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Liebe, Weisheit, Erkenntnis – ein Geschenk, das Herz und Seele berührt
Niemand versteht es so gut, tiefe buddhistische Weisheit auf humorvolle und unterhaltsame Art zu präsentieren, wie Ajahn Brahm. Neun Jahre nach seinem SPIEGEL-Bestseller Die Kuh, die weinte präsentiert er neue Geschichten, die alltagspraktisches Lebenswissen bieten, ohne jemals belehrend zu wirken. Dabei schöpft der weltberühmte Mönch aus eigenen Erfahrungen, Erzählungen seiner Schüler, bekannten Anekdoten und alten Märchen, denen er eine überraschende neue Wendung verleiht. Mit großer Leichtigkeit und unnachahmlichem Charme vermittelt er zeitlos gültige Weisheit, die im Innersten berührt und einen ganz neuen Blick auf das eigene Dasein schenkt. Ein Buch, das lauthals zum Lachen bringt und auch zu Tränen rührt – für alle Menschen, die auf der Suche nach einem glücklichen Leben sind.
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Seitenzahl: 269
DAS BUCH
Ajahn Brahm ist nicht nur einer der beliebtesten buddhistischen Lehrer unserer Zeit – er ist auch ein begnadeter Geschichtenerzähler. Wie kein Zweiter versteht er es, die uralten, weisen Lehren des Buddhismus mit modernen, lebensnahen Themen zu verknüpfen.
In seinen wundervollen Erzählungen treffen wir eine lebensmüde Spinne, bürokratische Tyrannen, gütige Geister, erfahren das Geheimnis einer glücklichen Ehe, nehmen an einer Erleuchtungsshow teil und können sogar eine Glückslizenz erwerben. Seite für Seite erschließen sich uns Weisheiten, die uns helfen, achtsamer zu werden und uns selbst und unseren Mitmenschen mit Respekt, Liebe und Toleranz zu begegnen.
DER AUTOR
Ajahn Brahm, geboren 1951 als Peter Betts in London, studierte theoretische Physik an der Universität von Cambridge und ist seit mehr als 30 Jahren buddhistischer Mönch. Neun Jahre lang lebte, studierte und meditierte er in einem thailändischen Waldkloster unter dem Ehrwürdigen Meister Ajahn Chah. Heute ist Ajahn Brahm Abt des Bodhinyana-Klosters in Westaustralien und einer der beliebtesten und bekanntesten buddhistischen Lehrer unserer Zeit. Sein Buch Die Kuh, die weinte wurde weltweit zum Bestseller.
AJAHN BRAHM
Der Elefant, der das Glück vergaß
BUDDHISTISCHE GESCHICHTEN, UM FREUDE IN JEDEM MOMENT ZU FINDEN
Aus dem Englischen übertragen
von Karin Weingart
Lotos
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014
unter dem Titel »Don’t Worry, Be Grumpy«
im Verlag Wisdom Publications, Boston, Massachusetts, USA.
Copyright © 2014 by Buddhist Society of Western Australia
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2015
by Lotos Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Alle Rechte sind vorbehalten.
Redaktion: Kristof Kurz
Einbandgestaltung: Christine Klell, Wien,
unter Verwendung eines Motivs von Aliaksei
Herstellung: Helga Schörnig
Satz: Leingärtner, Nabburg
ISBN 978-3-641-15259-8V005
www.ansata-integral-lotos.de
INHALT
VORWORT
DER BEHÄLTER UND DIE INHALTE
WAS WIR WIRKLICH WOLLEN
OH SHIT!
PO-SITIVE VERSTÄRKUNG
DER POLITIKER IM BRUNNENSCHACHT
KAMELFRESSE
DER GESPRUNGENE BECHER
DIE FABEL VON DEN ZWEI HÜHNERBAUERN
IHR FOTOALBUM
DIE LÖSCHTASTE DRÜCKEN
GUT? SCHLECHT? WER WEISS DAS SCHON?
DER TAXIFAHRER, DER SICH VERFUHR
KRIMINELLE GIBT ES NICHT
DAS STIGMA PSYCHISCHER ERKRANKUNGEN
DIE ERLAUBNIS ZU STERBEN
EIN BUDDHISTISCHER WITZ
ALTE MÖNCHE LÜGEN NICHT
DER WICHTIGSTE FINGER
DIE ANGST BESCHREIBEN
EIN KÜSSCHEN – UND ALLES IST WIEDER GUT
DAS TSUNAMI-KROKODIL
SCHATZ, WO SIND DIE KINDER?
DIE MAUSEFALLE
WIE MAN EIN LOB ANNIMMT
DIE FÜNFZEHN-SEKUNDEN-REGEL
DIE SANDWICH-METHODE
AM BESTEN 70 PROZENT
SCHRAUBEN SIE IHRE ERWARTUNGEN RUNTER
DREI MEINER UNVERGESSLICHSTEN FEHLLEISTUNGEN
DIE LETZTE FRAGE
DIE VORTEILE, DIE ES HAT, BEI EINER FLUGZEUGEXPLOSION UMS LEBEN ZU KOMMEN
SOLL ICH ODER SOLL ICH NICHT?
