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In der Abgeschiedenheit der schottischen Highlands bereitet sich die erfolgreiche Schauspielerin Anna Wheeler auf ihren nächsten Film vor. Da begegnet sie Duncan, der behauptet durch die Zeit gereist zu sein. Anna folgt ihm und landet am Hof von Maria Stuart. Dort verliert sie nicht nur ihr Herz, sondern beinahe auch ihr Leben.
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Seitenzahl: 622
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Die Treue des Highlanders
von Rebecca Michéle
erschienen im Dryas Verlag
Schottische Highlands, August 1566
Vorsichtig löste sich Duncan Cruachan aus den Armen der Frau. Ihr alabasterweißer Körper war vom vergangenen Liebesspiel schweißbedeckt, sie hatte die Augen geschlossen und ihr Kopf mit der Flut blonder Haare lag auf seiner breiten Brust. »Gehe nicht«, flüsterte sie und drückte ihren nackten Körper näher an seinen. Duncan merkte, wie die Leidenschaft erneut in seinen Lenden erwachte, aber er unterdrückte sein Verlangen und sagte: »Es ist spät, ich muss nach Hause, außerdem werden dich deine Eltern bestimmt schon vermissen.« »Wann werden wir uns endlich ohne diese Heimlichkeiten lieben können?« Duncan seufzte, schob sie zur Seite und erhob sich. Er mochte es nicht, wenn Alice auf ihre geplante Hochzeit anspielte. Obwohl sie bereits seit drei Jahren verlobt waren, hatte er sich bisher noch nicht zu diesem Schritt entscheiden können. Es hatte so etwas Endgültiges an sich. Bei dem Gedanken an eine Ehe mit Alice Skelton beschlich Duncan das Gefühl von Fesseln, die sich eisern um seine Handgelenke schließen würden. Er zupfte die Strohhalme von seiner Kleidung und zog das Plaid um seine Hüften zurecht. Alice blieb liegen und beobachtete ihn aus sehnsuchtsvollen Augen. Sie war schön, sehr schön sogar, und ihr schlanker, biegsamer Körper war eine Versuchung, der jeder Mann erliegen musste. Bereitwillig hatte Alice ihm seine Gunst geschenkt, denn die Hochzeit war zwischen ihren Familien vereinbart und nur noch eine Frage der Zeit. »Ich könnte ein Kind bekommen, dann müssen wir so schnell wie möglich vor den Altar treten«, sagte Alice, dabei schnurrte sie wie eine Katze vor einer Schale mit frischer Sahne. Duncans Kopf ruckte nach oben. »Du hast mir gesagt, dass es Kräuter gibt, die das verhindern. Ich hoffe, du nimmst sie ein?« Wenn Duncan etwas hasste, dann war es, unter Druck gesetzt zu werden. Tief im Inneren wusste er, dass Alice Recht hatte und er sich ihr gegenüber nicht sehr ritterlich benahm. Dabei konnte alles perfekt sein: Alice war jung, gesund, wunderschön und entstammte einem alten schottischen Adelsgeschlecht. Die Ländereien ihrer Familien grenzten aneinander, und da Alice keinen Bruder hatte, würde durch die Ehe der Besitz Duncans erheblich vergrößert werden. Alice war dazu erzogen worden, einem großen Haus vorzustehen. Auf sexuellem Gebiet war sie keinesfalls eine schüchterne Jungfrau wie die meisten adligen Frauen, sondern sie sprühte vor Feuer und Leidenschaft. Das war auch der Grund, warum sich Duncan immer wieder mit ihr in dem verlassenen Stall traf. Obwohl er gerne und oft die Freuden der körperlichen Liebe mit Alice genoss, fiel es Duncan schwer, sie sich als Herrin auf Glenmalloch vorzustellen, denn Alice hatte auch eine andere Seite. Diese war keineswegs so weich und anschmiegsam, wie wenn sie in seinen Armen lag, sondern von ungeheurer Härte und Rücksichtslosigkeit anderen Menschen gegenüber. Alice erreichte stets, was sie wollte, und war immer auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Duncan hatte oft beobachten können, wie sie abfällig und unfreundlich mit dem Personal umging, und es gefiel ihm nicht. Er wollte keine Frau, die ... Ja, was wollte er eigentlich genau? Das wusste er selbst nicht. Für Duncan sollte eine Frau mehr sein als eine Person, die dem Haushalt vorstand und ihm Jahr für Jahr ein Kind schenkte. Er wünschte sich eine Gefährtin, mit der er alles, was ihn bewegte, teilen konnte, mit der er reden und lachen konnte. Alice