Doppelt - Marlene Warnke - E-Book

Doppelt E-Book

Marlene Warnke

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Beschreibung

Auf ihrem Heimweg findet Lissy eine Leiche. Außer sich rennt sie nachhause, doch dort sitzt das Mädchen, das sie mit einem Messer in der Brust entdeckte, mit ihren Eltern am Tisch. Die Austauschschülerin aus Frankreich. Was nun?

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Doppelt

PrologKapitel 1) Das MädchenKapitel 2) Immer wieder rotKapitel 3) AbendeKapitel 4) Typisch BeatriceKapitel 5) GefangenKapitel 6) Am Rande des WahnsinnsKapitel 7) Beatrices GeschichtenKapitel 8) Am EndeKapitel 9) Ein perfekter PlanKapitel 10) Leichen und MonsterKapitel 11) KirschsaftKapitel 12) Das FestKapitel 13) HamletKapitel 14) Blutflecken und AusflügeKapitel 15) MarseilleKapitel 16) Madame TroudeauKapitel 17) LeichenjagdKapitel 18) Die Lösung des RätselsKapitel 19) Erinnerungsloses ErwachenKapitel 20) FotografienKapitel 21) SchwesternKapitel 22) EmailsKapitel 23) Papis GeheimnisKapitel 24) FreundschaftsbruchKapitel 25) RacheKapitel 26) Zu viertKapitel 27) ReueKapitel 28) DoraKapitel 29) SpaziergangKapitel 30) HorrornachtKapitel 31) Ein unvergesslicher AbendKapitel 32) SpurenKapitel 33) VerwandteKapitel 34) WahrheitKapitel 35) Loosing myselfKapitel 36) Verlorene VergangenheitKapitel 37) LösungenKapitel 38) LebenKapitel 39) ZuhauseKapitel 40) Wiedersehen mit BeatriceKapitel 41) VorbeiKapitel 42) ZukunftEpilogImpressum

Prolog

Sometime we see things, which cant be real. But when we see the reality we wish, that we can come back to our imiginations---

Rot. Die Welt war davon erfüllt. Leuchtendes Rot, Dunkelrot, Pink, Kupferrot, Ahornrot … Mein Herz hämmerte. Rot. Rot wie Blut. 

Ich konnte immer noch nicht fassen, was ich sah. War ich bei einem Thriller eingeschlafen? Ich zwickte mir in den Arm. Nein, war ich nicht. Und doch schien es ein Traum zu sein. Blut. Messer. Ich versuchte, meine Gedanken zu beruhigen, doch ich konnte es nicht. Ich konnte nur daran denken. Plötzlich rannte ich los. Einfach davon, auch wenn ich wusste, dass ich diesem Traum nicht entkommen würde, da er wahr war. Doch es konnte nicht wahr sein. 

Rot. Das Messer in der Brust steckend. Sie war doch noch so jung … Sie war wunderschön. Doch nun war sie tot. 

Ich rannte und rannte, wollte nur nach Hause laufen. Endlich stand ich dort, vor dem gewohnten Haus, doch alles war von Blut erfüllt. "Mutter? Kommst du?" Ich beugte mich zum Fenster hinein. Doch da saß sie. 

Das wunderschöne, junge Mädchen mit dem Messer in der Brust. Doch das Messer war weg. 

Grüne Augen. Waren sie nicht blau? Egal. Ich drückte mich gegen die Hauswand und versuchte krampfhaft, meine Atmung zu beruhigen. Das konnte nicht wahr sein! Es musste ein Traum sein! Das Mädchen lebte! Doch sie war eindeutig tot gewesen... 

"Ist was, Schätzchen?" Meine Mutter sah zu mir heraus, doch ich blickte zur Seite. 

Was sollte ich tun? Ihr alles sagen? Doch was dann? Lügen? Doch wieso? Nein, besser ich sagte nichts. Ja, das war die perfekte Idee! Ich kramte in meinem Rucksack: "Guck mal! Ich habe eine Eins!" Bloß die Nervosität verstecken. Nur nicht nachgeben. Blieb ruhig, Lissy. 

Rot. Alles wurde rot. Doch … Grün, das Mädchen leuchtete grün. Diese Augen …

Alles um mich herum drehte sich und ich freute mich zum ersten Mal in meinem Leben, dass diese blöde Hauswand existierte. 

