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Die ersten beiden Fälle von Kajsa Coren erstmals in einem E-Book Bundle!
Der Junge, der Rache schwor
Das unerwünschte Kind.
Als ein älteres Ehepaar auf ihrem Hof in Asker ermordet aufgefunden wird, ist die in der Nachbarschaft wohnende Fernsehjournalistin Kajsa Coren sofort vor Ort. Seitdem ihr Mann als Profiler für die Polizei arbeitet, widmet sich Kajsa eigentlich ausschließlich politischen Reportagen. Dass ihre aktuelle Recherche zu einer Reihe von Missbrauchsfällen in Kinderheimen jedoch im Zusammenhang zu dem Doppelmord stehen könnte, ahnt sie zunächst nicht. Als es Kajsa dann gelingt, immer mehr Puzzleteile zusammenzufügen, kommt sie dem Täter gefährlich nahe …
Das Haus, in dem das Böse wohnt
Die helfende Hand.
Fernsehjournalistin Kajsa Coren dreht einen Dokumentarfilm über ihre Mutter, als ihr Gerüchte über falsch verabreichte Medikamente und verdächtige Todesfälle in dem Pflegeheim, in dem auch Bibbi untergebracht ist, zu Ohren kommen. Als die Krankenschwester Ingrid brutal ermordet wird, richtet Kajsa ihre Kamera nicht mehr allein auf ihre Mutter. Was hat Ingrid über die plötzlichen Todesfälle im Heim gewusst – und war ihr genau dieses Wissen zum Verhängnis geworden? Kajsas Unruhe wächst, als ein zehnjähriger Junge vom Fußballplatz vor dem Pflegeheim spurlos verschwindet. Dabei ahnt sie nicht, wie nah ihr dieser Fall noch gehen wird …
Kajsa Corens erster und zweiter Fall – zwei packende Romane von einer internationalen Bestsellerautorin.
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Seitenzahl: 749
Das unerwünschte Kind.
Als ein älteres Ehepaar auf ihrem Hof in Asker ermordet aufgefunden wird, ist die in der Nachbarschaft wohnende Fernsehjournalistin Kajsa Coren sofort vor Ort. Seitdem ihr Mann als Profiler für die Polizei arbeitet, widmet sich Kajsa eigentlich ausschließlich politischen Reportagen. Dass ihre aktuelle Recherche zu einer Reihe von Missbrauchsfällen in Kinderheimen jedoch im Zusammenhang zu dem Doppelmord stehen könnte, ahnt sie zunächst nicht. Als es Kajsa dann gelingt, immer mehr Puzzleteile zusammenzufügen, kommt sie dem Täter gefährlich nahe …
Die helfende Hand.
Fernsehjournalistin Kajsa Coren dreht einen Dokumentarfilm über ihre Mutter, als ihr Gerüchte über falsch verabreichte Medikamente und verdächtige Todesfälle in dem Pflegeheim, in dem auch Bibbi untergebracht ist, zu Ohren kommen. Als die Krankenschwester Ingrid brutal ermordet wird, richtet Kajsa ihre Kamera nicht mehr allein auf ihre Mutter. Was hat Ingrid über die plötzlichen Todesfälle im Heim gewusst – und war ihr genau dieses Wissen zum Verhängnis geworden? Kajsas Unruhe wächst, als ein zehnjähriger Junge vom Fußballplatz vor dem Pflegeheim spurlos verschwindet. Dabei ahnt sie nicht, wie nah ihr dieser Fall noch gehen wird …
Kajsa Corens erster und zweiter Fall – zwei packende Romane von einer internationalen Bestsellerautorin.
Trude Teige, Jahrgang 1960, ist eine bekannte Journalistin und gehört zu den erfolgreichsten Kriminalautorinnen Norwegens.
Im Aufbau Taschenbuch liegen bisher folgende Romane mit Kajsa Coren vor: „Totensommer“, „Das Mädchen, das schwieg“, "Die Frau, die verschwand" und "Der Mann, der nicht vergessen konnte".
Gabriele Haefs übersetzt aus dem Schwedischen, Norwegischen, Dänischen, Englischen, Niederländischen und Irischen, u. a. Werke von Jostein Gaarder, Anne Holt und Camilla Grebe. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Akademika-Preis der Universität Oslo und den norwegischen Ritterorden 1. Klasse. Sie lebt in Hamburg
Andreas Brunstermann übersetzt Romane und Sachbücher aus dem Norwegischen und Englischen. Er lebt in Berlin.
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Trude Teige
Der Junge, der Rache schwor & Das Haus, in dem das Böse wohnt
Die ersten beiden Fälle von Kajsa Coren erstmals in einem E-Book Bundle!
Aus dem Norwegischenvon Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann
Inhaltsverzeichnis
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Der Junge, der Rache schwor
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Nachwort
Das Haus, in dem das Böse wohnt
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Impressum
Trude Teige
Der Junge, der Rache schwor
Kriminalroman
Aus dem Norwegischenvon Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann
Für Bjørn
18. August 1966
Der Junge zog seine Hose herunter. Nicht ein Wort wurde gesagt. Die Tränen drängten hervor und liefen ihm über die Wangen, als ihn die Rute traf, obwohl er alles versuchte, um nicht zu weinen. Lautlos zählte er mit. Eins, zwei, drei, vier, fünf – die Hälfte geschafft.
Er hatte solch schreckliche Angst. Er begriff nicht, warum er hier sein musste, warum er hergebracht worden war, weg von seinen Eltern. Er sagte sich jeden Abend beim Schlafengehen, dass er ein tüchtiger und großer Junge sein müsse, er dürfe das Bett nicht nassmachen. Denn wenn er brav wäre, würde ihn ganz bestimmt irgendwer wieder nach Hause bringen. Es sollte doch nur für ein paar Tage sein, hatte Papa gesagt. Und Papa war eigentlich lieb.
Aber fast jede Nacht wurde er geweckt, von seinem eigenen Weinen, nass vor Schweiß und Pisse. An den ersten Tagen hatten sie einfach das Bett neu bezogen, ihn streng angeschaut und gesagt, damit müsse er aber aufhören. Das hatte nichts geholfen. Denn er hatte solche Angst, die ganze Zeit tat ihm der Bauch weh, und das Herz auch. Sie begriffen nicht, dass er deshalb das Bett nassmachte.
Sechs, sieben, acht, neun, zehn. Er zog die Hose hoch, erwiderte aber nicht den Blick des Mannes, der ihn geschlagen hatte, er starrte nur den Boden an, biss die Zähne zusammen, um die Tränen zurückzuzwingen, aber sie strömten einfach weiter.
Mit noch immer gesenktem Kopf ging er hinaus auf den Flur. Der Mann kam hinterher, öffnete die Tür zum Verschlag unter der Treppe. Er hätte lieber noch zehn Hiebe bekommen. Es war schlimm, wenn ihn jemand schlug, aber es war viel schlimmer, dort in der Finsternis zu sitzen und zu wissen, dass er ganz allein war. Ganz allein auf der ganzen Welt.
Er war erst fünf Jahre alt, aber bald würde er sechs werden. Und eines Tages würde er groß und stark sein. Dann würde er sich rächen. Wenn er daran dachte, fürchtete er sich weniger. Aber nur ein bisschen weniger. Er rollte sich auf dem Boden zusammen, schlang sich die Arme um den Leib und weinte lautlos. Niemand sollte ihn hören.
Er durfte nicht weinen.
5. Mai 2002
Er stand ganz still am Waldrand auf dem anderen Seeufer und schaute zum Haus hinüber. Er stand schon lange so, bewegungslos. Er war schwarz gekleidet, schwarze Mütze, schwarze Hose und schwarzer Pullover mit Kapuze. Auch sein Rucksack war schwarz, und darin hatte er alles, was er während der nächsten Tage brauchen würde.
Es würde dauern. Es sollte dauern.
Er schaute auf die Uhr, blickte zum Himmel über den Baumkronen, wartete auf die Dunkelheit. Schwere Wolken jagten über den Himmel. Bald würde es anfangen zu regnen, denn in den letzten Tagen war das Wetter milder geworden. Er verspürte ein leises Ziehen im Zwerchfell, aber er war nicht nervös oder unruhig, er war guter Stimmung.
Es war so weit. Bald würde es vollbracht sein, das Gleichgewicht wäre wiederhergestellt.
Das Einzige, was ihn störte, war der Waldgeruch. Er liebte diesen Geruch: der Geruch von Geborgenheit, der Geruch von guten Dingen. Der Wald war sein Freund. Hierher gehörte er. Wenn er in seinem Versteck unter dem Schutzdachunter der großen Kiefer lag, wo sonst nie jemand vorbeikam, hatte er das Gefühl, sich in eine innige Umarmung zu schmiegen; er war klein und umschlossen von einer Güte, die ihm kein Mensch geben konnte. Dort würde er ohne die bösen Gedanken schlafen. Er war vollkommen sicher. Nichts konnte passieren.
Er schloss die Augen, für einen kurzen Augenblick hörte er Geräusche aus einer fernen Vergangenheit: die Glocken der Schafe auf der Weide, die Kühe, die grasten, und das Pferd, das im Pferch wieherte, er nahm den Geruch von frisch gemähtem Gras wahr, das prickelnde Gefühl von in der Sonne getrocknetem Heu, den Duft von Sommer, warmes Moos auf großen Steinen, und er spürte, dass das alles so nah war, als wäre es wahr. Hier. Jetzt. So hatte er als Kind oft gedacht, so hatte er empfunden, wenn er allein war und träumen konnte, dass all das für ihn da war, dass alles gut war. Aber es war nicht wahr, denn so war das Leben nicht, war es nie gewesen. Es war nur eine Vorstellung.
