2,99 €
Es gibt für einen Trader zwei Standpunkte: seinen und den falschen. Trading bildet nicht nur einen Charakter, es offenbart ihn. Im Mittelpunkt der Buchserie "Der Händler" steht Philip, ein junger Trader mit großer Leidenschaft für den Börsenhandel. Durch sein jahrelanges Praktikum in einem Handelsbüro lernt er sich selbst nach und nach näher kennen. In den Bänden wechseln sich Romanteile und die dazu gehörigen Fachbuchteile ab und bauen aufeinander auf. Im Romanteil wird der Fachbuchteil vorbereitet, erläutert und praktisch umgesetzt, im Fachbuchteil wiederum werden die Erkenntnisse aus dem Romanteil zusammengefasst und vertieft. Aufbauend auf seinem Bestseller Das große Buch der Markttechnik, bietet Michael Voigt erneut einen zuverlässigen Ratgeber für das markttechnisch orientierte Trading. Die Buchserie "Der Händler" ist sowohl auf Anfänger als auch für fortgeschrittene Trader ausgerichtet.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 856
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen:
1. Auflage 2016
© 2016 by FinanzBuch Verlag
ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach-, und Vermögensschäden ausgeschlossen.
Redaktion: Marion Reuter
Korrektorat: Sonja Rose
Umschlaggestaltung: Maria Wittek, München
Umschlagabbildung: D. Lieske
Satz: inpunkt[w]o, Haiger
ISBN Print 978-3-89879-938-6
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-789-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-790-5
Inhalt
Der Händler, Band 7
VORWORT
Wie alles begann und was bisher geschah …
1. Kapitel
Erste Woche Hunger nach dem großen Leben
2. Kapitel
Zweite Woche Unbekannte Fäden lassen eine Marionette tanzen
3. Kapitel
Dritte Woche In sturmzersauster Welt
4. Kapitel
Vierte Woche Minustrades sind »spießig« und eines Traders unwürdig
5. Kapitel
Fünfte Woche Die furchtbare Tragik der Alltäglichkeit
6. Kapitel
Sechste Woche Verwirrt von Verzweiflung
7. Kapitel
Siebte Woche Wahrsager versus Arzt. Arzt versus Auszeit
8. Kapitel
Achte Woche Keine Tagebuchaufzeichnungen
9. Kapitel
Neunte Woche Die Wahrheit
10. Kapitel
Ende des ersten Tagebuchs
Ich, Trader
Der Händler, Band 8
VORWORT
TEIL II der TAGEBUCHAUFZEICHNUNGEN des privaten Traders Jerome Decker
11. Kapitel
Zehnte Woche Tage ohne Zeit und Substanz
12. Kapitel
Elfte Woche Mein Sohn, wie läuft dein Trading?
13. Kapitel
Zwölfte Woche Rettungsbojen im Treibsand der Hinterlist des Marktes
14. Kapitel
13. und 14. Woche Absolute Unterwerfung oder Aufstand?
15. Kapitel
Fünfzehnte Woche Dann halt Plan B …
16. Kapitel
Sechzehnte Woche Seelenmüll als Leben zu haben, den die anderen nur im Schlaf kennen
17. Kapitel
Siebzehnte Woche Das Desaster
Eine (alp)traumhafte Gerichtsverhandlung
18. Kapitel
Ende des zweiten Tagebuchs
PROLOG
EPILOG
Ein Schiff scheint ein Gegenstand zu sein, dessen Bestimmung die Seefahrt ist; doch nicht die Fahrt ist sein eigentlicher Zweck, sondern das Einlaufen in einen Hafen. Wie viele Trader befinden sich wohl ebenfalls »auf hoher See«, ohne auch nur die geringste Vorstellung davon zu besitzen, dass sie in einem Hafen Zuflucht suchen könnten? Und so wiederholen sie auf schmerzlichste Art und Weise
Wie sagte schon einst P. Fernando:
Auf halbem Weg zwischen Glaube und Kritik liegt die Herberge der Vernunft. Die Vernunft ist der Glaube an etwas, das man ohne Glauben verstehen kann; doch bleibt es noch immer ein Glaube, denn verstehen setzt voraus, dass es etwas Verstehbares gibt …
Kennen Sie eigentlich den Mythos von Sisyphos?
– Ja?
– Nein?
– So ein bisschen …?!
Sisyphos, er war nicht nur König der von ihm gegründeten und erbauten herrlichen Stadt Korinth, sondern auch der verschlagendste aller Menschen. In seinem Übermut wagte er es einst sogar, den Unwillen des Göttervaters Zeus auf sich zu ziehen: Dem Flussgott Asopos verriet er, dass jener seine Tochter, die liebliche Nymphe Aigina, entführt und verführt hatte. Zeus war selbstredend aufs Höchste erzürnt und beschloss, den Fürwitzigen zu bestrafen. Er schickte Thanatos, den Gott des Todes. Aber der listige Sisyphos zeigte sich stärker als Gevatter Tod, er zwang ihn sogar in seine Gewalt und legte ihn in so starke Fesseln, dass seine Macht gebrochen war. Daraufhin entstand große Verwirrung auf Erden, denn niemand konnte mehr sterben. Dass er seine Gegner auf dem Schlachtfeld nicht mehr töten konnte, erzürnte nun wiederum Ares, den mächtigen Gott des Krieges; ihm gelang es, Thanatos zu befreien. Sisyphos aber wurde endlich ins Reich der Schatten gebracht.
Doch entging der gewitzte Korintherkönig seiner Haft im Totenreich mit einer weiteren List: Er hatte nämlich seiner Frau verboten, die rituellen Totenopfer für ihn darzubringen, und laut jammernd überredete er Hades, den Gott der Unterwelt, ihn noch einmal in die Welt der Sterblichen zurückzuschicken, damit er seine Frau an den Vollzug der Opferhandlungen gemahnen könne. Zurück zu Hause, dachte Sisyphos jedoch keineswegs daran, wieder in die Unterwelt zurückzukehren. Stattdessen genoss er, dabei kräftig über den Gott der Unterwelt spottend, das Leben an der Seite seiner Frau in vollen Zügen. Die Geduld des Göttervaters indes war nun erschöpft. Wiederum sandte er Thanatos aus, und als dieser erneut vor Sisyphos stand, grollte er: »Diesmal wirst du mich nicht überlisten!« Erbarmungslos zerrte der Tod den plötzlich ganz schwach und klein gewordenen Sisyphos hinab in die Unterwelt …
Schrecklich war die Strafe, die Zeus dem Frevler bestimmt hatte: Sisyphos wurde die Aufgabe gestellt, einen mächtigen Felsbrocken einen Hügel hinaufzuwälzen. Unter unsäglicher Mühe ging der Verurteilte ans Werk, stemmte sich mit aller Kraft seiner Hände und Füße gegen den ungefügigen Steinkoloss und zwang ihn auch wirklich bis zur Höhe. Schon glaubte er, ihn auf den Gipfel gewälzt zu haben, da entrollte – im allerletzten Augenblick – der Felsblock durch das große Gewicht Sisyphos’ Händen und stürzte in die Tiefe! Aufs Neue musste sich der Unglückliche ans Werk machen. Wieder wälzte er den Fels bis zur Höhe, und wieder entwich er gerade in jenem Augenblick, als der Geplagte glaubte, den Gipfel erreicht zu haben. Immer wieder musste Sisyphos unter vergeblichen Mühen ans Werk gehen, doch jedes Mal blieb ihm der Erfolg versagt.
