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Im Frühjahr des Jahres 1969 erlebt die nordenglische Provinzstadt Sabden einen nicht enden wollenden Albtraum. Im Abstand mehrerer Wochen verschwinden in der Abenddämmerung Kinder. Erst trifft es die vierzehnjährige Susan, die aus Sehnsucht nach ihrem Erdkundelehrer einen fatalen Fehler begeht. Dann ist Susans Mitschüler Stephen an der Reihe, für den ein Dummer-Jungen-Streich auf dem Friedhof makabre Folgen hat. Das letzte Opfer, Patsy, ebenfalls vierzehn, kehrt vom Versteckspiel im Park nicht zurück. Nur ein Mann kennt das Schicksal dieser Teenager. Ein Mann, der sich hüten wird, das Geheimnis preiszugeben. Denn sein Werk ist noch nicht vollendet ...
Lesen Sie hier die Vorgeschichte zu den grausamen Morden in Sharon Boltons Thriller »Der Schatten des Bösen«.
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Seitenzahl: 85
Inhalt
Im Frühjahr des Jahres 1969 erlebt die nordenglische Provinzstadt Sabden einen nicht enden wollenden Albtraum. Im Abstand von mehreren Wochen verschwinden Kinder in der Abenddämmerung. Erst trifft es die vierzehnjährige Susan, die aus Sehnsucht nach ihrem Erdkundelehrer einen fatalen Fehler begeht. Dann ist Susans Mitschüler Stephen an der Reihe, für den ein Dummejungenstreich auf dem Friedhof makabre Folgen hat. Das letzte Opfer, Patsy, ebenfalls vierzehn, kehrt vom Versteckspiel im Park nicht zurück. Nur ein Mann kennt das Schicksal dieser Teenager. Ein Mann, der sich hüten wird, das Geheimnis preiszugeben. Denn sein Werk ist noch nicht vollendet …
Autorin
Sharon Bolton wurde im englischen Lancashire geboren, hat eine Schauspielausbildung absolviert und Theaterwissenschaft studiert. »Todesopfer«, ihr erster Roman, wurde von Lesern und Presse begeistert gefeiert und machte die Autorin über Nacht zum neuen Star unter den britischen Spannungsautorinnen.
Für ihre atmosphärischen Stand-alone-Thriller und die Serie mit den grandiosen Ermittlern Lacey Flint und Mark Joesbury wurde Sharon Bolton mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Oxford.
Weitere Informationen zu Sharon Bolton und ihren Büchern finden Sie unter www.sharonbolton.com.
Die Lacey-Flint/Mark-Joesbury-Reihe:
Dunkle Gebete. Thriller
Dead End. Thriller
Unschuldig wie der Schnee (E-Book only)
Schwarze Strömung. Thriller
Das Auge des Flusses. Thriller (E-Book only)
Stand-Alone-Thriller von Sharon Bolton:
Todesopfer
Schlangenhaus
Bluternte
Böse Lügen
Er liebt sie nicht
Im Visier des Mörders
Der Schatten des Bösen
Der Meister des Todes (E-Book only)
Sharon Bolton
Der Meister des Todes
Aus dem Englischenvon Marie-Luise Bezzenberger
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Alive!« bei Transworld Digital, Transworld Publishers, a division of the Random House Group Limited, London.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Deutsche Erstveröffentlichung März 2019
Copyright © der Originalausgabe 2018 by Sharon Bolton
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2019
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagkonzeption und Gestaltung:
Uno Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: FinePic®, München
Redaktion: Uta Ruprecht
Satz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-24247-3V002www.goldmann-verlag.deBesuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz
Ein Dunkelmond geht auf.
Als vollendeter schwarzer Kreis, am Nachthimmel kaum zu sehen, wirft der dunkle Mond seine Leere auf das windgepeitschte Moor, auf den hoch aufragenden, massigen Kalksteinhügel und auf die Stadt, die sich in seinem Schatten duckt. Der Dunkelmond ist die Abwesenheit des Mondes, bevor die schmale Silbersichel des Neumondes erscheint und die Menschen ein wenig freier atmen können.
