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Die Legenden, die sich um Potsdam ranken, erzählen eine ganz eigene Geschichte von der bezaubernden Havellandschaft, in die sich die Stadt schmiegt, und von den Menschen, die hier lebten: Slawen und Deutsche, Christen und Heiden, Ritter und schöne Jungfrauen, aber auch heidnische Götter, liebenswerte Zwerge, fliegende Frauen und andere Fabelwesen. Christine Anlauff hat fünfzehn der schönsten Sagen der Region gesammelt und neu erzählt. Sie schildern, wie die Landschaft, ihre Namen, aber auch die Eigenheiten der Gegend entstanden – vom Babelsberg bis zum Griebnitzsee, von der Mühlentradition bis zum ältesten Haus der Stadt.
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Seitenzahl: 129
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Die schönsten Sagen & Legendenaus Potsdam
Gesammelt und neu erzählt von Christine Anlauff
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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ebook im be.bra verlag, 2015
© der Originalausgabe: be.bra verlag GmbH Berlin-Brandenburg, 2014
KulturBrauerei Haus 2
Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin
Lektorat: Matthias Zimmermann, Berlin
Umschlaggestaltung: Ansichtssache, Berlin
Karte: Luka Anlauff, Potsdam
ISBN 978-3-8393-2116-4 (epub)
ISBN 978-3-96124-684-8 (print)
www.bebraverlag.de
Sagenhaftes Potsdam – eine Art Vorwort
Unter den Eichen
Müller und Teufel
Der Babelsberg
Der Heilige See
Der Nix vom Schwielow
Das älteste Haus von Potsdam
Die fliegende Frau
Der Faule See
Der Brauhausberg
Der große Brand von Potsdam
Die Insel des Alchemisten
Der Räuber vom Liefeldsgrund
Der treue Schimmel
Der Schäfer aus Braunsberg
Das Bauernrätsel
Anhang
Namen und Bezeichnungen
Quellen
Karte
Die Autorin
Vor ungefähr zehn Jahren übernahm meine Familie einen Garten. Der Vorpächter führte uns ausführlich über die rund 500 Quadratmeter, auf denen er heroisch versucht hatte, die Botanik sämtlicher Klimazonen zu vereinen. Die Folge war, dass hitzeresistente Hartlaubgewächse an einen Plastikteich mit Minitrauerweiden und jene wiederum an einen kleinen Nadelwald voller vertrockneter Blaubeerbüsche grenzten – all das, wie er stolz erklärte, jahrelanges Eigenwerk.
Wir lächelten, nickten, und als er gegangen war, griffen wir umgehend zum Spaten. Mit schlechtem Gewissen, aber was sollten wir machen: Uns stand der Sinn weniger nach einem botanischen Garten als nach Salat, Erdbeeren und vielleicht einer Spielwiese für die Kinder. Als wir jedoch in die Erde stachen, stießen wir überrascht auf Widerstand. Ein Stück daneben auch. Endlich fanden wir eine nachgiebige Stelle und begannen zu graben. Und siehe da: Nach einer Stunde hatten wir im Schweiße unseres Angesichts eine Wanne freigelegt. Keinen Zinkbottich, sondern eine gute alte Emaillebadewanne, wie sie normalerweise in Bädern steht. Doch dies war nur der Anfang unserer Entdeckungen. Nach und nach gesellten sich ein Plastikschwimmbecken, diverse löchrige Töpfe, Kanister und andere Gerätschaften, ehemaliges Gartenmobiliar aus Plastik usw. hinzu. Und einigermaßen frustriert nahmen wir zur Kenntnis, dass der Vorpächter uns eine bepflanzte Schrotthalde hinterlassen hatte.
Unsere Kinder indes teilten diesen Ärger in keiner Weise. Für sie waren all die verschütteten und nun »leider« freigelegten Gegenstände der unschlagbare Beweis dafür, dass unter den zukünftigen Erdbeerbeten jemand gewohnt hatte, ein Volk, das nun seines Friedens beraubt war und noch dazu ohne Einrichtung dastand. So entstehen Sagen.
