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Wird ihre stürmische Liebe überdauern? Der historische Liebesroman »Der Krieger und die Schöne« von Bestseller-Autorin Heather Graham als eBook bei dotbooks. Schottland, 1875: Sabrina Connor ist hin und hergerissen zwischen der rauen Schönheit ihrer vertrauten Highlands und dem heißblütigen Sloane Trewlany. Denn der gebürtige Amerikaner muss dem Ruf der Pflicht folgen und in seine Heimat zurückkehren. Auch wenn er Sabrina immer wieder ganz kalt und wie fremd erscheint, zwingt ihre Sehnsucht sie, ihm zu folgen. Doch die beiden geraten in einen Konflikt, der das Land zu zerreißen droht – und auch ihre leidenschaftliche Liebe füreinander wird auf dramatische Weiße auf die Probe gestellt… Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das fesselnde Historical-Romance-Highlight »Der Krieger und die Schöne« von New-York-Times-Bestsellerautorin Heather Graham – der 3. Band der »Wild Passion«-Saga. Alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 370
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Epilog
Lesetipps
Über dieses Buch:
Schottland, 1875: Sabrina Connor ist hin und hergerissen zwischen der rauen Schönheit ihrer vertrauten Highlands und dem heißblütigen Sloane Trewlany. Denn der gebürtige Amerikaner muss dem Ruf der Pflicht folgen und in seine Heimat zurückkehren. Auch wenn er Sabrina immer wieder ganz kalt und wie fremd erscheint, zwingt ihre Sehnsucht sie, ihm zu folgen. Doch die beiden geraten in einen Konflikt, der das Land zu zerreißen droht – und auch ihre leidenschaftliche Liebe füreinander wird auf dramatische Weiße auf die Probe gestellt …
Über die Autorin:
Heather Graham wurde 1953 geboren. Die New-York-Times-Bestseller-Autorin hat über zweihundert Romane und Novellen verfasst, die in über dreißig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Heather Graham lebt mit ihrer Familie in Florida.
Eine Übersicht über weitere Romane von Heather Graham bei dotbooks finden Sie am Ende dieses eBooks.
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eBook-Neuausgabe Juli 2019
Dieses Buch erschien bereits 2000 unter dem Titel »Schatten des Schicksals« bei Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1997 Heather Graham
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1997 unter dem Titel »No other Love« bei Avon Books.
Copyright © der deutschen Ausgabe 2019 Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/Oleksandr Kolesnyk, mountaintreks, Tomas Dicka, blue pencil und Imichman
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (CG)
ISBN 978-3-96148-843-8
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Heather Graham
Der Krieger und die Schöne
Roman
Aus dem Amerikanischen von Eva Malsch
dotbooks.
Das Tal am Little Bighorn, Juni 1876
Er ritt aus dem goldenen Dunst des Spätnachmittags, eine dunkle Silhouette vor dem blendenden Licht des Sonnenuntergangs. In vollendeter Harmonie mit seinem Pferd, schien er dem Erlöschen des Tages zu trotzen – dem Tod, der ihm auf dem Schlachtfeld drohte.
Während die Sonne tiefer sank, färbte sie Himmel und Erde blutrot. Sabrina hörte die ohrenbetäubenden Schüsse, das Zischen der Pfeile, und sie stand immer noch wie gelähmt da.
Zählte er zu den Feinden, gegen Gewehrfeuer und Pfeilspitzen gefeit? Würde er ihren Skalp erobern, eine Trophäe für seine Lanze?
»Runter mit Ihnen, Mrs. Trelawny!« schrie Sergeant Lally.
Eine weitere Indianergruppe galoppierte heran, vier oder fünf Krieger. Unter den Hufen wirbelte Staub auf, als sie die Pferde zügelten. Ein Pfeil raste an Sabrinas Kopf vorbei und bohrte sich in einen Baumstamm.
Entsetzt warf sie sich zu Boden und betete. »Was ist los, Sergeant Lally?« rief sie und bekam keine Antwort.
Nach einer Weile erhob sie sich vorsichtig und spähte über den niedrigen Hügel aus Erdreich und Steinen, hinter dem der Sergeant sie beim Angriff der Indianer auf die Pelzhändler in Sicherheit gebracht hatte. Mit dieser Reisegruppe war sie westwärts geritten. Nun lag Lally, ihre Eskorte, am Boden. Aus seinem Rücken ragte der Schaft eines Pfeils. Mühsam unterdrückte sie einen Schreckensschrei, eilte zu ihm und kniete nieder. Als sie seinen Kopf hob, starrte sie in blicklose braune Augen. Behutsam schloß sie die Lider des Soldaten, der ihr Freund geworden war, und gewann den unheimlichen Eindruck, jemand würde sie beobachten.
Sie schaute sich um und sah einen Sioux auf einem ungesattelten Appaloosa-Pferd sitzen, die nackte Brust mit blau-weißer Kriegsbemalung geschmückt. Zunächst dachte sie, das müßte der Reiter sein, der aus den Flammen der sinkenden Sonne aufgetaucht war.
Aber hinter ihm ritt jener Mann immer noch heran. Und dieser Krieger hatte den Angriff auf ihre Reisegesellschaft eröffnet. Drei berittene Freunde umringten ihn, doch sie bezweifelte nicht, daß er der Anführer war, und die Beute des Siegers gehörte ihm.
Tapfer hielt sie seinem Blick stand und versuchte, nicht an Lally und die toten Pelzhändler zu denken – einst Freunde der Sioux. Der Indianer schwang seinen Bogen hoch, stieß einen schrillen, beängstigenden Triumphschrei aus und sprang vom Pferd. Obwohl er Sabrina lächelnd musterte, las sie eine tödliche Drohung in seinen tintenschwarzen Augen. Nein, ich werde nicht vor ihm zittern, beschloß sie. Und ich darf auch nicht sterben. Nicht jetzt, wo das Leben so kostbar ist.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie so viel verloren – das Baby und Sloan und womöglich ihre eigene Seele. Und nun bot sich die Chance, alles zurückzugewinnen. Welch eine Ironie ...
Niemals hatte sie sich vorgestellt, sie könnte hier draußen sterben. Sie war schon oft in gefährliche Situationen geraten. Doch sie hatte dem Tod noch nie so unmittelbar ins Auge geblickt.
Zu spät erkannte sie, wie dumm sie gewesen war. Die anderen Frauen bewunderten Sabrinas innere Stärke und Widerstandskraft.
Bedauerlicherweise hatten sie sich geirrt – sie war nicht stark gewesen, nur dumm.
Aber sie hatte hierherkommen müssen, um Sloan zu finden und zu retten. Nun würde sie vielleicht selber sterben. Und er würde nie von jener neuen Chance erfahren – daß sie wieder ein Kind erwartete.
Als der Krieger auf sie zuging, wich sie nicht zurück Sie wußte Beschied über die Sioux, deren Blut in Sloans Adern floß. Falls der Indianer sie töten wollte, würde er nicht zögern, ganz egal, ob sie um Gnade flehte oder nicht. Und das würde er um so mehr genießen, wenn sie schrie und vor Angst bebte.
