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Eine außergewöhnliche Geschichte, so spannend erzählt wie ein Krimi: Zehn Schiffsbrüchige überleben eine Explosion auf einer Yacht in einem Rettungsboot. Da entdecken sie einen Mann im offenen Meer, den sie aus den Fluten retten. Als dieser plötzlich behauptet, Gott zu sein, wird der Überlebenskampf zur Glaubensfrage, über die einer der Gruppe, Benji, Tagebuch führt. Dieses wird ein Jahr nach dem Unglück als Strandgut an einer Küste angespült - doch von den Überlebenden fehlt jede Spur. Was ist geschehen? In der Tradition seiner erfolgreichsten Bücher Wer im Himmel auf dich wartet und Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen nimmt Mitch Albom in diesem Roman seine Leserschaft mit auf eine Reise der Erkenntnis: verzaubernd, verblüffend und fesselnd zugleich.
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Der Fremde aus dem Meer oder Die Macht des Glaubens
Mitch Albom, geboren 1958, ist Autor zahlreicher Romane und Sachbücher, die sich insgesamt mehr als 40 Millionen Mal in 47 Sprachen weltweit verkauft haben. Sieben Titel waren Nr. 1-New York Times-Bestseller – darunter der Weltbestseller Dienstags bei Morrie (1997). Mitch Albom gründete verschiedene Hilfsorganisationen, u.a. nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti 2010 die Have Faith Haiti Mission.
Was würdest du tun, wenn du in einer scheinbar aussichtlosen Situation um göttliche Hilfe flehst und plötzlich jemand auftaucht und behauptet, Gott zu sein? Wie würde diese Person aussehen, klingen, sich verhalten? Würdest du deinen Augen und Ohren trauen? Oder glauben, dass du bereits im Himmel oder in der Hölle bist? Der Fremde aus dem Meer oder Die Macht des Glaubens ist ein ergreifender Roman, der uns über unsere tiefsten Überzeugungen nachdenken lässt und eröffnet, dass man die Antworten auf seine Fragen möglicherweise dort findet, wo man sie am wenigsten erwartet.
Mitch Albom
Roman
Aus dem Amerikanischen von Jochen Winter
Ullstein
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Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel The Stranger in the Lifeboat bei Harper/ HarperCollins Publishers, NY, USA.
Allegria ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH© der deutschen Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023© der Originalausgabe 2022 ASOP INCÜbersetzung: Jochen WinterRedaktion: Barbara KrauseUmschlaggestaltung: zero-media.net, Münchennach einer Vorlage von Milan BozicUmschlagmotive © Getty ImagesAutorenbild: © Jenny RisherE-Book powered by pepyrus
ISBN 978-3-8437-2913-0
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Titelei
Der Autor / Das Buch
Titelseite
Impressum
EINS
Meer
Land
Meer
Nachrichten
Meer
Land
Meer
Nachrichten
Land
Meer
ZWEI
Meer
Nachrichten
Meer
Land
Nachrichten
Meer
DREI
Land
Meer
Nachrichten
Meer
VIER
Land
Meer
Nachrichten
Meer
FÜNF
Meer
Land
Meer
SECHS
Meer
Land
Meer
Nachrichten
Meer
Land
SIEBEN
Nachrichten
Meer
Land
ACHT
Meer
Land
Meer
Nachrichten
Meer
Land
NEUN
Meer
ZEHN
Land
Nachrichten
Land
ELF
Land
Nachrichten
Land
ZWÖLF
Land
Meer
Land
Nachrichten
DREIZEHN
Meer
Nachrichten
EPILOG
Land
Anhang
Mein Dank
Social Media
Vorablesen.de
Cover
Titelseite
Inhalt
EINS
Für Janine, Trisha und Connie,die mir Tag für Tag die verblüffende Machtdes Glaubens vor Augen führen.