Skelton war zwar eine angenehme Geliebte, interessierte sich aber sonst in erster Linie nur für sich selbst. Obwohl sie schon so lange einander versprochen waren, konnte sich Duncan Alice einfach nicht als seine Ehefrau vorstellen. Schnell verscheuchte Duncan diese Gedanken, band sich den Gürtel um seine Hüften und steckte das kleine Messer in die Scheide an seiner Hüfte. Er küsste Alice flüchtig auf die Lippen und sagte: »Ich werde in den nächsten Tagen an den Hof aufbrechen. Die Nachrichten, die aus Edinburgh zu uns dringen, sind alles andere als beruhigend. Mein Platz ist nun an der Seite der Königin.« »Ach, das sind doch nur Gerüchte.« Schmollend erhob sich nun auch Alice und schlüpfte in ihr Kleid. »Stirling und Edinburgh sind weit. Was gehen uns die Differenzen zwischen der Königin und ihrem Mann an?« Das war einer der Wesenszüge an Alice, der Duncan zögern ließ, sie zu heiraten, denn sie war durch und durch egoistisch. Darum sagte er schärfer als beabsichtigt: »Königin Maria hat einem Kind das Leben geschenkt, das, wenn Gott will, eines Tages unser König sein wird. An jedem Gerücht ist immer ein wenig Wahrheit dran, und so wie ich Darnley kennen gelernt habe, zweifle ich nicht an seiner Brüskierung der Königin gegenüber. Meine Güte, er ist nicht unser König, auch wenn Maria ihn dazu erhoben hat und Darnley sich aufspielt, als gehöre Schottland ihm!« »Warum willst du dich der Gefahr aussetzen, vielleicht ebenso wie Rizzio ermordet zu werden?«, fragte Alice. Sie war weniger um sein Leben besorgt, auch wenn er ein sehr guter Liebhaber war, als um den Status, den sie bei einer Vermählung mit Duncan Cruachan erhalten würde. Das Geld seiner Familie war dabei auch nicht zu verachten, denn die Familie Skelton lebte in bescheideneren Verhältnissen als die Cruachans. Zudem war Duncan mit seinem dunklen Haar, das ihm in dichten Locken über die Schultern fiel, den steingrauen Augen und seiner großen, muskulösen Gestalt der attraktivste Mann im ganzen Hochland. So ein Prachtexemplar von Mann würde sie sich nicht entgehen lassen! »Es gibt leider keine Beweise einer Beteiligung Darnleys an dem feigen Mord an David Rizzio. Welche Kaltblütigkeit gehört dazu, einen Menschen vor den Augen der hochschwangeren Königin zu erdolchen! Es grenzt an ein Wunder, dass Maria unter diesen Umständen einen gesunden Knaben zur Welt gebracht hat.« Lord Darnley war der Ehemann von Maria Stuart, doch das anfängliche Glück wurde bereits wenige Wochen nach der Eheschließung getrübt. Maria Stuart, die fast ihr ganzes Leben am glanzvollen Hof von Frankreich verbracht hatte, bevor sie ihr Erbe in Schottland antrat, hatte den Italiener David Rizzio erst zu ihrem Sekretär, dann zu ihrem Vertrauten gemacht. Das hatte die Eifersucht ihres Mannes Darnley geweckt, obwohl dieser sich selbst in allen möglichen fremden Betten herumtrieb. Im Frühjahr des Jahres fünfzehnhundertsechsundsechzig gipfelte Darnleys Hass auf den kleinen Italiener in dessen Ermordung. Obwohl er den Mord nicht selbst ausgeführt hat, zweifelte kaum jemand an seiner Beteiligung. Der Höhepunkt von Darnleys schändlichem Verhalten war allerdings seine Reaktion nach der Geburt seines Sohns. Darnley hatte ihn zwar als seinen Sohn anerkannt, aber nicht mehr als einen Blick auf das Kind geworfen. Ohne ein Wort an seine Frau hatte er daraufhin das Zimmer verlassen, um auf eine seiner Besitzungen zu reiten, wo er seitdem weilte. Es war eine bewusste Distanzierung von seiner Vaterschaft. Mit seinem Verhalten demonstrierte Darnley der Öffentlichkeit seine Überzeugung, dass nicht er, sondern Rizzio der Vater des kleinen Jungen war. Boten, die ins Hochland gekommen waren, hatten berichtet, dass Darnley die Lords um sich scharte und plante, die Königin abzusetzen und sich selbst zum König zu krönen. Aus diesem Grund wollte Duncan so schnell wie möglich an den Hof, denn er war seiner Königin gegenüber loyal und treu ergeben. Außerdem war die derzeitige politische Situation ein guter Grund, die Hochzeit mit Alice Skelton auf unbestimmte Zeit zu verschieben.
