Das Spinnennetz - Agatha Christie - E-Book

Das Spinnennetz E-Book

Agatha Christie

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Beschreibung

Der Theaterstück-Krimikomödienklassiker von Agatha Christie Clarissa, die Ehefrau eines Diplomaten, versteht sich trefflich darauf, Abenteuergeschichten zu erzählen. Doch als sie plötzlich in ihrem Wohnzimmer eine Leiche vorfindet, ist ihr dies doch ein wenig Abenteuer zu viel. Eins ist klar: Die Leiche muss weg, nicht zuletzt weil in Kürze ihr Mann mit einem bedeutendem Politiker zu einem Essen nach Hause kommt. Flugs werden die übrigen Gäste der Gesellschaft eingespannt, den Plan in die Tat umzusetzen. Als plötzlich der trocken-ironische Polizeiinspektor Lord auf der Suche nach einer Leiche vor der Tür steht, scheint alle Mühe umsonst ...  In ihrer Parodie auf das Krimi-Genre zeigt Agatha Christie eine einzigartige Mischung aus Spannung und Humor mit allem Drum und Dran: ein verschachtelter Plot mit Mord, Polizei, Drogenabhängigen, unsichtbarer Tinte, versteckten Türen und geheimen Schubladen.  Als eine der wenigen Geschichten, die als Theaterstück aus der Taufe gehoben wurden, entstand Das Spinnennetz auf Wunsch der Hauptdarstellerin Margaret Lockwood während der Proben zur West End-Produktion von Zeugin der Anklage. Das Stück wurde am Savoy Theatre in London uraufgeführt und war mit 774 Aufführungen ein überwältigender Erfolg. 

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Seitenzahl: 127

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Agatha Christie

Das Spinnennetz

(Spider’s Web)

Eine Krimikomödie in drei Akten

Deutsch von Michael Raab

 

 

 

 

 

 

 

FELIX BLOCH ERBEN

Verlag für Bühne, Film und Funk

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Personenverzeichnis

Bühne

Zeit

Erster Akt

Zweiter Akt

Erste Szene

Zweite Szene

Dritter Akt

Agatha Christie

Über das Stück

Impressum / Rechtliche Hinweise

Personenverzeichnis

SIR ROWLAND DELAHAYE

HUGO BIRCH

JEREMY WARRENDER

CLARISSA HAILSHAM-BROWN

PIPPA HAILSHAM-BROWN, Clarissas junge Stieftochter

MILDRED PEAKE

ELGIN, Butler

OLIVER COSTELLO

HENRY HAILSHAM-BROWN, Clarissas Ehemann

INSPEKTOR LORD

CONSTABLE JONES

Bühne

Die Handlung spielt im Wohnzimmer von Copplestone Court, dem gemieteten Anwesen der Hailsham-Browns in Kent.

 

Zeit

Erster Akt: Ein Abend im März

Zweiter Akt, erste Szene: Eine Viertelstunde später

Zweite Szene: Zehn Minuten später

Dritter Akt: Einige Minuten später

 

 

Erster Akt

Das Wohnzimmer von Copplestone Court, dem gemieteten Anwesen der Hailsham-Browns in Kent. Ein Abend im März. Ein angenehmer und gemütlicher Raum mit einer Terrassentür zum Garten. Eine Doppeltür zur Eingangshalle, deren Treppenabsatz man sehen kann. Eine weitere Tür führt in die Bibliothek. Auch dort gibt es eine Tür zur Eingangshalle. Im Wohnzimmer eine verborgene Tür oder ein entsprechendes Paneel, die mit einem kleinen Hebel in einem eingebauten Bücherregal geöffnet werden können. Die Geheimtür öffnet sich zum Raum hin, und man sieht dahinter eine Nische mit einer Tür zur Bibliothek.

Gute Stilmöbel. Ein Konsolentisch mit einem Telefon und einer silbernen Zigarettenschachtel darauf. Ein attraktiver Tisch mit einer Geheimschublade. Ein Sofa mit Beistelltischchen an beiden Seiten und ein Sessel. Abends wird der Raum indirekt vom Deckenrand und mit Wandleuchten erhellt. Rechtwinklig zur Wand ein Konsolentisch mit einem Tablett und drei Gläsern Port, die mit eins, zwei und drei nummeriert sind. Auf dem Tisch auch Papier und Bleistift. SIR ROWLAND DELAHAYE sitzt am Tisch. Er ist Anfang fünfzig, distinguiert und sehr charmant. Er hat die Augen verbunden und nippt am Glas Nummer zwei. HUGO BIRCH steht neben SIR ROWLAND. Er ist um die sechzig und leicht reizbar. Er hält Glas Nummer drei. HUGO und SIR ROWLAND debattieren.

