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Pilgern liegt im Trend. Besonders in den Heiligen Jahren wandern heute wieder viele Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Sie stehen damit in einer Tradition, die bis ins 9. Jahrhundert zurückgeht, jedoch im 17. Jahrhundert einen Einbruch erlebte. Eine wirkliche Erklärung für die neue Popularität des Jakobswegs gibt es bisher nicht, es liegen nur wenige Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen vor. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, strukturelle Unterschiede der mittelalterlichen zur heutigen Pilgerfahrt aufzuzeigen sowie die Motivationen, mit denen sich die Pilger damals und heute auf ihre Reise begaben. Dominieren in unserer modernen Gesellschaft noch religiöse Beweggründe, die eine Pilgerreise begründen? Oder liegen die Motivationen der Reisenden vielmehr in dem Wunsch begründet, aus dem Alltag auszubrechen und alle Verpflichtungen hinter sich zu lassen? Der Jakobsweg als Europäische Kulturstraße fand bisher nur selten Eingang in die Fachliteratur der Gegenwart. Aus diesem Grund widmet sich die Autorin den Erfahrungsberichten der Pilger und gewinnt daraus Erkenntnisse über den heutigen Jakobsweg. Die aussagekräftige Literatur von Klaus Herbers und Robert Plötz beeinflusste die bisherigen Forschungsergebnisse, sodass die genannten Autoren auch im vorliegenden Buch, insbesondere bei den strukturellen Veränderungen der Gesellschaft des Mittelalters, herangezogen werden. Aus dem Inhalt: - Legende des Jakobus; - Pilgerwesen; - Jakobsweg im Mittelalter; - Jakobsweg in der Gegenwart
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Seitenzahl: 133
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Jakobsweg
2.1 Die Legende des Jakobus
2.2 Jakobus und seine Missionstätigkeit in Spanien
2.3 Pilgerkleidung und Pilgerzeichen
2.4 Wallfahrt vs. Pilgerfahrt
3 Die Geschichte des Pilgerwesens
3.1 Die Entstehung von Pilgerorten
3.2 Die Gräber der Märtyrer und der Reliquienkult
3.3 Marienverehrung
4 Der Jakobsweg im Mittelalter
4.1 Die Politik als Ursache der Pilgerfahrt
4.2 Die mittelalterliche Gesellschaft im Umbruch
4.3 Status der Pilger
4.4 Der Pilgerführer im Mittelalter
4.5 Die Wege der Pilgerreisenden
4.6 Die Unterkünfte
4.7 Arten, Motive und Wandel der Pilgerreise
4.7.1 Wirtschaftliche Aspekte der Pilgerreise
4.7.2 Der Missbrauch der Pilgerbezeichnung
4.8 Die Krise der Pilgerfahrt
4.8.1 Kritik an Reliquienverehrung und Wundertaten
4.8.2 Reformatorisches Gedankengut, Kriege und Armut
4.9 Zusammenfassung
5 Der Jakobsweg der Gegenwart
5.1 Der Jakobsweg als Erste Europäische Kulturstraße
5.1.1 Identität
5.1.2 Europäische Identität
5.2 Die Wege der Pilgerreisenden
5.3 Die Unterkünfte
5.4 Motive einer Pilgerreise
5.4.1 Religiöse Motive
5.4.2 Spirituelle Motive
5.4.3 Kulturelle Motive
5.4.4 Sportliche Motive
5.4.5 Sonstige Motive
5.5 Phasen der Pilgerfahrt
5.6 Institutionelle und persönliche Authentizität
6 Der Jakobsweg in den Medien
6.1 Der Jakobsweg in der Tageszeitung
6.2 Pilgerberichte vom Jakobsweg
7 Resümee
8 Ausblick
9 Literaturverzeichnis
10 Internetquellen
11 Anhang
Im Königreich Asturien wurde zu Beginn des 9. Jahrhunderts die Grabstätte des Apostels Jakobus des Älteren entdeckt. Dort wurde eine Kirche errichtet, die mit der Zeit der Stadt Santiago[1] de Compostela von einer regionalen Bekanntheit hin zu einer enormen Popularität verhalf. Das Grab des Apostels wurde zu einem der bedeutendsten Pilgerziele vieler Christen. Gesellschaftliche sowie politische Umstände im 17. Jahrhundert waren für eine Krise des Jakobswegs verantwortlich.
