Das Zeitreisehaus - Unendlich - Marie Wollatz - E-Book
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Das Zeitreisehaus - Unendlich E-Book

Marie Wollatz

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Beschreibung

Henry und Hannes landen ganz plötzlich in dem Jahr, in dem der erste Tempus die Zeitmaschine erfunden haben soll. Doch dieser verhält sich ganz anders, als sie es erwartet hätten. Er setzt die beiden unvermittelt vor die Tür. Verloren stehen Henry und Hannes auf der Gerberstraße, gestrandet im Jahr 1612. Die Zeitmaschine ist unerreichbar und die Situation scheint aussichtslos. Durch Zufall treffen sie auf einen berühmten Astronomen. Wird er ihnen helfen, in ihre eigene Zeit zurückzukehren?Die spannende Geschichte der Familie Tempus hat viele unerwartete Details und entführt euch im ersten Teil der Geschichte in das Jahr 1612 und verrät im zweiten Teil vieles aus der Zukunft der Familie Tempus. Was hat es mit dem Zeitreisehaus wirklich auf sich? Und welche Rolle spielt darin der mysteriöse Phi?

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Seitenzahl: 102

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Erste Auflage 2024

Originalausgabe

Das Zeitreisehaus – Unendlich

© 2024 Marie Wollatz/Verlag FantasieReise

Alle Rechte vorbehalten.

 

Autorin: Marie Wollatz

Kontaktdaten: www.verlagfantasiereise.de

Umschlaggestaltung und Illustrationen: Patricia Wagner

Lektorat: Elsabe Felgentreu

 

ISBN: 978-3-9899-5240-9

 

Marie Wollatz

 

Das Zeitreisehaus

 

Unendlich

Mit Illustrationen von Patricia Wagner

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erschienen im Verlag FantasieReise

 

Das Zeitreisehaus – Das Geheimnis der Familie Tempus

Das Zeitreisehaus – Der doppelte Patrick

Das Zeitreisehaus – Auf der Suche nach Lotte

Das Zeitreishaus - Unendlich

 

 

mehr unter: www.verlagfantasiereise.de

 

 

 

 

Danke an:

Arndt und Mikael Wollatz, Katja Neubert,

Elsabe Felgentreu, Patricia Wagner

und an meine Leserinnen und Leser.

 

 

 

 

 

Teil 1

«Allein, es schafft keine geringe Erleichterung, wenn ich bedenke, dass wir uns nicht so über die ungeheure, geradezu unendliche Weite des äußersten Himmels wundern müssen, als vielmehr über die Kleinheit von uns Menschen, die Kleinheit dieses unseres so winzigen Erdkügelchens.»

 

Johannes Kepler

(1571 - 1630), deutscher Astronom

 

 

 

Ungereimtheiten und viele Fragen

«Wie? Es gibt Skizzen von der Zeitmaschine? Und warum erzählst du uns das erst jetzt? Du warst vor Wochen im Jahr 1943!»

Herr Tempus stand entsetzt vom Küchentisch auf. Seine Frau Helene und ihre beiden vierzehnjährigen Zwillinge Henry und Hannes waren gerade beim Abendbrot.

«Ich dachte, ich hätte es euch gesagt. Ich war so durcheinander nach meiner Rückkehr.» Hannes rang nach Worten. Er war sehr aufgewühlt. «Vielleicht habe ich auch vergessen, es zu erwähnen», fuhr er fort und hob entschuldigend seine Hände.

Herr Tempus lehnte, seine Hände in den Hosentaschen, an der Küchenzeile und schaute seine Familie an. «Wisst ihr eigentlich, wie gefährlich es ist, wenn hier in Weimar irgendwo Skizzen von der Zeitmaschine herumliegen? Vielleicht haben die Nazis ja Kopien davon angefertigt. Oder wenn nicht die Nazis, dann bestimmt die Stasi!» Er fuhr sich nervös mit den Fingern durch sein angegrautes Haar.

«Oder Phi hat alles vernichtet und es gibt gar keine Skizzen mehr», warf Henry ein.

Herr Tempus sah seine Tochter ernst an. «Ja, Phi. Wer ist er überhaupt? Er scheint immer wieder aufzutauchen. Die Frage ist, was will er? Vielleicht hat ja sogar er diese Skizzen angefertigt?»

