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Ein echtes enhanced E-Book mit Hörbuch! In diesem E-Book erhalten Sie sowohl den Textteil, als auch die gesprochene Variante. Dieses E-Book enthält ca. 413 Minuten Hörbuch und 204 Taschenbuchseiten! Sie können wählen: 1. Sie lesen und hören Kapitelweise die Geschichte von vorn nach hinten 2. oder Sie hören sich einfach die Audio-Files komplett an. 3. Sie lesen diese E-Book wie sie es gewohnt sind, ohne Audio. ************************************* Susan Jones entführt, fesselt und berauscht! Die Chefin liebt ihren Job und ihren Assistenten. Sie kann nicht ohne ihn, doch er kann ohne sie ... Eine große Firma, eine hörige Chefin, ein perfekter Assistent ... Gelesen von Olivia de Martini Regie: Berthold Heiland Ungekürzte Lesung Spielzeit: 413 Minuten Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 298
Ein richtiges HörBuch ...
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Impressum:
Der dominante Assistent | Erotik Audio Story | Erotisches Hörbuch
von Susan Jones
Lektorat: Nicola Heubach
Originalausgabe
© 2024 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © lightfieldstudios @ 123RF.com
Umschlaggestaltung: www.heubach-media.de
ISBN 9783756130986
www.blue-panther-books.de
Kapitel 1
Sommer. Wärme. Über der Stadt liegt die Hitze in einer unheilvollen Paarung mit Autoabgasen wie ein feuchter Nebel. Die Sonne scheint durch die große Glaswand des Penthouses, heizt den Raum und die Atmosphäre weiter auf.
Die junge Frau steht in schwarzem BH und String vor dem Kleiderschrank und seufzt. Hitze und Büro, das verträgt sich nicht. Am liebsten würde sie bleiben, wie sie ist. Das geht selbstverständlich nicht. Kurze Bluse, schwarzer Rock. Strümpfe müssen nicht sein, ausnahmsweise. Es ist heute einfach zu heiß für Strümpfe. Hochhackige Sandalen mit feinen Riemchen und darüber den schwarzen Blazer. Den kann sie ausziehen, wenn sie im Büro allein ist.
Sie tritt aus der Tür. Die schwüle Hitze umfängt sie wie ein feuchter Schoß, sie hat das Gefühl, kaum atmen zu können, zu warm und zu träge ist die Luft, ohne Sauerstoff. Schnell in die Tiefgarage, nur wenige Meter zu Fuß, dort ist es kühl, dunkel, angenehm. Die Abgase und die Geräusche von fahrenden Autos stören sie nicht. Sie ist ein Kind der Stadt, sie braucht die Laute der Zivilisation, um sich wohlzufühlen.
Sie ist auf dem Land aufgewachsen, eine behütete Kindheit, obwohl ihre Eltern immer wenig Geld hatten, keine Scheidung, keine Drogen, keine Gewalt. Draußen spielen auf der Wiese mit den vielen Kindern der Nachbarschaft, kleine Dorfschule, der erste Kuss mit sechzehn. Ein braves Mädchen war sie gewesen, gut in der Schule und gut erzogen. Höflich, freundlich, zurückhaltend.
Sie drückt auf den Knopf der Fernbedienung an ihrem Schlüsselbund. An einem schwarzen Mercedes leuchten die Blinker kurz auf. Müde lässt sie sich in die schwarzen Lederpolster fallen und steckt den Schlüssel ins Zündschloss. Ihr Mercedes. Nagelneu und bezahlt. Sie macht sich keine Sorgen um Geld, sie kauft sich, was sie will und hat keine Schulden, nicht einmal einen Dispokredit braucht sie. Ab und zu lädt sie ihre Eltern in die Stadt ein, zum Essen und ins Theater. Die fühlen sich hier nicht wohl, zu laut, zu voll, zu stressig. Aber ihr zuliebe kommen sie zweimal im Jahr und bewundern das schicke Penthouse, die Designermöbel, den Mercedes; und sind so stolz auf ihre kleine Tochter, die es geschafft hat.
Sie dreht den Schlüssel im Schloss herum und lauscht dem gefährlichen Brummen des Motors. In den ersten Tagen war sie mit einhundertachtzig Kilometern pro Stunde über den Highway gerast, Geschwindigkeitsrausch. Dann hatte sie erschrocken abgebremst. Die Macht des Motors unter ihr erregt sie. Stark, männlich und ungezügelt. Viel zu oft, wenn sie spät abends aus dem Büro nach Hause fährt, möchte sie sich von der ungebremsten Kraft des Motors einfach tragen lassen, möchte aufhören zu denken und sich auf die Stärke der Maschine unter der Motorhaube verlassen, den rechten Fuß durchtreten, bis sie den Boden unter dem Pedal spürt. Doch dazu ist sie viel zu vernünftig.
Sie fährt aus der Tiefgarage heraus, schaltet das Radio ein. Rockmusik, ihre Lieblingsband erklingt. Sie dreht die Lautstärke hoch und fühlt sich jung wie ein Teenager. Laut singt sie den Text mit. »Take me to the bitter end …«
Nächste Tiefgarage. Kühl, dunkel, still, wie die erste. Sie ist spät dran heute, schon halb zehn, da sind die meisten Kollegen längst im Büro. Aber montags schafft sie es nicht früher, das Nichtstun am Sonntag lähmt sie, und montagmorgens fühlt sie sich müde und träge.
Mit einem leisen Klack schließt sie die Fahrertür des Mercedes. Da waren Sounddesigner am Werk, denkt sie, satt und angenehm klingt das Geräusch, wertvoll. Deutsche Gründlichkeit. Kurz streicht sie mit der Hand über den glänzenden Lack der Motorhaube, bevor sie die Fernbedienung betätigt und zusieht, wie die Wagentüren sich automatisch verriegeln.
