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Noch einmal nimmt Cousteau uns mit auf Expeditionen mit der 'Calypso' und auf Tauchgänge in unbekannte Tiefen.Wir erleben mit ihm gefährliche Situationen unter Wasser – die nichts gelten angesichts der Faszination, welche die Schönheit der Natur auf Cousteau ausübt. Doch sein Buch ist auch ein umweltpolitisches Plädoyer: Er kämpfte gegen die Versenkung von Atommüll im Mittelmeer und erreichte, dass die Antarktis zu einer Schutzzone erklärt wurde. Noch Mitte der neunziger Jahre kritisierte er Präsident Chirac für die Atomtests im Südpazifik. Cousteaus Buch ist eine wunderbare Feier des bedrohten Lebens auf der Erde und ein eindringlicher Aufruf zu dessen Rettung, ob im Wasser oder an Land, ob Mensch, Oktopus oder Orchidee.
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Seitenzahl: 614
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LESEPROBE
Cousteau, Jacques; Schiefelbein, Susan
Der Mensch, die Orchidee und der Oktopus
Mein Leben für die Erforschung und Bewahrung unserer Umwelt
LESEPROBE
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E-Book ISBN: 978-3-593-40431-8
Ich bin ein Teil von Allem, was ich antraf!
Doch die Erfahrung ist ein Bogen nur
Durch dessen Tor die unbereiste Ferne
Herblitzt: entschwindend, wenn ich nahn ihr will.
*
Schon glitzern rings die Lichter am Gestad,
Der Tag versinkt, der Mond geht auf, die Tiefe
Wehklagt umher. Auf denn! noch ist es Zeit,
Nach einer neuern Welt uns umzusehen!
Alfred Lord Tennyson, Ulysses(deutsch von Ferdinand Freiligrath)
Im Gedächtnis derjenigen unter uns, die in den sechziger und siebziger Jahren aufwuchsen, ist das Bild Jacques Cousteaus für immer fest verankert. Ein schmächtiger, aber doch zäher Mann, der sich, auf dem Rücken eine gelbe Sauerstoffflasche, rückwärts vom Heck der guten alten Calypso fallen ließ, um sich auf einen weiteren Tauchgang hinunter in die Welt der Rochen, der Quallen, der Seekühe oder der Papageienfische zu begeben – hinunter, im wahrsten Sinne des Wortes, in seine Welt, »die Unterwasserwelt des Jacques Cousteau«.
Ebenso vertraut wurde uns seine Stimme, irgendwie leicht versonnen, aber doch mit diesem ansteckenden französischen Tonfall. »In där Weis’eit där Dälfine liegt die Prüfung där menschlischen Weis’eit.« Er war eine ebenso eindrucksvolle, medienwirksame Gestalt wie Walt Disney (der seine eigene fantastische Welt hatte). Es gab nur sehr wenige Ausländer, denen die Amerikaner noch mehr Vertrauen und Bewunderung entgegenbrachten.
Und warum auch nicht? Dieses inhaltsreiche neue Buch erinnert uns daran, dass man ihm bedingungslos vertrauen konnte, dass er, wie die berühmte Biologin und frühe Umweltaktivistin Rachel Carson, eine Persönlichkeit war, die von keinem tieferen Wunsch angetrieben wurde als dem, die ihn umgebende Welt zu entdecken und zu würdigen, seine Liebe zu ihr zu teilen und sie auf diese Weise zu schützen. Er war der Inbegriff eines Entdeckers – aber im Gegensatz zu den meisten großen Entdeckern, die mit einer Art manischen Antriebs ausgestattet sind, der sie in die Lage versetzt, gewaltige Gipfel zu erklimmen oder sich ihren Weg durch Dschungel zu bahnen, die noch nie ein Mensch zuvor betreten hat (und auch, sich endlos darüber zu streiten, wer als Erster wohin gekommen ist), war um Cousteau immer etwas eher Friedliches. Vielleicht kam es daher, dass er ein Leben lang durch Korallenriffe geschwommen war – |10|diese zauberhafteste Region im Gehirn Gottes, wo die Tiere kaum wahrzunehmen scheinen, dass man unter ihnen weilt, und sich nur selten die Mühe machen, einem auszuweichen. Die Orte und Lebewesen, die er uns zeigte, mochten vielleicht manchmal gefährlich sein, aber im Großen und Ganzen war dies eine freundliche Welt, oft sonnengesprenkelt, unglaublich anziehend.
Und nicht nur das; sie war uns auch völlig neu. Es war noch die Zeit, bevor eine größere Zahl von Menschen mit dem Tauchen begann. (Was zum Teil einfach daran lag, dass es Cousteau gerade erst gelungen war, den größten Teil der dazu notwendigen Ausrüstung zu erfinden.) Da wir erdgebundene Lebewesen sind, und da man normalerweise nicht sehr tief in die Ozeane hinunterblicken kann, waren diese für die meisten von uns eine Art weißer Fleck – unsere Vorstellung über sie stammte im Wesentlichen aus dem, was in Netzen aus ihren Tiefen gefischt oder am Strand angespült wurde. Wir mögen ja mit Neil Armstrong auf den Mond geflogen sein, aber die Reise, auf die uns Cousteau mitnahm, war fast ebenso unerhört.
Und sie war von sehr viel größerer Bedeutung: Denn allmählich fingen wir an zu begreifen, dass das ewige Meer – wie auch alles andere auf der Erde – in großer Gefahr war. Cousteau erschien genau zu dem Zeitpunkt auf der amerikanischen Bildfläche, als die Umweltbewegung ihren ersten großen Moment erlebte. Rachel Carson veröffentlichte ihr Buch Silent Spring (dt.: Der stumme Frühling), David Brower gründete zahlreiche Umweltgruppen, unter anderem die Friends of the Earth, der ölverseuchte Cuyahoga River in Ohio brannte und der erste »Earth Day« fand statt. All das zeigte seine Wirkung und machte uns bewusst, dass unser Planet zerbrechlich ist. Und mehr noch: dass wir im Begriff waren, ihn zu zerstören. Die Ozeane waren uns immer als unauslotbar erschienen. Tatsächlich hatten Generationen von Ingenieuren ihren Katechismus gelernt: »Die Lösung für Umweltverschmutzung ist Schmutzverdünnung« und ihn als Freibrief benutzt, um Abfälle jeglicher Art in die Wellen der Meere zu entsorgen. Doch plötzlich begannen diese Stoffe, das Leben unter Wasser auf grundlegende Weise zu verändern. Cousteau und sein Team fanden an vielen Stellen, zu denen sie tauchten, Beweise für giftige Verunreinigungen, und sie fanden auch Beweise für Überbeanspruchung und Überfischung.
Cousteau widmete seine Karriere daher zwei gleichermaßen wichtigen |11|Aufgaben: in den Menschen Bewunderung für die Schönheit der Ozeane zu wecken und dann deutlich zu machen, wie wir sie zerstörten. Es war, als würde der erste Erforscher des nordamerikanischen Kontinents dessen riesige Büffelherden katalogisieren und ihnen gleichzeitig beim Sterben zusehen. Als würden die ersten Reisenden den Amazonas hinauffahren und, während sie die Vielfalt der dort lebenden Tiere und Pflanzen enthüllten, Zeugen umfangreicher Rodungen werden. Kein Forscher sah sich jemals auch nur annähernd einem solchen Dilemma gegenüber, und Cousteau ging damit auf eine großartige Weise um.
