Der Archivar: Historischer Roman - August Sperl - E-Book

Der Archivar: Historischer Roman E-Book

August Sperl

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Beschreibung

Der historische Roman 'Der Archivar' von August Sperl entführt den Leser in das Leben eines Archivars im 18. Jahrhundert. Sperl präsentiert einen fesselnden Mix aus historischen Fakten und fiktionalen Elementen, der den Leser in eine vergangene Welt eintauchen lässt. Sein schreibstil ist geprägt von präzisen Beschreibungen und einer detailreichen Sprache, die sowohl Kenner als auch Neulinge des historischen Romans anspricht. Der Roman hebt sich durch seine akribische Recherche und die lebendige Darstellung der damaligen Zeit von anderen Werken des Genres ab. August Sperl, ein erfahrener Historiker, nutzt sein Fachwissen, um eine überzeugende Geschichte zu erzählen. Seine Leidenschaft für die historische Forschung und seine Liebe zum Detail sind in jedem Kapitel spürbar. 'Der Archivar' ist ein Muss für alle Geschichtsinteressierten und Liebhaber guter Literatur. Die Verknüpfung von Fakten und Fiktion macht dieses Buch zu einem packenden und lehrreichen Leseerlebnis, das lange im Gedächtnis bleibt.

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August Sperl

Der Archivar: Historischer Roman

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2018 OK Publishing
ISBN 978-80-272-4130-9

Inhaltsverzeichnis

1. Sein großer Entschluß
2. Im Lande der Väter
3. Trausnitz im Tal
4. Leuchtenberg
5. Schicksal
6. Ein verödetes Nest
7. Die Helden von ***
8. Sein größerer Entschluß
9. Einzug
10. Prüfungen
11. Eine Dienstfahrt.
12. Auf dem toten Punkt
13. Wendungen
14. Weihnachtstage.
15. ›Durch viel Trübsal –‹
16. Frühling.
17. Das Bild des Heilands
18. Ausklang.

1. Sein großer Entschluß

Inhaltsverzeichnis

Mit einem tiefen Seufzer hatte Jonas Eisenhut die Aufzählung seiner Leiden beendet. Er hatte auf Befehl die Zunge herausgestreckt und auf weiteren Befehl die Zunge wieder zu sich genommen. Er hatte sich längelang gelegt, war abgeklopft und gründlich behorcht worden. Nun saß er auf einem Stuhle und starrte trübselig vor sich hin.

»Also eine chronische Stockung des Verkehrs«, sagte der Arzt, setzte sich ihm gegenüber, kreuzte die Arme, legte ein Bein übers andere und guckte mit zusammengekniffenen Augen auf seinen Patienten.

»Man könnte dem Zustand euphemistisch auch diese Bezeichnung geben«, flüsterte Jonas Eisenhut und lächelte matt. »Jämmerlich, jämmerlich, lieber Freund. Habe alle Freude am Leben verloren. Bitte, helfen Sie mir!«

»Motion machen, Verehrtester, Motion!«

»Ach, das tue ich doch täglich, spaziere gewissenhaft mein Stündchen um die Stadttore –«

»Mein Stündchen! Und spinnen dabei weiter an Ihrem alten Garn«, sagte der Arzt mit leisem, spöttischem Lachen.

»Wenn Sie unter altem Garn meine historischen Studien verstehen, so haben Sie ja recht,« antwortete Eisenhut ärgerlich. »Meine Wissenschaft begleitet mich freilich vom frühen Morgen bis zum späten Abend und bis in meinen – ich bekenne – zurzeit unruhigen Schlaf hinein. Aber – darüber wollen wir lieber nicht reden, wir verstehen uns in dem Punkte doch niemals.«

»Ganz recht, Verehrtester, niemals. Denn mir ist und bleibt es durchaus gleichgültig, ob König Heinrich der Dritte von England acht oder zehn Gemahlinnen umbringen ließ, oder ob –«

Entsetzt schlug Eisenhut die Hände zusammen und rief: »Heinrich der Achte, der Achte – ich bitte Sie – und zwei oder drei Frauen sind's nur gewesen, je nachdem man's rechnet!«

»Genügt mir auch schon. Aber geben Sie sich weiter keine Mühe mit mir«, sagte der Arzt gemütlich, stand auf, reckte die sehnige Gestalt und gähnte herzhaft. »Sie können mich ja doch niemals vom Werte dieser Studien überzeugen.«

Jammernd rief Eisenhut: »Ich habe mich doch noch nie in meinem Leben mit Heinrich dem Achten beschäftigt. Aber die historischen Studien im allgemeinen – ich bitte Sie – diese Studien vermitteln nun einmal die Kenntnis der Vergangenheit!«

»Ist mir ganz gleichgültig, diese Vergangenheit,« beharrte der Arzt.

»Und auf dieser Vergangenheit beruht die Gegenwart, beruht unsere gesamte Kultur, beruht die Zukunft,« rief Eisenhut.

»Nette Grundlage unsrer Kultur, dieser Heinrich der Vierte von England!« Der Arzt begann ein weniges zu pfeifen. »Sie überzeugen mich niemals, Verehrtester, – niemals! Habe genug zu tun mit meinen Zeitgenossen. Kann auf die toten numerierten Könige verzichten. Und wenn ich,« – der Arzt musterte den gelehrten Herrn mitleidig von der Seite her – »wenn ich mir vollends das Kunstprodukt dieser historischen Studien –«

»Lieber Freund, da muß ich denn doch sehr bitten, alles hat seine Grenzen!« unterbrach ihn der Patient und erhob sich.

»Ausreden lassen! Wenn ich mir das Ergebnis dieser Studien, Ihren – Sie entschuldigen gütigst – nicht unansehnlichen Bauch betrachte, dann vermag ich mich noch weniger für Ihre Studien zu begeistern. Holla, wieviel wiegen Sie denn unter Brüdern?«

»So genau weiß ich das auswendig nicht anzugeben«, antwortete Eisenhut etwas verlegen.

»So – nicht? Sehen Sie, da haben Sie's gleich. Wenn ich Sie nun fragte, wie lang hat denn dieser alte Heinrich regiert, so sagen Sie mir's auf die Minute: vom 5. April 1302 bis zum 20. Januar 1340 des Nachmittags um halb fünf Uhr. Nicht? Und wieviel Sie selber wiegen, davon haben Sie natürlich keine Ahnung. Ich möchte Sie aber nur beiläufig aufmerksam machen: Eine der wichtigsten Grundlagen Ihrer eigenen Kultur ist, mit Verlaub, Ihr Gewicht.«

Eisenhut verzichtete endgültig auf die Berichtigung historischer Irrtümer.

Der Arzt fuhr fort: »Deshalb bemerke ich Ihnen ganz ernsthaft: – soll's nicht zu bösen Häusern führen, müssen Sie radikal brechen mit Ihrer beschaulichen Lebensweise und müssen sich Bewegung machen und noch einmal Bewegung. Punktum, Streusand drauf. Und nichts für ungut.«

»So will ich mich entschließen, täglich zwei Stündchen spazieren zu gehen,« meinte Eisenhut mit kläglichem Lächeln.

»Stündchen – spazierengehen – Schnickschnack!« Die Stimme des Arztes bekam einen Schatten von Grobheit. »Sie haben als Student das Reiten gelernt – nicht? Und Sie müssen sich nun ein Reitpferd kaufen. Punktum. Verstanden?«

»Ein – ein Reitpferd?« Jonas Eisenhut war einen Schritt zurückgetreten und stand mit offenem Munde vor dem Arzte. »Ein Reitpferd? Wozu?«

»Zum Reiten!« lachte der andere. »Was ist dabei verwunderlich? Einen Stall haben Sie hinter Ihrem schönen Hause. Gut. Nun werfen Sie die Gartenwerkzeuge und alles andere Gerümpel hinaus, kaufen sich einen Gaul, hängen alle Tage zwei Stunden lang die Beine drüber und lassen ihn laufen, ganz einfach. Und« – er machte nun eines seiner ernsthaften, vertrauenerweckenden Gesichter – »binnen kurzer Zeit werden Sie mir sagen: Wie neugeboren, Doktor! Wenn Sie mich dann überhaupt noch zu kennen geruhen.«

»Ah – ah, überhaupt noch zu kennen geruhen, ich bitte Sie!« Eisenhut raffte sich auf. »Aber ein Reitpferd? Solchen Luxus kann ich doch unmöglich treiben. In dem Punkte hatten schon meine seligen Eltern ihre festen Grundsätze: ›Manch einen, glaub', hat Roß und Wagen schlankweg ans Armenhaus getragen.‹ So lautete ein Spruch meines Vaters. Ich hab' mir ihn gut gemerkt.«

»Luxus? Wer sagt Ihnen denn, daß es Luxus ist? Notwendigkeit, eiserne Notwendigkeit ist's, und damit basta. Verstanden?«

»Ja, wenn Sie nun aber jedem Ihrer Patienten ein Reitpferd verschreiben wollten –?«

»Jedem?« Der Arzt kam vertraulich näher und tippte Herrn Eisenhut auf den beanstandeten Bauch. »Diese Arznei darf ich natürlich nur Angehörigen einer besonderen Menschenklasse empfehlen, Männern, die einzig und allein zu ihrem Privatvergnügen mit allen verflossenen Heinzen und Hansen und Petern der Weltgeschichte Bruderschaft machen können, – Männern in gehobener Lebensstellung – – Männern mit avec – – – verstanden?«

Eisenhut wehrte ab. Es gehörte zu seinen Eigentümlichkeiten, daß er nicht gern als der wohlhabende Mann behandelt werden wollte, der er tatsächlich war.