Kapitel 1) Das Mädchen 

2 1 : 3 4

"Liebes Tagebuch,

wie viel habe ich dir zu erzählen … 

Ja, ich wollte damit aufhören, ich fand es kindisch, babyhaft. Doch nun brauche ich jemanden, mit dem ich reden kann, ohne meine Familie zu beunruhigen. 

Rot. Immer taucht diese Farbe vor meinen Augen auf. Immer wieder, immer öfter. Meine Familie kann es nicht verstehen, vermutlich, weil ich ihnen nichts von dem Mord erzählt habe. Mord, jawohl. Dieses junge, wunderschöne Mädchen tot auf dem Fußweg. Das Messer in ihrem Bauch. Rot. 

Und kaum dass ich dieses Mädchen sah, rannte ich voller Panik nach Hause, doch dort saß SIE. SIE, das Mädchen, welches ich sah. Das Mädchen in rot. Sie saß da und aß mit meinen Eltern zu Abend, als wäre nie etwas geschehen. Vielleicht ist nichts geschehen? Doch ich konnte es mir nicht eingebildet haben, nein. Selbst dieser rote Fleck auf meiner Hose, als ich fast über sie stolperte, beweist es. Doch plötzlich waren ihre Augen grün. Grün, nicht hellblau. Es war wirklich seltsam … 

SIE saß dort, aß, lachte und sah mich an. Das Funkeln in ihren Augen, als ich zur Tür hereinkam, war gruselig. Als kannte sie mich schon. Als hätte sie auf mich gewartet, doch ich sollte nicht so früh zurückkommen, wo ich doch noch mit meinen Freundinnen aus war. 

"Die neue Austauschschülerin. Freust du dich?", fragte Mutter. Meine Mutter war wirklich seltsam. Es saß eine Tote bei uns am Tisch und sie bemerkte es nicht. Überall rot, doch sie sah es nicht. Ein Messer in ihrer Brust, doch das gab es nicht mehr …  Halluziniere ich? Nein, das Blut an meiner Jeans beweist das Gegenteil. Erinnere ich mich falsch? Dafür war es zu detailliert. 

"Herzlich willkommen bei uns", meinte ich zögerlich. Eigentlich sollte es ein Lächeln werden, doch es wurde nur ein verkrampftes Lippenzucken. Ich konnte nicht lächeln. Nicht in IHRER Gegenwart... 

"O! Isch freue misch, eusch kennenzülerne!" 

Ihr Akzent war seltsam. Doch das ist, glaube ich jedenfalls, normal, wenn man aus Frankreich kommt. Frankreich. Dort, wo meine Schwester gerade ist. Was meine Schwester wohl momentan macht? Ich weiß es nicht. Ich wünschte, ich wüsste es. Ich wünschte, sie würde nach Hause kommen, doch das würde wohl nicht wahr werden. Nein, ich musste zwei Wochen mit dieser... dieser Leiche in meiner Wohnung aushalten! Katastrophal! 

Normalerweise war mein Leben ja nicht so durcheinander. Schule, Gespräche mit meinen Freunden und natürlich meiner herzallerliebsten Schwester Dora. Nur keine Leichen. 

Insgesamt verlief der Abend kalt und trüb. Wir redeten kaum, wenn doch, blockte ich nach Sekunden ab. Meine Eltern warfen mir Unhöflichkeit vor, ich mir selbst Wahnsinn. Was wohl schlimmer ist? Nachts bin ich, trotz des Verbots, nachts herauszugehen, wieder zu der Stelle spaziert. Meine Hände wanderten über die Blutlache. Ich habe nicht geträumt! Sie war hier! Jetzt aber nicht mehr … Ist sie etwa auferstanden? Mein Essen machte also seinen Weg auf die Blutlache, was allem einen noch schlechteren Anblick verlieh. 

Meine Eltern hätten mich für diesen kleinen Ausflug ausgeschimpft. Wie die Austauschschülerin reagiert hätte, weiß ich nicht. Meine Schwester wäre mit mir gekommen. Sie war immer für mich da, bis zu diesem blöden Austausch. 

Nachdem ich wieder durch die Gänge spaziert war und in mein Zimmer kam, erlebte ich den Schock meines Lebens. Dort stand das Mädchen, vor einem roten Pferd. 