Erst einmal spielte er Katz und Maus mit ihr. Er schlug gegen ihre Brust, so daß sie nach hinten taumelte und nach Atem rang. Zufrieden mit seinem Erfolg, lächelte er und trat wieder näher. Diesmal zuckte sie instinktiv zurück, aber er packte ihren Arm und schleuderte sie zu Boden. Die Luft wurde ihr erneut aus den Lungen gepreßt. Als sie den Kopf zur Seite drehte, starrte sie in die leblosen Augen eines jungen Sioux-Kriegers, der während des Scharmützels gefallen war. Noch keine sechzehn Jahre alt, dachte sie.
Plötzlich verschleierten Tränen ihren Blick. Wenn sie am Leben blieb und ihr Kind gebar – würde es die mahagonibraunen Augen seines Vaters geerbt haben? Augen, die manchmal in die Seele eines Menschen schauen konnten und dann wieder so kühl und hart wirkten ... Augen in einem markanten, bronzefarbenen Gesicht mit hohen Wangenknochen und einem eigenwilligen Kinn ... Was würde sie selbst dem Baby auf den Lebensweg mitgeben?
Sie wandte sich wieder zu ihrem Gegner, der über sie herzufallen suchte. Blitzschnell sprang sie auf und rammte ihren Ellbogen gegen seinen Hals. Er würgte einen Fluch hervor, dann zog er ein Messer aus der Scheide an seiner Hüfte.
»Fahren Sie zur Hölle!« schrie Sabrina und ballte die Hände. Natürlich verstand er ihre Worte nicht. O Gott, sie wollte leben! Vielleicht – wenn sie ihre Angst zeigte und auf die Knie sank ... »Warten Sie, ich muß ...« Flehend streckte sie einen Arm aus.
Das nützte ihr nichts. Unbarmherzig umklammerte er ihre Schultern und wollte sie erneut zu Boden werfen. Sie bekämpfte ihn, trat nach ihm, versuchte sein Gesicht zu zerkratzen. Abrupt wurde sie losgelassen. Als er wütend aufschrie, merkte sie, daß ihr Knie ihn zwischen den Schenkeln getroffen hatte. Das Messer in der Linken, schlug er mit der anderen Hand auf ihre Wange.
Taumelnd brach sie zusammen. Die Erde schien zu dröhnen. Aus den Augenwinkeln sah sie den Reiter herangaloppieren, auf einem ungesattelten Pferd, mit nacktem Oberkörper, aber ohne Kriegsbemalung. Der Krieger beachtete ihn nicht. Das Messer gezückt, neigte er sich über Sabrina. Verzweifelt hob sie beide Hände, um ihn abzuwehren.
Doch sie wurde nicht angegriffen. In einer Wolke aus Erde und Steinen zügelte der Reiter seinen Appaloosa, stürzte sich auf den Krieger und stieß ihn zu Boden. Sabrina erhob sich verwirrt. Im wirbelnden Staub sah sie fast nichts. Nur wenige Schritte von ihr entfernt stand das Pferd des Kriegers. Blindlings stolperte sie darauf zu. Sie konnte ebensogut reiten wie jeder Mann, mochte er weiß oder rot sein.
»Sabrina!«
Als sie ihren Namen hörte, hielt sie inne und traute ihren Ohren nicht. Seine Stimme. Ungläubig drehte sie sich um. Der Staub schwebte hinab, der Reiter eilte zu ihr. Ein Sioux mit dunklen Augen und einer muskulösen Brust, die im rötlichen Abendlicht glänzte. Auf breite Schultern fiel kohlschwarzes Haar. Ein Sioux – und zugleich ein Weißer mit klassischen europäischen Zügen. Fleckige Kavalleriebreeches steckten in hohen Kavalleriestiefeln.
»Oh, mein Gott!« flüsterte sie. »Sloan!« Zitternd fiel sie ihm um den Hals. »Sloan ...«
Er schob sie von sich und musterte ihr schmutziges Gesicht. »Bist du verletzt?«
»Nein, aber all die Männer ...«
»In diesem Kampf werden noch viele sterben.«
»Sloan ...« Beklommen verstummte Sabrina. Sie waren nicht allein.
Nun stand der Krieger auf, den Sloan zu Boden geworfen hatte, und sprang hinter ihn. Sofort gingen die drei anderen in Stellung, auf strategischen Positionen.
»Sloan!« hauchte Sabrina warnend. Selbst wenn sie eine Pistole besäße – die Gegner waren in der Überzahl.
Auch Sloan trug keine Waffe bei sich, nicht einmal das Messer, dessen Griff normalerweise aus einem Stiefelschaft ragte.
»Ich – ich hole das Pferd!« stammelte sie.
»Nein, Sabrina!« befahl er und wandte sich zu dem Anführer der Sioux. Mit lauter Stimme und lebhaften Gesten sprach er auf ihn ein. Der Krieger antwortete erbost, während seine drei Freunde stoisch und abwartend zuhörten.
»Bitte, Sloan, wir müssen weg von hier!« Sabrina rannte zu dem Pferd.
Ehe sie sich auf seinen Rücken schwingen konnte, wurde sie von einem starken Arm umfangen, und Sloan preßte sie an seine Brust. »Verstehst du denn nicht?« wisperte sie. »Wir müssen fliehen!«
Seufzend schüttelte er den Kopf. »Hinter dem Hügel da drüben haben sich ein paar tausend Sioux und Cheyenne versammelt. Mehr, als ich je in meinem Leben sah.«
»Um so schneller sollten wir flüchten. Soeben hast du mich vor diesem Mann gerettet ...«
Sein Lächeln erinnerte sie an den Sloan, der sie so oft mit seinem Charme verzaubert hatte. »Weil ich die Erlaubnis dazu erhielt.«
»Die Erlaubnis?« wiederholte sie schweren Herzens. Sie wußte, daß die Sioux ihm nicht länger trauten, und ihre Sorge um ihn war berechtigt gewesen. »Bitte, laß dir irgendwas einfallen ...« Ihre Stimme erstarb. Gab es keine Hoffnung? Würde das Leben enden, bevor sie die neue Chance nutzen konnten? Sie fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. »Verdammt, ich will nicht sterben! Laß mich los!«
»Streite jetzt nicht mit mir, Sabrina!«
»Bitte, laß mich los!«
»Wie du willst!« Wütend erfüllte er ihren Wunsch, und sie schmiegte sich sofort wieder an ihn, weil inzwischen weitere Indianer herangeritten waren. Dutzende, in voller Kriegsbemalung, mit verschiedenen Kopfbedeckungen. »Nur ein Teil meiner Freunde und Verwandten«, flüsterte Sloan. Schützend legte er wieder einen Arm um Sabrina, sein Kinn berührte ihre Stirn. Als ein Krieger sein Pferd zu ihnen lenkte, erklärte er: »Silver Knife, Crazy Horse' Lieutenant.«
»Was genau geht hier vor?« fragte sie nervös.