»Also abgemacht?« drängte der Arzt.

»Aber ich bitte Sie,« flehte Eisenhut, »so über die Maßen geschwind kann ich mich doch in einer so einschneidenden Frage unmöglich entschließen. Und wie lange ist's her, daß ich zum letzten Male geritten bin? Du liebe Zeit – warten Sie – –«

»Ich bin überzeugt, daß Sie ein guter Reiter gewesen sind,« schmeichelte der Arzt.

»Oh!« wehrte der Patient.

»Und bin überzeugt, Sie haben zu Pferde Figur gemacht.«

Der Junggeselle schmunzelte nun merklich. »Alles verlernt, alles verlernt.«

»Was ein richtiger Reiter war, verlernt seine Kunst niemals.«

»Aber ich verstehe doch gar nichts von Pferden!« Eisenhut raffte sich zu einem letzten Widerstand auf. »Und nirgends, das hört man immer, wird ärgerer Betrug geübt als beim Pferdehandel.«

Der Arzt lachte. »Ich bitte Sie, wir leben doch nicht mehr auf den untersten Grundlagen unsrer Kultur, wo Heinrich der Zwölfte acht Frauen umbringen durfte. Wir leben im neunzehnten Jahrhundert. Und wir leben im Schatten des Gesetzes. Verstanden? Ei, lesen Sie doch einmal die klaren Bestimmungen über diese Materie, und die Lust zum Betrügen wird Ihnen vergehen.«

»Mir –?«

»Ich habe das beispielsweise gemeint, Verehrtester.«

»So helfen Sie mir dazu!« rief Eisenhut in emporflammendem Glücksgefühl.

»Ich? Nicht im Fieber. Der Arzt verschreibt die Pille und der Apotheker dreht sie.«

Jonas Eisenhut war die Treppe hinuntergegangen. Ein Pferd kaufen – reiten? Welch eine Idee! Aber mit jedem Schritte ward ihm unternehmender zu Mute. Ja, warum sollte er sich nicht beritten machen? Wo doch seine Gesundheit auf dem Spiele stand!

In tiefen Gedanken schritt er durch die Gassen, kam auf den Marktplatz, wo das ehrwürdige Rathaus in den Strahlen der Aprilsonne zum blauen Himmel emporragte, und ging über die Krambrücke, die Hauptstraße hinauf, die eigentlich weder eine Straße noch eine Hauptstraße, sondern nur eine sehr lange, krumme Gasse ist.

Zerstreut machte er halt vor einem Buchladen – er vermochte nie an einem Buchladen vorüberzugehen, ohne stehen zu bleiben – und starrte ins Fenster. Aber diesmal las er nicht einen Titel von all den Neuigkeiten. Dann gab er sich einen Ruck und öffnete die Türe.

»Ah, Herr Eisenhut! Womit kann ich dienen?« Eisenhut wurde hier immer mit Auszeichnung empfangen; denn er war der beste Kunde des Buchhändlers weit und breit in der Oberpfalz.

»Einen Katechismus, wenn ich bitten darf.«

Nicht ohne Verwunderung sah ihn der kleine Herr an und wiederholte: »Einen Katechismus?«

»Nun ja doch«, sagte Eisenhut und blätterte in einem unaufgeschnittenen Buch.

»Augenblicklich, gewiß – nur weiß ich nicht – der Herr Eisenhut sind ja Protestant – wünschen Sie den Großen oder den Kleinen lutherischen – oder –«

»Ach so, ich vergaß, mich präzise auszudrücken. Entschuldigen Sie. Ich möchte nämlich eine alte, halbvergessene Fertigkeit etwas auffrischen, – erst theoretisch, dann wohl auch praktisch – – die Reitkunst.«

»Jetzt verstehe ich«, sagte lachend der alte Herr und bestieg seine längste Leiter. »Katechismus der Reitkunst –.« Er blies den Staub von einem gehefteten Büchlein und schlug es auf die flache Linke. »Hier!«

Begierig griff Eisenhut nach dem Kleinod. »Ärztlich empfohlen«, erklärte er fast etwas verlegen.

»Sehr wohl«, lächelte der andere verständnisvoll.

»Recht guten Morgen!«

»Habe die Ehre!« –

Jonas Eisenhut schickte sich an, den menschenleeren Marktplatz zu überschreiten, und vertiefte sich dabei in das Buch.

Frau Gymnasiallehrer Strohschneider öffnete soeben das Fenster und schüttelte ihr Staubtuch ins Freie. Eisenhut hatte sich nun lesend inmitten des Marktplatzes aufgestellt und hörte und sah nichts mehr. Das war um halb zwölf Uhr. Frau Strohschneider unterzog ihre imitierten Renaissancemöbel einer gründlichen Reinigung, und als sie das Staubtuch zum letztenmal ausschüttelte, schlug's von allen Türmen zwölf Uhr. Empört wandte sie sich zu ihrem Manne, der am Fenster saß: »Aber so guck nur, da steht der Ewige Doktor noch immer mitten im Wege und liest. Das könnt' er doch wahrhaftig auch zu Hause besorgen.«

In diesem Augenblick schloß der Ahnungslose sein Büchlein, steckte es hochbefriedigt in die Rocktasche, stolperte über das bucklige Pflaster in eine Seitengasse, der messingblinkenden Türe seines behäbigen Hauses entgegen, und murmelte: ›In der Tat, – nichts Einfacheres als reiten.‹

Vor dem Auslagefenster des Drechslers nebenan machte er nochmals halt und sagte: ›Grau, Freund, ist alle Theorie.‹ Damit betrat er den Laden und forderte eine Reitgerte.

Also ausgerüstet ging er die wohlgeölten breiten Treppen zu seiner Wohnung empor.

*

Abend war's. Die Lampe brannte. Urväterhausrat stand in geheimnisvollem Halbdunkel, und von den hohen Wänden blinkten die vergoldeten Rücken zahlloser Bücher. An seinem riesigen Schreibtische saß Eisenhut, in einen rotverbrämten Schlafrock gehüllt, beinahe anzusehen wie Doktor Faust im ersten Akt. Doch ganz unähnlich dem schwermütigen Grübler saß er stillvergnügt und rauchte aus einer langen Pfeife köstlichen Tabak, pfiff auch von Zeit zu Zeit ein paar Takte aus dem Reiterliederschatze der Nation und tat manch kräftigen Zug aus dem wappengeschmückten Bierkrug, den die Haushälterin aufs Nebentischlein gestellt hatte.

Es gibt ein hübsches physikalisches Experiment: man hängt elastische Kugeln frei auf, hart nebeneinander, in einer Geraden; man hebt die erste Kugel und läßt sie auf die andern schwingen; ein unmerkliches Zittern geht durch die ganze Reihe – aber in weitem Bogen schwingt die letzte Kugel hinaus in den Raum. – Wir bergen in unsrer Gedankenwelt gar manche Reihe solch elastischer Kugeln; ahnungslos gehen wir unsern Geschäften nach – da stößt eine fremde Hand von ungefähr an eine dieser Kugeln; ein Zittern geht durch die Reihe, und in weiter, weiter Vergangenheit beginnt es zu schwingen, kommt klingend zurück, wirft den ersten Gedanken im Bogen hinaus, bekommt den zweiten Stoß und zittert und schwingt, zittert und schwingt – –. Der Hausarzt war schuld daran, der Hausarzt hatte den Anstoß gegeben.

Etliche Schiebfächer des alten Schreibtisches standen weit offen. Eine bunte Mütze bedeckte das Haupt des Jonas Eisenhut. Ein Kommersbuch, der am Vormittag gekaufte Katechismus und Georg Simon Winters »Neuer Traktat von der Reith-Kunst, Wie man einen grossen Herrn, Cavallier und Scholarn, solle unterweisen, zu Pferd zu sitzen. Gedruckt zu Ulm 1674«, ein Inventarstück der Eisenhutschen Familienbibliothek, lagen auf der grünen Platte; daneben blinkten ein Paar Sporen im Lampenlichte, und an dem Briefbeschwerer lehnte eine halbverblichene Photographie.

Eisenhut hatte sich's bequem gemacht und blies Tabakswölkchen gegen die Decke. Rauch lagerte über allen Gegenständen, und aus dem Rauche stieg die alte Stadt empor, das herrliche Tübingen. Hoch ragte die ehrwürdige Burg, und aus all den hundert und hundert Dächern und Türmen und Zinnen schimmerte neuer Schnee. Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel, und die Bäume drunten am Neckar starrten im Rauhreif. Über die lange Brücke glitten die deckenbelegten Schlitten, unter warmen Pelzkäppchen blitzten lachende Mädchenaugen, Glöcklein klangen silberhell, und auf den hochbeinigen, schnaubenden Kleppern saßen die Herren Studenten im Vollbewußtsein ihrer Wichtigkeit und ritten neben den Mädchen hinaus in das blinkende Land.

Der Junggeselle paffte kräftig und rechnete: fünfzehn Jahre!

Er sprang empor, er stellte die Pfeife an den Tisch, er begann, in der Stube auf und ab zu rennen.