Eindrücklich schildert Homer die Qual des einst so hochmütigen Königs: Jahrhundert um Jahrhundert musste er den Stein die Anhöhe hinaufwälzen, doch niemals sollte es ihm gelingen, seine Aufgabe zu erfüllen …
»Und den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert, Einen schweren Marmor, mit großer Gewalt fortheben.Angestemmt arbeitet’ er stark mit Händen und Füßen,Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt’ er ihn jetzo Auf den Gipfel zu drehen: da mit einmal stürzte die Last um; Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.Und von vorn arbeitet’ er, angestemmt, daß der AngstschweißSeinen Gliedern entfloss, und Staub sein Antlitz umwölkte.«
(Odyssee, 11. Gesang, 593–600, übertragen von Johann Heinrich Voß)
Tag um Tag und Jahr um Jahr muss er den Stein die Anhöhe hinaufwälzen, doch niemals soll es ihm gelingen, seine Aufgabe zu erfüllen … Welch schreckliche Bestrafung! Nicht ohne Grund waren die Götter überzeugt davon, dass es keine grausamere und fürchterlichere Strafe geben könne, als in alle Ewigkeit unnütze und aussichtslose Arbeit, und damit Tun ohne Sinn, verrichten zu müssen.
Aber was verbindet denn nun ausgerechnet Sisyphos, also eine Gestalt der fernen griechischen Mythologie, mit dem Trading des 21. Jahrhunderts?
Sisyphos ist ein Sinnbild für den Menschen im Absurden. Im Widersinnigen. Im Unsinnigen. Das Absurde ist dabei das Gefühl der Fremdheit des Menschen in der Welt, seines Hin- und Hergerissenwerdens zwischen »Hoffnung« und endgültiger »Gewissheit«. Vielleicht macht auch ein Trader in seinen ersten Lehrjahren die Erfahrung der »Absurdität« und findet sich auf jener ewigen und gleichermaßen vergeblichen Suche nach dem »Heiligen Gral« wieder, der keine Minustrades mehr zulässt?
Womöglich bekommt ein Trader in seinen Anfangsjahren das Absurde aber auch dadurch zu spüren, dass er, sobald er bewusst über sein Leben als Händler nachdenkt, das tagtägliche Fehlen der Übereinstimmung zwischen Absicht und Verhalten als Fremdheit oder gar Ausgestoßensein empfinden muss. Es mag während der ersten Monate und Jahre so manchem von ihnen vorkommen, als hätten ihm die »Götter des Tradings« die Strafe des Sisyphos auferlegt. Bloß zeigen sich der Felsbrocken und der Berg nun in anderer Gestalt: Konto oben. Konto unten. Plustrades. Minustrades. Regelwerk A. Nein, besser Regelwerk B. Dann doch wieder Regelwerk A, danach Regelwerk C. Kaum oben angekommen, rollt der Felsbrocken seines Kontostandes wieder ins Tal, und der Trader steigt aus der eben noch empfundenen Euphorie über das fast erreichte Ziel wieder in die Niederungen seiner Verluste hinab, um diese Arbeit von Neuem zu verrichten. Und diese scheinbar »sinnlose Arbeit« nimmt und nimmt kein Ende …
Oder nehmen wir die sich im Alltagsleben eines Traders ständig wiederholende »Widerspenstigkeit«: Tagtäglich folgen ein und denselben Handlungen verschiedenste Ergebnisse, denn immer ist man dem Zusammenspiel aller anderen Marktteilnehmer ausgeliefert, und niemals kann der Trader einen Plustrade »aktiv« herbeiführen.
Oder werfen wir schlussendlich einen Blick auf jene Phase, in der ein Trader – trotz unzähliger mit der Lektüre von Büchern und dem Besuch von Seminaren verbrachter Stunden – nach so manchem Handelstag erkennt, dass sich seine Erwartung nicht erfüllt hat – und er seine Aufgabe des »Lernens«, und damit die »Vorstufe« als erfolgreicher Händler, wieder einmal als eine Art sinnlose Qual erlebt hat. Wie Sisyphos fühlt auch er sich an den Anfang aller Mühe zurückversetzt – und das, obwohl er seine Arbeit doch mit Fleiß gemacht hat!
Mit anderen Worten: Aus dem gleichzeitigen Neben- und Gegeneinander des einerseits menschlichen Grundverlangens nach sicherer Erkenntnis, Einheit und Sinn und der andererseits vorhandenen Widerspenstigkeit des Börsenhandels entsteht für manchen Trader, analog der Strafe des Sisyphos, das »Absurde« und stellt gleichzeitig die einzige Bindung zwischen ihm und dem Chartverlauf dar. Eigentlich möchte der Tradinganfänger sein Leben als Börsenhändler sinnvoll führen, in »Geborgenheit«, »Vertrauen« und »Sicherheit«. Stattdessen sieht er sich dem Wechsel des Orderbuches, des scheinbaren Zufalls und dem unverständlichen Verhalten anderer Marktteilnehmer unterworfen. Er möchte frei und glücklich sein und steht dennoch tagtäglich dem »Konto-Tod« gegenüber, der allem ein Ende macht! All die Bücher, Internetforen, Seminare und unzähligen Ratschläge erscheinen fremd, monoton und sinnlos. Die Welt des Börsenhandels bleibt unverständlich und bietet ihm keine Heimat, egal, was er unternimmt, um sich in der Welt des Tradings einzurichten. Aber: Es gibt auch kein Zurück mehr in die Klarheit der vorherigen »Scheinwelt«.
Kurzum: Dem Willen zum Traden und dessen prachtvollen Früchten steht die Verzweiflung am Traden gegenüber. Das »Absurde« ergibt sich aus dem Widerspruch von … Achtung: Traden-Wollen und Verlieren-Müssen. Und so sieht sich so mancher Tradinganfänger in einem existenziellen Dilemma gefangen, nämlich nur nach dem verlangen zu können, was sich ihm immer wieder entzieht, und dabei, unabhängig von jeglicher Erkenntnis über diesen Zustand, keine andere Wahl zu haben, als diesen Widerspruch auszuhalten …
Aushalten! – Welch Wort! Und vor allem: welch Zustand!
Sobald ihm klar wird, dass die Zukunft aufgrund dieser unaufhörlichen Widersprüche zum Tod seines Kontos führen könnte, wird die unaufhaltsam verrinnende Zeit für einen Trader in den Anfangsjahren zum schlimmsten Feind. Er fühlt sich, als lebe, kämpfe und leide er so sinn- wie namenlos. Denn was ihm bei der Kontoeröffnung noch als ein in sich geschlossenes, sinnvolles Ganzes erschien, stellt sich mittlerweile als ein sinn- und zusammenhangloses Chaos dar, das er unmöglich mit seinem Selbstverständnis in Einklang bringen kann. Die Erkenntnis, den Charts vollkommen »umsonst« sowohl Zeit als auch Geld zu opfern, bedeutet daher für so manchen Tradinganfänger einen so schwerwiegenden Bruch in seiner gewohnten Weltsicht, dass er danach seinen Lebensrhythmus nur noch als monotone Wiederkehr eines immer gleich leeren, sinnlosen und vor allem absurden Mechanismus erlebt, welcher in ihm nur noch Überdruss bis Ekel hervorruft und verantwortlich ist für seine wachsende Überzeugung, so todunglücklich zu sein wie kein zweiter Trader auf der Welt …
Kehren wir noch einmal zu Sisyphos und seiner Last zurück. Stellen wir uns den tragischen Helden genau vor, wie sein Körper sich anspannt bei der Anstrengung, den gewaltigen Felsbrocken zu bewegen, ihn den Berg hinaufzuwälzen. Wir sehen sein verzerrtes Gesicht vor uns, die Wange, die an dem Felsen klebt, die Schulter, die sich dagegenstemmt, den Arm, in dem sich die Kraft sammelt – alles nur, um den verdammten Koloss ein kleines Stückchen zu bewegen!
