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Es gibt sie noch, die großen Helden der Backstuben! Die, die selber backen, und die, vor deren Läden Menschen Schlange stehen. Was ist das Geheimnis ihres Brotes, das so unvergleichlich schmeckt? Wie schaffen sie es, sich immer wieder - von Generation zu Generation - neu zu erfinden, zu überleben und zu wachsen? Was macht gutes Brot wirklich aus? Barbara van Melle, die Grande Dame der Slow Food-Bewegung, hat die besten Bäcker von Vorarlberg bis Burgenland besucht und porträtiert sie in sehr persönlichen Reportagen. Beim Reden bleibt es jedoch nicht. Die Bäcker schenken uns in diesem Buch auch 60 traditionelle Rezepte für duftende Frühstücksbrote & Sonntagsstriezel, für ursprüngliches Schwarzbrot aus Sauerteig, das einfach am besten mit einer frischen Bauernbutter schmeckt, für moderne Weißbrotklassiker wie Baguettes und Ciabattas sowie Rezepte für Süßes - von Omas Nusskipferl über Kärntner Reindling bis zu Waldviertler Mohnzelten. Die passionierte Hobbybäckerin van Melle hat alle Rezepte der Profis in ihrer Küche nachgebacken und sie auf Haushaltstauglichkeit überprüft. Gelingen garantiert!
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Seitenzahl: 165
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DER DUFT VON
FRISCHEM BROT
VON
Barbara van Melle
MIT FOTOS VON
Wolfgang Hummer
Ich kann auf vieles verzichten. Ich kann ohne Fleisch leben, komme im Winter ohne Tomaten, Erdbeeren und grünen Salat zurecht, lehne aus Überzeugung viele industriell gefertigte Lebensmittel ab, aber Brotentzug – das würde ich nicht überstehen. So sehr ich fremde Länder, Kulturen, Märkte, exotische Zutaten und Gerichte liebe, so sehr vermisse ich in kürzester Zeit richtig gutes Brot. Brotduft ist für mich der herrlichste Duft auf Erden. Manchmal ertappe ich mich sogar dabei, dass ich am Eingang einer Bäckerei stehen bleibe und ganz einfach rieche. Ich inhaliere diesen himmlischen Duft, den Brot beim Backen verströmt. So riechen Heimat, Kindheit, Wärme und Geborgenheit.
Vielleicht war das der eigentliche Grund, warum ich vor einigen Jahren mit dem Brotbacken zu Hause begonnen habe. Ich wollte mir ganz einfach diesen Geruch ins Haus holen und damit auch die Erinnerung an meine Mutter, die am Wochenende immer flaumiges Milchbrot für das Frühstück gebacken hat, dessen Duft gleich feinen Fäden aus Vanille und Zitronenschale durch das Haus zog.
Obwohl ich seit vielen Jahren leidenschaftliche Köchin bin, hatte ich vor dem Brotbacken immer allergrößten Respekt. Zu Recht – denn Brot backen ist ein anderes Kaliber, eine uralte Handwerkskunst, für deren Perfektionierung wahre Meister und Meisterinnen viele Jahre brauchen. Daher packte mich, ganz anders als beim Kochen, immer wieder die Angst vor dem Scheitern und ich erfuhr, dass man als Anfängerin neben Leidenschaft, Liebe, Muße und Geduld auch eine ordentliche Portion Mut und Frustrationstoleranz braucht.
Für dieses Buch machte ich mich zu einer Reise quer durch Österreich auf, zu den Bäckern dieses Landes. Zwölf Bäckermeister wählte ich schließlich aus und bat sie um ihre Rezepte. Es sind Bäcker, von denen ich viele durch mein langjähriges Engagement für Slow Food kenne. Einige von ihnen – und darauf bin ich besonders stolz – wurden wahre Freunde. Manche der Bäcker, auf die Sie in diesem Buch treffen, sind Pioniere, andere sind Quereinsteiger und bereichern als Querdenker die österreichische Bäckerszene und einige führen Betriebe, die seit Jahrzehnten in Familienbesitz sind.