Einerseits war er zäh – dieselbe stählerne Härte, die ihn während des Krieges befähigt hatte, erfolgreich auf der Seite der Résistance zu kämpfen, machte ihn auch zu einem Mann, mit dem in Umweltfragen zu rechnen war. (Allein die legendäre Geschichte seines Schlagabtauschs mit de Gaulle anlässlich des französischen Atomprogramms lohnt die Lektüre dieses Buches.) Er war gewillt, sich mit Wissenschaftlern anzulegen, die sich nicht für die Meere, die sie erforschten, einsetzten, und mit Fischereimagnaten, ja, mit ganzen Militärflotten. Andererseits aber war er auch ein Verführer – er eröffnete den Menschen die Möglichkeit, sich in einer schönen und geheimnisvollen Welt zu Hause zu fühlen, und die Chance, bei ihrem Schutz zu helfen. Über den amerikanischen Naturschriftsteller John Burroughs hat man einmal gesagt, er habe mit seinen Wandergeschichten Tausende von Rucksäcken auf die Reise geschickt. Cousteau verhalf Millionen von Paaren von Taucherflossen zu ihrer Bestimmung, und mit ihm begann die Karriere Tausender Umweltaktivisten.
Ob diese Aktivisten bei der Rettung der Welt, für die er uns die Augen öffnete, erfolgreich sein werden, ist eine größtenteils unbeantwortete Frage. Als Cousteau 1997 starb, begannen sich die massivsten Bedrohungen unserer marinen Ökosysteme gerade erst abzuzeichnen. Die globale Erwärmung, zum Beispiel, droht, noch vor dem Ende des Jahrhunderts sämtliche Korallenriffe der Erde zu zerstören – das kleine Lebewesen, das die Riffe baut, kann außerhalb einer ziemlich engen Temperaturspanne nicht überleben. Inzwischen gebiert die Erderwärmung massenhaft große Stürme wie Katrina, die unsere Küsten bedrohen, und das unerbittliche Ansteigen der Meeresspiegel wird viele der die Ozeane säumenden Marschlande und Feuchtgebiete zerstören, die den Meeren als biologische Schutzwälle dienen. Während der vergangenen ein oder zwei Jahre haben Wissenschaftler begonnen, vor einer noch größeren Gefahr |12|zu warnen: Dasselbe Kohlendioxid, das die Atmosphäre aufheizt, hat angefangen, den pH-Wert der Ozeane auf dramatische Art und Weise zu verändern, und die Bewohner der Meere werden möglicherweise einfach nicht in der Lage sein, sich anzupassen. Uns stehen nicht nur stumme Frühlinge, sondern leere Ozeane bevor.
Wenn wir uns diesen Herausforderungen stellen sollen, wird einer der Anreize eine gesunde Portion Angst sein. Cousteau bestand zeit seines Lebens darauf, dass wir auf einem Wasserplaneten leben. Das, was unsere Erde so einzigartig mache, sei ihr unermesslicher Vorrat an Flüssigkeit in Gestalt der Meere, gegen die das uns viel vertrautere feste Land gewissermaßen bloßen Kulissencharakter habe. Aus den Meeren seien wir gekommen, und ohne sie sei unser Überleben unmöglich.
Aber Angst ist nur der zweitbeste Antrieb. Sie wird übertroffen von der Liebe, und auf Liebe hatte sich Cousteau spezialisiert. Von all den Menschen, die während der ersten Jahrzehnte des Bildschirmzeitalters unsere Fernsehgeräte bevölkerten, hat keiner auf so reine Weise unseren Planeten geliebt wie Jacques Cousteau. Er führte uns an Orte, an denen wir noch niemals zuvor gewesen waren, und teilte mit uns ihre überwältigende Schönheit. Er schickte uns in ein großartiges Abenteuer. Wir können nur hoffen, dass wir uns seiner Herausforderung würdig erweisen.
Ich war seit einer Woche den Amazonas flussaufwärts gefahren, als Jacques Cousteau vorschlug, ich solle sein Schiff Calypso verlassen und mich einem Erkundungsteam anschließen, um ins Landesinnere zu reisen. Er hatte mich gebeten, den Text für einen Dokumentarfilm über das Amazonasbecken zu schreiben, den er gerade produzierte. Ich sollte seine Männer quer durch Brasilien bis zur bolivianischen Grenze begleiten, wo verarmte Dorfbewohner versuchten, im sandigen Grund eines Nebenflusses des Amazonas nach Gold zu tauchen. Seine Männer und ich kletterten in einen Lastwagen und fuhren los, auf einem »Highway«, der in Wirklichkeit nichts weiter war als eine unbefestigte Straße in den Regenwald. Je dichter das uns umgebende Unterholz wurde, desto schmaler wurde der Weg. Nachdem wir uns über Stunden tief in den Dschungel vorgearbeitet hatten, hielt der Fahrer plötzlich an. Wir sprangen vom Wagen, und sofort war uns unser Dilemma klar.
Quer über unserer Straße lag ein gewaltiger Baum, der so mächtig war, dass er uns bis zur Taille reichte. Keiner von uns sagte ein Wort. Wir hatten alle die Geschichte über die Yanomamo-Indianer gehört. Angeblich war eine ganze Busladung Touristen von ihnen getötet worden, weil sie auf einem ganz ähnlichen »Highway« die Grenze ihres Stammesgebietes verletzt hatten. Der Baum vor uns war offenbar mit Absicht gefällt worden, als Warnung. Zu versuchen, ihn wegzuschaffen und weiterzufahren, stand nicht zur Debatte. Die Männer mussten irgendwie einen Weg finden, den Lastwagen auf dem engen Pfad zu wenden und von hier wegzukommen. Während wir schweigend dastanden, teilte sich auf einer Seite des Weges der dichte Vorhang aus Blättern. Ein braunhäutiger Mann trat hervor. Seine Augen blieben an mir, der einzigen Frau, haften. Er zeigte auf mein Herz. Im selben Bruchteil einer Sekunde, in dem mir klar wurde, dass ich ein T-Shirt der Cousteau Society trug, verzog |14|sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen und er sang laut: »Jacques Cousteau! Way to go!« – auf Englisch.
Ich glaube, ich kann für die ganze Gruppe sprechen, wenn ich sage, keiner von uns war wirklich überrascht zu erfahren, dass Cousteaus Ruhm sogar bis in die Tiefen des ausgedehntesten Regenwaldes der Erde vorgedrungen war. Wo und wie auch immer der Mann einen Fernseher gesehen haben mochte, es war eine Tatsache, dass zu dieser Zeit jeder von Cousteaus Dokumentarfilmen ungefähr 250 Millionen Zuschauer anzog, verteilt über fast alle Länder der Erde. Man sagte über Cousteau, er habe den Fernseher in ein Bullauge verwandelt, durch das Menschen auf der ganzen Welt begierig hindurchschauten, um einen Blick auf die Großvaterfigur mit ihrer auffälligen roten Mütze und ihrer Drahtbrille zu erhaschen, die in lyrischem französischem Tonfall von den Wundern der Unterwasserwelt erzählte.
