOMARZO

Ausflugsfahrt durch Latium

73Engelsburg und Engelsbrücke – Einzigartige Zeugnisse der Antike

74Tivoli und seine Villen – Sommerfrische der Herrscher

75Frascati – Erholung auf dem Hügel

NEAPEL, KALABRIEN UND APULIEN

76Paestum – Magna Graecia

77Neapel – Sehen und sterben?

78VON NEAPEL ZUR HALBINSEL VON SORRENT

Vom Vulkan bis zum Kap

79Pompeji – Spaziergang in die Antike

80Vesuv – Die schlummernde Naturgewalt

81Capri – Der wahre Inseltraum

82Costiera Amalfitana – Die schönste Küste der Welt?

83Sorrento – Im duftenden Zitronengarten

84Die Costa dei Cedri – Ein Traum in Blau

85Der Gargano – Des Stiefels Sporn

GALLÍPOLI UND SEINE UNTERIRDISCHEN ÖLMÜHLEN

Die Stadt des Lampenöls

86Bari – Apuliens quirlige Kapitale

87Matera – Die wundersame Welt der Höhlenwohnungen

88Cosenza – Stadt der Kontraste

89Lecce – Hauptstadt des Barock

90Im Land der weißen Trulli – Alberobello und seine Schwestern

91Nationalparks in Kalabrien – Der wilde Süden

SIZILIEN

92Palermo – Das goldene Erbe des Mittelalters

93Lo Zingaro – Ein Traum von einem Naturreservat

94Selinunt und Sciacca – Griechische Tempel und Thermalquellen

95ZU FUSS DURCH SIZILIEN

Wandern gehört zur Tradition

96Agrigent – Das 2500 Jahre alte Akragas

97Ätna – Ein Superlativ der Natur

98Taormina – Die Grande Dame auf dem Berg

SIZILIEN KANN WIEDER MIT LUXUS PUNKTEN

Die Grandhotels Villa Igiea und San Domenico Palace sind wiedereröffnet

99Lipari – Die Chefin im Archipel der Äolen

100Stromboli – Die Faszination eines Vulkans

SARDINIEN

101La Maddalena – Wer ist die Schönste?

102TACCHI D’OGLIASTRA

Fahrt zu den bizarren Felsbrocken

103Costa Smeralda – Die exklusive Küste

104Stintino – Das Paradies kann warten

SA PRIMA ESSIA, SA SARTIGLIA, SANT’EFISIO

Sardinien ist bekannt für seine vielen Feste

105Alghero – Im Zeichen der Krone von Aragón

106Bosa – Burg mit malerischer Altstadt

107Costa Verde – Fast wie in der Sahara

108Cagliari mit Castello-Viertel – Alt trifft modern

109Golfo di Orosei – Wilde Schönheit

Straßenkarten

Register

Die Autoren

Text-/Bildnachweis

Impressum

Pastaherstellung im Piemont. Die Mille Miglia, die in Brescia startet und endet. Wandschmuck an der Amalfi-Küste. Gondeln in Venedig. Italiener lieben Schuhe! Heiliger vor San Paolo Maggiore, Neapel (von links nach rechts).

Wurst und Schinken schmeckt nicht nur in der Region Parma. Die Blaue Grotte am Kap Palinuro, Cilento. Zu Gast im Weingut Bellavista, Franciacorta. Dächer der Trulli-Rundhäuser in Alberobello. Zitronen-Bild in Positano, Amalfi-Küste. Pizza Napoletana (von links nach rechts).

Morgennebel über dem Toblacher See. Von Süden öffnet sich das Höhlensteintal; links die markante Nasswand

EIN STIEFEL NAMENS ITALIA

Bel Paese, schönes Land, das ist keineswegs eine neuzeitliche Liebeserklärung an Italien. Schon Dante und Petrarca besangen so ihr Heimatland und schließlich Goethe, als er 1786 endlich aufbrach zu seinem Sehnsuchtsziel. Doch allein die Länge des »Stiefels«, der knapp 1200 Kilometer von den Alpen bis weit ins Mittelmeer ragt, macht deutlich, dass es bei einer Reise allein nicht bleiben kann.

Eine Bucht für jede Italien-Sehnsucht, am Gargano mit den Tremiti-Inseln ganz leicht zu finden – Blick von San Domino auf San Nicola.

Und das ist gut so. Denn »das Land, wo die Zitronen blühn« bietet mehr als nur Sonnenschein und die Hinterlassenschaft der Antike, was Goethes Hauptgrund war, überhaupt nach Italien zu reisen. Alles, was nicht antik war, hatte er möglichst schnell durchreist. Sogar Venedig! Für uns selbstverständlich eines unserer Highlights in diesem Band, der eigentlich weit umfangreicher sein könnte, so vielfältig ist Bella Italia oder Bel Paese, das schöne Land. In der UNESCO-Weltkulturerbeliste hält Italien schon lange mit mehr als einem halben Hundert Welterbestätten den ersten Platz. Die allererste Wahl fiel in Italien 1979 auf die Felsenbilder der Valcamonica in der nördlichen Lombardei, die übrigens noch immer die meisten Stätten zählt, noch vor der Toskana!

Von den Alpen bis zum Tosko-Emilianischen Apennin

Unser Auswahlkriterium? Sehr bekannte Gebiete und Ortschaften, die nicht fehlen dürfen, wenn Italien dargestellt wird, aber dazu beispielsweise einige Metropolen der Lombardei wie Mailand, die Regionalhauptstadt. Und Mantua? Die Stadt der Gonzaga mit ihren wunderbaren, vom Mittelalter geprägten Plätzen, dem Palazzo Ducale mit seinen mehr als 50 Räumen voller Kunst und Geschichte wie Mantegnas Camera degli Sposi oder dem Palazzo Tè am Rande, in dem Giorgio Romano sein Bestes gab, Park und Fischteiche inbegriffen. Fast alle oberitalienischen Seen liegen übrigens in der Lombardei, im Osten teilt sie sich den Gardasee mit dem Veneto, im Westen den Lago Maggiore mit dem Piemont (und der Schweiz). Der Comer See in der Mitte, aber der Iseo-See mit der größten und höchsten Insel in einem europäischen See?

Ganz im Westen versteckt sich das kleine Aostatal und teilt sich ab dem Mont Blanc die französische Grenze weiter südlich mit dem riesigen Piemont und dem Regenbogen namens Ligurien, dessen Mitte Genua, die Stolze, beherrscht und in dessen Osten die Cinque Terre und Portofino garantiert weitere Sehnsuchtsziele sind.

Venedigs Piazza San Marco vor der gleichnamigen Kathedrale gehört zum Pflichtbesuch in der Lagunenstadt.

Feinschmecker zieht es aber auch auf die Obst- und Gemüsemärkte.

Stille Buchten an der langen Küste des italienischen »Stiefels« laden zum Baden ein.

Zentrum der Emilia Romagna ist die »rote, fette, gebildete« Regionalhauptstadt Bologna mit ihren kilometerlangen Laubengängen und Fressgassen voller kulinarischer Spezialitäten, die mehr sind als Bologneser Soße. Richtung Apennin lassen die meisten Italienreisenden Modena im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, nämlich links der Autobahn. Das hat Modena mit seinem großartigen Dom und dem hoch aufragenden Campanile wirklich nicht verdient. Fast ist das benachbarte Maranello Richtung Apennin bekannter, die Rennfahrerstadt mit dem allgegenwärtigen, sich aufbäumenden Pferd von Ferrari; und Parma, für Kunstkenner eine Pflichtübung, ebenso wie für Musikliebhaber auf den Spuren Verdis; Ferrara mit seiner schönen Stadtmauer als Sitz der Este, das Ravenna der Mosaiken, Rimini, Fellini wegen und als Synonym für Badeferien an der italienischen Adria.

Außerdem Venetien, italienisch Veneto, vom Gardasee bis Venedig und bis hinauf in die Venetischen Alpen, wo Tizian das Licht der Welt erblickte; Verona mit seiner Arena und der bekanntesten Liebesgeschichte der Welt – Romeo und Julia; Padua mit großartigen Marktplätzen, dem aufregendsten anatomischen Saal und Giottos unnachahmlichen Fresken in der Cappella degli Scrovegni. Dann die Goldstadt Vicenza, vom begnadeten Architekten Palladio geprägt, der in Villen und Palästen bis in den Brentakanal (und am Rande Venedigs) seine Handschrift hinterließ. Aber Bassano del Grappa? Im benachbarten Friaul ganz im Nordosten fungierte Triest als Scharnier zwischen Nord und Süd, dem Land und dem Meer. Doch Grado auf seiner kleinen Insel haben vor allem die dicht beisammenstehenden sakralen Bauten geprägt.

Im Zentrum Toskana, Umbrien und die Marken

Die Toskana ist mehr als nur Florenz, die Wiege der Renaissance mit der herrlichen Inkrustation ihres sakralen Zentrums um den Dom und das runderneuerte Museo Diocesano. Florenz ist auch Zentrum modischer Accessoires und der Mode überhaupt mit den Pitti-Messen, und eine beliebte Universitätsstadt mit vielen Sprach- und Kulturinstituten. Die Stadt hat seit jeher berühmte Rivalinnen: Lucca auf römischen Fundamenten, das gotische Siena und das etruskische Arezzo mit Piero della Francescas Fresken in der Chorkapelle von San Francesco, vor allem aber die einstige Seemacht Pisa mit ihrer prächtigen Piazza dei Miracoli mit dem »geneigten« Glockenturm.