»Die Situation ist kritisch. Tut mir leid, daß ich dich enttäuschen muß. Obwohl ich mein Bestes tat, um dich wie ein Ritter in schimmernder Rüstung zu retten, bin ich selbst ein Gefangener. Nur weil einer von Hawks Vettern dich bei der Reisegruppe sah, die Gray Heron angreifen wollte, durfte ich ihm nachreiten. Was du hier draußen zu suchen hast«, fuhr er in scharfem Ton fort, »weiß ich nicht. Wären wir nicht in dieser schlimmen Lage, würde ich dir den Hintern versohlen. Warum bist du so dumm und eigensinnig?«
Ehe sie antworten konnte, begann Silver Knife zu sprechen. Sloan nickte, dann hob er Sabrina auf sein Pferd und stieg hinter ihr auf. Sofort wurden sie von Indianern flankiert.
»Wohin reiten wir?« fragte Sabrina.
»Zurück zum Camp«, erwiderte Sloan.
Direkt hinter dem Hügel erstreckte sich das Indianerlager an einem Fluß entlang. Kinder spielten, Frauen arbeiteten, mehrere Feuer loderten. In Rahmen gespannt, trockneten viele Tierhäute. An einigen Pfählen hing Wild, das gehäutet und gebraten werden sollte. Erschrocken beobachtete Sabrina die unzähligen Krieger.
Vor einem kleinen Zelt in der Mitte des Lagers zügelte Sloan das Pferd, sprang zu Boden und hob Sabrina herunter. »Jetzt mußt du da hineingehen.«
»Allein?«
»Sobald das Problem gelöst ist, komme ich zu dir.«
»Welches Problem?«
Lässig zuckte er die Achseln. »Gray Heron gehört nicht zu unserer Truppe, und er meint, ich müßte getötet werden. Da er dich entdeckt hat, bildet er sich ein, du wärst sein Eigentum.«
Entsetzt hielt sie den Atem an. Ihre Knie wurden weich, und sie sank an Sloans Brust.
»Vertrau mir«, bat er.
»Ja«, flüsterte sie. »Wie lange ...?«
»Sicher werden sich die Krieger bald einigen. Sie wissen, daß Custer nach ihnen sucht. Und sie wollen ihn ihrerseits aufspüren. Verdammt, Sabrina, reiß dich zusammen und tu, was ich dir sage!«
Schwankend betrat sie das Zelt, sank auf eine Decke und schlug die Hände vors Gesicht. O Gott, was würde mit Sloan geschehen? Langsam verstrichen die Minuten. Nach einer Weile stand sie auf und begann umherzuwandern. Die Abenddämmerung ging in nächtliches Dunkel über. Schließlich setzte sich Sabrina wieder auf die Decke.
Vor dem Zelt brannte ein Feuer. Sie starrte durch die Öffnung in die Flammen, deren Widerschein den Farben des Sonnenuntergangs glich. Gelb, orange, rot wie das Blut, das dieses Land tränkte. Und rostbraun wie die Indianer. Hatten sie Sloan schon getötet? Kalte Angst krampfte ihr Herz zusammen.
Und dann sah sie ihn, die breiten Schultern, die bronzefarbene Brust. In seinen Adern floß das Blut von Indianern und Weißen. Vor keiner der beiden Rassen hatte er sich jemals gebeugt. Zwei Indianer begleiteten ihn. Doch sie folgten ihm nicht ins Zelt.
Sabrina sprang auf, warf sich in seine Arme, und er küßte sie – leidenschaftlich und sanft zugleich. So viel hatte sie ihm zu sagen. Aber er schien keine Erklärungen zu erwarten. Und er drückte sie fest an sich, als wäre es die letzte Umarmung. Endlich ließ er sie los.
»Bitte, Sloan, was wird geschehen?« flüsterte sie.
»Würdest du dich gegen mein Verlangen wehren?« Seine Hände glitten über ihre Brüste.
»Nein, aber ...«
»Leider haben wir keine Zeit.«
»Was meinst du?«
»Inzwischen weiß ich, warum die Sioux deine Reisegruppe angegriffen haben – um zu verhindern, daß ihre Positionen verraten werden, bevor die Kämpfe beginnen. Und Gray Heron will dich nicht freigeben. Wenn ich dich als meine Frau behalten will, muß ich gegen ihn kämpfen.«
»Um Himmels willen, nein!«
»Hältst du so wenig von meiner Kampfkraft?«
»Er wird versuchen, dich zu töten!«
»Darin liegt der Sinn dieses Duells.«
»Bitte, Sloan, du darfst nicht sterben!«
»Ich tu mein Bestes«, versprach er ungerührt. »Hör zu, Sabrina. Was immer jetzt geschehen wird, vorerst bist du sicher. Vor der Schlacht ...« Er zögerte kurz. »Bevor die Krieger in den Kampf ziehen, pflegen sie nicht mit Frauen zu schlafen. Sie glauben, das würde sie verunreinigen. Falls mir etwas zustößt, mußt du jemanden finden, der dich zu Crazy Horse bringt. Zu Ehren seiner Freundschaft mit mir wird er dich schützen.«
»O Gott, Sloan, bitte ...«
Schmerzhaft gruben sich seine Finger in ihre Schultern. »Zum Teufel, was machst du eigentlich hier draußen? Habe ich dir nicht verboten, das Fort ohne mich zu verlassen?«
»Ich wollte dich suchen – weil ein Crow-Spion einem Soldaten im Fort erzählte, du wärst nicht mehr sicher vor den Sioux. Wenn sie sich bedroht fühlen, würden sie dich töten. Und da du dich zwischen zwei Welten bewegst, trauen sie dir nicht mehr. Ich mußte dich finden ...«
»Warum?«
Sie hatte sich ausgemalt, wie sie ihm alles erklären würde. Aber nicht in einer so grauenvollen, gefährlichen Situation – während er sie so wütend und vorwurfsvoll anstarrte ...
»Warum?« wiederholte er. Sie spürte die Anspannung in seinen Muskeln, die Hitze seines Körpers. »In diesem letzten Jahr hast du immer wieder gehofft, einen Sioux-Pfeil in meiner Brust zu sehen.«
»Sloan, ich wollte dir sagen ...«
Abrupt ließ er sie los, als die beiden Wachtposten ins Zelt traten. »Ich muß gehen, Liebste. Wenn ich zurückkomme, werde ich dir bereitwillig zuhören.«
Wenn er zurückkam ...
Einer der Krieger ergriff seinen Arm. Aber Sloan schüttelte ihn ab, zog Sabrina ein letztes Mal an sich, und sein fordernder Kuß weckte eine süße Sehnsucht.
Irgendwo in der Nacht dröhnten Trommeln. Sloan ließ seine Arme sinken, ergriff Sabrinas Hand und küßte die Fingerspitzen. »Bis später«, flüsterte er, wandte sich ab und folgte den Indianern aus dem Zelt.