Doch während Millionen von Fernsehzuschauern Cousteaus Dokumentarfilme kannten, wünschte ich mir immer, mehr von ihnen würden um seine wahre Berufung wissen: Forschen, Erfinden und Dienst an der Allgemeinheit. Gesegnet mit einem unglaublichen schöpferischen Intellekt, inspirierte er die NASA und den legendären Forschungsausschuss der National Geographic Society – genauso wie die französische Marine, das französische Bildungsministerium und das französische Museum für Naturgeschichte – dermaßen, dass diese Institutionen Millionen in seine Erfindungen und Forschungsreisen investierten. Sie brachten ihn mit den bekanntesten Ingenieuren, Wissenschaftlern und Fotografen jener Zeit zusammen. Aus diesen Partnerschaften gingen Innovationen hervor, die das Gesicht des 20. Jahrhunderts veränderten. Da sein Rat sowohl bei Staatsoberhäuptern als auch bei Geschäftsführern internationaler Großunternehmen heiß begehrt war, befand sich Cousteau in der einzigartigen Position, kritische Anmerkungen anbringen zu können, die nicht nur die Welt der Meere betrafen, sondern die Welt als Ganzes. Er war viel mehr als ein Filmemacher. Er war einer der ersten wahren Weltbürger.
Cousteau wurde niemals müde, die Tatsache zu würdigen, dass er, um mit seinen Worten zu sprechen, »an einem glücklichen Ort in der Zeit« zur Welt gekommen war – genau in dem Moment, als neue Technologien die Arbeit des einsamen Forschers vorantreiben konnten, bevor jedoch ihr Fortschreiten diesen überflüssig machte. In Wirklichkeit war Cousteau seines eigenen Glückes Schmied. Aus jeder Erfahrung, die er |15|machen konnte, zog er den größten Nutzen. Sein Vater, Berater internationaler Millionäre, war ständig auf Reisen, mit Frau und Kindern im Schlepptau. Im Alter von zehn Jahren erlernte Jacques-Yves während eines einjährigen Aufenthaltes mit seiner Familie in den Vereinigten Staaten die englische Sprache. Als Dreizehnjähriger, wieder zurück in Frankreich, nahm er stolz eine 9-mm-Pathé-Baby-Kamera als Geschenk seines Vaters entgegen und begann, eigene Amateurfilme zu drehen, bei denen er gleichermaßen als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller fungierte. Er brachte sich sogar selbst die Entwicklung des Filmmaterials bei und benutzte dazu Chemikalien, die er aus der Apotheke seines Großvaters abzweigte. Nächster Punkt auf der Liste: Schwimmen. Als kränkliches Kind, das unter chronischen Darmentzündungen und einer defekten Herzklappe litt, war Jacques-Yves dazu ermutigt worden, sich durch sportliche Betätigung zu kräftigen. Nach kurzer Zeit wurde er französischer Universitätsmeister.
Nach seinem Abschluss am Collège Stanislas – an dem wenige Jahre zuvor Charles de Gaulle studiert hatte – bewarb sich Cousteau an der französischen Marineakademie, einer der anspruchsvollsten akademischen Einrichtungen des Landes, die er 1933 als Zweitbester seiner Klasse abschloss. »Ich studierte sogar noch mit einer Taschenlampe im Bett«, erinnerte er sich später. »Ich wollte mir die beiden großartigsten Dinge aneignen, die die Marine mir bieten konnte: Disziplin und eine ernst zu nehmende technische Ausbildung.«
Die Marine bot Cousteau natürlich auch die Möglichkeit, jene globale Sichtweise zu entwickeln, die sich ganz deutlich in seinen Anekdoten manifestiert, die in diesem Buch enthalten sind. Als junger Kadett ging er mit dem Schulschiff Jeanne d’Arc auf die traditionelle Weltreise. Über seiner Schulter hing als ständige Begleiterin seine Filmkamera. Mit ihr hielt er die Häfen fest, die sie anliefen, unter anderem Bali, und sogar Hollywood. Dann heuerte er auf dem Kreuzer Primauguet an und segelte mit ihm in den Fernen Osten, wo er das Kommando über die französische Marinebasis in Shanghai übernahm – und sie natürlich filmte.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat schrieb sich Cousteau bei der Marineflugschule ein. Seine Fliegerkarriere fand ihr jähes Ende durch einen schrecklichen Autounfall, der zu schweren Verletzungen führte und Beeinträchtigungen beim Gebrauch beider Arme nach sich zog. Für jeden anderen wäre das Ende seines Traums, Pilot zu werden, das größte |16|Unglück seines Lebens gewesen – Cousteau wandelte es in das glücklichste Ereignis seines Lebens um. Im Jahre 1936 begann er auf der französischen Flottenbasis in der Mittelmeerstadt Toulon erneut, seinen Körper durch Schwimmen zu kräftigen. Bald war Cousteau an den Stränden Südfrankreichs und bei Marineseminaren, die sich mit Unterwasserwaffen beschäftigten, ein bekanntes Gesicht. Er schloss Freundschaft mit einem seiner vorgesetzten Offiziere, Commandant Philippe Tailliez, und später auch mit Tailliez’ Freund Frédéric Dumas. Dumas, auch »Didi« genannt, hatte sich den Ruf erworben, ein quasi übermenschlicher Meister im Speerfischen zu sein, einem Sport, der in den dreißiger Jahren entlang der Mittelmeerküsten groß in Mode war.
Heute fällt es schwer, sich vorzustellen, wie anders vor noch so relativ kurzer Zeit menschliche Wesen die Hochsee wahrnahmen – für sie war sie nicht viel mehr als eine unermesslich weite, glitzernde Oberfläche. Was sich im Dunkel des Wassers auf ihrem Grund befand, wusste niemand. Nach gängiger Vorstellung verschlangen die dämonischen Tiefen Ertrunkene und Riesenschiffe gleichermaßen, zogen sie in einen Abgrund, der von Monstern bevölkert wurde, die dem Geist eines Jules Verne oder Victor Hugo entsprungen waren.
Die allgemein verbreitete Tauchmethode war zu dieser Zeit immer noch genauso primitiv wie schon seit Tausenden von Jahren: durch Apnoe, das heißt Atem anhalten und kopfüber von der Oberfläche abtauchen. Die ersten Schwimmflossen waren erst drei Jahre vor Cousteaus Versetzung nach Toulon patentiert worden. Das Salzwasser ließ alles verschwimmen, brannte in den Augen und beeinträchtigte so die Sicht der Taucher. All das sollte sich jedoch für Cousteau dank der einfachen Geste eines Freundes bald ändern. Tailliez lieh ihm eine Schutzbrille, wie sie die philippinischen Perlentaucher benutzten. »Ich hatte die sieben Weltmeere durchkreuzt und war in ihnen allen geschwommen, aber ich hatte diese ersten Kontakte als Blinder gemacht«, erinnerte sich Cousteau. »Erst 1936 erlaubte es mir diese Schutzbrille, meine Augen einem unbekannten Reich zu öffnen. Von diesem Moment an sah ich nie mehr zurück. Mit meinen Freunden Tailliez und Dumas tauchte ich das ganze Jahr über, in warmem und eiskaltem Wasser. Ich lernte, wie man 18 Meter tief taucht und in wenigen Sekunden einen Fisch harpuniert.«
Das Trio Cousteau-Tailliez-Dumas wurde zu einer solch festen Größe entlang der felsigen Buchten von Toulon, dass die Freunde binnen kurzer |17|Zeit nicht als die drei mousquetaires, sondern als die drei mousque-mers bekannt waren – ein spielerischer Reim mit den französischen Wörtern für »Musketiere des Meeres«. Bald gesellte sich ein vierter zu ihnen. Cousteau heiratete die 17-jährige Simone Melchior. Ein flüchtiger Blick auf die zierliche Simone hätte jeden leicht irreführen können, der an ihrem handfesten Seefahrererbe zweifelte: Mütterlicherseits war sie sowohl Enkelin als auch Urenkelin von Admirälen. Ihr Großvater war kein anderer als Vizeadmiral Jules-Bernard-François Melchior gewesen, eine in der Marinegeschichte Frankreichs höchst geachtete Persönlichkeit. So geachtet, dass der legendäre Forschungsreisende Jean-Baptiste Charcot, der mit seinem berühmten Schiff Pourquoi Pas? in die Antarktis gesegelt war, die Melchior-Inseln nach ihm benannt hatte. In einer Epoche, in der eine militärische Laufbahn für Frauen ausgeschlossen war, wünschte sich Simone nichts mehr, als Marineoffizier zu werden. Sie sagte gerne, sie habe das Nächstbeste getan – einen geheiratet.