Er atmete langsam durch die Nase aus, öffnete die Augen und schaute sich um. Alles war verfallen und überwuchert, es war ganz still, als gäbe es hier keinerlei Leben.
Er musste sich konzentrieren, durfte die Gerüche nicht an sich heranlassen, durfte nicht an das denken, was er nie bekommen hatte, das Verlorene, durfte nur an das denken, was er durchführen wollte, das tun, zu dessen Vorbereitungen er so viel Zeit gebraucht hatte. Sein ganzes Leben.
Still ging er am Waldrand entlang, um den kleinen See herum, zur Rückseite der Scheune, schlich an der Wand weiter, rannte über einen kleinen offenen Hofplatz, bis er hinter dem Haus stand. Er blieb stehen, lauschte mit geschärften Sinnen, glaubte für einen kurzen Moment, im Gestrüpp am Zaun einen Schatten zu ahnen, stand ganz still, aber er sah nichts und hörte auch nichts.
Wer würde denn an so einem kalten, unangenehmen Abend herkommen?, dachte er und lächelte nachsichtig über sich selbst. An allen Tagen und Nächten, die er hier am Waldrand gestanden hatte, hatte er fast nie Fremde gesehen, außer den Wenigen, die hier spazieren gegangen oder über den Weg am Haus vorbeigejoggt waren.
Er stellte seinen Rucksack ab, streifte die dünnen Latexhandschuhe über und zog sich die Mütze tief in die Stirn. Dann schlich er sich dicht an der Wand entlang, duckte sich unter dem Küchenfenster, stieg die Treppe hinauf und betrat den Windfang. Er hörte die Hunde bellen, als er die Hand hob, anklopfte und hineinging, ohne auf Antwort zu warten, denn er wusste, dass sie zu Hause waren. Sie waren immer zu Hause.
Kajsa Coren zwängte sich zwischen den geparkten Autos hindurch und lief zum Treppenhaus, während sie mit der Fernbedienung über ihre Schulter wies und das Auto verschloss, dann ging sie eilig zwei Treppen hoch, öffnete die Tür mit der Aufschrift »Finanzverwaltung« und trat hinaus in den offenen Innenhof im Parkhaus des Parlamentes.
Sie schaute auf die Uhr und beschleunigte ihr Tempo.
Die vier Jahre alte Thea war an diesem Morgen bockig gewesen. Sie hatte darauf bestanden, ihr Prinzessinnenkleid zu tragen. Alle Versuche zu erklären, dass es viel zu kalt für dieses dünne Kleid sei, und dass im Kindergarten gerade nicht Karneval gespielt werde, waren fruchtlos geblieben. Am Ende hatte Kajsa aufgegeben. Sollten die Angestellten im Kindergarten doch über Kajsas mangelnde Fähigkeit, ihrem Kind Grenzen zu setzen, denken, was sie wollten. Thea hatte sich die Tränen abgewischt und in ihrem Prinzessinnenkleid gestrahlt wie die Sonne, bis sie sich auf dem Gang die Mäntel angezogen und entdeckt hatten, dass die rosa Stiefelchen am Vortag im Kindergarten vergessen worden waren. Die blauen Cherrox konnte Thea nicht anziehen, die passten nicht zum Prinzessinnenkleid.
Zu diesem Zeitpunkt war Kajsa mit ihrer Geduld am Ende gewesen. Außerdem musste der sieben Jahre alte Anders um halb neun in der Schule sein. Sie hatte das Auto vor die Eingangstür gefahren, schnappte sich die heulende Thea und platzierte sie in dem Kindersitz. Die Kleine spannte ihren Körper wie einen Bogen, und Kajsa musste sie in den Sitz pressen und den Sicherheitsgurt mit Gewalt schließen. Anders setzte sich wortlos ins Auto. Kajsa kniff für einen Moment die Augen ganz fest zusammen. Okay. Ein neuer Tag. Das Leben ist gut.
In diesem Moment klingelte ihr Telefon.
»Hallo, hier ist Kajsa.« Sie versuchte, ruhig zu klingen, was ihr aber nicht so ganz gelang.
»Hallo? Spreche ich mit Frau Coren?«, fragte eine Männerstimme.
»Ja«, sagte sie.
»Störe ich?«
»Nicht doch«, antwortete sie. Aber die Lüge wurde durch Theas Geschrei verraten.
»Ich weiß nicht, ob Sie … ich glaube, dass … sind Sie in Eile?«
»Ein bisschen. Worum geht es?«
»Ach, das ist nicht so wichtig. Mir ist schon klar, dass ich ungelegen anrufe.«
Konnte der Kerl nicht kurz und klar sagen, worum es ging? Immer wieder riefen Leute an, die etwas von ihr wollten, die ewig brauchten, um zur Sache zu kommen, die dazu überredet werden mussten, damit herauszurücken, was sie auf dem Herzen hatten, Unbekannte, die irgendeine ihrer Reportagen über Schleudertrauma, Krebstherapien oder Kinderlosigkeit gesehen hatten. Oder es waren »Quälgeister«.
Alle Journalistinnen und Journalisten haben einen oder mehrere »Quälgeister«, Leute, die immer wieder anrufen, die sich auf irgendeine Weise auf eine bestimmte Person fixiert haben, vor allem, wenn ihr »Fall« einmal vorgestellt worden ist. Sie rufen an, weil sie mehr wollen, mehr Aufmerksamkeit, mehr Fokus auf ihre Situation, sie hegen einen Groll gegen die Gesellschaft, oft mit gutem Grund, aber zu irgendeinem Zeitpunkt haben sie vollständig ihren Wirklichkeitssinn eingebüßt, und verbittert schieben sie alle Schuld an ihrem beklagenswerten Leben anderen zu; Eltern, Lehrerinnen, Ärzten, Richtern, Politikern und Journalistinnen. Dieser Anrufer jedoch war keiner von diesen Bekannten.
»Es gibt da einen Fall … da Sie sich doch für die Schwachen in der Gesellschaft einsetzen … warum werden die nicht bestraft?«, waren die Bruchstücke, die sie nun hörte.
»Ich kann Sie nicht richtig verstehen, würden Sie mich später noch mal anrufen?«, fragte sie.
Der Mann sagte irgendetwas, aber auch das konnte sie nicht verstehen. Dann wurde es still am anderen Ende der Leitung.
Als sie bei der Schule ankamen, die Prinzessin weiterhin heulend auf der Rückbank, schien Anders nicht aussteigen zu wollen.
»Jetzt musst du dich beeilen, es klingelt schon«, sagte Kajsa. Sie wollte gelassen und liebevoll klingen, aber das gelang ihr nicht, sie streichelte die Wange des Siebenjährigen, als Gegengewicht zu ihrer harten und ungeduldigen Stimme.
»Ich will nicht in die Schule«, sagte er. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
»Natürlich willst du, alle Kinder gehen gern in die Schule.«
»Ich nicht«, sagte er hartnäckig. »Das ist langweilig.«
»Na gut, aber darüber reden wir heute Nachmittag. Geh jetzt.«
»Dann musst du mitkommen.«
»Ich kann doch Thea nicht allein lassen.«
»Ich will nicht.«
Sie sah ihn an, gleich würde er in Tränen ausbrechen. Sie hätte ihn gern an sich gezogen, gesagt, dass alles gut werden würde. Aber die Zeit hatte sie nicht.
Kajsa seufzte tief. »Okay.« Sie schloss Thea im Auto ein und lief mit dem widerwilligen Anders an der Hand auf das Schultor zu. Als sie sich verabschiedete, weinte Anders los und klammerte sich an sie. Am Ende musste sie sich losreißen.
Sie kniff die Augen zusammen, umarmte ihn hastig und in der Eile viel zu hart und rannte zurück zu der rosa Prinzessin, die noch immer so laut schrie, dass Kajsa es schon aus weiter Entfernung hörte.
Eine ältere Dame schaute durch das Fenster ins Auto, lächelte und winkte Thea zu.
»Wie behandeln Sie denn das arme Kind?«, sagte sie, als Kajsa die Autotür aufschloss. »Sie können doch nicht einfach weggehen und …« Dann veränderte sich ihre Miene. Sie musterte Kajsa forschend. »Kenne ich Sie nicht?«
»Nein«, sagte Kajsa, drehte ihr den Rücken zu und setzte sich ins Auto, während der weiße Pudel der Dame sie vorwurfsvoll anbellte. Blöde Töle! Sie fuhr vom Parkplatz und konnte den Kloß in ihrem Hals nicht mehr hinunterschlucken. Im Weiterfahren wischte sie sich die Tränen ab, begleitet von Theas zornigem Geheul auf der Rückbank.
Die ganze Zeit sah sie Anders‘ Gesicht vor sich. Wurde er gemobbt, wurde er von den anderen Kindern ausgeschlossen? Warum wurde er nie zu einem der anderen Jungen nach Hause eingeladen? Warum wollte er nicht in die Schule? Was war da passiert?
Er war so vorsichtig, keiner von den harten Jungs, den lauten, den körperlich robusten, er weinte leicht, er war so verletzlich.