Duncan fluchte leise, als er beim Betreten von Glenmalloch Castle, dem Stammsitz der Familie, auf seinen jüngeren Bruder traf. Douglas grinste anzüglich und zupfte einen Strohhalm von Duncans Schultern. »Du bist spät dran. Hat dich die kleine Skelton wieder einmal nicht fortgelassen? Mutter war sehr ungehalten, als du nicht zum Abendessen erschienst.« Seit Douglas seinen Bruder und Alice vor vier Wochen in einer mehr als verfänglichen Situation ertappt hatte, sah sich Duncan seinem Spott ausgesetzt. Leider konnte er nicht viel dagegen unternehmen, denn wenn ihre Mutter erführe, dass Duncan die Gunst seiner Verlobten mehr als ausgiebig genoss, würde sie umso mehr auf eine baldige Eheschließung drängen. Bisher hatte Douglas geschwiegen, und Duncan verabscheute es, auf die Großzügigkeit seines Bruders angewiesen zu sein. »Ach, halt den Mund«, gab er deswegen nur grob zurück und betrat die große Halle, den zentralen Mittelpunkt der Burg. Duncan winkte einem Diener und befahl, ihm kaltes Fleisch, Käse und Bier zu bringen, denn er verspürte großen Hunger. Gerade als er sich ein großes Stück aus der Rinderkeule schnitt, betrat seine Mutter die Halle. Duncan sah sofort, dass etwas geschehen sein musste, denn so aufgelöst hatte er seine Mutter nie zuvor gesehen. »Duncan, sie kommen, um dich zu holen!« Flamina Cruachans Stimme überschlug sich beinahe, auf ihren Wangen zeugten kreisrunde rote Flecke von ihrer Aufregung. Duncan sprang auf. »Was meinst du damit?« Neville, Duncans ergebener und treuer Knappe, drängte sich hinter Lady Cruachan durch die Tür. »Es sind rund ein Dutzend. Alle bis an die Zähne bewaffnet. Sie suchen dich, Duncan!« Automatisch fuhr Duncans Hand zu seinem Dolch, der an seiner Hüfte befestigt war. »Wer sind sie? Warum sind sie hier?« »Es sind Anhänger von Lord Ruthven, sie verfolgen die Anhänger der Königin, weil sie verhindern möchten, dass Maria Unterstützung erhält.« Duncan hieb mit der Faust so fest auf den Tisch, dass sein Becher umfiel und sich das Bier auf den Boden ergoss. »Verdammt, Maria hat Ruthven und seine Männer nach dem Mord an Rizzio begnadigt! Warum tun sie das jetzt?« Der Knappe zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich sind sie von Darnley angeheuert worden. Du weißt, der tut alles, was seiner Frau zu Schaden reicht und ihm die alleinige Herrschaft in Schottland ermöglicht. Es ist auch längst kein Geheimnis mehr, dass die Königin ihren Gatten aus dem Ehebett verbannt und nur noch Verachtung für ihn übrig hat.« »Wir müssen die Burg verschließen!«, mischte sich Flamina ein. »Es wird ihnen nicht gelingen, Glenmalloch zu stürmen.« »Halt!« Duncan hob die Hand. »Wenn wir uns verbarrikadieren, werden sie uns belagern, und wir haben nicht viele Männer auf Glenmalloch, um die Burg lange halten zu können. Außerdem sitze ich dann hier fest und komme vielleicht zu spät nach Edinburgh. Nein, sie wollen mich, daher werde ich sie ablenken und in die Irre führen.« Er wandte sich an Neville. »Sattle sofort mein Pferd! Wie weit sind die Männer noch entfernt?« Während der Knappe davoneilte, um seinen Auftrag auszuführen, rief er über die Schulter zurück: »Drei Meilen, vielleicht vier. Du musst dich beeilen, Duncan.« Flamina klammerte sich an Duncans Arm. »Du kannst dich nicht dieser Gefahr aussetzen!« In ihren Augen stand Angst. »Wir werden gemeinsam gegen die Verräter kämpfen.« Sanft schüttelte Duncan die Hand seiner Mutter ab, nahm sie in die Arme und drückte fest ihren zierlichen Körper. »Keine Sorge, Mutter, ich werde sie in die Berge führen. Ich nehme nicht an, dass die Männer aus dieser Gegend stammen, und du weißt, dass sich kaum jemand so gut in den Bergen zurechtfindet wie ich. Dort werde ich sie abschütteln und dann auf direktem Weg nach Edinburgh reiten. Ich hatte sowieso vor, in den nächsten Tagen aufzubrechen, darum –« »Duncan, du musst fort! Schnell!« Douglas stürmte in die Halle und deutete nach draußen. »Der Trupp ist bereits zu sehen.« »Verdammt!