Der Zweite Weltkrieg unterbrach die Aktivitäten des Quartetts. Er ermöglichte es Cousteau aber auch, jene Erfahrungen zu sammeln, die ihm eines Tages nicht nur den Respekt von Regierungschefs einbringen sollten, sondern auch sein Eintreten für den Frieden und seine Überzeugung von der Notwendigkeit einer wirksamen UNO formten. Cousteau diente auf dem französischen Kreuzer Dupleix, der die Graf von Spee aufbrachte, eines der kleinen, jedoch schwer bewaffneten Schlachtschiffe, die Deutschland in den Krieg geschickt hatte. Für seine Teilnahme als Geschützoffizier an der Bombardierung von Genua wurde ihm das Croix de Guerre mit Auszeichnung und zwei lobenden Erwähnungen verliehen. Als Deutschland den Norden Frankreichs besetzte, beorderte die französische Marine Cousteau als Geheimagenten zurück an die Südküste. Wie im zweiten Kapitel dieses Buches beschrieben wird, inszenierte er einen Einbruchdiebstahl im italienischen Stabsquartier, der eines Hitchcock würdig gewesen wäre. Mehr noch, er schaffte es, die Zungen einiger Offiziere der deutschen Reichskriegsmarine zu lösen. Nachdem er ihnen großzügig eine Runde nach der anderen spendiert hatte, brachte er in Erfahrung, dass Hitler beabsichtigte, sich der französischen Flotte zu bemächtigen. Obwohl es Cousteau gelang, seine Vorgesetzten von dieser real existierenden Bedrohung zu überzeugen, war er niedergeschmettert, denn die Reaktion der befehlshabenden Kommandeure im freien Süden Frankreichs bestand darin, ihre eigenen Schiffe |18|zu zerstören. Cousteau wurde später der Orden der Ehrenlegion verliehen, aber für welche Aktionen eigentlich genau, darüber gaben weder er selbst noch der französische Geheimdienst jemals Einzelheiten preis. Das damals veröffentlichte offizielle Protokoll enthält die geheimnisvolle Formulierung: »Cousteau, Jacques-Yves, Schiffsleutnant, hat während des Krieges seinem Vaterland hervorragende Dienste unter besonders gefährlichen Umständen erwiesen.«
Doch selbst während dieser Belastungen in Kriegszeiten fand Cousteau einen Weg, kreativ und produktiv zu sein. Welch bessere Tarnung für seine Geheimdienstarbeit hätte es denn geben können, welch bessere Erklärung für seine ständige Beobachtung der Küstenlinie, als zusammen mit Tailliez und Dumas seiner Leidenschaft für das Tauchen und Filmen zu frönen? Ganz der einfallsreiche Heimwerker, machte er seine Kamera wasserdicht, indem er sie in ein Einmachglas steckte. »Wenn wir filmten, kamen die Deutschen oft an Bord unseres Begleitbootes«, erinnerte sich Tailliez. »Wir gaben ihnen Taucherbrillen und sagten ihnen, sie sollten mal einen Blick unter Wasser werfen. Sie meinten dann immer: ›Schön, schön.‹ Es war bizarr.«
Während er gemeinsam mit seinen Freunden nur mit angehaltenem Atem tauchte, drehte Cousteau den ersten Kurzfilm über seine Tauchgänge bis in 18 Meter Tiefe, dem er den Titel Par dix-huit mètres de fond (»Achtzehn Meter in Richtung Meeresgrund«) gab. Aber er wollte mehr. »Immer lehnte ich mich auf gegen die Einschränkungen, die einem eine einzige mit Luft gefüllte Lunge auferlegt«, erinnerte er sich. »Während der blitzschnellen Tauchgänge konnten wir immer nur einen kurzen Blick auf die Geheimnisse des Meeres erhaschen.«
Cousteaus bahnbrechende Anstrengungen, in größere Tiefen zu tauchen und länger unten zu bleiben, konfrontierten ihn mit größeren Wagnissen, als selbst Schriftsteller wie Jules Verne sie sich jemals ausgedacht hatten. Er und sein Team stellten sich diesen Gefahren in einer Reihe von Experimenten nach dem Muster »Versuch und Irrtum«. Viele von ihnen lieferten Grundlagen für die Regeln des modernen Tauchsports.
Cousteau unternahm Tauchversuche mit dem Fernez-Apparat, einer Neuerfindung jener Tage, bei der komprimierte Luft aus Tanks, die ein Begleitboot mitführte, über einen Schlauch in eine Vollmaske gepumpt wurde, die der unter Wasser befindliche Taucher auf dem Gesicht trug. Einmal, erzählte Cousteau, schwamm er gerade träge in den Tiefen dahin, |19|als er plötzlich einen Schock in seinen Lungen spürte. Der zum Beiboot führende Schlauch war irgendwo über der Wasseroberfläche gerissen. Er entging nur knapp dem Ertrinken. »Wenn ich nicht instinktiv meinen Kehlkopfdeckel geschlossen hätte, hätte mir der gerissene Schlauch dünne Oberflächenluft zugeführt, und das Gewicht des Wassers hätte meine Lungen zerdrückt.«
Ein weiteres Mal verlor Cousteau beinahe sein Leben, während er mit einem Kreislauftauchgerät, einem sogenannten »Rebreather«, experimentierte. Dieses zur damaligen Zeit ebenfalls neue Gerät führte dem Taucher reinen Sauerstoff zu. Cousteau war überzeugt von der Richtigkeit der damals herrschenden Auffassung, reiner Sauerstoff wirke erst ab einer Tiefe von etwa 15 Metern toxisch und nicht schon bei etwa 11 Metern – wie er leider herausfinden sollte. Er erinnerte sich daran, wie er gerade in einem Tauchgang schwelgte, als »meine Lippen unkontrolliert zu zittern begannen. Meine Augenlider flatterten. Meine Wirbelsäule bog sich nach hinten wie ein Bogen.« Bevor er das Bewusstsein verlor, gelang es ihm irgendwie, seinen Bleigürtel zu lösen. Die Segler, die er mitgenommen hatte, um ihn nach seiner Rückkehr an die Oberfläche wiederzufinden, sahen seinen Körper bewegungslos auf dem Wasser treiben und fischten ihn heraus. Moderne medizinische Aufzeichnungen bestätigen die Ergebnisse von Cousteaus Experimenten: Die Probleme, die beim Einatmen von reinem Sauerstoff in bestimmten Tiefen entstehen, ähneln denen, die auftreten, wenn reiner Sauerstoff über längere Zeiträume hinweg zu medizinischen Zwecken eingeatmet wird.