Das war lange her! Vierunddreißig minus fünfzehn – ist neunzehn Jahre! Er blieb vor dem Schreibtisch stehen und blickte auf das herzige Bildchen hinunter. Es kam ihn ein Lachen an, und er fuhr sich doch zu gleicher Zeit über die Augen. Wenn's gut gegangen war, konnte sie achtunddreißig alt sein und sechs Kinder haben, die schlanke Sophie Häfele, Hofrats liebliche Tochter. Denn sie war, wenn er sich recht besann, vor fünfzehn Jahren nicht weniger denn vier Jahre älter als ihr grasgrüner Anbeter Jonas Eisenhut gewesen.

Vorbei, vorbei! Aus der Tiefe tönte leises Klingen, und wieder schwang eine Gedankenkugel hinaus in den Raum. Wie ein Gewappneter stieg der dicke Kameralist aus der Versenkung und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor Sophie Häfeles zarte Gestalt. Eisenhut lachte kurz auf: das Dromedar! Und das trottete jetzt als sechsköpfiger Papa umher, wenn's gut gegangen war.

Eisenhut wandte sich ab und tauchte wieder zurück in die Sonnenhelle jenes Wintermorgens. Er sah sich, den Studiosus Eisenhut, im Sattel sitzen, hochaufgerichtet, mutig, frei von dem lästigen Bauch seiner gegenwärtigen Erscheinung; unter ihm aber tanzte des Reitstalls feurigster Klepper. Ja, der Arzt hatte es mit scharfem Blick erkannt: Jonas Eisenhut machte zu Pferde Figur!

Eingehüllt in Rauch, trinkend und paffend saß er wieder vor seinem Schreibtische, und nun schwangen die Gedankenkugeln zurück in dunkelferne Zeiten.

Mit einer gewissen Feierlichkeit – wie er's von Kind auf von seinem seligen Vater gesehen – steckte er den Schlüssel in das unterste Fach zu seiner Rechten und zog die schwere Schublade heraus. In einer Versenkung verschwand Sophie Häfele und mit ihr das Dromedar.

Ein schöngemalter Stammbaum lag auf dem abgeräumten grünen Tuche: der Stammbaum des ehrbaren und vesten Ratsgeschlechtes der Eisenhute. Alle waren sie eingeschrieben in die blattförmigen, wappengekrönten Felder, die alt gewordenen Eisenhüte und die jung verstorbenen Eisenhütchen, die Kaufherren und Handwerker, Pfarrer, Bürgermeister, Hammerherren und Magister und auch etliches minderwertige Eisenblech, das man seinerzeit über das große Wasser verfrachtet hatte.

Der Junggeselle fuhr mit der Pfeifenspitze von dem Blättchen Justus Jonas Eisenhut die Zweige herunter, die Äste, den knorrigen Stamm entlang bis zum Urvater der ganzen Sippe. Da stand dessen Name zu lesen, gerade über dem Eisenhute des silbernen Schildes, der an den Wurzeln des Baumes lehnte: »Henricus Eisenhut ritt, nachdem ihm seine Burgveste in einer grausamen Fehde verbronnen war, mit seinen Kindern in die Stadt Vohendreß, erwarb sich Burgerrecht und starb allda im Frieden anno 1520 am Dienstag nach Martini. Seine Söhne und Enkel haben sich bürgerlicher Hantierung zugewandt, was ihnen auch nicht zur Schande ausgeschlagen ist.«

Er griff nach der Reitgerte und begann wiederum in der Stube auf und ab zu wandern. Pfeifend durchschnitt die Gerte den Tabaksqualm. Hoch, sehr hoch trug er das Haupt. ›Ritt!‹ sagte er ganz laut und reckte sich: ›Es wundert mich nur, wie ich es so lange unberitten ausgehalten habe, – wo mir doch der Reiter im Blute steckt seit ungezählten Geschlechtern.‹

Jonas Eisenhut lag zu Bette. Nur mit Mühe hatte er den Schlaf gefunden. Jetzt umgaukelten ihn schwankende Traumbilder. Sein Urahn kam aus der Ecke herangesprengt, setzte lautlos über das Bett des Spätgeborenen und verschwand durchs Fenster. Von allen Seiten rückten gewappnete Pferde heran und hängten ihre Köpfe über den Schläfer herein. Eines von ihnen kam so nahe an die Eisenhutsche Nase, daß ihr Inhaber mit heftigem Niesen erwachte. Die gewappneten Pferde waren verschwunden, als hätte sie der Boden verschluckt. Aber neben seinem Bette im Scheine des Nachtlämpchens hockte der Arzt, rauchte sein kurzes Pfeifchen, kniff die Augenlider zusammen und sagte: »Verstanden?« Vom nahen Kirchturme schlug's mit Dröhnen und Klirren die zweite Stunde. Durch die stille Gasse kam der Nachtwächter gestolpert, machte halt unter den Fenstern des ehrwürdigen Hauses, tutete und murmelte seinen niemals verständlichen Spruch und stolperte weiter. Jonas Eisenhut drehte sich lächelnd auf die andere Seite und träumte wieder von fliehenden Rittern, schnaubenden Rossen und seinem energischen Hausarzt.

*

Ein Stammtisch in einer großen, behaglich vertäfelten Wirtsstube. Von der Decke hing an zwei Kettchen ein gewaltiges Messer mit einer Glocke. Es war der dritte Abend nach diesen Ereignissen. Fast vollzählig saßen die Herren, jeder auf seinem gepachteten Platze – gereifte Männer aus den besten Kreisen des Städtchens, jeder mit einer besonderen Eigentümlichkeit behaftet, jeder in gewissem Sinne ein Original.

Da war der alte Obersekretär, eine stille, wortkarge Natur, voll im Gesicht und rötlich angehaucht, ehrwürdig schon durch die Fülle seiner weißen Haupthaare. Er pflegte zwischen sieben und acht Uhr das Lokal mit heftigem Schnauben zu betreten und sich geräuschvoll auf seinen althergebrachten Platz zu setzen. Dann zog er seinen Geldbeutel und legte dreimal zwölf Pfennige Biergeld und drei Pfennige Trinkgeld auf den Tisch, legte drei Zigarren zur Rechten des Halbekrügleins und seine kostbare Tabaksdose zur Linken und knöpfte seinen schwarzen Gehrock von oben bis unten zu. Er blieb stets bis elf Uhr, rauchte zu jedem Glas Bier eine Zigarre, knöpfte nach jedem Glas Bier ein Knopfloch auf und schnupfte sechzehnmal in genau bemessenen Zwischenräumen. Aufregende Gespräche waren ihm ein Greuel.

Da saß der hagere Bankkassierer mit der stets tadellosen Leibwäsche, dem glattrasierten, runden, etwas pastoralen Antlitz und dem sarkastischen Zug um den großen Mund. Er kam in der Woche dreimal um acht Uhr acht Minuten und ging um zehn Uhr zehn Minuten. Es hatte sich aber auch schon ereignet, daß er um neun Uhr neun Minuten eingetreten und dann bis elf Uhr elf Minuten geblieben war. Im allgemeinen pflegten seine Freunde ihre Taschenuhren nach seinem Kommen und Gehen zu richten. Auch er liebte es nicht, seine Worte verschwenderisch wegzuwerfen, es war, als zählte er sie einzeln gleich guter Münze auf die Steinplatte seines Kassatisches. Und sie waren gute Münze. Einen Witz pflegte er des Abends unter allen Umständen von sich zu geben, und diesen zumeist auf Kosten seiner näheren Bekannten.

Da saß der dicke Oberamtsrichter, der infolge seiner Familienverhältnisse allabendlich von fünf bis elf Uhr im »Roten Ochsen« zu treffen war. Und seine Freunde konnten immer wieder mit merklicher Hochachtung flüsternd feststellen, daß er sich während dieses Zeitraumes kein einziges Mal von seinem Stuhl erhob.

Da saß auch das würdige Stadtoberhaupt, das gleichfalls jeden Abend einen Witz zum Besten gab, – nur mit dem Unterschiede, daß der Witz immer der gleiche war, Sommers und Winters. Die Abendgesellschaft war täglich in gewissem Sinne nur die Fortsetzung seines Frühschoppens. Wenn er die Stube betrat, rannte Resi, die Kellnerin, mit dem schäumenden Maßkruge und stellte sich nach altem Brauche neben den Stuhl. Behaglich brummend setzte sich der Rechtskundige und patschte mit der gewaltigen Pranke dreimal seinen kahlen, riesigen Schädel. Dann wandte er sich halb rückwärts, gähnte und fragte mit grollender Stimme: »Frisch an'zapft, Reserl?« – »Den Augenblick, Herr Bürgermeister!« kam die verheißungsvolle Antwort zurück; denn es war immer »den Augenblick frisch an'zapft« für den regierenden Bürgermeister. »Na, also her damit!« befahl dieser, blies in den Schaum, lehnte sich mit gespreizten Beinen zurück und goß die Maß mit einem Zuge hinunter, leckte sich den Bart und befahl schnaubend: »Gut is – von dem bringen S' mir eine Maß, Reserl!« Damit hatte er sich seines Witzes für den Abend entledigt und quittierte das halb bewundernde, halb entsetzte Gemurmel der Tafelrunde mit gnädigem Kopfnicken.

»Was Neues, meine Herren?« fragte er heute nach Vollendung dieses Vorspieles mit dröhnender Stimme.

»Was Neues? Ei, da glaube ich aufwarten zu können!« antwortete Gymnasiallehrer Strohschneider und lächelte geheimnisvoll. »Unser Ewiger Doktorand hat sich beritten gemacht.«

»Die Penelope hat sich –?« rief das Stadtoberhaupt und hielt die Linke an das große Ohr.