In den Erzählungen der einzelnen Bäcker spiegelt sich, gleich einem Mosaik, auch die Geschichte des Bäckerhandwerks wider. Zu Beginn, in den 1950er Jahren, war das Sortiment jeder durchschnittlichen Dorfbäckerei sehr klein: Hausbrot, Schwarzbrot, Mischbrot, Semmel, Salzstangerl – Striezel und Kipferl gab es nur am Wochenende. Gearbeitet wurde handwerklich, was nichts anderes als körperliche Schwerarbeit bedeutete. Natursauerteige wurden selbst angesetzt. Um sie richtig zu führen, mussten sie ständig gefüttert und überwacht werden, in heißen Sommern musste der Bäcker mehrmals täglich in die Backstube. Von Urlaub, Krankenstand oder einer Auszeit konnte er nur träumen. Wollte er trotzdem an einem Sonntag die Backstube verlassen, musste er erfinderisch sein. So erzählt man sich von Bäckern, die ihren Sauerteig in den Kofferraum des Autos packten, um ihn über die Runden zu bringen. Was heute wie eine skurrile Anekdote klingt, ist nichts anders als die Beschreibung eines knochenharten Jobs, der noch dazu wenig Prestige hatte.
Die Bäcker erzählen auch über die Zeit der Industrialisierung ab den 1970er Jahren, die technische Neuerungen und Fertigmischungen mit sich brachte, die dem Bäcker das Leben erheblich leichter machten und das Sortiment sprunghaft vergrößerten. Natursauerteige wurden durch industriell hergestellte, einfach anwendbare Säuerungsmittel ersetzt, Handsemmeln wurden von Maschinensemmeln verdrängt, die wesentlich effizienter und kostengünstiger hergestellt werden konnten. Für jedes Problem in der Bäckerei gab es plötzlich das richtige Mittelchen, gleich ob der Semmelteig an der Maschine klebte oder das Backwerk zu wenig glänzte. Neue Technologien machten die Herstellung von Tiefkühlteiglingen möglich, Aufbackstationen hielten im Supermarkt Einzug – plötzlich roch es auch hier nach Brot. Und die Konsumenten wurden daran gewöhnt, dass man wegen Brot und Gebäck nicht zum Bäcker gehen muss: Es ist im Supermarkt erhältlich, meist im Vollsortiment bis zum Ladenschluss, auch wenn dahinter das System der sogenannten Retouren steht, was nichts anderes bedeutet, als dass der Bäcker am Tag nicht verkaufte Ware unbezahlt zurücknehmen muss. Ein fatales System, das auch dafür verantwortlich ist, dass Backwaren an erster Stelle auf der Liste der Lebensmittelverschwendung stehen und viele Bäcker rund ein Viertel des täglichen Brotes im Müll entsorgen.
Brot verlor in all dieser Zeit immer mehr seinen Wert – was zählte, war nur noch der Preis. Und die Bäcker? Sie verloren handwerkliches Wissen und Geschick sowie das Bewusstsein dafür, dass die Zeit die wichtigste Zutat beim Backen ist. Wie sonst wäre erklärbar, dass der Österreichische Lebensmittelcodex einzig und allein bei der Herstellung der Handsemmel zur langen Teigführung von mindestens 2 Stunden verpflichtet?
Viele Bäcker haben in Österreich schon das Handtuch geworfen, viele von ihnen haben auch ganz einfach den Zug der Zeit verpasst. Dass Verdrängungswettbewerb und Preiskampf weitergehen und auch in den nächsten Jahren viele Bäcker ihre Türen für immer schließen werden, steht außer Zweifel.
Aber das Pendel schlägt auch in die andere Richtung: Zunehmend mehr Menschen sehnen sich nach gutem Brot, das so schmeckt wie früher und in dem nichts drin ist, was nicht ins Brot gehört. Und während Medienberichte über zugesetzte Enzyme im Brot neue Verunsicherung schüren, erleben handwerklich arbeitende Bäcker einen wahren Boom.
