Denn die Zeit bleibt niemals stehen - Marlene Warnke - E-Book

Denn die Zeit bleibt niemals stehen E-Book

Marlene Warnke

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Beschreibung

Alles wird einmal vergehen, denn die Zeit bleibt niemals stehen--- Rache. Es ist das Letzte, das noch für Arthur Hill zählt, nachdem seine Frau ermordet wird. Jeder in seinem Umfeld hält ihn für den Schuldigen und selbst seine besten Freunde zweifeln an ihm. Zwar wird niemand für den Mord an Claire Hill verurteilt, doch es kann für ihn keine Ruhe geben, solange Bill und Louis Ferrans noch in Freiheit leben. Und da die Gerechtigkeit dort versagt hat, soll nun Rache siegen. Seine letzte Unterstützung ist Lord Charles Telleray, ein egoistischer Besitzer einer Burg und sonst unbedeutend, bei dem er als Butler arbeitet. Selbst dieser würde Arthur im Stich lassen, hielte man ihn nicht selbst des Mordes schuldig. Als eine Einladung auf die Insel der Ferrans-Brüder ankommt, ist für Arthur die Zukunft gewiss: Er will Rache, koste es, was es wolle. Und so machen sich beide auf den Weg, der längst nicht so geradlinig ist, wie er scheint. Ist Rache wirklich den Verlust der Wahrheit wert? Gibt es vielleicht noch einen anderen Weg? Ist alles wirklich so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint oder steckt doch mehr hinter allem? Viele Fragen, deren Beantwortung alles entscheiden könnte. Doch letztendlich können nur Arthur und Charles selbst entscheiden, was ihnen mehr bedeutet: Rache oder Wahrheit.

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Zeiten kommen, Zeiten gehen

Alles kommt und alles geht

Alles wird einmal vergehen

Denn die Zeit bleibt niemals stehen

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechszehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Kapitel Vierundzwanzig

Kapitel Fünfundzwanzig

Kapitel Sechsundzwanzig

Kapitel Siebenundzwanzig

Kapitel Achtundzwanzig

Kapitel Neunundzwanzig

Kapitel Dreißig

Kapitel Einunddreißig

Kapitel Zweiunddreißig

Kapitel Dreiunddreißig

Kapitel Vierunddreißig

Kapitel Fünfunddreißig

Kapitel Sechsunddreißig

Kapitel Siebenunddreißig

Kapitel Achtunddreißig

Epilog

Prolog

Ein Schuss. Ein Schrei. Ein dumpfer Knall. Stille. Noch zwei Schüsse. Stille. Höhnisches Gelächter. Entfernende Schritte. „Es geschieht ihr nur recht.“

Arthur stellte den Motor ab und stieß die Autotür auf. Es war ausgesprochen ruhig an diesem Augusttag, wo doch sonst so viele Leute unterwegs waren. Als er ein Stück weiter die Ferrans-Brüder erkannte, verdunkelte sich seine Miene. Kein Wunder, dass niemand aus dem Haus kam, wenn sich diese berüchtigten Verbrecher durch die Gegend trieben. Dass sie nicht längst im Gefängnis saßen, hatten sie bloß ihrem vererbten Reichtum zu verdanken. Zum Glück würde er bald ihre Schuld beweisen können.

„Niemand wird uns jemals wieder widersprechen, Bill.“ Der Mann lachte abermals und steckte die Waffe in eine Aktentasche. Er hatte es nicht eilig. Niemand würde die beiden verdächtigen, dafür hatten sie viel zu viele gute Bekannte.

Arthur lief ein Stück die Straße hinunter und dann in eins der Häuser hinein. Evenians Street Nummer 24, das war sein Zuhause. Er schloss die Tür auf und ging hinein, doch niemand erwartete ihn. Seltsam, sonst war Claire immer vor ihm zuhause gewesen. Etwas stimmte nicht. Er hastete durch die Zimmer und die Küche, doch niemand war da. „Claire? Bist du da?“ Keine Antwort.

„Weißt du, Louis, eigentlich ist sie selbst schuld. Hätte sie uns die Unterlagen gegeben, wäre alles noch in Ordnung. Und dieses Geschrei war einfach nur jämmerlich. Wer sich mit uns angelegt, zahlt eben einen hohen Preis“, meinte der andere Mann verächtlich. Wie sein Bruder bereute er nicht annähernd, was geschehen war. Ein Mensch war tot, aber solange niemand ihn verdächtigte, war alles gut.