Schließlich erreicht Sisyphos nach dieser langen Anstrengung, die sich an einem Raum ohne Himmel und einer Zeit ohne Tiefe misst, sein Ziel. Glaubt er zumindest, denn nun rollt der Fels innerhalb weniger Augenblicke wieder in jene niedere Welt hinab, aus der er stammt. Und Sisyphos kennt seine Aufgabe, er weiß, dass er den Brocken wieder hoch auf den Gipfel wälzen muss. Auf dem Rückweg in die Ebene, während dieser »Pause«, sehen wir, dass sein Gesicht, das sich so nahe dem schweren Stein abmühte, selbst bereits Stein ist! Wir sehen deutlich, wie dieser Mann schwerfälligen, aber gleichmäßigen Schrittes zu seiner »Qual« hinuntergeht – und er weiß nicht … Achtung! …, wann oder ob sie enden wird!
Dieser Mythos ist tragisch!
Denn: Der Stein ist nichts anderes als Sisyphos’ Schicksal. Und Sisyphos überblickt während seiner Abstiege das ganze Ausmaß seiner conditio humana, sprich: Er reflektiert auf sich als Menschen schlechthin, auf das Wesen des Menschen, also auf das vorgegebene »Ewige« in ihm und an ihm. Er reflektiert. Er überdenkt. Er denkt. Er sucht. Eine Suche nach Identität. Und schlussendlich hat Sisyphos nur zwei Möglichkeiten:
Entweder, sich dem Stein vollständig zu unterwerfen, unter Preisgabe all dessen, was er an Erkenntnissen gewonnen hat. Das hieße, jedes Mal, wenn er zu seinem Felsbrocken im Tal zurückkehrt, würde der ganze Schmerz von Neuem beginnen und die gewaltige Not schier unerträglich werden! Denn wenn die Bilder des Steines zu sehr im Gedächtnis haften, wenn das Glück zu sehr auf seine Erfüllung drängt, dann steigt im Herzen des Menschen die Trauer auf, kurzum: Das wäre der Sieg des Felsens!
Sisyphos entschied sich aber für eine andere Möglichkeit: Am Ende identifiziert er sich und verschmilzt mit seinem Steinbrocken als seiner ureigensten Sache und wird so wieder zu einem Teil der Welt und damit des Universums. Das erfüllt ihn mit Glück. Jene Identität findet Sisyphos gerade dann, als er den Stein, seinen Stein, den Berg hinaufwälzt! Hier spürt und erlebt er sich als Mensch. In dieser Anstrengung liegt seine gesuchte Aufgabe, die ihn in Bezug zu sich selbst und zur Natur setzt. Den Berg hinauf beschäftigt er sich nicht mit der Frage, ob der Stein auf dem Gipfel liegen bleiben wird, sondern ist völlig in Anspruch genommen von der schweren Arbeit, die in diesem Augenblick das Einzige ist, was zählt. Wenn das Ziel erreicht ist und der Stein wieder in die Tiefe rollt, macht auch Sisyphos sich wieder auf den Weg hinunter in die Ebene. Der Rückweg ist daher die Stunde seines Bewusstseins. In diesen Augenblicken, in denen er den Gipfel verlässt, ist er seinem Schicksal überlegen! Er ist stärker als der Stein.
Und das Resultat?
Die Klarsichtigkeit des Absurden, sprich: das Wissen über die Erfolglosigkeit seiner Arbeit, das nach den Göttern die Ursache seiner Qual sein sollte, vollendet zugleich seinen Sieg. Sisyphos wurde zum »Held des Absurden«, denn er hält alles für gut, so, wie es ist! Er erwartet nicht mehr, dass der Stein auf dem Gipfel liegen bleibt! Damit gewinnt sein Leben an Intensität, denn nun verrichtet er seine Aufgabe nicht mehr nur mit seinem Leib, sondern mit ganzem Herzen und ganzer Seele. Die Absicht der Götter, Sisyphos an der Sinnlosigkeit seiner Arbeit verzweifeln zu lassen, ist durch das gewachsene Bewusstsein des Bestraften fehlgeschlagen. Die Götter haben keine Macht mehr über Sisyphos, denn er ist frei innerhalb seines Tuns. Sein Universum, das von nun an keinen Herrn mehr kennt, kommt ihm weder unfruchtbar noch wertlos vor. Jedes Gramm dieses Felsens ist von nun an eine Welt für sich. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen, da er sich über sein Schicksal hinwegzusetzen weiß. Er erträgt sein Los und entfaltet ein reiches Bewusstsein, wenn er, von seiner Last befreit, den Weg zurück ins Tal nimmt.
Kurzum: Er benutzt sein Bewusstsein, um sich als Mensch zu erleben und um seinem Dasein einen Inhalt zu geben.
Somit ist Sisyphos ein Bild des Menschen auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und nach seiner Identität.
– Wer kennt das nicht als Mensch?
– Wer kennt das nicht als … Trader?
In Lebenskrisen drängt sich diese Frage besonders auf und will beantwortet werden. Jene Lebenskrisen, die das bisherige Leben völlig infrage stellen, sind aber auch für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit notwendig. Für das Durchleben von Schmerz, Trauer und Zweifel wird man letztendlich mit einer neuen Bewusstheit belohnt, die einen Neuanfang ermöglicht. Ist es nicht so, dass jeder Mensch ein zentrales Lebensthema hat, das sich im Laufe der Zeit in verschiedenen Lebensphasen wiederholt? Es geht also darum, die individuelle Lebensaufgabe zu erkennen und diese letzten Endes auch zu bewältigen.
Auch ein Trader kreist ständig um ein und dieselben Themen, denen er immer wieder gegenübersteht. Jedoch ist er jedes Mal gereifter und erfahrener und kann deshalb erneut an seinen Aufgaben wachsen. Wie bei einer Spirale wird ihm durch die Wiederholung jedes Mal bewusst, was er dazugelernt hat. Und davon wiederum profitieren sein Selbstwert als Händler sowie seine Lust, im Lernen voranzuschreiten.