Etwa um diese Zeit war Kommandant Yves Le Prieur, ein französischer Marineoffizier, nur noch einen winzigen Schritt davon entfernt, Cousteaus Traumgerät zu erschaffen. Le Prieurs Erfindung bestand aus einem einzigen, auf dem Rücken zu tragenden Tank, der einen konstanten Luftstrom entweichen ließ. Der Taucher regulierte den Druck manuell mithilfe eines am Tank befindlichen Ventils. Leider leerte sich durch den konstanten Luftstrom der Tank sehr schnell, was den Aufenthalt von Tauchern unter Wasser auf kurze Zeiträume begrenzte. Cousteau selbst sprach Le Prieur die Urheberschaft an dem modernen Unterwasser-Atemgerät zu. Der Grund dafür, dass schließlich Cousteaus Name und nicht der von Le Prieur Eingang in die Nachschlagewerke fand, liegt in der einfachen Tatsache, dass Cousteau noch mehr wollte. Er träumte davon, durchs Wasser zu fliegen – sich schwebend wie ein Fisch |20|in dieser dreidimensionalen Welt zu bewegen – und nicht hauptsächlich mit der Bedienung eines Ventils beschäftigt zu sein, das zu allem Überfluss auch noch einen Strömungswiderstand im Wasser verursachte. Cousteau hatte die Vision eines Gerätes – eines nur bei Bedarf arbeitenden Ventils, eines »Regulators« –, das den Taucher nur im Moment des Einatmens mit Luft versorgte, sich während des Ausatmens schloss und den Luftdruck automatisch regulierte, je weiter der Taucher abwärts ging.
An dieser Stelle trat die jugendliche Simone Cousteau auf den Plan. Während viele ihrer Vorfahren Seeleute gewesen waren, war ihr Vater leitender Geschäftsführer bei Air Liquide, zu dieser Zeit Frankreichs größtem Erdgasversorger. Im Dezember 1942 machte Simones Vater Cousteau mit Émile Gagnan bekannt, einem der brillantesten Ingenieure des Unternehmens. Cousteau beschrieb seine Idee eines Regulators, der dem Taucher auf Anforderung Luft mit dem jeweiligen Umgebungsdruck zur Verfügung stellte. Vergnügt warf Gagnan einen Gegenstand auf den Tisch und fragte: »So was wie das hier?« Gagnan hatte bereits einen Regulator erfunden, mit dessen Hilfe man während des im Krieg herrschenden Benzinmangels Fahrzeuge mit Gas betreiben konnte, das sonst zum Kochen verwendet wurde.
Cousteau verbrachte Monate mit Gagnan. Er beschrieb ihm ganz genau, was er wollte, und gemeinsam bauten die beiden den Regulator für Tauchzwecke um. Im Frühjahr 1943 schulterte Cousteau einen Behälter mit Druckluft, der mit dem angepassten Regulator ausgestattet war, und stürzte sich damit vor den Toren von Paris in die Marne. Wenn er eine aufrechte Haltung einnahm, bekam er zu viel Luft; wenn er abtauchte, hörte der Luftstrom auf. Also zurück ans Zeichenbrett. Der Krieg verzögerte die Dinge weiter. Cousteau hatte drei Prototypen des Atemgerätes gebaut – einen für sich selbst sowie zwei weitere für seine beiden Mitstreiter Tailliez und Dumas. Angeblich musste er einen vierten anfertigen, nachdem sein eigener, an einem Strand beiseitegestellt, von einer verirrten Artilleriegranate der Alliierten in Stücke gerissen worden war. Immer noch machten die drei Freunde weiter und führten insgesamt fünfhundert Testtauchgänge durch. Bestätigt ist, dass es Dumas bis zum Herbst 1943 bis in eine Tiefe von über 67 Metern geschafft hatte; Cousteau selbst erreichte später eine Tiefe von über 100 Metern. Dies waren ungeheuer riskante Vorstöße ins Unbekannte, besonders, |21|wenn man bedenkt, dass heute viele Tauchsportunternehmen selbst fortgeschrittenen Sporttauchern für das Tauchen mit normaler Luft Tauchscheine nur bis in Tiefen von 25 bis 50 Metern ausstellen. Simone wurde 1944 mit dem Gerät, das sie gemeinsam die »Aqualunge« getauft hatten, die erste Taucherin der Welt. Schon bald tauchten auch die beiden sieben und vier Jahre alten Söhne Cousteaus, mit Geräten in Kindergröße. Wenn die Kinder sich an der Wasseroberfläche verschluckten, weil sie es nicht lassen konnten, in Freudengeschrei über die Wunder auszubrechen, die sie gesehen hatten, wurden sie von ihrem Vater mit den Worten ermahnt, die Unterwasserwelt sei ein »stilles Reich«. 1946 ließen Cousteau und Gagnan ihre Erfindung patentieren.
Das Funktionsprinzip des von Cousteau und Gagnan erfundenen Regulators ist bis heute unverändert geblieben. Aus den vier von Cousteau ursprünglich hergestellten Prototypen sind unzählige Millionen von Geräten hervorgegangen, die gemeinhin als SCUBA (Self-Contained Underwater Breathing Apparatus, dt.: »unabhängiges Unterwasser-Atemgerät«) bekannt sind. Schätzungsweise 40000 Tauchnovizen erhalten jeden Monat weltweit ihren Tauchschein. Es ist schon oft wiederholt worden – auch von Cousteau selbst –, dass es einer der größten Augenblicke der Neuzeit war, als die Mondastronauten aus der Leere des Weltalls zurückblickten und diese »wunderschöne, feuchte, blaue Kugel« sahen, unseren Wasserplaneten. Und doch hatten die Astronauten nur auf eine azurblaue Oberfläche geschaut. Es war Jacques-Yves Cousteau, der ihre Tore öffnete und unsere Spezies einlud, ein unermesslich großes, tiefes, flüssiges Reich zu betreten, wie es im gesamten Sonnensystem kein zweites gibt.
Sofort nach der Befreiung beauftragte die französische Marine Cousteau mit der Ausbildung eines Taucherteams und der Einrichtung einer Arbeitsgruppe – unter ihrer Schirmherrschaft – für das Studium und die Erforschung der Meere. Sie stellte ihm ein von den Deutschen erbeutetes Schiff, die Élie Monnier, als Tauchbasis zur Verfügung. Unter Cousteaus Leitung entfernte das Team gesunkene Minen aus Hafenbecken und arbeitete weiter an der Erforschung der Physiologie des Tauchens.