FRAGEN SIE DEN HUND
SICH KÜMMERN, NICHT HEILEN
MILCH UND KEKSE
DIE SCHULDGEFÜHLE DES KLINKENPUTZERS
DIE TRAURIGE GESCHICHTE VON DER LEBENSMÜDEN SPINNE
DAS GEHEIMNIS EINER GLÜCKLICHEN EHE
GESEGNETES WASSER
DIE GEFAHREN DER TRUNKENHEIT AM STEUER
HEILIGE SCHEISSE
DIE URSPRÜNGE DES MATERIALISMUS
KIT-CAT
EIN HUNDERETREAT
EINE WUNDERBARE GESCHICHTE VOM ÜBERNATÜRLICHEN
MEINE REISE IN DEN HIMALAJA
JEMAND SIEHT DICH IMMER
WIE EIN SCHÜLER LERNTE, ÜBER BELEIDIGUNGEN ZU LACHEN
VON DEN EXPERTEN LERNEN
ANDEREN ETWAS ZU GEBEN ÜBERWINDET DEPRESSIONEN
DAS TIEFE LOCH
WANN DARF MAN DIE UNWAHRHEIT SAGEN?
WARUM WIR LÜGEN
DIE AFFEN UND DER AFFENGEIST
LASST DIE BANANE LOS
MAMI, ICH GEHE
HINTERM HORIZONT
DER ERSCHROCKENE WASSERBÜFFEL
DER FALL DER VERSCHWUNDENEN HARLEY
AUF DEM FENSTERSIMS
DAS REGAL IM WOHNZIMMER MEINER MUTTER
DIE KATZE
DER GENERAL MIT DEN DISZIPLINIERTESTEN SOLDATEN
DIE MACHT DER FREUNDIN
JEDEN MORGEN ZWANZIG PUSH-UPS
DIE WEISHEIT EINES BÄUCHLEINS
DIE URSACHE VON STRESS
EIN HALBES BLATT PAPIER
GLÜCK GEHABT!
DEN HÄSSLICHEN FROSCH KÜSSEN
WIE MAN NICHT BETEN SOLLTE
DER NÄCHSTE WINTER
DER ELEFANT, DER DAS GLÜCK VERGASS
STIMMEN HÖREN
GEGEN JEDE WAHRSCHEINLICHKEIT
DAS WUNDER
EINE GÖTTLICHE INTERVENTION
DER ALLESWISSER
DIE GESCHICHTE VON DEN ZWEI MANGOBÄUMEN
WIE MAN IN DEN GENUSS EINER MANGO KOMMT
VERBOTENE FRÜCHTE
DER TYRANN
BÜROKRATISCHE TYRANNEN
TYRANNEI IN DER VORSTANDSETAGE
ICH BIN NICHT GUT GENUG
ICH WAR SCHON IMMER GUT GENUG
DER ANRUFBEANTWORTER
SIE HABEN DAS RECHT, NICHT GLÜCKLICH ZU SEIN
DIE GLÜCKSLIZENZ
WIE HOCH IST IHR (MARKT-)WERT?
DIE MACHT DER STILLE
INNERE STILLE
WOHLTÖNENDES SCHNARCHEN
DIE ZWISCHENMOMENTE
MENSCHENWESEN ODER MENSCHENGEHER?
DON’T WORRY, BE HOPEY!
GAST, NICHT EIGENTÜMER
NICHT NUR ACHTSAM, SONDERN GÜTIG ACHTSAM
DER WOHLMEINENDE GELDAUTOMAT
GÜTIGE ACHTSAMKEIT UND STILLE
KEINE ANGST
DER SARG
GÜTIGE GEISTER
DER SCHOTTISCHE NEBEL
VERBEUGEN
DER GOTTESBEGRIFF IM BUDDHISMUS
DIE ERLEUCHTUNGSSHOW
DIE SPEISEKARTE
LIZENZ ZUM GLÜCKLICHSEIN
ÜBER DEN AUTOR
VORWORT
Bananen haben etwas sehr Tiefgründiges. Sie sind so alltäglich, dass wir meinen, nichts an ihnen sei uns unbekannt. Dabei wissen wir nicht einmal, wie man sie richtig schält! Die meisten fangen damit nämlich am Stiel an. Affen dagegen, zweifellos die Experten in Sachen Banane, halten die Frucht am Stiel und schälen sie von der anderen Seite her ab. Versuchen Sie es ruhig einmal, und Sie werden feststellen, dass es nach der »Affenmethode« viel leichter geht.
So ähnlich ist es auch mit den meditierenden buddhistischen Mönchen und Nonnen. Sie sind Experten darin, den Geist von der Schale all der Schwierigkeiten, die ihn umgeben, zu befreien. Deshalb möchte ich Sie herzlich einladen, im Umgang mit den Problemen des Lebens einmal die »Mönchsmethode« auszuprobieren. So wird das Leben viel leichter, ganz ähnlich wie das Bananenschälen.
DER BEHÄLTER UND DIE INHALTE
Vor einigen Jahren kam es zu wütenden Protesten, nachdem ein Wärter in Guantanamo Bay beschuldigt wurde, ein heiliges Buch genommen und die Toilette hinuntergespült zu haben.
Am nächsten Tag erhielt ich den Anruf eines Lokalreporters, der einen Artikel über den Skandal schreiben wollte und dafür Vertretern aller größeren Religionen Australiens die Frage stellte, die er auch an mich richtete:
»Ajahn Brahm, was würden Sie tun, wenn jemand ein heiliges Buch des Buddhismus nehmen und es Ihre Toilette runterspülen würde?«
Ohne zu zögern antwortete ich: »Sir, wenn jemand ein heiliges Buch des Buddhismus nehmen und es meine Toilette runterspülen würde, würde ich als Erstes den Klempner anrufen!«
Der Reporter schüttete sich schier aus vor Lachen. Als er sich einigermaßen gefasst hatte, meinte er, das sei die erste vernünftige Antwort gewesen, die er bislang erhalten habe.
