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Hollywood-Playboy Ethan Chambers fühlt sich sofort zu Rachel hingezogen, als er der zierlichen Maskenbildnerin am Filmset begegnet. Doch um seine Karriere nicht zu riskieren, muss er sich jetzt ganz auf seine Rolle konzentrieren! Nur wie, bei Rachels Sex-Appeal?
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Seitenzahl: 194
IMPRESSUM
Dein Blick weckt mein Begehren erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2010 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Star of His Heart“ erschienen bei: Kimani Press, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 363 - 2016 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Victoria Werner
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733734435
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Ruhe bitte!“
„Klappe eins, die Erste!“
„Action!“
Die Stimme des Regisseurs kam über das Megafon. Seine Worte lösten in Rachel Wellesley einen angenehmen Schauer aus. Dies war ihre Welt. Sie hatte schon als Kind gewusst, dass sie einen Hang zur Kunst hatte.
Das einzige Problem war die Vielfalt an Möglichkeiten gewesen. Zuerst hatte sie malen wollen. Dann schreiben. Später hatte sie erwogen, sich mit Mode zu befassen. Am College hatte sie schließlich ihre Berufung gefunden und sich für die Sparten Make-up-Artist und Costume Design entschieden, eine Fortentwicklung der Berufe der Masken- und Kostümbildner vom Theater. Dafür lebte sie, das machte ihr Spaß – sie liebte es, am Filmset zu sein. In diesem Fall war es das TV-Set, an dem die beliebte Arztserie Paging the Doctor entstand.
Es war der erste Drehtag für die zweite Staffel. Alle Schauspieler der vergangenen Saison waren zurückgekehrt. Alle außer Eric Woods, der Dr. Myles Bridgestone gespielt hatte. Es hatte niemanden überrascht, dass sein Vertrag nicht verlängert worden war, nach all den Problemen, die es mit ihm gegeben hatte. Der bekannte Hollywoodstar hatte es offensichtlich für unter seiner Würde gehalten, für das Fernsehen zu spielen. Alle hatten unter seinen ständigen Klagen gelitten. Eric war der größte Albtraum eines jeden Regisseurs.
Rachel war gut mit ihm ausgekommen, aber ihre ältere Schwester Sofia behauptete, der Mensch, mit dem sie nicht auskommen könne, sei noch nicht geboren. Rachel musste ihr Recht geben. Sie war von Natur aus umgänglich und fand, dass viele Dinge es einfach nicht wert waren, sich darüber aufzuregen.
Aus den Augenwinkeln registrierte sie eine Bewegung. Sie sah, dass der Schauspieler eingetroffen war, der die Rolle des Dr. Tyrell Perry spielen sollte. Ethan Chambers. Schon mit achtundzwanzig hatte er Hollywood im Sturm erobert. Während der vergangenen Monate waren er und seine zahlreichen Affären das Lieblingsthema der Regenbogenpresse gewesen.
Rachel musterte ihn. Sie fand sein Lächeln unglaublich charmant. Wahrscheinlich wäre er der ideale Kandidat für eine Zahnpasta-Werbung. Er war groß, sicher gut einen Meter achtzig, und kräftig gebaut mit breiten Schultern, starken Armen und einer muskulösen Brust. Und dann waren da noch die unglaublichen graublauen Augen und das sexy Grübchen in seinem Kinn. An ihm stimmte einfach alles. Er war der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte.
Falls John Gleason, der Produzent, Ethan ins Team geholt hatte, um die Quoten in die Höhe zu treiben, hatte er sicher die richtige Wahl getroffen. Rachel hatte keinerlei Zweifel, dass er vor allem bei den Zuschauerinnen gut ankommen würde, gleich ob jung oder alt, ledig oder liiert.
Ihr fiel auf, dass er auch am Set bereits das Interesse einiger Frauen geweckt hatte. Er schien die Blicke nicht zu bemerken, da er sich leise mit einem Mann unterhielt. Sie vermutete, dass es sein Agent war. Auch wenn sie Ethan extrem attraktiv fand, war sie zu sehr Profi, um Berufliches und Privates zu vermischen. Sie hasste es, im Scheinwerferlicht zu stehen – während er es offensichtlich genoss, wenn man von der vielen Publicity ausging, die er in der letzten Zeit bekommen hatte.