Sie fühlte sich wie eine Versagerin. Kein Morgen, der einfach problemlos vergeht, an dem alles läuft. Warum bin ich die ganze Zeit so müde? Was mache ich falsch?
Als sie Thea im Kindergarten abgeliefert hatte, klingelte ihr Telefon wieder. Sie erkannte die Stimme des Mannes von vorhin. Kajsa seufzte lautlos. »Ja, hallo«, sagte sie freundlich. »Worüber wollten Sie mit mir sprechen?«
»Ich weiß nicht, ob das interessant für Sie ist, aber es wird so viel darüber geredet, Heimkindern Entschädigung und Wiedergutmachung zukommen zu lassen, und da wüsste ich gern, warum niemand von Strafe spricht.«
»Wie meinen Sie das?«
»Also, viele von denen, die diese Übergriffe begangen haben, leben ja noch. Warum sollen die ungeschoren davonkommen?«
»Die Fälle sind sicher verjährt?«
»Verjährt? Solche Übergriffe verjähren nie«, sagte der Mann mit harter Stimme.
Er hatte nicht unrecht. Kajsas Interesse war geweckt. Sie ließ sich seine Nummer geben und versprach, ihn zurückzurufen und eine Verabredung zu treffen.
Dieses Telefongespräch wollte Kajsa nicht aus dem Kopf, als sie endlich unterwegs zur Arbeit war. Sie hatte vom Auto aus angerufen und gesagt, sie werde sich zu dem Termin mit dem Vorsitzenden der parlamentarischen Sozialkommission leider verspäten.
Kajsa wollte diesem Mann eine Reportage aus einem Osloer Pflegeheim zeigen. Daraus ging hervor, dass nur eine einzige Person nachts für fast fünfzig pflegebedürftige alte Menschen zuständig war. Sie hatte den Beitrag bereits fertig redigiert, wollte ihn aber einigen Parlamentsabgeordneten der Opposition vorführen, ehe er ausgestrahlt würde, damit sie wüsste, was sie am folgenden Tag für die Nachfolgereportage über die politischen Reaktionen zu erwarten hätte.
Er hatte auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen. Er fühlte sich steif und starr, als er im Morgengrauen aufwachte. Er hatte die ganze Nacht hindurch schlecht geschlafen, die Erinnerungen hatten ihm keine Ruhe gelassen und ihm mehr gezeigt, als er wollte. Alles, was er sich zu vergessen bemüht hatte, war jetzt ganz nah an ihn herangerückt.
Die beiden Alten lagen zusammengekrümmt in den Hundekäfigen. Am Vorabend hatte er die Köter getötet und in den alten Düngerkeller geworfen.
Es war erbärmlich, dass die beiden Hunde gehabt hatten, zwei riesige hässliche Viecher. Er hatte gesehen, wie die Tiere versorgt wurden, in der Zeit, in der er hier alles beobachtet hatte, er hatte gesehen, wie die Alten sie mit liebevollen Händen streichelten, sie konnten lange auf der Treppe sitzen und einfach nur streicheln und streicheln, das Gesicht in das Fell schmiegen und freundlich mit ihnen reden. Ihm wäre fast schlecht dabei geworden.
Als er am Abend in die Küche gekommen war, hatten sie da bei ihrem Schnaps gesessen. Die Flasche hatte zwischen ihnen auf dem Tisch gestanden.
»Guten Abend«, sagte er. Höflich.
Die Frau hatte sich halbwegs erhoben und die Hunde besänftigt, die kläffend in ihren Käfigen standen.
»Was … wer sind Sie?«, rief sie erschrocken.
Er antwortete nicht sofort, blieb bei der Tür stehen und musterte sie. Sie war alt und dick. Sie hatte sich offenbar lange nicht mehr die Haare gewaschen, sie klebten an ihrer Kopfhaut.
»Haben Sie nicht gehört, was meine Frau Sie gefragt hat?«, nuschelte der Mann. Seine Mundwinkel waren dunkelbraun.
»Setz dich.« Das sagte er zu ihr, ohne die Stimme zu heben.
Es tat ihm gut zu sehen, wie sie auf ihren Stuhl zurücksackte. Für einige wenige Sekunden hatte er gemerkt, wie ihn die Nervosität packte, ihn klein und wehrlos machte. Aber dann hatte er sich wieder im Griff, und jetzt war er hier der Starke.
Er lief zum Tisch, packte die Flasche und leerte sie in den Ausguss.
»Was machen Sie denn da?«, rief der Mann. Nun war er es, der sich erhob. Die Frau blieb sitzen. Er ging zum Tisch, tippte dem Mann mit dem Zeigefinger auf die Brust. Das reichte, der Mann fiel auf den Stuhl zurück, sagte nichts, krümmte sich ein wenig zusammen und starrte ihn mit halb offenem Mund an.
»Es besteht kein Grund zur Aufregung«, sagte er ruhig. »Oder?« Er lächelte die beiden freundlich an.
Er bekam keine Antwort.
Kajsa lief durch die Unterführung von der Parlamentsgarage zum Fahrstuhl, der sie zur Wandelhalle im zweiten Stock bringen sollte. Mitten im Tunnel drückte sie im Vorbeieilen auf einen Schalter für den Lift. Sie legte die letzten Meter zurück und blieb atemlos vor der Fahrstuhltür stehen. Die Tafel zeigte, dass der Fahrstuhl das Erdgeschoss passierte, dann das Kellergeschoss, und nun das Untergeschoss erreichte. Kajsa trat einen Schritt zurück, als sie sah, dass mehrere Personen im Fahrstuhl standen.
Der Erste, der ausstieg, war der Sicherheitschef des Parlamentes. Er war ein kräftiger ehemaliger Militär von Anfang sechzig. Er hatte breite Schultern und die Haare zum Bürstenschnitt geschoren. Er erinnerte sie immer an den Elefanten Oberst Hathi aus dem »Dschungelbuch«-Film. Sie rechnete damit, dass sich seine Miene wie gewohnt beim Anblick einer Journalistin erhellen würde, dass er ihr die Hand auf die Schulter legen und mit breitem, neckenden Lächeln sagen würde: »Junge Frau, was sind Sie heute schön.« Er legte ihr zwar die Hand auf die Schulter, das jedoch nur, um sie freundlich, aber entschieden gegen die Wand zu drücken. Hinter ihm traten zwei Sanitäter mit einer Trage aus dem Fahrstuhl. Auf der Trage lag der ehemalige Ministerpräsident Trygve Jonsrud. Er, der Freiluftmensch, der immer unverschämt braun gebrannt war, hatte nun eine fahle graubleiche Hautfarbe. Sein Blick begegnete ihrem für einen kurzen Augenblick, sein Blick war trüb, sein Mund stand offen, er atmete in kurzen Stößen. Hinter der Trage kam der Fraktionssekretär der Partei. Kajsa fasste ihn am Arm. »Was ist passiert?«
Der Mann riss sich los. »Das hier haben Sie nicht gesehen«, fauchte er.
Die Träger und ihre Begleitung entfernten sich mit raschen Schritten durch den Tunnel. Kajsa ging hinterher, hielt sich ein Stück hinter ihnen, blieb dann vor den Glastüren zur Garage stehen und sah, wie der Ministerpräsident a. D. in den Rettungswagen geschoben wurde.
»Was ist passiert?«, fragte sie noch einmal, als der Sicherheitschef zurückkehrte, nachdem der Rettungswagen durch das Tor und in die Sicherheitsschleuse gefahren war.
Der Mann machte vor seinem Mund mit Daumen und Zeigefinger eine Reißverschlussbewegung.
»Aber wie ist sein Zustand?« Sie ließ nicht locker. »Ist es ernst?«
»Da müssen Sie andere fragen.«
»Beantworten Sie doch bitte eine einzige Frage: Wissen noch andere Presseleute davon?«
Er musterte sie nachdenklich. »Das glaube ich nicht«, sagte er und verschwand in seinem Dienstraum.
Sie musste in der Redaktion anrufen. Das hier waren »Hot News«. Nicht nur, weil ein Politiker in der Nationalversammlung des Landes von einem Unwohlsein überkommen worden war, sondern auch, weil er es war, der Parteivorsitzende, der ehemalige Ministerpräsident – und nicht zuletzt aufgrund des ganzen Wirbels, den es um ihn gegeben hatte. Bestimmt eine Sondersendung. Sie wählte die Nummer der Redaktion. Verdammt! Kein Netz. Sie rannte zurück zum Fahrstuhl und fuhr damit hoch in die Wandelhalle. Ein Journalist von Dagbladet unterhielt sich dort an einem der kleinen Tische mit einem Hinterbänkler der Rechtsliberalen. Sie ging in die Eidsvollsgalerie, wo sie ganz allein war, und wählte abermals die Nummer der Redaktion.
Eine Dreiviertelstunde später waren in der Wandelhalle Kamera und Scheinwerfer aufgestellt.
»Regie an Kajsa, kannst du mich hören?« In ihrem Ohr ertönte die Stimme des Produzenten.
»Laut und deutlich«, antwortete sie und hob für die Kamera den Daumen.