Ausdrücklich möchte ich betonen, dass mit dem Sisyphos-Vergleich nicht der Börsenhandel als »absurde Angelegenheit« verstanden werden soll! Vielmehr kann das Beispiel des mythologischen Heldens uns dazu bringen, uns mit dem Thema – mit seinem Thema – des Absurden zu beschäftigen. Die Auseinandersetzung mit dem nur scheinbar (!) »Absurden« – beispielsweise dem fachlich sauberen Minustrade – bringt den Trader zu sich selbst und verschafft ihm einen ungeheuren Zuwachs. Denn sich seiner selbst und seines Daseins als Trader bewusst zu sein, bedeutet die ständige Anwesenheit bei sich selbst. Es geht darum, die falsche Erwartung loszuwerden, dass der Fels oben liegen bleiben muss. Es geht darum, dass der Trader keine Enttäuschung mehr erlebt, wenn beispielsweise ein Trade trotz aller Fachlichkeit im Minus endet, sozusagen den Berg hinabrollt, und er daraufhin von vorn anfangen muss …
Leicht dahergesagte Worte … Wohl wahr!
Sisyphos beendet seine Qual, indem er in der Gegenwart und mit den in ihr geltenden Wahrheiten lebt. Genau wie Sisyphos, der »Ja« zu seinem Fels sagt, muss es auch einem Trader gelingen, sein »Schicksal« zu akzeptieren, nämlich dass er sein Geld nur mittels der anderen Marktteilnehmer und daher nicht mittels hundertprozentiger Trefferquote, sprich beständig umsetzbarem Perfektionismus, verdienen kann. Das Leben als Trader fordert uns daher heraus – trotz aller scheinbaren Widerspenstigkeit und erlebter oder nachträglich erkannter »Sinnlosigkeit«, selbst bei fachlich sauber durchgeführten Trades –, Beständigkeit und Duplizierbarkeit als die positiven Werte zu erkennen, die uns gegeben sind, und an der Arbeit festzuhalten!
Die hieraus resultierende Überlegenheit erfüllt – wie einst Sisyphos – den erfahrenen Händler mit tiefer Zufriedenheit. Oder mit anderen Worten: Ein spekulativ ausgerichteter Trader, der aufgrund langen Nachdenkens auf seinen »Rückwegen zum Felsen im Tal« ein gewisses Bewusstsein erlangt hat und den Kreislauf des Orderbuches, in dem alles wiederkehrt, akzeptiert, kann sich auf seine eigene Art und Weise in diesem Kreislauf bewegen und sein Dasein als Mensch und Trader darin vollends begründen. Indem er diese Freiheit innerhalb des Kreislaufs ausnützt, nimmt er aktiv Einfluss auf seinen Weg, ja auf sein Schicksal. Je bewusster der Trader durch seinen Handelstag geht, desto größer ist die Anzahl der Erfahrungen, die er mit sich, den Charts und seiner Umwelt macht – und desto näher kommt er sich selbst. Fazit? Es klingt selbstverständlich, und ist doch manchmal so schwer: Ein Tradinganfänger soll und muss daher zu Beginn zumindest unaufhörlich Erfahrungen machen, um sich so gegen die scheinbare »Absurdität des Lebens als Trader« aufzulehnen, so wie Sisyphos, der unablässig seinen Felsen wälzte …
Und so sollen nun auch die nachfolgenden Geschichten um den Trader Philip dazu motivieren, sich nicht von seinem vermeintlich harten Los überwältigen zu lassen, sondern stattdessen sein Leben als Trader selbst in die Hand zu nehmen!
Berechtigterweise mag nun jemand stöhnend fragen: Wozu braucht ein Trader immer diese Geschichten? Hätte man nicht gleich das Endergebnis kurz und knapp beschreiben können?
Gewiss, man hätte!
Aber genauso gut könnte man fragen: Wozu braucht die Menschheit seit Urzeiten eigentlich Mythen? Natürlich hätte man auch gleich schreiben können: Sisyphos – er ist stärker als sein Felsbrocken! Es gibt kein Schicksal, das durch Verachtung nicht überwunden werden kann! Selbst die erdrückendsten Wahrheiten verlieren an Gewicht, sobald sie erkannt werden. Darin besteht letztendlich die verborgene Freude oder die Genugtuung des Sisyphos.
Genauso hätte ich statt der langen Geschichte um Philip, Hofner, Sander, John, Nick, Torbach, Stan und Co. – beginnend mit dem Das große Buch der Markttechnik und den nachfolgenden HÄNDLER-Bänden – deren Essenz in einige kurze, griffige Definitionssätze packen können. Etwa so: »Halten Sie sich an ein kluges Geldmanagement, damit Ihnen und Ihrer Familie kein Unheil geschieht!«
Aber seien wir ehrlich: Die Wahrheit allein befreit niemanden, denn Einstellungen werden nicht durch Tatsachen und Definitionen verändert! Deshalb warnte schon der Renaissance-Arzt und -Alchemist Paracelsus, wie vor ihm schon Hugo von Payens und Gottfried von Saint-Omer, davor, einfach »die nackte Wahrheit« zu enthüllen. Stattdessen sollen Bilder, Allegorien, Gleichnisse oder andere verborgene Umwege benutzt werden …
Und aus diesem Grund möchte auch ich in diesem siebten Band, der, wie Sie sehen werden, nahtlos in den achten Band übergeht, für die Themen »Trading und Familie« sowie »Trading und Freundeskreis« und andere Begrifflichkeiten eine gedankliche Empfänglichkeit schaffen, ohne den Leser damit jedoch ins Reich der Fantasie zu entführen und ohne erziehend oder mahnend den Zeigefinger zu heben. Deshalb wird auch dieser Band nur indirekt lehren, nicht dogmatisch oder nicht durch trockene Definitionen, sondern durch die Fortsetzung der Geschichte um Philip, das heißt mithilfe von »Parabel« oder »Metapher«. Und wie der aufmerksame Leser der vorherigen Bände weiß, wendet sich die Geschichte nicht vordergründig an das logisch-rationale Denken oder an die Fähigkeit, Aussagen empirisch-objektiv zu überprüfen – dazu hätte die oben erwähnte bloße Zusammenstellung von Definitionssätzen genügt. Vielmehr geht es wie in der Geschichte von Sisyphos darum, eine Situation in ihrem vielschichtigen Zusammenspiel konkreter und symbolischer Bedeutungen intuitiv zu erfassen, um mit wachsender Verständnisbereitschaft zu den inneren Dimensionen der Zeilen vorzudringen und dabei immer weitere – eigene! – Sinnebenen zu entfalten.
Denken Sie an Sisyphos: Sein Schicksal gehört ihm. Sein Felsbrocken ist seine Sache. Gleiches gilt auch für einen Trader: Sein Schicksal gehört ihm. Sein Trade ist sein Felsbrocken. Der Chart ist seine persönliche Sache …
– Doch nun genug der Vorrede.
Ein wichtiger Hinweis ist aber vorab noch nötig: In den vorangegangenen Bänden gab es einen Roman- und einen Fachteil, dieses Mal wird der Leser nur einen Romanteil finden. Der Grund dafür ist schnell skizziert: Der vorliegende Inhalt ließe sich niemals mittels Fachteil vermitteln … Und so wie auch sonst lohnt es sich, nachdem dieser Band gelesen wurde, diesen mit dem Wissen der letzten Seiten ein wenig später noch mal von vorne zu beginnen.