Das würde sicher eine interessante Drehzeit werden. Der Regisseur, Frasier Glenn, würde begeistert sein.
„Cut! Gut gemacht! Wir gehen weiter zur nächsten Szene.“
Rachel eilte zu Livia Blake. Das Model hatte eine Rolle als Stargast übernommen. Für einige Folgen spielte sie die Ärztin Dr. Sonja Duncan. Die Szene, die sie soeben abgedreht hatten, war sehr emotional gewesen. Dr. Duncan hatte einem liebenden Ehemann mitteilen müssen, dass seine Frau während der OP an Herzversagen gestorben war.
Livia war auch in der folgenden Sequenz dabei. Es war Rachels Job, ihr Haar und das Make-up aufzufrischen. Und da sie auch für die Kostüme zuständig war, musste sie sicherstellen, dass Livias Outfit den Anforderungen der nächsten Einstellung entsprach.
Unwillkürlich wanderte Rachels Blick noch einmal zu Ethan Chambers hinüber. Der Mann an seiner Seite redete unablässig auf ihn ein. Ethans Körperhaltung verriet Anspannung. Sie hatte schon genügend Schauspieler an ihrem ersten Tag am Set erlebt, um zu erkennen, dass er nervös war. Das überraschte sie. Bei einem Mann mit seinem Aussehen hätte sie sehr viel Selbstvertrauen, wenn nicht gar Arroganz erwartet. Er schien in mehr als einer Hinsicht ganz anders als Eric Woods.
Ethan Chambers konnte immer noch nicht glauben, dass er tatsächlich hier am Set von Paging the Doctor war. Er sollte die Rolle des Neurochirurgen spielen – eine der Hauptrollen in einer der momentan beliebtesten Arztserien!
Vor allem Curtis Fairgate, sein Agent, genoss die Situation sichtlich – und schrieb sich erkennbar den Erfolg auf seine Fahnen, als ob Ethan nicht hart daran gearbeitet hätte, endlich da zu sein, wo er jetzt war.
Er musste an die drei Jahre denken, die er im Ausland studiert hatte. Jetzt konnte er endlich sagen, dass er Karriere beim Film machte. Sogar die Zustimmung seines älteren Bruders hatte er inzwischen, was einiges bedeutete. Immerhin hatte Hunter lange versucht, ihn dazu zu bewegen, im Familienunternehmen zu bleiben.
„Du hast doch deinen Text gelernt, oder?“
Ethan hob eine Braue. Er konnte nicht glauben, dass Curtis das wirklich gefragt hatte. „Natürlich“, beschied er ihn knapp. „Ich bin vielleicht nervös, aber nicht blöd. Diese Chance auf einen Durchbruch werde ich mir nicht vermasseln.“
„Gut.“
Ethan atmete einmal tief durch. Er fragte sich, wie es ihm und Curtis gelungen war, die letzten zwei Jahre zu überstehen, ohne sich gegenseitig umzubringen. Agenten waren dafür bekannt, aggressiv, zynisch und in manchen Fällen geradezu menschenverachtend zu sein. Curtis war alles davon – und das im Übermaß. Aber letztlich war es ihm ja tatsächlich gelungen, Ethan eine Rolle in dieser Serie zu verschaffen. Ausschlaggebend war aber wahrscheinlich gewesen, dass die Schwester einer seiner früheren Geliebten mit einem der Drehbuchautoren zusammen war.
Curtis redete von irgendetwas, das Ethan nicht interessierte. Verstohlen sah er sich um und beobachtete fasziniert die konzentrierte Arbeit am Set. Er war schon mehrfach bei einem Fernsehdreh gewesen, aber dies war der erste, bei dem Frasier Glenn Regie führte. Der Mann war bekannt dafür, alles sehr genau zu nehmen.