Als wir ihn aus dem Wasser zogen, hatte er keine Schramme. Das war das Erste, was mir auffiel. Wir anderen waren übersät mit Schnittwunden und Blutergüssen, doch er schien unversehrt – mit glatter mandelfarbener Haut und dichtem schwarzem Haar, verfilzt durch das Meerwasser. Sein Oberkörper war nackt, nicht besonders muskulös, der Mann vielleicht zwanzig Jahre alt, die Augen blassblau, von der Farbe, wie man sich im Traum das Meer von einem tropischen Ferienparadies vorstellt – nicht mit solch endlosen grauen Wellen, wie sie das überfüllte Rettungsboot umspülen und uns wie ein offenes Grab erwarten. Verzeih mir eine derartige Verzweiflung, meine Liebe. Seit dem Untergang der Galaxy sind drei Tage vergangen. Niemand hat sich auf die Suche nach uns gemacht. Ich bemühe mich, zuversichtlich zu bleiben, an die baldige Rettung zu glauben, aber uns bleiben nur noch wenig Nahrung und Wasser. Haie wurden bereits gesichtet. In den Augen vieler Insassen an Bord sehe ich, dass sie aufgegeben haben. Zu oft schon wurden die Worte geäußert: Wir werden sterben.
Für den Fall, dass dies geschieht und tatsächlich mein Ende bedeutet, schreibe ich dir, Annabelle, auf den Seiten meines Notizbuchs – in der Hoffnung, du wirst sie irgendwie zu lesen bekommen, wenn ich tot bin. Ich muss dir unbedingt etwas mitteilen, und die Welt soll es ebenso erfahren.
Ich könnte mit der Frage beginnen, warum ich an jenem Abend auf der Galaxy war, oder mit Dobbys Plan oder meinem tiefen Schuldgefühl bei der Explosion der Jacht, obwohl ich nicht genau weiß, wie es dazu kam. Doch vorläufig muss die Geschichte mit dem Morgen beginnen, da wir den jungen Fremden aus dem Meer zogen. Er trug keine Schwimmweste, noch hielt er sich an irgendeinem Treibgut fest, als wir ihn entdeckten, auf und ab schaukelnd zwischen den Wellen. Wir ließen ihn Atem holen und stellten uns dann nacheinander vor, jeder von seinem Platz im Boot aus.
Lambert, der Chef, erhob als Erster die Stimme und sagte: »Jason Lambert. Ich war der Besitzer der Galaxy.« Anschließend meldete sich Nevin, der groß gewachsene Brite, der sich entschuldigte, zur angemessenen Begrüßung nicht aufstehen zu können, weil er sich bei der Flucht vom sinkenden Schiff das Bein aufgeschlitzt hatte. Geri wiederum nickte nur und wickelte die Leine auf, die sie benutzt hatte, um den Mann zu bergen. Yannis bot einen schwachen Handschlag an. Nina murmelte: »Hallo.« Mrs Laghari, die Frau aus Indien, sagte nichts, schien dem Neuankömmling nicht zu trauen. Jean Philippe, der haitianische Koch, lächelte und meinte: »Willkommen, Bruder«, ohne jedoch die Hand von der Schulter seiner schlafenden Frau Bernadette zu nehmen, die durch die Explosion verletzt worden war – schwer verletzt, vermute ich. Das kleine Mädchen, von uns »Alice« genannt, das noch kein Wort gesprochen hat, seit wir es an einen Liegestuhl geklammert im Meer fanden, blieb weiterhin still.
Ich war zuletzt an der Reihe. »Benji«, sagte ich. »Ich heiße Benji.« Aus irgendeinem Grund klang meine Stimme belegt.
Wir warteten auf eine Reaktion des Fremden, aber er betrachtete uns nur mit seinen Rehaugen. Lambert erklärte: »Wahrscheinlich steht er unter Schock.« Nevin rief: »WIE LANG WARST DU DENN IM WASSER?«, vielleicht in der Annahme, eine laute Stimme würde ihn zur Besinnung bringen. Als er keine Antwort gab, berührte Nina seine Schulter und sagte: »Nun, dem Herrn sei Dank, dass wir dich gefunden haben.«
In dem Moment ergriff der Mann endlich das Wort.
»Ich bin der Herr«, flüsterte er.
Der Inspektor drückte die Zigarette aus. Sein Stuhl knarrte. Es war schon heiß an diesem Morgen auf Montserrat, und sein gestärktes weißes Hemd klebte am verschwitzten Rücken. Die Schläfen pochten vor Kopfschmerzen infolge eines Katers. Er starrte auf den hageren, bärtigen Mann, der ihn bei der Ankunft auf dem Polizeirevier erwartet hatte.