« Duncan rannte zu den Stallungen und schwang sich auf sein Pferd. Er hoffte, die Männer tatsächlich in die Berge locken und dort ablenken zu können, denn er konnte jetzt nichts weiter mitnehmen als das, was er am Leibe trug. Dann würde er eben später nach Glenmalloch zurückkehren, um alles Notwendige, was er für seine Reise in die Stadt benötigte, zu holen. Da es seit Tagen nicht mehr geregnet hatte, hinterließ Duncan eine Staubwolke, als er den Hügel hinter der Burg hinaufgaloppierte. Er hatte die Männer gesehen, und sie hatten ihn gesehen. Gnadenlos nahmen sie die Verfolgung auf. Es war schon spät, die Sonne bereits am Horizont versunken, und die Landschaft war nur noch schemenhaft zu erkennen, aber Duncan kannte hier jeden Baum und jeden Strauch. Schließlich war er hier geboren und aufgewachsen. Er musste die Verfolger in die Irre führen, sich dann verstecken und abwarten, bis sie aufgäben und zurückritten. Nach einer Stunde erreichte Duncan einen kleinen See, hinter sich hörte er die Hufe der Pferde der Verfolger. Aber was war das? Zu Duncans Entsetzen waren sie plötzlich auch vor ihm! Wie hatte das geschehen können? Offenbar hatte er sich mit der Annahme, es handle sich um Ortsfremde, geirrt. Die Männer, es waren elf an der Zahl, trugen gepanzerte Schilde und zückten ihre Schwerter. Duncan war zwar ein hervorragender Kämpfer, aber dieser Übermacht würde er nicht lange standhalten können. Von vorne kamen nun drei Männer auf ihn zu, der Rest stand hinter ihm. Duncan war der Weg abgeschnitten! Er sprang aus dem Sattel und merkte erst jetzt, dass er sein Schwert vergessen hatte. Dafür hätte er sich ohrfeigen können, denn somit war er den Männern hilflos ausgeliefert. Hilflos? Nein, nicht ganz! Duncan blickte auf den See, dessen Oberfläche glatt und ruhig vor ihm lag. Er hatte noch eine Chance, denn er konnte schwimmen! Die wenigsten Menschen im Hochland konnten es, aber Duncan hatte es in jungen Jahren von seinem Vater gelernt. Das gegenüberliegende Ufer des Sees war auf beiden Seiten mit dichtem Dornengestrüpp bewachsen, das weder ein Pferd noch einen Mann durchlassen würde. Wenn es ihm gelang, das Ufer zu erreichen, bevor seine Verfolger den See umrundeten, könnte er von dort weiter in die Berge flüchten. Die dortigen kleinen Höhlen boten viele Möglichkeiten zum Verstecken. Mochte es Unsinn sein – es war seine letzte Chance! Duncan watete in das Wasser, als die Männer sich aus den Sätteln schwangen. »He, er will ein Bad nehmen!«, rief eine hämische Stimme. »Gönnen wir es ihm, bevor wir ihn einen Kopf kürzer machen.«
In der Nähe von London im einundzwanzigsten Jahrhundert
Mit einem verführerischen Lächeln näherte sich ihr sein Gesicht. Die hübsche junge Frau mit dem blonden Pagenkopf sah ihn erwartungsvoll und voller Leidenschaft an. Gleich würde er sie küssen! Anna verstärkte den Druck ihrer Arme um seinen Hals und schloss sehnsuchtsvoll die Augen. Sie spürte seine Berührung auf ihrer Oberlippe und stieß einen Seufzer aus. Er presste ihre Brust an seinen Oberkörper. Sie spürte seine durchtrainierten Muskeln durch ihr dünnes Lacoste-T-Shirt, dann wanderten seine Hände unter das Shirt und über die nackte Haut ihres Rückens nach unten. Anna zuckte zusammen, als sich seine Hand auf ihre rechte Pobacke legte und fester als nötig zugriff. Alter Lustmolch!, wollte sie rufen und presste die Lippen zusammen. Sie zitterte vor Wut, als seine Zungenspitze sanft ihre Oberlippe kitzelte und in ihren Mund vorzudringen versuchte. »Aus! Cut! Wir haben alles im Kasten. Für heute machen wir Schluss. Anna, das war perfekt!« Endlich! Brüsk löste sich Anna aus den starken Armen ihres Filmpartners, die sie immer noch umklammert hielten. »Du kannst mich jetzt loslassen!«, zischte sie und wischte sich instinktiv mit dem Handrücken über die Lippen. Patrick versuchte es immer wieder, sie richtig zu küssen, dabei hatte sie ihm mehr als eine Abfuhr erteilt. »Schade, Baby, irgendwann wirst du vielleicht einen richtigen Mann wie mich zu schätzen wissen«, raunte er ihr zu und zuckte mit den Schultern, dann drehte er sich um und ließ sie stehen. Erleichtert nahm Anna die blonde Perücke vom Kopf. Zum Vorschein kamen kurze, karottenrote Haare mit gelben Strähnen, die verschwitzt und wirr in alle Richtungen abstanden. »Warum muss ich eigentlich dieses Ding hier tragen?« Anna warf einen wütenden Blick auf die Perücke und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Warum musstest du dir deine Haare auch karottenrot färben?«, ertönte die Gegenfrage hinter ihr. »Du spielst schließlich eine erfolgreiche Immobilienmaklerin, und Karrierefrauen haben nun mal keine gelben Strähnen in roten Haaren.« »Bruce!