SIR ROWLAND(kostet) Ich würde sagen – also – mit Sicherheit – ja, das ist der 42ger Dow’s.

HUGO nimmt SIR ROWLAND das Glas ab.

HUGO42er Dow’s.

Er gibt ihm das nächste Glas und notiert SIR ROWLANDS Einschätzung. SIR ROWLAND nippt am Port, nippt ein weiteres Mal und nickt überzeugt.

SIR ROWLANDAh, ein exquisiter Tropfen. Cockburn, Jahrgang 1927. Ein Sakrileg, eine Flasche davon für so einen Test zu verschwenden.

HUGO nimmt ihm das Glas ab und notiert. SIR ROWLAND nimmt sich die Binde ab. HUGO liest vor.

HUGODas ist deiner Meinung nach Cockburn, Jahrgang 1927. Nummer zwei war der 42er Dow’s. Nummer eins war der (angewidert) Rich Ruby Portwein. Pah! Dass Clarissa so ein Gesöff überhaupt im Haus hat. Ich bin dran.

SIR ROWLAND verbindet HUGO die Augen.

SIR ROWLANDBenutzt ihn wahrscheinlich für Hasenpfeffer oder irgendwelche Suppen. Okay, Hugo, jetzt sollte ich dich noch drei Mal im Kreis drehen wie bei Blindekuh.

Er führt HUGO zum Stuhl und dreht ihn in dessen Richtung.

HUGOHey, immer schön langsam.

HUGO tastet nach dem Sessel.

SIR ROWLANDHast du ihn?

HUGOJa.

Er setzt sich.

SIR ROWLANDIch verstelle die Gläser.

Er arrangiert sie leicht um.

HUGOBrauchst du nicht, ich lasse mich doch von deiner Meinung nicht beeinflussen. Bei Port kannst du mir nichts vormachen, alter Junge.

JEREMY WARRENDER kommt durch die Terrassentür herein. Er ist ein eleganter junger Mann und trägt einen Regenmantel. Er ist außer Atem.

SIR ROWLANDMan kann nicht vorsichtig genug sein.

Er nimmt Glas Nummer drei.

JEREMY(atmet heftig) Was ist denn hier los? Der Bauerntrick mit Gläsern?

Er zieht Regenmantel und Jackett aus.

HUGOWer ist das? Und warum hat er einen Hund dabei?

SIR ROWLANDNur der junge Warrender.

HUGOOh, hörte sich an, als habe ein Hund einen Hasen gejagt.

JEREMYIm Regenmantel drei Mal hin und zurück zum Pförtnerhäuschen. Der herzoslovakische Minister hat es in vier Minuten, dreiundfünfzig Sekunden geschafft. Ich gab alles und brauchte sechs Minuten zehn. Da stimmt was nicht. Das läuft nur Roger Bannister mit oder ohne Regenmantel.

SIR ROWLANDWer hat Ihnen das mit dem herzoslovakischen Minister erzählt?

JEREMYClarissa.

SIR ROWLANDClarissa!

HUGO(schnaubt) Oh, Clarissa. Und das haben Sie geglaubt?

SIR ROWLANDSie kennen Ihre Gastgeberin nicht gut genug, Warrender. Die junge Dame besitzt eine lebhafte Fantasie.

JEREMYSie meinen, sie hat sich das ausgedacht?

SIR ROWLAND gibt HUGO Glas Nummer drei.

SIR ROWLANDWäre ihr zuzutrauen.

JEREMYNa, der werd ich die Meinung geigen. Puh, bin ich platt.

JEREMY geht in die Eingangshalle, hängt seinen Regenmantel an die Treppe und kommt wieder herein.

HUGOHören Sie auf, wie ein Nilpferd rumzuschnaufen. Ich muss mich konzentrieren. Roly und ich haben um fünf Pfund gewettet.

JEREMYUm was geht’s denn?

HUGOWer mehr über Port weiß. Wir haben den Cockburn, Jahrgang 1927, den 42er Dow’s und das Sonderangebot des Kramladens im Ort. Ruhe bitte. Das ist wichtig. (Er nippt. Unentschieden.) Mmm – ah.

SIR ROWLANDUnd?

HUGOKeine Hektik, Roly – ich lass es gemächlich angehen. Wo ist der nächste? (SIR ROWLAND reicht HUGO Glas Nummer eins. Er nippt.) Ja, bei den beiden bin ich mir ziemlich sicher. Der erste ist der Dow’s, der zweite der Cockburn.

Er gibt SIR ROWLAND die Gläser, der sie auf den Tisch stellt und schreibt.