Die Wandelhalle füllte sich jetzt. Neugierige Pressekollegen von Zeitungen, Radio und anderen Fernsehsendern standen hinter und neben dem Kameramann. An diesem Tag herrschte im Parlament ein ziemliches Gedränge. Die Verteidigungsministerin musste sich dazu äußern, ob sie die Armee wirklich nicht unter Kontrolle hatte, wie es am Freitag in einer vielgesehenen Talkshow geklungen hatte. Die Tafel in der Wandelhalle, auf der die Abgeordneten verzeichnet waren, zeigte etwas so Seltenes wie fast vollständige Anwesenheit. Alle wollten dabei sein, wenn im Parlamentssaal eine Ministerin in die Mangel genommen wurde. Nur eine echte Regierungskrise bot bessere Unterhaltung als ein Regierungsmitglied, das vor voll besetztem Saal ausgefragt wurde, und Abgeordnete, deren Namen Kajsa kaum je gehört hatte, konnten zeigen, dass das Parlament das Sagen hatte und über der Regierung stand.
»Was ist denn los, Kajsa?«, rief ein Kollege von VG.
»Sondersendung«, antwortete sie.
»Gibt es ein Misstrauensvotum gegen die Verteidigungsministerin?«, fragte ein weiterer Zeitungsreporter überrascht.
Kajsa gab keine Antwort, sie lächelte nur. Sie zog das Haargummi von ihrem Pferdeschwanz, fuhr sich mit der Bürste durch die Haare, puderte sich die Nase, trug ein bisschen Lippenstift auf und füllte ihre Lunge mit Luft, atmete langsam aus und spürte das Prickeln in den Fingerspitzen. Sie wissen nichts. Ich bin die Einzige, die es weiß. »Breaking News.« Yes!
Immer weitere Politiker kamen dazu, tuschelten miteinander, fragten die Presseleute, was denn los sei, bekamen nur ein Schulterzucken zur Antwort, blieben abwartend stehen und sahen Kajsa an. Sie registrierte, dass sich auch einige Hinterbänkler von den Sozialdemokraten eingefunden hatten. Sie wussten offenbar nichts. Aber sie würde ihnen erzählen, dass ihr Chef zusammengebrochen war.
»Zwei Minuten bis Sendung«, wurde ihr mitgeteilt.
»Müsste Geir nicht kommen?«, fragte sie. »Ich habe keine Ahnung, wo er steckt, weiß das irgendwer?«
Ein Kollege von der politischen Abteilung kam die Treppe heraufgelaufen.
»Geir ist unterwegs«, teilte er atemlos mit.
Der Leiter der politischen Abteilung des Senders, Geir Hermansen, traf gleich darauf ein. Geschmeidig nahm er die beiden letzten Treppenstufen in einem eleganten Sprung und ging ruhig auf Kajsa zu. Da stand er dann lässig mit seiner Designerbrille und seinem Armani-Anzug; groß, schlank und blond. Die Frauen lagen Geir zu Füßen. Das heißt, die, die ihn nicht kannten, die es nicht wussten. Er fand das wunderbar, er flirtete zu gern mit ihnen, brachte sie dahin, wo er sie haben wollte, lud zu Wein ein, am liebsten Weißwein. »Frauen stehen schmale Gläser mit Stiel am besten. Kannst du dir etwas Schlimmeres vorstellen als eine Frau, die sich ein Bier hinter die Binde kippt?« Wenn das Restaurant schließen wollte, sagte er dann: »Nein, du kannst leider nicht mit mir nach Hause kommen, dann wäre Svein stocksauer.« – »Svein?«, fragte die Frau dann überrascht und fügte vielleicht hinzu: »Ist das dein Kater?«, während sie sich lächelnd zu ihm vorbeugte. Aber Geir antwortete wahrheitsgemäß, Svein sei sein Lebensgefährte. Dann lachte er laut, wenn auch nicht boshaft, über den Gesichtsausdruck der Frau. Er wollte diese jungen Frauen durchaus nicht verletzen, die noch nicht lange genug dabei waren, um das zu wissen, was allen bekannt war: Dass er schwul war.
»Wo hast du denn gesteckt?«, fragte sie irritiert.
»Im Trainingsraum im Keller«, erwiderte er ruhig. »Da ist die Mobilverbindung sehr schlecht.« Er lächelte. »Da hast du ja eine feine Sache am Wickel. Was weißt du?«
Kajsa teilte ihm kurz mit, was geschehen war.
»Was wirst du mich fragen?«, wollte Geir wissen.
»Keine Ahnung«, sagte sie. »Aber ich werde wohl die Tatsachen nennen, und dann kannst du laut über den Streit um den Parteivorsitz, die unmenschliche Arbeitsbelastung und so weiter nachdenken.«
»Okay. Also improvisieren wir.« Er wischte sich das Revers ab, als könnten sich dort Fussel befinden, was niemals der Fall war. »Das machen wir ja nicht zum ersten Mal«, erklärte er zuversichtlich.
In ihrem Ohr knisterte es.
»Kajsa! Hier ist Annette im Studio. Wir haben vom Rikshospital die Bestätigung, dass Jonsrud dort eingeliefert worden ist, aber mehr wollen sie nicht verraten, was soll ich dich fragen?«
Kajsa konnte der Nachrichtensprecherin nur zwei Fragen vorschlagen, ehe in ihrem Ohr der Countdown begann. »Zehn Sekunden«, sagte sie und hob für Geir zweimal die gespreizten Finger, ohne die Kamera aus den Augen zu lassen.
Er musste lächeln, als er ihnen Frühstück brachte. Essen mussten sie, er hatte ja nicht vor, sie verhungern zu lassen. Danach ließ er den Mann aus dem Käfig, damit er zur Toilette gehen könnte. Die Frau musste so lange im Käfig bleiben, er misstraute ihr zu sehr, sie wirkte stärker als der Mann. Der Mann schleppte sich mit steifen, unsicheren Schritten durch die Küche.
Sie sagten nichts mehr. Anfangs hatten sie hysterisch geplappert, am Ende hatte er sich nicht mehr beherrschen können und ihr eine Ohrfeige verpasst, obwohl er doch vorgehabt hatte, ganz kalt und ruhig zu bleiben, beherrscht. Danach sagten die beiden nichts, er konnte jetzt ihre Angst sehen. Die Augen der Frau zeigten nun einen Anflug von Apathie, als ob sie sich einfach mit allem abfände, was passieren würde. In ihr gab es keine Stärke, keinen Widerstand. Sie hatte wirklich gewaltig abgebaut.
Er ging ins Wohnzimmer und setzte sich, konnte den Anblick der beiden nicht ertragen, spürte, wie die alten, verängstigten Augen an ihm hingen, egal, was er tat, sie beobachteten ihn. Außerdem stanken sie, nach altem Schmutz und Schweiß, wie eine ungeputzte Toilette.
Er schaltete den Fernseher ein. Zappte zwischen den Sendern. Auf Kanal 4 gab es nur die Mitteilung: »Es folgt: Sondersendung.« Was mochte passiert sein? Er wartete, nach einigen Sekunden lief der Vorspann der Nachrichten über den Bildschirm.
»Guten Morgen, hier ist Kanal 4 mit einer Sondersendung«, sagte die Nachrichtensprecherin Annette Strøm, eine der profiliertesten Journalistinnen des Senders, was ebenso auf ihren tiefen Ausschnitten wie auf ihrer Aussprache beruhte.
»Der ehemalige Ministerpräsident und Parteivorsitzende Trygve Jonsrud wurde ins Rikshospital eingeliefert, nachdem er vor einer Stunde ein Unwohlsein erlitten hatte. Unsere Reporterin Kajsa Coren ist vor Ort im Parlamentsgebäude, was kannst du uns über den Vorfall berichten?«
Kajsa blickte mit ernster Miene in die Kamera und erzählte, was sie beobachtet hatte. In der knappen Stunde, die vergangen war, seit der Parteivorsitzende an ihr vorbeigetragen worden war, hatte sie einige wenige Informationen einholen können. Trygve Jonsrud war fast unmittelbar nach Betreten seines Büros zusammengebrochen. Seine Sekretärin hatte ihn gefunden. Jonsrud hatte einen von ihr durchgestellten Anruf nicht entgegengenommen. Das war ihr seltsam vorgekommen, denn sie hatte ihn ja eben erst begrüßt und gesehen, dass er sich in sein Arbeitszimmer begab.
Kajsa hatte mitbekommen, dass der Parlamentspräsident und der Parteisekretär in das Büro von Jon Berg gelaufen waren, des Kronprinzen der Partei.
Allen waren die Gesichtszüge entglitten, als sie begriffen hatten, dass Kajsa über die Geschehnisse Bescheid wusste, und sie hatten die Tür hinter sich zugeschlagen. Aber gleich darauf kam der Parteisekretär, Johannes Lier, wieder zum Vorschein.
»Das dürfen Sie nicht veröffentlichen«, sagte er mit ernster Miene und übereinandergeschlagenen Armen. Nicht zum ersten Mal wirkte er wie ein Prediger: schüttere Haare von derselben Farbe wie sein grauer Anzug und eine ernste, leise, fast wütende Stimme, die auf inständige Weise vom Rednerpult im Haus des Volkes die frohe Botschaft verkünden und die Menschen zur Erweckung bringen könnte – falls es überhaupt Zweifler gäbe.
Er senkte das Kinn und lugte über die Stahleinfassung seiner Brille. Kajsa wartete fast auf die Frage, ob sie ihr Herz für die Partei geöffnet habe. Diese Frage stellte er nicht, stattdessen wiederholte er: »Das dürfen Sie nicht veröffentlichen, ist Ihnen das klar?« Er starrte sie an.