Sehnsucht nach schönen Landschaften wecken die sanft hügeligen Crete und die dichten Wälder der Maremma, zu Weinreisen verlocken Chianti und Montalcino und vielleicht auch das turmreiche San Gimignano wegen seines strohgelben Vernaccia. Vorgelagert sind Napoleons kurzzeitige Zufluchtsinsel Elba und das sehr hübsche, eigenwillige Giglio. Umbriens Städte wie Perugia oder Orvieto, die sich stolz auf ihren Tuffhügeln erheben, sind unverkennbar etruskischen Ursprungs, aber danach hat der heilige Franz von Assisi die Region mit zahlreichen Kirchen und Klöstern geprägt. Am Rande duckt sich Norcia innerhalb seiner Mauern – aus leider berechtigter Angst vor Erdbeben. Doch die Stadt von Europas Patron Benedikt lässt sich nicht unterkriegen und steigt jedes Mal wieder wie ein Phoenix aus der Asche. Die benachbarten Marken haben einen Herzeigeort, die fürstliche Residenz Urbino, ein Gesamtkunstwerk der Renaissance. Und das nahe San Marino auf hohem Felsen ist stolz darauf, die älteste Republik der Welt zu sein – und selbständig.

Rom und der Süden

Das alte Rom hinterließ nicht nur das Forum Romanum, das Kolosseum und die Trajanssäule, die Caracalla-Thermen, die vielen Tempel und, und … Auf Schritt und Tritt gibt es etwas zu entdecken, auch aus späteren Epochen wie den Vatikan mit seinen unglaublichen Museen und die Engelsburg, das im Zuckerbäckerstil errichtete Vittoriano für Vittorio Emanuele II, den ersten König Italiens, die Piazza Navona mit ihrem großartigen Brunnen und erst die postkartenschöne Spanische Treppe! Weiter südlich breitet sich der Golf von Neapel mit der alten Stadt der Krippenbauer zu Füßen des Vulkans Vesuv aus, hinter dem Sorrento und die Amalfitana weitere Sehnsüchte wecken nach Zitronenduft und Dörfern an steilen Hängen oder einfach nach dem Dolcefarniente unter südlicher Sonne oder klaren Sternennächten zu Mandolinenklängen. Gegenüber Capri und am Horizont Ischia und Procida.

Sozusagen auf der Rückseite des Stiefels breitet sich Apulien mit seiner interessanten Metropole Bari aus, den Dörfern Alberobello und Locorotondo mit ihren kegelförmigen Trulli und den riesigen Ölbaumplantagen auf historischen Landgütern, den Masserie.

Vor der Stiefelspitze erhebt sich Sizilien mit seinem noch tätigen Vulkan Ätna aus dem Meer, Taormina heißt hier das Zauberwort für das richtige Urlaubsgefühl. Nördlich der Insel glitzern ihre kleinen Begleiterinnen im Meer, die Liparischen Inseln mit köstlichem Wein und berühmten Kapern. Schließlich, einem eigenen Kontinent gleich ob ihrer Vielfalt – die große Insel Sardinien. Ein Badeparadies mit kilometerlangen, feinsandigen, von Dünen geschützten Stränden, eine Kulturlandschaft mit urtümlichen Nuraghen und geheimnisvollen Gigantengräbern der früheren Bewohner, mit schönen Städten und sehr wildem, ursprünglichem Inselinneren, ein wahres Paradies für Wanderer. Doch Geheimrat und Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe ist nicht bis Sardinien gekommen, Sizilien war sein letztes Sehnsuchtsziel. Dort, wo er die Spuren der griechisch-römischen Antike suchte und fand, dort, wo die Zitronen blühn …

Im Landesinneren findet man zahlreiche trutzige Burgen wie hier bei Aymavilles im Aosta-Tal.

ALPEN

Zerklüftete Gipfel und beschauliche Almen

Sellastock und Langkofel spiegeln sich in einem kleinen Weiher auf der Seiser Alm.

Die Tracht gehört einfach zu Südtirol, auch heute noch.

Schloss Runkelstein bewahrt profane Fresken aus gotischer Zeit.

VIEL MEHR ALS NUR SÜDTIROLS HAUPTSTADT – BOZEN

Eine Stadt im Wandel

Bozen hat sich verändert, und zwar zu seinem Vorteil. Die Landeshauptstadt ist bunter, moderner geworden, ohne dabei ihr Erbe zu verleugnen. Neben Altem steht oft Neues, der Blick geht eher in die Zukunft als zurück in jene »gute alte Zeit«, die ja auch nicht immer so gut war, wie ein Blick in die Historie beweist. Bozen heute: eine Stadt voller Überraschungen.

In der Bozner Altstadt, zwischen Obstmarkt und Waltherplatz, herrscht oft ein ziemliches Gewusel.

Wie heißt es so schön? Das einzig Beständige ist der Wandel. Das passt ganz gut auf die jüngere Geschichte der Südtiroler Landeshauptstadt, auch auf ihre Zukunftsperspektiven. Vor gerade mal einem Jahrhundert war Bozen eine Kleinstadt, Handwerk und Gewerbe dominierten, ein paar Hotels versorgten die Touristen, und alles zusammen ernährte rund 13 000 Einwohner. Nach dem Krieg war die k.-u.-k.-Monarchie Geschichte, und aus Südtirolern wurden mit einem Mal Italiener.

Nach der zweiten Weltkatastrophe ging’s bergauf. Mit dem Tourismus kam der Wohlstand, das »Land an der Etsch und im Gebirg’« entwickelte sich zu einem Wachstumsmotor für die italienische Wirtschaft. Die rußgeschwärzten alten Fabrikareale aus Mussolinis Zeit wichen modernen Bürohäusern, Lagerhallen und Fertigungsstätten. Umfragen sahen Bozen in Sachen Lebensqualität bald an der Spitze aller italienischen Städte.

Die historische Altstadt

Die meisten Besucher Bozens interessieren sich aber vor allem für Historisches, für alte Mauern, Traditionen. Die Altstadt ist und bleibt ihr erstes Ziel. Hier ist das gotische und barocke Erbe noch ganz lebendig. Und die Eindrücke, die ein Spaziergang durch das Geviert des historischen Bozen vermittelt, sind ganz klar vielfältiger, bunter als früher. Das liegt auch an der Trend-Mode, die in den Schaufenstern der Lauben ausliegt und die von jungen Italienerinnen mit angeborener Grazie getragen wird.

Der Weg zu den berühmten Bozner Lauben führt über den weiten Waltherplatz, vorbei am Denkmal für den möglicherweise aus Südtirol stammenden Minnesänger Walther von der Vogelweide (um 1170–1230). Es wurde während der Mussolini-Zeit auf den kleinen Roseggerplatz verbannt, steht jetzt aber wieder an seinem angestammten Ort: ein Held in Übergröße.

Das Denkmal wird allerdings deutlich überragt vom 65 Meter hohen Turm des Bozner Doms. Die dreischiffige Hallenkirche mit ihrem reich gegliederten Umgangschor wurde um 1295 begonnen, aber erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts vollendet – mit dem filigranen Turmabschluss im Stil der ausklingenden Gotik.

Shoppingparadies und Wirtshäuser

Vom Waltherplatz sind es nur ein paar Schritte zur Dominikanerkirche, einem gotischen Bauwerk mit reichem Sterngewölbe. Die kleine Johanneskapelle – seitlich an den Chor angebaut – ist vollständig ausgemalt; die hervorragenden Fresken (1330–1340) sind deutlich von der Kunst Giottos inspiriert. Ganz weltlich sind dann die Eindrücke am Obstmarkt, von dem schon Goethe fasziniert war. Es herrscht ein lebhaftes Kommen und Gehen, ein echter Augen- und Gaumenschmaus, dazu schon fast italienisches Flair. In den Lauben schlägt das merkantile Herz des alten Bozen – allerdings in neuem Gewand. Denn längst hat sich die (junge) Mode dieser Einkaufsoase bemächtigt. Geblieben ist der historische Rahmen – unter den jahrhundertealten Lauben lässt es sich auch bei Regenwetter gut shoppen.

Eine der ältesten Straßen Bozens ist die Bindergasse, die Anfang des 13. Jahrhunderts erstmals in einer Urkunde auftaucht und früher auch Vordere Gasse genannt wurde. An ihr stehen mehrere Wirtshäuser, darunter das »Weiße Rössl« als ältestes der Stadt. Gleich um die Ecke stößt man auf das »Batzenhäusl«, vor dem Ersten Weltkrieg ein beliebter Künstlertreff, jetzt mit eigener Brauerei und dazupassender Speisekarte. Wie wär’s nach der Einkehr mit einem Verdauungsspaziergang, vielleicht auf einer der Talfer-Promenaden oder – sozusagen im ersten Stock über den Dächern der Stadt – auf der Guntschna- oder der Oswald-Promenade, Blick auf die Dolomitzinnen des Rosengartens inklusive?

Runkelstein ist eine der besterhaltenen Burgen der Bozner Gegend.

Moderne Architektur in Bozen: der Salewa-Cube.