Dann sprach ich weiter.
Ich erklärte ihm, dass man vielleicht Buddhastatuen in die Luft jagen, buddhistische Tempel niederbrennen oder sogar buddhistische Mönche und Nonnen töten könne – all das ja. Dass aber jemand den Buddhismus zerstört, würde ich nie zulassen. Spülen Sie meinetwegen eines unserer heiligen Bücher das Klo hinunter; aber ich werde niemals zulassen, dass sie das auch mit Versöhnlichkeit, Friedfertigkeit und Mitgefühl machen.
Das Buch ist nicht die Religion. Ebenso wenig wie die Statue oder das Bauwerk. Das sind nur die »Behälter«.
Was lehrt uns das Buch? Wofür steht die Statue? Welche Eigenschaften sollen die Geistlichen verkörpern? Das sind die »Inhalte«.
Wenn uns der Unterschied zwischen den Behältern und ihrem Inhalt bewusst ist, bleibt der Inhalt, auch wenn der Behälter zerstört wird.
Bücher können wir wieder drucken, wir können neue Tempel und Statuen errichten und sogar neue Mönche und Nonnen ausbilden. Wenn wir aber der Liebe zu anderen und uns selbst verlustig gehen und Gewalt an ihre Stelle tritt, dann wird die ganze Religion die Toilette hinuntergespült.
WAS WIR WIRKLICH WOLLEN
Eines Morgens wachte der Abt sehr früh auf. Was noch nicht weiter ungewöhnlich war. Geweckt aber hatten ihn Geräusche aus dem nahen Schreinraum. Schritte. Und das war tatsächlich ungewöhnlich, denn um diese Zeit übten die meisten seiner Mönche gewöhnlich einen ganz besonderen Gesang (»Schnarch …«). Also ging er nachschauen.
Im Dunkeln nahm er die Silhouette einer vermummten Gestalt wahr. Ein Einbrecher.
»Was möchtest du denn, mein Freund?«, fragte der Abt liebenswürdig.
»Rück den Schlüssel zur Spendenbüchse raus, Penner«, schrie der Einbrecher und fuchtelte mit einem langen, scharfen Messer herum.
Der Abt sah die Waffe, hatte aber keine Angst. Das Einzige, was er empfand, war Mitgefühl für den jungen Mann.
»Aber sicher«, sagte er und händigte ihm den Schlüssel aus.
Während der Einbrecher mit hektischen Bewegungen das Geld aus der Spendenbüchse nahm, bemerkte der Abt, dass der Mann eine zerrissene Jacke trug und sein Gesicht bleich und ausgemergelt war.
»Mein lieber Junge, wann hast du denn das letzte Mal etwas gegessen?«
»Schnauze!«, bellte ihn der Einbrecher an.
»Im Schrank da sind Lebensmittel. Bedien dich.«
Verwirrt hielt der Einbrecher inne. Die Sorge des Abts um sein Wohlergehen brachte ihn völlig durcheinander. Sicherheitshalber hielt er das Messer weiterhin auf den Abt gerichtet, während er sich mit der anderen Hand eilig das Geld aus der Spendenbüchse und Lebensmittel aus dem Schrank in die Taschen stopfte.
»Und wenn du die Bullen rufst, dann …«, schrie er.
»Warum sollte ich denn die Polizei alarmieren?«, fragte der Abt gelassen. »Die Spenden sind doch gerade dafür da, armen Menschen wie dir zu helfen. Und das Essen habe ich dir selbst angeboten. Was solltest du also gestohlen haben? Geh in Frieden.«
Am nächsten Tag berichtete der Abt den Mönchen und Laien seines Klosters von dem Vorfall. Alle waren sehr stolz auf ihn.
Ein paar Tage später erfuhr der Abt aus der Zeitung, dass der Einbrecher erneut auf frischer Tat ertappt worden war. Diesmal hatte man ihn gefasst und zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt.
Fast genau zehn Jahre später wurde der Abt wieder sehr früh am Morgen von Schritten im Schreinraum geweckt. Er stand auf, um nachzusehen, und ja, Sie haben richtig geraten: Da stand derselbe Einbrecher, um zehn Jahre gealtert, wieder mit einem scharfen Messer neben der Spendenbüchse.
»Erinnerst du dich an mich?«, rief er.
»Aber ja«, seufzte der Abt und griff in seine Tasche. »Hier ist der Schlüssel.«
Da lächelte der Einbrecher, senkte das Messer und sagte freundlich: »Bitte, legen Sie den Schlüssel weg. In all der langen Zeit musste ich immer wieder an Sie denken. In meinem ganzen Leben waren Sie der einzige Mensch, der je nett zu mir war und der sich wirklich für mich interessiert hat. Ja, ich bin tatsächlich wieder hergekommen, um etwas zu klauen. Aber mir ist klar geworden, dass ich beim letzten Mal das Falsche mitgenommen habe. Diesmal bin ich auf etwas anderes aus: auf das Geheimnis Ihrer Güte und Ihres inneren Friedens. Aber im Grunde wollte ich das wohl auch damals schon. Also händigen Sie mir bitte den Schlüssel zu Ihrem Mitgefühl aus und nehmen Sie mich als Ihren Schüler an.«
Bald darauf wurde aus dem Einbrecher ein Mönch. Und der Reichtum, den er binnen Kurzem erwarb, überstieg seine wildesten Träume. Nicht, was Geld betraf, sondern in punkto Güte und innerem Frieden. Das ist es, was wir in Wirklichkeit alle wollen. Und es ist so günstig!
