Der Beweis - César Aira - E-Book

Der Beweis E-Book

César Aira

4,8

Beschreibung

»Wollen wir ficken?« Maos Liebeserklärung nach Punk-Art hält die blonde Marcia für einen schlechten Scherz. Sie hat gerade die Talsohle einer schweren Depression hinter sich, Übergewicht und wenig Lust auf derlei Angebote. So versucht sie, sich der aufdringlichen Mao zu entziehen. Vergeblich. Bald fühlt sich Marcia dem Gespött der Leute um sie herum preisgegeben. Doch es kommt schlimmer, auch Maos schweigsamer Schatten, die Punkerin Lenin, verliebt sich in die mollige Schülerin. Der lesbischen Ménage à trois bleibt nicht viel Zeit für philosophische Diskurse über die Liebe. Ein Beweis muss her, ein Liebesbeweis. Diesen inszeniert Aira als infernalischen Schlussakkord dieses gradlinigen, an einen Action-Thriller erinnernden Kurzromans, der unter dem Titel »Aus heiterem Himmel« kongenial verfilmt wurde: Die beiden Punks überfallen einen Supermarkt, der Plot eines rauschhaft lustvollen Splatters wird wahr. Bibliothek César Aira Band 2 Herausgegeben von Klaus Laabs

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Bibliothek César Aira

Band 2

Herausgegeben und

übersetzt aus dem Spanischen

von Klaus Laabs

César Aira

Der Beweis

Novelle

»Wollen wir ficken?«

Marcia war so überrascht, dass sie nicht gleich verstand. Verstört schaute sie um sich und wollte sehen, woher die Frage kam … Obwohl diese in dem luftig-leichten, folgenlosen und zugleich dichten und temporeichen, etwas wilden Labyrinth von Stimmen und Blicken gar nicht so fehl am Platze war, vielleicht war hier ja gar nichts anderes zu erwarten. Wer aber etwas erwartet …

Drei Straßenecken vor der Plaza Flores fing auf dieser Seite der Avenida eine stillstehende und sich doch bewegende, dreidimensionale Welt von Jugendlichen an, die ihren Zusammenhalt, die Masse, die sie bildete, spüren ließ. Es waren aus Jungen und Mädchen, mehr aus ersteren als letzteren, bestehende Gruppen, die an den Eingängen der zwei Schallplattenläden, auf dem freien Platz vor dem Cine Flores zwischen sowie neben den parkenden Autos herumstanden. Zu dieser Zeit waren sie aus der Schule gekommen und sammelten sich dort. Auch für Marcia war die Schule aus, seit zwei Stunden schon (sie war in der elften Klasse), ihre war aber weit weg von hier, fünfzehn Querstraßen weiter unten, in Caballito, und sie machte gerade ihren täglichen Spaziergang. Marcia hatte Übergewicht und zudem ein Problem mit der Wirbelsäule, das zwar mit sechzehn Jahren noch nicht ernst war, aber irgendwann ernst werden könnte. Niemand hatte ihr die Spaziergänge empfohlen, sie unternahm sie aus therapeutischem Instinkt heraus. Und auch aus anderen Gründen, vor allem aus Gewohnheit; die schwere Depression, die sie hinter sich hatte, mit der Talsohle vor ein paar Monaten, zwang sie, wenn sie überleben wollte, sich viel zu bewegen, was sie auch tat, wennschon zu einem Gutteil aus Trägheit und Aberglauben. Zu dem Zeitpunkt der Leibesübung, kurz bevor sie den Heimweg antreten würde, schien sie die Geschwindigkeit zu drosseln; nach dem eher neutralen Kilometer der Rivadavia, der die beiden Stadtteile voneinander trennte, wurde Marcia jetzt, nachdem sie in diese wieder mehr jugendlich geprägte Gegend eingetreten war, etwas langsamer, wobei sie die Länge des Schritts nicht verkürzte. Sie stieß mit der Ladung frei flottierender Signifikanten zusammen; und jedem Schritt, jedem Armschlenkern wohnten nun unzählige Bedeutungen und Anspielungen inne … Flores, mit all seinem jugendlichen Treiben auf der Straße, erhob sich wie ein Spiegel ihrer eigenen Geschichte, etwas abseits vom Originalschauplatz, aber nicht weit davon entfernt, zu erreichen in einem Abendspaziergang; jedenfalls war es nur logisch, wenn sich die Zeit beim Näherkommen verdichtete. Außerhalb ihrer Geschichte glitt Marcia unnormal schnell dahin, wie ein Körper, der im Äther auf keinerlei Widerstand trifft. Der Widerstand war vermutlich tatsächlich nicht übermäßig groß oder sogar gleich null, wie es ihr während der ziemlich tragischen Phase ergangen war, die in ihrer Erinnerung langsam verblasste.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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