Der Lift. Grau und alt, er passt gar nicht in das eigentlich moderne Bürogebäude, in dem sie arbeitet. Aber der Fahrstuhl war lange vor den modernen, hellen und komplett verglasten Büroräumen hier.
»Guten Morgen, Rebecca!«, grüßt ihre Sekretärin freundlich. Natalie trägt einen für ihren Geschmack etwas zu kurzen Minirock und ein kurzärmeliges Top, das ihren Busen sehr stark betont. Stirnrunzeln, muss das sein?
»Mir ist so warm«, entschuldigt sich die Sekretärin, als sie den tadelnden Blick bemerkt. »Wenn Besuch kommt, zieh ich mein Sakko über«, fügt sie rasch hinzu und deutet auf die Stuhllehne hinter sich.
»Ist schon gut«, murmelt die junge Frau und marschiert energisch auf ihren siebeneinhalb Zentimeter hohen »Louboutin«-Sandaletten auf ihre Bürotür zu.
Am Schreibtisch angekommen, wirft sie die teure Handtasche in eine Ecke am Fenster, lässt sich auf den komfortablen Drehstuhl fallen und drückt auf den Startknopf des kleinen, flachen Laptops, der vor ihr steht. Mit einem leisen und freundlichen Geräusch verkündet das Gerät, dass es einsatzbereit ist. Schnell und diskret. Wunderbar.
Natalie kommt mit einem kleinen Tablett herein, auf dem eine mit glitzernden Kristallen besetzte Kaffeetasse, ein kleiner Teller mit drei Vollkornkeksen und ein Stück Zucker liegen.
»Anstrengendes Wochenende gehabt?«, fragt sie nur mäßig interessiert und stellt das kleine silberne Tablett auf dem Schreibtisch ab.
Rebecca schüttelt den Kopf. »Wie immer«, murmelt sie und öffnet das Mailprogramm. In Sekundenschnelle tauchen siebenunddreißig neue, ungelesene E-Mails auf dem Bildschirm auf. Sie seufzt. Natalie zieht sich leise zurück und schließt die Bürotür hinter sich.
Arbeit. Rebecca liebt ihre Arbeit. Sie liebt das Geräusch von eingehenden E-Mails am Computer. Sie liebt es, voller Adrenalin vor einem Raum von Männern in maßgefertigten Anzügen zu stehen und sie mit Fachkompetenz von ihren Ideen zu überzeugen. Darin ist sie gut, das kann sie. Sie hat viele Ideen, und sie kann sie verkaufen. Das hat ihr die einzige Führungsposition als Frau in diesem Unternehmen eingebracht. Die Kollegen und Vorgesetzten respektieren sie und schätzen ihr Wissen. Die engen Kostüme und die hochhackigen Schuhe nimmt sie sich raus, sie will ihre Weiblichkeit nicht verstecken, und manchmal nutzt sie das aus, wenn in einer anstrengenden Vertragsverhandlung der Rocksaum wie zufällig hochrutscht und einen Blick auf den Spitzenrand der halterlosen Strümpfe zulässt, wenn die Männer nervös werden und anfangen, auf ihren Stühlen herumzurutschen.
Rebecca kennt ihre weiblichen Vorzüge und kann diese einsetzen. Auch in dieser Männerdomäne. Wer erwartet schon eine Ingenieurin, die aussieht, als könnte sie ebenso gut auf dem Cover der aktuellen Playboy-Ausgabe posieren? Elegant, weiblich, durchaus sexy, trotz der herben Gesichtszüge und der strengen Frisur, die dominante Fantasien in den männlichen Betrachtern hervorrufen.
Sie hatte immer schon mehr gewollt als Gleichaltrige, nicht nur in der Schule, auch am College hatte sie alles gegeben. Andere haben Wirtschaft studiert, sie hat Marketing und Chemie gleichzeitig studiert. Und als Nebenfach noch ein bisschen Medizin – man kann ja nie wissen …
In Rekordzeit hat sie ihr umfangreiches Studium beendet. Fünf Jahre lang hatte sie Tag und Nacht gelesen, gelernt, geschrieben und studiert, und ihr erstes Praktikum hatte sie gleich nach Seattle in dieses Pharma-Unternehmen gebracht. Das ist jetzt zehn Jahre her. Und seitdem hat sie sich kontinuierlich hochgearbeitet, bis sie endlich letztes Jahr den langersehnten Posten als Hauptabteilungsleiterin der Marketingabteilung bekommen hat.
Ihre erotischen Träume drehen sich neuerdings immer um das Unternehmen. Sie träumt davon, dass die Männer im Vorstand ihr zu Füßen liegen, sie anbeten. Der Vorstandsvorsitzende taucht in ihren Träumen als lüsterner, notgeiler Mann im dunklen Anzug auf, der während einer ihrer Präsentationen plötzlich seine Hose öffnet und sich leise keuchend selbst befriedigt, während sie von ihren Ideen und den Erfolgen ihrer letzten Projekte berichtet. Sie öffnet ihre Bluse und legt ihre prallen Brüste frei. Ihre Brustwarzen stehen steif und dunkelrot ab, während sie mit dem Laserpointer erst auf das Bild des Beamers und dann auf seinen steifen Schwanz deutet, mit dem roten Lichtpunkt seine Bewegungen verfolgt, auf und ab, auf und ab. Der Chief Financial Officer liegt unter ihrem Stuhl, seine Zunge gleitet unter ihren Rock und lutscht und saugt an ihrer feuchten Klitoris, während der Aufsichtsratsvorsitzende, ein älterer Herr mit grauen Schläfen und kleinem Bauchansatz, von hinten in ihren Nacken beißt und ihre Brustwarzen liebkost.