Für dieses Buch haben mir Meisterbäcker ihre Geschichten erzählt und dabei auch Einblick in ihre Erfolgsstrategien für die Zukunft gegeben. Jeder von ihnen ist ein Individualist – geeint sind die Brotberufenen von einer tiefen Leidenschaft, der Liebe für gutes Brot und das Handwerk.
Während ich diese Zeilen schreibe, steht ein Laib Brot in meiner Küche zu Gare. Während der Arbeit an diesem Buch bin ich dem Brotbacken nämlich restlos verfallen, ganz einfach auch deswegen, weil ich ihn nie wieder missen möchte – den Duft von frischem Brot.
BARBARA VAN MELLE
Für dieses Buch habe ich österreichische Meisterbäcker um ihre Rezepte gebeten und dabei die Erfahrung gemacht, wie unterschiedlich die Zugänge zum Bäckerhandwerk sind. Ebenso verschieden waren die Rezepte: manche davon hoch komplex und detailliert, sie stellten meine Fähigkeit zur Umsetzung und Zeitplanung auf eine harte Probe. Andere waren überraschend einfach und lieferten trotzdem geniale Ergebnisse.
Zwölf Bäcker und zwölf Backphilosophien galt es daher für mich unter einen Hut zu bringen. Keine leichte Aufgabe, muss ich gestehen, die mir auch manch schlaflose Nacht einbrachte.
Mein Ziel war von Anfang an klar: Ich wollte Rezepte, die im Haushalt funktionieren – ohne wenn und aber: ohne den teuersten neuen Backofen, ohne das komplizierteste Zubehör, ohne tiefgreifende Vorerfahrungen, ohne komplexes Detailwissen. Rezepte, die Lust und Freude am Brotbacken schüren.
Um gutes Brot zu backen, braucht man eigentlich nur erstklassige Zutaten, eine Arbeitsfläche, die eigenen Hände und einen guten Backofen. Für all die Backwerke in diesem Buch ist darüber hinaus folgendes Zubehör empfehlenswert:
BACKOFEN: Das Motto lautet: Lerne deinen Ofen kennen! Prinzipiell kann man in jedem Haushaltsofen Brot backen, Voraussetzung ist allerdings, dass er gut schließt und sich mit Ober- und Unterhitze auf mindestens 250 °C erhitzen lässt. Bedenken Sie allerdings, dass die angezeigte Temperatur nicht immer mit der Temperatur im Backofen übereinstimmt. Ein Tipp: Kaufen Sie sich einen Temperaturfühler, den es in jedem Baumarkt gibt, und überprüfen Sie die Temperatur. Oder Sie geben sich Zeit und sammeln Erfahrungen – schon nach wenigen Backversuchen werden Sie wissen, wie Ihr Ofen tickt und ob Sie die bei den Rezepten angegebenen Temperaturen einhalten können oder an Ihren Backofen anpassen müssen.
KÜCHENWAAGE
Sie soll sehr genau sein, vielleicht sogar eine Feinwaage zum Abmessen sehr kleiner Mengen.
THERMOMETER
eines für die Teigbereitung und eines für die Raumtemperatur, um zu wissen, wo der Teig idealerweise zur Gare gestellt wird (ruhen kann).
SIMPERL (GÄRKÖRBE)
Rund und länglich, glatt oder mit Einkerbungen – in ihnen werden die Brote vor dem Backen zur Gare gestellt. Diese Simperl geben den Broten auch ihre typische Form.
KASTENFORMEN
Sie brauchen je nach Brot Formen mit Fassungsvermögen von 0,5 bis 2 Liter.
LEINENTÜCHER
im Idealfall Bäckerleinen, es können aber auch Baumwolltücher (feste Geschirrtücher) verwendet werden. Sie werden sehr gut bemehlt und dienen zur Gare von kleinen Teiglingen oder Baguettes.
SIEB
Alle Mehle (bis auf die Vollkornmehle) werden vor der Verwendung gesiebt.
MESSER
glatt und mit Wellenschliff – damit werden die Brote eingeschnitten. Gute Dienste leistet auch eine Baguetteklinge.
