8,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 8,99 €
»Ein Roman gegen Diktatur schlechthin.« Marcel Reich-Ranicki.
»Das siebte Kreuz« machte Anna Seghers mit einem Schlag berühmt und wurde zu einem bis heute anhaltenden Welterfolg. Die dramatische Geschichte einer Flucht vor den Nazis ist durchdrungen von Seghers’ eigenen Fluchterfahrungen. Aus sieben gekappten Platanen werden im Konzentrationslager Westhofen Folterkreuze für sieben geflohene Häftlinge vorbereitet. Sechs der Männer müssen ihren Ausbruchsversuch mit dem Leben bezahlen. Das siebte Kreuz aber bleibt frei.
»Der Stoff, aus dem dieses Buch gemacht ist, ist dauerhaft und unzerstörbar, wie weniges, was es auf der Welt gibt. Er heißt: Gerechtigkeit.« Christa Wolf.
Sieben Gefangene sind aus dem Konzentrationslager Westhofen geflohen, aber nur einer erreicht das rettende Ufer. Auf seinem Fluchtweg trifft Georg Heisler auf Männer und Frauen, die sich entscheiden müssen zwischen Verrat und Treue, egoistischer Abkehr und Mitmenschlichkeit, Denunziation und Solidarität. Anna Seghers schrieb ihren berühmten Roman in Paris, einer Zwischenstation auf ihrer lebensgefährlichen Flucht vor den Nazis ins Exil, mit der Souveränität einer Schriftstellerin von Weltrang und einer Klarsicht, die die Lektüre bis heute zur tief berührenden existenziellen Erfahrung macht. Der Text ist durchdrungen von Seghers’ eigenen Erfahrungen und dem inneren Bild ihrer rheinhessischen Heimat.
Die vorliegende Ausgabe folgt dem Wortlaut der Erstausgabe von 1942 unter Berücksichtigung der heute gültigen Rechtschreibung und Interpunktion.
Mit einem Nachwort von Thomas von Steinaecker.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 659
Anna Seghers
Das siebte Kreuz
Ein Romanaus Hitlerdeutschland
Textgrundlage:
Anna Seghers, Gesammelte Werke in Einzelbänden,
Band IV, Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1975
Mit einem Nachwort von Sonja Hilzinger
ISBN 978-3-8412-0707-4
Aufbau Digital,
veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, Juli 2013
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
Bei Aufbau erstmals 1946 erschienen; Aufbau ist eine
Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.
Umschlaggestaltung Dagmar & Torsten Lemme
unter Verwendung eines Ausschnitts aus dem Gemälde
„Das arme Land Tirol“ (1913) von Franz Marc
E-Book Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, www.le-tex.de
www.aufbau-verlag.de
Inhaltsübersicht
Cover
Impressum
Widmung
Personenverzeichnis
Erstes Kapitel
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
Zweites Kapitel
I
II
III
IV
V
VI
VII
Drittes Kapitel
I
II
III
IV
V
Viertes Kapitel
I
II
III
IV
V
VI
Fünftes Kapitel
I
II
III
Sechstes Kapitel
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
Siebentes Kapitel
I
II
III
IV
V
VI
Nachwort
Informationen zum Buch
Informationen zu den Autorinnen
Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne ...
Dieses Buch ist den toten und lebenden Antifaschisten Deutschlands gewidmet
Anna Seghers
Georg Heisler
geflüchtet aus dem Konzentrationslager Westhofen
WallauBeutlerPelzerBelloniFüllgrabeAldinger
ebenfalls geflüchtet
Fahrenberg
Lagerkommandant von Westhofen
Bunsen
Leutnant in Westhofen
Zillich
Scharführer in Westhofen
FischerOverkamp
Polizeikommissare
Ernst
ein Schäfer
Franz Marnet
Georgs früherer Freund, Arbeiter in den Höchster Farbwerken
Leni
Georgs frühere Freundin
Elli
Georgs Frau
Herr Mettenheimer
ihr Vater
Hermann
ein Freund von Franz, arbeitet in den Griesheimer Eisenbahnwerkstätten
Else
seine Frau
Fritz Helwig
Gärtnerlehrling
Dr. Löwenstein
ein jüdischer Arzt
Madame Marelli
Schneiderin für Artistenkostüme
Liesel RöderPaul Röder
Jugendfreunde von Georg
Katharina Grabber
Röders Tante, Eigentümerin einer Garage
Fiedler
Arbeitskollege von Röder
Grete
seine Frau
Dr. KreßFrau Kreß
Reinhardt
Fiedlers Freund
Eine KellnerinEin holländischer Schiffer, der allerlei riskiert
Vielleicht sind in unserem Land noch nie so merkwürdige Bäume gefällt worden wie die sieben Platanen auf der Schmalseite der Baracke III. Ihre Kronen waren schon früher gekuppt worden aus einem Anlaß, den man später erfahren wird. In Schulterhöhe waren gegen die Stämme Querbretter genagelt, so daß die Platanen von weitem sieben Kreuzen glichen.