Mit den hier gesammelten verhält es sich nicht viel anders. Denn was ist eine Sage anderes als die wunderliche (und oft lyrische) Erklärung für eine Eigenheit der Gegend, in der man lebt und mit der man sich so verbunden fühlt, dass sie einem auffällt?
Und da Potsdam und Umgebung während der letzten
1.300 Jahre von unterschiedlichsten Völkerschaften bewohnt wurden, die einander – teils friedlich, teils durch zähe Kriege – ablösten, ergab sich eine erkleckliche Summe solch märchenhafter Geschichten, die, wie der »Räuber vom Liefeldsgrund« zuweilen sogar modernen Kriminalgeschichten ähneln, mit Spannungsbogen und listigem Showdown.
Es war allerdings nicht ganz leicht, sie zu bergen. Für Stadtführungen, die ich ab und an für Freunde und Bekannte gebe, hatte ich mich vor einigen Jahren auf die Suche nach einer Sammlung von Potsdamer Sagen gemacht, mit denen ich die Fakten- und Datenlast der einzelnen Stationen unterhaltsam unterfüttern konnte und stellte schließlich erstaunt fest: Es gab keine. Jedenfalls keine halbwegs aktuelle.
Erst nach längeren Recherchen stieß ich im Brandenburger Literaturportal auf einzelne Geschichten – zumeist aber Anekdoten aus der Zeit Friedrichs des Zweiten –, auf ein in den letzten DDR-Tagen entstandenes, knapp gehaltenes Sagen-Heftchen des Bezirks Potsdam und endlich auf Karl von Reinhards »Sagen und Märchen der Potsdamer Vorzeit«. Natürlich waren Letztere in dem verschwärmten und für den heutigen Geschmack schwer verständlichen und völkischen Duktus des 19. Jahrhunderts verfasst. Außerdem gehen sie recht jovial mit geschichtlichen Fakten um. Doch lässt sich in der Leidenschaft ihrer Erzählung noch heute die Liebe eines Potsdamers zu seiner wald- und wasserreichen Heimatstadt erkennen.
Selbst gebürtige Potsdamerin, war es mir ein Vergnügen, mich ihrer und der anderen Quellen anzunehmen und die alten Mären neu zu erzählen. Ich hoffe, lieber Leser, Sie genießen sie ebenfalls. Und vielleicht nehmen Sie die Lektüre, mithilfe der beigefügten Karte, einfach an die entsprechenden Orte mit und genießen sie dort – und sehen sie danach mit anderen Augen. Denn was für den einen nur eine Badewanne in der Erde, ist für den anderen ein verwunschener Ort.
In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, als der Wilzenkönig Dragowit von seiner Burg Brennabor – der späteren Brandenburg – herunter über die Ländereien an Spree und Havel herrschte, erstreckte sich über beinahe den gesamten Potsdamer Werder ein dichter, uralter Eichenwald. Durch diesen zog sich vom Heiligen See bis zum heutigen Lustgarten und von Glienicke her in jene Richtung, wo inzwischen die Stadt Werder liegt, ein undurchdringlicher, gegabelter Bruch. Jedes Frühjahr fluteten ihn die Wasser der anschwellenden Havel, und dann teilte sich die große Insel stets für etliche Zeit in drei lang gestreckte kleinere.
Von ihnen war die nördlichste mit ihren verstreuten Gehöften zwischen Eiche, Bornim und dem Pfingstberg am dichtesten besiedelt und unterstand dem Krul der Heveller. Auf der südlichen dagegen schmiegte sich nur eine Handvoll ärmlicher Hütten ans Ufer der Havel, gegenüber der Stelle, wo sie sich mit der Nuthe verband. Ihre Bewohner, allesamt Fischer, kannten die Havel wie ihre Westentaschen und befuhren sie tief in ihre verzweigten Arme hinein, um nach Lachsen, Stören und Welsen zu jagen. Vor den düsteren Sümpfen und Wäldern aber, die ihre Heimstatt im Norden umschlossen, grausten sie sich und betraten sie so gut wie nie.
