Der Gast - Hans Leip - E-Book

Der Gast E-Book

Hans Leip

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Beschreibung

Als Möne Braaken den Maler Pirmin Scheufelrainer heiratet und zu ihm in die Berghütte gezogen ist, die er für dauernd eingerichtet hat, scheint das Glück perfekt. Doch Pirmin entdeckt Aufzeichnungen seiner Frau, in denen er nachzuspüren versucht, was er Möne bedeutet. Was er nicht weiß, ist, dass es wirklich in ihrer Vergangenheit eine rätselhafte Beziehung gegeben hat, die Mönes Gefühle auch für ihren Mann beeinflusst. Eine Tages steht ein Gast in der Tür der Jagdhütte.-

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Hans Leip

Der Gast

Erzählung

Saga

Sie stammte von der nördlichen Küste und hieß Möne Braaken, hatte Musik studiert und auf der Hochschule jemand kennengelernt, der zu Großem berufen schien, aber ins Leichtere geriet. Darüber entzweite sie sich mit ihm. Sie war damals dreiundzwanzig und heiratete bald einen Maler, der eben zu Erfolg kam, und zog mit ihm gen Süden in seine Heimat.

Nun wohnte sie schon runde zehn Jahre viele hundert Meter höher als der ferne krause Spiegel der See und hatte sich eingewöhnt. Es war dort unterhalb des Pursenjochs im Londagog, südwestlich vom Montafongebiet, unweit der heute durch ihre Malereien berühmten Kapelle Birgitt im Gschwand, wo es auf der Flunt heißt für den, der es weiß. Dort hatten sie die kleine Jagdhütte, die Pirmin Scheufelrainer schon als Junggeselle besessen, erweitern lassen und für dauernd eingerichtet.

Die pfeifenden Murmeltiere und das Gekrächz der gelbschnäbeligen Bergdohlen, das mag ein trefflicher Ersatz sein für die Kaninchen der Heide und die Möwen der See. Über das Herz aber wollen wir schweigen, bis der Wind vorm Fenster leise ist, damit der Pulsschlag zu hören sei, der durch das Unbegrenzte tickt.

Sehnsüchtiges Herz! Unersättliches Herz!

Wer die beiden kannte, mußte sie für glücklich halten. Und sie selber versicherten oft — und nicht nur in Gesellschaft — daß kein Ort in der Welt so schön und geruhig sei wie der erwählte. Hatte Pirmin sie im Anfang ihres Beisammenseins manchmal scherzhaft, seiner behutsam täppischen Art gemäß, das Seufzerl genannt, so war das lange her und stand in keinem Zusammenhang mit ihrer klaren innersten Entscheidung. Sie war aufgeblüht wie ein Busch Almrausch, und blieb sie auch ohne Kinder, so hatte sie doch auch keine Sorgen, pflegte Haus und Garten, soweit dort oben von Garten die Rede sein konnte, mit Geschmack und brachte manche freie Stunde, falls sie nicht musizierte, damit hin, ein Tagebuch umständlich mit der Beschreibung der Alltäglichkeit zu füllen, wobei ihr nichts gleichgültig erschien, sei es der Zustand des spärlichen selbstgezogenen Gemüses oder die Übungen am Klavichord oder die Blumen im Krug, sei es die Art und der Anklang der Suppe oder des Puddings oder die Gespräche bei Tisch oder sonstwo oder die Inhaltsangabe gelesener Bücher und Zeitschriften, ganz abgesehen von den seltenen Besuchern, deren Erwähnung viele Seiten beanspruchte, übertroffen höchstens von den Schilderungen neuer Gemälde ihres Mannes, zumal bei seinem steigenden Ruhme. Pirmin wußte übrigens in diesen Geheimblättern seiner Frau, ohne daß sie es ahnte, gut Bescheid. Sie pflegten beide nichts voreinander abzuschließen und hätten nie daran gedacht, in den Schubladen nach gegenseitigen Entdeckungen zu fahnden, denn ihr Vertrauen und Takt schien fest gegründet, so daß es reiner Zufall war, als beim Suchen einer Freimarke der Wind durchs offene Fenster fuhr und von dem säuberlichen Stapel dicker, in rotes Wachstuch gebundener Hefte, die ein Schreibtischfach ziemlich füllten, das oberste aufschlug und Pirmins raschem Auge, ob er wollte oder nicht, einen höchst freundlichen Satz über sein letztgeschaffenes Bild enthüllte. Er war, wie alle Maler, so dankbar als mißtrauisch über jedes Wort, das versuchte, etwas, das für ihn einzig in Form und Farbe auszudrücken war, mundgerecht zu erläutern, und so war es vielleicht verständlich, wenn er dem Windstoß ein wenig nachhalf und, da er sich unbeobachtet sah, ein paar Sätze mehr las, die alle noch vom gleichen Gegenstand handelten und ihn maßlos erstaunten. Denn gesprächsweise pflegte Möne sich keineswegs so ausführlich zu äußern, namentlich nicht über das, was seine Sachen anging, und es hätte ihn auch mehr bedrängt als erbaut. Hier aber, so still und ohne Zeugen, rührte und schmeichelte es ihm, und er hörte erst auf zu lesen, als ohne Übergang etwas Belangloses von dem täglichen Weg zur Schlü-Alm dastand, wo Möne Butter und Milch bezog.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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