Er setzte sich wieder an den Küchentisch und sah seinen Sohn eindringlich an. «Beschreibe bitte nochmal ganz genau. Wie sahen diese Skizzen aus? Versuche, dich an jedes Detail zu erinnern!»

«Patrick, meinst du nicht …», versuchte Frau Tempus einzulenken.

«Nein, Mama, ist schon gut. Ich versuche es», beschwichtigte Hannes seine Mutter, als er sah, dass diese bereits wieder begann, sich Sorgen um ihn zu machen.

Seit er aus dem Jahr 1943 wiedergekommen war, tat sie das immer wieder. Sie behandelte ihn wie ein rohes Ei. Klar, die Reise war sehr einschneidend für Hannes gewesen. Die Nazis hatten ihn gleich nach seiner Ankunft geschnappt, verhört und gefangen genommen. Doch er hatte entkommen können und war für ein paar Tage im Widerstand untergekommen. Phi war aufgetaucht und hatte ihm letztendlich geholfen, wieder in seine Zeit zu gelangen. Diese Erlebnisse hatten Hannes sehr verändert, wie seine Mutter fand. Er war stiller geworden und auch Hannes selbst musste sich eingestehen, dass er seitdem schlecht einschlafen konnte und von Albträumen geplagt wurde.

Hannes schloss die Augen und versuchte sich die Verhörzelle ins Gedächtnis zu rufen. Doppelte Wände, keine Fenster, spärliches Licht, ein kleiner Tisch, an dem er saß, erschienen als Bild vor ihm. Dann gesellte sich der General dazu, der die Zeichnungen der Zeitmaschine auf den Tisch legte und ihn verhörte. Hannes begann sich zu erinnern: «Das Papier war sehr alt, fast vergilbt, braun. Die Zeichnungen darauf sahen aus, als hätte sie jemand mit Tusche gezeichnet. Es waren feine Linien. Über der Skizze stand deutlich die Jahreszahl 1612.»

Hannes öffnete seine Augen wieder. Seine Familie hörte ihm gespannt zu, klebte förmlich an seinen Lippen. «Aber da war noch etwas. Da waren Initialen, J.K. Der Name Tempus stand nirgends geschrieben. Ich verstehe das Ganze nicht.»

«Das verstehe ich allerdings auch nicht», warf Henry zustimmend ein. «Das ergibt irgendwie alles keinen Sinn. Aber ich habe etwas herausgefunden.»

Alle schauten sie neugierig an.

«Ich bin mit Elisa alle Tagebücher durchgegangen, wirklich alle. Und wir haben keinen einzigen Eintrag aus dem Jahr 1612 gefunden. Ich meine, das ist doch eigenartig. Wenn der erste Tempus die Zeitmaschine im Jahr 1612 erfunden haben soll, dann würde er doch über diese großartige Entdeckung einen Tagebucheintrag führen. Zumindest würde ich das machen. Es ist nichts, wirklich gar nichts über den ersten Tempus zu finden. Die ersten Einträge beginnen erst Jahre später. Genau genommen fangen sie erst mit dem Jahr 1623 an und da steht, dass der erste Tempus verstorben ist und die Kinder die Zeitreisen fortsetzen. Es wird lediglich in einem kleinen Absatz erwähnt, dass er ein großartiger Erfinder gewesen sein und diese Maschine entworfen haben soll.»

«Und du zweifelst daran?», fragte Herr Tempus seine Tochter.

Henry nickte.

«Ich zweifle auch an dieser Theorie.» Herr Tempus schaute seine Frau fragend an, als diese das Wort ergriff.

«Du hast recherchiert?», fragte er.

«Ja, das habe ich allerdings. Es gab tatsächlich die Familie Tempus in der Gerberstraße, auch 1612. Aber diese Familie waren einfache Gerber, keine Erfinder oder Gelehrte. 1612 gab es keinen Erfinder in der Gerberstraße.»

«Aber wer hat dann die Zeitmaschine erfunden? Und was bedeutet J.K.? Ich habe die Skizzen mit meinen eigenen Augen gesehen. Sie waren real!» Hannes strich sich nun auch mit den Fingern über sein kurzes Haar. Die Nazis hatten ihm seine Haare abrasiert und inzwischen, nach ein paar Wochen, waren sie wieder ein Stück gewachsen. In der Schule hatte sein Erscheinen nach den Sommerferien für viel Gesprächsstoff gesorgt. Hannes hatte behauptet, er hätte eine Wette verloren und sich deshalb den Kopf kahl rasiert.