Die erneute Popularität des Jakobsweges in der Gegenwart zeigt sich in den Heiligen Jahren, wenn besonders viele Pilger auf dem Weg nach Santiago anzutreffen sind.
Mit der Ernennung der Jakobswege durch den Europarat erlangte der Jakobsweg europaweite Aufmerksamkeit und es machten sich immer mehr Menschen zu Fuß, oder mit dem Fahrrad auf den Weg. Wenn die Reise von einer spirituellen oder religiösen Motivation begleitet wird, so erhalten die Pilger nicht nur einen Ablass, sondern auch das Zeugnis der abgelegten Pilgerreise, die „Compostela“[2].
Durch das Pilgern erhält das Gehen einen ungewohnt hohen Stellenwert in unserer modernen Industriegesellschaft, deren Mitglieder eigentlich durch die Massenmobilität und die optimale Infrastruktur einen längeren Fußmarsch nicht auf sich nehmen müssten.[3]
Es werden etliche Stimmen laut, die einen Erklärungsansatz für die gesteigerte Laufbereitschaft der Pilger bieten.[4] Jedoch genügen diese Thesen nicht, um die Popularität des Jakobsweges zu erklären.
Die Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela erfreut sich in der Literatur erst seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit, sodass noch recht wenige Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen vorliegen. Aussagekräftige Literatur von Klaus Herbers und Robert Plötz beeinflussten die Forschungsergebnisse, sodass die genannten Autoren auch in der vorliegenden Arbeit, besonders bei den strukturellen Veränderungen der Gesellschaft im Mittelalter, herangezogen werden.
Der Jakobsweg als Europäische Kulturstraße fand bisher nur selten Eingang in die Literatur der Gegenwart. Aus diesem Grund wird versucht, aus den Erfahrungsberichten der Pilger Erkenntnisse über den heutigen Jakobsweg zu ziehen.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, strukturelle Unterschiede der mittelalterlichen zur heutigen Pilgerfahrt aufzuzeigen sowie die Motivationen, mit denen sich die Pilger damals und heute auf ihre Reise begaben. Dominieren in unserer modernen Gesellschaft noch religiöse Beweggründe, die eine Pilgerreise begründen? Oder liegen die Motivationen der Reisenden vielmehr in dem Wunsch begründet, aus dem Alltag auszubrechen und alle Verpflichtungen hinter sich zu lassen?
Zu Beginn wird die Person und das Wirken des Heiligen Jakobus sowie eine mit ihm zusammenhängende Legende beschrieben. Anschließend wird eine grundlegende inhaltliche Differenzierung der Begriffe „Pilgerfahrt“ und „Wallfahrt“ vorgenommen, sodass eine einheitliche Verwendung innerhalb der Arbeit stattfinden kann.
Die historische Entwicklung des Pilgerwesens wird im dritten Kapitel behandelt, woran sich dann im vierten Kapitel der mittelalterliche Jakobsweg anschließt. Es wird betrachtet, welche Umstände die Pilgerreise im Mittelalter auslösten und welchen Veränderungen die Gesellschaft jener Zeit ausgesetzt war. Die damals eingesetzten Pilgerführer und die ausgewählten Wege und Unterkünfte der Reisenden werden analysiert, bevor der Fokus auf die Motive einer Pilgerreise gerichtet wird. Gegen Ende des vierten Kapitels wird herausgearbeitet, weshalb die Pilgerreise in eine Krise geriet, bevor in der Zusammenfassung ein Überblick über die bisher gewonnenen Erkenntnisse gegeben wird.