« Lächelnd drehte sich Anna um und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Ach, warum konnte nicht er ihr Partner sein! Ihn hätte sie liebend gern geküsst, und die Szenen wären sehr realistisch geworden. Bruce Hardman war aber kein Schauspieler, sondern der Filmproduzent und ihr Freund. Freund? Nun, heute hieß das eher »Lebensabschnittsbegleiter«, aber das war egal. Bruce gehörte zu Annas Leben wie die Schauspielerei. »Ich brauche jetzt dringend eine Dusche«, seufzte Anna und schlenderte vom Set zum Parkplatz, wo die Wohnwagen der Crew standen. »Es ist so heiß, wahrscheinlich bekommen wir noch ein Gewitter.« Bruce Hardman lächelte, angelte in seiner Hosentasche nach einem Päckchen Zigaretten und steckte sich eine an. »Du hast es beinahe geschafft. Morgen noch die Außenaufnahme am Springbrunnen, wo du Kevin deine bedingungslose Liebe gestehst, dann haben wir den Film im Kasten.« »Bist du zufrieden?«, fragte Anna. »Mit dir oder mit dem ganzen Film?« »Mit beidem, Liebling. Ich weiß doch, wie wichtig dieser Film für dich ist.« Sanft strich Anna über seine Wange, die ein Dreitagebart zierte. In der Endphase der Dreharbeiten kam es häufig vor, dass Bruce alles um sich herum vergaß, oft auch zu schlafen oder zu essen. Bruce war sehr penibel, wenn es um bestimmte Einstellungen ging. So hatte Anna die eben abgedrehte Szene, in der der männliche Protagonist sie zum ersten Mal küsst, mindestens fünfzehn Mal wiederholen müssen. Nun, das war ihr Job, und sie tat es gerne. Wenn nur ihr Kollege Patrick Sandler die Liebesszenen nicht so schamlos ausnützen würde. Ständig versuchte er, sie zu begrapschen, und drückte seinen Körper enger an den ihrigen, als es das Script vorschrieb. »Einen Oscar werden wir mit dem Film nicht gewinnen«, beantwortete Bruce ihre Frage. »Aber im Großen und Ganzen ist er ganz nett geworden.« Anna wusste, dass die romantische Komödie, in der sie eine ledige Mutter spielte, die versuchte, Job und Kind unter einen Hut zu bringen und dabei das Wichtigste im Leben, nämlich die Liebe, beinahe vergaß, wirklich nicht große Film war. Es war aber ihre erste Hauptrolle und dazu noch an der Seite des beliebten Patrick Sandler. Zugegeben, ihr Kollege sah sehr gut aus, und die Frauen gingen allein wegen ihm ins Kino, egal, wie seicht die Handlung auch sein mochte. Was machte es da schon aus, dass Patrick Sandler ein egoistischer Macho war, der sich für den Mittelpunkt der Welt hielt und seine Finger von keinem attraktiven weiblichen Wesen in seiner Umgebung lassen konnte! Annas Gage war lukrativ, und sie war für die Dreharbeiten frei gewesen, also hatte sie begeistert zugesagt, die Protagonistin in der Frauenkomödie zu spielen. Seit Anna denken konnte, hatte sie Schauspielerin werden wollen – kaum eine Schulaufführung, in der sie nicht die Hauptrolle gespielt, und die Lehrerin hatte ihr durchaus ein gewisses Talent befürwortet. Aber Annas Eltern hatten ihr den Besuch einer Schauspielschule verboten. Für sie war die Schauspielerei immer noch etwas Anrüchiges, denn in manchen Bereichen lebten die Wheelers noch im letzten, wenn nicht gar im vorletzten Jahrhundert. »Nichts da, du lernst einen anständigen Beruf!«, hatte ihr Vater befohlen, als Anna zum ersten Mal den Wunsch geäußert hatte, ihre Leidenschaft zu professionalisieren. »Sieh dir deinen Bruder an, Anna! Vor ihm liegt eine Karriere im Bankwesen. ist ein Beruf mit Zukunft und guten Verdienstmöglichkeiten.« Annas Vater hatte es selbst nie über die Position des Filialleiters einer kleinen Bank gebracht, umso stolzer war er auf seinen Sohn Samuel, der in seine Fußstapfen trat und bereits Angestellter eines renommierten Londoner Bankhauses war. Anna hatte sich wohl oder übel dem Willen der Eltern beugen müssen, denn Schauspielschulen kosteten viel Geld, und ihr Vater war nicht bereit gewesen, sie auch nur mit einem Penny zu unterstützen. Also hatte Anna nach dem Abitur eine kaufmännische Lehre in einem Büro absolviert. Dort war sie über eine Kollegin tatsächlich zum Film gekommen, zwar nur ein paar Mal im Jahr als Statistin, aber für Anna hatte sich so immerhin die Möglichkeit geboten, in die schillernde Welt des Films hineinzuschnuppern. Oft hatte sie aus der Ferne wirklich große Stars sehen können, die sich mit den Statisten natürlich nicht abgaben. Vor drei Jahren aber geschah dann etwas, was Anna heute noch wie ein kleines Wunder vorkam. Sie war als Statistin für die Außenaufnahmen eines historischen Films engagiert worden, der auf dem Privatbesitz eines Lords in Kent spielte. Annas Aufgabe war es gewesen, als Hausmädchen gekleidet zwei Milchkannen über den Hof zu tragen, während die Hauptakteure ein wichtiges Gespräch führten. Sie hatten die Szene gerade zum achten Mal gedreht, und Anna taten schon die Arme weh, denn die Kannen waren tatsächlich bis an den Rand mit Wasser gefüllt worden, damit man ihr die Anstrengung ansah, als plötzlich das Handy von Peter Jenner, dem Regisseur, klingelte. Die Szene wurde unterbrochen, und während des Gesprächs sah Anna, wie sich die Gesichtsfarbe des Mannes in ein ungesundes Rot veränderte. »Was? Sandra ist auf der Treppe gestürzt und liegt mit einem Trümmerbruch im Krankenhaus!