Rot. Alles leuchtete rot. Rot wie Blut. Rot wie meine Albträume. Rot wie der Tod, der mich nun verfolgte. Doch dann drehte sie sich um und lächelte mich an. "Allo Lissy. Wie get es dir?" 

"Gut. Sehr gut. Möchtest … möchtest du dich nicht setzen?" 

Ich wollte nur, dass sie weg von dem Poster verschwand. Ich wollte, dass das Rot verschwand. So wie meine Albträume, wenn ich mich bemühte. So wie die Leiche, als ich wiederkam.  Sie setzte sich hin und blickte erwartungsvoll zu mir hinauf. Immer wieder flackerte das Messer vor meinen Augen auf und meine Hände erschienen blutig. 

Rot. Immer wieder wurde alles rot. Doch plötzlich … Grün. Sie war wieder grün. Grün wie ihre bösartig funkelnden Augen.  

"Was möchtest du hier?" 

"Isch wollte disch fragen, wieso du misch nischt magst." Verdammt, war sie unhöflich! Und noch dazu dieser dämliche Akzent. 

"Natürlich mag ich dich." Besonders betonte ich das "ch", um sie darauf aufmerksam zu machen. "Du bist nur neu hier. Man muss sich eben erst einleben." Ihr seltsamer, bösartiger Blick durchbohrte mich. 

Rot. Grün. Rot. Verdammt! Diese Farben sollten aufhören!  

Diesmal schaffte ich es aber sogar zu lächeln, doch ich spürte, dass meine Lippen sich pausenlos verkrampften. Es war einfach zu viel!

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6 : 4 7

Gerade habe ich das Frühstück hinter mir und lese durch, was ich gestern geschrieben habe. Immer noch verfolgen mich diese Albträume. Ich wache nachts grundlos auf und schreie. 

Alles wird rot. Immer wieder. 

Das ganze Frühstück lang blickte sie mich an, durchbohrte mich mit ihren Blicken, verhöhnte mich. Wie zur Hölle konnte sie auferstehen? Alles scheint irreal, wie ein Traum. Wie konnte alles so kommen? Ich stelle mir alle möglichen Lösungswege vor, doch keiner scheint plausibel. 

Kapitel 2) Immer wieder rot

1 4 : 3 8 

Ein ellenlanger Schultag und etliche Stunden sind vorüber. Ich weiß nicht, wie oft ich mir anhören musste, dass ich unaufmerksam bin. Wie oft Beschwerden kamen. Doch ich hatte keine Kraft, mich darum zu kümmern. 

Dieses Mädchen scheint mir alles zu nehmen, was ich habe. Meine Familie mag mich nicht mehr, denn sie ist viel netter. Meine Freunde lieben ihren Akzent, ihre witzigen Erzählungen und sogar ihre grünen Augen. Mein Schwarm steht voll auf sie, was mich noch in Wahnsinn treibt. Ihre tollen Augen, ihr schönes Haar, ihre Intelligenz, ihre wunderbaren Witze... Niemand, der mir hier Glauben schenken würde. Meine Lehrer lieben sie. Sie ist klüger als ich, auch wenn ich trotz meiner mangelhaften Mathekenntnisse Klassenbeste bin. Sie ist schöner als ich, auch wenn ich nicht hässlich bin. Sie kann sich benehmen, nie flucht sie, auch wenn ich es dauernd mache. Sie hat keine nervige Schwester, die immer auf schräge Ideen kommt und mit einer Steinschleuder im Schulhof herumrennt. Na gut, damit habe ich eigentlich was viel Cooleres als sie. Doch das Wichtigste: SIE ist nicht ich. Immer besser, klüger, hübscher und witziger. Und keiner bemerkt dieses Rot.

Rot. Funkelnde Augen. Gemeines Lächeln. Wenn ich sie noch eine Sekunde länger ertragen muss, werde ich wahnsinnig!

Wenigstens kann ich in einer halben Stunde mit Dora videochatten. Sie wird mir bestimmt helfen. Sie ist die einzige, die mich niemals verlassen wird, wegen … wegen so jemanden! Meine Tränen laufen haltlos, seit Beatrice da ist. Ich kann sie nicht mehr ertragen! Und dann noch dieser Name ... Schrecklich! Beatrice. Das wird Beatrisz ausgesprochen. Wirklich seltsamer Name. Und ihre blutroten Locken können doch nicht schön sein! Nein, sie sind abscheulich! Sie ist nie im Leben blond.