Cousteaus rastloser Intellekt jedoch strebte danach, sein eigenes Schiff zu kommandieren und auf alle nur denkbaren Forschungsreisen zu gehen. Eines Abends, als sie zusammen in einem Restaurant saßen, fing die forsche |22|Simone ein Gespräch mit Gästen an einem Nebentisch an. Einer ihrer neuen Bekannten war kein anderer als Sir Thomas Loël Guinness, Spross der irischen Brauerfamilie, der erkennen ließ, dass er gern meereskundliche Forschungen fördern würde. Im Frühjahr 1950 schrieb Guinness einen Scheck aus. Cousteau hatte ein ungewöhnliches Schiff in einem Hafen auf Malta vor Anker liegen sehen und sofort gewusst: Das ist es. Das Schiff war in den Vereinigten Staaten gebaut worden und hatte der Britischen Marine als Minensuchboot gedient. Sein Rumpf war nicht aus Metall, sondern aus dem Holz der nordamerikanischen Douglasie, um das Auslösen gesunkener magnetischer Bomben zu verhindern. Zu dem Zeitpunkt, als Cousteau es sah, diente es als Fährschiff. Sein neuer privater Besitzer hatte ihm den Namen Calypso gegeben, den Namen der Meernymphe, die in Homers Epos Odyssee auf Malta haust1 und über die Macht verfügt, Menschen unsterblich zu machen. Cousteau behielt den Namen bei, und die Legende sollte sich erfüllen.
Ein höherer Marineoffizier besaß die Weitsicht, Cousteaus Entlassung »aus Gründen nationalen Interesses« in die Wege zu leiten. So wurde Cousteau in der zivilen Welt zuletzt doch noch Kapitän – auf Französisch »commandant«. Sein Plan war es, Wissenschaftlern eine Arbeitsbasis auf dem Meer zur Verfügung zu stellen, um, wie er es mir gegenüber später ausdrückte, »lebende Wesen zu studieren – nicht von Präparatoren aufgespießte Museumsstücke«. Guinness hatte das Schiff bezahlt und an Cousteau für den symbolischen Preis von einem Franc pro Jahr vermietet. Cousteau seinerseits hatte für die Kosten des Unterhalts und der Forschungsreisen aufzukommen. Und so geschah es, dass Cousteau der Seefahrer für alle Zeiten seine ganz eigene Bürde zu tragen hatte – die Notwendigkeit, Geld aufzutreiben. Die Calypso musste ein Arbeitsschiff werden – ein ständig arbeitendes Schiff.
Es gelang Cousteau, sowohl Aufträge für seine Calypso zu beschaffen als auch, sie in das Interesse der Allgemeinheit zu rücken. Das Magazin Life widmete ihrer ersten Fahrt, bei der ein Team von Wissenschaftlern an Bord war, um die Korallen im Roten Meer zu studieren, volle sieben Seiten. Die im Jahre 1888 in Washington von Wissenschaftlern und |23|Entdeckern gegründete ehrwürdige National Geographic Society wurde aufmerksam. Ihre Stiftung für Forschung und Entdeckung, die solche Berühmtheiten wie den Naturwissenschaftler William Beebe und den Arktisforscher Admiral Robert Peary gefördert hatte, leitete die Gewährung einer Reihe von Zuschüssen in die Wege, die sich am Ende auf eine halbe Million Dollar summieren sollten. Bald darauf las der Chefgeologe des Ölkonzerns British Petroleum von dem Team und rief seinen Mitarbeitern gegenüber aus: »Diese Leute haben Fantasie!« Er finanzierte eine Forschungsreise der Calypso zur Suche nach Erdöl im Persischen Golf. Außerdem sollte die Calypso fast fünfzehn Jahre lang das einzige Meeresforschungsschiff sein, das unter französischer Flagge fuhr. So wurde sie regelmäßig für halboffizielle französische Forschungsmissionen angeheuert, die dafür sorgen sollten, dass Frankreichs Wissenschaftler international Schritt halten konnten.
Umfassende Instandsetzungsarbeiten in zwei Werften hatten der Calypso jenen Charme verliehen, der eines Tages Millionen in seinen Bann ziehen sollte. Sie wurde ausgestattet mit modernsten Navigationsgeräten; einem bugwärtigen Beobachtungsschacht, durch den das Team unter die Wasseroberfläche hinabklettern konnte, um durch Bullaugen in den Wellen tanzende Delfine zu beobachten; einer ins Meer führenden Falltür in der Kombüse, die es Tauchern ermöglichte, ins Wasser zu gleiten, ohne sich heftigem Wind und rauen Wellen auszusetzen.
Was die Calypso jedoch einzigartig machte, waren weder Bullaugen noch Falltüren; es war die Seele ihrer auf einmalige Weise geeinten Besatzung. Cousteau besaß die einzigartige Gabe, jedem, sogar dem jüngsten Besatzungsmitglied, das angeheuert war, um das Deck zu schrubben, das Gefühl zu vermitteln, Teil von etwas Größerem zu sein. Sie arbeiteten für ein Ziel. Sie arbeiteten nicht für ihn. Sie arbeiteten mit ihm.
In der von Jean-Michel Cousteau verfassten Biografie seines Vaters Mon Père: Le Commandant beschreibt der Mechaniker Titi Léandri die Empfindungen der Männer so: »Wenn die Wissenschaftler uns baten, etwas Bestimmtes zu tun, nahmen sie sich Zeit zu erklären, was sie wollten und warum sie es wollten […] Ihre Leidenschaft übertrug sich auf uns: Dieses Leben glich in nichts dem, was wir von der Marine kannten, wo wir Befehle erhielten, die wir befolgten, weil wir keine Wahl hatten, wo wir in sehr verschiedene Klassen von Menschen eingeteilt waren, die sich niemals trafen. Jeder, der ein Ziel erklärt, macht die Arbeit interessanter|24|, und man tut mit Freude alles, worum man gebeten wird. Und darin lag eine große Stärke des Commandant.«
Simone Cousteau erfüllte sich schließlich ihren Traum, Seefahrerin zu werden. Sie sollte vierzig Jahre lang an Bord des Schiffes leben, das sie immer »mein Boot« nannte, und zehnmal mit ihm die Erde umrunden. Man sagte von ihr, sie habe die Gesellschaft von Männern bevorzugt und alles getan, damit sich andere Frauen an Bord nicht wohlfühlten. Als ich das erste – und zugleich auch letzte – Mal auf der Calypso mitfuhr, sprach sie kein einziges Wort mit mir. Ihr Verhalten veränderte sich völlig, als sie einige Monate später nach Paris kam und mich zusammen mit ihrem Mann zwölf Stunden pro Tag am Manuskript für dieses Buch arbeiten sah. Kurz danach überraschte sie mich mit etwas für sie ganz Untypischem. Sie überreichte mir einen kleinen Beutel mit Souvenirs, Postern von Monaco und Parfümproben. Sogar eine kleine Geldbörse war dabei, auf die das Wort Monaco gestickt war. Ich wusste: Dies war ihre Art, sich für das zu bedanken, was sie am meisten schätzte – harte Arbeit. Das war der Grund, warum alle Besatzungsmitglieder sie achteten und ihren Anordnungen Folge leisteten. Cousteau nannte sie mir gegenüber stolz den wahren Kapitän der Calypso.
Cousteaus guter Freund Frédéric »Didi« Dumas, dessen Heldentaten dieses Buch ebenfalls bereichern, war auf den ersten Expeditionen als Cheftaucher und Stellvertreter Cousteaus dabei. Cousteau beschrieb ihn als »Halbfisch« – Didi absolvierte auf der ersten Forschungsreise mehr als 3000 Tauchgänge – und fügte hinzu: »Didi wurde zu unserem Pinup-Boy«, weil er so fotogen war. Typische Fotos zeigen ihn, wie er versucht, einen Hai in die Seite zu stupsen oder sein Können zu demonstrieren, indem er einen Stachelrochen beim Schwanz packt.