Kajsa widerstand dem Drang, eine unverschämte Antwort zu geben, irritiert, wie sie von dem beharrlichen und belehrenden Tonfall war.
»Warum nicht?«, fragte sie nur.
»Wir haben seine Familie noch nicht erreicht.«
Kajsa überlegte. »Wissen schon andere Presseleute davon?«
»Nein, sonst niemand.«
»Garantiert?«
»Ja.«
»Na gut, ich verlasse mich auf Sie, aber unter einer Bedingung: Ich will die Erste sein. Sobald seine Frau informiert ist, rufen Sie mich an, und zwar sofort. Wenn ich innerhalb einer halben Stunde nichts von Ihnen höre, gehe ich auf Sendung. Es kann unmöglich so schwer sein, seine Frau zu erreichen. Abgemacht?«
»Ja«, sagte er und wandte sich ab, um ins Büro zurückzugehen.
»Und, übrigens …«
»Ja?« Er drehte sich halbwegs um.
»Wenn ihr bereit seid, einen Kommentar abzugeben, dann soll Jon Berg das zuerst bei mir machen. In einer Direktsendung. Okay?«
»Äh … okay, ich rede mit ihm.«
Der Redaktionschef hielt das Risiko, dass andere Presseleute von den Geschehnissen Wind bekämen, für zu groß. Er wollte sofort auf Sendung gehen. Er bezeichnete Kajsa als naiv, aber sie ließ sich nicht beirren. »Ich habe eine Abmachung. Auf die Dauer kann man sich nur schaden, wenn man Abmachungen bricht«, sagte sie. Sie hoffte, das Richtige getan zu haben.
Zwanzig Minuten später rief Lier an und berichtete, Jonsruds Frau sei auf dem Weg zum Rikshospital.
»Wie ist sein Zustand?«, fragte Kajsa.
Lier zögerte mit der Antwort. »Er wird derzeit untersucht«, sagte er dann.
»Kann ich wenigstens sagen, dass sein Zustand nicht kritisch ist?«
Nach kurzem Überlegen lieferte er ihr die Bestätigung, die sie brauchte. »Aber ohne mich zu zitieren«, fügte er hinzu.
Das versprach sie.
Nun sagte sie genau das, berichtete, was sie wusste, nannte aber keine Quelle, betonte durch eine Handbewegung, dass die Lage nicht lebensgefährlich zu sein schien, dann wandte sie sich Geir zu.
Sie präzisierte in ihrer Frage, dass sie nicht wüssten, was Trygve Jonsrud fehlte, dass er eine sehr harte Zeit hinter sich habe, das müsse man wohl sagen dürfen?
Geir schilderte den Zustand der Partei, den Machtkampf und die viele Kritik, der Trygve Jonsrud ausgesetzt gewesen war, Parteigenossen hatten sich anonym interviewen lassen und ihrem eigenen Parteivorsitzenden den Dolch in den Rücken gestoßen. Natürlich sei das eine schwere Belastung für ihn gewesen, nicht zuletzt, da ehemalige Minister aus seinem früheren Kabinett ihn – ebenfalls anonym – als komplett untauglich als Chef bezeichnet und damit mehr als nur angedeutet hatten, er sei inkompetent als Ministerpräsident des Landes.
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Presseleute und Politiker sich so eng wie möglich an sie herandrängten. Es war ganz still, als ob die anderen kollektiv den Atem anhielten, um ja nichts zu verpassen. Aller Augen waren auf sie gerichtet, als sie am Ende erklärte, das Krankenhaus habe bestätigt, dass Trygve Jonsrud eingeliefert worden sei, dass sie aber nichts über seinen Gesundheitszustand gesagt hätten.
»Soweit Kanal 4 das in Erfahrung bringen konnte, geht es Jonsrud den Umständen entsprechend gut, sein Zustand scheint nicht lebensgefährlich zu sein. Wir melden uns wieder aus dem Parlament, sobald wir mehr wissen.«
Geir klopfte ihr auf die Schulter. »Verdammt gut!«, sagte er, ehe sich die anderen Presseleute über ihre Mobiltelefone hermachten, um ihre Redaktionen anzurufen, sie sahen aus wie ein Team von Synchronschwimmern.
In diesem Moment vibrierte das Telefon in Kajsas Tasche. Sie zog es heraus, um den Anruf anzunehmen, sah jedoch, dass es nur die Erinnerung daran war, dass sie an diesem Tag noch einen Termin hatte. ELTERNKAFFEE IM KINDERGARTEN 15.00, stand dort.
Sie war damit an der Reihe, die Kinder einzusammeln. Sie hatte Anders versprochen, ihn frühzeitig vom Schulhort abzuholen, damit er mit in den Kindergarten kommen könnte, den er vor seiner Einschulung selbst besucht hatte.
Das hatte sie vergessen.
Jetzt würde es Probleme geben. Schon wieder.
Sie rief Aksel an. »Ich schaff heute den Kindergarten nicht. Kannst du …«
Er fiel ihr ins Wort. »Kjell Lauritzen und ich müssen den Bericht abschließen, wir treffen uns um drei, das weißt du doch?«, fragte er ungeduldig.
»Ja, das weiß ich, aber kannst du das nicht verschieben? Jonsrud …«
»Das geht nicht. Ich stecke mitten in dieser Gerichtsverhandlung.« Aksel war hörbar irritiert.
»Aber kann Kjell nicht zu uns nach Hause …«
»Nein«, unterbrach er sie.
Sie hätte gern gesagt, er wäre nun damit an der Reihe, den Kindern die Priorität vor der Arbeit einzuräumen, ihr behilflich zu sein, riss sich aber zusammen. Es hätte doch keinen Zweck. Deshalb legte sie ohne ein Abschiedswort auf.
Sie wählte die Mobilnummer ihrer Mutter, kam jedoch nicht durch. Gleich darauf rief der Chef vom Dienst an.
»Großartige Arbeit, Kajsa. NTB, NRK, TV2, alle Online-Zeitungen, die ganze Bande zitiert uns. Vor dem Rikshospital drängen sich bereits die Presseleute. Steinar sendet um dreizehn Uhr direkt von dort. Aber viel wird er nicht erfahren. Du bist doch auch bereit?«
»Natürlich. Gibt es im Laufe des Nachmittags noch weitere Sondersendungen?«
»Aber klar doch. Wir senden volles Rohr. Und du musst bis zur letzten Sendung heute Abend dabei sein. Niemand sonst hat eine eigene Mitarbeiterin als Augenzeugin. Das ist einfach genial!«
»Okay.« Kajsa legte auf. Nachdenklich betrachtete sie ihr Telefon. Sie musste jemanden finden, der bei den Kindern einspringen könnte. Die Beste wäre ihre Mutter, vor allem wegen des Elternkaffees. Die Kinder freuten sich immer, wenn die Oma sie abholte. Sie wählte noch einmal die Nummer. Keine Antwort. Sie versuchte es beim Festnetzanschluss. Auch dort keine Antwort. Wo mochte sie nur stecken?
Warum war es immer sie, die Ordnung schaffen musste, organisieren, dafür sorgen, dass sich alle Räder drehten? Sie spürte, wie der Zorn in ihr aufbrodelte. Immer ging es um Aksels Arbeit, seine Termine, sein Leben. Wie oft hatte sie die Kinder abgeholt, weil er es nicht schaffte? Oder seinetwegen ihre Dienstzeiten getauscht? Was war mit ihr? Mit ihrer Arbeit? Er hatte nicht einmal gefragt, warum sie Thea und Anders nicht holen konnte. Als ob ihn das nicht interessierte.
Vielleicht ist es so, vielleicht interessiere ich ihn nicht mehr?
Kajsa seufzte und ging zu den anderen, die im Restaurant beim Kaffee saßen. Aus den politischen Redaktionen waren alle, die gerade Dienst hatten, ins Parlament geeilt. Jetzt würden sie die Sendungen des restlichen Tages planen, würden Aufgaben verteilen.
Sie sah Geir an, nickte interessiert zu dem, was er sagte. Aber ihre Gedanken waren weit weg; bei der Enttäuschung der Kinder, wenn sie nicht zum Elternkaffee erschien, Thea würde sich auf den Gang setzen und bittere Tränen vergießen, während die anderen Kinder mit ihren Eltern zusammen Spaß hatten.
Sie sah die Gesichter in der Runde an, wie hochgestimmt alle waren, sie standen mitten in der Zirkusmanege, um ihre Nummer vorzuführen.
Ich bin nicht glücklich.
Noch am Vorabend hatte sie anders gedacht. Sie war hinaus auf die Terrasse gegangen und hatte sich in einen der Sessel gesetzt. Zwei Kinder, die in ihren Betten schliefen. Zwei gesunde, wunderbare Kinder. Sie konnte ihr Lachen hören, wenn sie an die beiden dachte. Das fröhliche Lachen. Nichts an ihnen war nicht so, wie es sein sollte, nichts Böses war ihnen widerfahren. Sie waren perfekt. Sie liebte dieses Zuhause, dieses Haus, liebte die Aussicht, die Lage. Und sie hatte einen Mann, der sein Leben im Griff hatte, der Erfolg hatte. Er lag jetzt in seinem Bett, kam nach dem hektischen Tag zur Ruhe, er war tüchtig, war attraktiv.