Ethan wollte die Aufmerksamkeit wieder seinem Agenten zuwenden, als sein Blick auf eine zierliche Frau fiel, die ein süßes Babydoll-Top und eine weit geschnittene Jeans trug. Sie war sicher nicht einmal einen Meter sechzig groß, aber er fand sie sexy mit ihrem kurzen dunklen Haar und den perfekten Gesichtszügen. Und im Gegensatz zu allen anderen, die so schrecklich ernst wirkten, lächelte sie.
„Ethan!“
Curtis schnippte mit den Fingern vor dem Gesicht seines Schützlings, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. „Denk nicht mal daran!“, warnte er.
Ethan sah ihn verärgert an. „Woran soll ich nicht denken?“
„Dich mit irgendeiner der Frauen hier einzulassen. Schon gar nicht mit der sexy Kleinen dort drüben. Ich kenne doch deinen Blick!“
Ethan runzelte die Stirn. Er mochte Frauen. Und er mochte Sex. Er liebte kurze Affären. Die Frauen, mit denen er zusammen war, waren ebenso wenig wie er an langfristigen Beziehungen interessiert. „Wieso?“, fragte er.
„Weil Frasier das an seinem Set nicht will. Das gibt nur überflüssige Komplikationen, die bei der Arbeit stören.“
Ethan schwieg, während sein Blick wieder zu der zierlichen Schönheit wanderte. Sie erinnerte ihn an eine Elfe. Und aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, dass sie jede Komplikation wert wäre. Aber er rief sich zur Ordnung. Er musste seine Spielermentalität für eine Weile zügeln. Zumindest bis zum Ende der Drehzeit. Sein Ziel war, einen festen Platz in der Serie zu bekommen. Wenn er diesen Traum erreichen wollte, musste er sich ganz auf die Arbeit konzentrieren.
Auch wenn er diese sexy Frau gern näher kennengelernt hätte …
„Ich glaube, Sie werden in dieser Staffel ein großer Hit werden, Ethan.“
„Danke.“ Er musste sich zwingen, die Frau anzusehen, die sich als Paige Stiles vorgestellt hatte. Sie war eine der Produktionsassistentinnen.
„Und wie schon gesagt – falls Sie Hilfe brauchen beim Textlernen, lassen Sie es mich wissen. Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung.“
„Vielen Dank, Paige.“ Das Angebot schien freundlich, aber er erkannte die Absicht dahinter. Die Frau hatte ihm schon Avancen gemacht, als sie einander am Vormittag vorgestellt worden waren. Sie sah nicht schlecht aus. Er fand sie sogar ganz attraktiv. Aber sie weckte sein Interesse nicht in dem Maße wie die sexy Elfe.
Die zierliche Brünette war verschwunden, seit eine Szene nach der anderen abgedreht wurde. Falls sie Schauspielerin war, kam ihr Auftritt offensichtlich erst später. Er war versucht, die Assistentin nach ihr zu fragen, entschied sich dann aber dagegen. Ein Mann fragte eine Frau, die Interesse an ihm hatte, nicht nach einer Frau, an der er interessiert war.
„Wohin gehen wir?“, fragte er, als sie Richtung Tür gingen.
„Zum Make-up-Trailer. Dort ist auch die Garderobe untergebracht, weil sich eine Mitarbeiterin um beide Bereiche kümmert.“
„Gibt es dafür einen Grund?“ Die Regelung war ungewöhnlich, zumal bei einer Produktion dieser Größenordnung. Es war viel Verantwortung für eine Person.
„Nur den, dass sie beides machen wollte und Frasier ihr den Wunsch erfüllt hat. Aber wie sollte er nicht – sie ist eine Wellesley.“
Ethan wusste, dass den Wellesleys Limelight Entertainment Management gehörte, eine der angesagtesten Künstleragenturen der Stadt. Sie vertraten einige der größten Schauspieler Hollywoods, aber in den letzten Jahren hatte die Agentur ihren Bereich erweitert. Sie vermittelte jetzt auch bekannte Sänger, Bühnenbildner, Costume Designer, Drehbuchautoren und Make-up-Artists.