RÜHRSCHÜSSELN UND TEIGKARTEN
Mit den Teigkarten aus Kunststoff lassen sich die Teige am einfachsten aus den Rührschüsseln heben.
FLACHE WANNE AUS KUNSTSTOFF
mit fest schließendem Deckel für Teige, die man über Nacht zur Gare in den Kühlschrank stellt.
KÜCHENMASCHINE (KNETMASCHINE)
Auch wenn Sie noch so gerne von Hand kneten, eine Küchenmaschine macht das Leben einfacher und für sehr weiche Teige ist sie eigentlich unerlässlich. Idealerweise sollte sie sehr leistungsfähig sein und einen spiralförmigen Knethaken besitzen. Wenn Sie gerne von Hand arbeiten, müssen Sie in etwa mit der dreifachen Knetzeit rechnen.
TEIGABSTECHER
aus Metall zum Portionieren der Teige.
NUDELWALKER (ROLLHOLZ)
zum Ausrollen der Teige.
LANGES SCHMALES HOLZBRETT/BAGUETTEBRETT
Mit ihm hebt man längliche Teiglinge, die im Bäckerleinen liegen, auf das Backblech.
OFENHANDSCHUH
Er schützt vor Verbrennungen.
GITTERROST
Auf ihn wird das Backwerk nach dem Backen zum Abkühlen gelegt.
Mir war es wichtig, dass so gut wie alle Rezepte mit Rohstoffen funktionieren, die in den Supermärkten in Bio-Qualität zu haben sind. Trotzdem sind einige Zutaten – wie Roggenflocken, Schrote oder Backmalz – nur in Bio-Supermärkten oder Reformhäusern erhältlich, manche Spezialmehle bekommen Sie entweder beim Müller direkt oder über das Internet. Bezugsquellen finden Sie auf S. 206.
Alle Zutatenmengen in diesem Buch sind in Gramm angegeben – auch die Flüssigkeiten. So wiegen Sie alles auf derselben Waage und müssen nicht zusätzlich mit Messbechern hantieren.
MEHL
Für die Rezepte in diesem Buch werden Weizen, Roggen, Dinkel, Hirse, Mais, Buchweizen und Durum (Hartweizen) verwendet.
Ich habe die meisten meiner Brote mit den gängigen Bio-Mehlen gebacken, die hierzulande eine sehr gute Qualität haben. So gibt es sogar Roggen- und Dinkelvollkornmehle, die schonend in der Steinmühle gemahlen werden. Leider versenden in Österreich nur wenige Mühlen in Haushaltsmengen.
Wenn Sie bereits eine Getreidemühle haben, dann ist das sicherlich ideal. Einige Bäcker in diesem Buch schwören auf die frische Vermahlung des Getreides, weil Vollkornmehle, die mit dem Keimling gemahlen werden, nur dann ihre volle Qualität entwickeln. Lassen Sie aber frisch gemahlenes Mehl einige Tage abliegen, da sich dann die Backeigenschaften verbessern.
VOM GETREIDEKORN ZUM MEHL: Alle Getreidearten gehören zur Familie der Gräser. Ihre Körner sind wahre Wunder der Natur, die alle die gleiche bio logische Aufgabe haben: Im Inneren sitzt der Keimling, er bildet nur 3 Prozent der Kornmasse und enthält Eiweiß, Fett, Vitamine und Mineralstoffe. Er ist so komplex aufgebaut, dass er die gesamte Information für das Wachstum der Pflanze in sich trägt. Bei der industriellen Mehlherstellung wird dieser wertvollste Teil des Getreidekorns so gut wie immer entfernt, da er das Mehl schnell ranzig werden lässt.
Umgeben ist der fetthaltige Keimling vom Mehlkörper, ca. 75 Prozent der Kornmasse, der ihn so lange ernährt, bis er selbst Wurzeln schlägt. Diese Kornmasse besteht hauptsächlich aus Stärke- und Eiweißzellen und ist Grundlage für unser Mehl.