Sie war erschöpft gewesen, hatte das Gefühl gehabt, das Leben sei eine ewige Hetze. Aber nach einem Glas Wein hatte sie gedacht: Ich habe es gut.
»Du bist verrückt«, hatte Aksel gesagt, als er auf dem Weg zum Bett zu ihr hinausgeschaut hatte. »Gut, dass niemand dich sehen kann«, sagte er und schüttelte herablassend und resigniert den Kopf, weil sie draußen saß. Im März.
Sie wünschte, er hätte gelacht. Hätte »verrückt« auf eine andere Weise ausgesprochen. Als fände er es witzig, als sei er begeistert darüber, eine Frau zu haben, die nicht war wie andere Frauen.
Es hatte in dem Sommer angefangen, in dem Anders geboren worden war. Sie waren unmittelbar vor der Geburt in das Haus mit Blick über den Oslofjord gezogen.
Es hatte nicht lange gedauert, bis Anders nach dem letzten Stillen die Nacht durchschlief. An einem solchen Abend, es war Anfang September gewesen, aber noch immer ungewöhnlich sommerlich mild, war sie hinaus auf die Terrasse gegangen. In allen Häusern war es dunkel und still gewesen, nur ein leiser Windhauch war vom Fjord hergekommen, in der Ferne war ein Bootsmotor zu hören, die Blätter an den Bäumen raschelten. Sie wurde von einem unbeschreiblichen Wohlgefühl erfüllt, das seinen Ursprung in dem Kind nahm, das eben noch an ihrer Brust gelegen hatte. Sie hatte ein gesundes Kind zur Welt gebracht. Sie hatte sich noch nie so mutig und stolz zugleich gefühlt. Sie hatte sich ein Glas Wein – das erste seit über einem Jahr – und eine Zigarre geholt und ihren mp3-Spieler eingeschaltet. Eva Cassidys wunderschöne Stimme hatte sich in ihre Gehörgänge, in ihre Seele geschlichen: »For you there’ll be no crying, for you the sun will be shining«.
Sie trank einen kleinen Schluck Wein, schloss die Augen und ließ den Wein lange in ihrem Mund herumrollen, spürte das Prickeln am Gaumen, schluckte, öffnete den Mund und holte tief Luft: »Cause I feel that when I’m with you, it’s all right, I know it’s right«.
In diesem Moment hatte es angefangen zu regnen. Teile der Terrasse waren überdacht, und zuerst war nur ein leises Ticken auf dem Dach zu hören, dann wurde das Geräusch des Regens immer stärker.
Sie zündete die Zigarre an, legte sie in den Aschenbecher und schaute hinaus auf den offenen Teil der Terrasse, wo der Regen inzwischen so kräftig geworden war, dass dicke Tropfen auf den Brettern tanzten.
Sie liebte den Zigarrengeruch, es war der Geruch ihres Vaters, des sorglosen Daseins in ihrer Kindheit. Ihr Vater hatte eigentlich nicht geraucht, aber er hatte – zu besonderen Gelegenheiten – eine Zigarre angesteckt, hatte sie zwischen den Fingern gerollt, hatte sie kaum je im Mund gehabt, hatte einfach das Zimmer mit dem Duft gefüllt.
»Jetzt riecht es hier nach großen Tieren«, sagte er dann mit seinem tiefen, guten Lachen. Es gab nichts Schlimmes auf der Welt, wenn er lachte.
Deshalb zündete sie sich eine Zigarre an, weil das Leben so unbeschwert sein konnte, so unerträglich leicht, wie damals, als sie ein Kind war, wie jetzt, genau in diesem Moment, mitten im Geräusch des Regens, dem Geräusch des Lebens, mit einem neugeborenen, gesunden Kind, für das die Sonne scheinen wird.
Sie hatte nie Worte gefunden, um dieses Gefühl zu beschreiben, den Zustand, in dem sie sich in jener Nacht befunden hatte. Glück war verbraucht, Frohsinn war zu schwach, Ekstase zu belastet. Es gab kein passendes Wort. Bis sie eines Samstags die Wochenendbeilage von Dagbladet gelesen hatte, wo der erfolgsverwöhnte Petter Schjerven aus Typischnorwegisch interviewt wurde. Natürlich wurde er nach seinem Lieblingswort gefragt. »Flaumseidenbrise« war seine Antwort. Und das war es. Flaum. Seide. Brise. Seine Definition dieses Wortes war das Gefühl, das er bekam, wenn er den zweiten Schluck vom zweiten Bier am Freitag nach Feierabend nahm.
Sie wusste, was er meinte, fand dieses Erlebnis aber zu klein für so ein schönes Wort, ein so großes Gefühl von lebhafter, starker Anwesenheit in ihrem eigenen Leben.
Und wenn das Leben also nicht ganz gerade verlief, suchte sie Zuflucht draußen auf der Terrasse.
Sie versteckte den Wein vor Aksel. Sie war eine Meisterin in dieser Kunst geworden, denn sie wusste, wie er darauf reagieren würde, dass sie mitten in der Woche trank.
Zum Beispiel kaufte sie immer zwei Kartons derselben Sorte, einen versteckte sie im Keller, den anderen stellte sie an die übliche Stelle in der Küche. Wenn das Wochenende näher rückte und der Karton sich leerte, tauschte sie ihn gegen den vollen aus.
Bin ich unglücklich? Nein, das konnte sie nicht behaupten. Aber sie war nicht glücklich. Nicht glücklich und nicht unglücklich.
Also … Was hatte sie empfunden, als sie da gestanden hatte, vor laufender Kamera? »Breaking News«, die Glanznummer des Fernsehjournalismus, das Gemurmel, das durch die Reihen von Pressekollegen und Politikern lief, als sie begriffen, wovon hier die Rede war. War das nicht eine Art Glück gewesen? Nein, das war es nicht. Es war eine kurzfristige Freude, ein Genuss. Aber der Rest der Zeit? Der Rest des Lebens?
Gleich neben die Terrassentür hatte sie eine große Holztruhe gestellt. Die stammte aus Indien. Sie hatte sie von ihrem Vater geerbt. Er hatte die Truhe schon als Kind von einem Onkel bekommen, der auf großer Fahrt gewesen war. Kajsa wusste noch, dass die Truhe in ihrem Elternhaus auf dem Dachboden gestanden hatte. Ihre Mutter hatte sie für zu groß, aufdringlich und seltsam befunden, und deshalb war die Truhe dort oben gelandet.
Sie war das Einzige, was Kajsa von ihrem Vater noch hatte.
In der reich mit Schnitzereien verzierten Truhe, mit ihren Löwenköpfen, Schlangen und Elefanten bewahrte sie ein Lammfell, eine Wolldecke und einen Nerzmantel auf, den ihre Mutter nicht mehr haben wollte.
»Bei zehn Grad unter null sitzt man nicht auf der Terrasse«, sagte Aksel.
Aber Kajsa saß dort, sie legte das Lammfell in den Sessel, zog den Pelz an und wickelte sich die Wolldecke um die Beine.
Als sie in das Haus eingezogen waren, hatte die Terrasse zehn Quadratmeter gemessen, jetzt waren es fünfzig, und ungefähr die Hälfte war überdacht. Aksel war die Terrasse groß genug gewesen, aber Kajsa hatte auf eine Erweiterung und Überdachung bestanden. Um die gewünschte Größe zu erreichen, musste der neue Boden auf Pfosten über dem Hang in Richtung Grundstücksgrenze angelegt werden.
Von der Terrasse aus hatte sie Aussicht über den gesamten Oslofjord, von Oslo bis Håøya. Es war noch ein gutes Stück bis zum Wasser, und unter ihnen lagen viele andere Häuser. Aber von der Terrasse aus sah sie nur den Fjord und das andere Ufer. Und niemand konnte sie sehen.
Sie liebte dieses Erlebnis der Veränderungen in der Natur aus nächster Nähe, sie konnte die mit den Jahreszeiten wechselnde Luft auf ihrer Haut spüren, die Kühle der Sommernacht, die bittere Kälte des Winters.
Sie wünschte sich harte Winter mit viel Schnee. Sie wollte unter dem Dach auf der Terrasse sitzen, wenn der Schnee herabrieselte, wollte die Schneeflocken durch die Luft tanzen, das Licht einfangen und sich übereinanderlegen sehen, kalt und weiß, in dem Teil der Terrasse, der nicht überdacht war.
Aber am liebsten war sie auf der Terrasse, wenn es regnete. Sie liebte den Frühlingsregen, den allerersten Regen, in dem kein Winter mehr enthalten war. Dieser Regen machte sie auf eine seltsam schöne und unerklärliche Weise froh, sie dachte, es müsse daran liegen, dass das Geräusch von rieselndem Wasser das Geräusch des Lebens war.