«, brüllte er. »Verdammt, wo sollen wir jetzt so schnell eine neue Zofe hernehmen? Jeder Tag, den wir hier drehen, kostet uns ein Vermögen! Lord Thorne ist der reinste Halsabschneider.« Anna stellte die Kannen zur Seite und beobachtete mit vor der Brust verschränkten Armen die Szene. Ein jüngerer, recht gut aussehender Mann trat zum Regisseur. »Beruhige dich, Peter, wir finden eine Lösung.« Sein Blick glitt suchend über den Hof, bis er auf Anna fiel. Er winkte ihr zu. »He du, komm mal her!« »Ich?« Langsam ging Anna zu den beiden Männern. »Sag mal den Satz: ‚Verzeihen Sie, Mylady, ich weiß, dass Sie nicht gestört werden möchten, aber Mylord Baines wartet in der Halle und bittet um ein Gespräch.‘ Kannst du dir das merken?« Anna nickte und schluckte vor Aufregung trocken, dann holte sie tief Luft und gab den langen Satz fehlerfrei wieder. Binnen einer Stunde war sie umgekleidet – sie trug jetzt statt des Magdgewands das Kleid einer höheren Angestellten –, und kurze Zeit später war die Szene, in der sie die Zofe der Hauptdarstellerin spielte, im Kasten. Das war der Anfang von Annas Karriere und Liebe zu Bruce Hardman gewesen. Später hatte er einmal zu ihr gesagt: »Als ich dich damals als Magd so verloren herumstehen sah, erkannte ich gleich, dass mehr als nur eine Komparsin in dir steckt.« Obwohl so manche neidische Nebenbuhlerin behauptete, Anna habe sich an den Jungproduzenten Bruce Hardman nur der Karriere wegen herangemacht, ließen sie sich davon nicht stören. Anna wusste, sie würde sich einzig und allein durch ihr Können und niemals über die Besetzungscouch nach oben arbeiten. Auch wenn sie nicht viel Erfahrung mit Männern hatte, in Gegenwart von Bruce fühlte sich Anna geborgen und geliebt, und sie konnte sich gut vorstellen, den Rest ihres Lebens mit ihm zu verbringen. Zu ihrem großen Kummer hatten Annas Eltern mir ihr gebrochen, als sie ihren Job kündigte und nach London zog, um sich künftig ganz der Schauspielerei zu widmen. Es tat weh, aber Anna war jetzt achtundzwanzig und alt genug, selbst zu entscheiden, wie ihr künftiges Leben verlaufen sollte. Sie drehte ein oder zwei Filme im Jahr, spielte hin und wieder in Fernsehserien mit und ebenso in Werbespots. Anna war mit ihrem Leben, so wie es war, zufrieden und wünschte sich keine Änderung. Manchmal dachte sie zwar daran, wie es wäre, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben, aber diese sentimentalen Anwandlungen, wie Anna sie nannte, verwarf sie schnell wieder. Kinder konnte sie auch noch in zehn Jahren bekommen, jetzt war sie jung und attraktiv genug, um auf der Karriereleiter jedes Jahr eine Sprosse weiter nach oben zu klettern. Der nun beinahe abgedrehte Film war ihr bisher größtes Projekt, dementsprechend erschöpft fühlte sich Anna. Jetzt aber lagen sieben herrliche, freie Wochen vor ihr, bevor sie mit dem nächsten Film startete. Wochen, in denen sie einfach nichts tun und die Seele baumeln lassen würde, Wochen, in denen sie den ersten Urlaub mit Bruce verbringen würde. Sie hatte sich schon Prospekte von Kalifornien besorgt, denn wie jede Schauspielerin träumte auch Anna davon, einmal über den in Hollywood zu spazieren und vielleicht den einen oder anderen ganz großen Star aus der Nähe zu sehen. Als hätte Bruce ihre Gedanken erraten, sprach er das neue Projekt an: »Ich bin überzeugt, als Lady Fortescou wirst du die Herzen aller Zuschauer erobern. Mit dem neuen Film kann man nicht mehr umhin, dir den Oscar zu verleihen!« Anna schmunzelte schelmisch. »Das wird nicht gerade geschehen, aber ich gebe zu, dass ich auf die neue Rolle gespannt bin. Das Drehbuch liest sich sehr gut, allerdings sind mir einige Ungereimtheiten aufgefallen, was die historische Genauigkeit betrifft.« Unwillig runzelte Bruce die Stirn. »Das Drehbuch ist perfekt! Schließlich handelt es sich um einen Liebesfilm und nicht um eine geschichtliche Abhandlung für Universitäten.