Rot. Werde ich diese Rottöne niemals los? Das Blatt ist ja schon von Tränen erfüllt! Wie gern würde ich mich einfach hinlegen, nichts tun und aufgeben. Beatrice gewinnen lassen. So wie sie es will. Doch Dora würde es nie wollen. Und allein für sie lohnt es sich zu kämpfen.

Unser Foto auf meinen Schreibtisch. Ich, die gerade im Matsch spazieren war und Dora, die sich über und über mit roter Farbe bekleckert hatte. Und trotz all der Farbe war das Bild nicht rot. Nein, es war das einzige, das Beatrice noch nicht ruiniert hatte, sie würde es niemals tun.

L&D

Dabei bin ich nicht Lissy und Dora nicht Dora.

E&T

So würde es richtig heißen, aber das habe ich niemandem jemals erzählt. Früher war ich immer Elisabeth und sie Theodora. Doch das weiß niemand mehr. Nur wir beide. Unsere Freundschaft wird ewig halten, selbst wenn Beatrice alles in meinem Leben zerstört. Das hoffe ich jedenfalls … 

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1 6 : 4 5

Der Videochat mit Dora ist beendet. Zehn ganze Minuten ohne das Rot sind vergangen. Die zehn beruhigendsten Minuten meines Lebens. Nie war ich so glücklich, eine Farbe los zu sein. Dora ist natürlich über den Leichenfund überglücklich. Aber Dora ist eben Dora. Selbst eine Leiche macht sie fröhlich. Sie meint, wir sollten Detektive spielen. Ich bin ihrer Meinung. Ich bin immer ihrer Meinung.

"Besorg dir eine schwarze Hose, ein schwarzes T-Shirt und einen schwarzen Umhang. Oh, natürlich auch noch einen angespitzten Besenstiel!" Das mit dem Besenstiel war typisch sie. Wenn ich schon Undercover war, sollte ich auch noch Vampirjäger spielen. Sinnlos aber lustig.

"Freunde dich mit dem hässlichen Biest an. Das macht es dir leichter, ihr die Haare abzufackeln" Bei jeden ihrer Sätze bekam ich einen Lachflash. Die schlechte Laune war danach wie weggeblasen. Doch ich befürchte, dass damit nicht alles beendet ist. Nein, der Kampf ist nicht vorbei, selbst wenn Dora es mit einem Lachen abtut.

Nach unserem Videochat musste ich dringend, was ich zwar nicht besonders empfehlenswert zum Niederschreiben empfinde, was aber etwas damit zu tun hat, was in meiner "Abwesenheit" geschehen ist.

B. Ein schreckliches, hässliches B direkt über dem Foto von mir und Dora. Etwas eindeutig? Ja Glaubt mein Vater, der endlich eine Assistentin zum Autoreparieren gefunden hat, denn ja, das kann sie auch, dass sie unschuldig ist? Wieder ja. Es ist zum Ausrasten! Und genau das ist, was ich gerade tue.

"RUHE!" Die Stimme meiner Mutter ist manchmal sehr energisch, kann ich sagen. Besonders, wenn sie sich aufregt. Seit Beatrice hier ist, gerät einfach alles aus dem Fugen. Ich hoffe, sie verschwindet. Sie MUSS verschwinden. Sowie auch dieses Rot.

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2 3 : 5 7

Ich weiß, ich sollte um diese Uhrzeit nicht wach sein, aber ich bin es. Eigentlich musste ich nur "ein Glas Wasser holen", der wahre Grund ist mir zu peinlich, um ihn zu nennen. Doch ein seltsames Kratzen hielt mich doch davon ab. 

Ich brauchte nur eine Minute, um dem kratzenden Geräusch nachzugehen, doch das war schon zu viel. "Ist da wer? Ich bin bewaffnet!", schrie ich leise, damit nicht das ganze Haus mich hörte. Ich weiß, dass man eine Blumenvase mit Orchideen nicht als die idealste Waffe bezeichnen kann, aber sicherlich als die Originellste. Auch meine Nervosität war nicht ideal, aber ich konnte damit fertigwerden.