OH SHIT!
Auf einer Vortragsreise in Nordamerika sprach ich einst über die folgende inspirierende Metapher:
Wenn ihr mal in einen Hundehaufen tretet, dann werdet nicht sauer und streift euch die Schuhe ab, sondern lächelt und geht einfach nach Hause in den Garten. Dort könnt ihr euch die Hundescheiße unter dem Apfelbaum von der Sohle kratzen. Im nächsten Jahr werdet ihr dann mehr, saftigere und süßere Äpfel ernten als je zuvor. Doch beim Biss in diese herrlichen Früchte dürft ihr nie vergessen, dass das, was ihr da zu euch nehmt, in Wirklichkeit Hundekot ist. Nur dass sie sich in der Zwischenzeit in süße, saftige Äpfel verwandelt hat.
Ganz ähnlich ist es mit Lebenskrisen. Auch da tretet ihr sozusagen in einen Hundehaufen. Und statt sauer, verbittert oder depressiv zu werden, nehmt ihr ihn mit nach Hause und vergrabt ihn in eurem Herzen. Nicht lang, und ihr werdet weiser und mitfühlender sein. Aber vergesst nicht: Worum handelt es sich bei all dieser saftigen Weisheit und süßen Liebe in Wirklichkeit? Nur um den verwandelten Hundehaufen des Lebens.
Einige Stunden nachdem ich meinem Publikum diesen großartigen Ratschlag erteilt hatte, bin ich auf einer Raststätte tatsächlich in einen Hundehaufen getreten. Und mein Fahrer, der die brillante Metapher ebenfalls gehört hatte, war nicht bereit, mich wieder ins Auto zu lassen, bevor ich mir nicht auch noch die letzte Spur von der Sandale gekratzt hatte. Mein schönes Hundehaufen-Gleichnis schien ihm buchstäblich am A…llerwertesten vorbeizugehen. Tja, so ist das heute eben. Die meisten Leute leben fernab der Natur in kleinen Wohnungen und haben keinen Garten mehr, in dem sie Mist in Obst verwandeln können.
PO-SITIVE VERSTÄRKUNG
Im weiteren Verlauf meines Nordamerikabesuchs erfuhr ich dann auch, wo der Hundehaufen auf der Raststätte wahrscheinlich hergekommen war. Es gab da nämlich einen gewieften Unternehmer, der sich mit Reinlichkeitstraining für in Stadtwohnungen gehaltene Hunde eine goldene Nase verdiente.
Jeder, der einmal einen Welpen hatte, weiß, wie mühsam es ist, ihn davon abzuhalten, sich auf der teuren Auslegware zu erleichtern. Und dieser Unternehmer garantierte nun, jeden Hund innerhalb von drei Tagen stubenrein zu machen, sodass er seine Geschäfte nur noch draußen verrichtete. Dazu bediente er sich der positiven Verstärkung.
Er oder einer seiner Mitarbeiter führte den Hund auf der Straße zu einem Baum oder kleinen Rasenstück und wartete, bis das Tier sich entleert hatte. Dann gab er entzückte Schreie von sich, machte Luftsprünge, reckte begeistert die Faust, führte ein Freudentänzchen auf und stimmte eine fröhliche Melodie an. Manchmal schlug der Trainer sogar ein Rad. Kurzum, er legte allerhöchsten Enthusiasmus an den Tag und feierte die Exkremente des Hundes mit einem Elan, der seinesgleichen suchte. Und es funktionierte! Der Hund spürte, dass er da jemanden sehr, sehr glücklich gemacht hatte. Und innerhalb von drei Tagen verrichtete er sein Geschäft nur noch draußen. So gut wirkt die positive Verstärkung selbst bei Tieren.
Mit der Zeit kam der Hundetrainer allerdings in Schwierigkeiten. Einige seiner Klienten nahmen nämlich mit ihrem Hund zusammen in aller Ruhe auf dem Sofa Platz, um sich im Fernsehen ein Spiel anzuschauen, American Football oder Fußball. Aber dann erzielte ihre Mannschaft einen spektakulären Touchdown beziehungsweise ein sensationelles Tor. Herrchen sprang vom Sofa auf, machte Luftsprünge, reckte begeistert die Faust, führte ein Freudentänzchen auf und stimmte eine fröhliche Melodie an. Und nun raten Sie mal, was der Hund tat …
DER POLITIKER IM BRUNNENSCHACHT
Manchmal kommt es aber auch vor, dass man nicht in den Dreck tritt, sondern damit beworfen wird. Was Sie in einem solchen Fall tun können, erfahren Sie aus der folgenden Geschichte.
Ein bekannter Politiker von zweifelhaftem Ruf ging einmal im Wald spazieren und fiel dabei unversehens in einen verwahrlosten Brunnenschacht. Glücklicherweise enthielt dieser kein Wasser und der Schädel des Politikers war dick genug, dass er keine Verletzungen davontrug. Die Tiefe des Schachts allerdings stellte ein Problem dar. Aus eigener Kraft konnte sich der Politiker nicht daraus befreien. Also rief er um Hilfe. Nun wird man ja nach längerem lauten Schreien in aller Regel bald heiser. Da es sich aber um einen Berufspolitiker mit jahrelanger Erfahrung handelte, nahm er nach drei Stunden erst so richtig Fahrt auf. Irgendwann kam ein Bauer vorbei, der den Lärm hörte und den Politiker auf dem Grund des Schachts entdeckte.