« Anna bemerkte die Verärgerung ihres Freundes. Versöhnlich hängte sie sich bei Bruce ein. »Lass uns in Ruhe darüber sprechen, ja? Wenn du willst, können wir schon nächste Woche nach Los Angeles fliegen. Du hast doch dann auch frei?« »Darüber reden wir noch, aber nicht heute. Komm, lass uns nach Hause fahren.« Anna kuschelte sich in die weichen Ledersitze, während Bruce den schwarzen Sportwagen über die M 20 in Richtung London steuerte. Da sie entgegen dem Berufsverkehr in die Stadt hineinfuhren, kamen sie flott voran. Seit einem Jahr wohnten sie zusammen in einem Apartment am Brompton Square, einem der elegantesten Wohnviertel in South Kensington. Die vielen Bäume um die Häuser und die Nähe zum Kensington Garden ließen einen wie auf dem Land fühlen und die Hektik der quirligen Großstadt vergessen. Zu Hause angekommen, warf Anna Spaghetti in einen Topf mit kochendem Wasser und erwärmte die Tomatensoße aus dem Glas. Sie war keine gute Köchin, hatte nie Interesse an Hausarbeit gehabt. Was machte das schon? Sie und Bruce waren so häufig unterwegs und zu zahlreichen Essen eingeladen, dass es nicht nötig war, selbst mehrgängige Menüs zaubern zu können. Während sie den Tisch deckte, sprach sie ihre Bedenken bezüglich des neuen Films an, dessen Dreharbeiten für die Außenaufnahmen in sieben Wochen in Schottland beginnen sollten. »Ihr habt tatsächlich Patrick wieder als meinen Partner verpflichtet?«, fragte sie, obwohl sie wusste, dass die Verträge längst unterschrieben waren. »Ist es denn gut, wenn wir zwei Mal hintereinander zusammen spielen?« Bruce grinste. »Wen hast du dir denn gewünscht? Hugh Grant etwa?« Annas Wangen färbten sich rot, und sie senkte rasch den Blick. Tatsächlich hatte sie eine Schwäche für den englischen Schauspieler, den sie aber bislang nur bei einem Empfang der BBC aus der Ferne gesehen hatte. Anna war nicht so berühmt, dass man sie Hugh Grant vorgestellt hätte. Wie es wohl wäre, von ihm geküsst zu werden? Mit Hugh Grant würden die Liebesszenen bestimmt viel besser wirken ... »Warum nicht?«, antwortete sie trotzig, um ihre Verlegenheit zu verbergen. »In meinen Augen ist er die Verkörperung des englischen Gentlemans! Wenn ich an seine Rolle als Edward Ferrars in denke ...« »Es tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen, Mädchen, aber ein Mister Grant spielt an der Seite von Stars wie Emma Thompson, Sandra Bullock oder Julia Roberts. Glaubst du, ein Mann wie er wirft auch nur einen Blick auf eine Anna Wheeler? Zudem gibt es zwei weitere Gründe, warum er die Rolle auf keinen Fall spielen kann.« »So, welche denn?« »Wie du weißt, verliebt sich Lady Fortescou in einen Mann aus höchstem schottischen Adelsstand, der einer anderen versprochen ist. Er ist ein richtig harter Typ; erst Marjorie Fortescou weckt die weiche Seite in ihm. Ich kann mir Hugh Grant nun wirklich nicht in der Rolle des Draufgängers vorstellen, außerdem ist er zu alt. Dein Partner muss um die dreißig sein.« »So wie Patrick Sandler«, murmelte Anna. Zugegeben, er sah mit seinen schwarzen Haaren und den grünen Augen wirklich umwerfend aus. Das Problem war nur, dass er sich seiner Wirkung auf das weibliche Geschlecht genau bewusst war, und nicht nur das: Er hielt sich selbst für Geschenk Gottes an die Frauen und meinte, jede, auch Anna, müsse ihm winselnd zu Füßen liegen. Nun, sie würde die nächsten Dreharbeiten überstehen und sich Patrick weiterhin vom Hals halten. Aber bis dahin waren noch einige Wochen Zeit. Zeit, die Anna richtig genießen wollte. »Okay, nachdem wir das geklärt haben, möchte ich doch noch mal darauf hinweisen, dass die Persönlichkeit dieser Lady Fortescou nicht ganz ins sechzehnte Jahrhundert passt. Im Drehbuch steht, sie gehöre zum Hofstaat von Maria Stuart. Ich glaube, die Damen damals verhielten sich etwas anders als im Buch beschrieben.« »Ach was?« Bruce zog die rechte Augenbraue in die Höhe, was er immer dann machte, wenn er das Gefühl hatte, jemand versuche seine Kompetenz zu untergraben. »Ich sagte dir bereits am Set, dass die schottische Königin keinen Einfluss auf die Story hat. Die Leute erwarten, vom Kino unterhalten und nicht belehrt zu werden.« So leicht wollte sich Anna jedoch nicht geschlagen geben. »Die Story spielt in Schottland vor rund vierhundertfünfzig Jahren. Was wissen wir schon über das Leben in jener Zeit? Waren die Frauen damals wirklich so naiv und weltfremd wie Marjorie Fortescou und warfen sich dem erstbesten Mann an den Hals? Meiner Meinung nach mussten die Frauen eher stark und auch intelligent sein, um zu überleben. Ehrlich, Bruce, mir fällt die Identifikation mit der Rolle schwer.