Der neue Lagerkommandant, er hieß Sommerfeld, ließ alles sofort zu Kleinholz zusammenschlagen. Er war eine andre Nummer als sein Vorgänger Fahrenberg, der alte Kämpfer, »der Eroberer von Seeligenstadt« – wo sein Vater noch heute ein Installationsgeschäft am Marktplatz hat. Der neue Lagerkommandant war Afrikaner gewesen, Kolonialoffizier vor dem Krieg, und nach dem Krieg war er mit seinem alten Major Lettow-Vorbeck auf das rote Hamburg marschiert. Das erfuhren wir alles viel später. War der erste Kommandant ein Narr gewesen, mit furchtbaren, unvoraussehbaren Fällen von Grausamkeit, so war der neue ein nüchterner Mann, bei dem sich alles voraussehen ließ. Fahrenberg war imstande gewesen, uns plötzlich alle zusammenschlagen zu lassen – Sommerfeld war imstande, uns alle in Reih und Glied antreten und jeden vierten herauszählen und zusammenschlagen zu lassen. Das wußten wir damals auch noch nicht. Und selbst wenn wir es gewußt hätten! Was hätte es ausgemacht gegen das Gefühl, das uns übermannte, als die sechs Bäume alle gefällt wurden und dann auch noch der siebte! Ein kleiner Triumph, gewiß, gemessen an unserer Ohnmacht, an unseren Sträflingskleidern. Und doch ein Triumph, der einen die eigene Kraft plötzlich fühlen ließ nach wer weiß wie langer Zeit, jene Kraft, die lang genug taxiert worden war, sogar von uns selbst, als sei sie bloß eine der vielen gewöhnlichen Kräfte der Erde, die man nach Maßen und Zahlen abtaxiert, wo sie doch die einzige Kraft ist, die plötzlich ins Maßlose wachsen kann, ins Unberechenbare.
Zum erstenmal wurden an diesem Abend auch unsere Baracken geheizt. Das Wetter hatte gerade gedreht. Ich bin heute nicht mehr so sicher, ob die paar Scheite, mit denen man unser gußeisernes Öfchen fütterte, wirklich von diesem Kleinholz waren. Damals waren wir davon überzeugt.
Wir drängten uns um das Öfchen, um unser Zeug zu trocknen und weil der ungewohnte Anblick des offenen Feuers unsere Herzen aufwühlte. Der SA-Posten drehte uns den Rücken zu, er sah unwillkürlich durch das vergitterte Fenster hinaus. Das zarte graue Gefusel, nicht mehr als Nebel, war plötzlich zu einem scharfen Regen geworden, den einzelne heftige Windstöße gegen die Baracke schlugen. Und schließlich hört auch ein SA-Mann, sieht auch ein gargekochter SA-Mann den Einzug des Herbstes nur einmal in jedem Jahr.
Die Scheite knackten. Zwei blaue Flämmchen zeigten uns an, daß auch die Kohlen glühten. Fünf Schaufeln Kohlen waren uns zugebilligt, die nur auf Minuten die zugige Baracke anwärmen konnten, ja nicht einmal unser Zeug fertigtrocknen. Wir aber dachten jetzt daran noch nicht. Wir dachten nur an das Holz, das vor unseren Augen verbrannte. Hans sagte leise, mit einem schiefen Blick auf den Posten, ohne den Mund zu bewegen: »Das knackt.« Erwin sagte: »Das siebte.« Auf allen Gesichtern lag jetzt ein schwaches merkwürdiges Lächeln, ein Gemisch von Unvermischbarem, von Hoffnung und Spott, von Ohnmacht und Kühnheit. Wir hielten den Atem an. Der Regen schlug bald gegen die Bretter, bald gegen das Blechdach. Der Jüngste von uns, Erich, sagte mit einem Blick aus den Augenwinkeln, einem knappen Blick, in dem sich sein ganzes Inneres zusammenzog und zugleich unser aller Innerstes: »Wo mag er jetzt sein?«
Anfang Oktober fuhr ein gewisser Franz Marnet von dem Gehöft seiner Verwandten, das zu der Gemeinde Schmiedtheim im vorderen Taunus gehörte, ein paar Minuten früher als gewöhnlich auf seinem Fahrrad ab. Franz war ein mittelgroßer, stämmiger Mensch, an die Dreißig, mit ruhigen, wenn er so unter den Leuten herumging, fast schläfrigen Zügen. Jetzt aber, auf seinem liebsten Wegstück, der steilen Abfahrt zwischen den Feldern bis zur Chaussee, lag auf seinem Gesicht eine starke einfache Lebensfreude.
Vielleicht wird man später nicht verstehen, wieso Franz vergnügt sein konnte in der Haut, in der er steckte. Er war aber gerade vergnügt, er stieß sogar einen leisen glücklichen Schrei aus, als sein Fahrrad über zwei Erdwellen huppelte.
Morgen sollte die Schafherde, die seit gestern bei den Mangolds das Nachbarfeld düngte, auf die große Apfelbaumwiese seiner Verwandten getrieben werden. Deshalb wollten sie heute mit der Apfelernte fertig werden. Fünfunddreißig knorpelige Geäste, kraftvoll hineingewunden in die bläuliche Luft, hingen dick voll Goldparmänen. Sie waren alle so blank und reif, daß sie jetzt im ersten Morgenlicht aufglänzten wie unzählige kleine runde Sonnen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!