Verzweifelt rannte Arthur nach draußen. Wo war Claire bloß? Erst hatte er diese Gauner in der Nähe seines Hauses gesehen und nun war auch noch seine Frau verschwunden. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

„Lass uns doch mal nachschauen, ob der noch am Suchen oder schon am Heulen ist“, sagte Louis. Ihm machte die Situation in gewisser Weise noch Spaß. Er wusste, er würde mit Mord davonkommen.

Arthur stieß die Tür zum Garten auf und erstarrte. Dort lag Claire. Blut um sie herum. „Nein“, flüsterte er verzweifelt. „Das kann nicht wahr sein!“ Er ließ sich auf die Knie sinken und strich ihr sanft über die Wange. Er konnte es nicht fassen! Sie war tot. So viele Leichen hatte er als Detective Sergeant schon gesehen, also wusste er, dass es zu spät war, konnte es jedoch nicht wahrhaben.

Bei beiden Brüder kamen näher ans Haus. Die Tür stand noch sperrangelweit offen, also kamen sie einen Schritt hinein. Plötzlich ertönten hinter ihnen Polizeisirenen und verstummten wieder. Da kam einem der Brüder eine Idee. „Er war es! Er hat sie erschossen!“, rief Bill. Die Polizei stürmte an ihnen vorbei ins Haus.

Arthur kniete neben Claire. Sie war tot. Seine geliebte Ehefrau war ermordet worden. Er konnte es einfach nicht fassen. Schritte ertönten hinter ihm. „Sie sind verhaftet, Arthur Hill.“

Kapitel Eins

Missmutig ging ich nach unten. Ich war wieder viel zu spät dran, aber das war mir egal. Mir war sowieso alles egal. Irgendwann würde sich dieser griesgrämige Lord auch daran gewöhnen. Ich wäre niemals hier geblieben, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, aber die hatte ich nicht.

„Butler!“, erklang wieder die nervtötende Stimme von Lord Telleray. Demnach war es halb neun, wie jeden Tag, wenn ich die Treppe herunterkam. Und wie immer antwortete ich ihm nicht, da er mich sowieso nicht herausschmeißen würde. Selbst wenn er es getan hätte, mir wäre es egal gewesen.

„Butler! Arthur! Ich befehle Ihnen, sofort zu kommen! Butler!“ Es war genauso wie gestern und die beinahe tausendeinhundert Tage zuvor. Beinahe jeder Tag, seit Claire fort war, begann so. Und dabei hätte ich eigentlich etwas tun müssen. Es wäre verdammt noch einmal meine Aufgabe gewesen, diese Ferrans-Brüder ins Gefängnis zu bringen. Doch ich war kein Detective mehr und würde nie wieder einer werden. Sie schafften es einfach immer wieder, mit Mord davonzukommen.

„Arthur! Komm Sie sofort hierher! Ich erwarte mein Frühstück in zwei Minuten, sonst sind Sie gekündigt! Los! Mister Hill! Bitte kommen Sie, Mister Hill!“ Endlich reagierte ich und ging in die Küche. Vielleicht war es ein wenig gemein, dass ich meine unstillbare Wut an ihm ausließ, aber bei seiner Überheblichkeit konnte ich einfach nicht nett sein.

Ich nahm ein Laib Brot, zwei Teller und eine Papiertüte mit Salami und lief damit in den Speisesaal. Die riesige Tafel war absolut nicht geeignet für zwei Personen, aber sonst wohnte niemand in dieser Burg. Egal, wen aus dem Dorf ich auch einlud, nur um mich hier nicht ewig wie das einzige menschliche Wesen in der Umgebung zu fühlen, es kamen nur Absagen. Niemand wollte mit gleich zwei vermutlichen Mördern in einem so alten Gebäude auch nur eine Minute verbringen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, früher hätte auch ich einen großen Bogen um Telleray gemacht. Doch auch wenn man ihn des Mordes verdächtigte, er war leider der letzte Mensch in England, der mir nicht so gut wie möglich aus dem Weg ging.