TOP ERLEBNISSE

BESUCHERMAGNET ÖTZI

Eine der größten Attraktionen Südtirols ist eine Mumie: Ötzi. Der Mann aus dem Eis zieht die Massen an, jeder will einen Blick auf den Steinzeitmenschen werfen, der vor über 5000 Jahren geboren wurde und oben am Tisenjoch unter mysteriösen Umständen den Tod fand. 1991 gab ihn das Eis am Hauptkamm der Ötztaler Alpen frei, und seit 1998 ist er im Bozner Archäologiemuseum ausgestellt. Die modern konzipierte Ausstellung präsentiert viel Interessantes über die Welt des Ötzi und seine Zeit.

www.iceman.it

MMM FIRMIAN

Vor den Toren der Stadt thront über der Etsch die mächtige Burgruine Sigmundskron. Seit 2006 beherbergen ihre über ein Jahrtausend alten Mauern Reinhold Messners Mountain Museum Firmian. Auf einem spannenden Parcours beleuchtet es die Beziehung zwischen Mensch und Berg aus verschiedensten Blickwinkeln.

www.messner-mountainmuseum.it

SALTEN

Der Höhenrücken nördlich über Bozen ist ein ruhiges Wanderrevier, bequem mit der Seilbahn nach Jenesien erreichbar. Einmalig ist es hier im Herbst, wenn sich die Lärchenwälder golden verfärben!

www.jenesien.net

WEITERE INFORMATIONEN

Museion: Dantestraße 6, Tel. 0471/22 34 13, www.museion.it

DER BERÜHMTESTE DREIZACK DER ALPEN – DREI ZINNEN

Wunder aus Stein

Im Hochpustertal wird fleißig geworben mit dem steinernen Dreizack, diesem einzigartigen Symbolberg der Dolomiten. Alle wollen den berühmten Nordwänden der Drei Zinnen nahe kommen, und weil das nur zu Fuß geht, machen sich an sommerlichen Schönwettertagen ganze Heerscharen auf zum Paternsattel, zur Drei-Zinnen-Hütte, die einst der legendäre Bergführer Sepp Innerkofler bewirtschaftete.

Wenn es in den Dolomiten ein Pendant zum Matterhorn, dem Top-Gipfel der Alpen gibt, dann können es nur jene drei sein, die – exakt abgezählt – eigentlich fünf sind und nicht einmal einen richtigen Namen haben, genau wie jener Sehnsuchtsberg über Zermatt, den die Einheimischen auch nur Horu (Horn) nennen: die Drei Zinnen. Was ist nicht alles geschrieben worden über dieses grandiose Felsgebilde! Vor allem über die Nordwände natürlich, über gescheiterte und gelungene Durchsteigungsversuche, über Dramen im Fels. »Der Tod klettert mit!«, war in den Gazetten zu lesen, und als in den 1960er-Jahren die Zeit der »Direttissime« anbrach, schickten sogar seriöse Zeitungen Korrespondenten. Die Routen des »fallenden Tropfens« sollten es sein, eine neue Dimension des Extremkletterns – die durch den riesigen Materialaufwand auch gleich ad absurdum geführt wurde. Die »Superdirettissima« an der Großen Zinne (2999 m), von Peter Siegert, Gert Uhner und Rainer Kauschke im Winter 1963 eröffnet, bildete den Höhepunkt dieser unguten Entwicklung. Die drei Sachsen benötigten nicht weniger als 17 Tage für die 600 Klettermeter!

Klassische Nordwandansicht der Drei Zinnen.

Die Schatten der Drei Zinnen über der Langen Alm.

Die Erstbesteigungen

Knapp ein Jahrhundert zuvor waren die Zinnen überhaupt erst bestiegen worden, alle drei von den Innerkoflern aus Sexten. 1869 stand Franz Innerkofler zusammen mit Paul Grohmann und Peter Salcher auf der Großen Zinne, zehn Jahre später bestiegen Michael Innerkofler und Georg Ploner die Westliche Zinne – am hartnäckigsten widerstand die Kleine Zinne. Auch der Innerkofler hatte da seine Zweifel (»Ja, wann’st Flügel hätt’st!«), doch er räumte sie auch gleich aus: 1881 fand er, begleitet von seinem Bruder Johann, den Weg zum Gipfel. Und der wird noch heute mit dem Schwierigkeitsgrad IV bewertet, immerhin.

Innerkofler, eine Bergführer-Dynastie

Sie haben über viele Jahre hinweg das Bergsteigen in den Sextener Dolomiten maßgeblich geprägt, dabei zahllose Erstbesteigungen und Neurouten geschafft, hinter sich am Seil meistens die zahlende Kundschaft: die Innerkofler aus Sexten. Begründet wurde die Dynastie von Josef Innerkofler (1802–1887), dem »alten Steinmetz«. Er begleitete Paul Grohmann bei einem ersten erfolglosen Versuch an der Dreischusterspitze. Sein Sohn Josef war dann einer der Führer bei der Erstbesteigung im Sommer 1869. Die Innerkofler standen als Erste auf der Großen, der Westlichen und der Kleinen Zinne. Michael Innerkofler (1844–1888), der bei einem Spaltensturz am Cristallo ums Leben kam, war wohl der bedeutendste Bergführer der Sippe. Sein Führerbuch umfasst eine schier unglaubliche Anzahl von Neutouren, er war unter anderem als Erster auf dem Elfer, Zwölfer und Einser in den Sextenern, auf der Croda da Lago und der Grohmannspitze (solo!).

Der Sepp

Berühmtester Innerkofler ist der Sepp, was sicher auch mit seinem Kriegstod am Paternkofel zusammenhängt, um den sich einige Legenden ranken. Zum Heldenepos verklärt wurde er im Roman »Der Sepp« (1931) des bekennenden Nationalsozialisten Hans Springenschmid (der für die Salzburger Bücherverbrennung 1938 verantwortlich war). Innerkofler hatte nach der Kriegserklärung Italiens darauf gedrängt, den Paternkofel – Nachbargipfel der Drei Zinnen – seiner strategisch wichtigen Lage wegen zu besetzen. Weil die österreichische Führung zögerte, nisteten sich die Alpini auf dem Gipfel ein und befestigten ihn umgehend. Ein Versuch im Sommer 1915, den Paternkofel im Sturmangriff zurückzuerobern, scheiterte, musste wohl scheitern.

Sepp Innerkofler, noch nicht ganz 50-jährig, fand dabei den Tod – ob durch italienische Verteidiger oder möglicherweise sogar (unabsichtlich) durch eigenes Sperrfeuer, ist bis heute ungeklärt.

TOP ERLEBNISSE

DIE DREI-ZINNEN-RUNDE

Die Drei Zinnen von allen Seiten. Das bietet die Wanderrunde mit Ausgangspunkt beim Rifugio Auronzo (2320 m). Einmalig natürlich der Blick in die Nordwände, in denen Klettergeschichte geschrieben wurde. Gehzeit etwa dreieinhalb Stunden, Wendepunkt der Tour auf halber Strecke bei der Drei-Zinnen-Hütte. Übrigens: Wer mit dem Bus anreist, kann die Wuchermaut auf der Drei-Zinnen-Straße umgehen.

www.dreizinnenhuette.com

BÜLLELEJOCHHÜTTE

Klein, aber fein. So lässt sich die Büllelejochhütte charakterisieren, die ein wenig Abstand zum Rummel um die »Drei« hält. Freundliche Wirtsleute, gutes Essen. Zu den Stockbetten – das wird Klettersteigler besonders interessieren – geht’s über eine senkrechte Leiter.

www.buellelejoch.it

NATURPARK DREI ZINNEN

Rund 120 Quadratkilometer, das Kerngebiet der Sextener Dolomiten auf Südtiroler Boden, stehen als Naturpark unter Schutz. Er erstreckt sich vom Höhlensteintal ostwärts bis zum Kreuzbergpass. Höchster Punkt ist die Dreischusterspitze (3145 m), absoluter Hotspot sind natürlich die Drei Zinnen (2999 m).

www.drei-zinnen.info

Kleiner Mensch – großer Berg.

NOSTALGIE UND MODERNE – MERAN

Kurstadt an der Passer

Meran war schon einiges in seiner Geschichte: Tiroler Hauptstadt, vergessenes »Kuhstadtl«, dann Kurort und Treff der High Society. Und gerade – so scheint es – häutet sich die Stadt am Eingang ins Passeiertal erneut, verpasst sie sich ein neues, moderneres Image. An ihrer Beliebtheit als Reise- und Urlaubsziel wird sich wenig ändern, dafür sorgen unter anderem Klima und Kulisse: beides erstklassig.

Vor etwa hundert Jahren war das Kurhaus die große Attraktion Merans, schön gelegen am Ufer der Passer.

Natürlich wissen die Meraner, was sie an der Kaiserin aus dem fernen Wien hatten. Schließlich war es Elisabeth, die das ziemlich verschlafene Städtchen an der Passer durch ihren ersten Kuraufenthalt 1870 zurück in den Fokus der europäischen Hautevolee schubste. Zeitungen gab’s zu k.-u.-k.-Zeiten ja schon, Klatschspalten auch, und so erfuhr die Schickeria bald, wohin die Prominenz zur Erholung reiste. Aus der ehemaligen Hauptstadt Tirols wurde so ein Kurort von Weltruf. Dass Sissi mit ihrer Entourage damals ausgerechnet in jenem Schloss Trauttmansdorff logierte, dessen Gärten heute die Top-Sehenswürdigkeit Merans sind, ist eine nette kleine Pointe. So ist die Kaiserin in gewissem Sinn erneut angekommen in »ihrem« Schloss, und der Weg von der Stadt herauf, den sie vor über hundert Jahren oft nahm, ist heute ausgeschildert: natürlich als »Sissi-Weg«. Die österreichisch-ungarische Monarchie ist längst Geschichte, das Reisen eine Angelegenheit der Massen. Elisabeths steinernes Ebenbild sitzt an der Sommerpromenade, ihr Blick lässt allerdings nicht erkennen, ob der Kaiserin das muntere Treiben unserer Zeit gefällt. Bestimmt hätte sie sich aber gern in jenem Restaurant niedergelassen, in dem Andrea Fenoglio seit 1991, inzwischen mit einem Michelin-Stern geadelt, magistral den Kochlöffel schwingt: im »Sissi«.