Das Schleifgeräusch hörte auf und es wurde still. Zu still, um ehrlich zu sein. Die Tür von Beatrices Zimmer war zu. Also konnte es ausnahmsweise nichts mit ihr zu tun haben. Ich kratzte die letzten Fünkchen meines Mutes zusammen und öffnete die Tür. Das leise Knarren war beängstigend. "Nur nicht den Mut verlieren, Lissy!", redete ich mir leise zu, "Dora wäre stolz auf dich!" Doch die Panik nahm doch Besitz von mir, so dass ich kreischend in den ersten Stock rannte. Es war viel zu viel. Es MUSSTE etwas mit Beatrice zu tun haben! Das hatte es auch, unübersehbar. Rot. Blut. Diese Albträume! Werde ich eines Tages wieder normal?

Meine Mutter schüttelte mich, doch ich konnte nicht antworten. Ich zitterte nur, während Beatrice amüsiert nach unten kam und ihre grünen Augen mich förmlich zerfleischten.

"Was ist Schätzchen? Was ist los mit dir?", fragte Mutter. Ich deutete mit dem Kinn nach oben. Zusammen liefen wir hoch. Endlich würde sie sehen, was für ein Biest Beatrice ist! Aber … wieso war sie unten? Was war nur los?

"Was ist denn? Hast du schlecht geträumt? Armes, ruh dich aus. Und bitte, bitte weck uns nachts nicht mehr, nur weil du Albträume hast."

Ja, diese Albträume kamen von Beatrice. Von dem Mädchen, das gerade eben noch auf meinem Teppich ausgeblutet dalag und danach seelenruhig neben mir stand.

Rot. Blut. Tod. Aufhören! Ich will nur noch aufgeben, doch ich kann nicht. Nur der Teppich mit den Blutspuren war verschwunden … 

Kapitel 3) Abende

1 3 : 3 0

Liebes Tagebuch, 

Es tut mir leid, dass ich lange nicht schreib, aber... Beatrice treibt mich noch in den Wahnsinn! Dieses Mädchen einen Tag lang zu ertragen, war schon der reinste Albtraum, aber nun habe ich sie ganze vierundzwanzig Stunden am Hals! Nicht einmal in der Nacht Ruhe von ihr! Überall taucht sie tot oder lebendig auf! Sie weicht mir keine fünf Minuten von der Seite, selbst auf die Toilette begleitet sie mich und wartet, bis ich fertig bin! Wenn sie mich nicht bald umbringt, weiß ich nicht, was ich tun soll. Und wenn sie es tut … tja, selbst die Vorstellung ist gruselig. Wieso musste dieses Mädchen ausgerechnet hierher kommen? Wieso musste ich ihr nur jemals begegnen? 

Seit vorgestern frage ich mich, WIE jemand erst TOT in einer abgelegenen Straßenecke liegen kann und dann wieder wo anders LEBENDIG ist. Doch bei ihr würde mich nichts mehr wundern. 

Lebendig. Tot. Lebendig. Rot. Blut. Rot. Blut. Rot. Verdammt! 

Gestern endete ich mit dem verschwunden Teppich. Der rote Teppich … Vielleicht sollte ich nicht so viel darüber denken, da ich Dora aber nichts davon erzählt habe, wäre es besser, wenn ich alles hinter mich bekomme. Er war einfach verschwunden, während meine Mutter noch von meinen Albträumen redete. Ich weiß nicht, wie lange ich fassungslos auf den Boden und dann auf Beatrice sah. Dieses Monster! War sie etwa eine Untote, ein Vampir? Aber nein, dann könnte sie doch nicht weiterleben … Nach einigen Minuten ging meine Mutter wieder nach unten und ließ mich mit dieser Toten im Korridor stehen. Na vielen Dank! 

Ich musterte das Mädchen abermals. "Du verfluchte Leiche!" Ich konnte mir diesen Ausdruck meiner Wut nicht verkneifen. 

"Isch weiß nicht was du meins" Oh, wie wütend macht sie mich mit ihrer scheinheiligen Art und ihrem bösartigen Lächeln! 

Und dann sah ich ES. Einen großen roten Blutfleck auf ihrem Ärmel? War sie etwa schon wieder am Sterben? Mir wurde schummerig und ich blickte suchend nach meiner Mutter. Normalerweise bin ich niemand, der bei jeder Kleinigkeit zu Mami rennt, aber eine Leiche im Flur ist für mich eine eher größere Angelegenheit. 