SIR ROWLANDNummer drei der Dowʼs. Nummer eins der Cockburn.

HUGODen dritten kann ich mir eigentlich schenken, aber trotzdem her damit.

SIR ROWLAND gibt HUGO Glas Nummer zwei.

SIR ROWLANDBitte sehr.

HUGO(nippt) Tschah! Urrgh! Was für eine Pisse. (Er gibt SIR ROWLAND das Glas zurück.) Den Geschmack krieg ich jetzt eine Stunde lang nicht mehr aus dem Mund. Nimm mir das Ding ab, Roly.

JEREMYIch mach’s schon.

JEREMY nimmt ihm die Binde ab.

SIR ROWLANDDas ist also deine Einschätzung? Nummer zwei soll das Sonderangebot sein? Quatsch! Es ist der 42er Dow’s, totsicher.

HUGOPah! Du schmeckst gar nichts mehr, Roly.

JEREMYLassen Sie mich mal. (Er nippt kurz an allen drei Gläsern.) Schmecken alle genau gleich.

HUGODie heutige Jugend – liegt an dem verdammten Gin, den ihr euch dauernd reinschüttet. Killt die Geschmacksnerven.

CLARISSA HAILSHAM-BROWN kommt aus der Bibliothek. Sie ist Mitte dreißig bis Mitte vierzig und lebhaft.

CLARISSAHallo, ihr Lieben. Alles geklärt?

SIR ROWLANDJa, Clarissa. Verrat’s uns.

HUGONummer eins ist der Cockburn, Nummer zwei der Billigport, drei der Dow’s – richtig, hä?

SIR ROWLANDUnsinn, Nummer eins ist der Billigport, zwei der Dow’s, drei der Cockburn. Ich habe recht, oder?

CLARISSAIhr Lieben. (Sie umarmt HUGO, dann SIR ROWLAND.) Jetzt bringt schön das Tablett wieder ins Esszimmer. Die Karaffe steht auf dem Sideboard.

SIR ROWLANDDie Karaffe?

CLARISSAJa, ist nur eine. Und alles derselbe Port.

JEREMY lacht.

SIR ROWLANDClarissa, du schamlose Schwindlerin.

CLARISSAEs ist so ein verregneter Nachmittag, und ihr wolltet eigentlich Golf spielen. Da dachte ich, ihr braucht etwas Spaß, und den hattet ihr doch, oder?

SIR ROWLANDAlso wirklich. Du solltest dich schämen, Respektspersonen so vorzuführen.

HUGO(lacht) Und wer meinte, er erkennt den Cockburn, Jahrgang 1927, im Schlaf?

SIR ROWLANDWas sollʼs, Hugo, schenken wir uns nach.

SIR ROWLAND nimmt das Tablett mit den Gläsern. Er und HUGO gehen in die Eingangshalle ab. HUGO schließt die Tür.

JEREMYClarissa, wie war das jetzt noch mal mit dem herzoslovakischen Minister?

CLARISSAWas soll mit dem sein?

JEREMYIst er wirklich in vier Minuten dreiundfünfzig drei Mal hin und zurück zum Pförtnerhäuschen gerannt?

CLARISSADer Minister ist ein Schatz, aber weit über sechzig, und ich bezweifle, dass er in den letzten Jahren irgendwohin gerannt ist.

JEREMYDu hast das also erfunden. Warum?

CLARISSADu warst den ganzen Tag am Maulen, du müsstest mehr Sport treiben.

JEREMYClarissa, sagst du eigentlich je die Wahrheit?

CLARISSANatürlich – manchmal. Nur glaubt mir dann keiner. Sehr seltsam. Wenn du etwas erfindest, gibt es dir einen Kick, und du klingst überzeugend.

JEREMYIch hätte einen Schlaganfall kriegen können. Wär dir schnurz gewesen.

Geht zur Terrassentür.

CLARISSA(lacht) Es klart auf. Wird ein schöner Abend. Der Garten riecht gut nach dem Regen. (Sie schnüffelt.) Narzissen.

JEREMYDu lebst wirklich gern auf dem Land?

CLARISSAAbsolut.

JEREMYDu musst dich doch zu Tode langweilen. Das passt gar nicht zu dir, Clarissa. Du solltest dich in London amüsieren.

CLARISSAWas – Parties und Nachtclubs?

JEREMYDu wärst eine tolle Gastgeberin.

CLARISSAKlingt wie ein edwardianischer Roman. Und Diplomatenparties sind sterbenslangweilig.

JEREMYSchade drum.

Er versucht, sie zu berühren, aber sie entzieht sich.