Die Altstadt

Vom Restaurant sind es nur ein paar Schritte bis in die Meraner Lauben. Reiseführer vermerken gern, dass sie ein Stück länger sind als jene in Bozen. Das Gedränge ist vergleichbar und in den Schaufenstern dominiert Mode. Das Thema interessiert, natürlich, und es lässt sich sogar noch vertiefen: im »Frauenmuseum Evelyn Ortner«, das im ehemaligen Klarissenkloster untergebracht ist.

Gewissermaßen eingerahmt wird die Laubengasse von der gotischen Pfarrkirche St. Nikolaus mit ihrem unverkennbaren achteckigen Turmabschluss auf der einen, der Landesfürstlichen Burg (15. Jh.) auf der anderen Seite. Durch das Bozner Tor und über die Postbrücke kommt man in wenigen Minuten zur Spitalkirche zum Heiligen Geist. Kunstliebhaber werden diesen kleinen Abstecher nicht versäumen. Merans vielleicht schönstes Gotteshaus, ein spätgotischer Bau, der Stefan von Burghausen zugeschrieben wird, besticht sowohl durch seine ausgewogenen Proportionen in einem originellen Grundriss mit Umgangschor als auch durch seinen reichen plastischen Schmuck. Neun Säulen tragen das schöne Sternrippengewölbe.

Wie in Bozen laden auch die Meraner Lauben zum Flanieren und Shoppen ein, sogar bei Schlechtwetter. Wenn die Sonne scheint, sitzt man gern bei einem Apéro draußen.

Matteo Thuns Meraner Therme

Bloß 200 Meter, aber mehr als sechs Jahrhunderte liegen zwischen der Spitalkirche und dem neuen Hingucker Merans, der modernen, von Matteo Thun entworfenen Therme, einem Wellnesspalast der Superlative mit 25 Pools, Saunen, Dampfbädern und einem schönen Park. Das radonhaltige Wasser wird übrigens nicht in Meran, sondern am Vigiljoch gefasst.

Bemerkenswerte Architektur auch auf der anderen, der orografisch rechten Seite der Passer: das Meraner Kurhaus, ein Juwel des Jugendstils, das in mehreren Etappen entstand und erst 1914 mit dem Bau der Kuppel und des großen Kursaals vollendet wurde. Die Pläne dazu stammten von dem Wiener Architekten Friedrich Ohmann. Ihm schwebte ursprünglich ein noch weit größerer Komplex vor, doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs setzte diesen Plänen ein abruptes Ende. Angestoßen hatte den Bau eines neuen Kurhauses Josef Valentin Haller, fast vier Jahrzehnte lang Bürgermeister Merans, das er vom schlechten Ruf eines »Kuhstadtl« befreien und dem er zu neuem Ansehen in der Welt (vor allem der Reichen und Schönen) verhelfen wollte.

Das Schloss Tirol ist immer einen Ausflug wert.

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MARLINGER WAAL

Wer in der Meraner Gegend wandert, kommt an ihnen nicht vorbei: den kilometerlangen, oft uralten Bewässerungskanälen (Waalen), mit deren Hilfe die Bauern dem extrem trockenen Klima trotzten und für ausreichendes Nass auf ihren Kulturflächen sorgten. Der längste Waal im ganzen Land verläuft rechts der Etsch und führt von der Töll zwölf Kilometer weit bis nach Oberlana. Initiiert wurde sein Bau durch die Mönche des Kartäuserklosters im Schnalstal, die in der Marlinger Gegend mehrere Weingüter besaßen. Heute ist der Marlinger Waal ein Klassiker unter den Meraner Wanderwegen. Infotafeln vermitteln Wissenswertes über das Südtiroler Waalwesen, und natürlich fehlen auch Einkehren unterwegs nicht.

www.merano-suedtirol.it

SCHLOSS TIROL

Wer sich für die Geschichte Tirols interessiert, darf einen Besuch der Stammburg des Landes nicht versäumen. Die mächtige Feste thront auf einem Felsrücken nordwestlich über Meran. Ihre Glanzzeit hatte sie als Sitz der Landesfürsten im 14. Jahrhundert. Heute beherbergt Schloss Tirol das Südtiroler Museum für Kultur- und Landesgeschichte.

www.schlosstirol.it

Bilderbuch-Südtirol: Die Seiser Alm mit den Felszinnen des Langkofelmassivs.

ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE – DAS SCHNALSTAL IM VINSCHGAU

Der Mann im Eis

Das Schnalstal, das längste Seitental des Vinschgaus, ist das Tal des »Ötzi« und das der Schafe, die alljährlich über hohe Pässe auf die Weiden in Nordtirol ziehen. Hier gibt es ein altes Kloster, das heute ein Dorf ist, und über der Mündung thront: Schloss Juval, Museum und zeitweise Wohnsitz von Reinhold Messner.

Bauen einst und jetzt: die uralten Bauernhöfe und der Vernagt-Stausee.

Ob Schafe Frühaufsteher sind? An einem Tag im Juni jedenfalls schon. Für mehr als tausend Schafe geht es über den Berg, über die hohen Pässe hinten im Schnalstal, das Hoch- und das Niederjoch (3016 m), zu den Weidegründen im Nordtiroler Ötztal. Ein beschwerlicher Weg, da und dort liegt noch der Schnee vom vergangenen Winter, der Pfad ist oft schmal und steil. Mitten in der Nacht startet der Treck in Vernagt und Kurzras. Kürzer ist der Weg von Kurzras aus; mehr als 1300 Höhenmeter liegen zwischen Vernagt und dem Niederjoch (das kurioserweise höher ist als das Hochjoch). Es ist ein langer Geisterzug, der da in dunkler Nacht unterwegs ist, zitternde Lichtkegel, vielstimmiges Blöken, dazwischen menschliche Stimmen. Immer wieder verdecken Wolken die Mondsichel, es ist empfindlich kühl, doch das macht den Tieren nichts aus. Im Dämmerlicht, eine gute Stunde später, wird der lange Zug allmählich sichtbar: farbig markierte Schafe auf ihrem Weg zum Tisenberg, von ein paar Dutzend Treibern und vielen Hunden geführt. Transhumanz nennt sich diese archaisch uralte Form der Weidewirtschaft mit wechselnden Standorten, die ihre Ursprünge in den Westalpen hat und mittlerweile weitgehend verschwunden ist. Im Schnals- bzw. Ötztal gibt es sie seit mindestens 6000 Jahren, wissenschaftlich nachgewiesen.

Denkmal für den Schnalser Tourismuspionier Leo Gurschler.

Ötzi und der »König des Schnalstals«

Vor fast so langer Zeit war ein Mann hier unterwegs, und auch er wollte über den Alpenhauptkamm: Ötzi. 5300 Jahre ist es her, dass er am Tisenjoch (3206 m) starb, heute liegt seine Mumie im Museum in Bozen, und Zigtausende wollen jedes Jahr den »Mann im Eis« sehen. Auch im Schnalstal kann man auf seinen Spuren wandeln, und dazu muss man nicht einmal den fünfstündigen Anstieg zur Fundstelle unternehmen. Im ArcheoParc beim Dorf Unser Frau (1527 m) können Besucher Ötzis Lebensraum, seine Welt entdecken, beim Gang durch das Museumsgebäude und bei einem Abstecher ins Freigelände mit seinen drei (rekonstruierten) steinzeitlichen Hütten. Hier darf der Homo sapiens des frühen 21. Jahrhunderts sogar eine echte Zeitreise unternehmen und nach Art seiner Vorvorfahren Brot backen, Bogen schießen und töpfern.

Einst Kloster, heute Dorf

Ein Stück weiter talabwärts liegt auf einer kleinen Anhöhe gegenüber der Mündung des Pfossentals das Dorf Karthaus (1327 m), ein malerisches Ensemble, das als Ganzes unter Denkmalschutz steht. Der Name ist kein Zufall, geht die Siedlung doch auf ein 1326 gegründetes Kartäuserkloster zurück. Nach dessen Auflösung im Jahr 1782 entwickelte sich in den und um die verlassenen Bauten herum ein kleines Dorf, das 1924 durch einen Brand weitgehend zerstört wurde. Erhalten (und sorgfältig restauriert) blieben das Priorhaus, einige Mauern und der Südflügel des großen Kreuzgangs. Der Rundgang durch das historische Ensemble führt an dem kleinen Gewürzgarten des ehemaligen Klosters vorbei. Ein paar dieser feinen Kräuter findet man auch in der Küche des Hotels »Zur Goldenen Rose« wieder. Das Haus steht ebenfalls auf den Fundamenten des Klosters, und im uralten Weinkeller lagern einige ganz feine Tropfen.

Der Schnalser Waal und Schloss Juval

Ein Stück unterhalb von Karthaus, bei Altratheis, wird der Schnalser Waal gefasst, einer der längsten in Südtirol. Er stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert und leitet das Wasser des Schnalser Bachs elf Kilometer weit auf die Felder oberhalb von Tschars. Der Waal ist noch heute in Betrieb – und ein beliebter Wanderweg. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Wasserweg im Mündungsbereich ganz in der Nähe von Schloss Juval vorbeiläuft.