»Beritten gemacht. Ich hatte schon gestern von der Sache munkeln hören, ihr jedoch kein besonderes Gewicht beilegen zu sollen geglaubt. Nun ist er mir aber heute nachmittag hoch zu Rosse auf der Sulzbacher Straße begegnet, so daß ich jeden Zweifel an der Wahrheit des an sich fast unglaublichen Gerüchtes fallen zu lassen gezwungen war.« Der Schulmann sprach den schönen Satz mit starker Betonung der Endsilben, als diktierte er ihn seinen Schülern in die Feder, und strich befriedigt seinen braunen Vollbart.

Der Bürgermeister steckte die Nase in den frischgefüllten Krug, dem Obersekretär brach die lange, weiße Zigarrenasche, deren Erzeugung sein Stolz war, vorzeitig ab, dem Oberamtsrichter gingen die großen, etwas glotzenden Augen über, um die Mundwinkel des Kassierers zuckte es ungemein spöttisch, der Oberzolleinnehmer brummte Unverständliches in seinen langen grauen Bart, und der Gymnasiallehrer weidete sich am Erfolge seiner Mitteilung.

»Stimmt,« sagte der Apotheker, »Freund Eisenhut hat mit dem Lohnkutscher Stäuberl ein Abkommen getroffen und reitet täglich auf dessen braunem Handgaul, Sie kennen's ja, das heubauchige Tier, tatsächlich eine Stunde spazieren. Aus Gesundheitsrücksichten. Vermutlich steckt sein Arzt dahinter.«

»Schnickschnack – für die Gesundheit gibt's gar nichts Besseres als dieses Bier«, entschied der Bürgermeister mit der gleichen Sicherheit, die ihm in amtlichen Dingen eigen war, und mit dem abweisenden Ernste, der keinen Widerspruch vertragen konnte. Und zur Bekräftigung vertiefte er sich in seine zweite Maß.

»Ja, kann denn der auch reiten?« fragte endlich der Obersekretär mit allen Zeichen des Entsetzens.

»Na, er sitzt ganz passabel«, antwortete der Apotheker. »Habe ihn allerdings nur im Schritt reiten sehen.«

Ein kurzes, scharfes Zungenschnalzen, vermutlich die hörbare Lösung allzu sarkastisch gespannter Mundwinkel, ertönte vom Platze des Kassierers. Ein wohlbekanntes Signal: nun war er im Begriff, sich seines Witzes für diesen Abend zu entledigen.

»Haben Sie den leichtsinnigen Menschen auch gesehen, Herr Kassierer?« fragte der Obersekretär und schnupfte zum dritten Male.

»Ja!«

»Und – Ihr Urteil? Wie sitzt er?«

»Wie eine Bruthenne auf ihren Eiern, vergleichsweise,« lautete die Antwort, zwei schmale Lippen preßten sich aufeinander, und der Kassierer lehnte sich mit halbgeschlossenen Augen zurück.

Dankbares Gelächter belohnte den Witzbold für den Witz dieses Abends.

Im selben Augenblicke betrat Eisenhut sporenklirrend die Stube und hängte seine Sportmütze an den Rechen.

Der Bankkassierer verschwand hinter einer umfangreichen Zeitung, der Obersekretär nahm ein Prischen, der Bürgermeister tat einen kräftigen Männertrunk, und der Apotheker schob gefällig einen Stuhl zurecht.

Händereibend kam Eisenhut heran.

»Guten Abend, meine Herren! Famoses Wetter heute, wird morgen wieder ein prachtvoller Tag.«

»Sie sehen unglaublich gesund aus«, sagte der Oberamtsrichter ziemlich unvermittelt und schielte glotzend nach den blinkenden Sporen.

»Das kommt vom Sport, von täglicher, energischer Bewegung in freier Luft«, versicherte Eisenhut mit Stolz, und begeistert setzte er hinzu: »Es lebe der Sport!«

Dem Oberamtsrichter war jede Art von Bewegung, vornehmlich leiblicher, in gewissem Sinne aber auch geistiger Bewegung ein Greuel. Deshalb hatte sein Gesicht einen bissigen Ausdruck, als er weiter inquirierte: »Wirklich wahr – Sie reiten?«

Mit sonnigem Lächeln antwortete Eisenhut: »Seit wenigen Tagen.« –

Schwere Rauchmassen legten sich über den Stammtisch. Murmelnd nahm die geistvolle Unterhaltung ihren Fortgang.

Eisenhut, der Oberzolleinnehmer und der Apotheker hatten den gleichen Heimweg. Eine Zeitlang schritten sie schweigend nebeneinander im Mondlichte. Von den Türmen schlug's elfmal. Da blieb das Zollamt stehen und äußerte mit einem tiefen Seufzer: »Also Sie wollen sich in der Tat ein Pferd kaufen?«

Eisenhut erwiderte in der kecken Tonart, die ihm seit drei Tagen eigen war: »Fest entschlossen!« Und dabei patschte er mit der Reitgerte unternehmend auf seine Hose.

Der alte Herr sah seinen Freund mit beweglichen Blicken an: »Von Grund meiner Seele, ich rat' Ihnen ab!«

»Ei, ich bitte Sie, warum denn?«

»Tun Sie's nicht! Habe den ganzen Abend geschwiegen. Liebe es nicht, am Wirtstische derartige Privatangelegenheiten des langen und breiten zu erörtern. Aber jetzt kann und darf ich nicht schweigen, ich muß Sie warnen; denn Sie sind mir lieb und wert: Rennen Sie nicht in Ihr Unglück!«

»Unglück?« fragte Eisenhut mit steigender Verwunderung.

»Unglück!« wiederholte das Zollamt mit dumpfer Stimme. »Fürs erste: welch eine tagtäglich wiederholte Gefahr!«

»Ich glaube, ein ganz erträglicher Reiter zu sein,« verteidigte sich der andere etwas gekränkt.

»Fürs zweite: dieser Roßhandel, diese Kette von Unredlichkeiten! Haben Sie einen Bruder? Sie haben keinen Bruder. Aber ich sage Ihnen,« – der alte Herr sprach nun mit Grabesstimme – »ich sage Ihnen, Ihr leiblicher Bruder haut Sie beim Roßhandel übers Ohr.«

Eisenhut war in diesem Augenblick fast versucht, sich für den leiblichen Bruder, den er nicht hatte, zu schämen. Er seufzte tief auf.

»Na, na, na!« erlaubte sich der Apotheker zu bemerken.

Der alte Herr achtete seiner nicht. »Fürs dritte: Kosten, die gar nicht im Verhältnis stehen zum Vergnügen. Aber das fällt ja bei Ihnen allerdings nicht ins Gewicht.«

»Man sagt mir, mit sechshundert Mark jährlich seien die Kosten gedeckt; allerdings habe ich hierin keine Erfahrung«, wandte Eisenhut schüchtern ein.

»Sechshundert Mark?« Der alte Herr schob seinen Stock unter den linken Arm und schlug die Hände zusammen: »Sechshundert Mark? Tausend Mark, zwölfhundert Mark müssen Sie rechnen inklusive Hufbeschlag, dann stimmt's vielleicht. Und dabei haben Sie noch nicht gerechnet Unfälle, Krankheiten, Tierarzt, Krepieren, Armbrüche, Beinbrüche, Halsbrüche – zweitausend, dreitausend Mark jährlich, gering gerechnet. Aber, wie gesagt, bei Ihnen –. Zum vierten: Haben Sie schon einen Knecht?«

»Ich hoffe doch, einen verlässigen Mann zu bekommen, der mir die Arbeit nebenher versieht,« meinte Eisenhut bescheiden; denn nichts war ihm peinlicher, als wenn man auf seinen Reichtum anspielte.

»Mag sein«, schloß das Zollamt die düstere Prophezeiung. »Aber wissen Sie, wer in Wahrheit der Knecht dieses Unglückspferdes sein wird? Sie, und noch einmal Sie und zum dritten Male Sie. Und nun nichts für ungut – ich habe Sie gewarnt, ich mußte Sie warnen, dixi et salvavi animam meam, heißt's wohl auf lateinisch. Angenehme Ruhe!«

Er bog mit schweren Schritten in seine Gasse ein.

»Angenehme Ruhe!« höhnte der Apotheker halblaut hinter hm drein. »Die alte Unke die! Aber lassen Sie sich's nicht anfechten, Herr Nachbar. Famose Idee, daß Sie sich beritten machen. Hat meinen vollen Beifall.«

»Da könnten einem doch Zweifel aufsteigen, wenn man derart gewarnt wird,« seufzte Eisenhut. »Ich habe zum Beispiel vom Pferdehandel keine Ahnung.«

»Aber ich bitte Sie,« lachte der andere, »wer hat denn im Grunde genommen eine rechte Ahnung von diesem Geschäfte? Da ist keiner klug genug, daß er nicht mal bei Gelegenheit 'reinfallen könnte. Übrigens, wenn Sie gerade eines sachkundigen Beraters bedürfen – ist zwar eine heikle Geschichte, aber ich stehe jederzeit zur Verfügung. Denn mit dem Stäuberl seinem alten Heubauch« – er bekam einen Lachkrampf – »können Sie sich doch auf die Dauer nicht produzieren.«

»Sie, Herr Apotheker?« rief Eisenhut hocherfreut. »Ja haben –?«

»Ob ich Erfahrung habe?« lachte der junge Mann. »Sozusagen im Stall aufgewachsen. Mein Vater ist Gutsbesitzer gewesen, mein Großvater, mein Urgroßvater haben alle dieselbe Scholle bebaut, mein älterer Bruder – –«

»Also Vererbung, wahrhaftige Vererbung?« rief Eisenhut begeistert. »Meine Hand drauf, ich werde Sie zu Rate ziehen. Sie müssen nämlich wissen, ich gebe sehr viel auf Vererbung. Ich selbst – nun, ich darf mir wohl schmeicheln, auch ich habe Reiterblut in den Adern von Anno 1520 her, wo mein Urahn am Dienstag nach Martini –«

»Das ist allerdings ehrwürdig lange her«, unterbrach ihn der Apotheker und rang nach Fassung. Aber er war ein Mann von Welt und hatte sein Gesicht sofort wieder in die richtigen Falten gelegt. Er zog den Hausschlüssel aus der Tasche und setzte höflich bei: »Hatte den Vorzug, Sie gestern reiten zu sehen. Wie gesagt, es wäre mir ein Vergnügen, Ihnen beim Pferdskauf behilflich zu sein.«

»Sie haben mich aufs neue bestärkt in meinem Entschlusse«, rief Jonas Eisenhut und schüttelte ihm kräftig die Hand.