Stieg man in einen der Fischerkähne und ruderte den Fluss etwa zweieinhalb Stunden stromab, dann gelangte man zum Flecken Jelito, dem heutigen Geltow. An der Stelle, wo jetzt die Kirche von Alt-Geltow steht, hatte sich der Krul der Heveller eine feste Burg gebaut, von der aus er in den weitläufigen Wäldern um den Schwielowsee auf die Jagd zu gehen pflegte. Es war dies eine wuchtige, aber schlichte Unterkunft. Aus einem doppelten Erdwall ragte ein turmähnliches Gebilde, das aus groben Feldsteinen und Baumstämmen unförmig zusammengesetzt war. Nur eine einziehbare Brücke führte über den Graben zwischen den beiden Wällen, und außer einer kleinen Tür besaß der Turm keine Öffnungen, die man vom Boden aus hätte erreichen können. Erst in erheblicher Höhe schnitten sich schmale Scharten ins Mauerwerk, durch die etwas Licht und Luft in die Räume drang. Und noch höher hinauf fand der Rauch der ständig brennenden Steinöfen seinen Weg durch einige rußschwarze Löcher.
Genau wie die Burg war auch ihr Besitzer roh und ungeschlacht. Überall fürchtete man seine Grausamkeit, besonders seit der Oberkriwe – der oberste Priester der Heveller – des Kruls einzigen Sohn in eine Schlacht gegen die Deutschen gezwungen hatte und der Junge dort gefallen war. Zum neuen Erbfolger hatte der Krul widerwillig seinen Neffen Chocus bestimmt, einen lebenslustigen, jungen Mann, ungefähr im selben Alter wie der Verstorbene. Doch obgleich der Alte streng darauf achtete, Chocus dieselben Ehren zuteilwerden zu lassen wie vorher seinem Sohn, blieb sein Herz dem Jüngling fremd. Bei Festmahlen oder Opferritualen sah man Chocus zuweilen an seiner Seite, ansonsten gingen sie getrennte Wege.
Je älter der Krul wurde und je weißer sein Haar, desto bitterer fraß sich der Verlust in seine Seele. Immer häufiger zog er sich in seine Burg zurück. Selbst die langen Winterabende verbrachte er dort allein in seiner Halle vor dem Feuer. Nur noch sehr selten ließ er nach Chocus schicken. Auch zur Jagd ritt er nicht mehr aus, und bald sprach sich herum, dass der Krul, seiner einzigen Lebensfreude beraubt, auf den Tod warte.
Chocus hingegen genoss seine Jugend in vollen Zügen. Die Mädchen machten ihm schöne Augen und schmückten sich, wenn er im Dorf war, in der geheimen Hoffnung, ihm aufzufallen. Der junge Thronfolger belohnte ihre Mühen mit freundlichem Lächeln, wählte aber keine von ihnen zu seiner Gefährtin. Seine Lust galt der Jagd. Ure, Hirsche, Wölfe und Bären, selbst der gelbschnäblige scheue Wildschwan, nichts war vor ihm sicher, und stets kehrte er von seinen Streifzügen mit reicher Beute beladen zurück.
Eines Tages geschah es, dass er sich nach einer erfolgreichen Wolfsjagd von seinem Knecht in Templin mit dem Kahn abholen ließ, um nach Jelito überzusetzen. Es herrschte ein kräftiger Westwind, und die Wellen schlugen hoch, sodass sie nur mit Mühe vorankamen. Als sie fast den Wentorf erreicht hatten, verlor der Knecht zu allem Übel auch noch das Ruder. Darauf blieb ihnen nichts weiter übrig, als mit ihren Spießen vorwärtszustaken.