„Von den Wellesleys?“
„Von keinen geringeren.“
Ethan hatte ein gutes Einfühlungsvermögen für Menschen, insbesondere für Frauen. Er bemerkte sofort die Abneigung in ihrem Ton. Diplomatisch wechselte er das Thema. „Wie lange arbeiten Sie schon für Paging the Doctor?“
Sie begann zu reden, und genau wie er es zuvor bei Curtis gemacht hatte, nickte er nur hin und wieder und hing dabei seinen Gedanken nach. Er war wieder bei der zierlichen Elfe und fragte sich, wann ihre Wege sich erneut kreuzen mochten.
Endlich eine Pause! Erleichtert ließ Rachel sich auf einen der frei gewordenen Stühle sinken. Sie hatte inzwischen gut fünf Stunden im Trailer gearbeitet. Eine ihrer Assistentinnen arbeitete am Set und besserte vor Ort das Make-up nach, wo es nötig war. Rachel hingegen kümmerte sich um die Schauspieler, die noch nicht gedreht hatten, und sorgte dafür, dass sie ihr Basis-Make-up bekamen.
Einige der Szenen, die heute gedreht wurden, zeigten die Ärzte außerhalb des Krankenhauses in einer entspannten Atmosphäre, entweder zu Hause oder bei einem Date. Also musste sie dafür sorgen, dass die richtige Kleidung bereitlag.
John hatte alle ihre Vorschläge abgesegnet. Seine Zustimmung freute sie sehr – auch was die Requisiten betraf. Einige der Bilder, die eingesetzt wurden, waren ihre eigenen Arbeiten. Außer Frasier und John wussten nur wenige, dass nach den Dreharbeiten aus Rachel die Leinwandkünstlerin Raquel wurde, deren Arbeiten in verschiedenen Galerien ausgestellt waren.
Ihre Schwester Sofia war nicht sehr glücklich mit der Situation. Sie fürchtete, dass Rachel neben der anstrengenden Arbeit beim Film und ihrer Betätigung als Künstlerin keine Zeit mehr für die Liebe bleiben würde, aber das war Rachels geringste Sorge. Sie war erst sechsundzwanzig und hatte im Moment kein Interesse an einer festen Beziehung.
Vor einigen Jahren hatte sie viele Dates gehabt, aber bisher hatte sie sich noch kein einziges Mal verliebt. Sie ging ganz entspannt davon aus, dass ihr das irgendwann noch passieren würde. Ihre Tante und ihr Onkel hatten eine sehr liebevolle Beziehung, und sie hatten ihr erzählt, dass es bei ihren Eltern ebenso gewesen war. Leider waren sie bei einem Flugzeugabsturz umgekommen, als Rachel noch klein gewesen war. Sie erinnerte sich nicht an sie.
Rachel erhob sich, als sie Stimmen vor der Tür hörte. Sie warf einen Blick auf ihren Arbeitsplan. Ihr nächster Termin war erst in einer guten Stunde.
Es klopfte an der Tür des Trailers. Paige steckte den Kopf herein. Die Vierundzwanzigjährige war mitten in der ersten Staffel eingestellt worden. Aus irgendeinem Grund waren sie gleich am ersten Tag aneinandergeraten, und ihre Beziehung war seither nicht besser geworden. Rachel wusste nicht, was Paige gegen sie hatte, ging aber davon aus, dass es etwas mit Rachels freundschaftlichem Verhältnis zu Frasier und John zu tun hatte.
„Du bist ja da!“, sagte Paige in einem Ton, der Rachel den Eindruck vermittelte, es sei ihr anders lieber gewesen.
Rachel lächelte betont freundlich. „Ja, ich bin da. Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Frasier möchte gleich nach der Mittagspause die nächste Szene drehen. Deswegen sollst du dich schon mal um Ethan kümmern.“
Paige kam herein, dicht gefolgt von dem Schauspieler. Als Rachel in seine graublauen Augen sah, verstand sie zum ersten Mal im Leben, was es hieß, wie hypnotisiert zu sein. Nichts hatte sie auf den Sturm der Gefühle vorbereitet, der plötzlich durch ihren Körper wirbelte.