*

Ich habe noch niemals einen entdeckten oder unentdeckten Bazillus gesehen; nur so viel weiß ich aus Beschreibungen, daß diese Lebewesen für gewöhnlich keine Beinchen besitzen, sondern sich auf andre Weise durchs Dasein bewegen. Für gewöhnlich. Denn einen der unentdeckten Bazillen kann ich mir mit dem besten Willen nicht beinlos vorstellen. Ich glaube entschieden, daß er viele Beine hat, ja, ich bin geneigt, in ihm einen wahrhaftigen Tausendfüßler zu vermuten: das ist der Bazillus des Gerüchts.

Tausendfüßler dieser Art liefen in den nächsten Tagen mit rasender Geschwindigkeit nach allen Himmelsrichtungen. Das ganze Städtlein wurde von ihnen angesteckt und begann sich zu beschäftigen mit Eisenhuts großem Entschluß. Alle Welt erörterte den aufregenden Fall – erörterte ihn bald in diesem, bald in jenem Sinne. Ganz allgemein hielt man die Sache an sich für unnötig. Fromme Seelen glaubten im engen Kreise mit Kopfschütteln auf das Gebot der Demut hinweisen zu sollen. Ein halbgelähmter Major a. D. erachtete es überhaupt für unpassend, wenn Angehörige ›anderer Stände‹ zu Pferde stiegen. Mütter mit angejahrten Töchtern sahen mit Unbehagen die letzten Gewandzipfel stillgehegter Hoffnungen ihren Händen entschwinden. Kurz gesagt: Eisenhut war im Begriffe, etwas Ungewöhnliches zu tun, und er hatte die Folgen dieses unter allen Umständen bedenklichen Vorhabens sich selbst zuzuschreiben.

*

An einem der nächsten Tage bestellte der Apotheker sein Haus und begab sich auf eine Reise.

Man besprach im Städtlein auch dieses Ereignis; denn der Mann war bekannt als eine durchaus seßhafte Natur. Aber auch die findigsten Männlein und Weiblein konnten nichts erfahren über Zweck und Ziel seines auffallenden Unternehmens. Nach zwei Tagen schon kam er zurück. Man versäumte nicht, am Stammtische auf den Busch zu klopfen, – vorsichtig, wie man sich einem nicht ganz unverdächtigen Pferde nähert; denn es war bekannt: der Apotheker war ein höflicher Mann, aber unter Umständen schlug er aus. – Er gab diesmal nur kurze, vielsagende Antworten: ›Geschäftliche Angelegenheiten. – Unvermuteter Anlaß. – Persönliche Anwesenheit dringend geboten gewesen.‹ Und den Rest umhüllte er mit Schweigen.

Die Woche verging. Da kam eines Morgens das Töchterlein des Apothekers mit ihrer Schultasche angetrippelt und bat Herrn Eisenhut für den Vormittag in die Apotheke. Gegen elf Uhr betrat er die Schwelle.

»Sie haben mich rufen lassen?«

»Jawohl, ich habe Sie zu mir gebeten, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«

Er öffnete die Türe zum Nebenzimmer und wechselte ein paar Worte mit dem Lehrling. »Nur einen Augenblick!« Damit war er verschwunden.

Geduldig, aber doch einigermaßen gespannt, wartete Eisenhut. Nach wenigen Augenblicken kam der Apotheker zurück. Sein Antlitz hatte etwas Feierliches. »Darf ich bitten? Bin so frei und gehe voraus.«

Ahnungslos schritt Eisenhut hinter seinem Führer durch etliche Zimmer hinaus in den Hof.

»Neue Blumen?« fragte er, als der Apotheker an der Gartentüre haltmachte.

Der schüttelte mit geheimnisvollem Lächeln den Kopf: »Bitte, treten Sie ein! Hinter diesen Brettern wird sich alles enthüllen.«

»Sie machen mich in der Tat neugierig«, lachte der Besuch und betrat den Garten. »Ah – Sie haben nun auch ein Pferd?« staunte er und blieb vor dem großen Turnplatze stehen.

»Ohne jede Verbindlichkeit, Herr Nachbar, ohne jede Verbindlichkeit, das möchte ich von vornherein ausdrücklich bemerkt haben!« Der Apotheker verbeugte sich lächelnd und händereibend. »Langsam auf und ab führen!« befahl er dem Lehrling.

»Am Ende gar –?« Eisenhut starrte ahnungsvoll mit offenem Munde auf ein großes, milchweißes Pferd, das neugierig die seltsame Ramsnase nach den Eintretenden wandte.

»Nicht mehr ganz taugliches Offizierspferd, gut auf den Beinen, durchaus verlässig, zwölf Jahre alt – ohne jede Verbindlichkeit. Aber ich glaube, es könnte passen für Sie.«

»Und das haben Sie wirklich für mich besorgt? Verehrtester, Sie sind – wie sag' ich nur gleich? Sie sind ein prächtiger Mensch.«

»Bitte, sehen Sie sich's doch erst an!«

»Aber das sehe ich ja auf einen Blick, es ist ein prachtvolles Tier. Mag auch ein gehöriges Geld kosten!«

»Für achthundertdreißig Mark kann ich's Ihnen verschaffen.«

»Aber das ist ja äußerst preiswert!« rief der Gelehrte begeistert. »Wahrhaftig, – ich brauche mich gar nicht mehr zu besinnen, ich bin entschlossen. Wie aber kann ich Ihnen danken?« Er hielt dem Freunde die Hand hin.

»Denken Sie an die Warnung des Zollamts!« zürnte der Apotheker. »Es hat auch seine Fehler.«

»Wer ist ohne Fehler?« lächelte Eisenhut.

»Sie wissen, daß man verpflichtet ist, dem Käufer gewisse Fehler mitzuteilen. – Das Pferd ist ein wenig dämpfig.«

»Kann das von Nachteil sein?«

»Glaube nicht.«

»Dann Volldampf voraus!«

»Es hat den Hahnentritt. – Sie sehen, ich bin ganz ehrlich und gewissenhaft.«

»Hahnentritt–was ist das?« fragte Eisenhut wißbegierig.

»Je nun – führ' mal den Gaul dorthin zum Bienenhaus, Karl –! Sehen Sie, er hebt die rechte Hinterhand hoch wie der Hahn, wenn er übern Mist spaziert – sehen Sie? Und das nennt man Hahnentritt.«

Eisenhut sprach kein Wort. Mit vergnügten Blicken folgte er dem dahinschreitenden Schimmel. Endlich erklärte er auf das bestimmteste: »Ich finde gerade diese Fußbewegung entzückend, graziös in ihrer Art.«

»So –« antwortete der Apotheker und fuhr heimlich über seinen Mund. »Dann wüßt' ich in der Tat nichts mehr zu bemerken; denn sein Hirschhals gehört auch mehr in die Klasse der Schönheitsfehler.«

»Dieser kräftig ausgeprägte, wundervolle Hals!« rief der Gelehrte mit entzücktem Lächeln.

Wiederum fuhr der Apotheker heimlich über seinen Mund. »Na, so kann ich's Ihnen ja wohl verraten – ich habe das Pferd bereits auf eigene Gefahr gekauft.«

Der Schimmel am Bienenhaus fuhr zusammen, so kräftig hatte Eisenhut in die dargebotene Rechte des Apothekers geschlagen. »Ich habe mir einen Roßkauf schwerer vorgestellt. Sie uneigennütziger Mensch! Wie kann ich's Ihnen danken?«

»Für seine Bekannten tut man gern ein übriges«, erwiderte dieser mit edler Bescheidenheit.