Ja, ihre erotischen Träume sind großartig. Sie muss oft daran denken, wenn sie mit den Männern, die darin vorkommen, in einem Meeting zusammensitzt. Die Bilder tauchen dann auch am Tage vor ihr auf, und sie presst die Schenkel fest zusammen, im immer gleichen Rhythmus: anspannen, entspannen. Und dann stellt sie sich vor, dass auch die anwesenden Männer jetzt gerade, in diesem Moment, ähnliche lüsterne Träume von ihr haben.
Klackklackklack machen die kurzen, aber sorgfältig manikürten Fingernägel auf der Tastatur. Ihre E-Mails beantwortet sie schnell, routiniert. Sie sieht kurz auf die kleine, goldene Uhr an ihrem Handgelenk. Schon zehn Uhr. In einer Stunde hat sie ihren ersten Termin, ein Bewerbungsgespräch. Als sie zum Head of Marketing ernannt wurde, hatte sie großmütig auf einen Assistenten verzichtet. »Eine Sekretärin genügt doch«, hatte sie gemeint. Anstelle eines Assistenten war sie mit Laptop und Blackberry bestens versorgt. Aber nach einem Jahr harter Arbeit hatte sie festgestellt, dass sie schnell den Überblick verlor, und der Vorstand hatte ihrer Anfrage nach einem Assistenten umgehend zugestimmt.
Klopfen an der Bürotür.
»Ja?«
Im Türspalt taucht ein brauner Schopf auf. Abteilungsleiter Ken. »Rebecca? Hast du fünf Minuten für mich?«
Sie schaut auf den Laptop, auf fünfundzwanzig noch unbeantwortete E-Mails, dann auf die Uhr. Noch fünfundfünfzig Minuten bis zum ersten Termin. »Ja, kein Problem. Komm rein.« Hinter ihr an der Wand hängen Auszeichnungen und Urkunden. Managerin des Jahres. »Leading Ladies Award«. Sie ist stolz auf diese Urkunden, jeder soll sie sehen. Ihr Ziel, eines Tages in den Vorstand des Unternehmens gerufen zu werden, als erste Frau aller Zeiten in diesem alteingesessenen Unternehmen, rückt mit jeder Auszeichnung näher.
Sie steht von ihrem Stuhl auf und geht zu dem jungen Mann mit dem hellbraunen Wuschelkopf rüber. »Was kann ich für dich tun?« Sie hat immer ein offenes Ohr für ihre Mitarbeiter, ist eine Chefin zum Anfassen. Im übertragenen Sinne natürlich nur. Angefasst hat sie schon seit einigen Jahren kein Mann mehr, ihre Karriere ist wichtiger. Abends ist sie selten vor zehn Uhr zu Hause. Samstags arbeitet sie meistens. Die Sonntage sind die schlimmsten Tage ihrer Woche, mit dem bedrohlich leeren Terminkalender, der Stille ihrer Wohnung, keinen E-Mails, keinem Telefon … Dann geht sie ins Fitnessstudio, stundenlang und quält sich auf diversen Geräten und bei Fitnesskursen, wie »Step Aerobic« und »Pilates«. Danach joggt sie einige Kilometer durch den nahen Stadtpark. Erst wenn sie körperlich am Rande der totalen Erschöpfung ist, geht es ihr besser und sie kann einschlafen.
Der Abteilungsleiter hat einige Kleinigkeiten zu besprechen. Sie hört aufmerksam zu, gibt ihm einen Rat und verabschiedet ihn nach zehn Minuten wieder. Dann macht sie sich auf, die restlichen E-Mails zu beantworten.
Kapitel 2
Natalie steckt den Kopf zur Tür hinein. »Dein Bewerber ist da«, sagt sie fröhlich.
Rebecca steht vom Stuhl auf und zieht das Sakko wieder über. Ein kurzer Blick in das spiegelnde Display des Laptops. Make-up ist noch perfekt, die Frisur ebenfalls. »Kann reinkommen.« Sie nickt Natalie zu und geht zur Sitzecke mit den Cocktailstühlen hinüber.
Auf dem kleinen Tisch stehen Gläser und eine Flasche mit Wasser. Daneben liegen ein nagelneuer, leerer und weißer Notizblock und ein Montblanc-Kugelschreiber. Unter dem Notizblock ruht die Bewerbungsmappe. Sie hat sie gestern Abend im Bett studiert und kann sie nun nahezu auswendig. Sie ist immer gut vorbereitet auf Bewerbungsgespräche, Überraschungen liegen ihr nicht.
Marc Lavie hat ein ordinäres Passfoto von sich eingeklebt. Niemand sieht besonders gut aus auf einem Passfoto, das hat sie schon mit sechzehn gewusst. Blass, leichte Ränder unter den Augen, die dunklen Haare für ihren Geschmack etwas zu lang. Und doch kann sie seine Attraktivität erkennen, die Augen sind schwarz, unergründlich, der Blick fest, im Kinn ein kleines Grübchen. Sein Lebenslauf ist großartig, und seine Referenzen sind hervorragend.
Als er den Raum betritt, ist sie überrascht. Er hat einen eleganten, katzenähnlichen Gang. Groß, stark und kerzengerade geht er die wenigen Schritte bis zu ihrem Sessel. Er lächelt strahlend, mit einer Reihe von perlweißen und schnurgeraden Zähnen. Volle Lippen, fast schon zu sinnlich für einen Mann. Der Teint ist leicht sonnengebräunt, das dunkle Haar etwas unordentlich zerstrubbelt. Der Maßanzug sitzt perfekt und lässt keinen Zweifel zu, dass sich darunter ein gut trainierter Männerkörper befindet. Wie alt war er noch gleich? Plötzlich sind all die Informationen aus seinem gut studierten Lebenslauf verschwunden.