Ein anderer Freund, von dem mir Cousteau voller Leidenschaft erzählte, war Albert Falco, genannt »Bébert«. Mehrfach erzählte er mir die Geschichte von dem Tag, als ein bekannter Hersteller von Tauchausrüstungen ihn aufgesucht und zu ihm gesagt hatte: »Ich habe ein großartiges Geschenk für Sie.« Das Geschenk hatte darin bestanden, dass er Cousteau den 25 Jahre alten Bébert vorstellte. Dieser heuerte für eine Forschungsreise auf der Calypso an, blieb ein ganzes Leben lang und wurde schließlich ihr Kapitän.
Selbst die hochrangigen Experten, die an Bord kamen, wurden zu begeisterten Mitgliedern der ausgedehnten Cousteau-Familie. Luis |25|Marden zum Beispiel hatte sich selbst bereits einen guten Ruf erarbeitet. Er war nicht nur Chef der renommierten Auslandsredaktion des National Geographic, sondern hatte als talentierter Fotograf auch dessen Kameraarbeit revolutioniert. Marden war es, der auf langen, einsamen Tauchgängen in gefährlichen Gewässern das Wrack von Kapitän Blighs Bounty entdeckte. Nachdem er im Auftrag des Geographic bei Cousteau angeheuert hatte, leisteten die beiden zusammen Pionierarbeit bei Unterwasserexperimenten mit fotografischen Filtern und Beleuchtung. »Cousteau war der brillanteste Kopf, dem ich je begegnet bin«, erinnerte sich Marden später. »Es war, als sei er einer der Gebrüder Wright, und hier war ich und arbeitete mit ihm.«
Auch der geniale Elektroniker und Ingenieur Dr. Harold Edgerton vom MIT, dem berühmten Massachusetts Institute of Technology, spielte immer wieder eine Rolle auf der Calypso. In den dreißiger Jahren hatte Edgerton den stroboskopischen Blitz erfunden, der zwanzig Millionen Mal schneller als der Lidschlag des menschlichen Auges ist, und damit die Hochgeschwindigkeitsfotografie möglich gemacht. Sein Strobo-System für nächtliche Fotoaufnahmen aus der Luft spielte eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Landung der amerikanischen Truppen in der Normandie. Heute sind seine unzähligen Anwendungsmöglichkeiten für uns selbstverständlich. Sie beschränken sich nicht mehr nur auf die Zeitrafferfotografie, die noch in den dreißiger Jahren Aufsehen erregte: Man findet es in Kopiergeräten; in Leuchtfeuern, die dafür sorgen, dass Flugzeuge auch bei Nacht sicher navigieren und landen können; in Lichtsignalen zum Andocken von Weltraumfahrzeugen; bei der Ausleuchtung des Augeninneren zu medizinischen Eingriffen.
Die National Geographic Society hatte Edgertons bahnbrechende Arbeit großzügig mit Stiftungsgeldern unterstützt. Nachdem er die erste funktionierende Unterwasserkamera entworfen hatte, arrangierte die Gesellschaft für ihn eine Partnerschaft mit dem anderen von ihr zu dieser Zeit geförderten Star: Cousteau. Die Männer an Bord der Calypso, für die der joviale Edgerton Gläser mit Erdnussbutter und strahlend magentafarbene MIT-Studentencaps an den internationalen Zollbehörden vorbeigeschmuggelt hatte, nannten ihn bald »Doc«, und die beiden jungen Söhne Cousteaus gaben ihm den Spitznamen »Papa Flash« – Papa Blitz. Edgerton nutzte die Zeit an Bord und entwickelte die ersten Sonargeräte, mit denen man das Relief des Meeresbodens seismografisch erfassen |26|konnte. Bei einer ihrer anregendsten Heldentaten fotografierte er zusammen mit Cousteau den Boden des Romanchegrabens, einer Tiefseerinne im mittleren Atlantik, fast 9000 Kilometer unterhalb der Meeresoberfläche. Edgerton baute eine Kamera, die dem am Grund herrschenden geschätzten Wasserdruck von mehr als einer Tonne pro Quadratzentimeter widerstehen konnte. Er und Cousteau richteten das Gerät so ein, dass es ab dem geschätzten Moment seines Eintreffens am Boden des Grabens alle fünfzehn Sekunden ein Bild schießen würde. Als die beiden Männer die Kamera an Deck der Calypso zurückgeholt hatten, stockte ihnen vor Entsetzen der Atem. Die dicke Glasscheibe, die das Objektiv schützte, hatte einen Riss. Schnell nahmen sie den Apparat auseinander. Es war kein Wasser eingedrungen. Trotzdem mussten sie den Film erst aufs Festland zum Entwickeln schicken, ehe sie sicher sein konnten, dass die Kamera Fotos gemacht hatte, bevor die Schutzscheibe gesprungen war. Und tatsächlich hatte das Gerät scharfe Bilder vom Meeresboden geschossen, in einer Tiefe, die mehr als 800 Meter unterhalb des bisherigen Rekords lag. Sogar die ansonsten recht schweigsame Gemeinde der Meeresforscher sah sich veranlasst, ihre Bewunderung auszudrücken. Der Doc, liebenswürdig wie immer, reagierte darauf, indem er Cousteau das gesprungene Schutzglas schenkte. »Hier, Jacques, behalte es«, sagte er. »Es wird einen wundervollen Briefbeschwerer abgeben.«
Während dieser Jahre tat Cousteau etwas, von dem er nie gedacht hätte, dass er damit die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich ziehen würde. Er schrieb ein Buch über seine Abenteuer auf und unter dem Meer mit dem Titel Le monde du silence (dt.: Die schweigende Welt). Nach seiner Erstveröffentlichung im Jahre 1953 verkaufte es sich mehr als fünf Millionen Mal in 22 Sprachen.
Cousteau hatte zwar kein Interesse an einer Verfilmung seines Buches, hegte aber den leidenschaftlichen Wunsch, einen abendfüllenden Kinofilm über die Unterwasserwelt zu drehen. Begleitet von seinen Freunden und seiner Besatzung begab er sich auf eine 24000 Kilometer lange Reise durch das Mittelmeer, das Rote Meer und den Indischen Ozean. In letzter Minute wurde sein Co-Regisseur krank. Um ihn zu ersetzen, sprach Cousteau einen 23 Jahre alten Studenten an, der eine der großen französischen Filmschulen verlassen hatte, um sich seinem Team anzuschließen. »Ich war so überwältigt von der Intelligenz dieses jungen Mannes, dass ich ihm die Position des Co-Regisseurs anbot«, sagte Cousteau später.
|27|Dieser Student, Louis Malle, sollte einer der ganz Großen in der Geschichte des französischen Films werden. »Die vier Jahre, die ich mit Cousteau verbrachte, hatten einen gewaltigen Einfluss auf mein Leben«, erinnerte sich Malle später. »Ich lernte alles darüber, wie man Filme macht. Ich musste am Anfang meiner Laufbahn als Unterwasserkameramann, als Tontechniker, als Cutter und ein bisschen auch als Regisseur arbeiten – als Regisseur für Fische.« Cousteau, Malle und das Team brachten schließlich fast 30000 Filmmeter in ein Pariser Schnittstudio. Sie arbeiteten sich durch das belichtete Material und schufen einen Dokumentarfilm, den sie – die Popularität von Cousteaus Buch im Hinterkopf – ebenfalls Le monde du silence nannten.