Hierher hatte es die sexy Elfe also verschlagen! Ethan sah sich um. Er heuchelte Interesse an allem außer an der Frau, die ihm nicht mehr aus dem Sinn gegangen war, seit er sie am Morgen gesehen hatte.
„Rachel, das ist Ethan Chambers. Er spielt den Dr. Tyrell Perry. Ethan, das ist Rachel Wellesley, zuständig für Make-up und Garderobe.“
Wieder meinte Ethan einen gehässigen Unterton zu hören, auch wenn Paige lächelte. Aber es war offensichtlich, dass ihr Lächeln allein ihm galt.
Er streckte die Hand aus. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Rachel.“
„Ganz meinerseits, Ethan. Willkommen bei Paging the Doctor.“
Als sie ihre Hand in seine legte, war er versucht, sie an seine Lippen zu führen, wie er es sich in Frankreich angewöhnt hatte. Und als sie ihn anlächelte, stieg die Versuchung. Sie hatte ein so verführerisches Lächeln …
„John möchte ihn in einer halben Stunde am Set haben. Sieh zu, dass du bis dahin fertig bist.“
Ethan und Rachel sahen Paige verblüfft nach.
„Was ist der denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, murmelte Ethan, als die Tür hinter Paige zufiel.
Rachel musste lachen und als Ethan einstimmte, wusste sie, dass sie den Mann mochte. Und wie auch nicht? Ethan Chambers war von Nahem noch attraktiver als aus der Ferne. Sie konnte es gar nicht erwarten, ihn vor der Kamera zu sehen.
„Keine Ahnung, was Paige hat“, sagte sie. „Aber das ist ja auch nicht unser Problem. Mein Job ist es, Sie fertig zu machen.“
„Was ist mit Ihrer Mittagspause? Sollten Sie nicht etwas essen?“
„Das könnte ich Sie auch fragen. Was mich betrifft – ich bringe mir meist etwas von zu Hause mit und esse, wenn sich eine Gelegenheit bietet.“
Er nickte. „Ich bringe heute nichts hinunter, weil ich zu nervös bin. Deswegen habe ich gefragt, ob man das Make-up schon machen kann. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen Ihre Pause verderbe.“
„Kein Problem. Nehmen Sie ruhig schon Platz, während ich mir Ihre Akte hole. Übrigens sind wir hier alle per Du. Ich hoffe, das ist okay?“
„Ja, natürlich. Aber was denn für eine Akte?“
„Sorry, ich bin sehr pingelig, wenn es um die Arbeit geht. Aber anders geht es nicht, wenn man für Frasier und John arbeitet. Ich habe hier einen Ablaufplan aller Szenen, die du heute drehst. Darin steht, was du tragen wirst und welche Beleuchtung für die jeweilige Aufnahme angesetzt ist. Daran kann ich sehen, welche Art Make-up erforderlich ist.“
Sie versuchte, nicht hinzusehen, als er seinen perfekten Körper in den Sessel manövrierte. Dennoch fiel ihr das Tattoo über seinem Handgelenk auf – ein paar dunkelrote Weintrauben.
„Weintrauben?“ Sie sah ihn fragend an.
„Sie erinnern mich an zu Hause.“
„Wo ist das?“ Sie zwang sich, den Blickkontakt zu unterbrechen, und reichte ihm den Kittel zum Schutz seiner Kleidung.
„Napa Valley.“
Rachel erinnerte sich, einen Klassenausflug in das Weinanbaugebiet gemacht zu haben. „Es ist wunderschön dort.“
„Das stimmt. Ich bin nur ungern fortgegangen.“ Er hatte sich den Kittel inzwischen übergezogen.