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MMM JUVAL

Schloss Juval ist nicht nur Wohnsitz des berühmten Südtiroler Bergsteigers und Alpinphilosophen Reinhold Messner, sondern auch Teil seines Mountain Museums (MMM). Die im Kern aus dem 13. Jahrhundert stammende Burg thront auf einem Felssporn über dem Eingang ins Schnalstal. Nur ein paar Schritte sind es vom Schloss zum Schlosswirt, einer beliebten Einkehr.

www.messner-mountainmuseum.it, www.schlosswirtjuval.it

EISHOF

Bis 1987 war der um 1290 erstmals urkundlich erwähnte Eishof im innersten Pfossental die höchstgelegene Dauersiedlung der Ostalpen: Er steht auf 2071 Meter. Heute ist die Sommerwirtschaft ein beliebtes, familientaugliches Wanderziel (2 Std. von Vorderkaser).

www.eishof.com

GRAWAND

Wer ganz hoch hinaus will, nimmt die Seilbahn in Kurzras, am Ende der Talstraße. In sechs Minuten schwebt man hinauf zur Bergstation (3212 m) am Alpenhauptkamm. Und da wird sich bei gutem Wetter niemand den kurzen Aufstieg zum Gipfel der Grawand (3251 m) mit der Aussichtsplattform Iceman Ötzi Peak entgehen lassen. Grandioses Panorama der Ötztaler Alpen mit Fernblicken bis in die Dolomiten.

www.schnalstal.com

Das erste Messner Moutain Museum: Schloss Juval.

TRAUMSTRASSEN

DIE GROSSE DOLOMITENSTRASSE

Das 100-Kilometer-Kurvenkarussell quer durch die »Bleichen Berge«

Die am 13. September 1909 eröffnete Große Dolomitenstraße ist längst zu einem »Big point« des Dolomitentourismus geworden – eine 100 Kilometer lange, aber nie langweilige Abfolge von Serpentinen mit Aussicht auf fast alle großen Gipfel des Gebirges.

Ein Straßenzug mit 100 Serpentinen ist entweder ein Verkehrshindernis oder eine echte Sensation. Die Große Dolomitenstraße ist beides, heute zumindest. An verstopfte Straßen und Parkplatznot dachte vor 120 Jahren, als die Idee für eine Straße quer durch die Dolomiten aufkam, natürlich noch niemand. Initiant des kühnen Projekts war der Deutsche und Österreichische Alpenverein, beteiligt war auch der Südtiroler Theodor Christomannos. Angedacht war eine Eröffnung zum 50. Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1898, eingeweiht wurde die Große Dolomitenstraße schließlich 1909.

Ein Blickfang am Pordoijoch ist das Langkofelmassiv.

Schwarzer Asphalt und weißer Schnee

Anno dazumal

Der legendäre Straßenzug verbindet Bozen und Cortina d’Ampezzo, führt dabei über drei hohe Pässe: Karer (1745 m), Pordoi (2239 m) und Falzárego (2105 m). Eine frühe Reiseschilderung (»Hochalpen«, Meyers Reisebücher, 1927) bezeichnet sie als »bequemsten Zugang in die Hochgebirgswelt der Dolomiten«. Und weiter kann man da nachlesen: »Die außerordentlich empfehlenswerte Wagenfahrt führt an den hervorragendsten Sehenswürdigkeiten zahlreicher Gebirgsstöcke vorbei und ist an abwechslungsreicher Schönheit in dieser Ausdehnung in den Alpen fast ohnegleichen.« Stimmt!

Quer durch die Dolomiten

Die 100-Kehren-Reise startet im Eisacktal mit einer längeren Schluchtstrecke, der zwei Tunnels einiges von ihrem romantischen Flair genommen haben. Immerhin gibt’s noch einen kurzen Rückblick auf Schloss Karneid, das hoch über der Klammmündung auf einem schroffen Porphyrfelsen hockt. Hellgraues, nicht rotes Gestein kommt später ins Blickfeld: der Latemar. Oberhalb von Welschnofen folgt das obligate Fotoshooting am Karersee, beim ehemaligen Grand Hotel Karersee, das in Würde gealtert ist, wird der Blick auf die lang gestreckte Mauer des Rosengarten-Hauptkamms frei. Am Karerpass überquert man die Grenze zum Fassatal, das von berühmten Bergstöcken umrahmt wird: Rosengarten, Langkofel, Sella und Marmolada.

In Canazei beginnt das Kurvenkarussell hinauf zum Pordoijoch. Dabei rückt die gewaltige Felsmauer des Sellamassivs immer näher; direkt vom Pass zieht die Pordoi-Seilbahn hinauf zur Aussichtskanzel des Sas de Pordoi (2950 m).

Im Links-rechts-Takt geht’s hinunter nach Arabba. Hinter dem Weiler Andraz beginnt der Anstieg zum Passo Falzárego. Von der Scheitelhöhe kann man sich hinauf zum Kleinen Lagazuoi (2752 m) tragen lassen: noch ein tolles Panorama!

Bei der Fahrt hinunter nach Cortina d’Ampezzo ist die gewaltige Südwand der Tofana di Rozes ein absoluter Hingucker: wow! Die letzten Kilometer führen über ein paar Schleifen hinunter zum Boite und hinein nach Cortina d’Ampezzo. Da kann man die schöne Reise stilvoll mit einem Apéro am Corso Italia ausklingen lassen. Salute!

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KARERSEE

Das Motiv schmückte schon zahllose Kalender und findet sich in fast jedem Bildband über Südtirol und die Dolomiten: ein kleiner Bergsee, in dem sich die fahlweißen Felsen des Latemars spiegeln. Siehe auch Kapitel 82.

www.eggental.com

VAJOLETTAL

Eine der schönsten Dolomitenwanderungen führt ins Vajolettal, von der Bergstation der Rosengarten-Seilbahn via Gardecia zur Vajolethütte (2243 m). Von der Schutzhütte steigt man hinauf ins Gartl, wo sich ein fantastischer Blick auf die Vajolettüme bietet (3 Std. von der Seilbahn, markiert, Trittsicherheit notwendig).

PORDOIJOCH

Der Pass markiert den höchsten Punkt der Großen Dolomitenstraße (2239 m). Wer noch höher hinaus will, nimmt die Seilbahn und schwebt in wenigen Minuten hinauf zum Sas de Pordoi (2950 m). Einmaliges Panorama. www.fassa.com

BINDELWEG

Wer am Pordoijoch die Wanderschuhe schnürt, hat in der Regel den Bindelweg im Visier. Die wenig anstrengende Höhenwanderung glänzt mit dem schönsten Marmolada-Blick überhaupt. Im Rifugio Vièl dal Pan gibt’s dazu eine feine Brotzeit; legendär ist »Großmutters Omelette«. Unbedingt probieren!

www.rifugiovieldalpan.com

KLEINER LAGAZUOI

Auch der Passo Falzàrego (2105 m) hat seine Seilbahn. Die Fahrt auf den Kleinen Lagazuoi (2778 m) lässt sich gut mit einer Besichtigung der alten Kriegssteige und Tunnels an der Südflanke des Bergstocks verbinden (Galleria Lagazuoi, Cengia Martini).

www.lagazuoi.it

BUNTE WIESEN UND GRAUER FELS – SEISER ALM UND SCHLERN

Südtiroler Wahrzeichen

Die Seiser Alm, der Schlern und das Langkofelmassiv bilden ein Landschaftsensemble, das sogar in den Dolomiten seinesgleichen sucht. Die sanftwellige Hochalm gibt den idyllischen Kontrast zu den beiden schroffen Felsprofilen, die es umrahmen. Der Schlern, sagenumwoben und bereits in vorgeschichtlicher Zeit von Menschen besucht, gilt als Südtiroler Wahrzeichen.

Kletterer auf der Santnerspitze.

Berühmtsein hat seinen Preis, alle Welt will dich sehen. Da ist es dann rasch vorbei mit der Ruhe, schnell wird ein Leben fremdbestimmt. Das gilt auch für die Seiser Alm, diese Südtiroler Bilderbuchlandschaft, die ihren Namen vom Dorf Seis hat, aber irgendwie auch zum Grödner Tal gehört. Ihr sanftwelliges Profil macht sie zum idealen Wanderrevier: viel Aussicht bei nur wenig Anstrengung. Im Blick hat der Wanderer dabei stets den Langkofel oder (wenn er sich umdreht) den Schlern, beides unverwechselbare Felsprofile. Wettergebräunte Holzstadel stehen in der Wiese, Kuhglocken bimmeln, und an Einkehrmöglichkeiten fehlt es natürlich auch nicht. »Des Gletschers Silberspitze, des Waldes feuchtes Grün / Der Seen blaue Spiegel, der Alpenrosen Blühen / Des Wasserfalles Brausen hat manches Bergland wohl / Doch eine Seiseralpe – hat nur das Land Tirol«, so lautet eine etwas holperig geratene Hymne auf das weitläufige Almrevier südlich des Grödner Tals. Raul Heinrich Francé zitiert das Gedicht in seinem monumentalen, 1912 erschienenen Buch »Die Alpen« und bezeichnet die Seiser Alm – ganz zu Recht – als die »größte Alpe in den Gesamtalpen und zugleich ein Paradies der Alpenpflanzen, das zu Anfang des XIX. Jahrhunderts ein wahres Wettrennen der Pflanzenkenner nach dem Schlern und der Seiseralpe veranlasste«. Francé erwähnt ein paar Endemiten: das Zwerg-Kugelschötchen, die Dolomiten-Hauswurz, die Südtiroler Primel, Facchinis Steinbrech, den Ostalpen-Baldrian und Morettis Glockenblume.