Doch jetzt lassen Sie uns erneut damit anfangen, das Trading zu erforschen und die seltsame Hartnäckigkeit der Unvernunft verstehen zu lernen, mit der es weltweit die Börsen umspannt, um ihm dabei auf die Schliche zu kommen! Und vielleicht könnte es sein, dass diese Geschichte auch mit Ihrem Trading, lieber Leser, das eine oder andere zu tun hat …
Michael Voigt
Allen, die bei der Umsetzung des Buches geholfen haben, möchte ich von Herzen danken. Vor allem geht mein Dank an Tina und an meine Familie. Sie haben mich nicht nur jederzeit unterstützt, sondern mir für den Zeitraum des Schreibens auch den Rücken freigehalten. Ein großes Dankeschön geht auch an meine Assistentin Frau Posselt, die sich in unzähligen Stunden mit meiner Handschrift auseinandersetzen musste. Ebenso danke ich Holger für seine vielen Bemühungen und Hinweise.
Vielen Dank auch meinen Lektoren A. Braun, H. Aderhold und M. Michel für die freundliche und hilfreiche Unterstützung sowie für die »Leselupe«.
Alles war eigentlich so, wie es sich Philip erträumt hatte: Er wusste, was eine Aktie war, am Terminmarkt long und short gehen konnte er auch, und mit technischer Analyse kannte er sich ebenfalls schon ein bisschen aus. Alles war eigentlich perfekt! Doch als Philip sein Praktikum in einem Handelsbüro begann, merkte er, dass da irgendetwas nicht stimmen konnte! Denn: Immer, wenn er in den Markt ging, machte der genau das Gegenteil von dem, was er sich vorstellte.
Doch mit den Jahren seiner Ausbildung änderte sich alles: mehr Fachwissen, mehr Logiken, weniger mentale Verfangenheit. Mit Witz, ungestümen Emotionen und vielen Denkübungen schlug sich Philip durch den Dschungel des markttechnisch orientierten Tradings. Als Reiseführer dienten ihm einst wie auch heute noch seine Kollegen Hofner und Sander. Mit dem umfangreichen Wissen der beiden und den Abhandlungen über Markttechnik im aktiven Börsenhandel gelang es Philip, seinen Weg zu finden.
Nun, einige Jahre später, bekommt Philip die Chance, selbst ein Reisebegleiter für den neuen Praktikanten Stan zu sein …
Durch seine umfangreiche Ausbildung lernte sich Philip selbst nach und nach kennen. Dabei waren die Trades, an die er sich erinnert, mindestens so unheimlich wie manchmal die Gegenwart. Die Suche nach weiterer innerer Reife, Duplizierbarkeit und Beständigkeit wird für Philip an diesem Tag zum grotesken Abenteuer. Ein zufälliges Treffen mit einem anderen Trader wirft ihn aus der Bahn. Ecki hat durch sein unüberlegtes Trading innerhalb kürzester Zeit nicht nur sein Geld, sondern auch seine Familie und das schöne Haus verloren. Philip muss nun irgendwie der Frage nachgehen, ob ihm das auch passieren könnte. Er gelangt am Abend vor dem Abflug nach Bangkok zu erstaunlichen Erkenntnissen …
Themenschwerpunkte des Fachteils:
– steigendes Fachwissen und dennoch ein fallender Kontostand
– Börsenhandel und Perfektionismus
Philip – im Flieger nach Bangkok, um dort, in der Geschäftsstelle Bangkok, seinem Azubi Stan beim Trading unter die Arme zu greifen – fiel es in Anbetracht der Sichtweisen seiner Sitznachbarn in Bezug auf das Trading verdammt schwer, den Flug dorthin so richtig zu genießen.
Zum wiederholten Mal musste er sich eingestehen: Gott hat den Börsenhandel nicht erschaffen und auch der Teufel lehnt jede Verantwortung dafür ab. Selbst der Horizont scheint sich vor dieser Bürde zu fürchten, denn die allgegenwärtige Trennungslinie zwischen den verschiedenen Handelsansätzen und Ansichten zum Börsenhandel verschwindet bei so manchem Tradinganfänger in der flirrenden Hitze der Bars und den Nachrichten über alles versengende Kursveränderungen. Philip sieht sich gezwungen, seine Nachbarn über die wahren Ansichten hinsichtlich des Tradens aufzuklären, und wird hierbei von so mancher Gegenfrage überrascht …
Themenschwerpunkte des Fachteils:
– Marktphasenbestimmung
– Wertigkeiten von Signalen
– Handelspsychologie
Für den Praktikanten Stan heißt Trading: Wer hat die stärksten Nerven? Und für den Rest seiner Kollegen: Wer blufft sich selbst in die Taschen, und wer kann es wirklich? Demnach ist ein Trade eigentlich nur dann ein guter Trade, wenn der Trader dabei auch im Verlustfall sein Gesicht wahren kann und ein gutes Gefühl hat.
Leider hat sich das noch nicht überall herumgesprochen, und so denkt Stan allzu oft nur bis zur nächsten Tischkante und fühlt sich vom Pech verfolgt, denn ob Minus- oder Plustrade, egal: Er hat immer das Gefühl, ein gehetzter Stier zu sein. Philip beobachtet den Praktikanten bei dessen Ausbruchs-, Bewegungs- und Trendtrades und hält so manchen wichtigen Rat parat …
Themenschwerpunkte des Fachteils:
– optische Fehlerquellen und deren Vermeidung
– Fehlverhalten in der Anwendung von Zeiteinheiten
– Handelspsychologie
Es gibt als Trader schöne und weniger schöne Augenblicke. Nach ein paar Plustrades mit einem Cocktail an der Copacabana zu liegen und hübschen Salsa-Hintern beim Beachvolleyball zuzuschauen, wäre zum Beispiel ein schöner Augenblick. Als aber Stan seinem Chef John erklären muss, weshalb er in nur drei Tagen knapp 200.000 Euro Minus gemacht hat, nachdem er nur auf seine Positionen hatte aufpassen sollen – tja, das ist weniger schön … Und als John von Stans desaströsem Ergebnis erfährt, lässt er diesen eine sehr ungewöhnliche Lektion erleben, aber die Tatsache, dass Stan die Relevanz nicht auf Anhieb erkennt, macht dies umso relevanter! John sieht sich sogar gezwungen, Stan in eine längere Auszeit zu schicken.
Von diesen Ereignissen ausgelöst, geht Philip der Frage nach, welche Faktoren es genau sind, die zu falschen Ansichten über Geldmanagement führen, und gelangt zu erstaunlichen Erkenntnissen …
Themenschwerpunkte des Fachteils:
– Geldmanagement
– diversifikatives Trading
– Handelsstile versus Arbeitsstile
Während sich Praktikant Stan gerade das vielleicht sympathischste Paradoxon des Tradings erschließt – er kann viele der Regelwerke zur Seite schieben und auf diese Weise dennoch in bester Tradertradition handeln –, platzt Händler Philip fast der Kopf. Auch wenn es ein sehr gewöhnliches Ereignis gewesen sein mochte – dieses Treffen mit dem Tradingveteran Torbach –, so war es trotzdem ursächlich für einen kleinen Riss im Schleier des Tradings, durch den plötzlich die schwierige Frage schaut: »Verheizt du die Axt als Brennholz, oder benutzt du sie, um Brennholz zu gewinnen?«, kurzum: als die Frage nach dem »Wozu« gestellt wurde.