CLARISSAWegen mir?

JEREMYJa. Und wegen Henry.

CLARISSAWas ist mit Henry?

JEREMYWarum hast du ihn bloß geheiratet? Jahre älter als du und mit einer schulpflichtigen Tochter. Bestimmt ein sehr fähiger Mann, aber auch ein aufgeblasener Spießer. Läuft rum wie permanent verkatert. Stinklangweilig. Kein Funken Humor –

CLARISSA schaut JEREMY an und lächelt.

– oh, ich sollte lieber die Klappe halten.

CLARISSAKein Problem. Sprich dich nur aus.

JEREMY(eifrig) Du gibst also zu, einen Fehler begangen zu haben.

CLARISSAVon wegen. (spöttisch) Baggerst du mich grad an, Jeremy?

JEREMYUnbedingt.

CLARISSAWie schön. Mach weiter.

JEREMYIch liebe dich.

CLARISSA(fröhlich) Das freut mich sehr.

JEREMYKomplett falsche Antwort. Du musst mit tiefer, einfühlsamer Stimme sagen: „Das tut mir aber leid.“

CLARISSATut es nicht. Ich bin erfreut. Ist doch prima, wenn Leute in mich verliebt sind. Würdest du alles Menschenmögliche für mich tun?

JEREMY(eifrig) Alles.

CLARISSAIm Ernst? Wenn ich jemand umbringe, dann hilfst du... Nein, ich bin lieber ruhig.

JEREMYNein, red weiter.

CLARISSADu hast grad gefragt, ob ich mich je langweile.

JEREMYJa.

CLARISSAIn gewisser Weise schon, jedenfalls ohne mein ganz privates Hobby.

JEREMYWas ist das denn?

CLARISSAWeißt du, Jeremy, ich habe immer ein ruhiges und zufriedenes Leben geführt. Nie ist etwas Aufregendes passiert, also fing ich an, ein kleines Spiel zu spielen. Es heißt „Angenommen“.

JEREMY„Angenommen“?

CLARISSAJa. Ich sage mir – angenommen, ich komme eines Morgens die Treppe runter und finde eine Leiche in der Bibliothek. Was mach ich dann? Oder angenommen, eine Frau marschiert hier rein und teilt mir mit, sie und Henry hätten heimlich in Konstantinopel geheiratet, und er sei ein Bigamist, was antworte ich ihr? Oder angenommen, ich stehe vor der Wahl, mein Land zu verraten oder Henry wird vor meinen Augen erschossen? (Sie lächelt JEREMY plötzlich an.) Oder sogar angenommen, ich brenn mit Jeremy durch, was passiert dann?

JEREMYIch fühle mich geschmeichelt. Was ist denn passiert?

Er greift ihre Hand, die sie entzieht.

CLARISSABeim letzten Mal waren wir an der Riviera in Juan les Pins, und Henry hat uns verfolgt. Er hatte einen Revolver dabei.

JEREMYLieber Gott, hat er mich erschossen?

CLARISSAEr sagte – (dramatisch) „Clarissa, entweder kommst du zu mir zurück, oder ich erschieße mich.“

JEREMYVoll anständig von ihm. Passt nur so gar nicht zu Henry. Und wie hast du reagiert?

CLARISSA(lächelt) Na ja, ich hab ein doppeltes Spiel betrieben.

JEREMYDarling, du scheinst ja viel Spaß zu haben.

PIPPA HAILSHAM-BROWN kommt aus der Eingangshalle. Sie ist zwölf, schlaksig, trägt ihre Schuluniform und hat eine Schultasche dabei.

PIPPAHallo, Clarissa.

CLARISSAHallo, Pippa. Du bist spät.

PIPPAMusikunterricht. (Sie legt ihren Hut und ihre Tasche auf den Sessel.) Was zu essen da? Bin am Verhungern.

CLARISSADu hast doch Brötchen für die Busfahrt gehabt.

PIPPAJa, schon, das ist aber eine halbe Stunde her. Kann ich nicht ein bisschen Kuchen oder so was haben, dass ich bis zum Abendessen durchhalte?

CLARISSA(lacht) Schauen wir mal.

CLARISSA und PIPPA gehen in die Eingangshalle ab.

PIPPA(off) Ist noch was von dem Kuchen mit den Kirschen drauf übrig?

CLARISSA(off) Nein, den hast du gestern alle gemacht.

JEREMY geht zum Tisch und öffnet und schließt schnell Schubladen.

MISS PEAKE(off) Ahoi.