Es ist März, und die Nacht ist klar, kalt und pechschwarz. Der Märzvollmond heißt Wurmmond und ist trotz seines gruseligen Namens hochwillkommen, steht er doch für das Ende des Winters und das Auftauchen von Regenwürmern aus dem auftauenden Boden. Für Dunkelmonde gibt es keine Namen, allerdings werden sie gelegentlich die toten Monde genannt. In den Nächten, in denen der Dunkelmond herrscht, schüren die Menschen das Feuer, ziehen die Vorhänge fester zu und bemühen sich, an etwas Fröhliches zu denken. In der Stadt Sabden am Fuße des Pendle Hill gelingt ihnen das für gewöhnlich nicht.
In den rußgeschwärzten Reihenhäusern von Sabden verdüstern sich die Träume der Schläfer, wenn der Mond vom Himmel verschwindet. Kleinkinder wachen frierend auf, Mütter zittern in unbegreiflicher Angst um ihre Kinder, und alte Leute rücken dem Tod ein klein wenig näher. Sogar die Hexen der Stadt haben Angst, sie ziehen Salzkreise um ihre Häuser und verbrennen Salbeiblätter, um böse Geister fernzuhalten. Allein dem Meister ist der Dunkelmond willkommen.
Wenn es in der Stadt am allerstillsten ist, wenn das einzige Geschöpf, das sich noch regt, der Hund ist, der um die Landstreicher unter der Eisenbahnbrücke herumstromert, weil er sich nicht damit abfinden kann, dass er ein ungeliebter Streuner ist, dann streift der Meister umher, immer auf der Hut. Er wandert durch die stillen Straßen und hält sich stets im Schatten. Weichen Boden, in dem er Fußspuren hinterlassen könnte, meidet er, ein Fenster mit offenen Vorhängen ist für ihn jedoch unwiderstehlich. Zwar verweilt er dort nicht, doch seine Schritte werden unmerklich langsamer, als er die Springfell Street hinuntergeht, denn hier, im Haus Nr. 17, wohnt Susan.
Susan Duxbury war einzigartig in ihrer Klasse aus Vierzehn- und Fünfzehnjährigen, sie mochte nämlich Montage. Liebte sie sogar. Am Montag stand Susan früh auf, um vor den anderen Familienmitgliedern im Bad zu sein, und wusch sich – mit kaltem Wasser, so früh am Morgen war es nämlich noch nicht heiß – den Pony und die vorderen fünf Zentimeter ihres langen braunen Haares. Susan hatte fettiges Haar, das eigentlich jeden Tag gewaschen werden musste, aber bei den Duxburys wurde einmal in der Woche gebadet, und Susan war am Freitagabend an der Reihe. Sie hatte keine Zeit, sich die Haare richtig zu waschen, doch die paar Zentimeter, die ihrem Gesicht am nächsten waren, machten schon einiges aus. Wenn dieser vorderste Haarstreifen sauber war, wusch sie sich Gesicht, Achselhöhlen, Füße und zwischen den Beinen und drückte einen frischen Pickel aus, der über Nacht an ihrem Kinn erschienen war. Als sie endlich zufrieden war, schlich sie über den dünnen Teppichboden im Obergeschoss in das Zimmer zurück, das sie sich mit ihren älteren und jüngeren Schwestern teilte.
Abgesehen von einem bleichen Schein, der von der Straßenlaterne draußen hereindrang, war es dunkel im Zimmer, doch Susan konnte sehen, wie Stella sich unter ihrer Decke wand und streckte, während sie sich im Bett anzog. Im Winter machte Susan das morgens meistens genauso, aber nicht am Montag. Montage waren zu wichtig. Sie wappnete sich innerlich gegen die Kälte, schlüpfte aus ihrem Nachthemd und zog ihre Schuluniform an. Sie hatte definitiv abgenommen, seit … na ja, seit es passiert war – ihr Rock war um Zentimeter weiter als vorher. Als sie hörte, wie ihre Mutter nach unten ging, um das Feuer in der Küche anzuzünden, sauste sie den Flur entlang zum Zimmer ihrer Eltern. Dad war zur Frühstückszeit eigentlich nie wirklich anwesend – wenn er nicht schlief oder bei der Arbeit war, dann saß er im Gefängnis –, und so konnte Susan sich deckende Grundierung auf die Pickel tupfen und Parfüm auf die Handgelenke. Make-up war in der Schule nicht erlaubt, aber Grundierung zählte nicht. Grundierung war doch unsichtbar.