Dieses Treffen wird für Philip zum Grundstein vieler Gespräche mit anderen Tradern, an deren Ende sich das tiefe Geheimnis des »Wozu betreibe ich Trading?« offenbart …
Themenschwerpunkte des Fachteils:
– fachliche Unschärfe
– Bewegungshandel aus der Korrektur beginnend
– Handelspsychologie
Philip bleibt fast der Atem stehen, als er auf einer Party zufällig und erstmalig seinen direkten Arbeitgeber trifft und dieser etwas anspricht, was Philip seit Jahren als Börsenhändler beschäftigt, was er aber nur ganz, wirklich ganz, ganz heimlich, hinter verschlossenen Türen, hinter zugezogenen Gardinen für gerade mal Bruchteile von Sekunden zu denken wagt ...
Praktikant Stan hingegen muss mal wieder barfuß durch die Hölle, denn aufgrund einiger wahllos frei gemachter Tage grübelt er angesichts des entgangenen Gewinns über die Frage: »Wer zum Teufel legt den Dienst- und Schichtplan eines Traders fest?«
Themenschwerpunkte:
– die größten fachlichen und auch mentalen Fehlerquellen im Umgang mit dem übergeordneten Trend
– Vorteil und Nutzen nichtzeitbasierter Charts
– Handelspsychologie
*
Eigentlich hatte Philip heute vorgehabt, ins Büro zu gehen, aber daraus war natürlich nichts geworden. Doch nicht heute – das fehlte noch! Bei diesem Wetter im Büro sitzen und Trades auf mittlerer Trendgröße anstarren! Wenn es regnet – na gut. Doch heute, unter diesem Himmel, der ihn hell und weich anzulachen schien? Nein, ab, Bangkok erkunden war angesagt! Erkunden! Sein Entschluss hatte Philip in eine wahrhaft rosige Laune versetzt. Fröhlich pfiff er vor sich hin, während er durch Straßen und Gassen schlenderte, mittels iPhone und iPad hatte er die Märkte auch ohne Büro, wann immer er wollte, im Blick und damit seine Orders notfalls im Griff. Oft blieb er stehen und atmete tief den typischen Duft von Koriander und Zitronengras ein. Mit diesen Gerüchen hatte er in den Wochen seines Aufenthaltes in Bangkok innige Freundschaft geschlossen … und wann immer ihm diese Düfte in die Nase stiegen, hielt Philip einen Moment inne, als ob er ein kurzes stummes Zwiegespräch mit ihnen führen würde.
Der Nachmittag versprach, in einen schönen Sommerabend überzugehen, und im Genuss einiger gut laufender Positionen, die ihm nach einigen Fehltrades – die übergeordneten Marktphasen seiner gehandelten mittleren Trendgrößen wechselten gerade – nun vergönnt waren, beschloss Philip, ins Oriental Hotel zurückzukehren und dort auf der hübsch geschmückten Terrasse zu Abend zu essen. Philip betrat das Hotel, plauderte einen Moment mit einem anderen Gast, der ebenfalls geschäftlich in Thailand weilte und dessen offenes Entgegenkommen ihrer Bekanntschaft rasch eine überraschende Herzlichkeit gegeben hatte. Nach einigen Worten wünschten sie einander einen schönen Abend, und Philip hob sein Arm zum Gruß und begab sich auf die Terrasse. – Welch Ausblick! Trat man dort an die Brüstung, so konnte man sich eines weiten Blickes über die Stadt und den entlangfließenden Chao Phraya erfreuen.
Seidene Kissen, vielfarbig von Hand bestickt, waren auf den Stühlen verteilt, denn die Gäste liebten es, weich zu sitzen, wusste das Personal. Die Terrasse war zu dieser frühen Abendstunde noch sehr verlassen, nur ein paar Gäste hatten sich bisher eingefunden: zwei ältere Engländerinnen, deren leise vegetative Existenz man kaum bemerkte, ferner ein gut aussehender Deutscher mit einer hübschen Begleiterin in einem hellen, kühn geschnittenen Kleid – von denen Philip kaum glauben mochte, dass sie ein Ehepaar sein könnten, schienen sie sich doch viel zu herzlich zugeneigt zu sein –, und schließlich ein älterer, sehr vornehmer und kultivierter Herr, der den Tag mit nichts anderem zu verbringen schien, als den sich langsam in der Luft auflösenden Rauch seiner Zigaretten sinnierend zu betrachten – wenn er nicht gerade in einem Buch blätterte. Es waren also noch genügend Plätze frei, und so konnte sich Philip sorglos und für sich allein an einem Tisch niederlassen, der einen besonders guten Ausblick über die Stadt bot.
Er gab einem der Kellner einen kurzen Wink und glich in der Wartezeit auf dem iPad rasch einige Kurse ab.
– Zwei Werte waren mittlerweile aus- und dafür fünf andere eingestoppt!
Philip, auf den Kellner wartend, klappte sein iPad zu und – er wusste nicht, wodurch ausgelöst – fragte sich in diesem Moment, wie viel Zeit er mit seinem »Schnell-mal-kurz-auf-das-iPad-schauen« wohl heute den Märkten gewidmet hatte. Er erschrak über das Ergebnis: Waren es wirklich nur etwa dreißig Minuten gewesen? Nur knapp eine halbe Stunde? Wenn es überhaupt so viele Minuten gewesen waren! Kurzum: Auf jeden Fall nur ein Bruchteil dessen, was zeitlich an den Märkten möglich ist.
– Darf ich mich da überhaupt noch »Händler« oder gar »aktiver« Händler nennen?
Rückblickend dachte Philip an jene Zeit zurück, als er sich selbst als Chartjäger gesehen und sich darin gesonnt hatte, wenn ihn andere ebenso bezeichneten. Wie viel beobachtete Wahrheit und gleichzeitig wie viel Leichtfertigkeit und wenig Achtenswertes in dieser Bezeichnung verborgen und versteinert lagen, war ihm erst sehr viel später aufgegangen. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, dass tatsächlich die gesamte Leidenschaft der Jagd – die Vorfreude, die Erregung beim Aufspüren, das Verfolgen, die Genugtuung beim Erlegen – sein damaliges, rastloses Überwachen der Charts begleitet und bestimmt und ihn beständig auf Abstand gehalten hatte; immer bereit und entschlossen, der Spur eines, und sei es noch so sinnlosen, Chartabenteuers bis hart an den Abgrund zu folgen. Er war immer voller Leidenschaft, aber nicht der des Liebenden, sondern der des Spielers, aber nicht des kalt berechnenden, sondern des gefährlichen; der eines Hasardeurs.
»Sir, your order please …«, neigte sich der Kellner in seiner klassisch weißen Uniform zu ihm und unterbrach seine Gedanken. Philip teilte dem Mann seine Wünsche mit. Doch noch bevor der Kellner servierte, hatte Philip den Faden seiner Gedankengänge längst wieder aufgenommen, und mit einem Hauch von Wehmut erinnerte er sich an seine damalige Frische und Durchtriebenheit und den damit einhergegangenen, halb ernsten, halb spaßhaften Ehrgeiz in der Verfolgung von zugegeben eher wenig durchdachten Zielen und Idealen. Philip musste leise lächeln, als er sich auch an seine heiterskeptischen Kompromisse und geistreichen Halbheiten erinnerte. Aber war denn nicht genau diese »munterhitzige, fantasievolle Schwungkraft« seiner »Traderjugend« der Grund dafür, dass ihm das Traden damals wie spielerisch von der Hand gegangen war?