Die Schale ist die äußerste Schicht des Korns, auch Kleie genannt. Sie besteht aus unverdaulichen Rohfasern und enthält viele Mineralstoffe.
VERMAHLUNG: Getreide kann unterschiedlich fein vermahlen werden – zu Mehl, das am feinsten ist, und zu Dunst und Grieß, die grobkörniger gemahlen sind. Schrot benennt Getreidekörner, die ungeschält grob geschrotet werden und Kleie ist der Schalenanteil des Korns. Sie wird hauptsächlich als Futtermittel verwendet, in der Vollwerternährung dient sie auch als Ballaststofflieferant.
MEHLTYPEN: Die Kennzeichnung der Mehle und ihres Mineralstoffgehalts erfolgt in Österreich (ebenso in Deutschland) über die Typenzahl auf der Packung. Die Typenzahl verrät etwas über die Helligkeit des Mehls: Je höher die Typenzahl, umso höher ist der Anteil an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen und desto dunkler ist auch das Mehl. Mehle mit hoher Typenzahl sind dunkler, weil auch die Randschichten des Korns mitvermahlen werden. Helle Weizenmehle der Typen 480 bis 700 werden auch nach ihrem Feinheitsgrad unterschieden. Sehr fein gekörntes Mehl nennt man „glatt“, gröberes „griffig“ oder „doppelgriffig“.
Vollkornmehl wird nicht typisiert.
MEHLSORTE
TYPENBEZEICHNUNG ÖSTERREICH
TYPENBEZEICHNUNG DEUTSCHLAND
Weizenmehl
Type W480 (Kuchenmehl)
Type 405
Weizenmehl
Type W700 (Bäcker- oder Semmelmehl)
Type 550
Weizenmehl
Type W1600 (Brotweizenmehl)
Type 1050
Roggenmehl
Type R500 (Weißroggen)
Type 815
Roggenmehl
Type R960 (Brotroggen)
Type 997
Roggenmehl
Type R2500 (Schwarzroggen)
–
Dinkelmehl
Type D700
Type 630
Dinkelmehl
Type D1500
Type 1050
WASSER – SALZ – HEFE – MALZ
WASSER: Wasser ist zwar der billigste Rohstoff beim Backen, von ihm hängt aber vieles ab. Das Wasser ist in der Lage, Geschmacksstoffe aus dem Mehl zu lösen und beim Backen für Frischhaltung zu sorgen. Da die Wasserqualität in ganz Österreich nahezu flächendeckend herausragend ist, können Sie fast überall mit frischem Leitungswasser backen.
SALZ: Rund 2 Prozent Salz auf 1 kg Mehl werden üblicherweise zugesetzt. Salzlose Brote, wie sie in der italienischen Toskana üblich sind, sind für unseren Gaumen gewöhnungsbedürftig. Ich habe für meine Brote österreichisches Steinsalz verwendet, das ich für eines der besten Salze halte.
HEFE: Ich habe für alle Rezepte frische Bio-Hefe verwendet, die im Supermarkt erhältlich ist. Sie sollte immer sehr frisch sein, da gerade Bio-Hefe rasch an Triebfähigkeit verliert. Selbstverständlich kann auch Trockenhefe verwendet werden, sie ist ein guter Ersatz, wenn die frische Hefe ausgegangen ist. 3 g Frischhefe entsprechen ungefähr 1 g Trockenhefe.
MALZ: Malz wird beim Backen seit langer Zeit eingesetzt. Es ist ein natürliches Getreideerzeugnis, das aus Gerste, Weizen oder Roggen hergestellt wird. Gerade bei Gebäck ist die Zugabe von Backmalz nahezu unerlässlich, auch in vielen Brotrezepten findet sich Backmalz, weil es der Hefe zusätzliche Nahrung gibt und dafür sorgt, dass der Teig besser aufgehen kann und die Kruste goldgelb wird. Backmalz verleiht den Backwerken aber auch das unverkennbar malzige Aroma. Angeboten wird es als Flüssig- oder Trockenmalz in Reformhäusern oder im Internet.
