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Potsdam, im Sommer 2016. Ein Sprengstoffanschlag zerstört den bereits teilweise wieder aufgebauten Turm der Potsdamer Garnisonkirche. Dem Literaturkritiker und Blogger Justus Verloren läuft es eiskalt den Rücken hinunter: Wenige Tage zuvor ist ihm ein Manuskript zugespielt worden, das haarklein den Hergang des Anschlags schildert. Nur der Tote, den man unter den Trümmern gefunden hat, wird darin nicht erwähnt. Unterstützt von seiner attraktiven Errungenschaft Magda geht Justus der Sache nach - und verstrickt sich in einem Geflecht von Hass, Eifersucht, Gier und Politik...
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Seitenzahl: 350
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Christine Anlauff
Ein Verloren-in-Potsdam-Krimi
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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ebook im be.bra verlag, 2015
© der Originalausgabe:
berlin.krimi.verlag im be.bra verlag GmbH
Berlin-Brandenburg, 2015
KulturBrauerei Haus 2
Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin
Lektorat: Gabriele Dietz, Berlin
Umschlaggestaltung: Ansichtssache, Berlin
ISBN 978-3-8393-6144-3 (epub)
ISBN 978-3-89809-537-2 (print)
www.bebraverlag.de
Allen bedeutenden Taten wohnt ein magischer initialer Moment inne: Ein banaler Satzfetzen, von einem vorbeischlendernden Dichter aufgeschnappt, zündet den Funken für einen epochalen Roman.
Ein Soldat schnitzt in einer Kampfpause in Gegenwart eines gewitzten Fürsten an einem Pferd für seinen Sohn, und kurz darauf zerfällt Troja zu Asche. Ein griechischer Mathematiker steigt ins Bad, fühlt seinen Körper erstaunt auftreiben, und zweitausend Jahre später kreuzen Stahlkolosse von hunderttausend Tonnen über die Weltmeere, als wären es Enten.
Oder das Lesen einer Annonce.
Es ist nur ein unauffälliger Vierzeiler in einer dieser kostenlosen Wurfzeitungen, die man mit hinaufgenommen hat, um seine regennassen Schuhe auszustopfen. Zufällig bleibt der Blick beim Auseinandernehmen der Zeitung auf der Seite mit den Inseraten hängen. Und dann auf dieser speziellen Anzeige.
Die erste Reaktion: Neugier, gemischt mit leichtem Bedauern. Eine Yacht, selbst eine so betagte wie diese, sprengt den Rahmen der Möglichkeiten. Dann Staunen angesichts der technischen Daten. Und plötzlich senkt sich ein rostiger Anker in die Seele.
Auf einmal ist alles wieder da: Der Wind, die vertrauten Gespräche, das abendliche Knallen der Sektkorken, nahezu ungetrübtes Glück. Zu viel Hoffnung, in zu kurzer Zeit ausgegeben. Bis, ohne Vorankündigung, der Schlag in die Magengrube kommt. Die Welt trübt sich ein und verliert die Konturen. Natürlich ist das nur ein vorübergehender Zustand, aber man weiß jetzt, wie Galle schmeckt.
Was man noch nicht weiß: dass dem ersten Jahre später ein zweiter Schlag folgen wird.
Wie von selbst wandern die Augen von der Anzeige zur Wand über dem Schuhregal, wo zwischen anderen das Filmplakat von Dead Man Walking hängt.
Verdammt. Jeden Tag gehst du an diesem Poster vorbei, warum hast du seine Botschaft nicht früher begriffen?
Weil es noch nicht dran war. Weil der magische Moment fehlte. Erst jetzt ist er gekommen, in Form dieser Anzeige. Genau zur richtigen Zeit.
Tja, dead man, noch ahnst du es nicht, aber du hast soeben die Zielgerade betreten. Genieße sie!
1. 6. 2016
Liebe Freunde,fast siebzig Jahre lang defilierten wir trauernd am Grab unserer Garnisonkirche vorbei.
Ich korrigiere mich: 23 davon hatten wir wenigstens noch ihre Ruine, und – Dentisten werden mir zustimmen – solange eine Ruine steht, besteht Hoffnung auf Sanierung.