»Aber Sie waren verreist, bester Freund, haben Unkosten gehabt?«

»Ist mir ein Vergnügen gewesen, dieses Reischen, und eine erwünschte Erholung.«

»Dann müssen Sie mir wenigstens erlauben, daß ich Ihrem Töchterchen eine kleine Freude mache.«

»Wenn Sie's nicht anders tun, Herr Eisenhut!«

Am Abende dieses Tages vertiefte sich der Reitersmann wieder eifrig in Georg Simon Winters »Traktat von der Reith-Kunst, gedruckt zu Ulm 1674«. Er war vortrefflich gelaunt, und die Reitlehren des alten Stallmeisters machten ihm großes Vergnügen. Mit herzlichem Lächeln las er halblaut: ›Fürnemlich aber solle der Reuter im Sattel nicht also sitzen, als wenn er auf einem Stuhl oder Sessel sitzete, sondern er muß also sitzen, gleichwie er auf der Erde stünde, und niemalen mit seinem Hintern an den Effterich des Sattels gerathen, sintemal da er im Sattel niedersitzen wollte, käme er leichtlich mit dem ganzen Leib in eine Disordre . . . . .‹ Nein, darüber war er hinaus, er gedachte in keine Disorder mehr zu kommen mit seinem Leibe. Und morgen früh wollte er sein Leibroß zum erstenmal probieren. –

Zur gleichen Stunde saß der Apotheker vor einer dicken Strazze und machte als ein pünktlicher Geschäftsmann diese vorläufige Aufzeichnung: ›Unterm 3. Mai gezahlt an Gebrüder Fuchs & Wolf, Tattersall, 400 Mark. Unterm 4. Mai von J. E. bar erhalten 830 Mark.‹

Er legte die Feder weg, faltete die Hände und schmunzelte ein wenig. ›Die Reisespesen abgerechnet, neunundneunzig Prozent.‹ Dann seufzte er tief auf: ›Viel zu billig, Ferdinand. Bist doch ein traurig uneigennütziger Mensch. Welch ein guter Kunde ist dir nun durch die Lappen gegangen!‹

Der Apotheker hatte die Pille gedreht.

2. Im Lande der Väter

Inhaltsverzeichnis

Ein Vater und seine Tochter befanden sich auf Reisen.

Im Zwielichte des scheidenden Sommertages waren sie drunten im Naabtale angekommen und vom Schnellzug auf die Nebenbahn umgestiegen. Sie hatten nichts gesehen als einen kleinstädtischen Bahnhof und dunkle Menschenmassen, die sich dem Ausgange zuwälzten, und hatten sich hinübergefragt zu dem entlegenen Geleis, auf dem der andere stand, der nur ein entfernter, kleiner Verwandter des schnaubenden, brausenden Großen da drüben zu sein schien und kurzatmig immer wieder versicherte: ich kann ja warten, was liegt mir daran? Endlich waren sie im vollbesetzten Wagen dritter Klasse weitergefahren; denn Vaters Grundsatz war, im fremden Land sich unters Volk zu mischen und seine Eigenart zu beobachten. Nicht lange, dann hatte zur Linken aus der tiefen Dämmerung eine winzige Bergstadt mit einem vielfensterigen Schlosse herübergeschimmert und war nach einigen Minuten in die Schatten des Abends versunken. Und wieder nicht lange, dann waren sie an endlosen, mit Unmassen gewaltiger Felsblöcke überschütteten Halden vorübergekrochen. Jetzt ging es bergan.

Es war Nacht geworden, finstere Nacht. Die Räder rollten und hämmerten, die Leute schwatzten und lachten, matt glühten die Lampen über dem Dunst und Qualm, der aus Menschenleibern, Pfeifen und Zigarren emporstieg.

Liselore schloß die Augen, drückte sich in die Ecke und spann sich in ihre Gedanken ein.

Da fuhren sie nun durch das fremde Land der Oberpfalz, und aus dem Rauschen und Brausen ringsumher stieg leise das Wundersame, nie Gesehene und doch so oft Geschaute, und aus den Tagen ihrer Kindheit kamen lautlos die Geschichten einer alten Magd heran und redeten in der geheimnisvollen Sprache des Märchens.

Sie schaute das Land und die Leute. Das unsichtbare Land, durch dessen Nacht sich der Zug pustend und schnaubend emporarbeitete, die Leute, die um sie her summten und schrien und qualmten. Sie schaute – mochte das Land nun sein, wie sie sich's träumte, und die Menschen, wie sie sich's dichtete – – oder anders, ganz anders.

Und also schaute sie das Land, und also die Menschen:

Schwermut liegt wie ein Schleier über den weitgedehnten Nadelwäldern, über dem endlosen Gewoge von Hügel und Tal und über einer rauhen, alles beherrschenden Armut. Selbst an hellen Tagen spiegelt sich ein Himmel von stumpfer Bläue, ein Himmel, nicht so hoch, so frei wie anderswo, in den stillen Weihern und den braun dahinrinnenden, dem Walde und dem Hochmoor entsprungenen Gewässern.

Wohl leuchtet die Sonne des Tages und blinkt der Mond des Nachts – aber sie blinken und leuchten aus andern Ursachen als sonst in der Welt. Sie sind ein Er und eine Sie und ein mit sich zerfallenes Paar. Mag auch sie die heißesten Strahlen einer unglücklichen Liebe an den kalten Gesellen verschwenden, es will ihr nimmer gelingen, ihn zu erwärmen. Ja, er richtet all sein Sinnen darauf, wie er die Geliebte von einstmals vernichte. Kommt's dann soweit, daß sein böser Schatten an die Sonne herangreift, und diese trübe wird wie eine erlöschende Ampel, dann sieht auch der Mensch die Gefahr, und es ist ihm nicht zweifelhaft, auf welche Seite er in diesem Kampfe gehört. Der umsichtige, aufs gemeine Wohl bedachte und vornehmlich für sein Hab und Gut besorgte Mann treibt das braune Vieh in den Stall, deckt den Brunnen zu, scheucht die Kinder ins Haus, schließt die Fensterläden – wirft sich betend vor seinem Ofen nieder und trommelt mit dem Messer auf eine alte Eisenpfanne, damit die Sonne ihr Äußerstes tue und Siegerin bleibe. Und wie für seinen Urahn vor tausend Jahren, so gibt es für seinen simpeln Verstand auch außerdem nichts Unerklärliches droben am Himmel. Denn er weiß es doch so gut, daß all die zahllosen Sternlein nichts weiter sind als Löcher im ehernen Gewölbe, durchgeschlagen von ruchlosen Steinwürfen vorzeitlicher Riesen. Ganz einfach! Mögen sie draußen in der Welt sagen und lehren, was sie wollen. Und also lebt er zufrieden unter dem ungeheuern Himmelssiebe, durch das auf sein harmloses Haupt letzten Endes auch nicht viel weniger Erkenntnis herabträufelt, als in den langen Tubus des gelehrtesten Sternguckers.

Die Geister einer untergegangenen Gedankenwelt treiben als Spukgestalten ihr Wesen im Schatten der Wälder, im wehenden Winde, im fließenden Wasser, in den Höhlen der Berge, im Dämmerlichte der Kapellen und im heimlichsten Bewußtsein der Seele. Und das Leben ist von seinem Aufgang bis zu seinem Niedergang besteckt mit den Warnungstafeln einer unerbittlichen Sitte und eingeengt in die Dornhecken des Aberglaubens. Der Lichtgott einer entthronten Religion gleitet als Gespenst durch die Wälder, braust als Unhold durch die Lüfte, verbirgt sich in der Kutte eines fremdländischen Heiligen. Und es ist, als läge unter einer dünnen Schicht neureligiöser Vorstellungen meilenweit das riesenhaft Heidnische begraben, immer bereit, das Erdreich aufzubrechen und sich wieder in sein altes Erbe zu setzen.

Die Räder rollten und hämmerten, Leute stiegen aus und andere kamen und besetzten verlassene Plätze, unverändert klang es wie Rauschen und Brausen, und über dem Schwatzen und Lachen und Schreien lastete der Qualm, glühten als ferne Punkte die Lampen.

Trümmer allüberall in dem Leben, das wir leben und das uns umgibt. Weißgeäderter Epheu umklammert auf einsamen Höhen zerschlagenes Gestein, auf älteren Grundmauern stehen alte Gebäude, immer wieder muß Leben zerstört werden, damit sich Leben emporringe aus den Resten dessen, was einstmals gewesen. Über den abgeriebenen Kieseln einer vergessenen Sprache murmeln die Wellen der neuen. Auf zerfallene Skelette werden Leichen gebettet. Hoch über dem Leben des Tages und dem, was unter ihm ruht, wandelt die Sonne mit ihrem befruchtenden, kreist der Mond mit seinem tot blinkenden Lichte. Und auf kleinen, der Erdrinde abgewonnenen Ausschnitten müht sich der Mensch von Tag zu Tag, von Geschlecht zu Geschlecht in triebhafter Arbeit, in triebhafter Lust.

Mit brennenden Augen sah Liselore durch den Qualm und beobachtete die kommenden und gehenden Leute. Und sie mußte lächeln: Nein, von denen hier kniete wohl keiner mehr vor seinem Ofen und trommelte auch keiner mit dem Messer auf die Pfanne. Von denen hier glaubte keiner mehr an das durchlöcherte Himmelssieb. Die waren durch Schule und Zeitung längst schon herangewachsen an die Erkenntnis der Sterngucker und wähnten bis ins letzte zu wissen – was auch diese nicht wußten.

Liselore lächelte. Sie hatte Märchen geträumt.

Aber wer weiß? Märchen? Wer weiß!

Die Räder rollten und hämmerten, die Leute schwatzten, die Bremsen kreischten. Alle die dunkeln Gestalten erhoben sich. Trübe Lichter schimmerten zur Rechten durch die Finsternis. Ein Name wurde von Wagen zu Wagen gerufen, ein Name, den niemand verstand und jeder schon wußte. Man war am Ziel.

Sie standen auf einem winzigen Bahnhof, und der Vater meinte tiefaufatmend: »Liselore, diese Luft, diese Luft!«

»Jeder Atemzug einen Kronentaler wert bei uns da heroben«, sagte ein Mann mit Jägerhut und Jagdgewehr neben ihnen, lachte und verschwand in der Dunkelheit.