»Fangen wir noch mal an«, sagte der Inspektor.
Es war Sonntag. Als der Anruf kam, lag er noch im Bett. Da ist ein Mann. Er sagt, er habe ein Rettungsboot von dieser amerikanischen Jacht entdeckt, die explodiert ist. Der Inspektor sprach leise einen Fluch aus. Seine Frau Patrice seufzte und drehte sich in ihrem Bett um.
»Wann bist du letzte Nacht nach Hause gekommen?«, murmelte sie.
»Spät.«
»Wie spät?«
Ohne ihr zu antworten, schlüpfte er in seine Kleidung, bereitete einen Instantkaffee zu, goss ihn in einen Styroporbecher und trat beim Verlassen des Hauses gegen den Türrahmen. Der große Zeh schmerzte noch immer.
»Mein Name ist Jarty LeFleur«, sagte er jetzt und taxierte den Mann gegenüber am Schreibtisch. »Ich bin der Oberinspektor der Insel. Und Ihr Name ist …?«
»Rom, Inspektor.«
»Haben Sie auch einen Familiennamen, Rom?«
»Ja, Inspektor.«
LeFleur seufzte. »Und der wäre?«
»Rosh, Inspektor.«
LeFleur notierte ihn und zündete eine weitere Zigarette an. Er rieb sich die Schläfen. Er brauchte Aspirin.
»Sie haben also ein Rettungsboot entdeckt, Rom?«
»Ja, Inspektor.«
»Wo?«
»Marguerita Bay.«
»Wann?«
»Gestern.«
LeFleur hob den Blick und sah, wie der Mann ein Schreibtischfoto von ihm und seiner Frau betrachtete, auf dem sie beide ihre junge Tochter in einem Strandtuch hin und her schwenkten.
»Ist das Ihre Familie?«, fragte Rom.
»Schauen Sie nicht dorthin«, schnauzte LeFleur. »Schauen Sie mich an. Dieses Rettungsboot. Woher haben Sie gewusst, dass es von der Galaxy stammt?«
»Der Name stand auf der Innenseite.«
»Und Sie haben es einfach so gefunden, an den Strand gespült?«
»Ja, Inspektor.«
»Niemand mit dabei?«
»Nein, Inspektor.«
LeFleur schwitzte. Er rückte den Tischventilator näher an sich heran. Die Geschichte klang glaubwürdig. Alle Arten von Dingen wurden an die Nordküste geschwemmt: Koffer, Fallschirme, Arzneimittel, Fischernetze, die in die Strömungen gelangten und über den Nordatlantik trieben. Nichts war zu sonderbar, um mit dem Gang der Gezeiten das Festland zu erreichen. Aber ein Rettungsboot von der Galaxy? Das wäre ein wichtiges Ereignis. Die riesige Luxusjacht war vergangenes Jahr fünfzig Meilen von Kap Verde vor der westafrikanischen Küste gesunken. Die Nachricht ging um die Welt, hauptsächlich wegen all der reichen und berühmten Leute an Bord. Keine dieser Personen wurde je gefunden.
LeFleur schaukelte vor und zurück. Dieses Rettungsboot hatte sich nicht von selbst aufgeblasen. Vielleicht war den Behörden ein Irrtum unterlaufen. Womöglich hatte jemand die Tragödie der Galaxy überlebt, wenigstens kurzzeitig.
»Gut, Rom«, sagte er und drückte seine Zigarette aus. »Gehen wir und schauen uns die Sache mal an.«
»Ich bin der Herr.«
Was erwiderst du darauf, meine Liebe? Unter normalen Umständen lachst du vielleicht oder machst eine witzige Bemerkung. Du bist der Herr? Gib einen aus. Doch allein auf hoher See, durstig und verzweifelt, hat es mich offen gestanden genervt.
»Was hat er gerade gesagt?«, flüsterte Nina.
»Er sagte, er sei der Herr«, spottete Lambert.
»Hast du auch einen Vornamen, Herr?«, fragte Yannis.
»Ich habe viele Namen«, antwortete der Fremde. Seine Stimme war ruhig, zugleich aber belegt, fast heiser.