Als sich die sechsköpfige Familie um den Frühstückstisch versammelt hatte, kündigten die Acht-Uhr-Nachrichten im Radio schwere Stürme rund um die Orkneyinseln an; schon jetzt seien mutmaßlich mehrere Schiffe in Gefahr. Als der Sprecher darüber berichtete, dass die Kray-Zwillinge ihre lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes antraten, verputzte Susan gerade ihre Cornflakes und pustete auf ihren Tee, damit er abkühlte. Susan war immer die Erste, die das Haus verließ. An Montagen.
Als sie durch den Kirchhof von St. Giles’s rannte – eine Abkürzung, die an diesen dunklen Morgen ein bisschen unheimlich war –, bemerkte sie überrascht, dass der Küster emsig schaufelte. Aber der harte Winter hatte ja auch viele von den alten Leuten dahingerafft. Bei der Vorstellung, wie die Leichen in einer langen Reihe zum Begräbnis anstanden, kicherte Susan, weil sie jung und der Tod etwas war, was anderen zustieß. Als das Schulgebäude in Sicht kam, machte sie einen kleinen Umweg um den Parkplatz herum. Manchmal kamen sie gleichzeitig an, und sie konnte als Erste in der ganzen Schule »Guten Morgen, Sir« sagen. Wegen ihrer Pünktlichkeit sei sie ihm aufgefallen, hatte er gesagt – deshalb, und wegen ihrer langen, duftenden Haare. Und ihres prachtvollen, wunderschönen Hinterns. Niemand hatte jemals etwas Nettes zu Susan gesagt. Ihre Familie nicht, und ganz bestimmt nicht die Jungs in der Schule, die sie »Fettarsch« und »blöde Kuh« nannten. Was wussten die denn schon?
Sie wurde langsamer und verfiel mit geübter Leichtigkeit in ihren Filmstar-Gang, machte kleine energische Schritte und ließ dabei die Hüften schwingen.
Zu spät. Der rote Hillman Hunter, das tollste Auto auf dem Lehrerparkplatz, war schon da, parkte neben den leeren Milchkisten. Eines Tages, das hatte er ihr versprochen, würde er sie in diesem Auto mal mitnehmen. Die Enttäuschung, ihn verpasst zu haben, verflog rasch. Schließlich war Montag. In der letzten Stunde hatte sie Erdkunde. Ihr Lieblingsfach.
David Milner, der in der Mittelschule von Sabden Erdkunde unterrichtete, kam kurz nach vier nach Hause und machte sich ein Brot mit Himbeermarmelade. Während er es sich in den Mund stopfte, überlegte er, ob er heute Morgen eigentlich das Bett gemacht hatte, und beschloss, dass es ihm egal war. Allerdings sollte er wahrscheinlich die Vorhänge zuziehen, dann musste er ihr Gesicht nicht ansehen. Wenn er Glück hatte, würde sie ihn nicht wieder küssen wollen; schon beim Gedanken an diese breiige Akne-Visage, die nach Mundgeruch stank, musste er würgen. Er rief sich ins Gedächtnis, dass er sich nicht ohne Grund gerade die Hässlichen aussuchte. Die Hässlichen waren dankbar. Die Hässlichen glaubten, man wäre verliebt, es gäbe eine Zukunft und die Geheimnistuerei dauere nicht lange. Und bei den Hässlichen war es weniger wahrscheinlich, dass ihnen jemand glaubte, falls sie jemals den Mund aufmachten. Duxbury mochte vielleicht die Hässlichste seit Jahren sein, aber ihr Vater hatte schon unendlich oft im Knast gesessen, und ihre Mutter brachte kaum einen verständlichen Satz heraus. Solange er sie nicht schwängerte, konnte er noch monatelang so weitermachen. Mit zugezogenen Vorhängen und von hinten, dann musste er sich wenigstens wegen ihres Gesichts keine Gedanken machen. Sein erigierter Penis scheuerte an der Hose. »Sitz, Bello«, brummte er leise und rieb ihn aufmunternd mit der Hand, während er kurz zur Uhr auf dem Kaminsims hinüberschaute. Das Miststück war doch tatsächlich zu spät dran.