Sie waren am Ziele.

*

Hoch über das wellige Land der nördlichen Oberpfalz ragt ein Berg empor. Verschwiegene Wege führen durch immergrüne Wälder von allen Seiten zu der Kirche hinan, die auf seiner Kuppe thront.

Wenn sich die Türen dieser Kirche öffnen, dann trifft ein Gleißen und Funkeln die Augen; denn da drinnen strotzt alles von Gold.

Es ist nicht die Schwerfälligkeit und die Wucht einer romanischen Kirche mit niederer Decke und kurzen, dicken Säulen und etwa einem mächtigen Kruzifixus, der im Chor zwischen Erde und Himmel hängt, leidbeladen, gottergeben.

Es ist nicht die emporstrebende Schönheit der gotischen Kirche mit schlanken Säulen, hochgeführten Spitzbogen und wappengeschmückten Seitenaltären.

Es ist die farbenleuchtende, üppige Freudigkeit des Rokoko, das die weiten, palastähnlichen Kirchenhallen liebte, das an Stelle romanischer Kraft und gotischer Wahrhaftigkeit verlogenes Blendwerk pflanzte und mit all seinen ekstatisch verrenkten Heiligenfiguren, verschwenderischen Altarbauten, theatralisch vor Auge gestellten Riesengemälden und aufgeblasenen Engeln nichts anderes bedeutet als das zu goldener Pracht und weißleuchtendem Stuck erstarrte Siegesgeschrei der triumphierenden Kirche über die zu Boden gestampfte Irrlehre.

Mag sein, daß vorzeiten unsere Vorfahren auch die romanische Kirche fremdartig, feindselig angemutet hat. Es ist schon lange her, wir können's nimmer fühlen, und auch der romanische Bau ist fest eingefügt in deutsche Vorstellung.

Aber die gotische Kirche vollends will uns so heimisch dünken, so natürlich, so ganz und gar aus unserem Erdboden gewachsen – anzusehen wie der lange, blätterlose Lindengang im Herbste, dessen Äste auch spitzbogig gegeneinander gestellt sind wie das Gewölbe über dem Säulengang einer Kirche. –

Die Türe ist angelehnt. Ein Lederpolster ist zwischen die Flügel geklemmt.

Von früh bis abend steht diese Türe offen. Mit einem Schritt kommst du aus der Welt in das Haus hinein, das Menschenhände ihrem Gott erbaut haben. Jede Sorge darf am Altar niedergelegt, jeder Dank in weltferner Einsamkeit von stammelnden Lippen emporgeflüstert werden in die sichtbare Pracht der farbenglühenden Decke – durch diese hinauf in ein unsichtbares, himmelhoch entrücktes Heiligtum.

Denn es ist eine katholische Kirche, die alle Tage offensteht, nicht nur an Sonntagen, nein, jedem zugänglich zu jeder Stunde.

Wenn alle die Seufzer, die diese Kirche gehört hat, wenn alle die Tränen, die zwischen diesen Mauern geflossen sind, wenn alle die Dankgebete, die auf diesen Schemeln gemurmelt wurden – wenn das alles sich kristallisiert hätte an der gewaltigen Decke: tief, tief herab hingen die in Jahrhunderten gewachsenen Gebilde, gleich den Tropfsteinen in unterirdischen, von geheimnisvollen Wassern klingenden Gewölben.

Herrgott im Himmel droben, Du! Warum hast Du gerade das Volk, das Dich aus allertiefster Seele sucht und nicht ablassen wird, Dich zu suchen, – warum hast Du dieses deutsche Volk in sich selbst gespalten bis in seine Wurzeln? Warum denn müssen seine Besten, wenn sie sich finden wollen, sehnsuchtsvoll über einen Abgrund hinüber ihre Hände einander entgegenstrecken? Warum denn muß unsere Kraft immer wieder vergiftet werden im Kampfe um Deine Erkenntnis und Anbetung? Warum schwält heute noch die Glut dieser Zwietracht, frißt im Geheimen und schwächt uns im Kampf gegen eine feindliche Umwelt und Mitwelt? Warum das?

Aus der Tiefe unserer Geschichte sind die Rätsel gewachsen, an denen wir raten, wie auch die raten werden, die nach uns kommen. Aber aus der tiefsten Vergangenheit der Urkirche funkelt nicht minder, gleich einem Grubenflämmlein, die Antwort: Dein Schicksal ist das Schicksal jenes Mannes, der dreimal zum Herrn rief, daß er den Pfahl aus seinem Fleische nehme, – und zur Antwort erhielt: Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in dem Schwachen mächtig.

Wohlan, so wollen wir in Gottes Kraft durch die Zeiten dahingehen als dasjenige unter den Völkern, das in all seiner Schwäche und Zerrissenheit ihm nahe steht, sehr nahe, und immer wieder von ihm gezüchtigt wird gleich dem Sohne, den der Vater so tief liebt!

Morgensonnenschein erfüllte die Welt, und Jonas Eisenhut ritt auf seinem Schimmel durch den duftenden Wald bergan.

Behaglich schnaubte das fromme Pferd und kaute wacker am Gebiß, daß die Schaumflocken lustig ins Moos flogen. Und so ging's im Hahnentritt selbzweit vergnügt durch kühle, dunkle Schläge und über sonnige Blößen zur Wallfahrtskirche hinauf.

Wiederholt war Jonas in Versuchung, das Pferd zu wenden und ins Land hinaus zu blicken. Doch er pflegte auch sonst nicht die Weinbeeren aus dem Kuchen zu essen, sondern den Kuchen mitsamt den Beeren zu genießen. Also wartete er, bis sich ihm dort oben die ganze Herrlichkeit mit einem Male in schrankenloser Schönheit erschlösse.

Er bog auf einen breiten Weg ein, der steil emporführte. Mit zärtlichen Worten klopfte er den Hals des Tieres ab, schwang sich aus dem Sattel und führte den guten Kameraden am Zügel den letzten Anstieg zur kahlen Kuppe.

Noch immer sah er sich nicht um.

In einem Kuhstall am niedern Wirtshause hinter der Kirche stellte er das Pferd ein und warf ihm Heu vor. Dann begab er sich mit einem Buben zur Kirche hinüber, stieg im Turm empor und streckte endlich den Kopf zum Ausguck des Dachfirstes hinaus.

Fast hätte er laut gerufen. Aber das entsprach seinem Wesen durchaus nicht. Nur ein leises Pfeifen kam zwischen seinen Lippen hervor, und seine Augen leuchteten in hellem Entzücken.

Da hörte er unter sich Schritte, leichte und schwere. Er wandte sich nicht. Gerade jetzt, wo sich zum ersten Male die Heimat seiner Väter vor ihm ausbreitete, – gerade jetzt mußten fremde Menschen kommen und seine Betrachtung stören!

Er wandte auch den Kopf nicht, er murmelte nur einen kaum verständlichen Gruß auf das freundliche Gutentag, das ihm von einer Frauenstimme geboten wurde.

Er wollte nicht sehen. Aber die Ohren konnte er nicht verschließen, und so mußte er hören, wie dieselbe Stimme alsbald nach unten rief: »O Vater, wirklich über alle Maßen – –!« Das letzte Wort ging in einem tiefen Atemzug unter, als scheute sie sich, angesichts der weithin gebreiteten Herrlichkeit ein abgenütztes Wort in den Mund zu nehmen.

Aber von unten kam es freundlich zurück: »Sieh dir's nur gemächlich an, das fremde Land, wir haben Zeit.«

Jonas wandte sich noch immer nicht. Er hörte wieder einen tiefen Atemzug und leises, seidiges Knistern. Dann war alles ganz stille.

Mehr als zwei Menschen konnten unter der Lucke des Dachfirstes nicht stehen, und wenn der eine nach Osten gewendet war, mußte der andre nach Westen blicken.

Und so standen sie Rücken gegen Rücken hoch über der Welt. Der Mann unter ihnen aber begann aus seiner Unsichtbarkeit heraus zu summen: ›Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt –.‹

Es wurde Jonas andächtig zu Mute. Fast hätte er mit dem Alten weiter gesummt: ›Dem will er seine Wunder weisen in Berg und Wald und Strom und Feld.‹

Da schwieg der Alte, und es war wieder stille, ganz stille. Unbewegt ragten die Wipfel der dunkeln Wälder da drunten in die flimmernde Luft.

Aber aus dem Lande, das sich in mächtigen Wellen nach Osten hin dehnte bis zum langgestreckten Grenzwall der böhmischen Berge, aus den blinkenden Dörfern und Märkten, Schlössern und Ruinen, Höfen und Hämmern, aus all den Siedelungen der Menschen, die gleichsam eingestickt waren in einen unermeßlich hingebreiteten Teppich geheimnisvoller Waldespracht – stieg dem Wissenden da droben die buntgestaltige Geschichte der Jahrhunderte empor, und die majestätische Stille löste sich in ein immer mächtiger anschwellendes Konzert von Tönen auf, von Tönen, die nur er vernahm, nur er verstand. Und wenn die Geschichte von außen hereinbrach, über die Fluren ritt, ihre Fahnen entfaltete, ihre Brandfackeln warf, die Todessense schwang und an die Überlebenden ihre Güter verteilte, dann klang durch all die wilden Töne wie ein immer wiederkehrender Grundakkord die Sage; und diese Sage kam aus der Tiefe des Landes selbst, summte über die rosigen Flächen des Heidekrauts, strich über die goldenen Felder, flog mit den Raben über blinkende Weiher, schaukelte sich auf den braunen Wassern der Bäche und Flüsse, pochte in den Hämmern, kauerte mit verträumten Augen unter uralten Bäumen, flatterte mit weißen Tauben um die Schallöcher grauer Kirchtürme, sang mit den Hirtenbuben am Waldsaum, kleidete sich in Landestracht und sprach in Heimatlauten und gab im Bilde einer Mutter das Lieben, Glauben, Hoffen, Zagen unzähliger Mütter und im Tone einer leise verklingenden Glocke das Läuten vieler hundert Glocken in vielen hundert Jahren über Wiegen und Särgen und über Millionen von klopfenden Herzen.