Unverkennbar: das Profil des Schlern mit seinen beiden Felszähnen, der Santner- und der Euringerspitze.

Alles aus Holz.

Vielfalt ist ein Merkmal der Seiser-Alm-Landschaft, auch in der Pflanzenwelt. Dafür, dass hier eine berühmte artenreiche Flora entstehen konnte, war neben den sehr unterschiedlichen Gesteinen, aus denen die Alm und ihre Randberge aufgebaut sind, auch eine extensiv betriebene Landwirtschaft verantwortlich.

Bedrohte Vielfalt

Kein Düngeeintrag, keine Übernutzung der Böden. Das hat sich in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts erst einmal geändert, dazu kamen immer gravierendere Eingriffe des Tourismus. Aus den Magerwiesen wurden ertragreiche Wiesen, dank reichlicher Düngung. Dass die Biodiversität entsprechend zurückging, teilweise bis um drei Viertel, wurde in Kauf genommen. Besonders empfindliche Pflanzenarten wie die Brunelle, der Stengellose Enzian, Küchenschelle und Schwefelanemone verschwanden nach und nach, und aus den bunten Wiesen, von denen Francé und seine Zeitgenossen schwärmten, entwickelte sich zunehmend eine Monokultur: Löwenzahn und Hahnenfuß.

Schlernzähne.

Morgennebel über der Seiser Alm.

Die Seiser Alm – ein bedrohtes Paradies? Ja, sagte die Landesregierung und handelte. 1974 wurde der erste regionale Naturpark Südtirols eingeweiht, damals gegen den heftigen Widerstand von Bauern, Jägern und Hoteliers. So sind Teile der Hochebene der touristischen Erschließung und der Intensiv-Landwirtschaft entzogen, und die berühmte Flora bleibt erhalten. Seit einigen Jahren wird auch der Autoverkehr innerhalb der Alm streng reglementiert; dafür verbindet eine Gondelbahn Seis mit der Hotelsiedlung Compatsch im nördlichen Teil der etwa 60 Quadratkilometer großen Alm. Der Erschließungsdruck wird dadurch gemildert, immerhin, aber die Besucher kommen trotzdem, sommers wie winters.

Der Schlern – mehr als nur ein Berg

Der Schlern ist Blumenwunder und Naturdenkmal, Namensgeber für das hauptsächlich gebirgsbildende Gestein der westlichen Dolomiten und eine Südtiroler Kulturzeitschrift (Der Schlern), eine Aussichtswarte von Rang und vermutlich einer der ersten von Menschen aufgesuchten hohen Berge in den Alpen überhaupt. Als die Römer sich anschickten, das Land an Etsch und Eisack ihrem Reich einzuverleiben, war die »Eroberung« des Schlern längst Geschichte.

Die Funde vom Schlernplateau werden in die jüngste Eisenzeit (La Tène, 450–50 v.Chr.) datiert. Ungeklärt ist allerdings, ob sie mit einer Almsiedlung oder einer Kultstätte in Zusammenhang stehen. Keinesfalls handelt es sich um Spuren einer prähistorischen Gipfelexpedition – so etwas gab es damals noch nicht. Erst im 19. Jahrhundert, mit der Romantisierung des Hochgebirges, folgten die Städter den Spuren der Jäger und Hirten, man stieg der schönen Aussicht wegen oder des Gefühls, »oben zu sein«, auf die Gipfel.

Mountainbiker auf der Seiser Alm.

Die Schlernhäuser

Die Schlerntour gehört längst zum richtigen Bergurlaub in den westlichen Dolomiten, und so verwundert es nicht, dass man bereits in den 1880er-Jahren den Bau eines Schutzhauses plante. 1884 erwarb die Sektion Bozen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins von der Gemeinde Völs ein Grundstück, wobei im Kaufvertrag festgeschrieben wurde, dass »bei der Vergebung der Wirtschaft die Eingeborenen von Völs zu berücksichtigen und Unfug und Unsittlichkeit in der Hütte möglichst hintanzuhalten« sei. Zwei Jahre später konnte das Schlernhaus eröffnet werden, und bald schon erfreute sich das hoch gelegene Refugium großer Beliebtheit. Im Jahr 1903 wurde deshalb auch das danebenstehende kleine Gasthaus von Christian Marsoner erworben und später immer mal wieder modernisiert. Trotzdem verströmt der stattliche Bau mit seiner gediegenen Innenausstattung noch etwas vom unverwechselbaren Flair der »guten alten Zeit«.

Heute kommen die meisten Gipfelstürmer von der Seiser Alm herauf, weil Straße bzw. Gondelbahn den Anstieg angenehm verkürzen. Die alten Wege aus dem Tierser Tal durch die Bärenfalle, von Völs oder vom ehemaligen Bad Ratzes herauf sind länger, anstrengender, weisen auch Respekt einflößende Höhenunterschiede auf und eignen sich also nur bedingt für einen Tagesausflug. Doch wozu die Eile? Da sind doch die Schlernhäuser, die haben ein Dach, darunter ist’s gemütlich, und was beim Wirt Harald Gasser auf den Tisch kommt, stillt auch einen ausgewachsenen Bergsteigerhunger. Hinterher kann man ja den kleinen Abstecher hinauf zum Petz (2563 m) unternehmen und vom höchsten Punkt des Schlernmassivs das traumhafte Panorama im Abendlicht genießen, bis die letzten Sonnenstrahlen an den Wänden des Rosengartens rot aufleuchten und dann verglimmen. Bevor’s dann wirklich Nacht wird, ist man längst wieder unten bei den Schlernhäusern.

Hier steigt die Stimmung, der Rote wärmt von innen, und als Gutenachtlektüre nimmt sich der wissbegierige Gast die Broschüre Naturpark Schlern-Rosengarten vor. Ein paar Hundert Meter dick – kann er da nachlesen – soll das Paket aus solidem Schlerndolomit sein, auf dem er bald sein Haupt zur verdienten Ruhe betten wird, dem (Bergsteiger-)Himmel näher als dem Alltag, rechtschaffen müde, glücklich.

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VÖLSER HEUBAD

Dass man auch im Heu baden kann, wissen die Südtiroler schon lange. In Völs pflegt man diese besondere Art der Regeneration seit über 100 Jahren – mit zunehmendem Erfolg. Im Hotel Heubad passt alles zusammen: eine angenehme Atmosphäre, für die herzliche Gastgeber sorgen, eine feine Küche. Und dass einem mitunter der feine Duft des Heus in die Nase steigt, tut dem Wohlbefinden garantiert keinen Abbruch.

www.hotelheubad.com

PUFLATSCH

Klein, zumindest im Vergleich mit den großen Bergen Grödens, ist der Puflatsch (2174 m). Trotzdem kann sein Panorama locker mit dem höherer Berge mithalten, und dazu ist der Aufstieg weniger anstrengend, gut eine Stunde über die sanft abfallende, weitgehend baumfreie Südseite. Ein Augenschmaus!

www.seiseralm.it

GOSTNER SCHWAIGE

Wer das Ungewöhnliche liebt, wird auf der Seiser Alm gerne in der Gostner Schwaige einkehren. Hier werkelt Franz Mulser, meistens in Lederhose, blauem Schurz und Tiroler Hut, in seiner winzigen Küche, und was er auf den Tisch zaubert, ist auch ganz ungewöhnlich. Beste kleinste Küche halt.

www.aussergost.com

Gesundbaden nach Südtiroler Art: das Heubad.

WO ES GRÜNT UND BLÜHT – SCHLOSS TRAUTTMANSDORFF

Die schönsten Gärten des Landes

Natürlich schwebt auch hier über all der blühenden Pracht der Geist der Kaiserin, die für Meran so etwas wie den Schlüssel zur Wiedergeburt darstellte. Schließlich war sie 1870 Gast im Schloss Trauttmansdorff, was der Yellow Press ihrer Zeit nicht entging und der Stadt zu neuem Ruhm verhalf. Sissi-Fans spazieren auf dem nach der Kaiserin benannten Weg hinauf zu den Gärten des Schlosses.

Ein Netz von Spazierwegen durchzieht die Gärten von Trauttmansdorff.

Seit ihrer Eröffnung im Juni 2001 werden die Gärten von Schloss Trauttmansdorff mit Auszeichnungen überhäuft; erst 2013 kürte sie die Garden Tourism Conference in Toronto zum »Internationalen Garten des Jahres«. Man kann solchen Wettbewerben durchaus skeptisch gegenüberstehen, fast eine halbe Million Besucher pro Jahr sprechen aber für sich: Trauttmansdorff ist ein Big Point des Südtiroler Tourismus und eine wirklich genial realisierte Gartenlandschaft, von der auch Meran erheblich profitiert. Allerdings – das darf nicht unterschlagen werden – drohen die Gärten auch irgendwie ein Opfer ihrer Beliebtheit zu werden. Denn allzu viele Besucher schaden dem Zauber des Platzes, beeinträchtigen das Naturerlebnis. Das leidet auch unter einer Manie, die epidemisch um sich greift: fotografieren und filmen statt zu schauen.