BROTGEWÜRZE
Anis, Koriander, Kümmel und Fenchel können bereits gemahlen gekauft werden. Ich rate Ihnen aber, eine eigene Gewürzmischung herzustellen. Wenn Sie eines der Gewürze nicht mögen (beispielsweise Kümmel) – einfach weglassen.
Gewürzmischung:
10 g Anis 10 g Koriander 10 g Fenchel 10 g Kümmel 50 g Weizenmehl
Die Gewürze in einem kleinen Topf auf der Herdplatte bei nicht zu hoher Temperatur ca. 2 Minuten rösten. Sie entwickeln durch das Rösten ihr Aroma. Die abgekühlten Gewürze mit dem Mehl mahlen, das Mehl soll die flüchtigen Öle binden. Diese Mischung in ein gut verschließbares lichtundurchlässiges Glas oder eine Dose geben. Ich lagere das Gewürz nicht länger als 3 Wochen, weil mit der Zeit das Aroma verlorengeht.
ROGGENBRÖSEL
Roggenbrösel sind ein natürlicher Frischhalter, eignen sich hervorragend zur Altbrotverwertung und geben zusätzliches Aroma. Sie müssen selbst hergestellt werden: Altbackenes Roggenbrot in Würfel schneiden, in einer Mühle reiben, nochmals trocknen lassen und in einer gut verschließbaren Dose aufbewahren.
SONSTIGE ZUTATEN
Bei Milchprodukten, Eiern, Zucker, Rosinen, Nüssen oder Mohn gebe ich Bio-Produkten den Vorzug, weil gerade selbst gebackene Brote, in denen viel Liebe, Zeit und Geduld stecken, aus den besten Rohstoffen bestehen sollen. Glücklich können sich jene schätzen, die ihre Grundprodukte nicht im Supermarkt kaufen müssen, sondern sie direkt bei den Produzentinnen und Produzenten erwerben – so wie viele der im Buch vorgestellten Backprofis es machen.
GUTES BROT BRAUCHT ZEIT
„Die Zeit akzeptiert nichts, was ohne sie geschaffen wurde“ – wer mit dem Brotbacken beginnt, wird von Grund auf verstehen, was mit diesem Satz gemeint ist. Die Zeit ist die wichtigste Zutat für gutes Brot. Für viele Rezepte sind daher Vorstufen notwendig, denn erst wenn den Teigen die nötige Zeit gegeben wird, bekommen Brot und Gebäck unvergleichliches Aroma, resche Krusten und saftige Krumen, wie ihr Innenleben von den Bäckern genannt wird. Die Hohlräume im Brot sind übrigens die Poren.
Ich bin sicher, dass Sie schon der einfache Hefeteig so begeistern wird wie mich. Viele Jahre habe ich Briochestriezel für das Wochenende gebacken, doch erst seit ich gelernt habe, den Teig über Nacht im Kühlschrank ruhen zu lassen, habe ich begriffen, wie viel mehr an Aroma er entwickeln kann und um wie viel länger er saftig und frisch bleibt – wenn man ihm Zeit gibt.
So sehr ich Traditionen bei Rezepten schätze, muss ich die seit Generationen überlieferte Überzeugung, Hefeteig vertrüge bei der Zubereitung keine Temperaturschwankungen, schlicht und einfach ins Land der Märchen verbannen. Was allen Backwerken wirklich schadet, ist Zugluft. Sie können dann „verhauten“, wie das die Bäcker nennen, deshalb werden die Brote bei der Gare auch immer gut abgedeckt.
Die lange Reifezeit der Teige fördert nicht nur Geschmack und Aussehen der Backwerke, jüngste Forschungen zeigen, dass dadurch Gluten teilweise aufgespalten wird – es wird dadurch leichter verdaulich. Immer mehr Wissenschaftler führen die rasante Zunahme an Zöliakie und Glutenintoleranz darauf zurück, dass industriell gebackene Brote keine lang anhaltende Reifung und Gärung mehr durchlaufen.