Mit Schwung schleuderte ich den zweiten Teller und das Brot und die Salami, nachdem ich mir etwas davon genommen, über die lange Tafel bis zum Lord.

„Sie sollen das Essen bringen und nicht werfen“, kam sofort der vorwurfsvolle Kommentar.

„Ich will aber nicht so weit laufen.“

„Was Sie wollen, interessiert hier niemanden. Hier ist nur meine Meinung gefragt.“

„Sind Sie da sicher? Nur Sie hören sich selbst zu.“ Damit war die Unterhaltung beendet.

Nach dem Frühstück wollte ich hinauf, um wie jeden Tag zwei Stunden lang vorm Fenster zu sitzen und zu darauf zu warten, dass alles besser werden würde. Dazu kam es aber nicht. Zum ersten Mal im ganzen Jahr klopfte jemand. Es war der Postbote, der schon fortgerannt war, bevor ich die Tür öffnen konnte. Ein Brief lag auf dem Boden. „An Lord Charles Telleray und Detective Arthur Hill, Burg Telleray, Newcastle“

Ich wunderte mich, wer diesen Brief geschrieben haben konnte, denn seit eineinhalb Jahren hatte ich nur noch mit der Gemischtwarenladenverkäuferin und dem Lord geredet. Dass er überhaupt jemals vernünftig mit einer Person geredet hatte, zweifelte ich komplett an.

„Post ist da!“, rief ich und schleuderte den Brief durch den Eingang zum Speisesaal und Lord Telleray direkt an den Kopf.

„Können Sie nicht ein einziges Mal aufpassen, Butler?“ Er hob widerwillig den Brief auf.

Ich stand schon auf der ersten Treppenstufe, als es in der Küche laut krachte. Auf dem Absatz hetzte ich zurück. Der Stuhl war umgekippt und der Lord stand leichenblass vor der Tafel. Seine Finger zitterten und der geöffnete Brief war ihm aus den Händen gefallen. Panik spiegelte sich in seinen Augen wieder. „Verschließen Sie das Tor, Mister Hill. Ziehen Sie die Zugbrücke hoch. Verriegeln Sie die Hintertür und die Fenster im Erdgeschoss und lassen Sie Wasser in den Burggraben laufen. Bitte. Es ist wichtig.“

Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, während Lord Telleray panisch wurde. Ein sonst so gefasster und berechenbarer Mensch ließ sich nur durch eine Katastrophe aus der Ruhe bringen. Ich rannte sofort los, um alles zu erledigen. Erst nach einiger Zeit kam ich in die Küche zurück, wo er immer noch zitternd dastand. Vorsichtig hob ich den Brief hoch und sah ihn mir an.

Ich taumelte rückwärts, als ich die Signatur las. Bill und Louis Ferrans. Angst stieg in mir hoch. Das konnte einfach nicht wahr sein!

Kapitel Zwei

„Lieber Charles,

Lieber Arthur,

hiermit laden wir euch auf unser Anwesen ein. Es steht auf Felsays Island, welche ebenfalls in unserem Besitz ist. Wir würden uns sehr über euer Erscheinen freuen, schließlich sollen zu unserer Feier all unsere Freunde eingeladen werden. Das Fest findet am dritten August statt und ein dreiwöchiger Aufenthalt ist geplant. Wir sind sicher, dass Sie gerne kommen würden. Alte Zeiten vergisst man nicht so schnell, und wir haben sicher viel zu besprechen.

Das Schiff fährt am neunundzwanzigsten Juli um vierzehn Uhr vom Nordhafen in Sunderland ab. Lasst euch überraschen, wo genau die Insel liegt, sie ist in keiner Karte verzeichnet bei ihrer Größe, also ist es umsonst, danach zu suchen.

Das wäre eigentlich alles. Da ihr keinen Grund um abzuschlagen habt, erwarten wir euch. Sonst wären wir noch dazu gezwungen, euch zu besuchen, was äußerst schade wäre, da wir dann sicherlich über euer Nichterscheinen verärgert wären. Wir würden uns nur sehr ungern über euch ärgern, wisst ihr, denn dann verlieren wir manchmal die Geduld, was nie gut ist.