JEREMY macht hastig alle Schubladen zu. Die Abenddämmerung hat eingesetzt. MILDRED PEAKE kommt über die Terrasse herein. Sie ist eine kräftige, fröhliche Frau um die vierzig, trägt Tweed und Gummistiefel. Sie bleibt auf der Schwelle der Terrassentür stehen.

Mrs. Hailsham-Brown in der Gegend?

JEREMYJa, sie gibt grad Pippa was zu essen.

MISS PEAKEKinder sollten regelmäßige Mahlzeiten einhalten.

JEREMYWollen Sie reinkommen, Miss Peake?

MISS PEAKENein, ich hab meine Stiefel an. Sonst bring ich den halben Garten mit rein. (Sie lacht.) Ich wollte nur kurz fragen, was für Gemüse morgen zum Mittagessen gewünscht wird.

JEREMYDa kann ich Ihnen leider...

MISS PEAKEIch sag Ihnen was, ich komm später noch mal. (Sie dreht sich um, stoppt dann aber.) Oh, und Sie sind vorsichtig mit diesem Tisch, Mr. Warrender, ja?

JEREMYSelbstverständlich.

MISS PEAKEEs ist ein wertvolles Stück. So reißt man die Schubladen nicht auf.

JEREMYTut mir schrecklich leid, ich habe nur Notizpapier gesucht.

MISS PEAKEMittleres Fach.

JEREMY zieht das mittlere Fach auf und holt ein Blatt Papier heraus.

Sehen Sie. Komisch, wie manche Leute Tomaten auf den Augen haben.

MISS PEAKE lacht herzhaft und geht dann ab. JEREMY lacht mit, hört aber abrupt auf, wenn sie weg ist. PIPPA kommt aus der Eingangshalle und isst ein Brötchen.

PIPPASpitzenbrötchen.

Sie schließt die Tür.

JEREMYHallo. Wie war die Schule?

PIPPAScheußlich. Internationale Politik. Miss Wilkinson liebt internationale Politik. Sie ist ein Waschlappen, keine Autorität.

Sie legt ihr Brötchen auf den Tisch und holt ein Buch aus ihrer Schultasche.

JEREMYWas ist dein Lieblingsfach?

PIPPABiologie. Ein Traum. Gestern haben wir einen Froschschenkel seziert. (Sie hält JEREMY das Buch unter die Nase.) Schau mal, was ich am Bücherstand gefunden hab. Ist bestimmt eine absolute Rarität. Über hundert Jahre alt.

JEREMYWas ist es denn?

PIPPAEine Art Rezeptbuch. Spannend, total spannend.

Sie schlägt das Buch auf und ist sofort davon gepackt.

JEREMYUm was geht’s darin?

PIPPAWas?

JEREMYScheint ja faszinierend zu sein.

PIPPAWas? (zu sich selbst) Wahnsinn!

JEREMYEs lebe das moderne Antiquariat.

Er nimmt eine Zeitung und liest.

PIPPAWas ist der Unterschied zwischen einer Wachskerze und einer Talgkerze?

JEREMYEine Talgkerze taugt deutlich weniger. Und dürfte nicht essbar sein?

PIPPA(amüsiert) „Ist sie essbar?“ Klingt wie bei „Wer bin ich?“ (Sie lacht, wirft das Buch auf den Sessel und nimmt Spielkarten unten aus dem Bücherregal.) Kennst du Racing Demon?

JEREMY ist in seine Zeitung vertieft.

JEREMYÄh.

PIPPAWillst du „Schweinchen“ spielen?

JEREMYNein.

PIPPAHab ich befürchtet. Schönes Wetter wär zur Abwechslung gut. Wenn du schon auf dem Land bist, sollte es nicht regnen.

Sie kniet auf dem Boden, legt ihre Karten und spielt „Racing Demon“.

JEREMYBist du gern auf dem Land?

PIPPAZiemlich. Ist besser als in London. Spitzenhaus mit Tennisplatz und allem drum und dran. Wir haben sogar ein Priesterloch.

JEREMYEin Priesterloch, hier drin?

PIPPAJa.

JEREMYKann nicht sein. Falsche Epoche.

PIPPAIch nenn’s jedenfalls so. Komm, ich zeig’s dir.

Sie steht auf und geht zum Bücherregal, nimmt ein Buch heraus und legt einen kleinen Hebel an der Wand um. Die versteckte Tür zwischen den Regalen geht auf, und man sieht eine geräumige Nische, hinten mit einer Tür zur Bibliothek.

Ist natürlich eigentlich kein Priesterloch. Diese Tür geht in die Bibliothek.

JEREMYAch ja?

JEREMY betritt die Nische, öffnet die Tür hinten, schaut kurz in die Bibliothek und kommt zurück.

Tatsächlich.

PIPPA