Die kleinen Grafiken bei jedem Rezept geben Ihnen einen Überblick über die Ruhezeiten der Teige (und damit über Ihre Zeitplanung).
Vorteige erleichtern dem Mehl die Wasseraufnahme, helfen, eine gute Lockerung zu erzielen und sorgen dafür, dass sich unzählige Aromaträger entwickeln. Folgende Vorteige werden in den Rezepten verwendet:
DAMPFL ODER KLEINER VORTEIG
Dies ist die traditionelle Art, Hefeteige zu machen. Eine kleine Menge Mehl wird mit Wasser/Milch und Hefe vermischt, bis sich nach kurzer Zeit zeigt, dass die Hefe ihre Gärtätigkeit aufgenommen und genügend Kohlenstoffdioxid produziert hat. Nun kann das Dampfl/der kleine Vorteig weiter verarbeitet werden.
VORTEIGE UND POOLISH
Prinzipiell werden bei den Vorteigen Mehl, Wasser und kleine Mengen Hefe gemischt und einer langen Reifezeit – entweder bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank – unterzogen. Durch die Reifung lässt sich auch die Hefemenge im Hauptteig deutlich reduzieren.
Unter Poolish versteht man einen lang geführten weichen Vorteig, bestehend aus Wasser und Mehl zu gleichen Teilen. Der Name bezieht sich auf polnische Bäcker, die diesen Vorteig über Österreich nach Frankreich einführten. Er ist seither als Vorteig für Baguettes nicht mehr wegzudenken.
SAUERTEIGE
Sauerteige gehören für mich zum Faszinierendsten, was das Bäckerhandwerk zu bieten hat. Nicht zufällig gibt es unzählige Fachbücher, die sich ausschließlich dem Sauerteig widmen.
Es waren die Ägypter, die vor rund 6000 Jahren damit begannen, gesäuertes Brot zu backen. Der Mensch hatte zwar schon 4000 Jahre früher mit dem systematischen Anbau von Getreide begonnen, es wurde aber anfänglich nur als Brei gegessen und später auf heißen Steinen oder in der Asche als Fladenbrot gebacken. Die wahre Revolution beim Brotbacken machten erst der Sauerteig und die ersten Backöfen möglich.
Sauerteige sind wahre Wunderwesen: Wem es erstmals gelungen ist, eine an sich ungenießbare Mischung – wer würde einen Mehl-Wasser-Brei als kulinarischen Höhepunkt bezeichnen – nur durch eigenes Wissen, Können und Geschick in ein duftendes, herzhaftes, lockeres Brot zu verwandeln, wird mir beipflichten. Hinter diesem Wunder steckt das faszinierende Zusammenspiel von Hefen und Bakterien, die einen hoch spezialisierten Organismus bilden und dafür sorgen, dass aus gemahlenen Getreidekörnern und Wasser ein schmackhafter Laib Brot wird. Der Bäcker ist dabei der Dompteur dieser Lebewesen. Wenn er sie richtig coacht, wenn er sie hegt, füttert und pflegt, wird der Mehlbrei zu einem großartigen Brot.
Dieses Wunder zu erleben ist eine Sache, eine andere ist, den eigenen Sauerteig zu kultivieren. Wer jemals mit dem eigenen Sauerteig ohne Zugabe von Hefe Brot gebacken hat, wird diese Erfahrung nie wieder missen wollen. Ich bin mit meinem ersten Weizensauerteigbrot, das herrlich duftete, eine dunkle, resche Kruste und ein warmes, weiches Innenleben mit Hohlräumen so groß wie Murmeln hatte, vor Freude durch die Küche gesprungen.
Für die Herstellung Ihres Sauerteigs müssen Sie rund 4–5 Tage (abhängig von der Raum-/Teigtemperatur) kalkulieren. Und rechnen Sie damit, dass es nicht sofort funktioniert. Es ist noch keine Meisterin (auch kein Meister) vom Himmel gefallen.
REZEPT FÜR ROGGENSAUERTEIG
insgesamt 100 g Roggenvollkornmehl/Tag, 100 g Wasser/Tag (28 °C)
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