«Bist du dir ganz sicher, dass es auch keine Fälschungen der Nazis waren?», fragte sein Vater eindringlich.

«Ja, selbst der General hielt sie für echt. Sie sind doch erst wegen dieser Skizzen auf die Zeitmaschine aufmerksam geworden.»

Herr Tempus lehnte sich zurück und sah seine Frau Hilfe suchend an. Helene hob die Hände. «Ich könnte nochmal im Stadtarchiv nachschauen, ob da irgendwelche Skizzen liegen.»

Ihr Mann nickte zustimmend und schaute gedankenverloren auf seine Armbanduhr. Dann schreckte er hoch. «Ach herrje, wir müssen das Thema vertagen. Ich muss zum Elternabend in die Schule.»

«Oh Gott, das hatte ich total vergessen, ich auch», sprang Helene auf. «Und ihr? Müsst Ihr nicht für die Mathearbeit morgen lernen?», schaute sie ihre Zwillinge fragend an.

Das neue Schuljahr hatte vor drei Wochen begonnen. Henry und Hannes gingen mittlerweile in die achte Klasse am Gymnasium in Weimar. Unglücklicherweise war es dieselbe Schule, an der auch ihr Vater als Geschichtslehrer unterrichtete. Und heute war Elternabend. Patrick Tempus hatte im neuen Schuljahr eine Klasse als Klassenlehrer übernommen und musste zum Elternabend in die Schule, während Helene Tempus zum Elternabend der Zwillinge gehen wollte.

«Beate wird heute für Elisa zum Elternabend gehen. Deshalb seid ihr zwei heute Abend allein», ergänzte Frau Tempus, als sie merkte, dass sie auf ihre Frage nach der Mathearbeit keine Antwort bekam.

Herr Tempus sah seine Kinder eindringlich an. «Keine Zeitreisen allein, klar?»

«Klar, nie wieder», nickte Hannes, dem der Schreck seiner letzten heimlichen Zeitreise noch in den Knochen steckte.

Kurze Zeit später saßen die Zwillinge im Wohnzimmer und spielten eine Runde «Super Mario Kart».

«Und Mathe morgen?», fragte Henry ihren Bruder während des Spiels.

«Ja, geht schon», antwortete dieser. «Vielleicht brauche ich gar kein Mathe mehr in der Zukunft, weil ich jemanden anstelle, der für mich alles ausrechnet.»

«Du weißt aber schon, dass dein Geld erstmal auf Eis liegt, bis du 18 bist?»

«Ach, musst du mich daran erinnern? Der Gedanke, Millionär zu sein, war so berauschend.»

Nach seiner letzten Zeitreise war Hannes durch alte Aktienanteile zu jeder Menge Geld gekommen. Der General hatte es ihm als Wiedergutmachung für seine Gefangennahme und das Verhör vererbt. Allerdings befanden seine Eltern, dass es besser wäre, wenn das Geld zunächst auf einem Konto geparkt würde und er erst darüber verfügen könne, wenn er achtzehn geworden sei.

Hannes stupste seine Schwester liebevoll an. «Klar habe ich Mathe gemacht», zwinkerte er. «Wenn ich irgendwann meine eigene Firma leite, muss ich doch rechnen können.»

Plötzlich hörten sie ein lautes Krachen im Haus. Henry fuhr erschrocken zusammen. «Was war das?», fragte sie leise.

Hannes Gesichtszüge wurden ernst. «Keine Ahnung. Es hörte sich an, als käme es aus dem Keller.»

«Oh Hannes», entfuhr es Henry panisch. «Die Zeitmaschine!»

Sie sprangen gleichzeitig von der Couch auf und liefen in den Hausflur. Vorsichtig lauschten sie an der Kellertür. «Alles still», flüsterte Hannes. Henry öffnete langsam die Kellertür. Es war so leise, dass sie sich selbst atmen hören konnten. Auf Zehenspitzen gingen sie durch die Tür. Hannes schaltete das Licht an. Niemand war zu sehen, aber ein ihnen bekannter Gegenstand lag vor der Zeitmaschine.