Hatten sie aber ein paar Meter geschafft, warf der Sturm sie wieder zurück, schon wurde es dunkel, und die Muskeln erlahmten ihnen langsam, und noch immer trieben sie wie ein Spielball auf dem Wasser herum. Da deutete der Knecht auf eine kleine Insel, die sie eben passierten. »Wir sollten hier übernachten«, meinte er. »Es hat keinen Sinn weiterzufahren. Im Dunkel werden wir in die Irre geraten oder untergehen.«
Nach kurzer Überlegung gab Chocus ihm Recht. Zusammen zogen sie den Kahn ans Ufer der Insel, suchten im Schilf eine halbwegs windgeschützte Stelle und schliefen ein.
Am anderen Morgen erwachte Chocus von einem lieblichen Gesang. Als er ihm verwundert nachging, entdeckte er unweit ihres Nachquartiers, in einer kleinen Bucht, einen Kahn. Darin saß eine junge Fischerin, die gerade dabei war, die Netze auszulegen.
Wie vom Blitz getroffen blieb Chocus stehen. Das Mädchen war so schön, dass er augenblicklich alles um sich herum vergaß. Ihr Haar ruhte in schweren, dunklen Flechten auf ihren Schultern, auf den Wangen lag ein Abglanz der frühen Morgensonne und die Anmut ihrer Bewegungen ging mit dem hellen Lied einher, mit dem sie sie begleitete. Unfähig, den Blick von ihr abzuwenden, stand Chocus ganz still und lauschte. Nach einer Weile entrang sich seiner Brust, von ihm unbemerkt, ein Seufzen. Die Fischerin unterbrach ihren Gesang und wandte sich erschrocken um. Als sie hinter sich den reich gekleideten, jungen Mann im Schilf stehen sah, schrie sie auf und stieß vom Ufer ab.
Da endlich kam Chocus zu sich. Unter sanften Worten folgte er ihr ins Wasser, griff nach dem Kahn und zog ihn behutsam zurück. So schöne Worte fand er und so bittend senkten sich seine dunklen Augen in ihre blauen, dass sich das Mädchen schließlich erweichen ließ, aus dem Boot zu steigen und dem jungen Unbekannten auf die Insel zu folgen, ja sogar den ganzen Tag dort mit ihm zu verbringen. Und es währte nicht lange, da hatte auch sie sich unrettbar verliebt.
Als es Abend wurde, schifften sie alle drei, Chocus, die Fischerin und der Knecht, über die Havel bis in die Nähe der kleinen Fischersiedlung am südöstlichen Ende des Potsdamer Werders, denn von dort stammte das Mädchen. Sie ging aber nicht ins Dorf hinein, sondern überlegte es sich – auf Chocus’ Bitten hin – im letzten Moment anders und blieb draußen bei ihm im Eichenwald. Darauf hieben der junge Fürst und sein Knecht Äste von den Bäumen und bauten daraus eine Hütte für die Nacht. Der ersten folgte eine zweite, dieser eine dritte und so fort. Immer wenn es galt, Abschied zu nehmen, brachten Chocus und die junge Fischerin es nicht über sich. Beide vermieden sie aber, über ihre Herkunft und Familie zu reden, aus Furcht, dass die tiefe Kluft ihrer Stände sie trennen würde. Nur im Wald waren sie gleich, und so lebten sie dort jeden Tag, als wäre es der letzte.
Als nun der Sommer verging und der Herbst Einzug hielt, begann Chocus’ Knecht, zunehmend auf Heimkehr zu drängen. Das Leben im Walde sei etwas für die lustige Jahreszeit, meinte er, im Winter würden sie alle drei jämmerlich erfrieren. Doch davon wollte Chocus nichts hören.
»Die Liebe wird uns wärmen.«
»Die Liebe«, entgegnete der Knecht, »wärmt nur solange sie ein Herz hat, in dem sie brennen kann. Vergeht das Herz, vergeht auch die Liebe.«
Statt einer Antwort verdoppelte Chocus seinen Jagdeifer und trug Felle über Felle zu seiner Geliebten in die Hütte. Aber der Wind nahm zu. Er rüttelte an den Ästen ihrer primitiven Unterkunft, pfiff durch die dünnen Wände, und als der erste Schnee fiel und die Fischerin in den Nächten gar nicht mehr aufhören wollte zu zittern, fasste Chocus einen Beschluss.