»Kajsa?« Der Chef sah sie an. »Bist du so weit?«
»Hä? Ach ja, entschuldige, was hast du gesagt?«
»Du holst Jon Berg in die nächste Sendung?«
»Ja, ich habe eine Abmachung mit ihm.«
Er blickte sich in der Tischrunde um. »Und alle, die von ihren Quellen etwas Neues hören, reichen das an Kajsa weiter, damit sie in den Sondersendungen darauf eingehen kann, es sei denn, es ist so exklusiv, dass es in die Hauptsendung heute Abend gehört.«
Den ganzen Tag verfolgte er die Ereignisse im Parlament. Zuerst ärgerte er sich, weil er nun seine Pläne ändern musste. Das, was er tat, sollte in allen Zeitungen Schlagzeilen machen, alle Aufmerksamkeit davon ablenken, was sich sonst im Königreich zutrug. Er wollte die Tagesordnung bestimmen, alle sollten davon erfahren, alle sollten darüber sprechen, beim Frühstück, in der Mittagspause bei der Arbeit. Aber jetzt rannten die Presseleute durch die Gänge des Parlamentsgebäudes, während die Redaktionen nach neuen Sensationen verlangten, nach Exklusivität. Er wusste doch, wie das vor sich ging. Aber dann dachte er, dass es eigentlich keine Rolle spielte. Es wird ja noch dauern, bis ich fertig bin, sie sollen schließlich spüren, wirklich spüren, mit Haut und Haaren, mit jeder Nervenzelle im Leib, wie es ist, hilflos zu sein, den Geruch des eigenen fauligen Atems wahrzunehmen, zu spüren, wie Körper und Gedanken sich auflösen, wenn man ganz ohne Hoffnung ist.
Er musterte Kajsa Corens Gesicht. So eine Frau hätte er haben müssen; eine attraktive, feminine, tüchtige Frau, die man vorzeigen konnte. Er hätte das verdient, eine Frau, in der er sich sonnen könnte. Wenn er in Kajsa Corens Augen blickte, spürte er, dass sie ihn sah.
Sie war ihm schon oft aufgefallen. Sie war keine von diesen ichbezogenen Fernsehvisagen mit einem Blick, der vor der Kameralinse endete, weil es ihnen wichtiger war, wie sie aussahen und was sie sagen sollten, als mit den Zuschauern zu kommunizieren. Er hatte den direkten, offenen Blick registriert, die feste Stimme, die lebendige Mimik, die vorsichtigen Handbewegungen, um die Bedeutung einzelner Wörter zu unterstreichen, und er spürte, dass sie ihn sah und zu ihm sprach.
Er ging zur Küchentür und schloss sie, damit die Alten ihn nicht sehen könnten. Er konnte ihre Blicke nicht ertragen.
Er blieb stehen und schaute aus dem Fenster, über die Felder. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Sie, genau sie, sollte die Journalistin sein, die darüber berichtete, was er tun würde, er würde ihr einen Vorsprung geben, sie sollte vor laufender Kamera dastehen, wie jetzt im Parlament, und erzählen, was passiert war. Auf diese Weise würde er sie an sich binden können, ohne dass sie das auch nur ahnte. Er lächelte.
In der nächsten Sondersendung um dreizehn Uhr interviewte Kajsa Jon Berg. Er stand zu ihrer Verfügung, ehe er mit anderen Presseleuten sprach – als Dank dafür, dass sie sich an die Abmachung gehalten hatte, nicht zu berichten, solange die Familie nicht informiert war. Er erzählte, dass es dem Parteivorsitzenden gut gehe, dass er aber zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben müsse. Sie stellte weitere kritische Fragen zu dem harten Machtkampf, in dem Jonsrud sich befunden hatte, ob dieser für ihn eine solche Belastung gewesen war, dass es zu seinem gesundheitlichen Zustand beigetragen hatte. Aber, erfahren wie er war, beantwortete Berg diese Frage nicht, er sagte nur, wichtig sei jetzt allein, dass der Chef wieder ganz gesund würde.
Nach der Sendung konnte Kajsa endlich ihre Mutter erreichen.
»Natürlich kümmere ich mich um die Kinder und gehe in den Kindergarten zum Kaffeetrinken«, sagte sie.
»Es tut mir so leid, aber heute ist so ein Tag, und …«
»Ganz ruhig, Kajsa. Es ist doch nur schön für mich, dass jemand mich braucht.«
»Aber Thea wird traurig sein, wenn ich nicht da bin.«
»Das geht alles gut. Ich sorge dafür. Denk nicht daran, mein Kind. Du hast doch mich.«
Kajsa atmete erleichtert auf.
Ich habe es gut, alles ist so, wie es sein soll, ich muss aufhören, mir Sorgen zu machen.
Aber etwas stimmte nicht. Diese Ahnung hatte sie schon seit einer Weile. Es waren kleine Anzeichen, auf die sie anfangs nicht weiter geachtet hatte, sie hatte gedacht, es sei doch natürlich, dass die Mutter ein wenig vergesslich wurde, dass sie nicht mehr wusste, wohin sie etwas gelegt hatte, dass sie im falschen Schrank nach der Kaffeedose suchte, dass sie die Autoschlüssel nicht finden konnte. Aber eines Tages war sie mit um den Mund verschmiertem Lippenstift zu Besuch gekommen. Das sah ihr überhaupt nicht ähnlich, es war ganz und gar unnormal.
Im nächsten Monat wurde die Mutter vierundsiebzig. Sie war die fitteste und eleganteste alte Dame, die Kajsa kannte; immer gut angezogen, sie liebte teure Kleider, teuren Schmuck – und Schminke, niemals verließ sie das Haus ohne ihren orangeroten Lippenstift.
Als Kajsa klein gewesen war, hatte sie den Lippenstift der Mutter ein bisschen peinlich gefunden. In der kleinen Hafenstadt an der Westküste, wo Kajsa bis zu ihrem zehnten Lebensjahr gewohnt hatte, gab es keine andere Mutter, die Lippenstift benutzte. Aber Kajsas Mutter ging ohne Lippenstift nicht einmal in den Laden. Die anderen Kinder hatten Kajsa aufgezogen, weil sie so eine »Zierzicke« als Mutter gehabt hatte, und als sie älter wurde, begriff sie dann, dass die Kinder das von ihren Müttern gehört hatten. Die sagten, dass nur Stadtdamen aus Ålesund, die im Café Tilje saßen und klatschten, am Anleger, wo die Leute von den Inseln auf die Fähre warteten, roten Lippenstift benutzten.
Aber der Mutter war das egal. Erst, als die anderen Frauen auf einem Treffen des Frauenvereins ziemlich direkt zum Ausdruck brachten, dass sie die Röcke der Mutter unanständig kurz fanden, war sie wütend und traurig geworden. Aber der Vater hatte sie getröstet. »Die sind bloß neidisch, weil du so tolle Beine hast«, hatte er gesagt, sie in die Arme genommen und sie hochgehoben. »Und weil du so sexy bist«, hatte er geflüstert und ihr tief in die Augen geschaut.
Kajsa hatte sie angesehen, sie wurde immer so froh, wenn die beiden so glücklich aussahen. »Was bedeutet sexy?«, hatte sie gefragt.
Die Eltern hatten dagestanden und einander umarmt, sie hatten Kajsa verdutzt angesehen und dann losgeprustet.
Sie hatten es gehabt. Nähe.
Sie fragten, was er wolle, weshalb er gekommen sei. Er antwortete wahrheitsgemäß, er sei gekommen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Sie stellten dumme Fragen: Wer bist du? Was haben wir dir getan?
Das fragten sie auch noch! Was sie ihm getan hatten!
Sein erster Impuls war, ihnen zu antworten, aber das tat er dann doch nicht. Er war ihnen keine Erklärung schuldig, absolut nicht. Er wollte keine Beziehung zu ihnen, wie er sie bekommen würde, wenn er anfinge, zu erklären und mit ihnen zu sprechen, als müsse er sich rechtfertigen! Deshalb sagte er fast nichts, gönnte ihnen keine Antwort. Am Ende gaben sie das Fragen auf.
Sie fürchteten sich genauso sehr, wie er sich das vorgestellt hatte, als er die Spritzen auspackte. Er selbst hatte es nur einmal ausprobiert. Es war eine Nahtoderfahrung. Er war aus dem Raum gehoben worden und hatte seinen Körper leblos auf dem Sofa liegen sehen, sein Gehirn wurde von den Sinnen befreit, es funktionierte perfekt, und alles, was er früher erlebt hatte, wurde zur Wirklichkeit, zu einer neuen Wirklichkeit, zu etwas, das er durchlebte, an das er nicht nur dachte, keine bösen Erinnerungen, sondern etwas, das er aufs Neue erlebte, ganz wirklich. Dieses Erlebnis war so schrecklich gewesen, dass er mehrere Tage lang nicht zur Arbeit hatte gehen können, und noch immer, viele Jahre später, konnte es zu ihm zurückkommen – vor allem nachts – und grauenhafte Bilder hervorrufen, auch, wenn er wach war. Er fragte sich, ob Frans Widerberg es ausprobiert hatte, denn dessen Gemälde von schwebenden Gestalten, die von Schwerkraft befreit waren und durch eine Atmosphäre aus psychedelischen Farben trieben, waren eine fast vollkommene Wiedergabe dessen, was er erlebt hatte. Viele hielten Widerbergs Bilder offenbar für schön, er fand sie grotesk, etwas Scheußlicheres konnte er sich nicht vorstellen.
Das Schlimmste war, dass dieses Erlebnis dazu geführt hatte, dass die Wut, die er die ganze Zeit zu kontrollieren versuchte, gewachsen war. Die Erinnerungen wurden schlimmer, die Nächte schwerer durchzustehen. Wenn er keine Beschäftigung gehabt hätte, jeden Tag etwas Wichtiges zu erledigen, ein Ziel im Leben, dann wäre es nicht zu ertragen gewesen.