Um die biblische Figur des Jakobus ranken sich einige Legenden. Der vermutlich aus Galiläa stammende Jakobus war ein Fischer am See Genezareth, ebenso wie sein Vater und sein Bruder Johannes.[5] Gemeinsam mit den Galiläern Petrus und Andreas wurde Jakobus in den Kreis um Jesus aufgenommen. Bis zum Tod Jesu gehörte er dem engsten Kreis der Jünger an.[6] Jakobus und Johannes erhielten von Jesus den Auftrag zu predigen. [7]
Diese Predigten sollen nach der Himmelfahrt Christi zunächst in Spanien stattgefunden haben. Nach eher fruchtlosen Bemühungen soll Jakobus mit seinen Jüngern jedoch ins Heilige Land zurückgekehrt sein.[8] Das Wort Gottes hatte dort an Bedeutung verloren. Vielmehr standen die Wunder des pharisäischen Zauberers Hermogenes und dessen Schülers Philetus im Vordergrund. Überzeugt von den Wundertaten des Jakobus, verkündeten auch sie das Wort Gottes.[9] Diese Missionstätigkeit war den Juden in Palästina ein Dorn im Auge. Über den Hohepriester Abjathar ließen sie ihn bei König Herodes anklagen, woraufhin Jakobus zum Tode verurteilt wurde.[10] Während Jakobus den Weg zu seiner eigenen Vollstreckung beschritt, heilte er einen Lahmen. Josia, ein Schriftgelehrter und Begleiter des Jakobus sah das Wunder und ließ sich von ihm taufen, um Christ zu werden. Abjathar enthauptete zur Strafe beide Männer. Er erlitt als erster Apostel das Martyrium im Jahre 44 n. Christus. In der Legende wird daran anknüpfend von der wundersamen Überfahrt des Jakobus nach Spanien berichtet. Der Leichnam des Heiligen wurde von einem unbemannten, von hoher See kommenden, steinernen Schiff abgeholt und an die galizische Küste gebracht. Nach einer sieben-tägigen Reise erhob sich der Leichnam, am Ziel angekommen, in die Luft und verschmolz mit der Sonne. Erfüllt mit dieser Kraft konnte er jenen Ort erreichen, an dem sein Grabmal errichtet werden sollte. Im Laufe der Zeit geriet das Grabmal jedoch in Vergessenheit.[11]
Erst zur Zeit von Alfonso II. von Asturien (759- 842) wurde das Grab des Heiligen Jakobus wiederentdeckt.[12][13] Ein hell erleuchteter Stern soll einen Einsiedler auf das Apostelgrab aufmerksam gemacht haben.[14] An der Grabesstelle ließ Alfonso II. eine Kirche errichten. Um das Grab zu schützen, fiel das angrenzende Land in den Besitz der Kirche.
An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass die Grabstätte des Jakobus zu einer Zeit aufgefunden wurde, in der die muslimische Herrschaft auf der iberischen Halbinsel zu spüren war. Nach Herbers waren die Absichten der Muslime jedoch weniger darauf ausgerichtet, die Herrschaft flächenmäßig auszubreiten, sondern vielmehr die Oberhoheit zu demonstrieren. Sowohl in Spanien lebende Muslime, als auch Christen waren der muslimischen Herrschaft unterworfen. Zudem bewohnten weiterhin einige Christen den Norden Spaniens (hier ist auch Santiago de Compostela gelegen), wo sie die muslimische Herrschaft ablehnten. Sie lehnten sich zuerst gegen die Muslime auf und drängten dazu, eine eigene Organisation der Kirche zu etablieren. Das Ziel war hierbei, die Führungsdominanz der christlichen Mitglieder in den nördlichen Regionen zu betonen, auch wenn sie unter muslimischer Herrschaft lebten.[15]
Zwischen dem 4. und 8. Jahrhundert lassen sich in den Quellen spanischer Autoren keine Indizien für eine Missionstätigkeit des Jakobus in Spanien finden. Eine veränderte lateinische Übersetzung der in griechisch niedergeschriebenen Apostelkataloge tauchte jedoch am Anfang des 7. Jahrhunderts innerhalb der westlichen Welt auf.[16] Es kamen einige Texte hinzu, die eine Missionstätigkeit des Jakobus in Spanien, sowie seine Rückkehr ins Heilige Land und sein dortiges Ableben beinhalten. Die spanische Christenheit lehnte diese Texte jedoch ab und bekämpfte sie mit aller Gewalt. Zeitgleich wurden diesen Schriftstücken andere Berichte aus Spanien und dem europäischen Ausland gegenübergestellt. [17] Die Aussagen über eine Missionstätigkeit des Apostels in Spanien gewannen erst mit der muslimischen Invasion größere Bedeutung. Der in Oviedo beheimatete Mönch Beatus bestätigte jedoch in seinen verfassten Kommentaren zur Apokalypse im Jahr 776 die Christianisierung Spaniens durch Jakobus. Der Heilige Jakobus wurde durch Beatus und den asturischen König Mauregatus zum Schutzherren der iberischen Halbinsel ernannt. Erfolglose Angriffe auf das asturische Reich durch die Muslime und der Tod des Königs verhalfen dem Apostel zu wachsender Beliebtheit.[18]