»Sloan!« schrie sie, rannte ihm nach, und er drehte sich um. Verwirrt sah er die Tränen auf ihren Wangen. Sie warf sich an seine Brust, versuchte verzweifelt, diesen Augenblick festzuhalten. »Bitte, du darfst nicht sterben! Es gibt noch einen Grund, warum ich dich unbedingt finden mußte. An jenem Morgen – danach ... Ich erwachte, und ich hatte nicht gewußt, daß du fortgehen würdest. Damals wollte ich's noch nicht erwähnen – und erst einmal abwarten, bis ich mir ganz sicher war, bis der Zeitpunkt verstreichen würde, den die Hebamme immer gefährlich nennt. Du solltest keine neue Enttäuschung erleben ...«
Behutsam strich er ihr das Haar aus der Stirn. Im Flammenschein schimmerten seine Augen schwarz wie Ebenholz. »Was versuchst du mir zu sagen, Sabrina?«
»Du darfst nicht sterben, weil wir wieder ein Kind erwarten, Sloan.«
Plötzlich zerriß ein schriller Kriegsruf die nächtliche Stille. Einer der Krieger umklammerte Sloans Arm und sprach auf ihn ein. Doch er achtete nicht darauf. Unverwandt starrte er Sabrina an. Der zweite Indianer zerrte sie von ihm weg. Vergeblich versuchte sie sich zu befreien.
»Wirklich?« fragte Sloan leise.
»Ja.«
»Wann wird das Baby geboren?«
»Ende November.«
»Nun, bis dahin komme ich ganz sicher zurück. Geh wieder ins Zelt. Und um Gottes willen – paß auf dich auf!« Er schüttelte die Hand des Krieger ab und ging zum Feuer, eine schwarze Silhouette, von blutroten Flammen umrahmt.
»Sloan!« rief sie.
Langsam drehte er sich um. »Glaub mir, meine Liebste, ich komme zurück.«
Dann kehrte er ihr wieder den Rücken, ging weiter, und das Feuer schien ihn zu verschlingen.
»Ja, er wird zurückkommen«, flüsterte sie dem Krieger zu, der sie ins Zelt schob und allein ließ.
Sie setzte sich wieder auf die Decke, starrte in die Nacht, ins flackernde rote Licht, und bekämpfte ihre Furcht.
Aber die tanzenden Flammen schienen sie zu verspotten. In wachsender Verzweiflung begann sie zu beten, und sie gestand sich endlich ein, daß sie ohne Sloan nicht leben konnte. Sie liebte ihn – über alles.
Wann hatte sie begonnen, ihn zu lieben? Vielleicht in jener Nacht im Fort, wo sich Captain Jenkins so gräßlich benommen hatte.
Oder nach dem Verlust ihres Babys.
Nein, schon vorher. Schon bei der Hochzeit. Vor langer Zeit. In einem anderen Leben.
Im einzigen Leben, das ihnen geblieben war?
Einsam und verlassen saß sie im dunklen Zelt. Nur die Angst leistete ihr Gesellschaft, während ihre Gedanken in die Vergangenheit wanderten.
Schottisches Hochland, Spätherbst 1875
»Sabrina, du hörst mir nicht zu! Wie ist das passiert? Wieso bist du ...«
Während sie vor dem Stall eine der jungen Douglas-Stuten namens Aurora striegelte, betrachtete sie die märchenhafte schottische Landschaft. Hinter sanft gerundeten, mit malvenfarbenen wilden Blumen bewachsenen Hügeln lag silberner Nebel über dem Wasser. Eine sanfte Brise bewegte die Luft.
Doch Sabrina erlebte kein Märchen. Und ihre hartnäckige Schwester rührte sich nicht von der Stelle. Die Arme verschränkt, lehnte sie an der Mauer des Stalls und wartete.
»Schwanger ...«, sagte Sabrina leise. Seit dem Ende des Bürgerkriegs war die Welt fortschrittlicher geworden. Die vornehme Gesellschaft hielt ›schwanger‹ jedoch immer noch für ein unfeines Wort.
»Nun?« drängte Skylar. »Wie bist du schwanger geworden?«
Wie? Eigentlich hatte Sabrina vermutet, ihre Schwester würde das wissen.
Aber Skylar wollte natürlich herausfinden, wie Sabrina in jene Situation geraten war, die zu ihrer Schwangerschaft geführt hatte. Sie konnte dem Gespräch nicht länger ausweichen. Weil sie Schwestern waren, weil der Altersunterschied nur zwei Jahre betrug und weil sie einander in der harten Realität ihres Lebens sehr nahe standen.
Ein paar Tage lang hatte Sabrina die Diskussion hinausgezögert. Jetzt mußte sie endlich darüber sprechen.
Ja – wie?
Das alles erschien ihr so unwirklich. Und sie war weit entfernt vom Dakota Territory, wo die verhängnisvolle Begegnung mit Sloan Trelawny stattgefunden hatte. Als sie die Stute striegelte, auf der sie an diesem Tag stundenlang über die Hügel geritten war, gewann sie den Eindruck, auch ihr Herz und ihre Seele hätten sich weit von Dakota entfernt. Ihr Blick streifte wieder das Wasser des Lochs, das hellblau unter dem sonnigen Himmel schimmerte. Nicht, daß in Schottland eine friedliche Atmosphäre herrschen würde. Die Schwestern waren auf den Familiensitz gekommen, der Sabrinas Schwager Hawk Douglas gehörte, weil sein Halbbruder David, jahrelang für tot gehalten, noch lebte. Diese Wahrheit hätte Sabrina beinahe in den Selbstmord getrieben.
Plötzlich erschauerte sie trotz der milden Brise. Es war warm im Hochland, obwohl der November längst begonnen hatte. Nichts konnte beschaulicher wirken als die schönen grünen Hügel, wo die Rinder weideten. Trotzdem hatte sich das Grauen in diesem Idyll ereignet. Sie war einem Schrei in der Nacht gefolgt und in einem Grabgewölbe eingesperrt worden – gefesselt, von Drogen betäubt. In den Stunden ihrer Gefangenschaft hatte sie die Kostbarkeit des Lebens erkannt, das sie ihrem Kind schenken würde.
»Wie, Sabrina?« fragte Skylar sanft.
»Wie?« wiederholte Sabrina. Sie hatte das Zimmer betreten und ihn gesehen. Und sie war überzeugt, sie könnte die Situation meistern, als sie merkte, wofür er sie hielt. Und so hatte sie ihn herausgefordert. O Gott – viel zu deutlich erinnerte sie sich an seine dunklen Hände auf ihrer elfenbeinweißen Haut, an die Kraft und das Feuer in seinem Körper, sein Flüstern,. seine Augen ...
Natürlich schuldete sie ihrer älteren Schwester eine Erklärung. Skylar machte sich Sorgen. Und sie hatten schon so viel gemeinsam überstanden.
Als Kinder hatten sie den Bürgerkrieg überlebt und den Vater verloren. Aber er war nicht auf dem Schlachtfeld gefallen, sondern ermordet worden – von ihrem Stiefvater Brad Dillman, der später das Amt eines US-Senators übernommen hatte. Skylar beobachtete damals, wie er die Tatwaffe, ein Messer, reinigte. Doch zu dem Zeitpunkt war sie ein kleines Mädchen gewesen. Niemand glaubte ihr die bittere Anklage, weil man annahm, der Tod des Vaters hätte sie völlig verwirrt.