Ach, wäre Walter Ulbricht doch Zahnarzt gewesen!
Aber nein, er musste ausgerechnet Staatsratsvorsitzender werden – ein Beruf, den er mangelhaft in der Sowjetunion erlernt hatte, dafür umso intensiver den Umgang mit Sprengstoff.
Bums, noch mal bums (nachdem der Glockenturm beim ersten Mal störrisch geblieben war), und aus war es mit einem »der bedeutendsten Wahrzeichen Potsdams«. Am 23. Juni 1968 hatte das Volk in Potsdam über den preußischen Klerus gesiegt.
Gott sei Dank jedoch gab und gibt es eine lokale Erinnerungskultur! Und deren Hüter haben ihren Portemonnaies die letzten Groschen entnommen, um sich und uns die Identität zurückzukaufen, die wir so lange entbehren mussten. Ihretwegen treten wir nun endlich wieder aus der Körperlosigkeit und werden, was wir einst waren: Ein stolzer barocker Mittelfinger im Herzen Europas.
»F… u«, ruft er all jenen zu, die trübselig der Moderne anhängen. »Die Moderne ist seit achtzig Jahren tot, es lebe Preußens Gloria!«
Nun denn: Am 23.6. um zehn Uhr läuten die Glocken zum feierlichen Spatenstich. Werdet Ihr dabei sein, wenn wir andächtig und von Dankbarkeit durchdrungen die Hymne singen, die seit dreihundert Jahren unser Leitmotiv ist: »Üb immer Treu und Redlichkeit«?
Euer Just
Ich tippte auf Beitrag erstellen, sah ihn in meinen Blog rieseln und ging in die Küche, um Kaffee zu kochen. Der vierte heute, dabei war es erst kurz nach elf. Langsam bildete sich ein säuerlicher Belag auf meiner Zunge. Aber ich hatte nichts anderes im Haus.
Auf den Einkaufsblock am Kühlschrank kritzelte ich »Bitterlemon«, schaufelte Kaffeepulver in meine Tasse, schüttete die Hälfte wieder in die Dose zurück, gab einige zermahlene Kardamomkapseln dazu und wartete, bis das Wasser kochte. Als ich auf den Balkon zurückkehrte, blinkte mir von der Kommentarleiste des Blogs der erste Eintrag entgegen.
Agro: Meinst du das ernst?
Ich griff in die Tasten:
Agro, mein Freund. Wie lange begleitest du meinen Blog schon?
Eine Minute später:
Agro: Ich wollte nur sichergehen. Wir sehen uns am 23. bei der Auferstehung des Militarismus!
Ich trank einen Schluck Kaffee und verbrühte mir die Lippen. Schade. Das mit dem Militarismus hätte er nicht schreiben sollen.
Auf Polemik reagiere ich empfindlich, eine Nebenwirkung meines Broterwerbs als Literaturkritiker, das müsste Agro eigentlich wissen. Ich ignorierte ihn und holte mir stattdessen den Roman, der für nächste Woche auf meiner Rezensionsliste stand.
Es war das Debüt eines fünfundzwanzigjährigen Fräuleinwunders, von der Presse stürmisch als neue Bachmann gefeiert, obwohl die Welt, wie ich fand, bereits an der alten genug hatte.
Nach drei Seiten schlug ich das Buch wieder zu.
Die kleine Bachmann hatte was mit dem Verleger, einigen Verlagsvertretern und Feuilletonisten, anders konnte es nicht sein. Das Foto über dem Klappentext sprach dafür. Nach einiger Überlegung beschloss ich, ihr eine Chance zu geben, falls sie innerhalb der nächsten Tage an meiner Tür klingelte, um mich an den Wonnen ihrer Gönner teilhaben zu lassen. Falls nicht, würde ich sie verreißen.
Während ich mir ihren Besuch genüsslich ausmalte, bemerkte ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung im Blog.
Mindbeard: Wieder einmal ein geniales Stück, Meister! Mit »F…« meintest Du wahrscheinlich »Friedrich«, aber was bedeutet das »…u«?
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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