Noch ein paar persönliche Worte an Little Charlie, unseren alten Freund. Wir finden es wirklich schade, dass du den Kontakt mit uns zerstört hast. Weißt du, wir sind sehr ärgerlich darüber und nur eine Versöhnung könnte uns wieder gnädig stimmen. Dass du uns zwei Jahrzehnte lang ignorierst, ist einfach nur bösartig von dir. Und wie du sicher weißt, ist es nicht vorteilhaft, uns als Feinde zu haben, wo wir doch so gerne wieder deine Freunde wären.

Und an dich, Arthur, wir freuen uns, dass du kommen wirst. Sicherlich wirst du viel Spaß hier haben, auch wenn es so furchtbar schade ist, dass Claire nicht kommen kann. Ihr hätte es sicherlich auf Felsays Island gefallen, doch leider wirkte sie bei unserer letzten Begegnung schon so abweisend, dass wir der Meinung waren, sie konnte uns nicht so recht leiden. Aber dieses Problem ist zum Glück endgültig vorbei. Dass unser Treffen mit dir erneut im August stattfindet, ist auch wunderbar. Damals war es ein herrlicher Tag gewesen, nicht wahr?

Mit vielen lieben Grüßen

Bill und Louis Ferrans“

Ich hasste die beiden so sehr, wie ich noch nie jemanden gehasst hatte. Sie erlaubten sich einfach alles. Als ob ich nicht wusste, was sie vorhatten. Es war wohl an der Zeit, mich endlich zu beseitigen. Doch trotz der anfänglichen Panik fürchtete ich nicht mehr. Im Gegenteil, sie würden noch mitbekommen, dass ich kein verweichlichter Volltrottel war. Wenn sie wollten, dass ich kam, dann kam ich auch. Mit wessen Tod das ausgehen würde, würden wir dann sehen.

Der Lord hingegen war den ganzen restlichen Tag und auch den Tag danach nicht ansprechbar. Es war, als wäre er nicht einmal wirklich anwesend. Sein tägliches Gebrüll und die bissigen Kommentare waren dabei schon so zum Alltagsprogramm geworden, dass es beinahe seltsam war. Ich schmiedete einen Racheplan und er schien schon einmal mit seinem Leben abzuschließen. Auf einen Freund meiner Feinde konnte ich sowieso gut und gerne verzichten.

Vorsichtig packte ich den Brief und mein letztes Beweisstück gegen die Ferrans-Brüder in einen Brief, den ich morgen abschicken würde. Hoffentlich würde mein alter Freund Albert dieses Mal an meiner Seite stehen. Er vertraute mir zwar nicht mehr, aber ich konnte nicht anders, als ihm zu vertrauen, wie in alten Zeiten.

Ich würde fahren, da war ich mir sicher. Die Koffer hatte ich schon gepackt. Die wenigen Kleidungsstücke, die ich hatte, die zwei Pistolen, die ich hier in einem der Schränke gefunden habe und ein ganzes Sortiment Messer sollten schon genügen. Und natürlich das Fotoalbum, das Einzige, das ich aus meinem Haus mitnehmen durfte, bevor alles in die Asservatenkammer geliefert und anschließend versteigert wurde. Das wunderschöne Fotoalbum mit handbesticktem Umschlag. Claire hatte Wochen dafür gebraucht, doch das war es wert gewesen. Der mitternachtsblaue Stoff war derselbe, aus dem sie ihre Kleider angefertigt hatte. Sie hatte diese Farbe so geliebt.

Behutsam klappte ich das Album auf. Das erste Foto war von unserem Hochzeitstag, der beste Tag in meinem gesamten Leben; das zweite war von viel früher, als wir uns gerade kennenlernten, sie hatte einfach keinen Sinn für Ordnung gehabt. „Was wichtig ist, gehört ganz nach vorne. Diese blöden Zahlen merkt sich doch sowieso kein Mensch“, hatte sie mir gesagt gehabt. Nur ein Foto steckte lose zwischen den Seiten. Es war vom zehnten August, ein Tag bevor ... Mir schossen die Tränen in den Augen, während ich vor meinem inneren Auge sah, wie fröhlich sie an diesem Tag gewirkt hatte. So, als hätte nichts schiefgehen können. Sie war so ein Sonnenschein gewesen. Doch diese Menschen hatten sie mir genommen. Das würden sie büßen. Es gab keinen Preis, der mir für ihren Tod zu hoch war. Ich hatte schon so nichts zu verlieren außer meinem Leben und das war schon seit drei Jahren vorbei.