« »Genau daran habe ich auch gedacht und bereits etwas in die Wege geleitet. Du wirst völlige Ruhe und gleichzeitig Gelegenheit haben, dich auf deine Rolle vorzubereiten. Lady Fortescou ist deine Chance, endlich ganz groß herauszukommen. Dazu musst du durch und durch Schottin werden, dich bewegen, lächeln und verhalten wie eine Hochlandschottin.« »Ach, und an was hast du dabei gedacht?« Bruce lächelte selbstgefällig. »Ich habe in Schottland ein Haus gemietet, nur wenige Meilen von unserem Drehort entfernt. Wir werden also in zwei, drei Tagen nach Schottland fahren.« »In zwei, drei Tagen?« Mit einem Ruck fuhr Anna hoch und stieß sich das Knie an der Tischkante. »Aber Drehbeginn ist erst in sieben Wochen!« »Eben diese Zeit kannst du nutzen, ganz genau das Verhalten und Gebaren einer schottischen Lady aus dem sechzehnten Jahrhundert zu studieren. Das Cottage ist ein dreihundert Jahre altes kleines, entzückendes Haus in einem kleinen Dorf ungefähr fünfzig Meilen von Inverness entfernt. Dort sind die Menschen noch ursprünglich, und das Leben erscheint einem so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Ich bin überzeugt, in den alten Mauern wirst du das Flair vergangener Zeit spüren und kannst dich in aller Ruhe auf die Rolle vorbereiten.« »Cottage!« Das wurde ja immer besser! Anna hatte sich in letzter Zeit daran gewöhnt, in den besten Hotels einer Stadt abzusteigen. Sie hatte keinesfalls vor, in einer alten Hütte zu wohnen. »Das kommt überhaupt nicht in Frage! Wie kannst du einfach ein Haus mieten, ohne es vorher mit mir zu besprechen? Vor einigen Jahren war ich ein paar Tage in Edinburgh. Obwohl die alte Stadt faszinierend war, hat es dauernd geregnet, und es war furchtbar kalt. Ich werde mit der Crew nach Schottland fliegen, wenn es Zeit ist, und keinen Tag früher! Ich habe keine Lust auf Nebel und Regenwetter, sondern auf ein paar Wochen unter südlicher Sonne. Die Rolle kann ich auch in Kalifornien lernen, außerdem habe ich das Drehbuch schon dreimal gelesen.« Sanft legte Bruce seinen Arm um ihre Schultern und zog sie an seine Brust. »Liebes, die Highlands sind nicht mit Edinburgh zu vergleichen und jetzt im Juni ganz zauberhaft. Die Sonne geht in der Nacht nicht unter, und die leichte Dämmerung taucht die Landschaft in ein geheimnisvolles Licht. Außerdem ist es völlig ausgeschlossen, dass du dich am Strand von Kalifornien in der Sonne aalst und braun gebrannt zu den Dreharbeiten erscheinst. Die Damen des sechzehnten Jahrhunderts hatten einen vornehmen, blassen Teint, und die Maske müsste alle Tricks anwenden, dich dementsprechend zu schminken.« Schmollend drehte Anna den Kopf zur Seite, als Bruce sie küssen wollte. »So viel ich weiß, habe ich bei den Außenaufnahmen nicht sehr viel Text. Wir drehen zuerst alle Szenen in Schottland, solange es Sommer ist. Ab Herbst sind wir dann im Studio in London. Ich kann wirklich nicht verstehen, warum ich die Rolle direkt vor Ort lernen soll.« Bruce rollte mit den Augen, worüber Anna gegen ihren Willen lachen musste. »Ich will keineswegs deine Fähigkeiten anzweifeln, Anna, aber ich denke, das Flair der Highlands wird einen positiven Einfluss auf deine Kreativität haben.« An seinen bestimmten Worten erkannte Anna, dass jede weitere Diskussion sinnlos war. Natürlich konnte Bruce sie nicht dazu zwingen, nach Schottland in das Cottage zu fahren. Andererseits war Bruce nicht nur ihr Liebhaber, sondern auch ihr Produzent, und bisher hatten sich alle Entscheidungen, die er getroffen hatte, letztendlich als positiv für sie herausgestellt. Seit sie mit Bruce zusammen war, ging ihre Karriere langsam, aber stetig voran. Wenn es außerdem etwas gab, was Anna hasste, dann war das Streit. Seit dem Bruch mit ihren Eltern war sie besonders auf Harmonie bedacht. Bruce war der einzige Mensch, der ihr das Gefühl von Familie vermittelte, darum kuschelte sie sich liebevoll an seine Schulter. »Nun gut. Aber nur, wenn du mir versprichst, heute einen Abend zu zweit zu verbringen. Wir öffnen eine Flasche Wein und schalten das Telefon ab. Dann könnten wir ...« Bruce küsste sie auf den Scheitel. Er hatte keinen Zweifel, wie Anna sich den Ablauf des Abends vorstellte, und er hatte keine Einwände gegen ihren Vorschlag.
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