Rot. Blut. Rot. Blut. Tod. Mein Kopf drehte sich und unter diesen Strömen von rotem Blut tauchte Beatrices Lachen auf. Ich wollte nur schreien, doch ich wusste, dass es zu nichts führen würde. Tod. Das Ende. Beatrice war der Tod! Ein wenig übertrieben vielleicht, aber wenn man das Gesicht eines gleichaltrigen Mädchens in einem Haufen voller Blut sowohl in seinen Träumen als auch in der REALITÄT sieht, dann ist jede Möglichkeit plausibel. 

Doch schnell verdeckte sie ihren blutverschmierten Ärmel und ich konnte wieder ausatmen. Ausatmen! Jetzt bete ich nicht mehr darüber, dass sie verschwindet, sondern dass ich eine Sekunde lang ausatmen darf! Eine Sekunde lang! Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll … 

Doch trotz der ellenlangen Schultage bleiben die Abende dennoch das Schlimmste. Oh, wenn das nicht bald aufhört, werde ich noch verrückt. Immer wieder diese Leichen von ihr, dann wieder sie, wie sie lebendig vor mir steht … 

Doch auch dieser Tag ist wahnsinnig anstrengend. Immer mehr lieben alle Beatrice und hassen Lissy. In allem ist sie besser, doch ihre Leiche hat bisher niemand gesehen! Wieso quält sie mich so? Jeder, dem ich das erzähle, würde mich nur für verrückt halten... Sie macht einfach alles, um mich zu sabotieren! Werde ich paranoid? 

Erst liegt sie tot auf der Straße, dann sitzt sie lebendig im Esszimmer. Erst liegt sie tot auf dem Flur, zwei Minuten später jedoch kommt sie von unten lebendig mit uns hoch. Doch sie scheint überall zu sein. 

Rot. Blut. Rot. Blut. Rot. Verflucht! Was zur Hölle tropft …

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1 3 : 4 5 

Wo kommt dieses verdammte Blut bloß her? Überall wo ich bin … Nein! 

Kapitel 4) Typisch Beatrice

1 4 : 5 2 

Liebes Tagebuch, 

Entschuldigung, dass ich schon wieder einen Eintrag abbreche und eine neue Seite anfange, aber ich hoffe einfach, ich könnte es genauso mit dem Leben machen. Einfach eine neue Seite anfangen und meine Albträume vergessen. Ich kann es immer noch nicht fassen, was Beatrice getan hat! Aber außer ihr kommt niemand infrage …  Doch wenigstens ist es ein Beweis dafür, dass ich nicht halluziniere. IMMERHIN habe es alle anderen Schüler gesehen, die auf der Toilette waren, was ein Vorteil, doch leider auch Nachteil für mich ist. 

Das Blut tropfte die halbe Wand herunter, als ich schreiend mit dem Tagebucheintrag aufhörte und aufstand. Fast mein halber Kopf war schon von diesem … diesem roten Zeug bedeckt, als sich die Schüler vor der geöffneten Tür sammelten. Jemand hatte ein totes Kaninchen in einer Schüssel über die Toilette gehängt, während es ausblutete. Einfach nur eklig. 

Blut. Rot. Blut. Rot. Tod. Das treibt mich noch in den Wahnsinn! 

Das Schlimme an allem ist, dass ich die nächsten vier Abende in der Schule beim Putzen verbringen muss. Mit Beatrice! Wieso muss sie sich überall, wo ich bin, auch freiwillig melden? Das ist wahnsinnig! Doch auch der Rest des vergangen Tages war schon abscheulich. Ich kann wirklich nicht glauben, was sie alles anstellt! Aber außer ihr kann es sonst niemand sein. Auch jetzt komme ich immer noch nicht zum Schreiben, weil mir Beatrice alle fünf Minuten über die Schulter schaut. Ich hoffe, der Tag wird nicht noch schlimmer... 

Rot. Blut. Rot. Blut. Das soll endlich aufhören! Wenn sie bloß niemals gekommen wäre … 

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1 7 : 1 8 

Hilfe!!! Ich weiß, ich sollte nirgendwo drei Ausrufezeichen hinter stellen, aber mir ist zum Weinen zumute. Wie konnte mich dieses verrückte Vieh, denn ich finde, kein anderes Wort ist ihrer wert, bloß im Fahrstuhl einschließen? Ich könnte heulen vor Verzweiflung! 