Und so wuchsen die Schwestern in Dillmans elegantem Haus in Baltimore auf. Bis zum Tod der Mutter wandten sie sich nicht gegen ihn. Eines Nachts entbrannte ein heftiger Streit zwischen Skylar und dem Stiefvater. Sabrina warf sich dazwischen, und er stürzte die Treppe hinab. Aber er starb nicht. Vor lauter Angst, er würde Skylar wegen versuchten Mordes vor Gericht bringen, zwang Sabrina ihre Schwester zur Flucht und pflegte Dillman, der sich als Krüppel ausgab.
Bald danach schickte Skylar ihr das Geld für die Flucht nach Mayfair, dem Landsitz ihres neuen Ehemanns nahe den Black Hills im Dakota Territory. In Gold Town machte die Postkutsche Station, und Sabrina quartierte sich in einem Gasthof ein. Allzugut hatte sie ihre Reise nicht geplant. Der Stiefvater folgte ihr. Während sie zu Bett gehen wollte, hörte sie Dillmans Stimme. Auf Zehenspitzen schlich sie aus ihrem Zimmer. Aber er kam ihr im Flur entgegen und erzählte irgend jemandem, was er mit ihr vorhatte. Um ihm zu entrinnen, floh sie ins nächstbeste Zimmer.
Und dort war es geschehen – in Sloans Zimmer. Nie zuvor hatte sie einen so faszinierenden Mann gesehen. Ein markantes, attraktives Gesicht, ebenholzschwarze Haare und Augen, eine bronzebraune breite Brust unter einem Hemd, das bis zur Taille offen war, schmale Hüften in engen Breeches, hohe Kavalleriestiefel. Ein Halbindianer, ein gefährlicher Mann, dessen Sinnlichkeit sie unwiderstehlich anzog ... Brüsk und ungeduldig forderte er sie auf zu verschwinden. Doch sie mußte bei ihm bleiben. Im Flur wäre sie Dillman begegnet. Und sie konnte den mißgelaunten Fremden nicht bitten, sie vor einem US-Senator zu retten. Schon gar nicht, weil er sie für eine Hure hielt.
So hatte sie ihren Charme versprüht, einen Drink angenommen und versucht, den Mann auf Distanz zu halten.
»Sabrina?« Die Stimme ihrer Schwester unterbrach die Erinnerungen.
Kraftvoll striegelte sie Auroras dunkle Mähne. »Ich ...«
»Mein Gott, hat Sloan dich gezwungen?« fragte Skylar mit zitternder Stimme. »Wenn er sich so abscheulich verhalten hat ...«
»Nein, ich ...« Mühsam kämpfte Sabrina mit den Tränen. »Ich wünschte, es wäre eine Vergewaltigung gewesen. Dann müßte ich mich nicht verachten. Aber dein kostbarer Freund ist schuldlos. Ich floh in sein Zimmer – vor Dillman.«
»Dillman?«
»Er war im Flur des Gasthofs, und ich wollte ihm nachspionieren. Beinahe hätte er mich erwischt. In meiner Verzweiflung öffnete ich die nächstbeste Tür. Und da war Sloan ...«
»... den du noch nicht kanntest?«
»Nein.«
»Nur um Dillman zu entrinnen, hast du mit einem Fremden geschlafen?«
Wußte Skylar nicht mehr, wie gefährlich der Senator gewesen war? »Sloan hielt mich für eine Hure, die Loralee aus dem Ten-Penny-Saloon zu ihm geschickt hatte. Und ich klärte das Mißverständnis nicht auf. Um unserem Stiefvater zu entkommen, hätte ich alles getan.«
»Also ist es meine Schuld«, seufzte Skylar. »Hätte ich damals nicht mit Dillman gestritten ...«
»Unsinn!« protestierte Sabrina. »Aus diesem Grund wollte ich dir nichts davon erzählen – weil ich fürchtete, du würdest dir Vorwürfe machen.« Es war Sloans Schuld und ihre eigene. Er hatte sie als Hure betrachtet und ihr Whiskey angeboten. Sie war unfähig gewesen, der Situation zu widerstehen.
Würde sie kein Baby erwarten, hätte sie Skylar niemals gestanden, was in jener Nacht geschehen war.
»Irgendwas müssen wir unternehmen«, meinte Skylar.
»Gar nichts«, widersprach Sabrina. »Das ist nicht dein Problem ...«
»Nein, es geht nur dich und Sloan was an, nicht wahr?« fragte Skylar erbost.
Sabrina senkte bedrückt den Kopf. Nur zu gut wußte sie, in welch schrecklicher Lage sie sich befand. Sie hatte schlimme Zeiten erlebt, aber stets die Kraft gefunden, gegen ihr Schicksal zu kämpfen. Jetzt sah sie keinen Ausweg. Was um Himmels willen sollte sie tun? Bis vor kurzem hatte sie geglaubt, sie wäre endlich frei. Und nun wurden ihr neue Fesseln angelegt.
Früher hatte sie – trotz der unglücklichen Kindheit und Jugend – wenigstens die Achtung der Gesellschaft genossen. Skylar und Sabrina, die eleganten, verwöhnten Connor-Mädchen, waren von zahlreichen Verehrern umschmeichelt und umworben worden.
Aber Sloan umwarb und umschmeichelte niemanden. Geradewegs ging er auf sein Ziel zu, forderte entschieden, was er für richtig hielt und akzeptierte nichts Geringeres. Ein Indianer – ein Sioux ...
Es fiel ihr leicht, den Halbindianer Hawk wie einen Bruder zu lieben. Aber Sloans Sioux-Blut weckte Erinnerungen an die kriegerischen Rothäute, die grausam über die weißen Siedler im Westen hergefallen waren, an Gemetzel, Vergewaltigungen, Verstümmelungen ...
Nein, sagte sie sich, Sloan ist kein Barbar, sondern ein Kavallerieoffizier der Vereinigten Staaten. Und nur ein bißchen wild ... Sie schaute zum Schloß hinüber. Wie würde Sloan die Situation beurteilen?
»Verdammt, das ist ziemlich schwierig und unangenehm.« Andrew ›Hawk‹ Douglas füllte zwei Gläser, und Sloan Trelawny überlegte, daß zwei Halbindianer, die in einem Schloß im schottischen Hochland Brandy tranken, etwas merkwürdig wirken mußten.