»Guten Tag«, grüßt er immer noch lächelnd und mit nur einem kaum noch hörbaren französischen Akzent. Sein Händedruck ist fest und selbstbewusst.
»Setzen Sie sich«, bittet sie und schlägt so grazil wie möglich die Beine übereinander. Die manikürten Füße in den teuren Sandalen wippen etwas nervös.
»Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben, ich kann nur ahnen, wie beschäftigt Sie sein müssen in Ihrem Job«, beginnt er gleich das Gespräch.
Sie lächelt freundlich zurück und nickt. Dann erzählt er. Sie kann gar keine Fragen stellen. Er plaudert einfach drauflos, erzählt von sich, von seinen bisherigen Jobs, von seinem Leben. Zweiunddreißig ist er, hat in Paris studiert, seine Mutter ist Französin, der Vater Kanadier. Er ist zweisprachig aufgewachsen, und noch dazu beherrscht er Italienisch und Spanisch. In ihrer Branche hat er keine Erfahrungen, er hat bisher in modernen Start-ups gearbeitet, ist aber an viel Arbeit und wenig Freizeit gewöhnt, ein selbstgewählter Workaholic. Das kennt sie. Wenn er mal freihat, macht er Sport oder kocht, das ist sein Hobby. Am liebsten wäre er Koch geworden, aber seine Mutter hat ihm davon abgeraten, familienunfreundliche Arbeitszeiten und wenig Geld, hat sie gesagt. Darüber kann er heute nur schmunzeln, von familienfreundlichen Arbeitszeiten könne man ja heutzutage in jedem Beruf nur träumen.
»Sind Sie verheiratet?«, fragt sie und versucht, nicht von ihrem Notizblock aufzusehen.
»Nein, ich bin frei verfügbar«, sagt er etwas zu kokett, die schwarzen Augen blitzen. Zu forsch, zu frech, zu fantastisch.
Sie errötet. »Ich frage nur …«, murmelt sie und ärgert sich über ihre dumme Frage.
Sie steht auf und verabschiedet sich mit einem Händedruck von ihm. Als er den Raum verlassen hat, kann sie sein Aftershave noch immer wahrnehmen.
Natalie schleicht durch die Tür und schließt diese hinter sich. »Den MUSST du nehmen!«, sagt sie nachdrücklich und reibt aufgeregt die Hände an ihrem kurzen Rock.
Rebecca runzelt die Stirn.
»Wahnsinnstyp, so was von attraktiv! Und diese Zähne!« Natalie rollt verliebt mit den Augen.
Rebecca lächelt. »Mal sehen«, murmelt sie.
Klopfen an der Tür. Eine Frau mit blondem Lockenschopf guckt hindurch. »Hey!«, ruft sie. »Hast du Zeit für Mittagessen, oder wird das heut wieder nichts?«
Rebecca sieht Natalie fragend an.
»Dreizehn Uhr, nächster Termin«, sagt diese geschäftsmäßig und drückt sich an der jungen Frau vorbei durch die Tür in ihr Vorzimmerreich.
»Ich komme.«
Stacy ist ihre beste und einzige Freundin. Sie haben schon in der ersten Klasse nebeneinandergesessen, und ihre Trennungen im bisherigen Leben waren immer nur kurz. Die längste Trennung hatten sie in den Jahren des Studiums gehabt, da Stacy einen Studienplatz in einer anderen Stadt bekommen hatte. Trotzdem waren sie sich auch in diesen Jahren immer nahe gewesen und hatten einander regelmäßig besucht. Mindestens einmal die Woche hatten sie stundenlang miteinander telefoniert. Als Rebecca ihren ersten festen Job im Unternehmen bekam, holte sie Stacy gleich zu sich. Seitdem arbeiteten sie auch zusammen.
Im Gegensatz zu ihr ist die Arbeit für Stacy nur ein Mittel, den Lebensunterhalt zu verdienen. Teilzeit natürlich. Sie ist verheiratet und hat eine kleine Tochter, die jetzt in den Kindergarten geht, wenn sie arbeitet. Rebecca hatte wenig Verständnis gehabt für die Wahl der Freundin, hatte gejammert, ob sie wirklich so lange gelernt, studiert hatte, nur um anschließend als Assistentin zu verkümmern und ihrem Mann die Hemden zu bügeln. Stacy hatte gelacht und gemeint, jeder sei seines Glückes Schmied, und sie lebe eben für ihre Familie, das Kind mache sie glücklich, und sie war zufrieden, wenn ihr Mann erfolgreich sei, sie selbst hatte das für sich als viel zu anstrengend empfunden. Mutti, denkt Rebecca lächelnd, wenn die Freundin beim Essen mit leuchtenden Augen warmherzig von ihrer kleinen Tochter erzählt, von den Fortschritten, die diese macht, und davon, wie stolz sie auf die Kleine ist. Weiterleben im Kind.
Fünfunddreißig neue E-Mails. Sie seufzt. Eigentlich müsste sie den ganzen Tag vor ihrem Laptop sitzen, nur um alle E-Mails zu lesen und zu beantworten. Manchmal glaubt sie, es gibt Menschen im Unternehmen, deren ganze Arbeit darin besteht, ihr E-Mails zu schreiben.