Henry tippte ihren Bruder erschrocken an. Vor der Zeitmaschine lag der Hut von Phi. «Ist er etwa hier?», fragte Hannes, während seine Blicke den Raum nach Phi absuchten. Aber dieser war nirgends zu entdecken. Langsam gingen sie die Kellertreppe hinunter. Der Keller sah aus wie immer, überall Regale mit den zahlreichen Tagebüchern, die die Zeitreisen dokumentierten und inmitten eines Regals stand die Zeitmaschine an der Wand.

«Nein, Hannes! Halt!»

Henry schrie auf, als sie sah, was ihr Bruder vorhatte. Ein eigenartiges Gefühl überkam sie, als sie bemerkte, dass Hannes nach Phis Hut greifen wollte. Irgendetwas sagte ihr, dass sie nichts anfassen sollten. Doch es war zu spät. Gerade als Hannes nach dem Hut griff, packte Henry seine Hand, um ihn zurückzuziehen. Beide erfasste ein Ruck. Sie schlossen für eine Sekunde instinktiv die Augen und als sie diese wieder öffneten, hatte sich der Raum verändert. Da wo gerade noch die Regale mit den Tagebüchern gestanden hatten, lehnten Holzgestelle an der Wand, auf denen Tierhäute gespannt waren. Überall standen dicke Eichenholzfässer, in denen sich eine eigenartige Flüssigkeit befand. Ein beißender Geruch stieg ihnen in die Nase. Henry sah ihren Bruder fassungslos an. Plötzlich schrie sie auf. «Ihhh, Ratten!», entfuhr es ihr laut und sie zeigte auf ein großes Exemplar, welches gerade quer durch den Raum rannte. Die Zwillinge hielten sich immer noch an den Händen und Hannes drückte Henrys Hand fester. Für einen kurzen Moment standen sie schockiert und regungslos da. Sie waren in einer anderen Zeit.

 

 

 

Ein merkwürdiges Ding

«Hannes, was hast du gemacht?», fuhr Henry ihren Bruder an, als sie aus ihrer Starre erwachte.

«Ich habe gar nichts gemacht! Ich wollte nur den Hut aufheben!»

Hannes ließ die Hand seiner Schwester los. Ängstlich drehte er sich einmal um die eigene Achse, um sich kurz im Raum umzuschauen. Es gab kein Licht. Nur ein kleiner Tageslichtstrahl, der zum Kellerfenster hereinschien, spendete etwas davon.

«Nicht schon wieder», flüsterte er wütend. Schmerzliche Erinnerungen aus seiner letzten Zeitreise überkamen ihn. Dann drehte er sich zu Henry und fragte: «In welcher Zeit sind wir eigentlich?»

«Ich weiß es nicht so genau.» Nun schaute auch Henry sich um. «Das sind Tierfelle.» Sie zeigte mit dem Kopf Richtung der eigenartig aufgespannten Felle. «Und ich nehme an, was da in den Eichenfässern lagert, scheinen irgendwelche Gerbstoffe zu sein. Jedenfalls ist es das, was hier so stinkt. Ich denke, dass wir uns in einer Gerberei befinden. Hier wird Leder hergestellt.» Sie rümpfte die Nase beim Anblick der aufgespannten Tierfelle.

«Sind wir noch in unserem Keller?», fragte Hannes zweifelnd. «Wo ist dann die Zeitma…» Doch er konnte nicht zu Ende sprechen, denn gerade in diesem Moment zeigte Henry mit dem Finger auf ein kleines, blinkendes Ding, das vor ihnen in das Mauerwerk eingebaut war. Es war nicht sehr groß. Seine Größe beschränkte sich gerade einmal auf zwei Mauersteine, deshalb war es ihnen auch nicht gleich aufgefallen. Das Eigenartige daran war, dass das blinkende Etwas sich genau an der Stelle befand, an der in der Zukunft die Zeitmaschine stand. Nur war diese viel größer, als das, was sie jetzt vor sich sahen.

«Was ist das?», flüsterte Hannes während er ein paar Schritte darauf zuging. Henry folgte ihm. «Ich weiß nicht. Es sieht jedenfalls nicht so aus, als stamme es aus dieser Zeit hier.»