„Und warum hast du es dann getan?“
„Ich wollte meinen Traum verwirklichen. Leider ging das nicht im Unternehmen meiner Familie.“
Das konnte sie nachvollziehen. Ihre Schwester und ihr Onkel hatten auch stets gehofft, sie werde im Unternehmen der Familie mitarbeiten, aber das wollte sie nicht. Limelight Entertainment Management war von ihrem Vater, John Wellesley, und seinem Bruder Jacob gegründet worden. Die Agentur war inzwischen hoch angesehen und viele Stars verdankten ihr den Start ihrer Karriere.
„Es ist ein schönes Tattoo, aber ich muss es für die Arbeit vor der Kamera abdecken. Dr. Perry hat kein Tattoo“, erklärte sie, während sie den Stuhl langsam nach hinten kippen ließ.
„Das ist kein Problem. Mach, was auch immer nötig ist, Rachel.“
Es war weniger das, was er sagte, als die Art, wie er es sagte, die ihr einen prickelnden Schauer über den Körper jagte. Mit einem letzten Rest an Vernunft erinnerte sie sich daran, dass sie Ethan für die Dreharbeiten vorbereiten musste. Energisch zwang sie sich, den Blick abzuwenden, und rückte ihre Arbeitsutensilien zurecht. „Liegst du bequem?“
„Ja.“
„Und warum bist du nervös?“ Aus mehreren Tuben Make-up suchte sie die Richtige für seinen Hauttyp heraus. Es war August, und auch wenn die Klimaanlage am Set arbeitete, würden die Scheinwerfer viel Hitze abgeben. Sie musste dafür sorgen, dass seine Haut nicht glänzte.
„Das ist der erste Tag bei einem Job, der mir zum Durchbruch verhelfen könnte.“ Ethan räusperte sich. „Darauf habe ich hingearbeitet seit dem Tag, an dem ich beschlossen habe, Schauspieler zu werden. Ich habe kleine Rollen am Theater gespielt und Nebenrollen in Hollywoodfilmen, aber diese Rolle hier, das ist wie ein Traum, der Wirklichkeit geworden ist.“
Rachel nickte. Ihr selbst war es nicht viel anders gegangen. Sie hatte Karriere machen wollen ohne die Hilfe ihrer Familie. Deshalb schickte sie ihre Bewerbung ganz offiziell an Glenn Productions und wurde von Frasier und John zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Obwohl Frasier ein Freund ihres Vaters gewesen war und beide Männer gut mit ihrer Schwester Sofia bekannt waren, die jetzt gemeinsam mit Onkel Jacob die Firma leitete, war Rachel überzeugt, dass sie den Job durch ihr Können erhalten hatte und nicht aufgrund irgendeiner Bevorzugung. Dies war die zweite Staffel, die sie betreute, und sie arbeitete hart dafür, dass Frasier und John die Entscheidung nicht bereuten, ihr eine Chance gegeben zu haben. Ja, sie wusste, wie es war, wenn Träume wahr wurden.
Während sie eine leichte Grundierung auftrug, registrierte sie, dass Ethan eine makellose Haut hatte. Seine Knochenstruktur war perfekt, seine Lippen wohlgeformt und voll. Sie war froh, dass er die Augen geschlossen hatte, weil sein Blick die erstaunlichste Wirkung auf ihren Puls hatte. Sein Aftershave roch gut. Fast zu gut für ihren Seelenfrieden.