Vor ihr liegen die Bewerbungsunterlagen von Marc. Sie schlägt die Mappe noch einmal auf und betrachtet das Passfoto. Etwas Düsteres umgibt seine Augen, das war ihr zuvor nicht aufgefallen. Sie sind dunkel, fast schwarz, unergründlich. Er lässt sich nicht in die Karten gucken, denkt sie. Aber hatte er nicht versucht, mit ihr zu flirten? Seit Jahren hat kein männlicher Kollege es gewagt, sie auch nur länger als wenige Sekunden anzusehen, geschweige denn, mit ihr zu flirten. Sie hat den Ruf einer eisernen Lady. Von Stacy weiß sie, dass viele Kollegen das schade finden. »So eine heiße Frau, und sie lässt keinen ran«, mutmaßen viele. Natürlich gibt es auch Gerüchte, dass sie lesbisch sei und das niemanden wissen ließe.
»Die totale Verschwendung«, findet auch Stacy, doch ihre wenigen Versuche, Rebecca mit einem Mann zu verkuppeln, hat diese rigoros abgeblockt.
»Ich will keinen Mann und ich brauche auch keinen«, hat sie energisch behauptet. »Wenn ich jemanden treffe, der mir gefällt, wird sich das sicher ändern, aber bis dahin …«
Nie im Büro ficken, denkt sie noch, als sie die Bewerbungsmappe zuschlägt. Doch die perlweißen Zähne und das leicht zerstrubbelte Haar, das tiefe Grübchen am Kinn und die feinen Ohrläppchen liegen wie Nachbilder auf ihrer Netzhaut. Sie seufzt und beginnt, ihre E-Mails zu beantworten. Gleich wartet schon der nächste Termin.
Kapitel 3
Einundzwanzig Uhr. Fast schon früh für ihre Verhältnisse. Die Wohnung ist noch hell und warm, das ist das einzig Gute am Sommer. Sie fährt bei Sonnenschein ins Büro und kommt nach Hause, wenn es noch annähernd hell ist. Zumindest ist es noch nicht finstere Nacht.
Sie schaltet den Fernseher ein und geht in die Küche. Die Sandalen wandern in eine Flurecke, das Sakko landet auf einem Stuhl. Die Küche glänzt und blinkt, ihre Putzfrau leistet wie immer gute Arbeit. Dreimal in der Woche kommt sie und sorgt still und diskret dafür, dass Rebecca sich abends in einem sauberen, aufgeräumten Zuhause wiederfindet und der Kleiderschrank immer gut gefüllt ist mit sauberer, gebügelter Wäsche. Wie Mama früher, denkt sie und lächelt.
Im Kühlschrank findet sie einen großen Joghurt und eine Tafel Schokolade. Das Fernsehprogramm ist abscheulich, Talkshows, Gameshows und Reality-Dokumentationen über Menschen ohne Zukunft. Ausgewandert, Frauen getauscht, raus aus den Schulden, rein in die Kartoffeln. Das will sie nicht sehen. Erfolgreiche Menschen scheinen in der Fernsehwelt nicht stattzufinden, stellt sie wieder einmal fest und löffelt, die aktuelle Ausgabe der »Vogue« auf den Knien, den Joghurt aus dem Plastikbecher. Dann klappt sie den Laptop auf und liest ihre privaten E-Mails. Viele sind es nicht, im Gegensatz zu der Flut im Büro. Stacy hat zwei Spaßvideos geschickt, die sie kurz zum Lachen bringen. Ihre Mutter schickt liebe Grüße und die Information, dass Rebeccas alte Schulfreundin Stephanie Zwillinge bekommen hat. Sie lebt noch immer in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen sind, hat dort einen Lehrer geheiratet und bekommt seit Jahren ein Kind nach dem anderen. Rebecca stöhnt. Sie weiß genau, warum ihre Mutter das mitteilt. Natürlich ist sie stolz auf das, was Rebecca erreicht hat, doch noch lieber würde sie sich selbst als Großmutter sehen. Sie hat diesen Traum fast schon aufgegeben, glaubt nicht mehr daran, dass Rebecca jemals einen Mann kennenlernt, mit dem sie Kinder haben wird. Trotzdem fragt sie ständig nach.
Ihr Whirlpool. Den hat sie vor etwa einem Jahr zur Feier ihrer Beförderung einbauen lassen. Baden entspannt sie so gut wie nichts sonst, das warme Wasser, das sie einhüllt und die Haut atmen lässt, als wäre sie zurück im Bauch der Mutter, in der warmen, dunklen Höhle. Beschützt und behütet. Sie lässt dampfend heißes Wasser einlaufen, gießt aus einer kleinen Flasche ein entspannendes, duftendes Aromaöl in das Wasser: Kakaobohne und Goji-Beere. Süß und verführerisch duftet das ganze Bad nach dem exotischen Aroma.
Dann zieht Rebecca sich aus, betrachtet im großen Spiegel ihr Bild. Flacher Bauch, praller Busen, knackiger Po. Keine Spur von Cellulite oder Bindegewebsschwäche. Das lange Haar fällt nun ungehindert ihren Rücken hinab, im Büro steckt sie die Haare immer hoch, das sieht professioneller aus und verschafft Distanz. Die langen, mittelblonden Haare sind sonst zu niedlich für ihre Position, aber sie mag sie und will sie nicht abschneiden lassen. Außerdem muss sie nicht so häufig zum Friseur, dazu hat sie sowieso kaum Zeit.
Leise seufzend lässt sie sich in das heiße Wasser gleiten und schließt die Augen. Anstrengender Tag, viele Meetings und ein neues Projekt, das angeschoben werden muss. Heute hat sie erfahren, dass es in ihrer Verantwortung liegt. Sie freut sich, aber nun, muss sie sich wirklich um einen Assistenten kümmern, sonst wird sie der Verantwortung nicht gerecht werden können, viel zu viel Arbeit … Auch ihr Tag hat ja nur vierundzwanzig Stunden.