Bereits hier kündigte sich eine große Identifikation der spanischen Bevölkerung mit dem Apostel an, die mit dem Auffinden der Grabstätte noch einmal verstärkt wurde. Beatus gelang es, Jakobus als Schutzpatron Spaniens zu ernennen und die Auffindung des Grabes noch einmal voranzutreiben. „In dieser Atmosphäre des Glaubens, der Angst und der Hoffnung auf ein Wunder“[19] dauerte es demnach nicht lange, bis ein paläochristliches Grab aufgefunden und mit den Gebeinen des Heiligen Jakobus assoziiert wurde.[20]
Ob eine Missionstätigkeit des Apostels Jakobus in Spanien wirklich stattfand, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Dass die sterblichen Überreste des Apostels in Santiago de Compostela begraben liegen, scheint jedoch mehr als unwahrscheinlich zu sein. Bottineau sieht eine Folge von Irrtümern als Grund an.[21] Die sterblichen Überreste stammen vermutlich aus der Grabstätte eines antiken Friedhofs. Das Wort „compostela“[22] hat seinen Bedeutungsursprung in dem Wort „compostela“[23] oder „compostum“[24] (Friedhof) und nicht wie häufig angenommen in „campus stellae“[25] (Feld des Sterns).[26]
Eine typische Kleidung, die reisende Männer und Frauen als Pilger[27] identifizierte, entwickelte sich erst im Laufe der Jahrhunderte. Die Menschen auf Reisen hatten zunächst einen langen Wanderstab bei sich, um sich auf unwegsamem Gelände zu stützen oder vor wilden Tieren zu schützen. Aufgrund der Tatsache, dass der Stab auch immer häufiger gegen andere Reisende eingesetzt wurde, durfte der Wanderstab keinen Eisenbeschlag aufweisen. Am oberen Ende befestigten die Reisenden meist eine mit Wasser gefüllte Flasche.[28]
Das gesamte Hab und Gut eines Pilgers sowie sein Proviant befanden sich in der Pilgertasche. Stab und Tasche wurden im Laufe der Zeit zu Erkennungsmerkmalen für die Pilgerschaft im Hochmittelalter.[29] Die Pilger waren es gewohnt, von der Hand in den Mund zu leben, als Zeichen des Verzichts auf ein Übermaß und im Vertrauen auf Gott.[30]
Die Pilger trugen des Weiteren einen ärmellosen Mantel, der Schutz vor Wind und Wetter bot und außerdem als Decke zu Einsatz kam, wenn keine Herberge gefunden wurde. Ein breitkrempiger Hut kam im 13. Jahrhundert zum Schutz vor Sonne und Regen zum Einsatz. Auf ihm befestigte man nach Erreichen seines Zieles das Pilgerabzeichen. Der Hut bestand aus Filz, Stroh oder Bast.[31]
Ließen es die finanziellen Möglichkeiten zu, besaßen die Pilger ein zweites Paar Schuhe. Johannes Geiler[32] rät den Reisenden aufgrund seiner eigenen Erfahrungen, dass die Schuhe bequem sein sollen, aber „[...]nit gancz neü [...]“[33], sondern bereits eingelaufen.[34]
Die Kleidung diente zwar einige Zeit als Erkennungsmerkmal eines Pilgers, jedoch wurde die typische Bekleidung 1590 per Gesetz verboten.[35] Weiterhin wiesen andere Zeichen auf das Ziel einer unternommenen Pilgerreise hin. Pilger aus Jerusalem trugen Kreuze, Pilger aus Rom ein Petrusbild oder gekreuzte Petrusschlüssel. Pilgerreisende, die Santiago de Compostela bereist hatten, hatten eine Jakobsmuschel am Hut, der Tasche oder am Mantel befestigt. Die Muschel diente als Zeugnis für den Besuch am Grab des Heiligen Jakobus und sollte dem Pilger Schutz auf der Heimreise gewähren. [36]
Die Jakobsmuschel genügte jedoch nicht als Zeugnis für die Durchführung einer gerichtlich befohlenen Strafpilgerfahrt.[37] Am Pilgerort musste deshalb ein schriftliches Zeugnis ausgestellt werden.