„Und was ist dein Traum, Rachel?“
Sie lächelte. „Wie kommst du darauf, dass ich einen habe?“
„Ich bin sicher, jeder Mensch hat wenigstens einen Traum, den er gern verwirklichen möchte.“
„Das stimmt. Und das hier ist meiner – die Arbeit als Make-up-Artist und Costume-Designerin.“
„Mir scheint, du bist sehr gut darin. Sehr professionell.“
„Danke.“ Sie reichte ihm einen Handspiegel. „Bei dir hat es nicht viel gebraucht. Ich halte nicht viel davon, zu dick aufzutragen.“
„Das finde ich gut.“
Sie hatte in ihrem Beruf genügend Männer kennengelernt, um zu wissen, dass sie auf diesen Teil des Schauspielerdaseins gern verzichtet hätten. Aber ein zur Rolle passendes Make-up gehörte zum Dreh nun mal dazu. „Was dein Tattoo betrifft – ich habe da eine Creme, die genau zum Ton deiner Haut passt. Sie reibt sich nicht ab, aber du kannst sie später einfach abwaschen.“
„Okay.“
Er streckte seinen Arm aus und sie begann, die Creme aufzutragen. Seine Haut war warm unter ihren Fingerspitzen. Sie wagte nicht, ihm in die Augen zu sehen, weil sie fürchtete, er könne erkennen, was die Berührung in ihr auslöste. Stattdessen versuchte sie, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Es blieb bei dem Versuch, denn nun lenkten andere Dinge sie ab. Dinge, wie das Pulsieren seiner Venen unter ihren Fingern. Ihr Körper reagierte mit einer Woge des Verlangens, die rasch ihren ganzen Körper erfasste.
Fast wider Willen hob sie den Blick. Sah ihm in die Augen. Eine Ewigkeit schien zu vergehen. Sie wollte sich abwenden, aber es war, als hielte sein Blick ihren gefangen. Langsam ließ sie seine Hand los. So viel also zu ihrer Überzeugung, Privates und Berufliches trennen zu können. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie sich vorgestellt, wie es sein könnte, seine Brust zu berühren. Die Hand tiefer gleiten zu lassen …
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Zum ersten Mal war Rachel froh, Paige zu sehen.
„Wenn er so heiß ist, wie du sagst, dann solltest du ihn vielleicht wissen lassen, dass du interessiert bist, Rachel.“
Rachel rieb sich Farbe von den Händen, während sie ihrem Telefon einen empörten Blick zuwarf. Da ihre beste Freundin am anderen Ende der Leitung den Blick nicht sehen konnte, musste sie es in Worte fassen: „Ich bin nicht interessiert.“ Und da sie wusste, dass Charlene weiter auf dem Thema herumreiten würde, setzte sie noch hinzu: „Hör mal, Cha, ich dachte, wenigstens du würdest mich verstehen. Du weißt, dass ich etwas dagegen habe, Privates und Berufliches zu vermischen. Außerdem habe ich mehr als genug zu tun.“
Charlene lachte. „Du hast immer viel zu tun. Falls ein Mann dich dazu bringen kann, einmal weniger zu arbeiten, dann hat er meine Stimme. Es wird wirklich Zeit, dass du etwas mehr Spaß hast.“
Rachel verdrehte die Augen. „Das musst du gerade sagen!“
„Machen wir uns nichts vor: Männer fliegen nicht so auf mich wie auf dich.“
Rachel wusste, es hatte keinen Zweck, Charlene zu widersprechen. Ihre Worte würden zum einen Ohr hinein- und zum anderen hinausgehen. Sie wünschte, Charlene würde endlich begreifen, dass sie attraktiv und sexy war.
Ihre beste Freundin war wohl die netteste Frau, die Rachel kannte, aber sie hatte kein Glück, wenn es um Dates oder Romantik ging. Rachel gab Charlenes Eltern die Schuld daran, da sie ständig ihrer älteren Tochter Candis den Vorzug gaben. Rachel fand, dass Charlene viele hervorstechende Eigenschaften hatte, nicht zuletzt eine wunderschöne Singstimme.
„Ich habe keine Lust, mit dir zu streiten, Cha. Du weißt, wie ich es hasse, wenn du dich klein machst.“
„Das tue ich nicht. Das sind Tatsachen.“
„Dann lass mich auch ein paar Tatsachen feststellen“, konterte Rachel. „Ich bin hier am Set den ganzen Tag von tollen Männern umgeben. Das einzige Problem ist, dass diese Männer auf die großen, langbeinigen Models stehen und nicht auf mich.“
Als Charlene nichts sagte, wusste Rachel, dass ihre Freundin etwas bedrückte. „Was ist los, Cha?“
Es dauerte einen Moment, bis Charlene seufzte. „Ich habe heute mit Mom gesprochen.“