»Hilf mir«, verlangte dieser.
Der Bauer, der ihn gleich erkannt hatte, entgegnete: »Kommt ja gar nicht infrage.«
Der Bauer hasste Politiker und ganz besonders so aalglatte und schmierige wie diesen. Außerdem hatte er den Schacht, der eine Gefahr für die Sicherheit darstellte, schon lange zuschütten wollen. Also holte er sich einen Spaten und fing an, Erde in den Schacht zu schaufeln. Er würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: den Politiker verscharren und bei der Gelegenheit gleich noch den Schacht auffüllen.
Als der Politiker merkte, dass er mit Dreck beworfen wurde, war das für ihn zunächst einmal nichts Neues. Doch dann dämmerte ihm, dass der Bauer vorhatte, ihn bei lebendigem Leib zu begraben, und sein Gebrüll nahm eine Qualität an, die er normalerweise nur in Wahlkampfzeiten an den Tag legte.
»Ich verspreche, deine Steuern zu senken! Garantiere, die Zuschüsse für die Bauern zu erhöhen! Deine Kühe bekommen eine kostenlose Krankenversicherung! Vertrau mir!«
Bei den Worten »Vertrau mir« erhöhte der Bauer das Tempo, mit dem er die Erde in den Schacht schaufelte. Der Politiker schrie immer verzweifelter. Dann verstummte er.
Da der Bauer dachte, er hätte den Politiker erfolgreich begraben, begann er etwas langsamer zu arbeiten. Trotzdem war er noch zu beschäftigt, um die Haarsträhne wahrzunehmen, die am oberen Rand des Schachts herausguckte. Während er immer weiterschaufelte, tauchte eine vollständige Frisur auf. Und als er schließlich noch ein bisschen mehr Dreck in den Schacht schüttete, sah er den ganzen Kopf des Politikers. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Jetzt war der Bauer zu schockiert, um noch weiterschaufeln zu können.
Der Politiker hatte beschlossen, nicht länger darüber zu lamentieren, dass er mit Dreck beworfen wurde. Stattdessen hatte er die Erde genommen und sie sich unter die Füße gepackt. Und mit jeder Schaufel, die auf ihn niederging, stand er ein paar Zentimeter höher. Schließlich war er in der Lage, mühelos aus dem Schacht herauszuklettern und sich bei dem Bauern später mit Besuchen der Gesundheits- und Steuerbehörden zu revanchieren.
Und die Moral von der Geschicht’: Wenn das Leben Sie mit Dreck bewirft, dann schütteln Sie ihn ab und treten Sie ihn ordentlich fest. Auf diese Weise werden Sie – buchstäblich – eine immer höhere Position einnehmen.
KAMELFRESSE
Hin und wieder werden sich die Leute über Sie ärgern. Selbst Ihre Lieben. Manche Leute ärgern sich mitunter sogar über den Buddha! Was Sie tun können, wenn Sie den Zorn einer anderen Person auf sich gezogen haben? Die Antwort findet sich in der folgenden Geschichte.
Ein Mann genoss einmal einen freien Nachmittag zu Hause, als seiner Frau, die gerade das Abendessen vorbereitete, auffiel, dass ihr die Eier ausgegangen waren.
»Schatz«, sagte sie zu ihm, »würde es dir etwas ausmachen, auf den Markt zu gehen und mir ein paar Eier zu besorgen?«
»Klar, mach ich«, sagte er bereitwillig.
Der Mann war noch nie auf dem Markt gewesen. Also drückte ihm seine Frau etwas Geld sowie einen Einkaufskorb in die Hand und erklärte ihm den Weg zum Eierstand, der sich mitten auf dem Marktgelände befand.
Kaum hatte der Mann den Markt betreten, kam ein junger Bursche direkt auf ihn zu und rief laut: »Hey, Kamelfresse!«
»Wie bitte?«, gab der Mann zurück. »Wen nennst du hier ›Kamelfresse‹?«
Das stachelte den Burschen aber erst recht an, sodass er den Mann noch aggressiver beschimpfte. »Hey, Arschgesicht! Hast heute Morgen wohl mit Affenpisse gegurgelt? Du stinkst ja fürchterlich!«
In aller Öffentlichkeit, mitten auf dem Markt, derart derb angebrüllt zu werden, war schlimm für den Mann. Er hatte doch gar nichts getan. Das Ganze wurde ihm schließlich so peinlich, dass er voller Ärger kehrtmachte und den Markt so schnell er konnte verließ.
»Du bist ja schon zurück«, sagte seine Frau, als er wieder zu Hause war. »Hast du die Eier?«
»Nein«, schnaubte der Mann. »Und schick mich bloß nie wieder zu diesen unkultivierten, ekligen, unerzogenen Leuten auf diesem Rattenloch von Markt!«
Nun besteht das Geheimnis einer langjährigen Ehe ja darin, dass beide wissen, wie man den Partner nach einem unangenehmen Erlebnis beschwichtigen kann. Also sprach die Frau ihrem Mann gut zu und umsorgte ihn, bis er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Dann fragte sie ihn, wie der Bursche, der ihn so aufgebracht hatte, denn ausgesehen habe.
Der Mann verzog das Gesicht zu einer Grimasse und versuchte sich zwischen neuerlichen Kundgebungen höchster Empörung an einer Beschreibung des Jungen.