Aber das Leben steckt nun mal voller Überraschungen, dachte er, während er vor dem Kaminsims stand und den Schwenker entgegennahm. »Da gibt's keine Schwierigkeiten. Prost!«
»Prost ... Erklär mir doch bitte, warum du keine Schwierigkeiten siehst. Immerhin trage ich die Verantwortung für meine Schwägerin. Ich kann's noch immer nicht fassen. Steht's denn überhaupt fest, daß du der Vater bist?«
Ungläubig starrte Sloan seinen Freund an. »Ob das feststeht? Natürlich!«
Hawk starrte nachdenklich vor sich hin. Also würde auch Sabrina ein Kind zur Welt bringen, in dessen Adern Indianerblut floß. Er wußte ebenso wie Sloan, welche Vorurteile die Gesellschaft gegen ein Halbblut hegte. Hawks Vater, ein Weißer, hatte nach dem Tod seiner ersten Frau seine indianische Geliebte geheiratet. Selbst ohne diese legalen Bande hätte Hawk seinem älteren Bruder David sehr nahe gestanden, der neulich aus dem vermeintlichen Grab zurückgekehrt war, um seinen rechtmäßigen Platz als Laird einzunehmen. Blutsbande hatten Hawk und Sloan übers Meer geführt – nach Schottland, das weit entfernt vom erbitterten Kampf zwischen der US-Regierung und den Sioux lag. Hier wollten sie die Wahrheit über kriminelle Machenschaften herausfinden, die sich vor kurzem im Hochland ereignet hatten. Sloan war weder mit David noch mit Hawk verwandt, aber vor langer Zeit, in einer anderen Welt, hatten sie alle drei in der Wildnis ihre Handflächen aufgeschnitten, um Blutsbrüder zu werden. Außerdem teilten Sloan und Hawk das Erbe ihrer Herkunft – halb weiß, halb indianisch.
Sloans Mutter, eine weiße Gefangene in einem Sioux-Lager, war von seinem Vater vergewaltigt worden. Dann hatte er ihr sein Herz geschenkt. Er nahm sie nach den Indianergesetzen zur Frau und versprach, wenn er sterben würde, dürfe sein Sohn das Volk seiner Mutter aufsuchen. Sloan wurde in der Wildnis großgezogen, lernte alles, was ein Junge wissen mußte, um dort draußen zu überleben, und wuchs zu einem starken Krieger heran.
Dann starb sein Vater, und Sloan zog ins Haus seines Großvaters. Lieutenant General Michael Trelawny, der sich im mexikanischen Krieg hervorgetan hatte, übte in politischen und militärischen Kreisen großen Einfluß aus. Seiner Macht verdankte Sloan den Studienplatz an der Militärakademie West Point. Während des Bürgerkriegs gewann er aus eigener Kraft die Achtung seiner Kavalleriekameraden. Trotzdem würde ihn die Welt des weißen Mannes niemals vorbehaltlos akzeptieren. Er wiederum konnte die Vernichtung des Sioux-Volkes nicht tatenlos mit ansehen. Weder die Weißen noch die Roten schuldeten ihm ihre Zuneigung. Aber er hatte beschlossen, den Respekt beider Seiten zu verdienen.
Und so wanderte er auf einem schmalen Grat durchs Leben. In dieser gefährlichen Welt lebte auch Hawk, und sie verstanden einander wie nur wenige Männer, innig verbunden durch das gemeinsame, zwiespältige Erbe. Rückhaltlos konnte sich der eine auf den anderen verlassen.
Noch nie hatte Hawk einen Grund gesehen, seinem Freund zu zürnen. Doch nun erschien es ihm unfaßbar, daß seine Schwägerin ein Kind von Sloan erwartete. Er leerte sein Glas, dann seufzte er tief auf. »Einfach absurd! Soviel ich weiß, hast du Sabrina kennengelernt, während ihr Stiefvater uns alle zu beseitigen versuchte. Damals gewann ich nicht den Eindruck, ihr würdet euch besonders mögen, und seither seid ihr euch immer nur feindselig begegnet. Wieso wart ihr trotzdem miteinander im Bett? Und warum hast du mir nichts davon erzählt?«
»Weil Sabrina vergessen wollte, daß es jemals geschehen ist. Das habe ich bis jetzt respektiert.«
»Was zum Teufel ist eigentlich passiert?«
Was passiert war? Trotz seines beträchtlichen Alkoholkonsums in jener Nacht erinnerte sich Sloan an alle Einzelheiten. Daß er Sabrinas Identität nicht erkannt hatte, lag nicht am Whiskey. Daran war sie selber schuld. Er stellte seinen Schwenker auf das Kaminsims und lächelte freudlos. »Offenbar habe ich Sabrina auf die gleiche Weise erobert wie du deine Frau.«
»Wie du dich sicher entsinnst, erfuhr ich von der Existenz meiner Ehefrau erst nach unserer Ferntrauung.«
»Daran war Dillman schuld. Weil Skylar ihrem Stiefvater entrinnen wollte, der ihren leiblichen Vater ermordet hatte, war sie von deinem Vater mit einem raffinierten Trick zu dieser Ferntrauung veranlaßt worden. Und auf ähnliche Weise trieb Dillman seine zweite Stieftochter in meine Arme.«
»Wie das?«
»Es geschah nach dem katastrophalen Treffen in der Red Cloud-Reservation, wo alle Beteiligten erkannten, daß einige Sioux kämpfen würden – arme Geschöpfe, die sich einbildeten, sie hätten ein Recht auf ihre eigene Lebensart. Das weiße Militär beschloß, sie alle zu beseitigen. Natürlich war ich furchtbar deprimiert. Ich übernachtete im Miner's Well und ging zum Ten-Penny-Saloon hinüber, um eine Flasche Whiskey zu kaufen. In jener Nacht wollte ich mich einfach nur betrinken, und alles vergessen. Die gute Loralee bot mir ein neues Mädchen an auf Kosten des Hauses. Das lehnte ich ab. Aber kurz danach erschien eine Frau in meinem Zimmer. Über ihrer Unterwäsche trug sie nur einen Morgenmantel, und ich fand sie hinreißend – wenn sie sich auch etwas seltsam benahm ...« Sloan verstummte und starrte ins Kaminfeuer.
In der Tat, es war eine sonderbare Nacht gewesen. Normalerweise trank er nur wenig Alkohol. Aber um seine miserable Laune zu überwinden, hatte er die Whiskeyflasche zur Hälfte geleert. Plötzlich wurde die Tür geöffnet und geschlossen. Die Stirn gerunzelt, griff er nach seinem Colt, der neben ihm auf einem Tischchen lag, und starrte den ungebetenen Gast verwirrt an.
Er hatte keine Lampen angezündet und die Brokatvorhänge geschlossen. Nur das Kaminfeuer warf ein schwaches Licht auf die bezaubernde Schönheit, die hereingekommen war.
Die Augen geschlossen, lehnte sie reglos an der Tür. Dichte kastanienbraune Locken fielen auf ihre Schultern und umrahmten ein elfenbeinweißes ovales Gesicht mit hohen Wangenknochen, vollen Lippen und sanft geschwungenen Brauen. Als sie die Lider hob, schien sie zu erschrecken. Über meinen Anblick, dachte er. Weil ich ein Sioux bin. Vermutlich Loralees neue Errungenschaft aus dem Osten. Sie trug einen eleganten spitzenbesetzten Morgenmantel in jungfräulichem Weiß, der nicht ganz geschlossen war und eine wadenlange Unterhose, ein. Korsett und Seidenstrümpfe enthüllte. Nie zuvor hatte Sloan eine so betörende Frau gesehen – gertenschlank, aber mit üppigen Brüsten und verlockend gerundeten Hüften. In wachsender Erregung hatte er sie gemustert und aufgefordert, näher zu treten.