– Im Spiel zu traden und mit dem Traden zu spielen …
Aber genau jene »munterhitzige, fantasievolle Schwungkraft« seiner »Traderjugend« war irgendwie … dahin. Philip fühlte sich in Sachen Trading eher verstaubt, ja fast schon müde; aber noch bevor der Kellner mit seiner Bestellung zurückkam, hatte er die Antwort auf seine Ausgangsfrage gefunden: Ja, er konnte!
Ja, ich kann … – Nein, ich MUSS sogar! … mich »Händler« nennen!
Yep!
Warum? Nun: Das Leben als Trader bestand für Philip zwar nur noch aus Wiederholungen mit Variationen. Aber das Gleichbleibende überwog bei Weitem gegenüber den Veränderungen, die sich vor allem auf Zahlen beschränkten, und das Verständnis hierfür sowie die Genauigkeit und angestrebte »Sicherheit« dieses Denkens, die er nirgends bisher in seinem Leben erfahren hatte, waren der Vorteil seiner Tradingjahre, sodass er sich seiner Meisterschaft jeden Augenblick gelassen sicher sein konnte.
– Ich habe also heute nichts anderes gemacht, als einen kleinen Teil meiner vor Jahren geleisteten Überstunden vor den Monitoren »abzubummeln«!
Oder anders gesagt: Philips Leben als Trader hatte in dem Moment angefangen, sich zu einem glücklicheren Leben zu verändern, als er sich, eben weil er sich aktiv mit den Märkten auseinandersetzte, sozusagen einen Kodex auferlegt hatte, der alles, was er bedingt tun und unbedingt lassen musste, mit unzweifelhafter Bestimmtheit regelte. Der Kodex seiner Lebensregeln als Händler umfasste zwar nur einen sehr kleinen Kreis von Bestimmungen; dafür waren diese Regeln aber auch unantastbar, und Philip hatte diesen Kreis in den vergangenen Jahren noch nie überschritten und niemals auch nur einen Augenblick bei der Ausführung dessen geschwankt, was er sich an den Charts als zu tun oder zu lassen auferlegt hatte. Kraft dieser Regeln stand für ihn beispielsweise in unzweifelhafter Weise fest, dass er niemals innerhalb einer schlechten Marktphase der Großwetterlage gemäß oder gar dieser entgegengesetzt handelte; dass er niemals alle Eier in einen Korb legte, also all seine Trades immer unter dem Leitstern der Diversifikation durchführte; dass er den eigenen »Rumrutschfaktor«1 stets als Grundlage seines Handelns beachtete. Und dergleichen mehr. Alle diese Regeln waren zwar, soweit es einzelne Ein- oder Ausstiegssignale betraf, nicht wirklich konkret, aber wozu hätten sie dies auch sein müssen? Ein- und Ausstiege konnten – und das war über jeden Zweifel erhaben – bei durchdachtem und daher einsichtigem Geldmanagement, bewusst angestrebter Diversifikation und markttechnisch sauber bestimmten Großwetterlagen einer fachlichen Unschärfe weichen, und Philip folgte seinem durch Erfahrung gestärkten Gefühl, das ihm sagte, dass er, wenn er dieser Richtschnur folgte, ruhig leben und dennoch den Kopf zu Recht hoch tragen könne.
Mittlerweile war die Sonne über die Dächer gekrochen, und nach einem umfangreichen und genussvollen Essen faltete Philipp seine Serviette und legte sie beiseite. Flussaufwärts wehte ein weicher, qualmiger Duft her, grell waren die Farben geworden und brannten wie geschmolzenes Gold in den Augen. Die Dachterrasse hatte sich in der letzten halben Stunde merklich gefüllt, und als Philip, sein Glas in der Hand, seinen Blick über die anwesende Gesellschaft gleiten ließ, blieb er an einem Tisch schräg gegenüber von seinem hängen: Dort saß ein distinguiert wirkendes Pärchen, allen Anzeichen nach ein Ehepaar, und während die Frau ihrem Mann etwas ihr offensichtlich Wichtiges erzählte, hatte dieser – dem rosafarbenen Zeitungspapier nach eindeutig erkennbar – die Financial Times zur Hand genommen, diese auseinander und anders wieder zusammengefaltet und seine Augen immer wieder über die Spalten der Aktienkurse wandern lassen. Nun aber blieb sein Blick an einer Stelle haften. Er verstummte. Mit der Hand griff er nach seiner Brille, las, während sich sein Mund langsam öffnete, verborgen von der Zeitung und daher unbemerkt von seiner Frau. Dann schloss er die Zeitung, ließ sie auf den Schoß sinken und lehnte sich schweigend zurück.
Aus sicherer Entfernung beobachtete Philip die Szene, und plötzlich erinnerte er sich an ein Erlebnis mit Hofner, dem Chef der Firma, kurz nach dem Ende seiner Probezeit: Hofner hatte die Meinung vertreten, dass man den Trade eines Händlers – auch bei perspektivischer Entfernung – schon lange einschätzen konnte, bevor man die Einzelheiten desselben auf dem Bildschirm sah oder mitgeteilt bekam. »Ein Trader verrät sich vor, während, aber vor allem unmittelbar nach einem Trade deutlich durch seine … Hände!«
– Ja!
Philip hatte danach immer wieder beobachten können, dass das einzig wahrhaft »Wandelhafte« nun einmal die Hände eines Traders waren. Die Hände eines Traders – ruhende wie ruhelose, wartende wie ungestüme, frohgemute wie bestürzte, beringte oder behaarte, feuchte oder trockene, schlaffe oder zur Klaue verkrümmte – wie Raubtiere: angespannt und vibrierend von einer ungeheuren Ungeduld, jederzeit zum Sprung bereit und nur mit Mühe zurückgehalten.
Nahezu alles konnte man an der Art erkennen, wie diese Hände eines Traders sich vor, während und nach einem Trade verhielten, wie sie warteten, nach etwas griffen oder innehielten: Den Gierigen erkannte man an der krallenden, den Verschwender an der lockeren, den Berechnenden an der ruhigen, den Verzweifelten an der zitternden Hand. Der ganze Charakter eines Traders konnte sich bereits blitzschnell in einer einzigen Geste seiner Hände äußern, zum Beispiel in der Art, wie er die Maus anfasste: Ob einer sie umklammerte oder nervös an ihr kratzte oder sie erschöpft und mit müdem Handballen während des Trades einfach zur Seite schob und damit ganz wörtlich links liegen ließ.
Doch selbst wenn man, so wie Philip, durch den Umgang mit anderen Tradern besonders geschult, diese Mannigfaltigkeit der Hände zu beobachten gewohnt war, wirkte ein solcher Ausbruch, selbst wenn man ihn erwartet hatte, wegen der immer andersartigen Temperamente dahinter aufregender als so manches Theater- oder Musikstück, denn jede dieser Hände drückte beim Griff nach der Maus, nach der die Aktienkurse abbildenden Zeitung, nach der auf den Nachrichtensender umschaltenden TV-Fernbedienung ein besonderes Leben aus.