Plötzlich tauchen die weißen Zähne und die schwarzen Augen wieder vor ihrem geistigen Auge auf. Und diesmal ist es nicht der Vorstandsvorsitzende, der vor ihr sitzt und lüstern an seinem erigierten Penis reibt, während sie ihre Brüste knetet, sondern der neue Assistent, der vor ihrem Stuhl sitzt und mit geschlossenen Augen seinen geraden, kräftigen Schwanz bearbeitet. Ihre Finger gleiten in ihren Schoß und fangen an zu spielen. Heftige, gleichmäßige Bewegungen, direkt auf der Klitoris. Sie weiß, wie sie schnell zum Höhepunkt kommen kann.
Der Assistent küsst ihre Füße in den Sandalen, sie fährt mit dem Absatz ihrer rot besohlten Schuhe an seinem Penisschaft auf und ab. Sie könnte ihm weh tun, genießt ihre Macht über ihn, genießt seine Geilheit auf sie.
Wenn sie geahnt hätte, wie falsch dieser Traum ist, würde sie jetzt nicht laut seufzend ihren Unterleib in dem sprudelnden Wasser aufbäumen und zusehen, wie er unter ihrem Orgasmus erzittert …
Kapitel 4
»Lavie.« Die Stimme ist sonor, dunkel, wohlklingend. Und ein bisschen fordernd.
»Ja, Rebecca Moon hier, guten Tag. Ich rufe an, um Ihnen zu sagen, dass Sie die Stelle als Assistent bekommen können.«
»Das freut mich.«
Sie stutzt. Kein Zeichen der Freude, kühl und sachlich klingt das. »Ja, äh … gut! Wir müssen dann noch die Details besprechen, Gehalt, Sonderboni, Arbeitszeiten, wann Sie anfangen können …«
»Das ist nicht nötig«, sagt die dunkle Stimme ruhig. »Ich bin morgen früh um acht Uhr da.« Dann legt er auf.
Irritiert schaut sie auf den Hörer in ihrer Hand, so etwas hat sie noch nie erlebt. Ob sie die richtige Entscheidung getroffen hat?
Sie öffnet die Tür zum Vorzimmer und blickt auf Natalie. »Ich hab den Franzosen eingestellt«, sagt sie betont beiläufig.
Natalie sieht auf. »Super! Das finde ich klasse! Der ist wenigstens auch was für’s Auge«, freut sie sich.
Rebecca zieht die Tür wieder zu und geht zu ihrem Schreibtisch zurück. Fünfundvierzig E-Mails. Benutzt eigentlich niemand mehr das Telefon heutzutage?
Die Bewerbungsmappe liegt zugeschlagen auf dem Schreibtisch. Rebecca sieht nicht mehr hinein, ist nicht nötig. Seine Augen haben sich bereits fest in ihr Hirn eingebrannt, sie braucht das Foto nicht mehr, das ihm nicht gerecht wird, das beinahe beschämend unvorteilhaft erscheint. Es ist schwierig, Emotionen und Persönlichkeit auf einem Bild wiederzugeben, denkt sie, auf einem Passfoto ist es nahezu unmöglich.
Sie ruft Stacy an und erzählt von dem neuen Assistenten. Sie freut sich, meint, vielleicht könne Rebecca demnächst auch mal etwas kürzertreten mit der Arbeit und endlich Zeit finden, sich einen Mann zu suchen. Schnauben. Einen Mann finden …
Womöglich einen Ehemann, der sie schwängern will, sodass sie sich von der selbstbewussten Frau, die sie in den letzten Jahren endlich geworden ist, in das demütige Hausmütterchen verwandelt, das er sich insgeheim wünscht – so, wie alle Männer. Das unscheinbare Mädchen, seiner Mutter gleich, das er auf einen Sockel stellen kann, das für ihn da ist, sich kümmert, während er sich spät abends mit der heißblütigen Hure vergnügt. So ist es doch, denkt sie, so wird es ihnen allen gehen! Die Mutter in der Küche, die Hure im Bett, das ist es, was die Männer suchen und meistens auch finden.
Sie schüttelt sich bei dem Gedanken und widmet sich dem Projektplan, den sie gerade am Laptop geöffnet hat. Arbeit. Mit einem beruhigenden Gefühl versinkt sie in den Tiefen der Planung des Projektes, sieht das Ergebnis schon vor ihrem inneren Auge, schmeckt den kommenden Erfolg auf der Zunge, der sie stolz machen wird, der ihre Eltern stolz machen wird und sie damit endlich ankommen lässt.
***
Am Abend kommt sie spät heim, in die leere, kühl eingerichtete Wohnung, macht es sich auf dem Sofa mit einem Glas Wein und einem Buch bequem. Ein Frauenroman, von Stacy. Lustig sei der, hat die Freundin gesagt, und sie hatte recht. Es liest sich leicht und locker, eine fröhlich plaudernde Erzählung von falschen Männern, richtigen Schuhen und lästernden Freundinnen. Für eine Stunde taucht sie ein in die Welt der Frauen, der normalen Frauen, die sich ihrer körperlichen Unterlegenheit bewusst sind und diese mit jeder Pore ihres Körpers leben.
Dann geht sie schlafen, hitzig und aufgewühlt. Das Schlafzimmer ist warm trotz der Klimaanlage, deren Temperatur sie kurz entschlossen weiter reduziert, bis sie die Bettdecke eng um sich schlagen muss, um nicht zu frösteln. Karriere, denkt sie lächelnd, bevor sie endlich einschläft, vom Wein beseelt und beruhigt, der sie müde macht und ihr hilft, die Gedanken auszuschalten.