Jonas versank in Träume. Zwischen diesen Wäldern, in diesem wilden Tonstück der Geschichte, auf diesem von Sagen klingenden Boden hatten seine Altvordern gelebt, geliebt, gestritten, gelitten. Und in dem Staubwölkchen, das dort weit draußen unter den rollenden Rädern eines Wagens aufstieg und über die Wiese hinzog, war vielleicht auch ein Stäubchen von der Leiblichkeit eines Ahnen, der einst mit leuchtenden Augen, hocherhobenen Hauptes, ein erlegtes Wild auf dem Rücken, jene gewundene Straße geschritten war! –

Nun gebot es aber doch die Höflichkeit, daß er sich halb rückwärts wandte und sagte: »Wollen wir Platz tauschen?«

Die Altstimme antwortete, sein Blick streifte achtlos über ein Mädchengesicht; eine schlanke Gestalt schob sich an ihm vorüber.

Nun stand er mit dem Antlitz nach Westen, sah denselben wolkenlosen Himmel ausgespannt bis zu den Höhen des Steinwaldes und über dem verschwimmenden Felsen von Parkstein und suchte mit frohen Augen Ort um Ort in den Falten der Landschaft.

Dann murmelte auch er einen Gruß, der aber nicht weiter beachtet wurde, und stieg die Leiter hinab, drückte dem Buben das schuldige Eintrittsgeld für all die Pracht und Herrlichkeit in die Hand, grüßte den Herrn mit dem weißen Schnurrbarte, der wieder summend auf einem Balken saß, empfing freundlichen Gegengruß und stieg Schritt für Schritt die enge Turmtreppe hinunter.

*

Es ist nicht ganz erfindlich, warum die Alten den Markt, der nicht weit vom Fuße dieses Wallfahrtsberges entfernt liegt, gerade so und nicht anders gebaut haben.

Diesen Gedanken hat ohne Zweifel auch schon mancher Ochse zornig hinter der harten Stirne erwogen, wenn er den steilen, langgestreckten Marktplatz mühselig eine Wagenlast hinanschob. Und er wartete vergeblich auf Antwort. Nicht einmal die Häuser, die einstöckig, blumengeschmückt, in ununterbrochenen Reihen aneinandergeklebt Straße und Marktplatz begrenzen, wissen eine solche zu geben. Denn es sind ja gar nicht mehr die alten Häuser von einstmals, sondern nur die Nachkommen ganzer Geschlechter von Häusern, die, immer eines auf der Brandstätte des andern erbaut, den Namen des Marktes durch die Jahrhunderte gerettet haben.

Also warum hier und nicht dort oder dort? Und warum jenes Gäßlein so krumm, ohne alle Ursache gewunden?

Wüßten wir's doch immer sogleich, dann ginge mit dem Wissen Hand in Hand das Verstehen: Vielleicht, weil hier vor tausend Jahren ein Quell floß, der den ersten Mann lockte zum Hausbau und inzwischen längst schon versiegt ist; oder weil dort vor achthundert Jahren der Gartenzaun eines mächtigen Mannes ein gebietendes Halt rief und den Fußweg zwang, sich demütig zu krümmen.

Vor achthundert, vor tausend Jahren! Ei – und wie ist mir denn? Gibt es nicht auch in unserer Gedankenwelt krumme, engbegrenzte, tiefe Gäßlein, lichtlos und traurig, die wir immer wieder wandeln müssen, weil – je nun, weil ein andrer vor zehn, zwanzig, dreißig Jahren etwas hingebaut hat, oder weil vor tausend Jahren etwas da stand, an dem wir uns jetzt mühsam vorbeiwinden?

Aber muß denn auch alles so geradlinig langweilig verlaufen wie die Straßen einer amerikanischen Stadt?

Vor dem einstöckigen Gasthaus schräg der Kirche gegenüber, deren Langseite dem Marktplatze zugewendet ist, lagen vor verschüttetem Futter wiederkäuende Kuhgespanne, und ihre zugehörigen Bäuerlein saßen beim Bier in der niedern Gaststube zur rechten Hand vom Hausflur.

Diese Gaststube fürs gemeine Volk bildete eine Art Vorhof zum Heiligtume des Herrenstübleins, das für eine ganz kleine Anzahl von Auserwählten bestimmt war. Vielleicht besser gesagt eine Art von Filter, durch den tropfenweise das Edelste der Nation in das eigens dazu bereitete Becken einfloß.

Auch diese Herrenstube hatte, wie alles auf Erden, ihre Vorfahren. Sie war, weil sie seit Jahrhunderten immer in ähnlicher Gestalt gewesen. Denn es ist nicht anzunehmen, daß einstmals die Edlen von Waldau und der Landsasse von Altenstadt, der Pfleger von Flossenbürg und der Richter dieses Marktes sich an einen Tisch mit den Kühbauern von Treswitz und Lind gesetzt haben. Und deshalb saßen auch jetzt die Herren und die Bauern, jene in der Herrenstube, diese in der Bauernstube – und im allgemeinen zerbrach sich damals auch niemand den Kopf, warum das so sei.

Zwei Tische standen in der Herrenstube, die gar nichts Herrenmäßiges an sich hatte und nur etwa dreimal so groß wie ein mäßiger Postomnibus war: ein größerer der Länge, der andere der Breite nach.

Die Tische waren gedeckt, und drei Herrengeschöpfe warteten hinter ihren Zeitungen auf ihre Atzung.

Auch keiner von den dreien grübelte darüber nach, warum er hier saß. Denn bei keinem von ihnen konnte in dieser Hinsicht irgendein Zweifel bestehen: Herr Doktor Bauer saß hier, weil er vor zehn Jahren Korpsstudent geworden war, vor drei Jahren den Staatskonkurs bestanden hatte und jetzt als Bezirksamtsassessor den Markt und die Landschaft an seinem bescheidenen Teil mitregierte. Herr Schuster saß hier, weil er nach Ausweis seiner schönen Aktenmappe – Juchtenleder – für gewöhnlich als Rechtsanwalt in Weiden wirkte und gestern abend zu einem Gerichtstermin herausgefahren war. Herr Jonas Eisenhut aber saß als der Dritte im Bunde ebenfalls an dem längeren Tische, der ohne Zweifel etwas vornehmer war als der kürzere Quertisch, er saß hier, weil er ein Herr aus der allberühmten Hauptstadt der Provinz und heute früh von Floß über den Fahrenberg heraufgeritten war – und weil solche Herren all die Jahrhunderte hindurch immer abseits der Kühbauern gesessen sind.

In diesem Marktflecken war das feste Gefüge der Gesellschaft noch nicht im mindesten gefährdet. –

Nun hob der Assessor seine Schmisse und seinen Schnurrbart vom Zeitungsblatt und sagte mit lustigem Augenzwinkern: »Über den Fahrenberg sind Sie geritten? Na, da haben Sie aber nicht nur eine hübsche Aussicht, sondern auch eine hübsche Ansicht gehabt – wie?«

Jonas Eisenhut blickte verständnislos.

»Ich dachte nur«, meinte der Assessor und wandte sich zum Rechtsanwalt: »Ein verdammt hübscher Käfer, der da gestern abend in unsere unwürdige Herberge geschwirrt ist.«

»Für einen Käfer ist sie zu lang«, sagte der Anwalt.

Der Assessor lachte: »Gibt auch –«. Aber jählings verstummte er und verbeugte sich gegen den Eingang.

Eisenhut wandte sich um und sah eine junge Dame und einen hochgewachsenen, hagern Herrn mit starkem weißem Schnurrbart. Und er begriff.

»Sind die Herrschaften befriedigt von ihrem Ausflug?« fragte der Assessor höflich.

»Sehr!« sagte die junge Dame und wiederholte: »Sehr! Nicht wahr, Vater?«

Der alte Herr nahm seiner Tochter Hut und Jäckchen ab und hing beides an den Rechen über die langen Tabakspfeifen etlicher Stammgäste, hob die Hand, legte Daumen und Zeigefinger zusammen, als hielte er etwas ganz Feines dazwischen, und sagte langsam, jedes Wort betonend, mit etwas schnarrender Stimme: »Wenn mich jemand bäte, ihm mit einem Male einen Begriff von der herben Schönheit der Oberpfalz zu geben, – ich bin ja ganz fremd in Ihrem Lande – aber ich kann mir nicht denken, daß sich ein besserer Überblick fände, als der droben vom Fahrenberg ist. In fremder Stadt, in fremder Landschaft ist nämlich immer mein Erstes, einen Kirchturm, einen Berg zu besteigen und alles von oben zu betrachten.«

»Herbe Schönheit!« Der Assessor wiederholte die Worte und legte den Nachdruck auf herb.