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"Die öffentliche Selbstfeier moralischer Überlegenheit ist ekelhaft und widerlich." Gutmenschentum bleibt den privilegierten Mitgliedern unserer Gesellschaft vorenthalten, ist manchmal gar nicht so schlecht wie sein Ruf, stammt jedoch tragischerweise aus dem "Land der Täter". Die Gesellschaft verfügt, entgegen weitläufiger Meinung, nicht über zu wenig, sondern über zu viel Moral. Eine ernstgemeinte Moral, die sich von Heuchelei klar abgrenzt, hat seinen Preis. Und bei dem Kulturphänomenen Hipster vermischt sich Ethik und Ästhetik. Das und mehr sind zentrale Punkte in Heinz Budes Essay "Das Schicksal des Gutmenschen".
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Seitenzahl: 14
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Heinz Bude
Das Schicksal des Gutmenschen
Ein Vorschlag zur Güte
Der Ausdruck stammt von Kurt Scheel. Anlässlich seines Abschieds vom Merkur hat der langjährige Herausgeber dieser »deutschen Zeitschrift für europäisches Denken« erzählt, wie es zur Prägung des Gutmenschen kam.1 Karl Heinz Bohrer, der andere Herausgeber, hatte im Januarheft 1992 »gegen die westdeutsche Schaumsprachigkeit« gewettert und die Anlegung eines »Wörterbuchs des guten Menschen« angeregt, in das Begriffe und Sätze wie »die Mauer im Kopf niederreißen«, »Streitkultur« oder »Querdenker« gehören sollten. Kurt Scheel hatte bei der Redaktion des Manuskripts seines Mitherausgebers daraus mit seiner dadaistischen Begabung das »Wörterbuch des Gutmenschen« gemacht. Deshalb darf er sich, streng genommen, als Erfinder des Ausdrucks betrachten.
Die damals »in kämpferischer Stimmung« von ihm in die Welt gesetzte Chiffre wird seitdem mit beträchtlichem Erfolg gehandelt2 und gilt heute als ironischer Standard für Kommentare von Vorgängen politischer Korrektheit. Das Gutmenschentum scheint besonders in Deutschland verbreitet zu sein, das mit militärischer Zurückhaltung, ökologischem Avantgardismus und ökonomischen Austeritätsdiktaten seinen europäischen Nachbarn das Fürchten lehrt. Aber die Wendung gegen den deutschen Gutmenschen kommt nicht aus Portugal, Irland oder Spanien, sondern aus dem eigenen Lande. Hier macht man sich gern mit unverhohlener Schadenfreude über gutmenschliches Scheitern in einer Welt handfester Interessenkonflikte lustig. Man wartet anscheinend nur darauf, dass die Liebchen aus der mittelständischen Komfortzone mit ihrem festen Glauben, dass es nur ein wenig guten Willen braucht, damit die Dinge sich zum Besseren wenden, auf die Schnauze fallen.
Wer ist ein Gutmensch?