»Ach, der!«, sagte seine Frau und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. »Das macht der mit jedem. Weißt du, als Kind ist er mal auf den Kopf gefallen. Dabei hat er einen Hirnschaden erlitten und führt sich seither immer so auf. So ein armer Kerl! Konnte nicht zur Schule gehen! Konnte keine Freunde finden, von einem Job ganz zu schweigen, und die Mädchen interessieren sich auch nicht für ihn. Eine Familie wird er deshalb wohl auch nie gründen können. Verrückt ist er, dieser bedauernswerte Junge. Er beleidigt jeden so wie dich. Das darfst du nicht persönlich nehmen.«
Als ihr Mann das hörte, legte sich seine Empörung und plötzlich empfand er nur noch Mitgefühl für den Burschen.
Seine Frau, der die Veränderung in seiner Stimme nicht entgangen war, sagte: »Schatz, die Eier brauche ich aber immer noch. Meinst du …«
»Sicher doch, mein Schatz«, antwortete er und begab sich erneut auf den Markt.
Sobald der Bursche des Mannes gewahr wurde, schrie er los: »Hey, schaut mal, wer da kommt! Kamelfresse ist wieder da! Haltet euch ja alle die Nase zu – da kommt ein Hundehaufen auf Beinen!«
Diesmal wurde der Mann nicht sauer. Er ging direkt auf den Stand mit den Eiern zu, gefolgt von dem Burschen, der ihm fortwährend Beleidigungen nachschrie.
»Kümmern Sie sich nicht um ihn«, sagte die Verkäuferin am Eierstand, »das macht er mit jedem. Als Kind hatte er einmal einen schweren Unfall.«
»Ja, ich weiß. Der arme Junge!«, seufzte der Mann beim Bezahlen.
Der Bursche ging ihm bis zum Rand des Marktes nach und bedachte ihn dabei mit immer obszöneren Beschimpfungen. Dem Mann aber machte das nicht das Geringste mehr aus. Weil er jetzt ja wusste, dass der Junge verrückt war.
Falls Sie diese Geschichte verstanden haben, können Sie sich, wenn Sie das nächste Mal fürchterlich beschimpft werden oder Ihr Partner sauer auf Sie ist, einfach vorstellen, dass der oder die Betreffende sich gerade böse den Kopf angeschlagen hat und unter einem vorübergehenden Hirnschaden leidet. Denn im Buddhismus spricht man tatsächlich von einer »zeitweiligen geistigen Verwirrung«, wenn jemand zornig wird und andere beleidigt.
Sobald Sie sich klarmachen, dass der Mensch, der Ihnen da gerade mit so unverschämter Aggressivität begegnet, unter vorübergehendem Wahnsinn leidet, werden Sie in der Lage sein, mit Gleichmut und sogar Mitgefühl darauf zu reagieren. »Der arme Kerl!«
DER GESPRUNGENE BECHER
Der Tod eines geliebten Menschen verändert unser ganzes Leben. Selbst wenn Menschen sterben, die wir gar nicht kennen, zum Beispiel bei Naturkatastrophen, hinterlässt das seine Spuren in unserem Denken. Der Tod ist eine Tatsache des Lebens, und wenn wir sie verstehen lernen, lehrt sie uns, besser auf uns aufzupassen.
Vor vielen Jahren, ich lebte zu dieser Zeit noch in Thailand, hielt mein Lehrer Ajahn Chah einmal seinen Keramikbecher hoch.
»Schaut mal«, sagte er zu uns. »Da ist ein Sprung drin.«
Ich schaute mir den Becher genau an, konnte aber keinen Sprung erkennen.
»Im Moment«, fuhr Ajahn Chah fort, »ist der Riss noch unsichtbar. Aber er ist da. Eines Tages wird irgendjemand diesen Becher fallenlassen, dann zeigt sich der Sprung und führt dazu, dass mein Becher zerbricht. Das ist sein Schicksal. Wäre er dagegen aus Plastik«, erklärte mein Lehrer weiter, »hätte er kein solches Schicksal und auch keinen unsichtbaren Sprung. Man könnte ihn fallenlassen, dagegen schlagen oder sogar mit ihm Fußball spielen, er würde trotzdem nicht kaputtgehen. Seine Unzerstörbarkeit könnte euch zu Unachtsamkeit verleiten. Mein Becher aber ist zerbrechlich und deshalb muss man gut auf ihn aufpassen. Auch der menschliche Körper«, betonte Ajahn Chah, »hat einen Sprung. Im Moment ist er noch unsichtbar, aber er ist da. Damit meine ich euren zukünftigen Tod. Eines Tages wird es zu einem Unfall oder einer Krankheit kommen oder ihr werdet sehr alt sein; dann tritt der Sprung zutage und ihr sterbt. Das ist euer Schicksal. Wäre euer Leben unendlich«, kam Ajahn Chah zum Schluss, »wäre es so stabil wie ein Plastikbecher, dann könntet ihr auf jegliche Vorsicht verzichten. Weil aber unser Leben so zerbrechlich ist, weil es unser Schicksal ist zu sterben, müssen wir gut darauf aufpassen.«
Wenn wir begriffen haben, dass auch Beziehungen ebenso empfindlich sind wie ein Keramikbecher, folgt daraus, dass wir gut aufeinander aufpassen müssen. Zu wissen, dass das Glück einen Sprung hat, lehrt uns, nichts Freudvolles für selbstverständlich zu halten. Und die Erkenntnis, dass unser Leben irgendwann ein Ende hat, macht uns die Kostbarkeit jedes einzelnen Moments deutlich.