Im Jahre 1956 zeigten Cousteau und Malle ihren Film auf dem Internationalen Filmfestival in Cannes. Das Ereignis, von François Mitterand offiziell eröffnet, sonnte sich im Glanz zahlreicher Prominenter. Unter den Jurymitgliedern war Otto Preminger, und in der Nacht, in der als letzter Preis derjenige für den besten Film verliehen werden sollte, saßen Ingrid Bergman, Brigitte Bardot, Kim Novak, Orson Welles und Ginger Rogers im Publikum. Und die Gewinner: Jacques-Yves Cousteau und sein Co-Regisseur Louis Malle. Fast fünfzig Jahre lang sollte Die Welt des Schweigens der einzige Dokumentarfilm bleiben, der die begehrte Goldene Palme, die Palme d’Or, erhalten hatte, den höchsten Preis des angesehensten Filmwettbewerbs der Welt.
Cousteaus ältester Sohn, Jean-Michel, erinnerte sich später an den von Jupiterlampen erhellten Abend auf den Champs-Élysées, als die breite Öffentlichkeit während der mit Stars gespickten Pariser Premiere den Film zum ersten Mal zu Gesicht bekam. »Alles, was in Kunst und Politik Rang und Namen hatte – Admiräle, Generäle, Präsidenten, Botschafter –, alle waren gekommen, um meinem Vater zu applaudieren.« Jean-Michel war zu diesem Zeitpunkt siebzehn Jahre alt. Erst in diesem Moment ging ihm, einem typischen Teenager, auf, dass sein Vater »wahrhaftig ein sacre bonhomme« war – ein toller Kerl. In den USA nannte die New York Times den Film eine »Beschreibung ozeanografischer Forschungen auf und unter dem Meeresspiegel, die mit Sicherheit den schönsten und faszinierendsten Dokumentarfilm darstellt, der je gedreht worden ist«. Bald darauf gewannen Cousteau und Malle auch einen Oscar.
Doch der ganze tosende Beifall konnte nicht den Sirenengesang übertönen, der Cousteau zu entlegenen Küsten und in tiefere Gewässer |28|lockte. Vor, während und nach seinem Filmerfolg mit Die Welt des Schweigens forschte er weiter. Seine Entdeckung eines 2000 Jahre alten griechischen Handelsschiffes, die in Kapitel 2 dieses Buches beschrieben wird, veranlasste den damaligen Direktor der Scripps Institution of Oceanography, dem bedeutenden Meeresforschungszentrum in San Diego, Kalifornien, Cousteau den »Begründer der Unterwasserarchäologie« zu nennen. Jahre später wandten einige Kritiker ein, Cousteau habe das Wrack nicht gemäß akademischer Grabungsregeln geborgen. Jüngere Ausgrabungen haben gezeigt, dass die Überreste nicht von einem einzelnen Schiff stammten, sondern tatsächlich von zwei Schiffen, die im Abstand von mehreren hundert Jahren gesunken waren. In Wirklichkeit gab es vor Cousteau gar keine akademischen Regeln für Unterwasserarchäologie. Dazu sagte Patrice Pomey, Forschungsdirektor am CNRS, dem Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschungen Frankreichs: »Cousteaus Entdeckung war spektakulär. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte noch kein Archäologe jemals auch nur seine Nase unter Wasser gesteckt. Cousteaus große Leistung war, gezeigt zu haben, dass mithilfe des SCUBA das Feld der Unterwasserarchäologie erschlossen werden konnte. Zudem machte er in der Folge die Meeresarchäologie einer weltweiten Öffentlichkeit zugänglich.«
Cousteaus Erfolge erregten die Aufmerksamkeit von Staatsoberhäuptern. Rainier III. von Monaco schlug ihn als Direktor des weltweit anerkannten Ozeanografischen Museums des Fürstentums vor. Der Vorschlag des Fürsten musste vom Ozeanografischen Institut in Paris bestätigt werden, und die dreißig beteiligten Wissenschaftler und Politiker wählten Cousteau einstimmig in dieses Amt. Gleichzeitig mit seiner Berufung an das Museum wurde Cousteau einer der Direktoren des Labors für Meeresradioaktivität bei der internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Diese Stellung hatte er 25 Jahre lang inne, einschließlich des Zeitraums, in dem die Behörde Messungen der radioaktiven Niederschläge aus sowjetischen und amerikanischen Atombombentests in der Erdatmosphäre vornahm. Er wurde Generalsekretär der Internationalen Kommission für die wissenschaftliche Erforschung des Mittelmeers. Er war einer der wenigen Ausländer, die jemals in die Akademie der Wissenschaften der USA gewählt wurden. John F. Kennedy lud ihn in den Rosengarten des Weißen Hauses ein und verlieh ihm die goldene Hubbard-Medaille für besondere Forschungsleistungen. Der Mann, der stets |29|darauf bestand, kein Wissenschaftler zu sein, wurde schnell zu einem der vielleicht wissenschaftlich am besten bewanderten, scharfsinnigsten und höchst respektierten Laien seiner Zeit.
Hand in Hand mit Cousteaus öffentlichen Verpflichtungen und seinen Forschungen gingen weitere Erfindungen. Cousteau hatte zusammen mit Auguste Piccard an der Entwicklung des ersten französischen Tiefseetauchboots, des sogenannten Bathyscaph, gearbeitet und war selbst in einem der später nach diesen Entwürfen gebauten Schiffe in die Tiefsee getaucht, ein Abenteuer, von dem das erste Kapitel dieses Buches berichtet. Dennoch war er unzufrieden mit dem Gerät, einer schweren Stahlgondel, die mithilfe riesiger Auftriebskörper manövriert wurde. Er verglich sie mit einem Zeppelin und nannte sie einen »Aufzug ohne Kabel«. Gleichermaßen verachtete er Unterseeboote, denen er in Anbetracht ihrer Form, die es ihnen erlaubte, sich schnell in gerader Linie vorwärtszubewegen, den Spitznamen »Zigarrenmaschinen« verpasst hatte.
Zigarren und Aufzüge waren nicht sein Ding. Was er wollte, sagte er, sei eine »Linse«. Cousteaus Traum war ein Wasserfahrzeug, das es ihm erlauben würde, tiefer zu gehen als mit einer Aqualunge und zugleich ebenso mobil zu sein. Falco erinnert sich genau an jenen Moment beim Mittagessen, als Cousteau die entscheidende Idee hatte. »Der Commandant nahm zwei Untertassen, stellte die eine davon richtig herum auf den Tisch und legte die andere verkehrt herum auf die erste. ›Seht mal – unser U-Boot!‹ Ziemlich schnell für eine Erklärung«, erinnerte sich Falco. Und doch arbeiteten bereits einige Tage später Ingenieure an der »tauchenden Untertasse«. Ihr originellstes Detail: Cousteau ersetzte die Propeller (tödlich unter Wasser, wenn sie an Felsen oder in vergessenen Fischernetzen hängen bleiben) durch Düsen, die einen Wasserstrahl ausstießen. Durch Anpassung des Winkels der Düsen konnte der Pilot haarscharf um Riffe und Abhänge unter Wasser herumnavigieren. Die tauchende Untertasse, das erste manövrierfähige Tiefseetauchboot, schaffte es auf die Titelseite des National Geographic.
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|43|Kapitel 1
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