Kapitel Drei

Claire kam mit großen Hüpfschritten aus dem Garten herbei. Ihr Haar wehte im Wind und sie lachte fröhlich. Ihr mitternachtsblaues Kleid flog in die Höhe, als sie sich einmal herumdrehte und dann stehenblieb. „Und? Wie findest du es?“, fragte sie gespannt.

„Wunderschön. Nur den linken Ärmel könntest du noch kürzen, der sieht irgendwie länger aus.“

Sie lachte herzlich. „Ganz recht, es ist beinahe ein halber Inch Unterschied. So etwas fällt aber nur dir auf, Arthur.“

Nun begann auch ich zu lachen. „Lass es so, wenn es so wenig ist. Du hast recht, das fällt wirklich nur mir auf, und ich finde, so sieht es sehr originell aus.“

„Finde ich auch.“

Sie kam näher und legte ihre Arme um meine Schulter. Sanft strich ich ihr über die Wange. Sie war einfach wunderbar. Die schönste und gleichzeitig klügste Frau, die es auf dieser Welt nur gab. Und gleichzeitig so unglaublich chaotisch, dass sie wohl vergessen hatte, dass sie nach dem Messen einen Ärmel noch gekürzt hatte. Aber wenn es Claire nicht störte, störte es mich auch nicht.

Ich gab ihr einen Kuss und löste mich aus ihrer Umarmung. „Es wird Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen. Sobald dieser Fall erledigt ist, fahren wir auch ans Meer, wie versprochen.“

„Wirklich?“ Sie hüpfte auf und ab wie ein kleines Kind, das nicht auf sein Geschenk warten konnte. „Super! Woran arbeitest du denn gerade?“

„Am Fall über die Ferrans-Brüder. Ich sollte aber bald damit fertig sein, die Beweise habe ich schon. In zwei Tagen werde ich dem Polizeipräsidenten höchstpersönlich die Akte Ferrans übergeben. Es wird schon nichts schiefgehen.“ In Gedanken ging ich noch einmal alle Beweisstücke durch. Ja, es konnte nichts schiefgehen, so gründlich wie ich gewesen war.

„Da freue ich mich. Und ich wette, es wird perfekt. Du bist immerhin der beste Detective in Newcastle. Außer dann, wenn du schon wieder viel zu lange mit irgendwelchen Papieren beschäftigt bist und nicht mitbekommst, dass ich sie am liebsten aus dem Fenster werfen würde.“

Ich schmunzelte. Das war typisch für sie. Aber bald war es vorbei. Es war mein größter Fall bisher und es durfte einfach keine Zwischenfälle geben. Diese beiden waren gefährlich, auch wenn nie offiziell gegen sie ermittelt wurde. Ihre Macht über die Leute musste ein Ende haben.

„Bin schon fertig.“ Ich ordnete alles an die richtige Stelle und legte die Beweise wieder unter all meine Papiere. Am nächsten Tag würden die Beweise zusammen mit Claires Leben auf immer davon sein.

Kapitel Vier

Ich wuchtete meinen Koffer über das Geländer, sodass er mit einem riesigen Tumult ins Erdgeschoss fiel. Nur eine Sekunde später flog mein Mantel hinterher, den ich vergessen hatte einzupacken. Ich hatte Geschimpfe erwartet oder wenigsten einen abwertenden Kommentar, doch außer dem Krach, den ich machte, war nichts zu hören. Es war beinahe langweilig, seit der Lord so durchdrehte. Das Einzige, auf das ich mich in dieser Burg früher verlassen konnte, war sein ewiges Genörgel an allem Möglichen und jetzt fehlte es mir ein wenig. Es war hoffnungslos, er schien nichts machen zu wollen und nur auf sein Ende zu warten. Einfach verabscheuenswert. Wegen solchen Leuten, die sich nur von ihrer Angst leiten ließen, gewannen solche wie die Ferrans immer wieder. Und dabei brachte es absolut nichts, stundenlang herumzusitzen und zu heulen.