Er nahm die Hände des Mädchens in seine und gestand ihr endlich, wer er war. Als sie darauf beschämt den Kopf senkte, hob er ihn wieder. Dass er sie heiraten wolle, sagte er. Sie solle die Frau des zukünftigen Krul werden, selbst wenn sein Oheim die reichste Heveller-Prinzessin für ihn bestimmt hätte. Wie sie ihn so reden hörte, stiegen Tränen in die blauen Augen der Fischerin. Sie war so glücklich, dass sie gar nicht wusste, wie sie sich freuen sollte.
Wenige Tage später, als das Moor um den Eichenwald herum gefroren war, brach Chocus auf. Er hatte vor, nach Jelito zu gehen und den alten Krul auf die unstandesgemäße Verbindung vorzubereiten. Nach drei Tagen, so versprach er seiner Liebsten, würde er mit Ross und Gefolge zurückkehren und sie heimführen. Sie musste ihm versprechen, sich so lange in warme Felle zu wickeln und das Feuer nie ausgehen zu lassen. Dann küsste er sie und eilte von dannen.
Als er aber an die heimatliche Burg kam, erwartete Chocus eine Überraschung. Über den Sommer hin war nämlich der alte Krul gestorben. Und da sein Neffe als verschollen galt, hatte der Oberkriwe kurzerhand seinen eigenen Sohn auf den Thron gesetzt. Jener nun empfing Chocus zunächst mit herzlichen Worten und bat ihn in die Halle ans Feuer, damit er sich von der eisigen Wanderung erholen könne. Während er sprach, gab er den Wachen jedoch einen heimlichen Wink, und kaum hatte Chocus die Waffen abgelegt, ergriffen sie ihn und warfen ihn in einen tiefen Kerker. Dort gedachte der Sohn des Kriwen, seinen Konkurrenten langsam verschmachten zu lassen.
Er hatte aber nicht mit Chocus’ treuem Knecht gerechnet. Der hatte in der Nacht nach dem Aufbruch seines Herrn einen unruhigen Traum gehabt. Und als er den Geschmack des Alps auch am nächsten Morgen nicht losgeworden war, hatte er der Fischerin einen hastigen Abschied gegeben und war Chocus kurzerhand gefolgt. Keinen Augenblick zu früh, wie sich herausstellte.
Denn als er in der zweiten Nacht leise die Kerkertür öffnete, fand er seinen Herren dort halb erfroren. Er half ihm auf die Füße, und zusammen flohen sie über die Havel zu Fürst Dragowit nach Brennabor.
Dragowit nahm die beiden freundlich auf, bewirtete sie, wie es sich für einen fürsorglichen Gastgeber geziemt und gab ihnen warme Kleider. Mit gerunzelter Stirn hörte er auch die Geschichte von Chocus heimtückischem Empfang in Jelito, und da er selbst ohne Kinder geblieben war und den Jüngling mochte, erwog er sogar für einen Moment, ihn als seinen eigenen Erben einzusetzen.
Aber am Ende wagte er es nicht. Allzu gut kannte er den Oberkriwen und dessen Einfluss auf die Heveller. Sich deren Feindschaft einzuhandeln, schien Dragowit jedoch gefährlich, denn er benötigte sie als Waffenbrüder gegen die Deutschen.
Auf der anderen Seite betrübte ihn die zunehmende Niedergeschlagenheit seines Schutzbefohlenen. Mit jedem Tag an seinem Hofe wurde Chocus blasser und stiller. Dragowit, in der Annahme, der Jüngling trauere um seine verlorene Herrschaft, suchte ihn mit vielerlei Spielen, Festen und Jagdplänen aufzuheitern.