Kapitel 5 - Teil 1
»Guten Morgen!«
Sie bleibt wie angewurzelt in der Tür stehen. Da sitzt er, auf einem der kleinen Cocktailsessel. Laptop, Handy und Notizbuch auf dem kleinen Tisch. Es ist Viertel nach acht, sie hat noch nicht einmal ihren morgendlichen Kaffee gehabt. »Hallo«, grüßt sie verdutzt und nicht ganz so freundlich, wie es sich vielleicht eigentlich gehört hätte. »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie schon in meinem Büro sitzen.« Sie betont das Wort »meinem« übermäßig stark.
Er lacht ein ansteckendes Lachen. Kein Wort der Entschuldigung oder Erklärung. Wie selbstverständlich sitzt er da, als hätte er nie etwas anderes getan, wie ein Teil der spärlichen Deko in ihrem Büro.
Sie schluckt. Die Anziehungskraft, die seine körperliche Attraktivität auf sie ausübt, kann sie nicht negieren, und gleichzeitig irritiert sie seine Forschheit, seine Selbstverständlichkeit. Respektsperson, denkt sie, die bin doch ich. Sie habe eine natürliche Autorität, hat der Vorgesetzte ihr bescheinigt, als sie endlich befördert wurde, und ein womöglich angeborenes Führungstalent. Nun habe sie die Chance zu beweisen, dass sie auch die Männer, die nur an ihresgleichen gewöhnt sind und noch keine Frau als Vorgesetzte kennengelernt haben, leiten und lenken kann. Und sie ist gut darin, das weiß sie, manchmal steht sie abends vor dem Spiegel und übt Blicke, Gesten, die Respekt einflössen können und doch ihre weibliche Weichheit nicht verbergen.
»Ich habe gehört, dass hier im Unternehmen alle Du zueinander sagen«, fährt er fort und geht einige Schritte auf sie zu.
Sie schließt die Tür hinter sich.
»Ich bin Marc«, sagt er und hält ihr seine schlanke rechte Hand hin.
Sie ergreift sie. »Rebecca«, erwidert sie und wundert sich über ihre brechende Stimme. Was ist denn los heute Morgen? Und hätte nicht sie diejenige sein müssen, die das kollegiale Du anbietet?
»Was kann ich für dich tun?« Mit einem feinen Lächeln, das Grübchen in seinem Kinn vertieft sich auf eine freche Art, wenn er lächelt, stellt er diese Frage, als sei sie die naheliegendste Frage der Welt, wie die Frage nach dem Wetter, nach dem Befinden.
»Mal langsam!« Sie lacht. »Am besten, du kümmerst dich erst einmal um deinen Arbeitsplatz. Natalie wird dir dabei helfen. Du brauchst einen Zugang zum Firmennetz, einen Schreibtisch – du kannst vorn bei Natalie sitzen«, fügt sie etwas schärfer als geplant hinzu und beobachtet seine Reaktion, die ausbleibt. »Richte dich erst einmal hier ein und lerne das Unternehmen kennen. Alles andere kommt früh genug.«
»Okay«, antwortet er kurz mit ruhiger Stimme. »Meine Forderungen bezüglich Gehalt und Arbeitszeit liegen auf deinem Schreibtisch.« Dann geht er hinaus.
Verdattert steht sie mitten im Raum und fragt sich, was da eigentlich gerade geschieht. Forderungen? Auf ihrem Schreibtisch liegt ein Briefumschlag. Darin findet sie ein DINA4-Blatt, mit Computer beschriftet. Die Gehaltsforderung ist moderat, stellt sie schmunzelnd fest. Bei den Arbeitszeiten schwebt ihm vor, mindestens acht Stunden Freizeit am Tag zu haben, darüber hinaus sei er verfügbar, auch am Wochenende. Er werde täglich um acht Uhr im Büro sein und erwarte, dass sie ebenso pünktlich ist wie er, damit er nicht untätig herumsitzen muss. Na, das fängt ja gut an! Was Natalie wohl dazu sagen würde? Sie traut sich seit zwei Jahren nicht einmal, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen, und er stellt an seinem ersten Arbeitstag »Forderungen«. Rebecca stößt die Luft durch die Nase aus und bemerkt, dass sie die Luft angehalten haben muss, als sie seinen Brief las.
Die Sekretärin steht schon in der Tür, frisch und strahlend wie immer, mit dem kleinen silbernen Tablett in der Hand. »Den Kaffee hat Marc gekocht«, sagt sie bedeutungsschwanger. »Nicht, dass ich hier noch arbeitslos werde … Da hast du dir ja eine echte Perle ausgesucht.«
Rebecca lächelt. »Das wird sich noch zeigen«, murmelt sie und nimmt auf ihrem bequemen Drehstuhl Platz, um den Laptop einzuschalten.
Das neue Projekt wird irrsinnig groß. Eine hohe Verantwortung, ein Budget von einhundertfünfzig Millionen Dollar. Das ist ihr Baby. Sie hatte die Idee dazu, und nun soll sie es tatsächlich durchführen. Die offizielle E-Mail vom Vorstand prangt noch geöffnet auf ihrem Bildschirm. Mit zitternden Fingern liest sie die E-Mail immer und immer wieder, während sie den heißen Kaffee trinkt. Das wird ihr eine hervorragende Reputation bringen, weit über das Unternehmen hinaus. Es muss ein Erfolg werden, das ist so wichtig wie nichts sonst im Moment. Sie schließt die Augen und sieht sich als gefeierte Managerin, der Vorstandsvorsitzende überreicht ihr eine Urkunde und teilt vor versammelter Mannschaft mit, dass sie, Rebecca Moon, endlich wohlverdient in den Vorstand des Unternehmens berufen wurde. Als erste Frau in der Geschichte des Unternehmens, als jüngstes Vorstandsmitglied aller Zeiten. Die Presse macht Fotos von ihr, alle rufen ihren Namen, wollen ein Interview.