Tausend Pflanzen, Farben und Düfte

Denn auf einer Fläche von rund zwölf Hektar gibt es ja so viel zu sehen, zu riechen. Der Besucher erlebt ein faszinierendes Fest der Sinne, das sich übers Jahr ständig wandelt: lebendige Natur in tausend Farbfacetten, herrlich duftend. Die Saison auf Trauttmansdorff startet im Frühling mit einer Farbenorgie. Überall blüht es bunt, man kann das Leben riechen, und das Auge ist überwältigt von einer einmaligen Vielfalt. Die Gärten verwandeln sich in einen Blumenteppich: Narzissen, Tulpen und Kaiserkronen mit ihrem typischen Laubblattschopf, Asiatischer Hahnenfuß (Ranunkel) und Islandmohn und viele andere Pflanzen sorgen für ein herrlich buntes Bild, Kamelien und japanische Zierkirschen für exotische Akzente. Die Rhododendren-Zeit beginnt (rund 400 verschiedene Züchtungen), die Pfingstrosen entfalten ihre tiefrot-üppigen Blüten. Im Sommer verströmt das Lavendelfeld unterhalb des Schlosses seinen lila Provence-Duft; Oleander und Seidenakazie blühen, und im großen Teich schwimmen Seerosen und Lotosblüten. Der Herbst bringt die Laubbäume zum Leuchten, ihre Blätter verfärben sich rot und gelb; Trauben, Granatäpfel, Feigen und Oliven reifen. Und auf den Gipfeln der Texelgruppe liegt schon der erste Schnee.

Hier grünt und blüht es fast das ganze Jahr über.

Raritäten

Auch so manche sensationelle Überraschung haben die Gärten zu bieten. Hier steht heute ein aus Sardinien stammender, rund 700 Jahre alter Olivenbaum mit einem Stammumfang von drei Metern! Eine echte Rarität ist die Wollemia nobilis, ein Nadelbaum, der als ausgestorben galt, bis er in Australien von Wildhütern wiederentdeckt wurde. Ein Exemplar kann seit 2006 im Farntal bewundert werden. Im gleichen Jahr übernahmen die Gärten die Patenschaft für den »Versoaln«, die weltweit größte und wahrscheinlich auch älteste Rebe. Bei Schloss Katzenzungen in Prissian breitet sich ihr Laubdach über eine Fläche von fast 20 mal 20 Meter aus. Sehr interessant sind auch die bepflanzten Lehmwände, die Orangerie, die im Sommer blühenden Hortensien und die Sukkulenten-Halbwüste mit vielen stacheligen Exponaten.

Vielfältige Flora und Fauna

Überwältigend ist die Vielfalt der Gartenlandschaften: In den Waldgärten überraschen ein Reisfeld und ein Teegarten, in den Sonnengärten kann man den Süden erleben, in den Terrassengärten mit Beispielen europäischer Gartenarchitektur blühen den Sommer über 80 verschiedene Rosen. Auch den Landschaften Südtirols ist ein Bereich der Gärten gewidmet: Auwald, Obstanger, Bauerngarten, ein Weinberg mit alten Rebsorten. Und auch Tiere haben natürlich ihren Platz in den Gärten, u.a. Papageien (in der Voliere), Enten, Schafe und Pfauen.

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TOURISEUM

Im neugotischen Schloss Trauttmansdorff, das auf den Fundamenten einer Burg aus dem 13. Jahrhundert steht, befindet sich das Touriseum, das auf originelle Weise die Geschichte des Südtiroler Fremdenverkehrs von den Anfängen bis in die Gegenwart thematisiert. Besonders bei den kleinen Besuchern kommt das Südtirol-Spiel gut an: ein Flipper-Automat, von Grödner Holzschnitzern gestaltet, der zu einer rasanten, aber nicht ganz ernst gemeinten Fahrt durch das Tourismusland Südtirol einlädt.

www.trauttmansdorff.it

DER SISSI-WEG

Mehr als nur ein Hauch von Nostalgie umweht diesen einstündigen Spazierweg, der vom historischen Zentrum Merans zum Schloss Trauttmansdorff führt, durch die Villen- und Gartenlandschaft von Obermais, vorbei an so manch malerischem Winkel. Sissi, die bei ihren Meran-Aufenthalten zweimal im Schloss logierte, soll den Weg sehr gemocht haben. Was lag da näher, als ihn nach der Kaiserin zu benennen? Noch ein Steinchen im Meraner Sissi-Mosaik, ideal für Alt und Jung. Im Anschluss kann man die historischen Räumlichkeiten des Schlosses besichtigen.

www.merano-suedtirol.it

Das Touriseum präsentiert anschaulich die Entwicklung Südtirols vom Bauernland zur weltweit bekannten Tourismus-Destination.

VOM GARDASEE NACH VENEDIG

Durch das schöne Venetien

Von der Piazzetta San Marco schaut man in Venedig direkt auf die kleine Insel San Giorgio Maggiore mit der gleichnamigen Kirche und ihrem Kloster.

Ferienlaune kommt hier schnell auf.

Die kleine Venedig-Nachbarin Burano ist bekannt und beliebt wegen ihrer bunten Fischerhäuser.

EIN SEE WIE AUS DEM BILDERBUCH – DER GARDASEE

Zwischen Sportgeist und Dolce Vita

Oben im Norden Berge, die ins Wasser stürzen, und weiter gen Süden Weinreben, die auf sanften Hügeln in lieblichen Kulturlandschaften wachsen. Reizende Städtchen mit palmengesäumten Promenaden atmen Geschichte. Ein Dorado für die Sportlichen auf dem und am Wasser und all jene, die unter südländischer Sonne nur die Seele baumeln lassen wollen. Bei Pizza und Pasta, Bardolino und Lugana. Mediterranes Dolcefarniente, beliebt schon bei den Römern. Das Bilderbuch Gardasee kennt viele wunderschöne Kapitel.

An der Punta San Vigilio liegt die vielleicht schönste Villa am Gardasee. Ihr Gästehaus (im Bild) ist heute ein kleines exklusives Hotel.

Der Gardasee hinterließ beim englischen Schriftsteller D. H. Lawrence vor gut 100 Jahren bleibende Eindrücke: »Ich saß und schaute auf den See. Es war schön wie das Paradies, wie die erste Schöpfung.« Diese poetische Sicht auf den See spricht den gut 22 Millionen Menschen, die jedes Jahr an den Ufern und in den Bergen dahinter Urlaub machen, aus der Seele. Schließlich findet an und auf dem 52 Kilometer langen, im Süden 18 Kilometer breiten und bis zu 350 Meter tiefen Gewässer jeder, was er zum Ferienglück braucht. Die Sonne scheint aus einem blauen Himmel, strahlt auf den Gardasee wie auf eine Bühne, die in Windeseile, hinter jeder Kurve, ihr Bild wechselt. Südländische Stimmung am Fuß 2000 Meter hoher Berge. Das macht den Reiz aus: Kaum ist der Brenner überquert, beginnt der Süden Europas. Und die Alpen sind der Vorhang, hinter dem sich wettertechnisch alles Glück der Erde verbirgt: im Frühling und Sommer Sonne satt, im Herbst und Winter mildes Klima, Frost und Schnee nur in den Bergen. Wie sonst könnten Palmen und Datteln wachsen, Oliven, Bananen und das farbintensive Tropengewächs Bougainvillea? Und natürlich Zitronen?

Der Strand von Torbole bietet viel Platz zum Sonnenbaden.

Blick auf Torbole.

Es ist die große Bühne für die Fun-Aktiven, mit dem Brett auf dem Wasser, dem Bike in den Bergen, Adrenalin in den Felsen. Die anderen ruhen sich aus, räkeln sich in der Sonne, schlendern durch die Gassen und wandern gemächlich in den Wäldern.

Schwierige touristische Anfänge

Die Geschichte des Gardasees ist lang und bewegt, aus strategisch-militärischer Sicht; der Tourismus dagegen ist noch jung und begann damit, dass Straßen gebaut wurden. Denn wer bis Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Norden kommend am See urlauben wollte, musste in Riva oder Torbole ein Boot nehmen, um in südlichere Gefilde zu kommen. Die Gardesana Orientale, die Straße entlang des Ostufers, wurde 1929 fertig. Zwei Jahre später hatte man sich im Westen des Sees einen Weg durch die Felsen gesprengt: Auch heute noch schwärmen die Menschen von der Gardesana Occidentale als eine der schönsten Straßen Europas, wenn nicht gar der Welt.

Die ersten motorisierten Touristen wurden aber bald schon durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gestoppt. Die Schlagzeilen, die der See fortan machte, waren eher negativ: Benito Mussolini ließ sich mit seiner faschistischen Regierung unter Hitlers Gnaden in Salò, Gardone und Gargnano nieder. Später profitierte auch der Gardasee von den Segnungen des deutschen Wirtschaftswunders, den sich die drei Regionen Trentino, Lombardei und Venetien teilen. Alles Sehenswerte rund um den See prangte in einem Prospekt: die stilvollen Palazzi aus der k.-u.-k-Zeit in Riva, auf der Ostseite die herrschaftliche Skaligerburg in Malcesine, die Anmut eines Monte Baldo und die Pracht von Gardas Bucht; im Westen die anheimelnde Enge Limones und der Glanz stilvoller Häuser von gestern und heute in Gardone Riviera, Gardone di Sopra und Salòs Strebsamkeit.