»Und du bist drei Tage lang im Meer geschwommen?«, warf Mrs Laghari ein. »Das ist unmöglich.«
»Sie hat recht«, bestätigte Geri. »Die Temperatur des Wassers beträgt knapp zwanzig Grad. Darin kann keiner drei Tage lang überleben.«
Geri ist die erfahrenste »Seemännin« unter uns. In jüngeren Jahren war sie olympische Schwimmerin und beherrscht diesen Befehlston – selbstsicher, kurz angebunden, unduldsam gegenüber dummen Fragen –, dem die Leute Beachtung schenken.
»BIST DU IN SO EINER ART NUSSSCHALE GETRIEBEN?«, rief Nevin.
»Um Gottes willen, Nevin«, mahnte Yannis, »er ist nicht schwerhörig.«
Der Fremde betrachtete Yannis, als der »um Gottes willen« rief und sogleich den Mund schloss, als wollte er die Worte wieder zurücknehmen.
»Wie lautet Ihre wahre Geschichte, mein Herr?«, fragte Lambert.
»Ich bin da«, erwiderte der Fremde.
»Warum bist du da?«, hakte Nina nach.
»Habt ihr mich nicht gerufen?«
Wir warfen einander Blicke zu. Wir sind ein erbärmlich aussehender Haufen, unsere Gesichter von der Sonne verbrannt, die Kleidung durch Salzwasser verkrustet. Wir können nicht völlig aufrecht stehen, ohne auf jemanden zu stürzen, und der Boden riecht nach Gummi, Klebstoff und Erbrochenem, nachdem manche sich übergeben mussten. Es stimmt, irgendwann haben die meisten von uns, an jenem ersten Abend wild in den Wellen zappelnd oder in den folgenden Tagen auf den leeren Horizont starrend, um göttliches Eingreifen gefleht:
»Bitte, Herr! … Hilf uns, Gott!« Ist es das, was der Neuankömmling meinte? Habt ihr mich nicht gerufen?
Wie du weißt, Annabelle, habe ich in meinem Leben oft mit dem Glauben gekämpft. Wie viele irische Kinder war ich ein pflichtbewusster Ministrant, aber die Kirche und ich sind schon vor Jahren getrennte Wege gegangen. Was ist mit meiner Mutter geschehen? Was ist dir widerfahren? Zu viele Enttäuschungen. Nicht genügend Trost. Dennoch war es mir nie eine Überlegung wert, was ich tun würde, wenn ich nach dem Herrn riefe und er tatsächlich vor mir erschiene.
»Ist ein wenig Wasser übrig, das ihr teilen könnt?«, fragte der Mann.
»Gott ist durstig?«, erwiderte Lambert lachend. »Großartig. Sonst noch einen Wunsch?«
»Vielleicht etwas zu essen?«
»Das ist albern«, murmelte Mrs Laghari. »Offensichtlich treibt er sein Spiel mit uns.«
»Nein!«, schrie Nina plötzlich und verzog das Gesicht wie ein abgewiesenes Kind. »Lasst ihn reden.« Sie bahnte sich einen Weg zu dem Mann. »Bist du da, um uns zu retten?«
Seine Stimme wurde weicher. »Das kann ich nur dann tun«, antwortete er, »wenn jeder hier glaubt, dass ich bin, der ich meinen Worten nach bin.«
Niemand rührte sich. Man konnte die Wellen an die Bootsseiten schlagen hören. Schließlich musterte Geri, die für solche Gespräche zu praktisch veranlagt war, die Gruppe wie eine verärgerte Schullehrerin.
»Nun, Kamerad«, erklärte sie, »gib uns Bescheid, sobald das der Fall ist. Bis dahin teilen wir unsere Essensrationen lieber ein.«
REPORTERIN: Hier ist Valerie Cortez an Bord der Galaxy, der imposanten Jacht im Besitz von Jason Lambert. Der milliardenschwere Geschäftsmann hat einige der größten Persönlichkeiten weltweit für ein einwöchiges Abenteuer versammelt, und er steht jetzt neben mir. – Hallo, Jason.
LAMBERT: Willkommen, Valerie.
REPORTERIN: Sie haben diese opulente Veranstaltung »Die Großartige Idee« genannt. Warum?