Der Wert des Pilgerzeichens überdauerte eine Pilgerreise und noch viele Jahre danach. In manchen Fällen wurden die Pilgerzeichen als eine Art Medizin eingesetzt, wenn der erkrankte Körperteil mit dem Gegenstand in Berührung gebracht wurde oder es in Wasser getaucht als Medizintrank verabreicht wurde.[38]
Die Muschel als Symbol der Jakobswege
Man kann dem Symbol der Muschel in vielen Bildern, Wegeszeichen oder Reiseführern begegnen.
Der Ursprung ist auf eine Legende zurückzuführen. Die sterblichen Überreste des Heiligen Jakobus sollen mit einem Schiff vom Heiligen Land nach Santiago gebracht worden sein.[39] An dem Tag, als das Schiff an Spaniens Küste ankam, feierte dort auch eine Hochzeitgesellschaft. Das steuerlose Schiff ließ die Gesellschaft misstrauisch werden und die Angst entstehen, dass das Schiff kentern könnte. Um die Insassen vor dem Ertrinken zu retten, ritt ihnen der Bräutigam auf seinem Pferd im Wasser entgegen. In diesem Moment beruhigte sich die See und das Schiff kam ruhig an der Küste an. Als der Bräutigam auf dem Festland auftauchte, soll er mit Muscheln bedeckt gewesen sein.[40]
Wie bereits erwähnt, wurde die Muschel als Pilgerabzeichen ab dem 12. Jahrhundert an den Gewändern oder Hüten befestigt und als Souvenir mit nach Hause genommen.[41] Ähnlich einer Predigt sollten die Pilger das Symbol der Muschel weiter interpretieren.[42]
Bereits die Jakobsbücher[43] weisen auf die Jakobsmuschel hin.[44] Die Pilgerreisenden sollten am Wegesrand nach Santiago einen Palmzweig pflücken und auf dem Rückweg eine Muschel mitnehmen. Diese repräsentiere die Liebe Gottes und derjenige, der eine solche Muschel bei sich führe, unterstehe den Geboten Gottes.[45]
Drouve und Hauf verweisen außerdem auf die Assoziation der Muschel mit der Göttin Venus. Diese bestünde aufgrund der Form der Muschel, die die weiblichen Geschlechtsorgane abbildete. Deshalb sei die Muschel auch ein Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit.[46]
Bei Ausgrabungen an den Jakobswegen wurden etliche solcher Muscheln gefunden. Sie wurden als Grabbeigabe und in Flussbetten entdeckt. Die Funde werden auf das 11. Jahrhundert datiert, wobei die künstlerische Abbildung der Jakobsmuschel erst im 12. Jahrhundert begann.[47]
Muscheln am heutigen Jakobsweg dienen als Wegweiser.[48] Ursprünglich stellten die Zwischenräume die unterschiedlichen Wege dar, die alle nach Santiago de Compostela führen. Mittlerweile wurde aus der Muschel ein Richtungspfeil, der Pilgerreisenden den Weg weist.[49]
„Der Herr sprach zu Abraham: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. [...] Da zog Abraham weg, wie der Herr ihm gesagt hatte, [...]“[50]
Diese Worte Gottes an Abraham beschreiben die Charakteristika eines Pilgers treffend. Abraham lässt sein Hab und Gut zurück und seine Heimat hinter sich. Der Weg ist ihm noch nicht klar und das Ziel ist weit entfernt. Abraham ist ein Fremder und nur durch seinen Glauben geleitet. Er ist der erste Pilger[51], der sich sein ganzes Leben auf einer Pilgerreise befand.[52]
Es ist schwierig eine Definition des Begriffs „Pilger“ anzustellen und dabei alle wesentliche Elemente und Charakteristika eines Pilgers zu berücksichtigen. Aus den verschiedensten Perspektiven können Pilgerreisende betrachtet und somit definiert werden. Trotz allem ist es unerlässlich, den Pilgerbegriff mit Bedeutung zu füllen.
„El peregrino es la persona que recorrealgún camino por motivos religiosos.“[53] („Der Pilger ist jene Person, die irgendeinen Weg aus religiösen Gründen zurücklegt.“)