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Obwohl Victor sich bei einem Sturz am Bein verletzt hat, kann Mabels ihn überreden, mit ihr das alljährliche Kürbisfest in Lower Barton zu besuchen. Das Fest gilt als einer der Höhepunkte des Jahres in der kleinen Ortschaft. Doch dieses Jahr sollte es nicht friedlich enden wie erwartet - und Mabels Spürsinn ist wieder gefragt. Ein kurzes Abenteuer für Mabel und Victor im nicht immer beschaulichen Cornwall.
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Seitenzahl: 29
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Der Kürbismörder
Ein kurzes Abenteuer für Mabel und Victor im nicht immer beschaulichen Cornwall
von Rebecca Michéle
erschienen im Goldfinch Verlag
Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch: Stahlblauer Himmel, milde Temperaturen und vom sechs Meilen entfernten Meer wehte nur eine leichte Brise in die verschlafene Ortschaft Lower Barton in Cornwall und machte den Aufenthalt im Freien zu einer wahren Freude. Nach den wochenlangen Regenfällen im Sommer verwöhnte der schöne Herbst Englands Südwesten nun endlich mit Sonne und milden Temperaturen. Ganz Lower Barton schien heute auf den Beinen zu sein, und Mabel Clarence sah nur fröhliche Gesichter. Nun ja, fast nur fröhliche Menschen, denn der Mann, dessen Rollstuhl sie schob, machte ein Gesicht, als würde er zum Schafott geführt.
„Schauen Sie nicht so missmutig, Victor.“ Mabel gab dem grauhaarigen Tierarzt einen leichten Klaps auf die Schulter. „Heute ist ein Tag zum Fröhlichsein und zum Feiern.“
„Kann ich nicht finden.“ Mabels leichte Worte zauberten Victor kein Lächeln auf die Lippen. Er deutete auf sein Gipsbein und runzelte missmutig die Stirn. „Sie kennen mich lange genug, Mabel, um zu wissen, dass ich mir aus Festivitäten nichts mache, außerdem ist es nicht angenehm, im Rollstuhl durch die Menschenmassen kutschiert zu werden.“
Mabel verzichtete auf eine Antwort, und schob stattdessen den Rollstuhl durch die schmalen Gassen zum Dorfanger, auf dem reges Treiben herrschte. Vor zwei Wochen war Victor Daniels, der Tierarzt von Lower Barton, bei dem Mabel als Haushaltshilfe arbeitete, so unglücklich über eine Baumwurzel gestolpert, dass er sich das Sprunggelenk gebrochen hatte. Für einen so aktiven Mann wie Victor, der trotz seiner vierundsechzig Jahre lange noch nicht ans Rentendasein dachte, war es ein großes Problem, auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen zu sein.
„Nächste Woche bekommen Sie einen Gehgips“, sagte Mabel. „Dann können Sie die Praxis auch wieder aufmachen. Sie sollten froh sein, dass nicht mehr passiert ist, Victor. In Ihrem Alter hätten Sie sich auch den Oberschenkelhals brechen können.“
„Jetzt spricht die Krankenschwester aus Ihnen.“ Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Victor. „Ich bin Ihnen ja dankbar, dass Sie sich so gut für mich sorgen, trotzdem …“
Bevor Mabel nach Lower Barton gekommen war, hatte sie als Krankenschwester in London gearbeitet, so war es für sie selbstverständlich, sich um Victor zu kümmern, obwohl er es ihr mit seiner harschen Art oft nicht leicht machte. Sie war ein Jahr jünger als Victor Daniels und erfreute sie sich noch bester Gesundheit, nur manchmal zwickte und zwackte es in ihren Gelenken, ihr Geist jedoch war ausgesprochen rege. Zu rege, wie Victor Daniels manchmal meinte.
Auf dem Dorfanger wurden Mabel und Victor von den Leuten freundlich begrüßt, denn der Tierarzt war allen wohlbekannt, und auch Mabel hatte schon den einen oder anderen Kontakt geschlossen. Ein großer, schlanker Mann mit schlohweißem Haar und wachen blauen Augen trat auf sie zu.
„Miss Mabel! Wie schön, Sie wiederzusehen.“
„Sir Cavendish, die Freude ist ganz auf meiner Seite“, entgegnete Mabel und reichte dem Herrn die Hand. In seinem altmodischen Tweedanzug und den Knickebockern sah er wie einem Film über den englischen Landadel entstiegen aus.
„Ich hoffe, es geht Ihnen gut, und Ihnen ebenfalls, Doktor.“ Sir Trevor Cavendish nickte Victor zu. „Eine dumme Sache, so ein Bruch, nicht wahr?“
„Geht schon wieder“, gab Victor knapp zurück.
„Wie geht es Ihrer Cousine, Miss Mabel?“, wandte sich Sir Trevor wieder an Mabel.