Wie er sich jetzt ironisch eingestand, wäre ihm ihr Widerstreben – für eine Hure ungewöhnlich – sicher aufgefallen, hätte er nicht so viel getrunken. In schroffem Ton wiederholte er seine Einladung und fügte hinzu, wenn sie nicht hierzubleiben gedenke, solle sie verschwinden.
Doch sie wollte nicht gehen. Ihre sichtliche Nervosität überraschte ihn nicht, denn sie war neu in diesem Gewerbe. Wie neu, ahnte er nicht.
Wenn er auch nicht an Komplexen litt, war er sich seiner Herkunft stets bewußt. »Haben Sie Probleme mit Indianern?«
»Sind Sie ein Indianer?« fragte sie.
Langsam hob er die Brauen. »Sehe ich norwegisch aus?«
Sie zeigte auf das Kavalleriejackett, das am Fußende des Betts lag. »Nun, ich dachte, Sie wären ein Offizier.«
»Darüber wundere ich mich selber. Ich frage Sie noch einmal – haben Sie Probleme ...«
Aber sie hörte nicht mehr zu und schien auf Geräusche im Flur zu lauschen.
Verdammt! In seinem Kopf dröhnten Kriegstrommeln – laut, donnernd, qualvoll. Das Vergessen war so nahe, die Beschwichtigung des Zorns, der sein Blut erhitzte.
Und so war es geschehen. Er verlor die Geduld und sprang auf, riß sie in die Arme und küßte sie. Ihr Mund war so weich und verführerisch. Davon wollte er noch mehr spüren. Er schob seine Zunge zwischen ihre Lippen und umarmte sie noch fester. Aufreizend preßten sich ihre Brüste an ihn, und sein Verlangen war stärker als Wut, Enttäuschung und Bitterkeit. Je leidenschaftlicher er sie küßte, desto unbezähmbarer erfaßte ihn seine wilde Begierde. Mit beiden Händen stemmte sie sich gegen seine nackte Brust. Inzwischen klaffte sein geöffnetes Hemd weit auseinander. Obwohl er sie am liebsten aufs Bett geworfen hätte, zwang er sich, sie loszulassen. »Zum Teufel, verschwinden Sie doch endlich!« schrie er und schob sie zur Tür.
Da drang eine Männerstimme aus dem Flur herein. »Wenn ich das jüngere Mädchen zuerst finde ...«
Sie weigerte sich, das Zimmer zu verlassen. Statt dessen bat sie ihn um einen Drink, um einen zweiten, einen dritten. Dann nahm er ihr das Glas aus der Hand, weil sie sich nicht sinnlos betrinken sollte. Dafür war sie viel zu reizvoll, zu exquisit. Eine unglaubliche Hure. Nie zuvor hatte er eine Frau so heiß begehrt. Er zog an den Satinbändern ihres Korsetts, und es fiel auseinander. Auch ihre Unterhose wurde von einem Band zusammengehalten. Hastig zerrte er daran und streifte das hinderliche Kleidungsstück über ihre Hüften hinab. Der Morgenmantel umhüllte immer noch ihre Schultern. Alles andere konnte Sloan deutlich sehen: Ihr wohlgeformter nackter Körper raubte ihm den Atem.
Mochte sie auch noch so traumhaft aussehen, sie war eine Hure. Jetzt kannte er nur mehr einen einzigen Gedanken – sie zu besitzen.
Sie schrie nicht. Aber die blauen Augen verrieten ihre Wut und ihren Schmerz, als es vorbei war. Und er empfand ebenfalls hellen Zorn, weil sie nicht erwähnt hatte, sie sei ein völlig unerfahrenes Freudenmädchen. Trotz ihrer offenkundigen Entrüstung weigerte sie sich ebenso entschieden wie zuvor, sein Zimmer zu verlassen, und sie verbrachten die ganze Nacht zusammen.
Am Morgen erwachte er an ihrer Seite, spürte ihr weiches Fleisch, roch ihren Duft und sehnte sich erneut nach ihr. Und so beschloß er, ihr die angenehmen Seiten ihres Gewerbes noch einmal zu demonstrieren. Behutsam weckte er sie, und ehe sie vollends zur Besinnung kam, verführte er sie. Es war wundervoll – geradezu erstaunlich. Bis sie erklärte, was sie von ihm hielt, und aus dem Zimmer stürmte.
Er sah sie erst wieder, als sie mit Hawks Anwalt nach Mayfair fahren wollte. Zu dem Zeitpunkt hatten Dillmans Spießgesellen den Wagen angegriffen.
»Sloan?« Hawks Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück.
»Seltsam ...« Sloan starrte immer noch ins Kaminfeuer. »Weil sie sich so merkwürdig benahm, wollte ich sie wegschicken. Aber sie ging einfach nicht. Ich hatte keine Ahnung, wer sie in Wirklichkeit war – und daß die Komplizen ihres Stiefvaters im Miner's Well nach ihr suchten. Sabrina hätte mich um Hilfe bitten können. Doch das tat sie nicht. Sie kannte mich nicht, sie mißtraute mir. Und sie fürchtete sich ganz schrecklich vor Dillman – was ich verstehe, nachdem ich vor seinem Ableben das Vergnügen hatte, ihn kennenzulernen. Aber sie verschwieg mir den Grund ihrer Angst, sogar – danach, Was sie dazu bewog, weiß ich nicht. Jedenfalls stammt das Baby von mit«
»Meiner Frau und mir hat sie nichts verraten.«
Hawk goß noch einmal Brandy in die Gläser, und Sloan nahm einen großen Schluck.
»Zum Glück haben wir Dillmans Männer daran gehindert, den Wagen zu überfallen, der Sabrina zu deinem Haus bringen sollte. Danach versuchte sie dir einzureden, ich wäre einer der Schurken gewesen. Und ich wollte dir klarmachen, sie sei nicht deine Schwägerin, sondern eine Hure. Bevor wir beide irgend etwas sagen konnten, erkannten wir die Wahrheit. Dann kämpften wir gegen Dillman und seine Helfershelfer, er starb, und es sah so aus, als würde das Leben wieder einigermaßen normal verlaufen. Deshalb beschloß Sabrina, jene Nacht zu vergessen.«
»Nach allem, was du mir erzählt hast, trifft dich keine Schuld.«
»Vielleicht kann sie mir deshalb nicht verzeihen.« Sloan zuckte die Achseln. »Dazu kommt noch das Problem meines Indianerbluts.«
»Mich hat sie akzeptiert.«
»Nun, du bist ihr Schwager. Und bis zu Davids Rückkehr von den Toten warst du Laird Douglas. Also besteht ein himmelhoher Unterschied zwischen dir und einem Halbindianer, der zudem noch ein Bastard ist.«
»So verbittert habe ich dich noch nie reden hören. Immerhin ist dein Großvater ein außergewöhnlicher Mann.«
»Ich bin nicht verbittert, ich erkläre dir nur, was Sabrina empfindet. Obwohl ich dein Freund bin und mein Leben riskiert habe, um sie zu retten, verachtet sie mich. Sie hätte mich niemals über ihre Schwangerschaft informiert. Davon wüßte ich noch immer nichts, hätte die neue Frau deines Bruders nichts ausgeplaudert, als sie glaubte, sie wäre mit Sabrina allein. Ob deine Schwägerin ihren Zustand schon in Amerika bemerkt und Skylar und dich nur nach Schottland begleitet hat, um dem Vater ihres Babys zu entrinnen, weiß ich nicht. Jedenfalls haßt sie mich.«
»Und du willst sie trotzdem heiraten?«
»Ja, Hawk auf jeden Fall.« Mühsam bezähmte Sloan den Aufruhr seiner Gefühle. Seit Sabrina ihn einen arroganten Bastard genannt hatte und aus seinem Zimmer im Gasthof gestürmt war, kämpfte er mit seinem Zorn. Auch danach hatte sie nichts getan, um ihn zu beschwichtigen, und er fand ihre Weigerung, ihn zu heiraten, keineswegs schmeichelhaft.