»Rebecca, wie schafft man es, als Frau in einem solchen Großunternehmen die männliche Konkurrenz hinter sich zu lassen?«
»Ach, das ist kein Geheimnis – Fachkompetenz, viel Fleiß und Disziplin, dann schafft man es auch als Frau.«
»Rebecca, werden Sie im Vorstand einiges verändern?«
»Oh ja, ich werde tun, was in meiner Macht steht, um dieses Unternehmen noch erfolgreicher zu machen, als es jetzt schon ist. Ich habe viele Ideen und werde diese natürlich auch im Vorstand einbringen …«
»Träumst du?« Die dunkle, ungewohnte Stimme reißt sie aus ihren Interviewfantasien.
Unwirsch öffnet sie die Augen. »Hast du geklopft?«, fragt sie den Mann mit den fast schwarzen Augen stirnrunzelnd, der direkt vor ihrem Schreibtisch steht. Warum hat sie ihn nicht reinkommen hören?
»Nein«, sagt er kurz und lächelt.
Irritiert zwinkert sie nach oben.
»Brauchst du vielleicht Hilfe bei der Organisation des ersten Meetings?«
Jetzt spürt sie, dass ihr Mund offensteht, dämlich, wie ein kleines Schaf, das die Zitze der Mutter sucht. Sie ärgert sich über ihre Reaktion. »Woher weißt du …?«
»Natalie«, sagt er kurz.
Rebecca nickt verstehend. Natürlich, ihre Sekretärin war ja alles andere als ein stilles Wasser, es würde nicht viel geben, was er nicht bereits am Ende der Woche wisse, das war ihr klar.
»Ich sage dir, wenn ich etwas für dich zu tun habe«, erwidert sie. »Jetzt muss ich mich erst einmal um meine E-Mails kümmern.«
Er nickt und geht geräuschlos, mit geraden und aufrechten Schritten, aus dem Raum.
Rebecca seufzt. Einerseits ist es ja schön, einen neuen Mitarbeiter zu haben, der so voller Energie zu sein scheint, dass er sofort durchstarten möchte. Andererseits spürt sie das Verlangen, seinen Eifer zu bremsen. Er erscheint ihr bedrohlich, beängstigend. Warum nur? Normalerweise liebt sie eifrige und fleißige Menschen. Schließlich ist sie selbst eine von ihnen, von Ehrgeiz getrieben, die Gedanken stets auf das Wesentliche fokussiert, schnell und gründlich in ihrer Arbeitsweise, sie kann Prioritäten setzen und trotzdem nichts liegenlassen. Bisher hat sie das immer alles geschafft. Aber irgendetwas an seiner Art ist ihr nicht geheuer, und sie hofft, mit ihrer Wahl eines Assistenten keinen Fehler begangen zu haben …
Kapitel 5 - Teil 2
Jetzt ist keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie ruft ihre drei wichtigsten Abteilungsleiter an und trommelt sie zu einem Meeting in ihrem Büro zusammen. Erste Vorbesprechung bezüglich des neuen Projektes. Marc soll dazukommen, damit die Kollegen ihn gleich kennenlernen. Während des Termins sitzt er stumm da, den Laptop auf dem Schoß in dem kleinen Cocktailsessel, und protokolliert eifrig mit, was Rebecca mit den Kollegen bespricht. Kein Wort sagt er während des gesamten Meetings, er sieht sie nicht einmal an. Sie ist etwas enttäuscht. Schließlich demonstriert sie hier gerade ihre ganze Macht. Da sitzen gestandene Männer mittleren bis gehobenen Alters, die ihr unterstehen und die andächtig an ihren vollen Lippen kleben, da wäre mindestens etwas Bewunderung oder stummer Beifall aus den schwarzen Augen fällig gewesen. Als der älteste der Abteilungsleiter ausholt und die Planung seiner Abteilung zum Projekt erklärt, schweifen ihre Gedanken ab. Ihre Augen bleiben an dem Grübchen an Marcs Kinn hängen. Zu lange schon ist es her, dass sie ein solches Grübchen angefasst, geküsst hatte. Zu lange schon ist es her, dass so starke, drahtige Arme sie umfasst hatten. Viel zu lange ist es her, dass sie in den sinnlichen, vollen Lippen eines attraktiven Mannes gefangen war, dass sie sich ihm hingegeben hat.
Sie denkt an Luke, ihren letzten Freund. Sie hatten zusammen studiert, einige Jahre lang. Ihre Eltern waren glücklich, Luke studierte auch Chemie und hatte für den Geschmack ihrer Eltern eine rosige Zukunft vor sich. Sie konnten den Tag nicht erwarten, an dem ihre Tochter ihnen verkünden würde, dass sie heiraten wollen. Zwar waren sie stolz auf das, was ihre Tochter erreicht hatte, aber trotzdem würden sie sich freuen, wenn sie eine Familie gründete. Den Gefallen tat sie ihnen nicht. Ein Jahr nach dem Studium war Luke noch immer arbeitslos und saß deprimiert zu Hause oder hangelte sich von einem unbezahlten Praktikum zum nächsten. Sie war gerade von der Praktikantin zur Marketingassistentin ernannt worden und verdiente ihr erstes richtiges Gehalt. Und hatte Blut geleckt.