Der erkaufte Henker - Friedrich Gerstäcker - E-Book

Der erkaufte Henker E-Book

Friedrich Gerstäcker

0,0
0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Erzählungen und Skizzen aus dem amerikanischen Westen. Spannender Abenteuerroman von Friedrich Gerstäcker. Seine Sujets und Figuren und detailierte Landschaftsbeschreibung waren auch Vorbild für Karl May.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 39

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Friedrich Gerstäcker

Der erkaufte Henker

Eben verkündete im fernen Osten ein blasser Streifen am bewölkten Firmamente den nahenden Tag, als ein einzelner Reiter auf schäumendem Rosse an der Gartenthür des Ferry-Hotels im Pointe-Coupé in Louisiana hielt und mit donnerndem Klopfen und lautem Ruf die schläfrigen Bewohner zu wecken versuchte. – Endlich öffnete sich die grüne, auf die Gallerie führende Thür des Hauses und der Wirt steckte den Kopf heraus.

»Wer lärmt denn da vorn, als ob es heller Mittag wäre?« rief er; »glaubt Ihr, daß Leute, die um zwei Uhr zu Bett gehen, auch um vier Uhr gewöhnlich wieder aufstehen?«

»Seid Ihr es, Röttken?« frug der Reiter, indem er sich aus dem Sattel schwang und den Zügel seines schnaubenden Thieres an einen durch die Latten ragenden kleinen Zweig befestigte. »Macht auf, schnell – ich habe Eile und muß gleich wieder fort.«

»Wer zum Henker seid Ihr denn überhaupt?« frug Röttken wieder, ohne die Thür weiter aufzumachen, denn der Wind zog kalt und unfreundlich aus Nordwesten hernieder; »glaubt Ihr, ich kenne die ganze Ansiedelung an der Stimme?«

»Nun,« lachte er draußen, »Ihr seid der Sache diesmal ziemlich nahe gekommen; zum Henker gehöre ich auch mit, und überhaupt geht den Henker mein Besuch heute Morgen besonders an, denn seinetwegen kam ich her – ich bin der Constabler.«

»Oh, Bedford, Ihr seid's!« rief der Deutsche – »nun wartet, ich mache den Augenblick auf, will mir nur erst etwas überwerfen.«

Damit zog er sich für kurze Zeit zurück, erschien aber gleich wieder an der Thür und öffnete die beiden inwendig vorgelegten Riegel.

»Guten Morgen, Röttken!« sagte der Eintretende und schüttelte die dargebotene Hand, »guten Morgen! schließt mir aber vor allen Dingen erst einmal Euren Schenkstand auf. Der unfreundliche Morgenwind hat mich auf eine merkwürdige Art ausgetrocknet.«

»Was führt Euch denn in aller Welt vor Tagesanbruch hierher?« frug Röttken erstaunt, indem er dem ihm Folgenden voran in's Haus schritt und dort ein Licht anzündete.

»Das sollt Ihr bald erfahren,« entgegnete der Constabler; »vor allen Dingen erst etwas zu trinken, dann schickt augenblicklich Euren Hausknecht zur Wache an die Fähre und Kähne hinunter, und laßt ihn dieselben, außer er wird abgelöst, mit keinem Schritt verlassen.«

»Hallo – hinter wem seid Ihr wieder her?« frug Röttken verwundert, indem er die in den Schenkstand führende Thür aufschloß und Flaschen und Gläser herausholte.

»Ein fürchterlicher Mord ist gestern Abend geschehen,« fuhr Bedford fort – »Banizet, oben in Pointe-Coupé, gerade über Morgan's Plantage – Ihr kennt ja den Platz – hat seine junge hübsche Frau mit der Axt erschlagen und ist entflohen.«

»Höll' und Teufel!« rief Röttken, überrascht zu ihm aufschauend.

»Glücklicher Weise,« erzählte der Constabler weiter, »ritt einer der dort wohnenden Creolen noch spät am Abend vorbei, und das Schreien und Jammern der Kinder, das er an der Straße – obgleich die Wohnung wohl zweihundert Schritt abwärts liegt – hören konnte, machte ihn aufmerksam; er hing seines Pferdes Zügel über die Fenz, ging durch das kleine Baumwollenfeld zwischen der niedern Hütte und dem Fahrweg, und öffnete die Thür. – Ihr kennt Luizot, er ist ein großer, starker Mann, aber er schwur mir's zu, daß er bei dem Anblick, der sich ihm dort bot, vor Entsetzen in die Kniee gesunken sei. Das Feuer im Kamin brannte hell, und neben ihm, von der rothen flackernden Glut beleuchtet, stand mit bleichem Antlitz der Mörder; das schwarze lockige Haar wild um seine Schläfe flatternd – in der Hand noch, wohl bewußt, die Axt, mit der er den tödtlichen Streich geführt. Zu seinen Füßen aber, das blasse, schöne Antlitz von Blutflecken entstellt, die langen, rabenschwarzen Locken mit dem rothen Lebensstrom getränkt und die Stirn weit klaffend gespalten, lag sein Weib, während sich die Kinder, von Todesfurcht und Angst getrieben, in einen Winkel geflüchtet hatten und den kleinen Raum mit ihrem Zetergeschrei erfüllten.

»Banizet hörte das Eintreten des Freundes nicht, sah ihn selbst nicht; starr nur hafteten seine Augen an der leblosen Gestalt des gemordeten Weibes, und ein geisterhaftes Lächeln stahl sich über seine Züge. Da rief Luizot seinen Namen, und wie von einer Kugel getroffen sprang er empor; die Axt entfiel seiner Hand, seine Blicke richteten sich auf die offene Thür und die Gestalt des Mannes, und in dem Moment schien auch das ganze Schreckliche seiner That wie seiner Lage auf einmal vor ihm aufzusteigen.