Dies galt selbstverständlich auch für die »Hand«griffe eines Brokers, nur dass diese mit ihrer sachlichen, geschäftlichen, eher unbeteiligten und maschinenhaften Präzision gegenüber ihren gesteigert lebendigen, jagdbeflissenen und leidenschaftlichen Traderbrüdern erstaunlich nüchtern wirkten. Brokerhände standen um Ordnung bemüht wie stramme Polizisten inmitten des begeistert umherwogenden Aufruhrs ihrer Schützlinge – von denen sich manche in ihrer Unart, ihrer Gier und ihrem Furor so unanständig gebärdeten und dabei so widerlich anzusehen waren, dass man nur noch den Blick von ihnen abwenden mochte. Aber wie auch immer: Jede Hand im Börsenhandel ist einem erfahrenen Trader – wie hier und jetzt Philip – ein Erlebnis und oft das Ziel so großer Neugier, dass man darüber ganz vergisst, sich das Gesicht darüber anzusehen, welches, über einem feinen Hemd oder einem lässigen T-Shirt thronend, häufig nur einer unbewegten Maske gleicht. Denn jeder erfahrene Händler weiß, dass fast alle »Hasardeure« sehr schnell lernen, ihren Gesichtsausdruck zu bezähmen. Oben, über dem Hemdkragen, tragen sie die kalte Maske der impassibilité – sie zwingen die Falten um den Mund herab und stoßen ihre Erregung unter die verbissenen Zähne, sie verweigern ihren eigenen Augen die sichtbare Unruhe, sie glätten die aufspringenden Muskeln des Gesichts zu einer künstlichen, auf vornehm stilisierten Gleichgültigkeit. Aber gerade, weil all ihre Aufmerksamkeit darauf konzentriert ist, ihr Gesicht als das Fenster zu ihrem Wesen zu kaschieren, vergessen viele Trader nicht nur ihre Hände, sondern auch, dass es wiederum andere Trader gibt, die diese zu beobachten und daraus zu erraten wissen, was die oben lächelnd gekräuselten Lippen und die absichtlich indifferenten Blicke zu verschleiern versuchen … Und – für jeden kommt unweigerlich irgendwann der Augenblick, der alle diese mühsame Maskerade zunichtemacht: jene Sekunde, in der die Order abgegeben ist und der Trade eingebucht wird, oder jene Sekunde, in der ein Kurs verglichen oder eine Stopp-Order ausgeführt wird: In diesen Sekunden macht nahezu jede Hand unwillkürlich eine ganz persönliche, ganz individuelle Bewegung urtümlichen Instinkts und offenbart ganz schamlos das Geheimste eines Traders.
– Und wie war es bei dem Mann ein paar Tische weiter?
Philip schaute genauer hin. Die Schnelligkeit, mit der er seinen Stift zwischen den Fingern drehte, stand, so glaubte Philip mittlerweile scharfsinnig in diesen Dingen zu bemerken, im sonderbaren Gegensatz zu der verschwommenen und leeren, zeitgleichen starren und ziellosen Unbeweglichkeit seines Blickes. Philip musste schmunzeln.
– Ja … die Hände!
Philip hatte gesehen, was es zu sehen gab. Er wandte sich ab, faltete die Hände hinter den Kopf, streckte die Beine aus, sah, wie sich der helle Chao Phraya langsam vor seinen Blick verdunkelte, und schloss für einen Moment die Augen. Er lauschte den Stimmen der anwesenden Gäste und dem Gesang der Vögel. Dann fing er an, neugierig in seiner Tasche zu kramen.
– Ich habe sie doch eingepackt, oder nicht? Ah, das sind sie ja!
Philip hatte sich daran erinnert, was er über der Schönheit des bummelnd verbrachten Tages ganz vergessen gehabt hatte, und zog nun Jeromes Tagebücher hervor2: Eselsohren, nicht mehr ganz saubere Umschläge und leicht vergilbtes Papier. Philip nahm das erste der beiden Bücher zur Hand und begann, sich in Jeromes frühere Gedanken einzulesen. Zugegeben, für Philip waren Trading-Tagebücher und die darin enthaltenen Gedanken an sich nichts Neues, er hatte sich schon des Öfteren mit solchen beschäftigen dürfen, allen voran natürlich seinen eigenen. Doch niemals zuvor hatte der Inhalt eines fremden Tagebuchs einen solchen Eindruck auf ihn gemacht wie an diesem Abend! Warum? Nun, es handelte sich zwar im Grunde um die üblichen Dinge aus dem Leben eines Tradinganfängers, der sich das »Trading auf eigene Faust« beibrachte, aber das Geschriebene wies eine geradlinige und detaillierte Vortragsweise im Stil echter Chronisten auf, die ganz offensichtlich auf dem Respekt einer Person vor sich selbst und seiner Familie fußte. Und genau jene Detailtreue, mit der Jerome beschrieb, welche Erlebnisse und Gedanken ihn in seinen ersten Handelswochen beschäftigten, begann Philip zu faszinieren. Mit wachsender Begeisterung und dem erforderlichen Ernst und Respekt vertiefte er sich in Jeromes teilweise ausführlichen, gelegentlich aber auch nur stichpunktartigen Eintragungen. Und so begannen sich in seinem Kopf bunte Bilder und zusammenhängende Geschichten von dramatischen Handelstagen und ehrlichen Gedanken zu firmen.
1Sehr ausführlich widmen sich diesem Thema u. a. meine Bücher DER HÄNDLER,Band 4 und 5. Details unter:www.derhaendler.com.
2Wir erinnern uns an DER HÄNDLER, Band 6: Die Tagebücher bekam Philip während eines Besuches in Jeromes Haus überreicht.
Ein Hundert-Punkte-Trade und ein Rückblick auf einen Betriebsausflug, einen mitternächtlichen Handschlag, einen Seminarbesuch und ein Vierteljahr, in dem die Selbstverwirklichung zur Bestimmung avancierte, einschließlich einiger grausam geköpfter Strichmännchen. Und ein Tagebuch, im Stillen geschrieben auf einer kleinen Bank im Garten …
Normalerweise begann Jerome den Tag mit ein paar frischen, noch warmen Brötchen. Dazu genoss er seinen Kaffee und blätterte in der Lokalzeitung. Normalerweise! Heute aber war alles anders. Denn dieser Tag fing anders an als die anderen. Mit einem »Monstertrade« im DAX-Future nämlich – und der krachte ohne Vorwarnung mit einem riesigen Gap fast durch die Decke seines Arbeitszimmers.
08:00:12 Uhr Eröffnungskurs: 6354 Punkte + 52 Zähler + 0,8 %
Schweigen.
Erste Frage: Welcher halbwegs gesunde Trader gibt noch um 21:49 Uhr eine Long-Order in einen Markt ein, bei dem elf Minuten später eine zehnstündige Handelsunterbrechung beginnt?
Antwort: Sicher viele Trader.
Zweite Frage: Welcher halbwegs gesunde Trader gibt noch um 21:49 Uhr eine Long-Order in einen Markt ein, den er auf einem 10-Minuten-Chart analysiert?
Antwort: Sicher ebenfalls viele Trader.
Dritte Frage: Welcher Trader gibt um 21:49 Uhr eine Long-Order zur Positionseröffnung ein, weil er aus dem Chartverlauf der letzten Handelsminuten eine Übernacht-Position ableiten konnte?
Antwort: Wahrscheinlich keiner.
Oha! Außer natürlich … er: Jerome, vierunddreißig Jahre alt und immer noch verdammt gut aussehend. Seine Freundinnen sagten immer, er sei eine jüngere Version von Brad Pitt, nur dankenswerterweise ohne dessen trüben Schlafzimmerblick.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!