DIE FABEL VON DEN ZWEI HÜHNERBAUERN
Es waren einmal zwei Hühnerbauern. Der eine stand morgens in aller Frühe auf, schnappte sich ein Körbchen und ging zum Hühnerstall, um die Erzeugnisse der vergangenen Nacht einzusammeln. Er füllte sein Körbchen mit Hühnerkacke und ließ die Eier zum Verfaulen auf dem Boden liegen. Dann nahm er das Körbchen mit der Hühnerkacke mit ins Haus zurück, wo sie einen unangenehmen Geruch verbreitete. Die Familie dieses Hühnerbauern war sehr ärgerlich auf ihn.
Auch der andere Hühnerbauer nahm ein Körbchen und betrat den Hühnerstall, um die Erzeugnisse der vergangenen Nacht einzusammeln. Aber er füllte das Körbchen mit Eiern und ließ die Hühnerkacke zum Verfaulen liegen. Später einmal würde sie einen wertvollen Dünger abgeben, aber im Haus hatte sie nichts zu suchen! Also trug er nur die Eier ins Haus und bereitete aus einigen davon ein köstliches Omelett für seine Familie. Die übrigen verkaufte er anschließend für gutes Geld auf dem Markt. Die Familie dieses Hühnerbauern war sehr zufrieden mit ihm.
Die Bedeutung dieser Fabel: Was legen Sie in Ihr Körbchen, um es mit nach Hause zu nehmen, wenn Sie die Erzeugnisse Ihrer Vergangenheit einsammeln? Gehören Sie auch zu den Leuten, die alle Unannehmlichkeiten des Tages (beziehungsweise ihres gesamten Lebens) auflesen und sie mit nach Hause nehmen: »Schatz, die haben mir heute einen Strafzettel verpasst!« Oder lassen Sie Ihre negativen Erfahrungen da, wo sie hingehören, nämlich in der Vergangenheit, und erinnern sich nur an die glücklichen Momente?
Anders gefragt: Wollen Sie Mist einsammeln oder doch lieber Eier?
IHR FOTOALBUM
Viele Leute besitzen ein Fotoalbum. Darin bewahren sie Erinnerungen an ihre glücklichsten Momente auf. Vielleicht ein Kinderfoto, das sie beim Spielen am Strand zeigt. Oder eine Aufnahme vom Tag der Examensfeier mit den stolzen Eltern. Mit Sicherheit viele Hochzeitsbilder, die die Liebe der Eheleute auf einem ihrer Höhepunkte festhalten. Und der eine oder andere Schnappschuss aus den Ferien findet sich in dem Album wahrscheinlich auch.
Aber keine Aufnahme von den kläglichen Momenten Ihres Lebens. Kein Foto, das Sie im Vorzimmer des Schuldirektors zeigt. Es fehlen auch Bilder von Ihnen, wie Sie bis tief in die Nacht für eine Prüfung büffeln. Ich kenne niemanden, der ein Foto von seiner Scheidung in seinem Album hat oder eines, das ihn in einem Krankenhausbett liegend zeigt oder im Stau auf dem Weg zur Arbeit an einem Montagvormittag. Solche deprimierenden Aufnahmen finden nie den Weg ins Fotoalbum.
Es gibt aber noch ein anderes Fotoalbum; das haben wir im Kopf und nennen es Gedächtnis. Dieses Album enthält viele negative Bilder. Da finden sich zahlreiche Schnappschüsse von erbitterten Streitigkeiten, Bilder aus einer Zeit, in der Sie einmal übel im Stich gelassen wurden, und allerlei Collagen aus den verschiedensten Momenten, in denen Sie schlecht oder grausam behandelt wurden. Bilder von glücklichen Momenten allerdings sind in diesem Album überraschend wenige enthalten.
Das ist doch verrückt!
Lassen Sie uns deshalb das Fotoalbum in unseren Köpfen einer gründlichen Prüfung und Reinigung unterziehen. Löschen Sie die unangenehmen Erinnerungen. Schmeißen Sie sie auf den Müll. Sie gehören nicht in dieses Album. Ersetzen Sie sie durch schöne Erinnerungen wie die, die Sie in Ihrem »echten« Fotoalbum auch haben. Kleben Sie das Glück hinein, das Sie empfanden, als Sie sich wieder mit Ihrem Partner versöhnt haben, einen unerwarteten Moment echter Freundlichkeit und jede Gelegenheit, bei der sich die Wolken teilten und die Sonne mit außergewöhnlicher Schönheit dazwischen hervortrat. Behalten Sie diese Bilder in Erinnerung. Und wenn Sie dann mal einen Augenblick Zeit haben, werden Sie sich dabei ertappen, wie Sie in diesem Album blättern und dabei lächeln. Oder sogar aus vollem Herzen lachen.
DIE LÖSCHTASTE DRÜCKEN
Wie man die schlechten Erinnerungen löscht, wollen Sie wissen?
Es war in Thailand vor vielen Jahren, als Ajahn Chah eines Tages von seinem allmorgendlichen Almosengang zurückkehrte, am Wegesrand einen Stock aufhob und fragte: »Wie schwer ist dieser Stock?« Bevor noch irgendjemand antworten konnte, warf Ajahn Chah den Stock in die Büsche und sagte: »Schwer ist ein Stock nur, solange ihr ihn festhaltet. Sobald ihr ihn wegwerft, ist sein Gewicht dahin.«
Auf der Basis dieses Gedankens habe ich meinen Schülern vorgeschlagen, die folgende »Stockzeremonie« durchzuführen.