Er zog seine Ausrüstung aus dem Rucksack. »Ich werde euch das schlimmste – oder beste – Erlebnis bescheren, das ihr im Leben jemals haben werdet.« Er lächelte bei seiner Wortwahl. Ja, es war doch richtig formuliert, denn sie würden keine Zeit mehr haben, danach noch etwas anderes zu erleben.
Er legte die Ausrüstung auf den Tisch. »Habt ihr von Timothy Leary gehört?«, fragte er. Keine Antwort. »Ich könnte euch viel über Leary erzählen, über seinen Humor, seine Intelligenz, seine Formulierungsfähigkeit, sein Engagement. Sein Leben war wie ein Film – ein seltsamer Vogel. Nixon, von dem habt ihr doch wohl gehört? Der hat Leary als den gefährlichsten Mann in Amerika bezeichnet, stellt euch das vor. Leary war einer der Gurus in der Hippieszene, wo der Konsum von Marihuana und LSD ein Protest gegen die Aufrüstung war, dagegen, dass junge Amerikaner in Kriege geschickt wurden, die für sie keine Bedeutung hatten.«
Er hörte, dass er seine Lehrerstimme hervorgeholt hatte, dass er sich ausdrückte wie bei einem Vortrag. Er dachte, dass die beiden wohl nicht viel von dem begriffen, was er sagte, aber das war nicht so wichtig. Es zählte allein, dass er redete, nur er, er hatte die Kontrolle, er bestimmte. Der Klang seiner Stimme gefiel ihm, tief und ruhig.
Er lächelte die beiden freundlich an.
»Timothy Leary war Professor in Harvard, wurde jedoch entlassen, als er Studenten für seine Experimente mit LSD benutzte. Er meinte, LSD verstärke einzelne Sinneseindrücke, vor allem erotische.«
Wieder lächelte er und fuhr fort: »Aber Leary experimentierte auch mit vielen anderen Mitteln, von denen er behauptete, sie könnten das Verständnis der eigenen Psyche vergrößern. Und das könnt ihr jetzt auch versuchen.«
Er zeigte auf den Kopf der Frau. »Was sich wohl tief da drinnen regt?« Sie sah ihn mit verängstigten Augen an. »Ihr werdet das ›turned on, tuned in and dropped out‹ erleben, Learys berühmtestes Schlagwort.«
Er verteilte die Ausrüstung auf dem Tisch. »Aber der eigentliche Grund, aus dem ich euch von Leary erzähle, ist sein Verhältnis zum Tod. Ihr solltet an den Tod denken, so alt, wie ihr seid. Hm? Aber das tut ihr vielleicht?« Er lächelte die beiden an.
»In den letzten Monaten vor seinem Tod schrieb Leary ein Buch, das er Design for Dying nannte. Das Wichtigste, was du in deinem Leben machst, ist Sterben, behauptete Leary, und auf seinem Sterbebett sagte er ›Warum nicht‹ zu seinem Sohn Zachary. Das wiederholte er mehrere Male in unterschiedlichen Tonlagen, und gleich darauf starb er. Sein letztes Wort war, so Zachary: ›Beautiful‹. Tut es nicht gut, zu denken, dass der Tod schön sein kann? Nach Learys Tod wurden sieben Gramm seiner Asche in den Weltraum geschickt. Stellt euch das vor! Das wäre doch was? Aber das kann ich leider nicht arrangieren.« Er hielt die eine Spritze ins Licht, drückte einige Tropfen heraus, überzeugte sich davon, dass keine Luft mehr in der Kanüle war.
Zwei Tage nach Jonsruds Zusammenbruch wurde Kajsa angerufen, als sie gerade mit den Kindern das Haus verlassen wollte.
»Kajsa, wo bist du? Hier ist Ellen aus der Redaktion.« Ellen klang gestresst.
Kajsa klemmte sich das Telefon zwischen Ohr und Schulter, schob die Kinder vor sich her und schloss mit den Armen voller Taschen und Rucksäcke die Tür ab. »Unterwegs zu euch«, sagte sie.
»Wo genau bist du denn jetzt?«
»Muss noch bei der Schule und dem Kindergarten vorbei«, sagte Kajsa.
»Sehr gut. Du musst eine Sache in Asker überprüfen.«
»Hier?«
»Ja.«
Ellen erzählte, dass sie einen Hinweis bekommen hatten. Der Anrufer hatte im Polizeifunk ein Gespräch mitgehört. Eine »hysterische Frau«, wie er sich ausgedrückt hatte, hatte angerufen und kaum mehr herausbringen können als eine Adresse. Ein Streifenwagen war nach Asker geschickt worden, um sich ein Bild von der Lage zu machen. All das hatte der Anrufer im Polizeifunk gehört, und Kajsa wurden nun Straße und Hausnummer genannt. »Das ist doch nicht weit von da, wo du wohnst?«, fragte Ellen.
»Na ja … weißt du überhaupt, wo ich wohne?«
»Nein, aber der Anrufer hat gesagt, es sei in deiner Nähe, du würdest nur fünf Minuten dahin brauchen.«
Kajsa war diese Adresse durchaus bekannt. Sie hatte sie erst vor wenigen Wochen im Telefonbuch nachgeschlagen, um festzustellen, wer dort wohnte. Aus purer Neugier.
Sie und Hanne, eine Freundin aus der Nachbarschaft, hatten zusammen einen Skiausflug unternommen. Auf dem Rückweg waren sie auf eine Loipe abgebogen, auf der sie noch nie unterwegs gewesen waren, sie hatten gedacht, diese könnte sie zu der Stelle führen, wo sie den Wagen abgestellt hatten. So war es jedoch nicht, und am Ende hatten sie nicht mehr gewusst, wo sie waren. Sie hatten es für das Sinnvollste gehalten, auf einen Hügelkamm zu steigen, um sich zu orientieren. Und dabei waren sie an dem Haus vorbeigekommen, zu dem Kajsa jetzt unterwegs war. Sie waren langsam in eine kleine Talsenke gelaufen, hatten einen Wald durchquert und dann ein Tor erreicht. Hinter diesem Tor, auf einer ebenen Fläche, lag ein Hof. Die Loipe führte in eine andere Richtung, aber Kajsa und Hanne hatten gesehen, dass das Haus nicht weit von der Straße entfernt war, und sie hatten unbedingt zurück zum Auto gewollt, ehe es dunkel wurde.
Der Hof war verfallen und hatte verlassen ausgesehen. Dennoch waren sie beide am Zaun stehen geblieben und hatten unsicher zum Haus, einer Scheune, einem Stall und weiteren Wirtschaftsgebäuden hinübergeschaut. Kajsa hatte das Gefühl gehabt, dass sie sich auf verbotenes Terrain begaben, denn sie müssten dicht an der Treppe vorbei, da auf der anderen Seite ein kleiner zugefrorener See lag. Sie und Hanne sahen einander an, Hanne schien dasselbe zu denken, dass es ein seltsames Gefühl war, so nah an dem Haus vorbeizugehen. Als ob sie etwas Verbotenes täten.
»Wir müssen den Hofplatz überqueren, wenn wir zu Hause sein wollen, ehe jemand eine Suchaktion startet«, hatte Hanne gesagt.
Langsam waren sie über den Hofplatz gegangen, zwischen Haus und See, ohne ein Wort, während sie neugierig zu dem Fenster mit den Küchengardinen hinüberlugten. Erst, als sie dicht herangekommen waren, sahen sie das Licht einer Deckenlampe. Also war das Haus doch bewohnt.
»Hast du das mitbekommen?«, fragte Hanne, als sie das Tor auf der anderen Seite hinter sich gebracht und einen schmalen Weg ausfindig gemacht hatten.
»Was denn?«
»Hast du nicht gesehen, dass sich die Gardine bewegt hat?«
»Ach, das war nur Einbildung.«
»Nein, war es nicht«, sagte Hanne. »Jemand hat uns angesehen. Jemand fand es nicht gut, dass wir da vorbeigegangen sind. Das habe ich gespürt.«
»Das kannst du nicht wissen«, sagte Kajsa.
»Doch, das war scheußlich. Der ganze Hof hatte etwas Unheimliches. Und hast du den See gesehen? Der Totentümpel, das war mein erster Gedanke. Gib’s nur zu, der ganze Ort ist scheußlich.«
Kajsa lachte. »Übertreibst du jetzt nicht ein bisschen?« Aber sie hatte dasselbe unangenehme Gefühl gehabt, dass jemand sie beobachtete.
Kajsa hatte ab und zu mit dem Gedanken gespielt, noch einmal hinzugehen, an einem sonnigen Tag. Vielleicht würde sie dann dort die pure Idylle vorfinden.
Sie bog auf einen unebenen Kiesweg ab. Hier standen die Häuser weiter auseinander. Auf beiden Seiten des Weges türmte sich der Schnee, der auf den Bäumen jedoch war bereits geschmolzen. An den vergangenen Tagen hatte es geregnet, aber jetzt schien die Sonne und färbte die Landschaft golden.
Nach einiger Zeit gabelte sich der Weg, und Kajsa bog nach links ab, fuhr ein gutes Stück zwischen hohen Bäumen und Gestrüpp, dann hatte sie das Tor erreicht, das sie und ihre Freundin durchquert hatten, nachdem sie am Haus vorbeigekommen waren.