Glückliches Sirmione, weltberühmtes Verona

Und dann Sirmione im Süden, wo schon die alten Römer ihre müden Glieder im Bade kurierten, wo die Skaliger eine Postkartenfestung errichteten, wo die Sonnenuntergänge das Wasser verzaubern. Sirmione sehen und glücklich sterben, mögen sich viele in Unwissenheit und Anlehnung an den alten römischen Dichter Catull gesagt haben, der vermeintlich in den gleichnamigen Kuranlagen sein Seelenheil fand. Und dann natürlich Verona, einen Katzensprung entfernt. Einmal Julias kupfernen Busen tätscheln, damit sie einem Glück in der Liebe bringe. Einmal eine Belcanto-Aufführung in der sagenumwobenen Arena miterleben, um den Daheimgebliebenen genüsslich davon zu berichten. Einmal eben nach Verona. Und Brescia? Die Stadt steht etwas düpiert abseits, was sie nicht verdient hat, auch wenn der Puls hier anders schlägt als im selbstverliebten Verona: Wer die harte Schale der Industriestadt pellt, stößt auf einen liebenswerten Kern rings um bedeutende römische Hinterlassenschaften wie das Capitol.

Schöne Promenade am Strand von Torbole.

Liebesbeweis im Weingut Zeni.

Ein See für alle und alles

Ende der 1970er-Jahre erlebte der Gardasee einen weiteren unverhofften Aufschwung: Surfer entdeckten das Gewässer für ihren Sport. Heute sind Teile im nördlichen Seebereich für Badegäste und die motorisierte Schifffahrt gesperrt – die Gefahr, dass Surfer Badende nicht erkennen oder aber selbst von Motorbooten »rasiert« werden, ist nicht zu unterschätzen. Es windet halt immer auf dem Wasser, denn Sover, Tramontana und die berüchtigte Ora blasen zur Freude aller Wassersportfanatiker beständig und kräftig aus unterschiedlichen Richtungen. Eine eigene Tourismusindustrie hat sich entwickelt, denn Surfer campieren längst nicht mehr nur in VW-Bussen und kochen auf der Gasflamme, auch sie brauchen Unterkünfte und Verpflegung. Genauso wie die waghalsigen Gipfelstürmer der Rocchetta und die Wanderer, die hinauf auf den Monte Baldo kraxeln.

In der Enoteca della Valpolicella in Fumane.

Zeit zur Muße fanden die Bewohner einst im Castel Toblino am gleichnamigen See.

Berg und Täler

Dieser Monte Baldo ist fürwahr ein veritabler »Monte Miracolo«. Über das Tal und auf das Wasser stülpt sich dieser so eigentümliche Frühdunst, die Almen und Gipfel im Westen sind nur schemenhaft zu erkennen. Nur der Monte Baldo streckte während der letzten Eiszeit kühn seine Gipfel der kühlen Sonne entgegen, so überlebten Samen, Kräuter, Pflanzen und zauberten diesen »Monte Miracolo«. Rund zwei Dutzend Pflanzen wachsen ausschließlich auf dem Monte Baldo, und so tragen diese Endemiten auch seinen Namen, wie die Baldo-Anemonen oder die Knautia baldense, dieses niedliche kleine Gewächs mit dem vielsagenden Namen Witwenblume.

Die schmelzenden Gletscher in den Alpen gruben sich immer tiefer in das Gebirge und ließen das Etsch- und das Sarcatal und schließlich auch den Gardasee entstehen, der mehr und mehr auch zu einem Paradies für die Schönen und Reichen wurde. Sie kamen zur Jahrhundertwende, der Belle Époque, und bevölkerten vor allem das Westufer. Das gemeine Volk trudelte Jahrzehnte später nach. Limone, Gardone Riviera und Salò waren Flecken, die man bis dahin besonders gern im Winter aufsuchte, vornehmlich, weil es sich im Schutz des Monte Pizzocolo und umgeben von mediterraner Flora gut leben ließ. Im Winter sinkt das Thermometer nur selten nahe null Grad, und in den Sommermonaten lässt es sich bei durchschnittlichen 27 Grad prima aushalten.

Befestigungsanlagen im Val di Gresta.

Der Geschmack des Sees

Die Seefische und die frischen Weine, schon die alten Römer fanden schnell Geschmack an Lukullus’ Geschenken. Olivenöl, Zitronen und Orangen waren im Mittelalter die Spezialitäten für Bewohner nördlich der Alpen, denn frisch konnten diese Köstlichkeiten nur vom Gardasee kommen. Die Zeit der Zitronen und Orangen ist vorbei. Ins Leere streben in Limone die Säulen der Limonaien – einer Symbiose aus Gewächshaus und Wintergarten –, die in der kalten Jahreszeit Dächer trugen, um die Wärme zu speichern. Heute fungieren sie als stumme Zeugen dafür, dass hier der Handel mit den sauren Südfrüchten einst ein zuckersüßes Leben bescherte.

Wer heute Zeugnis von der typischen Gardaseeküche ablegen soll, könnte es schwer haben, wenn er sich ausschließlich auf Touristenpfaden bewegt. Pizzen können schon mal aufgebacken, Pasta aufgetaut und Polenta aufgewärmt sein. Abseits speist es sich genüsslicher, dort, wo der Padrone noch die Gäste bedient und gestikulierend erzählt, was die Küche gerade Frisches im Angebot hat. Auch bei der Auswahl des passenden Weins werden die heimischen Gewächse bevorzugt: der leichte, süffige Bardolino oder der etwas bittermandelige Valpolicella von der Ostseite des Sees, der kräftige Groppello oder die Rosévariante Chiaretto vom Westufer oder die Weißweine Lugana oder Custoza aus der Gegend südlich von Sirmione.

Die blauhaarige Nymphe

Dass Engardina schon all diese Köstlichkeiten kannte, ist zu bezweifeln. Sie spielt die entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die wahre Geschichte des Gardasees zu erzählen: Engardina hieß dereinst eine wunderschöne Fee mit langen, blauen Haaren. Der Wassergott Benacus hatte ein Auge auf sie geworfen und lockte sie mit dem Versprechen, ihr einen eigenen See zu schenken. Dreimal klopfte er mit dem Dreizack an einen Felsen, und schon sprudelte die Quelle des Gardasees. Sogleich hielt Engardina ihr liebliches Haar ins Wasser. Seither leuchtet der See im schönsten Blau und verströmt einen wundersamen Feenduft.

TOP ERLEBNISSE

DIE SCHÖNE IM SEE

Die Isola del Garda ist die größte der fünf Inseln im Gardasee, 900 Meter lang und nicht breiter als 125 Meter. Ein mediterranes Schmuckstück mit ihren vielen Pflanzen, Gärten und dem märchenhaften Wäldchen aus Pinien und Zypressen. Gräfin Cavazza lebt seit ihrer Kindheit auf der Isola. Ihr ganzer Stolz sind die Rosen, die dank des warmen Mikroklimas und der schützenden Mauern sagenhaft große Blüten treiben. Führungen April bis Oktober.

www.isoladelgarda.com

JAZZ-SOMMER IN GARGNANO

Juni bis September, meist freitags ab 21 Uhr, erklingt an der kurzen Uferpromenade von Gargnano Jazz. Vom musikaffinen Wirt des Baccaretto organisiert, der nicht nur dann besondere Leckereien auftischt. Via Lungolago Zanardelli 10, Tel. 033 3293 0469.

DIE SCHÜSSELN IM FELS

Gletschermühlen nennt man schüsselartige Vertiefungen in Felsen, die durch die schmirgelnde Wirkung von sich drehenden Steinen entstanden sind. Am einfachsten zu finden sind jene oberhalb von Arco im Norden des Gardasees. Nach dem Hinweis »Marmite gigante« Ausschau halten und dann ruhig in eine von ihnen hinein- und hinaufklettern (ist gesichert).

WEITERE INFORMATIONEN

www.visitgarda.com

Die wunderschöne Isola del Garda.

KUNST UND ANTIQUITÄTEN – BRESCIA

Lohnenswerte Entdeckungen

Brescia ist eine gelungene Symbiose aus moderner Industriemetropole und traditioneller Handwerkskunst inmitten von vielen steinernen Zeitzeugen von der Antike bis zur Gegenwart. Während die Massen nach Verona strömen, muss Brescia um jeden Gast kämpfen. Schade, denn die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz hat es verdient, erkundet zu werden.

La Rotonda, der alte Dom auf der Piazza Paolo VI, beeindruckt durch seine einzigartige Struktur und Schönheit.

Von Salò nach Brescia ist es mit dem Auto eine gute halbe Stunde. Weil Brescia sich in den vergangenen Jahrzehnten mit Erfolg auf den Ausbau der Wirtschaft konzentriert hat, muss man als Tourist zunächst einmal die äußere Hülle mit Industrie- und Wirtschaftsansiedlungen überwinden, um im Kern der Stadt auf viel Liebenswertes und reichlich Sehenswürdigkeiten zu stoßen. Bald schon wird man merken – je nachdem, wie schnell es gelingt, einen Parkplatz zu finden –, dass Brescia kein eigentliches Zentrum besitzt, sondern mehrere Plätze und Stadtteile mit mehr oder weniger interessanten Bauwerken.

Ein Kloster als Weltkulturerbe

Die Brescianer gelten als fleißiges Völkchen, und so war es ihnen lange ein Dorn im Auge, dass ihr Kloster San Salvatore mit der Kirche Santa Giulia erst 1906 von der Stadt komplett gekauft und dann gründlich restauriert werden konnte. Das Kloster geht auf den Langobardenkönig Desiderius (8. Jh.) zurück. Inzwischen ist es samt Museum und Kirche in alter Pracht wiedererstanden und als Museo di Santa Giulia zusammen mit dem archäologischen Komplex um das Forum Romanum 2011 zum Weltkulturerbe erkoren worden.