Sie wußte sehr wenig über die Sioux. Und wenn sie den Indianern auch nicht so feindselig gegenüberstand wie die meisten Weißen, mißfiel es ihr, von einer Rothaut berührt zu werden. Gewiß, sie mochte Hawk – aber es war ihre Schwester, die ihn geheiratet hatte. Was weiße Frauen betraf, hatte Sloan seine Lektion schon vor langer Zeit gelernt, als er beinahe geheiratet hätte. Wegen seiner Herkunft waren diese Pläne vereitelt worden. Danach hatte er geglaubt, er würde sich nie wieder so verletzlich fühlen. Und jetzt wollte Sabrina Connor nichts mit ihm zu tun haben. Er mußte Hawk recht geben – er war tatsächlich verbittert. Unter normalen Umständen hätte er ihr den Rücken gekehrt. Auf dieser Welt gab es genug Frauen.
Aber Sabrina trug sein Kind unter dem Herzen. Und er wünschte sich sehnlichst, sein eigenes Fleisch und Blut großzuziehen. War dieses Bedürfnis genauso stark wie die. Leidenschaft, die Sabrinas Anblick immer noch weckte? Sollte er seinen Stolz bezwingen und sich eingestehen, wie sehr er sie begehrte? Vielleicht genügte die Lust, um eine Ehe erträglich zu gestalten. Das wußte er nicht. Wenn es um Sabrina ging, konnte er seine eigenen Gefühle nicht ergründen. Wie auch immer, sein Baby mußte ehelich geboren werden.
»Sabrina erwartet ein Kind von mir, Hawk«, fuhr er fort. »Dafür muß ich die Verantwortung übernehmen, und ich werde sie heiraten. Wäre ich nicht dazu bereit, würdest du mich mit einer Schrotflinte zum Traualtar treiben.«
»Vermutlich«, stimmte Hawk zu. »Aber da gibt's ein Problem – Sabrina will dich nicht heiraten.«
»Vielleicht solltest du sie mit einer Schrotflinte dazu zwingen«, bemerkte Sloan trocken.
»Damit würde ich nichts erreichen. Wenn sie einen Entschluß gefaßt hat, bleibt sie dabei, und sie wird bis zum bitteren Ende kämpfen, um ihren Willen durchzusetzen. Was dich betrifft – ich fürchte, sie wird sich mit aller Macht gegen dich wehren.«
»Zweifellos. In diesem Kampf kommt es vor allem auf die Strategie an.« Fest entschlossen, sein Ziel zu erreichen, verließ Sloan das Zimmer.
»Sabrina!« Sie stand bei den Druidensteinen, die Hände auf den flachen Fels eines einstigen Altars gelegt. Manchmal herrschte eine mystische Atmosphäre im Hochland. Ein kalter, heftiger Wind kündigte den Winter an. Nachdem sie Aurora gestriegelt hatte – etwas zu lange und zu heftig –, war sie hierher gewandert. Nun würde Skylar mit ihrem Mann sprechen und ihn auffordern, alles ›in Ordnung‹ zu bringen, ohne Rücksicht auf die Wünsche ihrer Schwester.
»Sabrina!« Schon wieder seine Stimme. Sie erschauerte. Daran war nicht der Wind schuld.
»Sabrina!«
Warum konnte der Klang dieser Stimme sie so sehr verwirren? Am liebsten wäre sie davongerannt. Aber sie drehte sich langsam um und sah ihn auf sich zukommen. Wie seltsam, ihm hier zu begegnen ... Ein Halbindianer aus dem Gebiet an der amerikanischen Siedlungsgrenze schlenderte unbeschwert und selbstbewußt über die smaragdgrünen schottischen Hügel, als würde ihm die ganze Welt gehören – als hätte er nichts zu befürchten. Was er wollte, würde er sich nehmen und alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Zweifellos war er attraktiv, fast eins neunzig groß, mit der athletischen Gestalt eines Mannes, der sein Leben lang geritten war und gekämpft hatte, mit den Waffen der Weißen, mit den Waffen der Roten. Im dichten, schulterlangen schwarzen Haar schimmerten rötliche Lichter. Und die Augen? Schwarz. Aber nicht ganz. Mahagonibraun – und voller Glut, wenn er in Zorn geriet. Wie so oft, wenn er sie anschaute.
Fünf Schritte von ihr entfernt blieb er stehen, in hohen Reitstiefeln und Breeches aus dunkelblauem Köper. Sein weißes Hemd, am Kragen geöffnet, bildete einen faszinierenden Kontrast zu seiner bronzefarbenen Haut.
Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt sie seinem Blick stand, der unnachgiebige, kompromißlose Entschlossenheit verriet. Sie kannte ihn kaum. Und sie hatte ihn überhaupt nicht gekannt, als sie in sein Zimmer getaumelt war, auf der Flucht vor ihrem Stiefvater. Trotzdem erinnerte sie sich an alle Einzelheiten seines wohlgeformten Körpers, der jetzt sehr zivilisiert verhüllt war.
Nein, sie durfte nicht behaupten, ihn kaum zu kennen. Um seinem Freund Hawk in einer gefährlichen Situation beizustehen, hatte er einen halben Kontinent und ein Meer überquert. Seine Loyalität und sein Mut konnten sich mit seiner Leidenschaft messen.
»Versinkst du in Selbstmitleid?« fragte er belustigt.
»Unsinn!« erwiderte sie. Natürlich tat sie sich selber leid. Hatte sie noch immer nicht genug gelitten? Verdiente sie nicht endlich ein bißchen Freiheit?
»Nun, was hast du beschlossen?« erkundigte er sich in beiläufigem Ton, als würde ihre Entscheidung keine Rolle für ihn spielen. Seit er von ihrer Schwangerschaft wußte, verfolgte er sie hartnäckig mit seinen Heiratsanträgen. Aber er würde gewiß nicht auf Knien um ihr Jawort bitten.
»Ich kann dich nicht heiraten, Sloan.«
»Warum nicht?«
»Da gibt es viele Gründe ...«
Die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte er sich an einen Felsen. »Welche?«