Rot. Blut. Rot. Blut. Rot. Lass es endlich aufhören! Mittlerweile weiß ich nicht einmal mehr, ob es die Farben wirklich gibt, oder ob alles Einbildung ist. 

Bloß nicht panisch werden! Woher weiß dieses verdammte Mistvieh, dass ich Klaustrophobie habe? Holt mich hier raus! Ich will nicht DIE GANZE NACHT hier bleiben! Oh, ihr verdammtes Lachen vor der Tür! Egal, wie stark ich auch hämmere, sie macht nicht auf!  Sie weiß, dass ich hier bin! Immer wieder ihr Gesicht in roter Farbe direkt vor meinen Augen. Ihr gehässiges Lachen tief in meinen Ohren. Ihre Gemeinheit wie ein nicht entfernbares Messer in meinem Herzen verankert. 

Seit sie hier ist, ist mein Leben die Hölle! Wenn ich doch nur bloß diese Fahrstuhltür aufbekommen würde! Doch ich zerre hier nach Leibeskräften und nichts öffnet sich. Ruhig bleiben! Bleib bloß ruhig, Lissy! Bin ich etwa schon so wahnsinnig, dass ich mit mir selbst rede? Das kann doch nicht wahr sein! Kein  Hämmern und Zerren bringt mir etwas. Selbst die Knöpfe reagieren nicht mehr. Ich sitze im Dunklen in einem immer enger werdenden Loch fest! Das werde ich ihr nie verzeihen! Nie in meinem Leben! 

Ich werde abstürzen! Hilfe! Jetzt bewegt sich dieser Käfig noch! Adieu Leben! Ich werde Matsch in einem Blechkasten! 

Kapitel 5) Gefangen

1 7 : 2 0

Ich will kein Matsch in einem Blechkasten werden! Ich will Leben! Holt mich hier heraus!

Ich stürze ab! Lass mich bitte nicht abstürzen, Beatrice! Nein!

Rot. Blut. Rot. Blut. Ich will nicht sterben!

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Ich lebe noch! Aber wer weiß, wie lange … Ich will nachhause! Wieso kommt niemand?

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Der Metallkasten will mich erdrücken! Er schnürt mir die Luft ab! Mami! Rettet mich!

Alles wird rot. Ich verblute! Hilfe!

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Schon vierzig Minuten hier drin. Kaum mehr Luft zum Atmen. Adieu liebes Leben! Adieu meine Familie! Ihr werdet mich bestimmt nicht vermissen. Niemand wird mich vermissen. Ich sterbe hier allein und einsam. 

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1 7 : 5 2

Komm zurück Beatrice! Lass mich nicht hier sterben! Ich ersticke! Hilfe!

Rot. Blut. Rot. Blut. Rot … 

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1 7 : 5 6

Abschiedsbrief

Liebe Dora,

Liebe Mutter und Vater,

Verabscheuungswürdige Freunde,

Stirb du Monster Beatrice! 

Hiermit verabschiede ich mich von euch mit einem qualvollen Tod. Entweder werde ich gerade von Metallstangen durchbohrt oder durch den luftleeren Raum hier erstickt. Beatrice hat mich umgebracht! Sie hat mich hier eingesperrt! Rächt mich und tötet sie!

Mein Vermögen wird zu gleichen Teilen unter Dora, meiner Mutter und meinem Vater aufgeteilt. Mutter, Vater, bis zu ihrer Volljährigkeit dürft ihr Doras Vermögen von exakt 72,34 Euro verwalten, wehe, bei ihrem achtzehnten Geburtstag fehlt ein Cent!

Nun muss ich mich aber verabschieden. 

Ps: Ich bei vollständiger Verwirrung geistlich, oder wie das auch immer heißt.

Liebe Grüße 

Lissy 

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1 7 : 5 9

Ich lebe noch! Willkommen einhundertstes Jahrhundert!

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1 8 : 0 2

Ich lebe immer noch! Bleib ruhig, Lissy! 

Wie dämlich bin ich bitte, dass ich mir selbst schreibe, ich soll ruhig bleiben? 

Rot. Blut. Rot.  Blut. Tod. Kann das nicht einfach aufhören?

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1 8 : 4 5