LAMBERT: Weil jeder auf diesem Schiff etwas Großartiges geleistet hat, um seine Branche, sein Land, vielleicht sogar den ganzen Planeten zu prägen. Wir haben herausragende Führungskräfte aus Technologie, Wirtschaft, Politik und Unterhaltung dabei. Das sind Leute mit großen Ideen.
REPORTERIN: Entscheidungsträger und Macher wie Sie selbst.
LAMBERT: Nun ja. Ha! Weiß nicht so recht.
REPORTERIN: Und zu welchem Zweck haben Sie diese Berühmtheiten zusammengebracht?
LAMBERT: Valerie, das ist eine 200-Millionen-Dollar-Jacht. Ich denke, wir können hier eine angenehme Zeit miteinander verbringen!
REPORTERIN: Zweifellos!
LAMBERT: Nein. Ernsthaft. Einfallsreiche Menschen müssen in der Gesellschaft von anderen einfallsreichen Menschen sein. Sie beflügeln sich gegenseitig, um die Welt zu verändern.
REPORTERIN: Also ist Ihr Event so etwas wie das Weltwirtschaftsforum in Davos?
LAMBERT: Genau. Aber eine amüsantere Version – auf dem Wasser.
REPORTERIN: Und Sie hoffen, dass dieser Ausflug viele geniale Ideenzutage fördern wird?
LAMBERT: Sowohl das als auch ein paar erstklassige Kater.
REPORTERIN: Haben Sie »Kater« gesagt?
LAMBERT: Was ist das Leben ohne Party, Valerie? Hab ich nicht recht?
Lambert übergibt sich. Er ist auf den Knien, würgt, während er sich über den Bootsrand lehnt. Sein dicker, am Nabel behaarter Bauch ragt unter dem T-Shirt hervor. Ein paar erbrochene Brocken wehen ihm ins Gesicht, und er stöhnt.
Es ist Abend, das Meer bewegt. Andere litten ebenfalls an Übelkeit. Die Winde sind heftig. Vielleicht wird es regnen. Seit dem Untergang der Galaxy hatten wir keinen Regen.
Rückblickend betrachtet, waren wir an jenem ersten Morgen noch hoffnungsvoll – schockiert von den Ereignissen, zugleich aber dankbar, überlebt zu haben. Wir zehn drängten uns im Rettungsboot zusammen. Wir sprachen über die Möglichkeit, dass Rettungsflugzeuge auftauchen könnten, und suchten mit den Augen den Horizont nach ihnen ab.
»Wer hier hat Kinder?«, fragte Mrs Laghari unvermittelt, als würde sie zum Zeitvertreib ein Spiel beginnen. »Ich selbst habe zwei. Die sind inzwischen erwachsen.«
»Drei«, warf Nevin ein.
»Fünf«, sagte Lambert. »Hab dich geschlagen.«
»Aber wie viele Ehefrauen?«, bohrte Nevin nach.
»Das war nicht die Frage«, erwiderte Lambert.
»Ich war zu beschäftigt«, beteuerte Yannis.
»Noch zu früh für mich«, erklärte Nina.
»Hast du einen Mann?«, wollte Mrs Laghari wissen.
»Brauch ich einen?«
Mrs Laghari lachte. »Nun, ich kam nicht ohne aus. Jedenfalls wirst du in dieser Hinsicht keine Probleme haben.«
»Wir haben vier Söhne«, vermeldete Jean Philippe. Seine Hand ruhte noch immer auf der Schulter seiner schlafenden Frau. »Bernadette und ich. Vier gute Jungs.« Er wandte sich mir zu. »Und du, Benji?«
»Keine Kinder, Jean Philippe.«
»Hast du eine Frau?«
Ich zögerte.
»Ja.«
»Na, dann kannst du ja gleich anfangen, sobald wir wieder zu Hause sind!«
Er ließ ein breites Lächeln aufblitzen, während die Gruppe ein wenig kicherte. Im Lauf des Tages brandeten die Wellen noch höher, und nun wurden wir alle seekrank. Bis zum Abend war die Stimmung umgeschlagen. Es schien, als wären wir schon eine Woche auf offener See gewesen. Ich erinnere mich, wie ich die kleine Alice in Ninas Schoß schlummern sah, ihr Gesicht tränenüberströmt. Mrs Laghari ergriff Ninas Hand, als sie jammerte: »Und was, wenn sie uns nicht finden können?«