Dafür schreiben Sie so viele schlechte Erinnerungen auf ein Stück Papier, wie Ihnen einfallen. Dann suchen Sie sich einen Stock, wickeln das Papier um eines seiner Enden und befestigen es mit einem Gummi oder etwas Klebeband. Begeben Sie sich dann an ein einsames Plätzchen im Wald, halten Sie den Stock in der Hand und meditieren Sie über das Gewicht all jener schlechten Erinnerungen. Sobald Sie bereit sind, schleudern Sie den Stock mit voller Kraft so weit von sich fort, wie es irgend geht.
Um schlechte Erinnerungen loslassen zu können, müssen Sie sie zunächst einmal als solche erkennen. Sie sich wirklich ins Gedächtnis zurückrufen. Das ist auch der Grund, warum sie aufgeschrieben werden müssen. Anschließend braucht es eine körperliche Handlung beziehungsweise Zeremonie, um dem Loslassen mehr Kraft zu verleihen. Nur zu denken »Ich lasse das jetzt alles los« funktioniert nicht. Das Umwickeln des Stocks mit dem Papier, das Aufsuchen des Waldes mit dem Ziel, all das schlechte Zeug loszuwerden, das Gewicht des Stocks in der Hand und dann der Moment, in dem Sie ihn von sich schleudern – alle diese Schritte dienen dazu, Ihre Absicht zu verstärken und sie mit Bedeutung zu versehen. Und das funktioniert. Wirklich. So drücken Sie die Löschtaste.
Allerdings gab es Beschwerden. Es hieß, ich sei dafür verantwortlich, dass der Wald verschmutzt würde. Also veränderte ich das Prozedere wie folgt:
Wie zuvor schreiben Sie alle Ihre schlechten Erinnerungen auf ein Blatt Papier. Denn bevor sie gelöscht werden können, müssen sie erst noch einmal an die Oberfläche kommen. Aber diesmal nehmen Sie ein besonderes Papier, und zwar eines, das für mistige Erinnerungen besser geeignet ist als alles andere: Sie schreiben aufToilettenpapier. Sobald Sie mit Schreiben fertig sind, nehmen Sie das Papier mit ins Bad und werfen die beschriebenen Blätter in die Kloschüssel, denn da gehören sie auch hin. Abschließend betätigen Sie die Spülung!
GUT? SCHLECHT? WER WEISS DAS SCHON?
Vor langer, langer Zeit hatte sich auf der Jagd einmal ein König in den Finger geschnitten. Er rief seinen Leibarzt, der ihn auf der Jagd immer begleitete, und ließ sich einen Verband anlegen.
»Aber das wird doch wieder gut, oder?«, fragte der König.
»Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?«, entgegnete der Arzt. Die Jagd wurde fortgesetzt.
Als sie in den Palast zurückkehrten, hatte sich die Wunde infiziert, also verlangte der König ein weiteres Mal nach seinem Leibarzt. Dieser reinigte die entzündete Stelle, trug behutsam eine Wundsalbe auf und erneuerte den Verband.
»Aber wird das auch wirklich wieder gut?«, fragte der König, der allmählich etwas ängstlich wurde.
»Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?«, antwortete der Arzt auch diesmal. Der König machte sich nicht grundlos Sorgen, denn innerhalb der nächsten Tage wurde die Entzündung so schlimm, dass der Finger amputiert werden musste. Aus Zorn auf seinen inkompetenten Leibarzt brachte ihn der König höchstpersönlich in den Kerker und sperrte ihn in eine Zelle.
»Und? Wie ist es so im Gefängnis, Doktor?«
»Im Gefängnis, Majestät? … Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?«, entgegnete der Arzt mit einem Achselzucken.
»Der ist ja nicht nur unfähig, sondern auch nicht ganz bei Trost!«, erklärte der König und ging.
Als die Amputationswunde nach einigen Wochen ausgeheilt war, begab sich der König erneut auf die Jagd. Während er der Fährte eines Tieres folgte, wurde er von der übrigen Jagdgesellschaft getrennt und verirrte sich im Wald. Dabei fiel er den Angehörigen eines Eingeborenenstammes in die Hände. Es war ihr Feiertag und nun hatten sie ein Opfer gefunden, das sie ihrem Dschungelgott darbringen konnten. Sie banden den König an einen großen Baum und während die Waldbewohner schon das Messer wetzten, begann ihr geistliches Oberhaupt zu singen und zu tanzen. Schließlich griff der Priester zum Messer, um dem König die Kehle durchzuschneiden, als er plötzlich innehielt und rief: »Nicht! Dieser Mann hat nur neun Finger! Der ist nicht gut genug, um ihn unserem Gott zu opfern. Lasst ihn frei.«
In den nächsten Tagen gelang es dem König, sich zum Palast durchzuschlagen. Dort angekommen, suchte er sofort den Kerker auf, um sich bei seinem weisen Arzt zu bedanken.
»Wegen dieses ganzen ›Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?‹ war ich geneigt, Euch für dumm zu halten. Jetzt aber weiß ich, dass Ihr recht hattet. Dass ich meinen Finger eingebüßt habe, war gut. Es hat mir das Leben gerettet. Schlecht aber war es von mir, Euch ins Gefängnis zu sperren. Es tut mir leid.«
»Was meint Ihr, Majestät? Wäre ich nicht im Kerker gewesen, hätte ich Euch auf die Jagd begleitet und wäre ebenfalls gefangen genommen worden. Und im Gegensatz zu Euch habe ich noch alle meine Finger!«
DER TAXIFAHRER, DER SICH VERFUHR